Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 04, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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    ."ODZerzena.i-rrett.
III-man von Ort-kanns Sanaor.
Schluß-)
? » Cis ist Nebembert
« In dein deutschen Vaterland trieb
der Herbstsiurm die letzten Blätter über
nie kahlen Sioppeln, nnd harte Nacht
seöste vernichteten die letzten spärlichen
Reste« soinknerlichen Lebens. Schon
eüsieie der Winter sich, sein scharfesRe
siitreni zu führen.
Unten aber an den lachenden Gesta
den des Miktelxneeres träumte noch der
Friihxing unter Rosen.
Lin jener Wind kräuselte die tief
b(aue« Fläche des Meeres und trieb mit
ieisenh mekodischem Rhythmus die
schaunigetriinten Wellen an das Ufer,
wo sie die weißen Marmorstnfen einer
idicht am Strande liegenden, vonOran
Den irnd Palmen grün nnischatteten
illa benedtm
Aus der Terrasse dieser Villa stand,
an die Brüstung gelehnt, ein jungen
Paar und schaute auf das funkelnde,
in der Ferne wie brennendes Gold
flammende, Meer hinaus. Man
brauch-te sie nicht ange zu beobachten,
um in Beiden Neuvermählte zu erken
nen, obgleich das dunklehauptbaar und
der Will-satt des Mannes bereits von
einzetnen (’·lbersäden durchzogen war,
während dz langen, hellblonden Zö
pfe. die der jungen Frau über den
Rücken wollten« sie wie ein in der aller
ersten Jagendblüthe stehendes Mädchen
xtscheinen ließen. Aber auf Beide-:
Gesichter lag der Abalanz innerens
Glückes so deutlich, in Beider Augen, :
sobakd ihre Miete sich trafen, strahite 4
o intensiv der Sonnenschein warmer 4
iebe, wie sie nur die Herzen zweier !
Menscher-, die in innigster Gemein-i
ichgft Iebeiy verbindet»
Professor Gottfried Theodorhanssen
»Kd seine junge Frau verlebten an der
’viera ihre Flittertoochen. Der Pro
fessor war wieder ganz hergestellt; nur
eine leichte Bläffe erinnerte noch an die
überfandene Berwundung und das
nachfolgende Kranienlager.
Bis in den anuar wollten sie auf
diesen paradie ischern Fleckchen Erde
Weibern Dann beabsichtigten sie fröh
lich ein Stück Welt zu durchwundetn.
um uft im nächften Jahr um die Zeit
der Rosenhliithe wieder heimzukehren
in daz alte Patrizierhaus der Hans
fens.
Sie fprachen eben von der Heimath
Aus der Ferne tönte der Pfiff einer
Lviornotive zu Beiden herüber. Am -
horizont verschwand die letzte Rauch
wolle des forteilenden Zuges. I
Da, mitten in ihrer Unttrhaltung i
brachen plötzlich Beide ab und wandten »
sich nach der Richtung, aus der ihnen j
plöhlich ein deutscher Gruß und de- ;
kannte Stimmen entgegenschallten. I
«holrngarten und era inef Hans- !
sen freudig überrascht. »Das ist aber ei- ;
ne Ueberraschung!« -
. «cht wahr, das-ist eine Ueberrum
Klang im buchstävlichen Sinne des
ortes?« rief Holnigarten fröhlich, die
Hand des ihm entgegen eilenden Freun
des schüttelnd. während Frieda undJr
rna einander umarmten. »Und daß Jhr
rs mir gleich wißt; vor acht Tagen wer
det Jhr uns nicht wieder los! Eine gan
ze Woche wollen wir uns bei Euch ein
quartirent Das steht festl«
,,,Hoffenticht nicht so fest, daß Jhr
nicht noch eine Woche drauflegt!« sagte
der Prossor scherzend. »Wa kommt Jhr
denn übrigens jetzt her?«
Von Nizza kamen sie; acht Tage wa
ren sie bereits unterwegs; fünf Wochen
wollten sie noch reisen, um dann heim
zukehren und das Christfest daheim am
häuslichen Herd zu verleben; sie brach
ten eine Menge Grüße mit. Besonders
Jante Melitta, die zur Hochzeit nach
Pest gereist war, hatte ihnen viele Grü
ße an das an der Riviera weilende
Paar aufgetragen
Die Gute bildete sich steif nnd fest
ein, daß sie eigentlich die intellektuelle
Urheberin auch dieser Ehe fei. Wie sie
Hch das zufammenreimte, blieb freilich
sein Isthfeh aber man gönnte ihr gern
, M erhebende Bewußtsein, auch in die
« «, « Mse als Glückkftifterin fungirt zu
km vie oeroen jungen Frauen am
Abend ein wenig am Strande prom
uirten, während die Herren auf dressier
tasse ihre Cigatren sich angezündet hat
ten, zog Holtngarten plötzlich eine Zei
tung aus der Tasche und gab sie dem »
Professor. I
Schwei end las dieser die mit Roth- »
Mdmiånetg aus Monats datirteJ
" z: TA
M Morgen erschoß sich in den
Unlaqen ein Deutscher-, der Abends zu
vor fein ganzes Vermögen am Spiel
ti ch verloren hatte. Die bei demSelbft
rder efnndenen Papiere lauteten
auf den einen Corille.«
·Das Ende vom Liede!« sagte der
Pri- oe ernst, indem er dem Vetter
Das zurückreichtr.
tmgatten nieste; dann sprachen sie
. t weiter über eine Sache, die nur
kunerquickttche Erinnerungen in ihnen
M konnte
Einer leichen Eingebung folgend,
VW ide nach dem Ufer, wo die
beiden jungen Frauen traulichArm in
Inn wandelten. Und-der gleiche Ge-;
.. beseelt- in dieser Minute wag
» Ute- Ius den Trümmern ihrer ede
sz »Ja ndträume war ihnen Bei
« " hofdesSMckerthetzm
eten der Beeaanamhct war
I ihnen Beiden das Morgenroth eines
neuen, sonnigen Lebenstages aufgegan
en. Sie hatten Beide voreinst, wie
odttranie, ihre Krisen durchgemacht,
aber der Lenker aller Geschicke hatte sie
esunden lassen und Alles zu einem
rrlichen Ausgang geführt aus dem
Labyrinth von menschlichem Jrren, —
oon herzentirrem
t
s jin Irnerlnnig
«Steuerbord hart Sirt-Mo i«
« schallt es von der Konnnandobriickr.
Der Mann am Ruder reißt das Rad
, des Dampfsieuers in rasender Schnel
; ligteit herum, und fast sofort beschreibt
z der gewaltige Schiffztoloß eine ran
1 diese Kurve von annähernd 45 rad.
T Der hinter-s Schiffstheil gleitet nur we- «
nige Meter von der Uferböschung vor- J
» über, fast könnte man die überhangen
den Baumzweige greifen.
Der Kapitän stellt den Zeiger des
Maschinentelegraphen auf «halb- ,
dampf«, augenblicklich meldet ein Glo- -
ckcnzeichen, daß »der dienstthuende Jn
genieur den Befehl verstanden hat.
Das dumpfe bohrende Geräusch der
Schraube läst nach und hört endlich
ganz auf.
»Stopp !« Der Dampfer fährt durch
das ruhige Wasser langsam weiter, bis
plötzlich Gegendampf gegeben wird.
Durch den Eisenrumpf geht ein Zittern,
es ist, als wollte er sich nicht zurückhal
ten lassen. Aber schon hört man vorn
ein Klatschen nnd dann das nervenzer
risttende Klirren der Antertette, die sich
rsom Spill abrollt. Jetzt ein scharfer
Ruck, und der Dampfer steht.
Vier Uhr Nachmittags ist es erst.
und doch muß man schon vor Anker ge
hen, denn schon verschwindet die Sonne
hinter den schneebedeckten Vergriesen
am Horizont, und der feuerländische
Archipel ist ein gefährliches Gebiet.
Mehr als eine Masispitze ragt aus dem
tiefgrünen Wasser der engen Kanäle
hervor. — Die Fahrt durch dieses Jn
sel- und Klippengewirr erfordert tüch
tige und ersahrene Seele-site» —
«Den Reisen-en tft der saurentoau
ganz recht. Ueber das weltentlegene
Südende des amerikanischen Konti
nents hat die Natur ihre Gaben in
verschwenderischer Fülle gestreut. Und
wenn der Seesahrer aus dem rauhen,
stürmischen füdatlantischen Ozean in
diese stille Jnselwelt einbiegt, so wird
ihn stets wieder dasselbe Gefühl der Be
wunderung ergreifen.
Born am Anierspill ste"en einige
brave Blaujacken über-gelehnt und tau
schen allerlei tiefsinnige Bemerkungen
aus.
An die großartige Szenerie haben sie
sich schon gewöhnt Das prachtvolle
Landschastz «ld. die weißblauen Glei
scher, der tiefgrüne Urwald und unten
am Strand die großen, leuchtenden
Blumen machen keinen Eindruck mehr
auf unsere biederen Seeleute. Denn
heute wollen sie noch Geschäfte machen.
Jhre Tauschobjelte : Tabak, Schiffs
ztoieback und minderwerthige Messer
hoben sie schon sorglich bereitgestellh
nun können die Pescheräh - Jndianer
kommen.
Die Pescherähst —- »Lehmänner«
nennt sie der deutsche Matrose, und sie
hören auf diesen Namen und scheinen
sogar stolz darauf zu sein. Es ist im
mer ein Feft auf dem Schiff, wenn das
friedliche, harmlose Völkchen in seinen
ausgehijhlten Baumstämmen angerudert
« kommt. Zumal die Mateosen begrüßen
jedes Boot mit lautem Halloh. Gilt
es doch die vielbegehrten Fischotter- und
Vogelbälge einzutauschen, aus denen
für die Anna oder Grete fern in der
Heimath so hübsche Pelzsachcn gemacht
werden können.
Die kurze Entfernung vom Ufer ist
; bald zurückgelegt Die Jnsassen legen
; ihre Boote längsschiff und klettern mit
; Katzengewandtheit an den ausgeböngten
; Tauen empor. Den neugierigen Blicken
s der Passagiere sehen sie den größten
I Gleichmuth entgegen und richten aus
dem Verdeck eine Art fliegendes Waa
renlager ein. Jhk Benehmen ist ziem
lich ungenirt, sie würden sogar das Hei
ligthnm der Kommndobrücke profani
ren, wenn nicht der biedere Bootsmann
Klaus die ihm übertragene Cherubrolle
mit Energie und viel Geschick durch
iskhxtc-, ·.. . »
Druven hinter vem Jetooorsprung
wo die Rauchfaule aufsteigt,· wird es
jetzt lebendig. Die Schildtoache hat daz
Lager alarmirt, nun macht sich »Zuwi
lie Lehmann« aus, um dem Dampfer
ihren Anstandgbesuch abzustattern Da
das abgehärtete Naturvolt trotz des oft
sehr rauhen Weiterg sast ganz auf
Adams Sommeriostiim schwört undz
nur im Winter eine Art Pelzurnhangx
benutzt, so ist teine besondere Toilette !
nöthig Nur die Weiher —- und nigt
nur die jüngeren -—— nesteln fortroä
rend an ihrem haar nnd den primitiven
Schmuckiachen herum, augenscheinlich
in der Absicht, ans die Fremden einen
möglichst vortheilhaften Eindruck zu
machen.
»Wil! sei wull ! Nu iieit die Sini
negelsi Hüt Morgen hetvwen wi erst
schüert, nu is dat Deck all toedder smie
rig l" Diese und ähnliche Bemerkun
gen. stets von einer weniger anmuthi
gen als deutlichen handbewegung be
gleitet, verfehlen ihre Wirkung nicht.
Madame Lehmann ist von den Da
men durch allerlei Zeichen ausgesordert
worden, ihre amtlie vorzustellen, was
sie denn au mit augenscheinlichem
Stolz thut. Zuletzt saßt sie niit trös
tigem Griis in eine Art Korb und holt
ein zappelndet nnd schreiendet Etwas
Musik« das lich bei nkherer Besichtigung
N
als ihr jüngsterUFprZslich zeigt. Das
dem kleinen uerländer-- entgegenge
brachte Jnter e weiß sie mit Schlauheit
und einer gewissen Schnorrerbefiihis
gung auszunuhem Dem Anschein nach
ist ihr das Kind eine wahre Goldgrube
fiir die Familie. :
nzwischen bat die Fell- und Mine
ralienbörse ihr Ende erreicht. Die
Pescherälzg sind mit Schiffszwiebach
Messern, Tabat und ähnlichen Herr
lichkeiten wieder einmal versargt und
steuern nun. durch Güte und ein wenig
Nachhilfe dazu veranlaßt, den heimi
schen Penatenszu Schon fenlt sich die
Nacht herab, es ift nicht rathsam, die
" Ehrlichkeit der braven Lehmänner auf
eine allzu harte Probe zu stellen.
Auf dem Schiffe wird nach dem
Abendessen noch ein wenig promenirt,
die wunderschöne Mondnacht ladet
förmlich dazu ein. Vom Ufer her leuch
ten die Lagerfeuer der Eingeborenen.
die Uferfeuer, die schon Magelbaens er
wähnt, und die dem Lande feinen Ra
men gegeben haben
«Fenfter und Bullaugen zu ! Ruhe
im Schiff !'« s
Vorn in den Mannschaftsräumen
wird es dunkel, und bald erschallen auch
aus den übereinander liegenden «vaen"
Tmebr oder minder harmonische
Schnarchtöne.
Da plöhlich richtet sich einer der
Schlöferhalb empor, wirft scheue Blicke
um sich und steht endlich auf, nachdem
er sich vergewifsert hat. daß ihn Niemand
beobachtet
-: —·-·
YOU-i Full kk III Will Danks III
Wachstuchdiindel hervor used bindet es
auf den Rücken. Nachdem er sich noch- :
mals überzeugt hat« daß alles tief ·
schläft, zieht er leise die Thüre hintert
sich zu und steigt in den oberen Nasen
des Borderitedenö, in den auch die Ket- .
ten der Anker münden. Er zwängt fich
durch eine der engen Oeffnung-n und
liettert an der ftraffgespannten Kette
hinab. Beim Wasser-spiegel angelangt,
lc«ßt er los und schwimmt so geräuschlos
als möglich dein Lande zu.
Der Mann am Ausguck schreckt ans
seinem Haldfchlurntner auf. Jhrn ist,
als hätte er ein leises Klirren und Plät
kki.ern gehört. Ader das wird wohl ein
Seehund gewesen fein oder ein Pingnin.
Damit beruhigt fich der trenherzige Frie
se und dämmert behaglich werter .....
Am andern Morgen erhält oer Kapi
tiin feinen Kaiser nicht zur rechten Zeit.
ein Verbrechen, das auf Ae dem Eltern
rnord wenig nachsteht. Er geht . feiner
Kabine fluchend auf nnd ad nnd schät
telt ab und zu das Handgelenk. Wahr
scheinlich will er Pieter. dem Schifisjun
gen, der mit seiner Bedienung bete-out
ist« einen liebevollen Empiisrnz bereiten
Endlich wird ihm der Menzenerant
gebracht, aber nicht von dein itajittrrp
jungen, sondern vom zweiten Koch, der
ihm auf seine Frage, wo denn Pieter
stecke, zur Antwort giebt, er toiffe es auch
nicht, und es würde schon überall nach
ihm gesucht.
»Da foll doch ein Tonncrroetter ein
schlagen! Wir vollen weiter und der
oerfl . . . . Bengel macht uns solch-:
Streiche! Na, Gott fei Dir gnädiz,
wenn wir Dich erwischen!«
Der alte Kapitiin will sich nicht nier
len lassen, daß er um den Jungen sehr
besorgt ist trotz seiner vielen dummen
Streich-L
Er begiebt sich auf das Deck.
.Schraube klar« und »Fertig« melden
die Signale, man wartet nur noch auf
den Befehl zur Abs-Ihrr
Aber was geht denn drüben am Ufer
vor sich? Zwei braune Kezle packen ei
nen blaugetleideten Menschen in dein
man durch das Fernrohr sofort unsern
Pieter erkennt, in ein Boot und steuer
mit ihm aui den Dampfer zu.
Gleich an der Landnngstrepve nimm!
der alte Klaus den Deserteur in Ett
pfang und führt ihn unt-r gütiger Af
i
siftenz des Schifsszimmerknannz in nicht
allzu sanfter Weise vor den Kapitiird
Die beiden Feuerländer folgen grinsend,
und die Passagiere treten neugierig nä
her.
i
l
Vom Kavitän wird die Sitzung mitr
ein paar fchallenben Ohrfeigen ewssnet,
die er dem armen Sünder von rechts
unb links »anilebt«.
.Barb . . . . Bengel!« richtet er an
Pieter das Wort. Dann folgt eine Reihe
von Vergleichen mit nahezu sämmtlichen
Vertretern des Thierreiches und zum
Schluß die Frage, was e: denn mit fei
nem Ausriicken bezwedt habe.
«Hüptling half ich werd-n wollt«.
giebt Pieter in seinem besten Lock-deutsch
sur Antwort.
Mas? häuptlingi Lebmänners
Cäuptling?«
»Im-toll, herr Capteirn Seh-I
. r Septeim unferein hat doch was
’ « rnt un ich, ich hab' das immer in bie
sstlcher gelesen. baß ein gebildt’enMenfch
anianerbiiptling werben kam-. Und
Da bacht’ ich mich so . . . .«
Er kann nicht weiter sprechen. Alle
vorstehenden Passagiere und Mann
fchaftem brechen in ein fchallenbes Ge
lächter aus. Auch iibet das Gesicht bei
Kapitiing ieht ein Lächeln, dann aber
begiebt er ich auf die Kommanbobsiicke
und giebt den Befehl zur Abfahrt.
Der alte Klaus nimmt sich des Ex
häuptlings liebreich an, indem er ihn
beim Kragen nimmt und in die Schiffs
lltche führt, woselbst er der eines her-r
schers eigentlich nicht würdigen Beschäf
tiåung des Kartoffelschiilens obliegen
f :
«Siih fo, knien säuten Jung, lumm
man mit! Aber den-w- ick et nich immer
·eg U Dat stimmt all von bat ell- vele
he en in die Vilchert«
-——- W-— .
Jnssrilchen isi die ranbe »in egons
gen, und der Das-Opfer enert we ter in
den tbaufrischen Morgen hinein.
Jn der Kombiise aber sitt Pister und
schalt Kartoffeln Ueber fein Antlitz
rinnen dicke Tbränen und binterlrssen
deutliche Spuren, denn der Junge bat
sich zur würdigen Vorbereitung auf die
häuptlingssCarridre schon verschiedene
Ta nicht mehr gewaschen.
Zeedeimab wenn er durch das klein:,
runde Fenster ein Stück Land leben
kann, schlnchzt er ani, dafdes einen al
s ten Sand jammern könnte.
Es was zu schön gewesen!
- «—.-...—.. ..-.-«-.
Die Sternfelirriin
Hanna Gellert, die Tochter des Pa
« stors Gellert in dem reichen Kirchdorf
- Schbnweiler, ioar bei den Gutsbesi ern
und Bauern der Umgegend nicht lb
; fo beliebt wie ihre Schwester Martha.
- Der Grund dafür war ziemlich ersicht
Jslich, und der dicke Platen mit dem
Nothtveingesicht pflegte zu sagen: »Die
» Martba ist eine fixe Dirn’, der Keiner
» ein altes huhn andrehen kann!
; Wenns Mittag isi, kocht sie, und Nachts
schläft sie, und das Handeln hat sie
böllisch los. Sie lennt die Butter
preise besser als ich. Aber die Hanna
bat einen Drum-net im Kopf. Das
kommt vorn Sterntieten. Wenn sie ei
nen Mann kriegt, der wird sich mal
umsehen. Aber Gott sorgt iiir Alles —
sie kriegt keinen.«
und ver dicke Malen hielt na- vorm
siir ein OraleL Gerade in der letzten
Zeit hatte er mehr als sonst mit den
beiden Pastorsmädels zu thun. Denn
sein vierzehn Tagen weilte sein Sohn
hier, der Doktor, der sich von den Stra
pazen des medizinischen Staatöexcp
mens augruhte und sich demnächst ir
gendwo als Arzt niederlassen wollte.
Sein Vater hatte sich zwar längst ein
ganz bestimmtes Zutunstgschloß fiir
ihn gezimmert. Aber als Dinlomat
rückte er nicht damit heraus, sondern
versuchte, den Sohn selber aus den rech
ten Weg zu bringen. Und deshalb er
zählte er so viel von den Paßt-rean
dels, besonders von Martha, pries sie
als Muster aller weiblichen Tugenden
und ichwiirmte so, daß ielbtt einem
Stockfisch derMund nach diesem Ideal
geschöps wässern mußte.
Johannes Platem der junge Doktor,
war nun absolut kein Stockstsch. Er
kannte die Familie Gellert vonv ugend
auf, der Pa or hatte ihn lon rmirt,
und manchmal schon, wenn er ein hal
bes Stündchen vorsprach, hatte er sich
Martba angesehen und im Stillen ge
sagt: soll ich? soll ich nicht?
An einem Juli-Abend, an dem die
Blumen störler dusteten und die Nacht
falter wie berauscht am Seifentraur
hingen, hörte er, wie sein Vater drin
nen zur Mutter sagte: »Der Junge
soll seinen Weg allein geben, er soll bei
rathen, wen er will- Aber ich an seiner
Stelle hätte mir die Martha Gellert
schon lange geholt. Dann läßt er sich
hier in chönweiler nieder, hat im
Haut-umdrehen die beste Praxis, die er
finden kann, bat ein famoses Weib und
Alles, was sein herz begehrt. Wir
selbst haben ihn auf unsere alten Tage
in der Rübe, und da der alte Gellert
ein wahlhabender Mann ist, fo lriegt
er mit dem Möbel auch ein schönes
Stück Geld-« -
Die Fenster standen offen, Johan
nes Platen saß iin Garten —- so hörte
er die Worte genau. Daß sein Vater
sie nur daraufhin gesagt, ahnte er na
türlich nicht
k, st.- -..-L
sum ctslcll Amte cuur iu uue aus
deutlich ausgesprochen, womit er selbsi
sich schon getragen. Und Alles war
einleuchtend. Er war wirtlich ein
Narr, wenn et nicht zugrisf.
Der Blumendust ward stärker. Wie
schön mußte es sein, jetzt mit einer ge
liebten Frau hand in Hand zu sitzen
und in den wunderbaren Sommer
ahend hineinzusehen. Wie eine große
Sehnsucht larn es über ihn. »Sei kein
Narr«, sprach eine Stimme in seiner
Brust, «hol’ Dir Dein Glück, ehe es zu
spät isi.«
Und plötzlich stand Johannes Pla
ten aus. Er wollt’ es wirklich holen·
«’N Abend, Herrfoltorf ries ihn »
; der Nachbar an, »no ein bischen spa- z
zieren gehen?« J
.Dante, ja, will auch mal zu Pasiors J
den« »
»Dann grüßen Sie man schön von
mir. Ich ja, ja.«
«Pasipri« saßen im Garten urn den
runden Tisch. Der Alte ranchte die
Pseisa Die Mutter stricktr. Mariha
riirnnte eben den Tisch ab. s
Sie war ein iriistiges Mädchen, das
nirgends ein Staubchen duldete und
sieh in der Arbeit nicht stören ließ.
Auch jest begrüßte sie den herzlich
willkommen gedeißenen Gast nur inrs
nnd trug dann die Butter und die übri
gen Abendbrodr e in die Kii Mich
Bald war ein häbiges Ge dr ien
Gauke. Johannes Platen fühlte sich
weh dabei. Nur da Mar
iha, an die er o gern
die entscheidende Frage richten wollte,
sast nie zum Sihen lam. Bald mußte
eine neue lasche Wein gebracht wer
den« bald i es nachzusehen, ob das
Vieh im Sta le auch gut untergebracht
war, bald hatte sie Verdacht, daß die
neuangelommene Magd an die Konser
venbiichsen ging und stürmtr von
Neuem in die Wohnung, um den
Schrank zuzuschließen.
Johannes Platen dachte an seinen
Vater und lprachc »Das Fräulein
Marthe ist w rili in der Wirths s t
isnerketiltcb. Frau astor. Man
so recht —- seibsi M M leis sie
dieE Ide nicht in den
er eine Antwort erhalten konn
te Erief drüben von den Ställen das
F junge Mädchen selber: «Wollen Sie
sunseere Kaninchen sehen, Herr Dol
tor «
Eilsertig schritt er hinüber. Alt er
die possirlichen Thiere bewundertqs sga -
te sie: »Mit Fleisch, Mich ubereitet,
ist vorzüglich Dtemei eute ver
stehen es nur nicht.« Und dann erklär
l sie triumphirend, wie man es ma
chen miiss e.
«Friiulein Marthac unterbrach er sie
plöhlich
Etwas siiß ist das Fleisch ja«, hatte
sie eben gesprochen — nun hielt sie in
s ne und sah ihn an.
I »Ich mochte gerne etwas Wichtiges
s mit Jhnen bereden der Abend ist so
jschön, schlendern wir durch den Gar
;.«ten
? Sie lachte aus.
s Was denken Sie! Nachher mit tau
send Freuden, aber jetzt muß ich den
sMödchen noch wegen morgen Bescheid
sagen. In einer Viertelstunde bin ich
I.da Dann wollen wir auch besprechen,
- wann Sie mal zum Kaninchenbraten
- zu uns iommen.«
’ Sie nickte und sort war sie.
»Zum Kuckuck, ja — warten, war
; ten, warten!« Sie hatte teine Zeit.
seine Liebeserllötung anzuhören, weil
sie mit den Mädchen dolmetschen
mußte.
Ei ging sinnend zurück und fragte
erst jetzt nach Hanna. Natürlich war sie
aus ihrem »Observatorium«. .
«Dars man da raus?« fragte er.
»Warum nicht? Bringen Sie sie
mit."
Er rannte die Wege nnd Stege im
Pastorsgarten so gut wie die in seinem
eigenen. So schritt er quer hindurch.
Dicht am Zaun fast lag ein Keller mit .
plattem Dach. Ein starkes Gerüst war
; darakkf gesehn das sich droben zu einer ;
Fgeschu ten Platsorm erweiterte. Zu ;
H dieser latform führte eine Leiter. Und ;
die Leiter stieg Johannes Platen jetzt (
s empor. i
; »Er ging leise wie ein Mai-den ohne ;
Helbst zu wissen warum. Und bald:
Z lonnte er hinaussehen. Sein Gesicht -
l wurde erstaunt, sein Fuß blieb aus der I
Sprosse der Leiter stehen, als könne er l
l
i
!
» nicht weiter.
Auf der Platsorm saß Bannen Ein
- Fernrohr, einen Sternatlas und man
! cherlei andere Gegenstände hatte sie ne
jben sich, aber sie sah nicht nach deml
? Himmel. ·
; Auch Johannes Platen sah sie nicht«
; Ihr Gesicht war halb nach der anderen
s Veite gewandt. Ueber den Garten i
l schaute sie hinweg in die mächtige Welt
und die seierliche Stille, scheinbar ganz .
benommen von dem wunderbaren Dust l
des Abends.
Der junge Doktor wagte nicht zu
athrnen. Du er gerade so hoch gestiegen
war, daß sein halber Kon über die
s Plattforrn hinan-ragte, mußte er ein
s porschanen und sah die feine Linie von
’ hannaz Profit ge en den sternbesiie
ten dunkelblauen achthimmel unbe
weglich stehen. Drüben la en die Fel
der im Schweigen, man ah iiber die
Bäume fort auf schlafende Häuser, ein
Vogelrus kam von fern, und nirgends
wucherte der Flieder üppiger als hier.
Als hätten die Shringenbiiume sich an »
dem Geriist emporgezogen. raniten sie s
darum, und ihre weißen und violetten :
Blüthentranben schwankten im Zuge, H
als wollten sie das einsame, ganz ver- »
iuntene Mädchen grüßen.
Einen Augenblick war es Johannes
Platen wie ein Märchen. Dann schüt
telte er den Bann ab, stieg höher und
sagte :
»Ist es erlaubt, zu stören, Fräulein
hanna?«
Halb erschrocken, halb unwillig
drehte sie sich um. Als sie ihn er
kannte, ward sie leicht roth und sagte:
·Wollen Sie auch in die Sterne sehen?
Der Himmel ist giinstig dasiir und al- «
le Wunder kommen heut zum Vor
chein«.«
Er war neben sie getreten. Stille
herrschte. Die Nacht mit ihrer
herrlichteit und der Fliederdust erstm
ten sein herz. Vielleicht um so mehr,
weil er Jahre lang in den Gwßstädten
gewesen war.
den Sie denn wirklich eben fest
Astronomie getrieme sragte er. hier
oben ncu te nran leise sprechen, alt wäre
ei ein llerheiligsiei.
Sie wandte sieh taum.
»Und warum nicht?«
»Weil die Nacht zu schön nnd die
Sehnsucht zu o ist-«
Jsh verqu er lagen ihre großen,
dunklen Augen ans ihm- Und als wit
een sie ertappt aus Irr-wegen, ward sie
langsam rath.
Nehmen Sie das Fernrohr,« sprach
sie stig, wie um ihre Verlegenheit zu
ver n. «Da ist der »Mehr Bör« s
nnd er die Sterntartr. Nun tiinnen
Sie weitergehen und die anderen nen- ;
nen. Gleich daneben —- die tleineren——- .
das sind die «Jagdhunde«. Und etwas
weiter das Haar der Berenice«. Se
hen Sie es?«
Er nahm das Fernrohr vom Auge
und wandte sich zu ihr, die neben ihn
getreten war. Der Eiser der Belehrung
mochte ihre Wangen färben. Vielleicht
auch etwas Anderes.
»Das Haar der Berenice,« antwor
tjeåztssohanneg Platen, »—-—- ja, natür
Dabei sah er ihr Haar an. Es muszte
ehr weich und seidig sein, ein haar,
» us man läßt« ein haar, durch das;
man gern tn ge er Liebt-lang die
fand gleitet. « am vnu hielt et
e n silberner Pf l. nd er ieii stach
wundervoll von den lechten ab.
»Er ift wundervo , der Pseil," sagte
er.
Erstaunt blickte sie auf.
»Sie haben die RichtungJe verloren.
Der »Pseil« iii ja in der ilchiira e.
Wie haben doch viel größere und s -
nere Stetnbilder.«
Er röusperte sich.
»Ja, fo,« erwiderte er, »das hab ich
..... allerdings verwechseln Wissen
Sie übrigeer Fräulein danach daß
wir als Kinder die Sterne manchmal
zusammen an uckten i«
I Sie nickte, sprach aber nichts. Auch
er war ruhig. Rein, er kannte die Ge
, itirne drohen nicht mit Namen, es was
I ihm auch gleichgiltrg, wie sie hießen,
I aber ein Schauer Hof ihm durchs herz,
I ali- er emporiah in hre goldene Maje
stät. Hier oben war wirklich heiliger
; Boden. Als ob man dem Himmel um
! viele Meilen näher war und nicht um
J die paar Meter, ais oh die Seele hier
groß und srei und awächtig würde und
abwiirfe, wag der Tag an Kleinlichieit
ihr auferlegt.
Martha fiel ihm ein, der Kaninchens
braten nach dem neuen Rezept, ihr Her
umwirthschasten —- — und plößtich
ichiittelte er sich. Sie hatte ieine Zeit
für Wunder, Andacht und Stille, sie
hatte nicht einmal Zeit fiir das, was er
ihr sagen wollte. Ob es Hanna auch
so ging ?
»Wenn ich Sie sragte, Fräulein han
na, eine wichtige. ernste Frage — witt
den Sie Zeit haben, mir »in-zuhören, oder
müßten Sie die Milchitraßensterne ein
zeichnen ?«
Die Worte kamen so abrupt her-aus«
daß er sich selbst ärgerte. »Die Sterne
kommen wieder.'· sagte sie, »Mensch-r
vielläichi nicht. Was wollen Sie fras«
gen i«
.—Ob wir Beide . . . wir Beide . .
htn, wir haben doch als Kinder die
cFeiefrne gesucht. Wissen Sie noch wel
Es war eine Berlegenheitsaniwori.
Aber ganz ernst erwiderte sie :
»Ich erinnere mich des einen Abends
genau. Sie suchten die Jungfrau. Ich
glaube —·« dabei nahm sie das Fern
rohr —- ,,Sie sinden sie auch heute nicht.
kSie muß ganz sern am Horizont sie
n.«
Er athmete tief. Und während er
sich ganz dicht zu ihr beugte, als wollte
er durch das Glas schauen sliisterte er :
«Qder ganz, ganz nahe. Jch glaube,
ich hab sie heut gesunden.«
Er hielt den Athem an. Sie wurde
glühend roth, ließ aber das Fernrohr
nicht vom Auge.
«11nd wenn ich sie frage : Du schö
ner Stern, trägt Dein herz heut nicht
dieselbe große Sehnsucht wie meins,
und kann diese große Sehnsucht uns
nicht sür immer zusammenbinden ?
Wenn ich frage : wollen wir Beide, die
wir als Kinder schon gern nach den Ge
stirnen geschaut, es nicht auch weiter
thun und nach Tagespslicht und Arbeit
nach oben blicken mit sreiem Herzen —
was meinst Du ? Das wollt ich fragen
—- nichts mehr i«
hanna Gellert ließ das Glas sinken.
Jhre hände zitterten, ihre Gestalt its ,
terte. Hart schlug das Fernrohr aus en
hölzernen Boden. Sie selbst barg ihr
Gesicht in den händen
Doch als er sie umschlang wehrte sie
ihm nicht-. Die große Sehnsucht, die e
zu den ewigen Lichtern des Himmej
geführt, erfüllte sie. Die Sterne, zu
denen die Kinder emporgeschaut, gaben
ihr den heimlich Geliebten und segneten
ihrf Gliich »
Die Nacht rauschte und redete. re
Herzen rauschten und redeten noch tör
ter, aber ihr Mund blieb still. Sie
küßten sich und sahen sich tief in die
Plagen. Und die Welt versank um
te — —- —
,,·Vimmel Donnerweiter i« tönte es
plötzlich, und ganz unpaftormäßig wil
'tl,end reckte sich das Gesicht iiber die
Platform.
»Das ift ja rein . . . . also dazu be
- nutzt man das Obfervatorium ! ch
i denke, Sie wollen in die Sterne fe en
—- und —- und — —'«
Johannes laten faste fich.
»Das that eh auch und thu ich, bester
herr Paß-M und dabei schaute er wie
der tief in die Augen der liietlichen«
Vrauix «haben Sie denn chon mai
fehiinere Sterne gesehen i Und da ich
sie files ganze Leben behalten möchte,
fo bitten wir Beide. daß Sie das Amen
sprechen.« ·
Es dauerte geraume Zeit, ehe der
Alte fich faßte. Aber dann Fing es im
Triumph zu dem runden artent« ch.
Martha Oellert kam gerade aus er
tiehe.
« »Da find Sie ja, here Doktor ! Alle
was haben Sie mir Wichtiges zu fageni
Schießen Sie los t«
Er wurde fast verlegen. .
»O danke . . . . wirklich nichts . . . ich
hab nun fchon mit hanna gesprochen,
Fräulein Martba· Wie ift denn das
mit dem Dienstmädchen ?«
»All« besorgt. Ach, man freut sich
doch, wenn man während der Zeit, wo
die Anderen schon faullenzen, was ge
than hat«
Da lachte Johannes Platen und le te
dkn Arm um den Nacken der Sternfe e
r n.
»Nein,« iagte er, »das müssen Sie
nicht glauben, Fräulein Marthen Ganz
Unthätig waren wir auch nicht. Wir
haben uns unterdessen verlabt. Es ist
ja nicht io viel wie Wirthfchaften aber
fchiießlich ift es doch auch was i«