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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 11, 1901)
! : Ingenieur Dorstmanw z ...Ro ma vno Yikhekm Hegeketx -AWIMHLIMMI I- p. —mäj"" - - -- a .0 ..It...u"0 · l Der Sprecher reihte in einem butter- z mickxn Ton die großartigsten Worte l steil-Ihm Er sprach von dem »herr stehen Bauwerk, welches vorbilklich em möge, daß deutsche Thattrafi nnd . flichttreue jedes Hinderniß überwin den«. Dann führte er aus, daß ein folckpt Bau nur in einem geordneten Staatswesen entstehen könne; damit hatte et den Uebergang auf das ruhm reiche Geschlecht der pohenzollern ge nden. Seine Rede tlana aus in ein nchez Hoch auf den obersten Bau rn des deutschen Reiches-, auf Se. a« iit den Kaiser. lle erhoben sich, die Gläser klangen Zusammen nur Horstmann blieb ver säumt stgetn Erst als sein Nachbar M anft e : »Aber bitte, wollen Sie · nicht er ben? Se. M·ajeftät!« ng er au , doch weil er keinen ein hatte, mußte er mit leerem Glase en. « ie Musik auf dem Podium spielte aHeil Dir im Sie ertran3«. Darauf trat wieder ein Ke ner hinter ihn und a te, welche Sorte er beschle. Er be e eine sehe Rübeöheimer. Dann ntte er nisn einmal ein. Auch Fischließ er vorbeigehen Es war ihm unmöglich, zu essen. Gleich Po kn der aufgeregten See wälzten sich ie Gedanken in feinem Innern. Wa ttm saß seine z rau dort oben und er hier unten? Ware es nicht ihre Pflicht n, sich zu ihm zu setzen? Zwei waren sie getrennt gewesen« c: hatte die furchtbarsten Augenblicke eines Lebens dur ·enoacktt. Hatte sie gefreut, ihn wie erzusehenZ Hatte ip gefragt, welche Folgen die Fia rophe für ihn gehabt? Wußte sie etwa nicht von den Anschuldiqnngem sit denen man ihn überhäuft? Hatte g seine Briefe nicht gelesen, aus deren rrea Berichten doch etwas von seiner Insiegung heraustlingen mußte? annte sie die Zeitungen nicht? Und Denn sie wußte, was er alles durchge nkacht hatte, wie konnte sie es üben-Z Vers bringen. da oben zu bleiben, ohne ihn mit einem Blick 331 streifen?» Während seine ausgerissenen Augen die Tafel hinunterglitten an den lan gen Reihen der unbekannten Gesichter herbei, während sie drohend seine Frau akuten die mit ihrem heiterm Lä Za jemandem zutraut, nicht ihrem nn. irgend einem gleichgiltigen Menschen in ihrer Nähe, während sein Dotter Blick ihr zurief, sich nach ihm zu wenden, unsd sie ihn doch nicht bemerkte, nicht bemerken wollte, da tauchte in dieser Minute in seiner verwundeten heuseherisch und mißtrauisch geworde nen Seele die Erkenntniß auf, daß es s so gewesen war, die ganzen zwei hre ihrer Ehe hindurch. Stets hatte oben gesessen, im Glanz, im Mittel punkt, auf dem besten Platz, und stets e er unten gesessen, irgendwo im nleln, wo man ihn nicht bemerkte. Unerträgliehe Schmerzen ergriffen ihn, während tausendErinnerungen jäh er Dochten War es je anders gewesen bei den Gesellschaften die er in seinem Hause gab? Hatte man ihn je beachtet, je seinen Worten Aufmerksamkeit ge schenkt? Hatte er sich nicht immer in den Ecken herumgedriickt, gut genug, um die häßlichste Frau zu Tische zu sähren und nach-her seinen Gästen die Cigarren zu reichen! Und seine Frau, die ihm alles verdantte, und die jetzt da oben im Kreise ihrer Sippschaft thronte, hatte sie sich je um ihn ge kämmerts Wenn er müde von der Arbeit nach Hause kam, hatte er nicht oft genug das Haus leer gesunden, steil sie in Gesellschaft war? Sie hatte es an Respekt vor ihrem Gatten feh ieu lassen, an Liebe! »Sie liebt mich nicht, sonst tönnte sie da oben nicht sitzen. Vielleicht bin ich für sie nur der Narr, der sein Ver mögen hingiebt, um ihre Launen zu befriedigen, den sie nicht beachtet, der alte Mann, den sie beträgt Aber das alles soll sie büßen, sie soll mich färchten lernen, wenn sie mich nicht lief-il« Zum ersten Male ballten sich die zahlt-sen Eindrücke zu etwas Ganzem zusammen war, als wenn die Haut, hie nothdiirfiig gehalten hatte, plötzlich zerriß, und aus den vielen kleinen, kaum beachteten Wunden ein großes, essen-i icheußlicheö Wundmal würde. Weg bekam ein anderes Ansehen. Ihre Schönheit, das strahlende Lä Gelm das ihre Lippen iräuseite, der » verführerisch-. Hals, der weiß wie Perlrnutter aus den Gazewolken em porstieg, die stisirten Löckchen, die im Qetzenglanz wie Goldfäden glühten, Wische-n denen versteckt Brillanten düstern alles dies, was ihn früher entzückt und berauscht hatte, beteidigte ihn nun, stieß ihn ab, schmerzte ihn, is . — fee doch lieber ein zerrissmes M ausstie, und auf ihren Wangz ? ein iß von dem Gram, I--’------7-·"-Os mit mein Kopf in ihrem Schoße Ruhe finden könnte! Aber nein! Sie hat kein Hstzt Sie ist nur schön! Und ihre Schönheit giebt sie den Blicken anderer preis, während ich hier unten sitze und allein meine Qualen tragen muß. Und die bleichen Gesichter, die den Schlaf seiner letzten Nächte gestört hatten, drängten sich wieder an ihn heran. Die Leiche eines alten Man nes stand vor ihm, mit aufgedunsenem Gesicht und hervortretenden Augen, die ihn groß und erstaunt anblickten. Plötzlich fuhr er auf und starrte feine Nachbarn an. Er saß ja unter so vielen Menschen, was wollte da der Spuk ? Im Nu hatte die Ungeduld ihn wieder gepackt. Wann tam denn endlich die Rede auf ihn? Er wollte seinen Orden haben, seine Ernennung zum Baurath hören. Alles übrige war ihm gleichgiltig. Wieder traten die Kellner in langer Reihe durch die Thür, die sich gerade hinter ihm befand. Der dritte Gang bestand in Filet a la Jardiniere. Er nahm etwas, um nicht fortwährend seinen weißen Teller anstieren zu müssen. Doch nach einigen Bissen stieß er voll Etel den Teller zurück. Dann starrte er zu dem Berliner Geheimrath hin. Der hatte gierig fein breites Fischmaul ausgerissen als wenn er schon nach einem Orden schnarptr. »Bald werde ich ja auch Beamter seini« dachte Horstrnanrn »Regie runas- und Baurath Wie habe ich mich danach gesehntUIUd was ist es im Grunde für ein Unterschied! Habe ich den Staat nöthig? Aus eigener Kraft habe ich mich zu dem gemacht, was ich bin. und brauche keinen Bauherrn über mitl« Jn diesem dumpfen Trieb der Re- « bcllion verwünschte er seine ganze Schwschheit Warum hatte er dem Staat die Brücke geschenkt? Wenn er Hunderttausende daran verdient hätte, wäre das ein besserer Lohn gewesen. als lumpige Orden und Titel! War er nicht der erste Eisenbahningenieur auch ohne das? Wenn jetzt der Mi nister ausstände, um ihm in seinem «Sanften heinrichs« - Ton die Er nennung mitzutbeilen, und er würfe ihm den Bettel vor die Füße! «Nehme ich nicht, Herr Minister! Ich bin Gustav Horstmanm bin mehr, als die ganze Bagage zusammen, mehr, als diese ganze ausgeblasener sellschaft, die hier das Maul voll nimmt, Herr Minister! . . . « Er mußte beinahe laut lachen, wenn er sich den Eindruck vorstellte, wie diese Bombe da unter den Ehrengiisten zer platzen würde. »Warum fängt man denn nicht an?« dachte er plötzlich-. Eine dunkle Blutwelle schoß ihm mit solcher Macht gegen sein Hirn, baß sein Bewußtsein einen Augenblick umnebelt war. «Fangt an! Fangt anl« schrie es in — ihm. Horstmann lehnte sich mit heftiger Bewegunq zurück, um seinen Kon von dein Blutandranq zu befreien. Doch als wenn seine Gedanken wie wildge wordene Pferde durch seinen Kopf stürmten, stellten sich in verworrener Folge die verschiedenartigsten Erin nerunaen ein. Und zwischen all dem klana Stimmengewirr, Klappern von Messern, Gabeln und Gläsern. Aber auf einmal war es lautlos still. Eine Art Grabesstarrheit legte sich iiber den Saal. Alle Herzen blie ben stehen vor Erwartung. Das laut lose Flammen der vielen Kerzen, das Glitzern des Silbers, das leise Schau keln des Weines in den Gläsern schien noch wie verbotener Lärm. Als jetzt ein Dacht tnisterte, zuckte Horstmann zusammen, als wenn ein Nerv in ihm zerrissen wäre. Lautlose Stille — nur aanz fern klang das weiche Ge säusel einer dünnen, llanglosenStitn me. Horstmann beugte sich vor — der Augenblick war da, die große Mi nute, die ihm Sühne brachte stir so viel Schmach! Sein Mund war tro cken, seine Zähne tlapoerten, ihn fror, ihn sror bis ins Mark der Knochen, als hätte man ihn in einen Eisteller gesetzt. Gleich Leichen ohne Blut, ohne Bewegung saßen die schwarzgetleide- - ten Menschen ihm gegenüber. Er horchte —- waruin hörte er nichts? Die Stimme war so dünn, die Schall tvellen erstarhen, ehe sie ihn erreichten. Und auf einmal irar der Gedanke da: Wie, wenn Du übergangen wür dest? Wenn Dein Name nicht ge nannt würdes. . . Jn der nächsten Sekunde war das lerne Vermuthung mehr, sondern Gewißheit Ja, Dein Name wird nicht genannt! Dein Ber dienst wird übergangenit Dich schweigt man todt!!! Ach-grau geworden, mit verzerrtem ; W, lauschte er. Und da vernahm er deutlich die Worte - .Det Kaisers und Königs « M. M wir soeben die h d oes- Wemng dieses les unfe ren ehrsurchtvollen Dank darbrachteq haben auch des heutigen Tages mit bei sonder-er Gnade gedacht und aus An laß der Weihe der lurin er Brücke mehrere Auszeichnungen ver iehen Es gereicht wir zu besonderer Ehre und Freude, der Versammlung zu ver liindeiz, daß Seine Majestät der Kai ser dem . . . Der Minister holte neuen Atheni nnd weidete sich an den vor Neugier und Erwartung wie gesvlterten Ge sichtern. Für ihn waren das die we nigen süßen Momente in einer Exi stenz voller Plackereien. Dann fuhr er mit sanftem Lächeln fort: »Dein obersten Leiter des Baues, Herrn Geheimen Baurath Bethge, den königlichen Kronenorden 2. Klasse, und dem Direktor des Eifenwertes«.« Aber er stockte, diesmal widerwillig, und folgte den Blicken seiner Umge bung, der ganzen Tafel, die sich alle mit Schrecken nach einer aufgerichteten Gestalt hinwandten, die da unten ganz einsam am unteren Ende der Tafel sich erhoben hatte, wie ein Riese alle überragend, mit gelbgrauenr Ge sicht, aber in ihrer trotzigen Haltung einem empörten Titanten gleich. Der Minister stockte, wurde verle gen, hüstelte, fuhr sich über die Augen« als wenn er nicht gut sehe. Dann hüttelte er lauter, und seine Miene drückte große Verwunderung, ja Ent riistuna aus-. Aber als die Gestalt stehen blieb, fuhr er fort, zu sprechen, leise, hastig, die verschiedenen Orden aufziihlend, von der zweiten Klasse zur dritten, zur vierten herunterstei aend, bis zu den Verdienstmedaillen, die an Arbeiter verliehen waren. Aber als er nun das Glas ergreifen wollte. da erhob der empörte Titan unten am Tisch seine Faust und ließ sie mit einein Donnerschlag niedersan sen· daß die Damen auflreischten, und die Gläser zu Boden prasselten wie reife Pflaumen. Und mit einer Stimme die Trommelwirbel übertönt hätte, schrie Horstmann, drohend die Hand aussireckend Zum Vertreter des Staates-· der gesellschaftlichen Ord nung, zu allen denen, die da eben sa- ! ßen in seiner heiligen Nähe: ! »Kanaillen Ihr . . . Schurken! ! Betrüger! . . .!« s Dann stolperte er hinaus, Und die ? Thür fiel wie ein Donnerschlag hinter ; ihm ins Schloß. l 8. Zum ersten Mal seit mehr als- ei neni Vierteljihre strahlte wieder hel ler Lichtschiinmer aus den Fenstern . des Horstmcinn’schen Hauses. Eine l Gesellschaft von etwa zwanzig Leuten, größtentheils aus Annas nächsten Be kannten und einigen jungen Künstlern zusammengesetzt, hatte sich in der Dämmerstunde zu einer Art iivc o’cloclc tea bei ihr versammelt. Ein junger Komponist, Oberstadt, der Anna von Holleder als äußerst talent voll empfohlen war, sollte einige seiner Kompositionen vorspielen. Deshalb -—— so hieß es wenigstens — war man zusammenzukommen Aber seit beinahe einer Stunde stand der Musiker mit seiner Noten mappe im Zwielicht des Fensters und starrte mit begehrlichen Blicken den schwarzpolierten Flügel an. Dies rau des Hauses hatte ihn zuerst au die liebenswürdigste Weise begrüßt, aber erschrocken über sein barocles Aeußere, das dein eines bärbeiszigen Polizei wachtmeisters glich, Mit gesträubtem Schnurrbart unter einer rothgliihen den Nase ziiriictgestoßen von seinem vor Verlegenheit groben Wesen, das an die Kneipe mahnte, hatte sie sich hastig umgedreht und ihn stehen las sen. Nun spielte er den Statisten, bald das rechte, bald das linle Bein vorschiebend, und nachdem er sich bis zum Ueberdrukz seine Sonate hatte durch den Kopf gehen lassen, begann er mit hypochondrischem Grimm die Gesellschaft zu beobachten. Sie wa ren ihm sast alle bekannt, wenigstens dein Ansehen und dem Klatsch nach, den er iiber sie gehört hatte. . Oderstadt selbst war ein Düssel « dorfer Kind, der Sohn eines pensio » niricn Majvrs. Nachdem er mehrere Jahre in Berlin gesirebt und das Ziel, sich einen Namen zu in n, bei nahe erreicht hatte, war ihm das Geld ausgegangen Er mußte naih Düssel dors, in den ehemaligen Frohndienst des Noteneinpaniens und falsche Töne Anhörens zurückkehren, spielte jetzt das entgleiste Genie, litt an Größen wahn, bekneipie sich täglich und war im übrian eine Klatschbase. Anna ging von Gruppe zu Gruppe. Als wenn in der langen Sommer-stille eine ganze Ernte von Fröhlichkeit, Geist· undAnmuth in ihr gereist wäre, zeigte sie sich von bezaubernder Lie benswiirdigleit Sie hatte sich soeben an Frau Oswalds Seite gesetzt und ihrer Freude über das Wiedersehen Ausdruck gegeben. Frau Oswald, die ans dem Engadin kam, sah bedeu iend frischer nnd jugendlicher aus als vor einem Jahr. Mochie die Berglust ihr Blut erneuert haben, oder die schadensrohe Erinnerung an den StandaL den Horsimann sich nnd sei ner Familie bereitet hatte, sie nur siir diesen Anqenblick ver-schönerm ihr ganzes Gesicht war salienios nnd schwellend, ihre aliung gerader als : als ie, und ihre ragen sprühten vor åsiplzem Selbstgesiih . Anna merkte, s daß ihre Nivaiin neue Kraft gesam melt hatte, nnd daß zwischen ihnen beiden ein barier Kampf entbrennen W wiirde. Mitte-d f mit scharfs nge die wieder gans schwarz gewet denen Haare ihrer Freundin »Ah ohne jedoch die Spuren ihres Färbens entdecken zu können führte- sie das iikoeuswiikvigste Geier-way wurde bald ein bischen sentimental, bald wieder heiter, ganz als wenn es ihr darum zu thun wäre, ihr Herz ein mal auszu schütten. Frau Oswald aber gab nur kurze Antworten und unterhielt sich esto eifriaer mit Bert, nach dem sie sei ei niger Zeit wieder den Köder aus-warf. Holleder, dessen langer Biedermeier roct fast bis auf die Erde fiel, hatte den Kopf aufgestith und hörte stili schweigend zu. Er spielte den Ueber sättiaten. Vor kurzem war seine Tante gestorben und hatte ihm ganz unerwartet eine lleine Erbschaft hin terlassen, etwa vierzigtausend Mark. Damit wollte er nach Paris gehen, Um sich dort für einige Zeit niederzu lassen, und im Gedanken an dieseReise sah er bereits auf alles, was ihm hier entgegentrat, mit stiller Verachtung herab. »Wie lange wird’s dauern, bis Sie uns alle vergessen haben?« sragteFrau Ozwald »Warum soll ich Sie vergessen?« »Sie werden sich dort brillant anrü sieren. . .« »Mich amiisiren? Ich dente nicht daran. Jcb werde arbeiten. Raiend arbeiten. Hier in Diisseldors weiß man ja gar nicht, was Arbeit heißt. Das lernt man nur in Paris. Den aanzen Tag werde ich auf dem Atelier sitzen und überhaupt keinen Menschen sehen.« Ebnen Sie das hier nicht auch?« »Aber hier fehlt einem jede Anre anng, man hat hier ja teine vernünf tigen Modelle, leine Ateliers, die Luft taukrt schon nichts· Sie sehen ja, daß ich hier nichts gemacht hab-. Aber warten Sie nur ab, wenn ich zurück komme« » den-dessen Pjatz.« Anna hatte eine kleine Weite mir er nem Offigier totettirt, einem blutjun gen, hübschen Lieutenant frisch wie ein Apfel, eben von der Kriegsichule aetommen Er hatte noch ganz die iibcrtriebenen Fähnrichsmaniercn, be aleitete jede Antwort mit ructartigen Verbeugungen und legte die Hände an die Hosennaht. Nach wenigen Minu ten hatte sie ihn so gänzlich verwirrt, daß er roth wie eine Tomate geworden war und nur noch zu stammeln her mochte. Sie ließ ihn stehen Und trat zu einem anderen Herrn. Es war der Maler Klaus Fernow, der erst vor kurzem von Holland nach Düsseldorf überaesiedelt war »Haben Sie schon gesehen, wo Ihr« Bild hängt?« 1 »Noch nicht« gnädiae Franc« »Dann kommen Sie, ich will s Ihnen zeigen.« Die beiden gingen in das Eßzim mer nebenan, dessen Wände unten mit Eichenpaneel bekleidet, darüber mit einer hiihschen Kollektion Bilder ge- i schmückt waren. Bilder zu taufen, i am liebsten von noch jungen, hestritte nen Künstlern, war Annas Leiden ichast. Ihre Kunstliehhah-rei und ! eine gewisse Neigung zur Spekulation E fanden darin Befriediguna Selbst in dem Halhduntel des nur von wenigen Flammen erleuchteten Ranmez hob fikh die Landschaft durch ihre teuchtträftiaen Farben von den! Bildern zu beiden Seiten ah. Anna rief den Diener, der die übrigenFlam men des Liistreweibchens entzündete. ,Es ist ein prächtiges Wert! So bald ich es fah, war mein erster Wunsch, es zu haben. Finden Sie, daß es gut hängt?« »Ich könnte mir keinen besseren Platz wünschen.« »Ein bischen wirtt’s auf Kosten sei ner Nachbarn, nicht wahr? Meine Freunde riethen mir, ich sollte es ne Ehenan ins Rauchzimmer hängen! Das » sehlte noch! Jn meinem Hause hänge ; ich die Bider, wie ich will. Und die, j die mir am besten gefallen, bekommen ’ Wanrend ne dann m den Satan zu- ; rücktehrten, sagte sie noch: ] »Lassen Sie sich doch öfter bei uns sehen. Jch denle, meine Freunde soll ten mich jeden Donnerstag besuchen. So in der Dämmerstunde plaudert sich’s viel leichter, als bei den großen Diners . . . Uebrigens kann man das ia noch außerdem.« - Sie nickte ihm zu, und es war, als wenn sie mit dem Strahlenglanz ihrer Augen ihn wie mit einem duftigen« Netz umwehte. Entzückt hliclte der l Maler ihr nach, während er sich zu Oberftadt gesellte, der noch immer s mürrisch in seinem unbefriedigten s Thatendrang ausharrte. l »Sie fühl-n sich auch wohl rechts qottverlassen, was? Jch frage mich schon seit einer Stunde, warum ich( mir hier vie Beine in den Leit- sieh-! und nicht lieber zu Bier gehe.« I »Wer ist eigentlich die alte Dame da ’ am Kamin?« fragte Fernow ablen tend. : »Meinen Sie die mit dem Mth- « stan aus dem Seidentleids Das ist ? Frau horstrnanns Mutter. Frau Re - gierungörath Düöbache ’ne vornehmeT alte Dame, finden Sie nichts« «Gewiß.« . »Bist ein paar Jahren ist sie heim Pfand-leihet in derRatingerstraße ge wesen und hat ihren Schmuck versest. Ihr Vermögen hat sie verspetulirt.« »Bisher wissen Sie dass« »Das weiß hist icdck Mensch so» W Oste- ae m sue- esas m de- I andere-I Ich kenne die ganze Bla .« »New-es Sie das junge Mit :n neben ihri« « »Die Kleine dai... Das ist die Stieftoehter uns-re: Wirtdin. Von ter tann ich Ihnen noch nichts erzählen. Die ist erst ein vcar Wochen hier. Aber warten wir ab! Jetzt ist sie noch frisch. Wie lange wird das dauern? Bei ihrer Mutter ist sie in der besten Schule. Sehen Sie nur« wie die ieht ihre Augen heraus hängt nach dem Leutnant. Sollte man nicht meinen, Sie wäre in ihn verliebt? eh wollte. einmal in meinem Le en könnte mir der Kerl seine Visage leihen, damit mich eine Frau so-an siebt. Aber ich glaube, sie macht sich nicht-J aus ihm. Sie will blos der Frau Oswald einen Tort anthun! Waisen Sie auf, Letzt fängt die auch an! Sind das "nse, die Weiber, Gänse und Hhänem am liebsten möchten sie sich gegenseitig verschlin en " »Wer ist denn Frau -L)swald?« »Sie kennen die Biertiinigin nicht, Frau Horstmanns schlimmste Fein din?« »Was?« »Oder ihre beste Freundin, wie Sie wollen. Kann man denn bei Frauen, die sich so lange kennen, wissen, was stärker ist der Haß oder die Freund schaft?" Sie denken, ich bin nicht gut zu sprechen auf die Leute. her habe ich nicht recht? Man hat m hier eingeladen, damit ich meine Komposi tionen vorspiele. Frau Horstmann sagt mir, sie hätte die ganze Gesell schaft nur meinetwegen arrangirt. Aber jetzt warte ich seit einer Stunde, und tein Mensch fragt nach Musik. Ich glaube, diese Weiber haben so we nig Gehör siir Musik, wie die Kühe. Die einzige Musik, die sie hören wol len, find Komplimente» Ebenso gut hätte man sagen können. der Lieute nant hier sollte ein paar Kanonen ab brennen. Jst das alles- ein Schwin del! —- Es mußte ein Born-and ge sunden werden« um die Leute wieder ins Haus zu locken nach dem Stan dal?« »Noch welchem Skandülf« »Ja, zum Kuckuck, kennen Sie denn nicht den Standal mit Horstmann?« »Ich wußte qar nicht, dasi Frau Horstmanns Mann noch lebt. Jch dachte, der wäre längst todt.« »Todt! Das ist tlasstsch. . . Todt ist er auch — ein todter Mann, der noch aus der Straße spazieren geht, der ißt, trintt, denkt, den aber tein Mensch mehr ansieht. Ein wandeln des Gespenst, var dem man sich bekreu- I ziai. Der Paria von Diisseldors. ; Neulich hat er sich im Mallasten sehen j lassen. Es war ein Schreck, als wenn ein Pesttranler hereintäme. Er setzte sich zu mir an den Tisch. Ich hatte Mitleid mit dem armen Kerl und blieb sitzen, ein paar Maler, Bekannte von mit, blieben anch sitzen, aber die Ossiziere und Assessoren, die da wa ren, haben sich gedrückt. Sie wollten mit ilnn nichts zu thun haben. Schließlich, weil die Geschichte zu ver leaen wurde, bat ihn einer zu einer» Partie Stat aufgefordert Aber er bat aedantt. Keine drei Worte hat er gesprochen, sein Bier und uns ange sehen -— dann ist er gegangen.« »Was hat er denn verbrochen2« .Er ist vertiiclt!« »Vertückt?" »Er war sechs Wochen in Grasen beral . . . Aber daß Sie die Geschichte nicht lennenl Das war doch der arößte Standal, den wir seit Jahren in Düsseldors erlebt haben!« »Er-Zählen Stel« Die beiden traten die Stufe, die zu dem spitzwinlligen Erter sührte,?hin aus und setzten sich aus eine mit Pol stern bedeckte Holzban· unter eine mächtige Palme, deren breite Wedel sie gleich ausgespannten Schirmen überdachten. Eine Ampel spendete aus bunten Gläsern niattes, vielsar biaes Licht. Von diesem lleinen Rau me aus, durch die schwerseidenen Vor bänae halb verdeckt, konnten sie den Solon im hellsten Licht übersehen. Während Oberstadt in ausgeregtem Flüstern-n erzählte ließ der Maler sein Auge bald an Anna, bald aus dem jungen Mädchen, ihrer Stiestoch ter. ruhen. »Er hat doch die luringer Brücke ge baut, das wissen Sie. Bei deren Ein weihung hat er gehofft, daß siir ihn ein Orden. ein Titel, ich weiß nicht was, absielr. Aber es ist nichts damit qewesen, man hat seinen Namen über haupt nicht genannt. Der Grund war, daß er sich in Ungarn fürchter lich kompromittirt hat. Eine Brücke ist da zusammengeht-Jeden Ader Sie haben doch von dem szegediner Eisen bahnunqliict gelesen?« Fernow erinnerte sich, daß in einer alten Zeitungsnummer, die sich in die Einsamkeit des holländischen Fischer dorses verirrt hatte, das Unglück er wähnt wör. Doch hatte er nichts Nä heres darüber gelesen. »Als-) wie der » nge ’eur mertt, daß er bei dem Fest ge chnit en wird, da — ob er nun betrunken war, oder wahr scheinlich hat ek- da zum ersten Mal in ihm angefangen, zu rappeln——springt er aus, brüllt den Minister an, er wäre ein Schnit, ein Lügner, ein Schutte! Ia, ja, Schurke hat er ge » sagt —- zum Minister! Das ist ein i Kerl! Der bat Knigges Umgang mit Menschen studirt!. . . Also nachdem er sich so Lust gemacht hat, läuft er hinaus in eine pelunte zu seinen Ar W heitern. hat sich mit denen vollgesosfen und in der Nacht hat er sich» mit ein paar Kerlen drangemacht, die Brücke in die Lust zu sprengen! Stellen St tich das vor! Das wäre was ewesen. Eine Brücke« die ein paar illionen gekostet hat, in die Luft zu sprengen, blos weil man keinen Orden gekriegt bat. Dazu muß man doch schon ver rückt seini« »Aber die Brücke steht doch nacht· sagte der Maler. »Na, Gott sei Dank, steht fie nochk Der Wirth hat Lunte gerochen und die Kerls bange gemacht, daß Germar merie käme. Sie waren schon drauf und dran, die Felsenkammer, wo das Dynamit lagerte, aufzubrechen. Wo Horitmann die Nacht und die beiden nächsten Tage sich herumgetrieben hat, weist tcin Mensch. Am dritten Tag kommt er nach Diisseldorf zurück, in einem Aufzug wie ein Stromer und trifft meinen Alten auf der StraßeI Der thut so, als wenn er von nichts weiß, gratulirt ihm zur Einweihung —- da fängt mein Horstmann an zu schimpfen. Man hätte ihn betrogen; ein paar hunderttausend Mart hätte er zugeseht bei dem Bau, der berltner Geheimrath wäre sein Todfeind, er hätte mit dem Minister ein Komplott aeschmiedet, um ihn zu ruiniren. Mein Alter macht große Augen, dass können Sie sich wohl denken. Dem war das natürlich scheuleich, daß in seiner Gegenwart so auf diese hohen Thiere geschimpst wurde. Aber Vorst mann führte immer tollere Reden. Er hätte an Bismarck telegraphirt, damit der ihm zu Hilfe täme. Und schließsichk nimmt er meinen alten Herrn unter den Arm und sagt ihm in geheimnis vollem Ton, Bismarck hätte schon zu rücktelegraphirt: ,,Recht muß Recht bleibkn. Der Minister kommt ins« Loch.« Na, da ging denn meinenr Alten endlich eine Stalllaterne aus« Er hat zu allem ja gesagt, aber wie der Ingenieur ihn losgelassen hat, if er gleich zum Geheimen Sanitätörat Zimmer gegangen und hat den gebe ten, er sollte beim Horstmann doch« mal vorfchauen, mit dem schien’s da oben nicht ganz richtig.« Im Solon wurden die Fugeun ren zum Eßzimmer geöffnet, die Leute standen aus nnd begannen langsam sich biniiberzubegeben. »Ich glaube, jeyt wird gar geges sen!« sagte Oberstadt wiithend. »Ich möchte wissen, wann ich eigentlich spie len soll! Ueberhaupt, wie finden Sie das, eine Gesellschaft zu geben, wenn matx einen verrückten Mann zu Hause bat « »Ist denn der Jngrnieur l)ier?" »Wa? Hier in der Gesellschafts Sie, das feblte noch. Jch glaube. da würden die Leute aus-reißen. Gott weiß, wo der steckt. Manchmal, wen-r ich durch die Hofgartenstraße gehe-, sehe ich ihn am Fenster stehen, da riber uns im ersten Stock. Er guckt da heraus mit einem Gesicht, wissen Sie, ich muß immer denken, er sucht sich einen Ast aus, um sich dran auszuhängen.'« ,,Schrecklich!« sagte der Maler. »Der arme Kerl. Aber am meisten thun mir die Frau und die Tochter leidl« »Die Frau! . Glauben Sie, daß die sich qräth Die wird diesen Winter ebenso viel Gesellschaften geben« wie doriaen Winter. Sehen Sie doch nur an, wie vergnügt sie ist!« Gerade wandte Frau Horstmann, die mit Holleder zusammenstand, ihnen ihr lächelndeö Gesicht zu. Sie selbst hatte auch die beiden, in dem balbduntlen Erler vergessenen Gäste bemerkt. Mit schwebendem Gang kam sie ans sie zu. »Warum sitzen Sie denn gar so ver loren biet? Wollen Sie nicht ein Glas Wein trinken?« Dann wandte sie si«ch an Oberstadt. »; ch lasse gleich die Lichter anste clen. Dürsen wir dann hoffen, daß« Sie uns eins Jhrer Werke vorspielenlt Jch freue mich sehr darauf. Von Ihren Sonaten hat mir herr Holleder so viel vorgeschwärmt.« , »Ich stehe schon längst zur Verfli Aunq« gnädige rau!« »Gewiß. gewiss-« sagte sie schma, mit weichem Lächeln ihn taressirend. »Aber ich habe absichtlich gewartet. Erst mußten wir uns ein bischen aus schwatzem Ehe wir Frauen nicht un sere kleinen Bagatellen erledigt haben, können wir nicht die Gedanken auf et was höheres richten. Also Sie ent schuldiaen die Verzögerung? Es ge schah wirklich nur im Interesse Ihrer Musil.« « , Sie nickte den beiden leicht zu nnd »aina dann an Hollederzs Arm zum . Eßzimmer. J »Wundervoll!« sagte Oberstadi, ihr » nachblickend. »Was sie gesagt hat ; war ja alles erlogen. Die pseist ans : meine Sonaten. Tanzmusit wäre ihe i zehnmal lieber. Aber wie hat sie das s alles zu drehen aewußtt Und sehen Sie nur ihren Gang! Muß man sie nicht siir ein junges Mädchen halten? Ja die hängt nun ihr Lebelang an diesem Kerl ohne Manieren, verrückt obendrein. Kann man's ihr übelneh men, wenn sie sieh aus eigene Faust amiisirt'i« Entsetzung solgi.) Wiederum ist in Ehicaao eine weit bewegendeEntdectuna aernacht worden Nämlich, gewöhnliches Kochsalz soll als eine Art Lebenöelixir zu verwen den sein« Gesalzcne DottoremRechi innig-n werden dadurch unserem Bee stiin niß näher aeriickt.