Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 08, 1901, Sonntags-Blatt, Image 10

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    tijltr Kuche.
humoreste von A. W.
» Zu den schönsten Eigenschaften, die
einen gebildeten Mann zieren können,
III- ich stets die Galanterie gegen das
weibliche Geschlecht gerechnet Von
dieser Meinung bin ich selbst dann nicht
durückgetommem als ich länast zu der
eberzeugung gelangt war das-. die die
xe Ritterlichleit zu Grunde liegende
nschauung, als sei das weibliche Ge
schtecht allemal das »schwächere«,
schukbedilrfiiga in jedem Wortsinne
sehe erhebliche Ausnahmen erleidet und
als ich bereits die Erfahrung gemacht
Futte, daß nicht wenige Mitglieder des
chönen Geschlechts den Anspruch auf
ritterliche Behandlung in einer Weise
zu betonen verstehen, die —- fchon nicht
mehr schön ist.
Wohlderstanden: ich spr e von der
Galanterie gegen das Ge chlecht als
solches, ohne Aussuchen. Gegen büb
sche Mädchen und junge Frauen, auch
egen würdige Matronen galant zu
sein, ist weder schwer. noch besonders
verdienstlich Aber dazwischen giebt es
noch mancherlei, was einem mitunter
doch recht harte Ausgaben stellen kann.
Wer etwa meint, übergenug gethan zu
haben, wenn er sich höflich und zuvor
kommend gegen Diejenige oder Die
jenigen erweist, für welche sich des eige
nen Herzens Neigung regt, der hat
wahrlich nie begriffen, was Galanterie
besagen will.
Das ist soweit ganz schön und ich
bin der Zustimmung aller hübschen
Mädchen, jungen Frauen und würdi
gen Matronen das will sagen: aller
" geehtten Leserinnen, welche diese-:
Blatt rn die Hände bekommen ziemlich
sicher. Aber nun macht es mir einiger
maßen Kopfzerbrechem wie ich die klare
Geschichte, die ich zu erzählen mir vor
genommen hatte anbringen soll ohne
in einen bedenklichen Gegensatz zu mei
. nen eigenen Leitsiitzen zu gerathen. Jch
wüßte mir da m der That taum zu hel
sen, wenn nicht für solche Verlegenheit
slänast das Auskunftsmittel erfunden
» wäre, die Geschichte von Jemand an
ders zu erzählen. Jch mufz also wirt
lich jede persönliche Verantwort lichteit
— das Benehmen des Helden meiner
rzählung höflich, aber ents chieden ab
Jn der Gesellschaft der Provinzial
findt B. nahm Fräulein Aurelie Rohr
bach eine eigenartige Stellung ein.
Das alte Handlungshaus Rohrbach cLz
Co. besaß einen wohlbegritndeten Welt
ruf. wenigstens was man für Provin
" zialverhiiltnisse so nennt, und galt atz
eines der ersten inder vertehrgreichen
, Stadt. Seit der Kommerzienrath
Rohrhach Wittwer war, führte in sei
nem Hause Fruaulein Aurelie dag
Szepter-und die uneins-Mithin Herr
schaft und dag allein genügte selbstver
ständliG ihre gesellschaftliche Stellung
zu sichern Aber Fräulein Aurelie ver
stand es auch durchaus, die Rechte, wie
die Pflichten, welche mit solcher viel
lung verbunden waren. voll zur Gel
tung zu bringen. Sie besaß Energie
. und Entfchiedenheit genug, nie einen
Zweifel darüber zu lassen, daß fie dar
aus rechnete, nicht nur um ihre Mei
nung gefragt zu werden, sondern auch
, mit derselben den Ausschlag zu geben;
und es fehlte ihr ebenso wenig an der
persönlichen Liebenswürdigleit, die dag
"- wilde Regitnent gern ertraaen und das
» Gefähl nicht aufkommen läßt, daß man
sich unter ein Joch beuge.
J Leider wurden diese vortrefflichen
Eigenschaften des Geistes durch Fri.
s Umäies körperliche Reize nur sehr be
k«»; Mungsweise unterstützt Nicht, als
ob die Natur sich ihr gegenüber geizig
undsiiefmiitterlich gezeigt hätte — eher
J"- ins Oegentheil Aber sie war mit ihren
Gaben mehr quantitativ als qualitativ
secfchtpendetisch gewesen Fräulein
;,,-»»Iueelie war nach sämmtlichen vier Di
ssski see-stauen einfach erstaunlich. Schon
I" Mr pietätlose junge Mann, dem
Ue Dame zur Abschwächung des Ein
MS zuerst einmal vorsichtig von ferne
- Zeigt worden war, hatte die boshafte
nicht unterdriicken tonnen, ob das
»Hu-» Alles zu e in e r jungen Dame
W Und dabei befand sich Frässlein
-L-- E--A-c -- ------
«"I-Ilcllc —- Uukk Hund«-Fu quer-du« ton
-, W von den jüngeren Damen in ihrer
.»:».» end-it, von einer besonders ver
trauien Freundin auch wohl gelegent
-s« lich ins Gesicht genannt wurde —- in ei
"’mm Alter« von dem ein harmloser Be
Watiey der es doch des liebenFrie
jssp Uns halber mit Niemand verderben
am besten thut, sein säuberlich den
TUnnd zu halten.
Jn diesem Sommer gab es ein ganz
»du-das lustiges Gen in der guten,
Ellen Stadt B. Das kam daher, daß
W erforderliche Material an jungen
Des-ten beiveelei Geschlechts reichlich
Waden war, und daß es auch an den
gnelen Persönlichkeiten unter den
v Betten nicht fehlte, die ——— ob
Interesse für die Allgemeinheit,
sit dahingesiellt —- für die gu-·
We sorgten und bei deren Aus
. z die leitet-de Rolle übernahmen.
« Abenduntethaliungen im
mit und ohne Tanz, Lands-ar
« nett allein subehör etc. etc. jag
förmllch. Es war damals noch
spde. schon in jungen Jahren
zu sein oder zu scheinen, wenig
it B. noch nicht. Eine der ersten
" spielte unbestritten dabei der
Mungsassessor Max Weinert,
nsang des Frühjahrs zur Er
itgend eines längeren Korn
- nach B. entsendet worden
O
h
, war. Freilich muntelte man. daß seine
: unermüdliche Thätigteit als Arrangenr
nicht ganz uneigennützig sei, daß es
nicht sowohl ein selbstloses Jnteresse fiir
die Befriedigun des allgemeinen Ver
T gniigungsbediie nifses fei, das ibn zu
seinen besten Leistungen veranlaßte,
s als vielmehr die schönen Augen der klei
nen Wanda Rohrbach, des einzigen
Töchterchens des Kommerzienrathk
Aber jedenfalls war er gewandt und
tattvoll genug, sich das nicht allzusehr
merken zu lassen, und die Uebrigen lie
z ßen ihm sein Spezialmotid und zogen
E den besten Nutzen aus seinen Anstren
J gungen
T Es war mitten im Sommer —- in der
s schönen Zeit der schwärmerischen jun
gen Liebe und den ersten Kirschkuchein
; Etwa ein Dutzend junger Damen und
herren saßen, unter dem ehrsamen
Schutz einiger älterer Frauen, in dem
beliebtenVergniigungsgarten desStiidt
— chens zufammen. Die lebhafte Unter
, haltung bewies, daß man sehr wichtige
Dinge verhandelte. Und in der That
handelte es sich um nichts Geringeres,
als eine fiir den nächsten Sonntag ge
plante größere Landparthie, deren nä
here Detail-Z hier im kleineren Kreise
der ersten Konditorei der Stadt zusam
terziehrn. Man trennte sich mit der ge
genseitigen Mahnung, ja recht Piinitlich
zu sein.
»Halt!« rief Assessor Weinett, »mit
dem bloßen Versprechen können wir
uns dieses Mal nicht begnügen,
dazu ist die Sache zu wichtig. Wir
müssen eine Strafe festsetzen. Also —
wer als der Letzte auf dem Platze er
scheint, zahlt fiir die ganze Gesellschaft
einen Kirschiuchen. Einverstanden?«
I Mit Lachen und Beifall wurde der
FVorschlag angenommen, und das lusti
Ege Völkchen flatterte auseinander.
Als am folgenden Vormittag Max
Weinert dem geräumigen Marktplatze
i der Stadt zuwanderte, hatte ein auf
n:enzutommen, um das Programm ei- ;
net endgiltigen Schlußredaktion zu un -
festgesetzt wurden. Eben war man iiber «
alles Wesentliche einig geworden, hatte s
beschlossen, am nächsten Morgen die j
frrmelle Genehmigung der verschiede- I
nen Familienhaupter einzuholen und
dann am Vormittage noch einmal in ’
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" mertiainer Beobachter wohi iinoen ton
nen, daß sein hellbraunes Auge minder
klar und freundlich strahlte, als ge
s wöhnlich, und daß auf seines Stirn ei
ne Wolte def- Mißmuch lagerte. Und
wer indiskret genug gewesen wäre, dein
, Assefs or während der vorhergegangenen
halben Stunde heimlich zu folgen, der
; hätte auch einen ganz plansiblen Grund
» hierfür anzugeben vermocht, wenn er
nämlich hätte ausplauderii wollen, wie
der Assessor sich ungewöhnlich lange
« gegenüber dem Rohrbach’schen Hause zu
schaffen machte, obwohl es nicht leicht
einen Anlaß gab. der für den Nicht
» taufniann einen längeren Aufenthalt in
der Nähe des mitten in der eigentlichen
Geschäftsstadt gelegenen stattlichen Ge
bäudes hätte besonders anziehend er
scheinen lassen können. Aber wenn un
ser Assessor nicht Kenner war, so war
er doch Liebhaber. Mit Todes-verach
tung hatte er wohl zehn Minuten lang
sich den Anschein gegeben in einer
Straße nach sehenswerthen Schaufen
stern zu suchen, wo es, wie er sehr gut
von früheren Gelegenheiten her wissen
konnte überhaupt leine gab. Dabei
hatte er stets eine gewisse Hausthiir iin
Auge behalten, stets gehofft, daß sie sich
endlich öffnen solle —- zuerst weit, ganz
weit um Fräulein Aurelie den Durch
laß zu gestatten, und dann zuin zweiten
Mal ein ganz wenig, so daß gerade ein
schlanles Figiirchen hindurchschliipsen
konnte, das sich neben der voliiininiisen
Kousine aus-nahm wie eine Nippfigur
neben dem Stubenofen. Aber Minute
auf Minute hatte er immer ungedul
diger und doch gleich vergeblich gewar
tet, bis er endlich die Hoffnung auf
geben und enttäiischt von dannen
ziehen mußte. Längst schon hatte die
Rathhausuhr die elfte Stunde verlän
det, und so blieb nur die Möglichkeit,
daß die beiden Damen doch noch früher
auf dein Platze gewesen seien, als er,
daß sie vielleicht einen Besorgungsgang
durch die Stadt gemacht und sich dann
direkt nach dem vereinbarten Versamm
lungsort begeben hatten. Sobald er
zu dieser Ueberzeugiing gelangt war,
mußteer sich aber auch sagen, daß jeder
Augclluclll, Ucll cl ljlcc lullgcl Ucllscllc,
dem ersehnten Zusammensein entzogen
werde, und so eilte er denn in stürmi
scher Hast, um das Versäumte wieder
einzuholen. dem Ziele entgegen.
Als er das schon ziemlich gefüllte
Bersammlungzimmer betrat, welches
sich das Vergnügungs - Komnsittee ein
sür allemal in der Konditorei reservirt
hatte, wurde er mit sturmreichem Ju- .
bel empfangen.
»Alle Eile hilft Jhnen nichts mehr,
Herr Assessor!« rief ihm lachend eine
reizende kleine Blondine entgegen.
»Dieses Mal sind Sie doch der LesteP
»Alle endlich einmal in die eigene
Grube gesallenl« setzte ihre Nachbarin
ein wenig schadenerh hinzu.
»Prosit, Assessor!" —- begriiszte ihn
einer der jungen Herren. »Wir essen
schon einen Kirschtuchen aus Ihr Spe
zielles —- schmeckt samos!«
Kaum hatte der Assessor Geistes
gegenwart genug, diese Apostrophen
mit gutem humor entgegenzunehmen
;- um nicht in den Verdacht zu gera
then, daß er sich ärgere, nicht etwa zu
lest gekommen. sondern in die von ihm
selbst vorgeschlagene Strafe verfallen
n sein —- denn ein rascher Blick über
le versammelte Gesell chast hatte ihm
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gezeigt, daß auch hier die Erwarteten
—- oder vielmehr die Erwartete, denn
. es läßt sich leider nicht verschweigen,
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daß er Fräulein Aurelies Abwesenheit
ohne besonderm Kummer wiirde haben
ertragen lönnen -— nicht anwesend sei.
Er tummelte der Form wegen etwas
von dringenden Amtigeschiiftem ob
s- wohl er sehr gut wußte, daß ihm das
Niemand glaube und obwohl es ihm
· im Grunde auch ganz gleichgiltig war,
ob man es ihm glaubte oder nicht.
Dann setzte er sich zu den Miittern, er
Jlundigte sich pslichtschuldigst nach
Nachtruhe und Besinden, sowie nach
dem Ergtbniß etwa bereits stattgefun
dener Berathungen -— daß solche vor
seiner Ankunft nicht stattgefunden hat
ten, war ihm natürlich nicht im Minde
sten zweifelhaft, —- bis er endlich un
auffällig die Frage dazwischen werfen
konnte, ob denn die Rohrbuch’schen Das-s
men nicht kommen würden.
»Leider nein« —— entgegnete ihm eine
der Damen, »vor einer Viertelstunde
schickte Fräulein Aurelie her und ließ
absagen, da sie durch eine plöhliche Mi- -
griine verhindert sei."
Der Assessor fühlte eine plösliche
Wuth gegen die arme Tante Aurelie
in sich aussteigen. Er vermochte einmal
nicht einzusehen, weshalb auch der llei
nen Wanda Tante Aurelies Kopf weh
thun mußte. Aber zugleich sah er auch,
wie er aus dieser Situation Vortheil
ziehen konnte. Er gab seinem lebhaf
testeu Bedauern iiber den Zwischenfall
Ausdruck, nicht nur im Interesse der
Kranken, sondern namentlich auch im
Interesse der Gesellschaft, die nun einer
so bewährten Kraft entbehren müsse, ;
auf deren Mitwirlung man doch sicher «
gerechnet habe. Das fand allgemeine s
Zustimmung« namentlich ausnahmslos 1
bei den älteren Damen. , Denn Aurelie I
hatte sich wirklich unentbehrlich zu ma- «
chen verstanden, indem sie stets, wie
ganz selbstverständlich alle die kleinen
Arbeiten übernahm, die bei solchen Ge
legenheiten von Damen besorgt werden
wollen und einer, die sich nicht darauf
versteht, schon Kopszerbrechen bereiten
können. Er verstärtte die-se Stimmung
W-—
nach matten uno erooi sich paying-tax
sofort selbst seine ganze persönliche Lie
benswiirdigteit aufzubieten, um Fräu
lein Aurelie zu überzeugen, daß in die
sem Falle ihre Migräne den Pflichten
gegen die Gesellschaft nachftehen müsse.
Natürlich wurde dieses Erbieten mit
gebührendem Dante angenommen und
mancher junge Herr, wie manche junge
Dame bewunderte im Stillen den
Heroismus eines solchen Entschlusses
Kaum fiinf Minuten später stand
der Assefsor in der Vorhalle des inm
merzienräthlichen Hauses und hatte
dem Diener seine Karte gegeben, uin
ihn bei Fräulein Aurelie zu melden.
Er mußte unwillkürlich lächeln, wenn
er daran dachte, wie nahe er vor einer
halben Stunde schon dem ersehnten
Ziele gewesen« ohne es zu ahnen. Frei
lich war er noch lange nicht am Ende
aller Schwierigteiten. Zu einer mi
gränelranlen Dame zu gelangen, muß
te auch fiir einen Freund des Hauses
nicht leicht sein. Vor einem Mißerfolg
in dieser Beziehung fürchtete er sich
aber gar nicht. Da er den Kommer
zienrath auf dem Komptoir wußte und
Fräulein Aurelie sich trant gemeldet
hatte, blieb doch eigentlich nur die
Möglichkeit, daß ihn Fräulein Wanda
empfangen würde. Und darüber wäre
er nicht im Mindest-ei böse gewesen.
Aber er sollte sich abermals verrech
net haben. Das Fräulein habe eben
Tollette gemacht und lasse sehr bitten,
meldete der Diener. —- Toilette ge
macht?« Das hieß soviel als die Mi
gräne überwunden oder vergessen. Vor
treffliche Aussichten für feine ofsizielle
Mission —- aber sehr traurige fiir seine
geheimen Wünsche.
Jn der That war Fräulein Aurelies
Migräne nur eine tattische Krankheit
gewesen. Sie hatte die Empfindun ,
daß Assessor Weinert in der letzten Zeit
ein Uebergewicht in der Gesellschaft ge
wonnen hatte, das ihrer eigenen Allein
herrschaft gefährlich zu werden begann.
Deshalb schien es nothwendig, einmal
wieder an ihre Unentbehrlichkeit zu er
innern. Aber sie war viel zu klug, den
Bogen zu straff zu spannen, weil sie
sehr wohl wußte, wie leicht er brechen
könne. Es galt eine Demonstration,
nicht einen ernstlichen Krieg. Deshalb
machte sie, sobald sie den Boten mit
dem Schreckschuß der Krantmeldung
abgesandt hatte, sich unverzüglich
daran, sich in Straßentoilette zu wer
fen. hätte sie8nicht mit voller Be
stimmtheit daraus gerechnet, geholt zu
werden, sie hätte schwerlich überhaupt
abgesagt. Und wenn der erwartete
Unterhiindler kam —- es konnte «a
laum ein anderer als der Assessor sein
—, so wollte sie ihm nicht erst viel Ge
legenheit geben« seine Ueberredungs
Dünste zu probiren. Dem geschlogenen
Feinde soll man goldene Brücken
bauen, und um Alles in der Welt durs
te sie es daraus nicht ankommen lassen,
daß man ernstlich auch nur mit der
Möglichkeit rechnete, eine Laut-partie
ohne Aurelie Rohrbach zu unterneh
men·
» So trat sie dem Assessor mit ihrem
« holdseligsten Lächeln entgegen, dat, wie
; böse Zungen behaupteten, volllommen
T ausreichte, zwei normale Menschen
glücklich zu machen.
. »Ja freundlich, lieber herr Assessor,
T daß Sie sich selbst bemühen. Zum
s Glück ist mein umso-zum- sp ziemlich
i überwunden, und da ch mein gegebnes
s Versprechen gern holte und Niemand
z Ungelegenheiten bereiten mag, so war
-I
ich eben im Begriff- noch nachträglich
zum Uppell anzutreten.« — Leider
muß tonstatirt werden daß Fräulein
Aurelie in Wirklichkeit diese Absicht
nicht gehabt hatte weil sie die Möglich
keit, daß man sich in ihr Aushleihen
9 schicken und nicht nach ihr senden tönni
te, gar nicht in Betracht gezogen hatte.
Da war denn des Assefsors Mission
rasch und einfach erfüllt —- so rasch
und so einfach, daß er mit Fräulein
; Aurelie auf der Straße stand ohne
— recht Zeit zur Ueherlegung gefunden zu
haben und ohne dazu gekommen zu
;sein, auch nur anzudeuten, oh denn
Fräulein Wanda nicht auch ein Ver
I sprechen einzuliisen habe. Und nachho
len ließ sich das nicht gut. wenigstens
nicht mit gleicher Harmlosigteitz und
wenn er es auch daraufhin gern gewagt
hätte, es konnte nichts mehr helfen, da
man einmal unterwegs war. Auf
Aurelies Seite aber war es reine Ver
geßlichteit. Wo es sich um so wichtige
Dinge wie die Aufrechterhaltng ihres
gesellschaftlichen Prestige handelte, hat
» te sie an die Kleine wirklich gar nicht
gedacht. Und daß nun gar der Abge
sandte nicht ausschließlich ihrer Person
wegen, sondern mit irgend welchen Ne
henahsichten gekommen sein könne, der
Gedanke lag ihr ganz und gar ferne.
Zum zweiten Mal tochte es in dem
Affessor, und ein unbezwingliches Ge
fühl der Rachsucht gegen seine nichts
ahnende Begleiterin jagte ihm das
Blut rascher durch die Adern. War es
ihm doch, als habe er nicht nur sich zu
rächen, sondern auch die Geliebte; denn
daß auch dieser durch die unselige Mi
gräne und die noch unseligere Gene- s
sung ein Herzenswunsch zu nichte ge- «
worden war stand ihm außer Zweifel.I
Und als sie nun um die Ecke des Mark- i
tes bogen und das Schild der Kondi- s
torei ihm entgegenwinkte, da durchblitz-;
te es ihn plötzlich, wie er sich rächen kon-;
ne. Aber er wollte auch jeht nicht edel
handeln er wollte die gemißhandelte E
Liebe an der weiblichen Eitelkeit rä- i
chen. Denn er kannte Fräulein Au- .
relie zu gut, um nicht zu durchschauen, l
was diese Migräneiiiomödie eigentlich z
auf sich WXIL chlloc Datum socc’
wußte er auch, daß er sie jetzt in ihrer
Eitelkeit nicht empfindlicher tresfenx
könne« als wenn er sich den Anschein
gab, als habe er sie abgeholt, nicht um
ein nnersetzliches Unglück von der Ge
sellschaft fern zu halten, sondern aus
irgend inem anderen Grunde, je abge
schmack er, desto besser.
Mit teuflischer Galanterie bot er ihr
den Arm. sie in die Konditorei zu ge
leiten. Jn jedem anderen Falle hätte
er das gerade aus Galanteriebuntep
lassen; denn er wußte, daß sie am Arm
eines eleganten Kavaliers eine doppelt
schlechte Figur machte. Jm Triumph
führte er sie in die Versammlun und
während die übrigen Anwesen n sich
herandrängten. sie zu begrüßen, machte
er ihr eine freundliche Verbeugung und
sagte : «
»So, mein gnädiges Fräulein —
und jth bezahlen Sie die Kirsch
tuchenl«
I i e II o si.
—.
Novellette von M. R o d a - N o d a.
-—-...-.-.
Baronesse Gjutich lag auf dem Di
van und blies Rauchwöltchen in die
Luft. Das Fenster war weit offen.
Herein sluthete der Sonnenschein in
breitem Strahl und der Klang der
Kurmusih die draußen,sast unmittelbar
vor dem Fenster der Van spielte. Mit
nachdenklichem Ausdruck starrten die
blauumrandeten Augen der Baroneise
zur Zimmerdeckr. Eine nerviise Bewe
gung —- und die Cigarette flog in wei
tem Bogen mitten auf den Teppich. Ba
ronesse war also schlechter Laune. Sie
drückte den Taster der Klingei. Das
Mädchen trat ein
»Ist Miß Ellen noch nicht von der
Post zurück?«
»Nein, gnädige Baronesse!«
Ein unmuthiger Wink der herrim
wies das Mädchen wieder hinaus.
Baronesse Gjutich war schlechter
Laune. Eine rasende Ungeduld zehrte i
an ihrem Mart. Schuld daran war ein
disk-»- snmsk Tons-I
Orel, der tleine, arme Teufel mit den
blitzenden Stahlaugen, war in diesem
Sommer vom alten Baron Gjulich auf
das freihertliche Kastell nach Silvan
garn beschieden worden, um etliche alte
Bilder aufzufrifchen. Er tam an und
war glückselig. Das erste Mal im Le
ben der Sorge ums Brod des folgenden
Tages enthoben, schlafen dürfen in ei
nem breiten. bequemen Bette, verkehren
in einem vornehmen, fchöngeiftigen
Kreise, mit Menschen, die reine Kleider
trugen, nicht mit dem Messer aßen, die
von ihm nichts wollten als seine
Kunst!
Ocel, war überftrömend glückselig.
Aus«einer glaöbedeckten Terrasse richtete
et sein Ytelier ein. Palmen und Aga
ven umgaben ihn. Auf der Staffelei
stand ein Gjutich des vorigen Jahrhun
derts mit Dreifpitz und Galanteriede
gen, dessen rissigen, erblindeten Firniß
ei zu restauriren galt.
Baronesse Mara sah ihm zu. Sie
fah immer zu. wenn Orel wusch und
pinselte. Dann sprachen sie mit einan
der. Anfangs galt das Interesse Ma
ras nur dem Arbeitzvorgang. Später
redeten sie von Kunst un Allgemeinen
und sonstigen Dingen.
Eines Tages stellte Orel das Bild
Z von Maras Mama aus und saß lange
F davor. Mara kam wie wöhnlich zu
« schauen und erstaunte nicht wenig, als
sie das neue Porträt sah.
»Wie -— das wollen Sie restauri
ren?«
Er snhr auf. »Nein, «Baronesse,«
antwortete er ein wenig verlegen —,
»dieses Bild — wollte ich nur — se
heul«
; Aber statt aus das Bild, schaute er
C aus Mai-a Sie erröthete.
! Plötzlich sprang er aus, zog die
s Stirn traus, zögerte einen Augenblick,
I suhr sich durch die langen Blondhaare
E — dann ries er, als wollte er sich selber
s widersprechen: »Ach, was — es ist ja
: doch nur ein unsinniger Traum!« packte
das Bild in Klastertveite und trugs
·" aus seinen alten Platz.
F Als er eine Minute später wieder mit
einein uralten Gjukich zurückkehrte, war
er blaß und ruhig. —-— « — —- --—-- —
Batonesse Mara war ausgeritten und
kam nun mit glühenden Wangen, die
Peitsche in der Hand aus die Terrassr.
Orel grüßte flüchtig ; dann wandte er
sich gleich wieder seiner Arbeit zu. Er
flictte einen Riß mit Nadel und Zwirn.
j
—- Mara schaute ihm über die Schulter
zu. lange, ohne zu sprechen. Als sie mit »
ihren lurzsichtigen Augen ein Detail be- :
trachten wollte, mußte sie näher treten.
So dämmerig war es schon.
l
«Sehen Sie denn noch genug ?« stag- F
ke sie. — »Nein —-— Sie haben Recht t« j
Er warf Knäuel und Scheere weg. —
Draußen ging die Sonne unter. Der
lange Schatten der Pappeln vor dem
Kastell siel schon ins Atelier. Ein lei
ser Wind strich vom Teich her zwischen
den Säulen der Terrasse.
Stille. tiese Stille. Stel, den Kopf
in die Hand, den Ellbogen auss Knie
gestützt, blickte zu Boden, Mara in den
glühenden Westhiminel . . . .
Da tönte aus dem Busch das-Schluch
zen eines Bögels Orel hob den Kopf
und» sagte Markt gerade insmGesichU
»Jw lllswlk lulnclh lsllO slc JCUUJIIJCU
eben gesungen hat« Da sah er zwei
Thränen in Maras Augen glänzen. Er
erhob sich langsam und faßte Maras
Gesicht zwischen seine beiden handle
chen. Dann tiißte er ihre Augen und
titszte ihren Mund. Sie aber duldete
es.
Eine Sekunde später stieß sie ihn fort
und verschwand. —- — —
Jn dieser Nacht schrieb Orel einen
Brief : »Baronesse ! Ich habe mein
heißes Verlangen zu Ihnen erhoben, ich,
der tleine, arme Teufel —- und mich
selbst vor die Wahl gestellt : sie oder den
Tod. Varonesse ! Ein Wort von Jhs
nen, und ich bin der Glücklichste unter
der Sonne. Ein Wort von Ihnen, und
Sie sehen mich niemals wieder.«
Arn Morgen schickte er den Brief in
ihr Zimmer. —- Er brauchte nicht lange
aus eine Antwort zu warten. Sie lau
tete : »Mein Herr ! Nach dem, Ian ge
stern Abend vorgefallen, tann Jhres
Bleibens hier nicht sein.«
Und aus der anderen Seite : »Man
stirbt nicht daran· M."
Orel packte seine Sachen und ging.
—- Acht Tage später fuhr Baron Gin
tich mit seiner Tochter ahnungsloi ins
Bad nnd schimpfte auf dern ganzen We
ge iiber den verrückten Maler, der das
Kastell ohne ein Wort des Abschieds
Hals über Kon verlassen. —- — —
Als sie am Ziele und in ihrer Villa
waren, fragte Baron Gjulich: »Was
ist's rnit Dir, Mara ? Du siehst aus,
wie eine wandelnde Leiche.«
Sie stammelte irgend etwas Unver
ftändliches, reichte ihrem Vater die
Band und ging in ihr Zimmer. Er
regt durchschritt sie es aus und ab,
dann setzte sie sich an den Tisch, adres
sirte einen Briefumschlag an »denn
Eberhard Orel, Kunstmaler in Mün
chen« und schrieb :
«Eberhard! Die Anrede sagt Dir
Alles. Erinnerst Du Dich noch der
Stunde, als Du die Nachtigall fragtest,
was sie fanget Erinnerst Du Dich der
wetten Rose, die damals aus meinem
Gürtel fiel? Und erinerst Du Dich
daran, dafe Du die Blüthe aufgehoben
und behalten hast?
Eberhard --— ein Nothschrei an Dich
ist dieser Brief, eine stehende Bitte um
Verzeihung. Du weißt so Vieles nicht, 1
was meine Feigheit verständlich macht. :
Wenn Du dies liest, so sei es Dir, als
ob ich Deine Hände umllammert hielte, .
als ob Du meine Thränen fühltest, die
auf Deine hände niederfallen.
Jch wußte. daß Du mich liebtest, daß ’
Du meiner Liebe sicher warst, ehe wir .
noch eine Silbe davon gesprochen hat
ten. Jch saß bei Dir, in die Palmen -
gedrückt, wunschlos, glückselig wie ein
Kind —- und wartete auf das Wun
» derbare. das da lommen sollte.
Es lam! Weißt Du, was ich em
H pfand, als Du mich umschlingen woll
test, als Du meine Thriinen küßtest-«
liebte Dich unsagbar, Ebethardi
nd doch stieg ich Dich fort? Ach,
warum bin ich ir nicht in die Arme
Tinte-m warum bab’ ich Dich nicht
fe ebalten ....!
s war. weil ich eine furchtbare,
eisige Stimme hörte, die herrisch mei
nen Namen rief —- die Stimme meines
Vaterz. Jch hörte sie —- obgleich ich
wußte, daß mein Vater in diesem Au
genblick sieben Meilen fort war.
z hätte vor feinem Zorn gezittert,
vor dem harten Blick seiner Augen, die
mich erbeben machten. Aber Du wä
rest bei mir gen-klein Warum, ja wa
rum hast Du mich damals freigegebeni
An jenem Abend vor acht Tagen?
Eberhardt, ich habe Dich verleugnet »
- —- in meiner Angst.
. Aber ich habe mich losgerungen Jch
bin bereit, meinem Vater zu trotzen,
dem einzigen Menschen vor dem ich er
· schrecke, —- zu trohen um Deinetwillen.
Kennst Du die Qualen der Neues
Jch habe sie durchgelitten. KennsLDu
z die Qualen der fehnsiichtigen Verzweif
; lang, der Furcht vor dem Wahnsinn ?
Verzeihe knir, Eberhardt Nimm
- mich an Dein Herz, das große, gütige
—- bring’ meine Seele zur Bub' —
und locnm’! Jch arte aus Dich, wie
. die Menschheit ein auf den Erlöser
» wartete.«
Seit sieben Tagen wartet sie auf
eine Antwort von Orelk —
Lade-, a Letter for you!« ruft plötz
lich Miß Ellen vom Solon aus. —
Mara zuckt zufammen, springt auf
und ergreift mit brennender Ungeduld
den Brief« Sie schaut ihn starr an —
und kann es nicht fassen: was sie da
in Händen hält —- das ist ia —- das
ist ja —- ihr Brief!
Kaum leserlich —- unzählige Mai
durchstrichen und überstempelt liest sie
die Adresse, die sie selbst geschrieben:
»Eberhard Orel -— München.« Da
runter: »Paris« .....
Dann wendet sie den Brief um und
findet dort, kaum-zu entziffern, die
Worte, die irgend ein Pariser Postkn
amtek in flüchtigen Zügen hingeschriei
ben: »Le deftinataire est mort« —
,,Adressat gestorben. «
ßeSchlesische Kartoffeltlös
Zu diesen kocht man mittelgrosse
Kartoffeln tags vorher ab. Diese wer
den geschält, gerieben, mit einem Ei
und dem nöthigen Salz vermischt und
unter Zuhilfenahme von so viel Mehl,
daß sie ohne anzutleben sich formen las
sen, zu runden Klöszen von Apfelgrdße
geformt. Die Klöße werden in kochen
des Wasser aetban und sind aar. sobald
sie s chwimnien.
Thüringer Kartoffeltkih
sz e. Ein Drittel der Karioffeln wird
so zeitig gekocht, daß sie vor der Ver
wendung völlig ausgetiihlt sind, ehe sie
gerieben werden. Die übrigen zwei
Drittel Kartoffeln (man nehme mög
lichst große) werden roh in kaltes Was
ser geschiilt, danach gerieben und durch
ein starkes leinenes Tuch oder Säachen
möglichst trocken aus-gepreßt Die ro
hen und gekochten geriebenen Kartoffeln
werden vermischt, mit einem Ei ver
riihrt, gut gesalzen und mit etwasMehl
zu Klößen geformt, Jn tochendes
Wasser gethan, müssen diese Klöfze auf
iochen und, nach der Größe, tochend 10
—20 Minuten auf dem Wasser schwim
men, ehe sie gar sind. Von der Mahl
zeit übriggebliebene Klöße geben, in
Scheiben geschnitten und mit Butter
oder Schmalz schön goldgelb gebraten,
noch eine schmaChafte Zuiost.
Fritz. Dazu werden rohe Kar
toffeln geschiilt, in kleine, singerdicie
Stifte geschnitten, mit Salz bestreut
und in Backfett zu hellgeer Farbe ge
backen. Als Backfett läßt sich jedes
übriggebliebene Bratenfett, auch Dam
mel- und Rindsfett vermischt, gebrau
chen. Die Fritz müssen in einer Kasse
rolle —- nichi in flacher Pfanne --— in
reichlich Fett schwimmen.« Bei richtiger
Zubereitung bleiben sie innen ganz weisz
und weich und bekommen eine tnuspe
rige Haut.
KartoffelsalaL Die abge
tochten Kartoffeln (man vermeide meh
lige) werden noch heiß geschält und in
Scheiben geschnitten. Diese thut man
in eine Schüssel, in welcher sich Essig
miisSalz befindet, übergieszt sie mit
reichlich gutem Speiseöl und mischt Al
les behutsam durcheinander. Jn Thü
ringen verwendet man frisches Mohn
Oel, welches sehr schmackhaft ist. Nach
Geschmack tann eine feingehackte Zwie
bel dazugegeben werden.
Zimmetwaf ein.Man nehme
z Pfund Butter, la e sie weich werden
und rühre sie dann mit 7——8 Eiern und
i Pfund gesioßenen Mandeln so lange,
bis dieser Teig Blasy schlägt. Als
dann thue man 1 Pf nd Zucker und 2
Pfund Mehl langsam dazu und verar
beite den Teig, nachdem man noch z
Mund sein aestosienen Rimmet beiae
fügt, gehörig. Hieran lasse man ihn
eine Nacht ruhen. Dann tolle man den
Teig in ganz kleine Kugeln und backe
dieselben in einem Wasseleisen. Das
selbe muß sebr fest schließen, sodaß die
Kugeln slach gedrückt werden. Die
Mandeln lann man nach Belieben auch
weglassen.
—-—
Gerechter Angek
Dichter Cum Freund) : »Da sieh
nur einmal so einen Unsinn von einer
Zeitschrift, neben meinem Gedicht ist
eine Vignette mit einem Eselötopf l'·
Freund : »Wirllich zu dumm ! Die
Leute werden es als Dein Porträt auf
fassen l«
Kasernbofbliitbr.
J »Sie, Mandelbaum, wenn Sie sich
ausstellen lassen, dann zersprin t der
: Barnmn vor Neid. Bei ihm i nur
; ein Esel mit acht Beinen, Sie aber ha
; ben keinen Kopf und X-Beine.«
; Verdachtige Sorte.
« Wirth (zum neuen Kellner, der eben
! Wein abzieht): »Wissen Sie denn auch
L mit Rothwein umzugehen« Jean«i«
’ Kellner (sich fchüttelnd):« »O ja, aber
so schlechten Umgang habe ich noch nicht
gebabtl«