Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 15, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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    —1
MS MUIW IIIWIIIIIIZ
Yngenieur Horstmanm
...Roman von...
Yikhekm Degeketu
D7""A"-I qvj I -
t-. Imseyrmd
Es war anz still im Zimmer-, die
Lam wars einen hellen Schein ans
den govtesrschödel ter Alten, «die mit
geschlossenen Augen dalag. Sie schlief
nicht« sie spann auch Zukunftstraume,
wie get trenn Horstmann einmal »ein
den t aebtacht war,wohin et gehor
te, sich Eber seine Papiere hermachen
nnd in eiliger Spekulation das Kapi
tal verdoppeln würde, so daß sie und
ihre Familie fis an ihr Lebensende
genug hätten.
Anna kann-sie und wehrte sich gegen
ihre Schwäche Aber die Macht des
Augenblicks war stärker als Scham
und Stolz. Sie ließ schlaff ihren
Kopf an seine Brust sinken und lag da
wie gebrochen Bett begann sie zu
küssen, halb aus Höflichkeit halb, weil
ihm wirklich darnach zu Muthe war.
Ehe eine Viertelstunde vergin«a, hatte
sie ihm qeschworem daß sie sich von
ihrem Manne befreien und mit iinn
glücklich werden würde, und er hatte
ihr aeschworen, dasi er sie immer ge
liebt und nie vergessen habe. Als er
wieder draußen war, schüttelte er in
der kalten Winterlust die Verkommen-.
heit ab und sa te sich wüthend, daß
diese aanze chichte nicht-Z sei, als
die reine Zeitverschwenduna·
KI.
« Jn den ztweieinshalb Jahren, die ver-—
strick-en waren, seitdem Horstmann sich
non der düssetdorfer Gesellschaft zu
ruckaezogen, hatte er es so weit ac
Lracht, daß ihn die ganze Stadt für
verrückt erklärte. Viel hatten dazu die
Wäilmien des Eheedaares Dehtvitz
beigetragen die in allen Gesellschaf
ten die» schlimmsten Verdachtigungen
gegen ihren Schwaner augstreuten
Aber auch cr selbst erreate durch sei
ne Erscheinung nnd sein Auftreten
das Aergemiß der Leute. Wer ihm
begenettz wenn cr sich scheu an den
Hau ern vorbeidriickte« mit seinem
tutchsurchten Gesicht, dem eingehend
ten Hut, tem schlechtsinenden Ughi-rate
ber, und sich unter-stand ihn anzuse
I-« h-— e-..-«-.- -:.. mit-I t- ..«n N
»s-» »Hu «»p.»·-sk Ha »Hu s» »Hu Jn
grimrn und Mißtranen zugeschieuoert,
daß er ihn so bald nicht vergaß. Dazu
kamen noch andere Dinge. Wenn zur
Feier von Kaisers Geburtstag Die
ganze Stadt flugs-te, fehlte auf seinem
Dach die Fahne. Als auf dem nahen
Corneliusplatz das Denkmal einge
weiht wurde, hatten alle Häuser illu
minirt. Nur sein Haus lag schwarz
da, mit geschlossenen Laden. Das ör
qerie die Leute, mancher Spießer blieb
davor stehen und sagte:
»Das ist das Haus von dem reichen
Rentier. Der Kerl ist ia aeckk«
Diese allgemeine Stimmung lxatie
auch den Geheimrath Zimmer beein
slußi. Als herstmann ihn eines Ta
- ges besuchte, nm sich bei ihm zu erkun
cis-gen, ob seine Schwiegermutter nicht
so weit hergestellt wäre. daß sie zu
ihrer anderen Tochter übersiedeln tön
ne, war der alte eHrr zurückhaltend,
erkundigte sich nach Horftmann’s Le
bensweise, rieth ihm, er solle doch sei
nen Schmolltvinlel verlassen und so
weiter-. Der Jngenienr wollte davon
nichts wissen, sondern verlangte in
grobe-n Ton eine Antwort.
Schließlich nach einigem erregten
Hin und her erklärte der Gekxeimrath,
als Arzt müsse er von einer Uebersie
delnng entschieden til-rathen
Seit diesem Besuch schloß Hast
mann iinr in den Kreis seiner Feinde
ein. Er nahm sich vor, sein- Wie
germutter bei der nächsten Gelegenheit
aus dein Haus zu befördern Aber ehe
er dazu kam. lenkte ein Ereigniß sei
ne Gedanlen in eine andere Richtung.
Eines Tages begegnete er Holleder
in der Hosgartnstraßr. Wie eine Ku
Tl schln bei ilnn der Gedanke ein,
H tekz aler seine Frau besucht ha
de.« Er« gerieth in große Austeauna
uao ues sofort Eucken-es rufen. Diese-:
antwortete in seiner gewohnten mür
rischen Weise, dich ohne wie sonst die
Wahrheit zu sagen, ein Herr sei aller
dings dagewesen den Namen wisse er
nicht Ob er schon öfter dagewesen
sei? Metves schüttelte den Kopf. Sei
nes Wissens nicht.
Also Here Holleder hat sich wieder
Wesen lasse-W sagte Horstmann zu
sauer Frau. »Er will wohl das an
dere Ungezieser nach-Ziehen Aber da
raus wird nichts-! Noch heute schreibe
ich ihm, daß er uns mit seinen Besu
chen verschont Wehe, wenn ich ihn
hier« erwische!«
Anna wagte nichts zu ernsidern,
doch schrieb sie sofort an ihren-Freund
End act-b isrn ein Rendegzvouz an ei
ner atgelegenen Stelle des Hofgut
ten-s.
. Horßmann’s Gemisch war schen die
" « ganzen letzten Wachen schwer umhü
stert gewesen. Er merkte, wie Men:
schen, die er nich-i sch, denen er nicht
Hei-kommen Konnte und deren Gegen
. « Iwart er dach- scrtwäljrend spürte, Va
s- Tau arbeiteten ihm seine Frau ab
Espenssiq zu machen- Nun aber» wo
er erfahren hatte, das; Ihr-liede- wieder
ie- Dsåsseiders sei. wählte die Unruhe
mM ijkm Ta» nnd Rates-t- Wenn er die
use-km haßsr. diesen Menscken fürch
eie er. Er keaåe gegen iån die ohn
I- - - --"j-’" "’"-'--I -s
mächtige Eisersucht des alten Mannes
gegen den eren, hübscheren Wie
eine Ratte sras die Angst an ihm. Er
beobachtete seine Frau. Die Verände
rung, die mit ihr vorgegangen war,
sprang in die Augen Statt des de
müthigen Gehorsams ei te sie ihm
jetzt Trotz. Die dumpee rägbeit ih
rer Bewegungen war einer nerbösen
Unruhe gewichen Bei Tisch schwatzte
sie bald wie ein junges Mädchen bald
saß sie anz versunken da, während .n
ihren ugen ein unheimliches Feuer
brannte. Manchmal triillerte sie ein
Lied, wenn sie die Treppe hinausging.
Sie saß stundenlang in ihrem Toilet
tenzimmer Sie rannte ihr Haar,
dustete nach Parsiim . . . . Wie ein
Bluthund ging er all diesen Spuren
nach. Der Verdacht, daß sie ihn hin
terging, wurde bei ihm zur tsren Idee.
Er hatte keinen anderen Gedanken
mehr in seinem Kopf. Nachts lag er
stundenlang schlasles. und wenn sie
etwas lauter athmete oder den Kopf
umwendete, suhr er in die Höhe »und
lauschte, ob nicht irgend ein verrathe
risches Wort iiber ihre Lippen käme.
Und während er mit seinen Augen das
Dunkel durchbohrte, ohne das Ge:
ringste zu sehen, gautelte in seinem
verwirrte-n Geist die Vorstellung, wie
er seine Frau mit ihrem Geliebten er
wischte, wie er sie niederschlug mit ei
nem Stück Holz, wie er ihr das Mes
ser in den Rücken stieß. Jn Gedanken
wurde er hundert Mal zum Mörder
seiner rau Jn ruhigeren Stunden
betchnp te er diese Vorstellungen und
ertliirte seinen Verdacht siir Eintrit
dung.
Er hatte die Beobachtung gemacht
daß Anna jetzt ohne ihre Tochter aus
ging. Er fragte sie jedesmal wo sie
hinging, und solste ihr dann heim
lich· ber ihre ngaben entsprachen
der Wirklichkeit, er entdeckte nicht dass
Aste-nach- Mnä Tosnsv Akt-messen III-JE
tigte.
Eines Abends kam sie zu spät zum
Essen. Sie entschuldigte sich, sie hätte
im zoologischen Garten Schlittfchuii
gelaufen. Und wirklich hing auch das
Lederfutteral mit ihren Schlittichuben
auf dem Hausslur. Er fragte warum
sie ohne Lott e aegangen wiirr. Dieie
erklärte selbst sie habe erfrorene Füße,
und sei deshalb zu Haufe geblieben
Als er einige Tage darauf wieder
hörte daß Anna auf dem Eise fei.
versuchte er, sie abzufangen. Er
wollte sehn, ob sie sich nicht von Hol
leder nach Hause begleiten ließ.
Jn einem WinteL den der Bretter
zaun des zoologischen Gartens- bildete,
war eine tleine Bude aufgeschlagen
in der eine alte Frau heißen Grog und
gebratene Kaftanien verkaufte. Von
hier aus konnte Horfimann den Aus
gang nnd auch die beiden Fußwege,
zwischen denen die breite Fahrfiraße
lief, übersehen. Es herrschte noch das
trübe Grau der Dämmerung, zwei
hohe Gaslaternen warfen einen gelb
lichen Schein auf den Schnee Durch
die Liicken des Bretterzauns konnte er
auf dein Weiher undeutlich wie glei
tende Schatten die Schiiitschuhläufer
erblicken. Die schrillen Tisne einer
Militiiria lle klangen wie erfroren
und zerri en durch die eisialie Luft
zu ihm hinüber. In ihrer Bude saß
das Weib hielt die aufgesprungenen
rothen hände über die Kohlengluth
und glotzte ihn dummdreifi an. Zu
feiner Rechten lag die Eifenbabn
briickr. Dort erklang aus der Tiefe
manchmal der Pfif einer Locomotioe.
Jedesmal fuhr orstniann bei die
sein Ton zusammen. Er mahnte ihn
an die Ver angenbeit, an das Leben,
das er frii er geführt hatte, in den
Einsden, wo er frei und ein wahrhaf
ter herrschet aewesen war. Nun stand
er hier, frierend, von einem Bein auf-z
andere springend. Was hatte er vor?
Er wollte fein Weib mit ihrem Ge
liebten abfangen, als eiferjiichf er,
betrv ener Ehemann. Ein tiefes Kie
sühl er Erniedrigung übertam ihn.
Was war aus ihm geworden? Die
ses Weib hatte ihn-klein und elend ge
macht. Er spiirte schlimmer als je den
Druck, den das Leben auf ihn gelegt:
diesen tagtäglichen Kampf mit so ge
meinen Mitteln, für den er nichi ge
schaffen war. Er war müde und zers
miirbi bis in’s Jnnerfte, und aus der
Melancholie der grauen Schneeland
schaft stieg ihm der Wunsch auf, von
dieser ganzen Last befreit zu sein.
Aber er richtete sich wieder straff auf
und gab seinem Gesicht von Neuem
den argwöhniseh spähenden Ausdruck.
Es war dunkler geworden, der
Schein auf dem Schnee nahm hellere
Farben an, Eine Pferdebahn wartete
schon, die Gäule standen in Decken ge
hiillt und stießen aeauen Dampf aus
ihren N·iiftern. Jetzt quoll die erste
Masse der Heimlebrenden aus dein
engen Thor. Er bemerkte Bekannte
aus früherer Zeit, ohne von ihnen
gesehen zu werden. Seine k rau war
nickt-i darunter. Die Pier hn fuhr
ab. Die Siraåe lag wieder einsam
im matten Glanz des Schnees, der
eine eisiae Kälie aisssiiralsslie Endlich
als ein Wärter das Thor ;sufchlosß,ver
Tieß herktmann feinen Standort.
M
set ilsrn ging fehlendernd ein Lie
belpiirchetn Der junge Mann hatte
den Arm um die Taille des in n
Mädchens geschlungen. alleAugenbl cle
blieben die beiden Leben und küßten
horstmann vresite manchmal die
and vor die Angen, wir.nm die wide
"luth, die in seinen Schläfen brannte,
anszulöschen Anna hatte ihn betro
gen.
Niemand von den Heimlehrenden
war seinen S- ürauaen entgangen,abet
sie hatte er chk eesehen Wo war sie
gewesen? Vielleicht gan sie jehi auch
auf einem einsamen Wea nach Hause,
am Arm ihres Liebhabers und ließ
sich von ihm iiissen.... Angst und
Muth ballten sich immer dicker in sei
nern Jnnern zusammen. Manchmal
blieb er stehen, bohrte oen Eichenstock
in ten lnirschenien Schnee und holte
stöhnend Asdent Warum xiveifelte er
noch? War es nicht sonnenllnr, daß
sie ihn betroa? Vor ihm das Frauen-s
LImmer-, das sich so inbrünstig an den
Mann schmiegte, leirie ihn ja.tvas de:
Weibes Thun und Trachten ist. Und
was er da mit seinen eiqenen Augen
sah, erweckte ein anderes Bild in ihm:
Anna aus den Zehenspitzen stehend,
mit fiebkischem Glanz in den Augen,
die zum Kuß aeschiir,-,ien Lippen
ihrem Geliebten reichend. Ihm fielen
heiße Seufzer ein« tie sie ihm einsi
mals in’g Ohr gehaucht. Er dachte
mit Angst und Scham an das wilde
Spiel, das sie getrieben. Je i legte
eiis anderer seine Lippen auf ihren
Mund und vergrub die Finaer in ilir
Heinr. Er sah das Gesicht Holleder5.
U hatte einen hädniichen Ausdruck,
der dem betrogenen Gatten aali. Es
wurde ilzm dnnlelroth vor den Augen;
er hatte den Maler gepackt und auf
das Stehn-finster geschleudert, daß
clle Knochen lnaciten nnd das Blut
hvcheufspritzir. Dann stürzte er auf
s—
sein Weit-, zerrte sie an ihren langen
Haaren zu Boden und schlug sie, das
iht Blut sich mit dem Blut des ande
ren mischte . . .. Einen Augenblick
gab et sich dieser Vorstellung hin, sei
ne Brust röcheltg sein Gesicht mit den
auseinandergepreßten Zähnen, dem
trampshaft verzcaenen Mund hatte
einen thierischen Ausdruck. Dann tam
er wieder zu sich und setzte seinen Weg
fort, immer dem Pärchen folgend, dag
t-ch, je näher es der Stadt tant, desto
häufiger tiißtr. Erst als das Mädchen
in einem Hause verschwand, woraus
der junge Mann den Hut ziehend sich
entfernte, merkte er, das-, er sich in ci
nern ganz fremden Stadiviertel be
fand, und schlug ten Wen nach der
Hosgartenstrasze ein.
Aus dem Korridor sah der Juge:
nieur den Lederbeuiel hängen . Er
nnhrn die Schliitschuhe heraus, ihr
Stahl war blanl und trocken, nicht
eine Spur von Schnee oder Wasser
war daran. Diese Entdeckung setzte
ihn nicht einmal in Erstaunen, er war
auch ohne das seiner Sache sicher ge
wes-Fu
nna befand sich imEszzimmer. Als
er eintrat, wollte sie ihm schnell ent
mischen.
«Bleibl«
Ihrem erschrockenen Gesicht gab sie
einen hochmiitlnaen Ausdruck, nnd in
dem sie die Hände n.it den wieder spitz
zugeschnittenen und glänzend polirten
Nägeln aneinander rieb, blickte sie ihn
mi: inletnden Augen an.
-«’ wünsaxsi?« .
«Wo warst Duk«
»Ur-f dern Eist«
»Das ist nicht wahrl« Ich hasbe anr
Jovis-Zischen Garten auf Dich gewar
eet. u bist anderswo gewesen«
»Ich war aus dein Schwanenteich
und habe dort gelaufen.«
Er runzelte die Stirn und iab ihr
mit insterern Blick ist«-J Gesicht, »aus
dem ie Lüge geschrieben stand. hatte
der Wind ihre Wangen so getöthei,
ihren Augen diesen Glanz gegeben, ihr
Haar so anmuthig zerzaust? Oder
wares etwas anderes gewesen? Lagen
aus ihren gescksnsellten Lippen nicht vie
Spuren genossener Küsse? Diese ver
jun te Heiterkeit dies unwillkürliche
Lir ln, woher anders kam das alles
als von dem geil-steten Genuß?
Ist-h ask-kons- k-2-- I-.--- C- h..-1
»u- ---·,- s.- . ----- sengt-I In »Hu-tx
bohrien, bexmertte er plötzlich das neue
Kleid, das sie heute zum er·ten Male
in seiner Gegenwart trug. r ergriff
itzt Handgelent nnd zog sie nach der
Mitte des Zimmerb unter das Lam
penlicht.
»Weder hast Du tas? Wer hat Dir
erlaubt, das zu tnüsen?«
»Ich lasse nicht so an mir zerren,
verstehst Du das?« erwiderte sie,
ttonig den Kopf zurückwersenn
»An-her ist das Kleid?"
»Gelaust. wie Du Dir wohl denken
kennst. Die Rechnung wirst Du schon
ssiih genug findet-. Wenn Du glaubst,
ich liese abgerissen wie ein Dienstbote
herum, irrst Du Dich, mein Lieber!«
Jhrn zuckten aus einmal aus allen
Ecken des Zimmers tcthe Funken ins
Grsicht. Er schättelte sich, von Muth
jchauerni förmlich durchrast. Er trat
aus sie M, während sie langsam zur-Hiel
Ivich. it einem Sto schleuderte er
'sic aus einen an der and stehenden
Stu lund Leuchte:
» nverschämtel Uniersteh’ Dich
ncch ein Wort zu sagen!«
So stand er ihr einen Au endlick ge
genüber, als die Thür geös net wurde.
Während er sich nach dem eintreten
, den Dienstmädchen nmdrehte, sprang
" Anna aus Und Ms us dem Zimmer-.
Prrstmann setzte sies an den Tisch und
iiitzte den Kopf nu , ohne sich um dns
Dienstmädchen zu iimmern. Beinahe
hätte er f vergessen nnd gegen seine
mu die nd axggehobeni Jetzt
elfml er vor dieserJ orstellun zurück.
Das durfte nicht sein! Er mu te herr
bleiben til-er sich! Wenn er sieh hinrei
sen ließ, war alles verloren. Dann
toar feinleau gegeir ihn iin Recht,
und rnit ferner Macht war es vorbei.
Er beschwor sich, bettelte bei feinem
jöhzornibgeen Herzen förmlich darum,
ich zu wingen. Er wollte gegen
eine Vor ellungen antiimpfen, damit
er auch in der Einbildung das nicht
that, was nicht in Wirtiichteit gesche;
hen sollte.
Anna erschien nicht zum Abendessen,
findern ließ sagen, sie fühle sich un
wohl und sei zu Bett gegan en.
Als orstmcnn kurz nacg elf Uhr
das afzimmet betrat, fand er das
Beti feiner Frau leer. Auf dem Nacht
tifch lag ein Zettel: »Ich fchlafe bei
Martia. Anna.«
Seine Aufregung fing wieder an zu
rurnoren. Ging fein Weib nicht dor
cuf aus, ilsn zu iränlen?! Er vergaß,
was er sich vorgenommen, und schiug
mit einem Fluch gegen dag- Kissen iu
rek Bettes, daß da, rko ihr Kopf zu
ruhen pflegte, eine tiefe Beute entstand·
Er wollte hinunteraelien nnd sie aus
ihrem Bett zerrem um sie dahin zu
txt-gen, wohin sie gehörte. Er füt:ttc,
wie das auftochende Blut feinen Ver
stand betäubtr. Um sich zu beruhigen.
zog et die Gardine vom Fenster zurück
und preßte die Stirn gegen die Schei
ben. Der Vollmond leuchtete fo start
auf dem Schnee, daß die Klarheit Der
Winternacht den Kerzenfchimrner
bräunte. Die weiße, maiellofe Decke
gab dem Garten etwas Verzaubertesi
und strömte überirdisches-« Frieden aus.
Horftmann legte sich nieder. Aber
das leere Bett an seiner Seite ließ ihn
nicht einschlafen.
Eine Stunde mochte er wach gele
gen haben, als er von draußen ein
» dumpfes Geräusch vernahm. trieb
I tman hörte er deutlich eine Tltiir
tnacken und das Drehen eines Schlüs
scls. Er hielt den Atheni an und
L lauschte. Jn der lautlosen Stille der
H nahm er das Wisvern der Taschenuhr«
s jede Bewegung seines Kopfes auf den
; Kissen sauste wie ein qrofzer Lärm in
; seinen Ohren. Sonst vernahm rr
: weht-T Hatte vorhin die Thür gellintt
J vier nichts Vielleicht litt er an Ge
s lsrststauschungen Vielleicht war rr
; nsalnsinnisp ohne daß er es wußte.
) Mein Gott, wenn du«-» möglich wkireS
; Er·wurde von Einhildungen genarrt
I Seine Frau schlief neben ihm. Aber
rinnt Das Bett war leer. Er sah ess.
i Er siihlte die teilten Kissen. Also war
ekcf keine Einbildungk Sein kluge
tauschte ihn nicht, warum sollte sein
; Ohr ihn täuschen-Z
; Die Thiir ist auf- und zugetlintt
s troidein Jemand ist in’5 Haus gegan
s gen. Aber wie ist das möglich? Alle
s schliefen ja bereits, als ich zu Bett
; ging. Warum sehe ich nicht nach?
l Lie er will ich schlafen und den aufge
s regten Gedanken nicht nachgeben.
Sollten es Einhrecher sein? Aber viel
leicht hat sich Jemand zu Anna ge
lGlatzen
Er sprang an’s Fenster, zog die
Ciardineniauseinander und blieb in
dumpfem Schreck tehen. Ueber den
frischen Schnee, de en matellose Fläche
sein Auge noch vor einer Stunde be
wundert hatte, lief eine Reihe von
Fußspuren. die aus dem inter rund
des Gartens kamen und si dem Taufe
näherten. Jeden Fußtritt tonnte er
in dem hellen Mondlicht unterscheiden.
Eine Weile mnlezte Horftmann sieh
besinnen; denn feine Gedanken und
Empfindungen lagen alle wie erstarrt.
Dann wurde er aanz klar. Was lam
men mußte, lag Vor ihm, wie etwas,
was schon jnmal geschehen war. und
trak- er nur zu wiederholen brauchte.
Ohne sich zu übereilen. lleidete er sich
vollständig an und holte den Nevoloer
ask- dem Nachttisch. Dann aing er mit
dem Licht in der band hinunter zu
dem Zimmer, in dem seineFrau schlief.
.Mach aufs«
Ali ihm Niemand antwortete,pochte
r mit der Faust gegen die Thür und
wiederholte:
f ««.Dlufinachen! Aufmochen!«
Er hörte feine Frau ängstlich trei
fcben, abe: auf fein Ruer antwortete
sie nicht. Die Thür blieb verschlossen
Er verfuchste, sie einzudrücken, aber da
sie auch verriegelt war, gelang ihm das
nicht. Nun begann er die Thijr mit
Fußtritten zu bearbeitem die wie
dumpfe Kanonenschläae durch’s Haus
dröhnten. Endlich aab sie nach. borst
mann trat in's Zimmer, warf sich un
iek’5 Belt, riß die Schranke auf,stiirzte
in's Nebenzimmer, durchluchte auch
dieses. Der, den et suchte, tonnte nicht
dagewesen sein« sonst hätte er ihn in
den müssen. Die beiden Zimmer t
ten nur die eine Thitr zum Kotridor,
durch die er hereinceirmmen war. Jn
einem letzten Zweifel ttfz er das Zen
ster auf und starrte hinaus. be
unten waren nur tie al en Spuren im
Schnee. Aus dem Fen ee lonnte Nie
mand gesprungen fein. Ohne sich um
die Frauen zu betümmern, lief er hin
unter uno weckte Weibes-. der so fest
schlief, daß er laum aufzuriitteln war.
»Es ist « mand in's Haus einge
drungen. ommen Sie mitt«
Der alte Wärter kroch in sein-Lein
tonndhofe und folgte dem Ingenieur,
der on der Tbiir zum Garten riittelte.
Diefe war ordnungsmäßig verschlos
fen. rftmann wies auf die Fußfpu
ren, die selbst die drei Stufen bit-auf
führten
»Sei-it Sie! Vor einer Stunde wa
ren die Fußtrttte noch nicht da. Also
muß Jemand aus dem Gatten ichs
Haus ein Ledrungen fein.« «
»Wahr?)ofttgen Gott! Das sieht ja
beinahe so ein«
»Sie sind doch nicht etwa draußen
gcmfen?«
»J, wo xollte ich draußen wohl ge
wesen sein «
HorKnann trat in den Garten hin
aus. r Schnee knirschte unter sei
nen Füßen, die grimmige Kälte stach
ihn wie mit Eisnadeln in’s Gesicht, in
den Baumöltem in den vereisten Ge
biischen tnaclte es leise, ein Schauer
gan durch die Lust. und es war, als
wenn sich das her-i der Erde vor Frost
isiixanunenirampstr. Die Fußspuren
ie en durch den ganzen Garten bis an
das« Pförtchen, las den Ausgang zu
einer tleinen Gasse bildete. die aus die
Vittoriastrasze mündete. Die Mauer
die den Garten umschloß, war nicht so
hoch, daß man nicht hätte darü«bertlet
tern können. Wäre das.aeschehen, so
hätten Spuren vorhanden sein mits
sen. Die Schneedecke auf der Maxer
selbst aber war unberührt. Also mußte
der Eindringling durch das Pförtchen
gekommen sein. Und zu dies:m Pfört
clxen gab es nur zwei Schlüssel, den ei
ien besass er, den anderen hatte von
Anfang an Anna aehabt.
Horstmann lehrte zurück und besihl
dem Diener, alle Thüren zu schließen
nnd die Schlüssel abzuziehen, so oaß
Niemand das Hang verlassen konnte.
Dann den-innen die beiden, vom Erd
geschosz ansangend. sämmtliche Zim
mer zu durchsuchen Eine Stunde
ging darüber hin, ohne daß sie etwas
gesunden hätten. Daraus ging der
Ingenieur wieder zn seiner Frau.
Lotte saß halb anaelleidet bei ihr am
Bett. Er wies seine Tochter barsch
aus dem Zimmer. .
»Um Gottegwillem tras ist gesche
lsen?« srcate Anna.
»Weißt Du das nichts«
»Waer soll ich das wissen? Du
hast mir ja tein Wort gesagt. Mein
Gott« hast Du uns erschreckt. Gustav!
c
Mcrnm ist halbtrdt vor Anastt"
»So? HastDu Dich erschreckt? Du
hattest wohl auch Ursache dazu!«
»Aber was ift bern los?"
Er blickte sie düster an und erwi
verte:
»Es ist Jenand in s Haus gekom
men, der nicht hierher gebörL Jetzt
steh’ aus! Du hast ta zu schlafen, wo
Du sriiyer geschlafen hast. Jch habe
Dir nicht erlaubt ein anderes Zim
mer zu neli nen!'·
»Las: mich doch hier!« sagte sie
anaitlich
Aber er wars die Decke herunter und
zog iie aus- dem Bett. Sie folgte ihm
achorsnm in die aemeinsame Schlaf
law-net
Die Nacht verging, ohne daß er ein
Asige zuthai. Er wuskte nicht, oh An
na schlief oder wachte. Asher als er
beim bleichen Moraenarauen nach ihr
hinsalx lsegeaneten ihm ihre Augen.
Der aanze, wilde Hast einer gepeinig
ten Kreatur brach daraus hervor. Die
beiden lagen so nahe bei einander, daß
ibr warmer Athim sich mischte. Aber
leiner theilte dem anderen seine ver
borgenen Gedanken rnit
O i- O
Später als gewöhnlich. gegen halb
acht, trat Mut-es mit seinem Kohlen
eimer und einem Arm voll hole bei
Frau Regierunasrath ein um Feuer
zu machen Die Alte. die nicht so laut
sprechen tonnte machte »Pst2«, wo
raus er an ihr Bett karn.
»Waru! Sie gestern noch so spät
aus?
..J wo ich nicht. Das müssen wohl
richtige Cinbrecher sein. Ich bin s nicht
gewesen«
»Ich dachte Sie hatten vielleicht ei
nen Sack Hafer fortgetragen oder
ein paar Flaschen Wein!«
»Noch nicht so viell« erwiderte ter
Meter wütlnnd und arifs na einem
Holzspahn ans dessen lestes ndchen
er mit dem Finger zeigte.
:Wo warenSie denn noch so spött«
en cie s doch ruhig! Ich
mochte mzehne-i überhaupt einen Vor
schng machen. Aber dann mässen Sie
mir auch Vertrauen seinen. Also Sie
find gestern Abend spät durch den
Garten yeeinaelMHen.« «
·.- Oft-—- Ist-.
«..II-! »I» UUI ins-Us- clll WOR- Olcl
trinten wollen, und weil die Hausthür
doch die Sicherheitstette hat« hin ich
durch den Garten gegangen. Wenn
da was Schlimmes dabei sein sollt«
»Wer sagt denn das? Nur mein
Schwiegersohn darf-Z nicht erfahren,
sonst kämen Sie »aus Ihrem Dienst-«
Mewes schüttelte stumm den Kopf.
Eine Weile schwiegen die beiden-.
Schließlich sagte Frau Regierungsrath
nerade heran-:
»Mein armer Schtviegersohn ist
aeistestranh das tvissen Sie selbst am
besten. Wenn ich nicht dazwischen ge
tommen wäre, hätte er heute Nacht
meine Tochter umgebracht. Den Ne
volver hatte er schon aus der Tasche
gezogen«
Metves grinstr.
«Was so einer alles sitt Zielen im
Kon hat, daraus tommt Unsereiner
aar nichts«
»Das sage ich auch! Und deshalb
meine ich, er muß schleunigst wieder
in eine Anstalt gebracht werden und
recht lange drin bleiben, denn gesund
wird er doch nicht mehr· Meine Toch
ter möchte nun gerne —- tvie die an
ihrem unglücklichen Mann hängt, das
tann ich Ihnen gar nicht sagen, lie
her Metves —- die möchte also einen
Menschen bei ihm haben, aus den sie
sich verlassen lann. Da haben wir
gleich an Sie gedacht.«
»Ja, ja,« brummte Meine-L »an
mich tann sie sich getrost verlassen.
Das weiß auch der Herr Ingenieur.
Ich bin nicht so, dasz ich ans meinen
Vortheil ausgehe.«
»Aber wenn Sie « hren Vortheil
sinden, scheint's do auch nicht.
Meine Tochter sagt, Sie bekämen hier
leinen wahren Hungerlohm Für die
M
Zeit· wo Sie herrn Horftmann in der
Anstalt pflegen, sollen Sie's Dop lte
bekommen. haben Sie das ver an
denc«
»Dann ist doch nicht so diel zu
verstehen!«
Die Alte richtete sich auf und sitt
sierte:«
»So lange mein S iegersohn im
Haus ist« kriegen Sie einen größeren
Lohn. Der ist ja geizig wie die
Sünde Wenn er aber fortkommt, will
meine Tochter mit Jhnen einen Con
tract auf drei Jahre machen. Sie
bekommen vierhundert Thaler im
Jahr. Sind Sie damit einverstan
den?«
»Damit wäre wohl ein jeder einver
standen . . . Aber was Schriftliches
möchte ich doch auch haben."
«Betommen Sie! Alles wird ord
nungsmäßig abgemacht.«
Sie hielt ihm ihre Hand hin, in die
er einschlag. Nachdem er Feuer ge
xnacht hatte, rief sie ihn nochmals zu
ich:
»Wenn heute Nachmittag der Herr
Doktor kommt, dann wissen Sie doch,
wasosSie zu sagen haben!«
». a, ja! J- weiß schont «mmer
die Wahrheit,ckå5rau RegierungTrathI
Immer die Wahrheit!«
Durch Dienstbotentlatsch waren die
Ereianisse der vergangenen Nacht im
Nu in der Nachbarschaft verbreitet.
Noch vor dem Mittagessen erfuhr der
Geheimrath Zimmer bei einem Kran
tenbeiuch, daß Horstmann einen Tob
suchtanfall bekommen, Thüren und
Fenster eingeschlagen und seine Fami
tie mit dem Revotver bedroht habe.
Nachmfdem Mittagessen erfuhrst sogar,
UIL WIllgcllsfsuk »aus sklllc llluu Illl
bloßen Hemd ans die Straße werfen
wollen.
Als er deshalb von Frau Regie
rungsrath einen Brief bekam, die ihn
hat, unverzüglich zu ihr zu kommen,
machte er sich gleich aus den Weg. Sie
schilderte ihm Horstmanns Vorgehen
auf eine schreckliche Weise. Das aus
aesprenate Türschlosz, die Holzsplitter,
die Scherben einer Waschschiissel, die
bei dem Getoirr zerbrochen war, wa
ren die besten Beweisstiicte für die
Wahrheit ihrer Erzählung. Außer
dem theilte sie dem Arzt noch einige
Neuiateiten mit, die sie selbst erst von
ihrer Tochter erfahren hatte, nämlich,
daß Horstmanns Vater truntsiichtig
aewesen und im Zuchthaus gestorben
iet, weil er einen Menschen umge
bracht habe, und dass die Geiste-Krank
heit des Jngrnieurs viel länger be
stände, als irgend jemand ahnte, wie
der Vorsall aus der Hochzeitsreise be
wies.
Anna wurde gerufen, um diese Ge
schichte zu bezeugen. Sie war sehr
blas-« und, wie es schien, noch gänzlich
verwirrt von dem ausgestandenen
Schreck. Nach langem Drangen bestä
tiate sie das-, was ihre Mutter gesagt
hatte, und holte auch die französische
Zeitung herbei, die die Assiire mit dem
hoteliellner enthielt.
Der Geheiinrath machte beim Lesen
ein immer ernsteres Gesicht. Als Frau
Diisbach merkte, daß ihre Sache eine
aute Wendung nahm« sagte sie:
»Der einzige, der wirklich mit mei
nem Schwiegersohn Bescheid weiß, ist
iein Diener. Wenn Sie den zum Re
den brinaen lönntent Aber ich siirehte,
der wird nichts sagen!«
»Warum nichts«
»Er ist meinem Schwiegersohn ab
solut ergeben. Außerdem ist der
Mensch das Mißtrauen und die Ver
schwiegenheit selbst.«
Die beiden Frauen gingen hinaus,
und Mewes wurde gerusen. Er warf
dem Geheimratb mißtrauische Blicke
zu und war verstoett wie ein Ziegen
hock.
Von dem, was in der Nacht passirt
war. behauptete eo nichts zu wissen.
Er habe feft geschlafen und fei erft
dazu gekommen, als schon alles vor
über war. Tie Fußspuren rührten
Bach seiner Meinung von einem Dieb
er.
Aber der Geheimrath liirnmerte sich
wenia um die Fußspurem er wollte
wissen, was es mit orstrnann Für
eine Bewandtniß ha . Auf defe
Frage antwortete Mewes: Der oInge
nieur fei ein guter Herr, der n nie
Fingern Menschen etwas zu Leide gethan
a .
Hören Sie mal, mein Lieber, Sie
waren ja selbst Anstattswärter und
wissen, daß Geistestranle unter Unt
ftiinden hochft gefährlich sind-« Jih
verlange gar nicht, daß Sie etwas
Unaiinstiges über Ihren herrn aus
faaen. Ich appellire einfach an Ih
ren erfunden Menschenverstand Hal
ten Sie Herrn Horstinann für traut
oder nicht?« «
»Wenn der herr Jngrnieuc erfährt,
was ich gesagt habe, dentt er, daß ich
ihn verrathen han«
»Was Sie mir sagen« bleibt unter
uns!«
Fortsetzung iclgt.)
Der Ruf einer Autorität gleicht
oft dem Schatten am Abend: er if:
größer als der Mann
s It J
Kentuckinhistm ist knapp gewor
den. Kein Wunder nach den aufre
genden zwei Jahren. die der Blau
grassStaat hinter sich trat.
« It- IV
Jn Eentmlatnerita iind wieder ein
mat zwischen zwei Litepusotiten Feino
feliakeiten ausgebrochen- Dieg in die
Rubrik .,Neuiqkeilm" zu bringen ist
cizenttich AnachrcniimuT