Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 21, 1900, Sonntags-Blatt, Image 11

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Fröhliche Weihnachten!
·Will!ommen sel’ge Weihyachtgzeitl
·Dir wird von tausend Zungen.
u Lob und Preis voll Freudigkeit
·n Jubellied gesungen· —- »
Ob arm, ob reich, es fällt ein Strahl
rnieder in die Herzen,
on diesem zauberhaften Glanz
Der bunten Weihnaehtslerzem —
Ein Strahl so tief, so licht und warm
So mild wie Engels-grüßen
So recht, um alle Vitternisz
Des Daseins zu versüßen. —
Ein golden Thor erschließet sich
Izu rosigem Ergliihem
l nd Bilder unsres Jugendtraumö
Still durch die Seele ziehen. —
Als trir zuerst von Mutter-Z Arm
Nach Glanz und icht geliasctjet.
Linn erstenmal die Süßigkeit
om Tannenbaum qenaschet:
Wie schon zur nächster-. Festeslust
Wir froh mit Puppen spielten,
Sie wiege-nd tüsscnd, wichtig stolz
Uns kleine Mütter fühltest —
So reihten Jahre sich an Jahr
Uns spendend Freud nnd Sorgen,
So manche tununcrschwcre Nacht
So manchen heitern Moment
Wie ost hat blutend unser Herz
s-—
—
Viel hattes Weh bezwungen, —
Wie o t ein iLev aus alter Zeit
Zur . nhe uns gesungenl —
» So Vieles, was wir einst erlebt,
I Tancht auf in lieb Gedanken,
i Um dann als nebelhaft Gebild
T, In Lethe-J Fluth zu senken. —
Hoch eines strahlet immer klar,
; Läßt nimmer sich vergessen —
; Das Glück — das cimt ein ziindesherz
J Zur Weihnachtszeit besessenl —
F Erwärmend folget tren uns nach
. Durelfez lange kalte eben,
H Was uns der theuern Eltern Hand
? Zum frohen Fest gegebenl —
» Denn Lieb nnd Dank stehn ewig fest
: Tief tvnrzelnd im (Sleknüthe,
Von Kindes-wiege bis zum Grab
Als schönste Lebensbliithel
O heil'qe Nacht, o Weihnachtstranm
Umfchließend unsre Lieben,
Wie bist erhebend doch nnd- treu
Dem Herzen dn qeblicbenl —
Tenn drinnen lebt so manches Bild,
Lb Jahre anei) verfließen —
llnd ans der Tanne dunklem Grün
Uns jene Augen grüßenl —
Josephine Freund.
Die Sirupsliichite
Eine Weihnaelnzaeichichte von Julius
’ Blinde
r mußte sich wieder ver
heirathen, es ging nicht
anders-. Das wach
sende Geschäft nahm
ihn in Anspruch, er
konnte weder auf die
Kinder noch aus das Haustvesen
achten. Am Tag über war
er in der Maschinensabrit, dessen
technische Leitung ihm oblag, und wenn
er spät Abends nach Hause lam, wa
ren die Kinder mijde oder la en gchon
im Bett, und was die beiden äg e zu
berichten hatten, lautete nicht immer
erfreulich. War er gar auf Reisen,
und das lam nicht selten vor, dann e
fellten sich zu den geschäftlichenSchwre
tigleiten die Ge anlen an das ver
wahrlosende Heim. Die Kinder wur
den älter und die Mägde harttöpfi er,
beide Parteien lebten untereinan er
aus dem Krieagsuß nnd waren als
Genzes unregierbar. Die zwei Jüng
xtlen wurden dabei stets von den zwei
eltesten überwältiat. Alle vier aber
gröubten sich gemeinsam gegen den
espotismus der Köchin und des Kin
dermiidchrns. Es war viel Fehde im
u e. .
·Und auch Ungemiithlichteit. Ueber
lzeizte immer bei mildem Wetter,
eisige sen bei klingendem Frost ge
hörten zur Tagesunordnung, und
«wenn getilgt wurde, schob die Köchin
die Schuld auf das Kindermädchen,
und dieses machte die Köchin veranl
tvortli . Aus die Frage: »Warum
richte i r euch nicht nach dem Ihrem-e
meler?« hieß es: »Das dwgtsche Ding
zeigt ja jeden Tag anders. Und da
gegen war nichts einzuwenden.
Dem Herrn blieb das Wirthshaus
ur Erholung. Er liebte die Menschen
äucheranstalten nicht; er batle am
san Lärm und Rauch enug. Trau
liche Abendruhe sagte i m zu, mildes
Lampenlicht, ein gutes Buch; mehr
aber als das alles war ihm die Her
ensgemeinschast mit der gewesen, die
n und die Kinder verlassen mußte.
CI war stumm um ihn her aeworden.
seitdem das Echo seiner Seele feblte.
Er stimmte wohl in die Fröhlichkeit
der Freunde ein, aber sein Herz lachte
nicht. Die große Stadt und ihr dä
mvnischer Nachtzauber waren von dem
abrilort leicht zn erreichen — und er
· eß die wiiite Lust über sich wegtoben,
tsm zu vergessen -— aber ihn übernahm
der Elel So konnte es nicht weiter
sehen.
Er hatte aus Liebe geheirathei; " t
sillte der Verstand ihn bei der Ida l
leiten. Das- Schicksal aber wollte ihm
wohl. Aus einer Gefchiistsreise iam er
in das üppige Fruchtland an der West
see, und dort lernte er die Tochter
eines wohlhabenden Besitzers kennen.
Groß war sie und stattlich und blond
von Haar; ihre Augen waren sanft
ignd blau. Strenge war sie erzogen
nach alter Art und Sitte und hatte mit
sti.dtischer Nachhilfe soviel Verfeine
rung erworben, daß sie in das Stadt
leden hineinpaßte.
Die Verwandtschaft wollte ihr Ver
denlen, daß sie einen Wisttwer nähme,
einen Wittwer mit Kindern. »Die Kin
der haben keine Mutter,« sprach sie,
,,darum gehe ich erst recht zu ihnen.«
»Du übernimmst Pflichten« denen
du nicht gewachsen bi t.«
»Ich habe stets meine Pflichten er
siillt und werde das auch in Zulunft.«
Je mehr abgerathen wurde, um so
eixienfester ward sie; denn sie gehörte
einein Geschlecht an, das bei seinem
Willen verharrt. Jhre Vorfahren hat
ten einst dem Meer das Land abgerun
gen, auf dem sie seßhaft geworden.
Nun liebte sie den Mann, den ihr
die Vetternsehaft abiureden versuchte
Aus Trotz hatte sie ihn lieb.
Und der Mann liebte sie. Das Mäd
henhafte gefiel ihm an ihr im Gegen
7atz zu aufdringlicher Weiblichteit, die
er während der Wittwerzeit leimen ge
lernt hatte. Ja, eine gewisse Schiich
ternheit, die zu überwinden ihr sichtlich
Mühe machte, und ein Hauch von lin
tischer Unselbstständiateit, der ihr
mehr Rindlichleit verlieh, als sie den
Jahren nach an sich haben durfte, er
hEliten ihren Werth in seinen Augen.
Ihre schöne Gestalt hatte es ihm zuerst
anaethan, ihr Wesen zog ihn an un
fesselte ihn. So war ihre Liebe be
schalten
VIII-f
Es tani wieder Ordnung in das
aus mit der jungen Frau, und da die
eiden Miiade die Kinder gegen die
neue Mutter aushehtem wurden sie ent
lishnt. Das eine Mädchen, mit dem
die Frau sich zu behelfen gedachte, da
sie elbst nicht niir arbeitsaewohnt,
sendern auch arbeitslustia war, ver
schrieb sie aus ihrer Heimath Eine »
treue, ehrliche, unverdorbene Seele,
ohne Falsch und Tücke, dienstwillia,
unermüdlich und gehorsam, wollte sie
im sich haben, und es gelang ihr auch,
eine solche seltene Ausgabe von Köchin
insfindia zu machen. Freilich niclt
n dem Fabritort und der nahen Gro -
itadt, da waren die Dienstboten vom
Beederb der Zeit angesteckt; draußen
iber, wo die Westsee rauscht, wo der
Wind liber die Weiden weht, auf denen
Musterrlndvieh grast, dort gab es
— —
weibliche Wesen mit den gewünschten
Eigenschaften, deren Register donnern
dig war bis aus eine Eigenschaft —
aus die der Schlöue nämlich.
Ynt le« so Ließ dieser Ausbund
häusli er Tugenden, ljaite mit der
jungen skmu das- Pflichkgesühl gemein
sam, das über so manches Hindernis
binweghilst, die Arbeit erleichtert. den
Unmuth niederkömpst und das Gewis
sen sauber erhält. Und da Ynisle ter
nen Anhalt in dem fremden Ort Wie. »
weder Sippe noch Bekanntschaft, so »
blieb sie auch häuslich. Außerdem war
das stiesi che Deutsch, worin sie i ten
nsenigen edanlen und zaghaften - m
psindungen Ausdruck zu geben suchte,
» kein gutes Mittel, Freunde zu gewin
nen, da die Heimischen darüber lach
ten. Ein verlachtes Gemüth aber birgt
sich in der Einsamkeit.
So hielt Yntsle sich zur Frau, und
die Frau hielt es mit Yntsle; hatten
do beide ihre Heimath fern an der
We tsee und verstanden so manches und
waren so manchem Gebrauch zugethan,
known die Einheimischen nichts wuß
en.
Der Mann war’s zufrieden, wie sich
das Hauswesen gestaltete. Die hollän
tische Reinlichieit sagte ihm zu, und
an die veränderte Kost gewöhnte er sich
bald. Anfangs weigerte er sich nicht
aus Liebe und aß mit scheinbarem
Appetit von den ihm neuen Gerichten;
später schmeckten sie ihm aus Gewohn
heit. Den Kindern mißfiel die Ord
nung, da sie sich allzulange der Un
ordnung erfreut« hatten, aber sie fügten
sich Mama sagte ja und nein, und
dabei blieb es. Sie war so ruhig und
gleichmäßig Sie strafte nicht, aber
ihr Wille geschah. Die Kinder waren
scheu vor ihr. Die anderen Mädchen
hatten den Kindern stets gegen den
Vater beigestanden Yntste war auf
seiten der Mutter; sie hatten bei der
keine Zuflucht mit ihren Unarten.
Es war alles geregelt und recht im
Hause. Gesetzmäßigleit war einge o
gen. Die Liebe war draußen geb ie
bcnx die Pflicht hatte die Thür vor ihr
zugeschlagen.
Und die Welt, die Menschen? Sie
sagten, die junge Frau sei ein wahrer
Begen siir die Kinder. Die waren set-i
die saubersten im ganzen Ort und o
gesittet. Daß sie nicht so recht froh
waren, das fah die Welt nicht —das
sal; nur der Vater. Der aber hostfe,
der dachte, der Herrgott würde wohl
einen Weg finden, die Herzen der Frau
und der Kinder Jusammenzufiihren
Wie das aber geschehen solle, das ber
mochte er nicht zu denken.
Stett-i
·Als nun der Winter knm, der erste,
seitdem die Frau das Haus regierte,
da kam auch die Zeit, in der das
wichtige Geschft des Finchenbaitens
in Angrisf genommen werden mußte.
Und ie junge Frau freute sich daraus,
im eigenen Heim die eigenen braunen
Kuchen zu backen, wozu sie ein Rezept
besaß noch von der Urgrofzinutter her.
Zwar schlug der Gatte vor, die
Weihnachtstuchen vom Bäcker zu be
ziehen, wie es in den letzten Jahren
geschehen sei, der Einfachheit und Bil
ligkeit wegen, aber er dxnng nicht
durch. »Unser altbewäbrtes Rezept ist
s-) billig, wie kein Bäcker liefern tann,«
sprach die Frau, »und lie Kuchen
schmecken besser als Kaufiu ben. Meine
Mutter würde nie zugegeben haben,
Kuchen zu kaufen. Nein· die backen
wir selbst, wie es immer Sitte bei uns
war. Du wirst sehen, wie furchtbar
billig sie—sind.«
Der Mann gab nach. Di’ Frau war
sparsam, sie hatte gelernt, ten Pfennig
zu achten. Und da der zu Den Kuchen
erforderliche Sirup jenseits der Poll
grenze in der großen Stadt bi iger
war, als diesseits in dem Fabrikati,
schickte sie Yntste die willige, mit zwei
kleinen Henkeltöpfen »in die Großstadh
UUWI km dllcmck lll IcUcD LDPICFU
ein halbes Pfund Sirup einwägen
mußte; denn ein Pfund der gebräuch
lichen Lebensmittel passirte die Zoll
arenze steuerfrei. Daß sie Yntste zwei
Töpschen gab, hatte auten Grund. Bei
nur einem Gemsiß hätte Yntste die eine
Fand frei gehabt und an Der Hand den
Äciaesinaey den man auch den Rasch
singer nennt. Und Sirup ist zu ver
3 führerisctx
« Das Mädchen mit den Henteitiipf
chen mußte dem Grenzwöchter ausfal
len, der bei dem Eisenbahniibergang
IPcsten stand. Vor ihm zitterte die
arme Yntste, obgleich sse nur ein gesetz
lich gestattetes Pfund über die Gren e
brachte. Der Zollmann hatte sie o
scharf angesehen, als ob sie strasfällig
sei und hatte so gestrenge gefrag , wa
rum sie zwei Töpfe trüge, daß sie kaum
u antworten imstande war und in
ihrer 5tlngst so verzweifelt friesisch re
dete, dasz der Hüter der Zollgesetze sie
kopfschüttelnd entließ und zwar mit
der Verwarnung, sich nicht auf faulen
Wegen ertappen zu lassen.
Zehn Pfund Sirup verlangte das
Küchenrezeph Zehmnal hatte Yntste
den Angstgang machen müssen. Sie
athmete auf, als endlich der Teig an
gerührt war, ein wundervoller Teig
aus Sirup, Schmalz, feinen Gewür
zen, Rosenwasser, Pottasche und Wei
zenmehL Der Teig wurde in einen
aroßen Napf gethan, und mit einein
Tuch säuberlich zugedeckt, im Wohn
ziimmer unter das Sorha in die Nähe
des Osens aestellt. Dort mußte er
einige Wochen stehn, um reis zu wer
den.
si- e- si
Zu vermelden ist min, daß die Kin
der merkwürdig artig waren, solange
der Teig ruhte. Sie hatten ein S iel
er unden, dem sie sich mit gro em
fee hingaben, ein Schulspiel mit
-
—
Fragen und Antworten, das jedesmal
damit endete, daß das unwissendfste zur
Strafe iusGefängnis: kam. Als olcheg
eigncte sich im ganzen Zimmer lein
dessen großgeblümter Kattunüberzug
bis aus den Boden reichte.
Die neue Mutter lebte das Spiel,’
da es die Kenntnisse der Kinder för
derte, und sie selber stctlte hin und
wieder Aufgaben, wenn sie am Näh
tisch beschäftigt sasz orer in der Däm
merstunde ausruhend die Zeit du
Lichanziiniens erwartete. Als sie je
doch den Kern des Spieles entdeckte, ;
teute sie bitter das Lob.
So zart Kindermägen auch sind, :
E im Vertrag-n ungeeigneter Nahrungs
mittel zeugen sie von unverwüstlicher
Derbheit. Welche Mengen eingebacke
nen süßen Kuchenteigs vier emsige
Kinder in nicht zu langer Frist sich
einverleiben können, das mußte die
neue Mutter erkennen, als der Teig
verarbeitet werden sollte. Es war nur
nrch wenig von der bräunlichen süßen
Masse im Napf, als sie ihn unter dem
Soplsa hervorzog und das saubere
Tuch abhob. Aber auch wer den Teig
gemaust hatte, ersah sie; denn er be
wahrte die Fingerspuren der Kinder
chen in deutlichen Abdrücken.
l
t
l
·l
besserer Platz alsier unter dem Sofa, .
Die Kinder leugneten nicht, von dem
Teig genascht zu haben, aber ein jedes
bctheuerte hoch und heilig, nur ein
ganz bißchen gekostet zu haben, um zu
probirem ob er schon gut sei. Die
Mutter schalt nicht; fie hatte es sich
zur Pflicht gemacht, die Kinder nicht
zu strafen. Sie schluckte den Verdruß
nieder, und da so rechter innerlicher
Verdruß sich nicht in Liebesbezeugum
gen aus-löst, merkten die Kinder, daß
sie mit dem Kuchenteig auch das Wohl
wollen aufgezehrt hatten, das ihnen
bisher als Pflichttheil gereicht worden
war. Die Frau aber hielt es fiir wei
tere Pflicht, neuen Teig anzurijhren.
Pfundweis dsn Sirup herbeizuho
len, dazu war die Zeit zu knapp; er
mußte in größerer Menge herange
schafft werden und zwar der Billig
keit halber mit Vermeidung der-Steuer.
Yntste, die willfiihrige, that, wie ihr
geheißen. Sie schlug sich den Regen
niantel der Frau um, der weit und
lang genug war, eine Iiinfpfundkruke
zu verbergen, die an fester Schnur ihr
bcn der Taille herabbaumelte. Diese
Kruke brachte Yntske, wohlgefiillt, un
beanstandet über die Zellgrenze; die
noch fehlenden fiinf Pfund Sirup am
nächsten Tage in derselben Weise zu
scljimuggeln, schien nach dem günstigen
Erfolg eixie Kleinigkeit, aber leider
ändern sich auf unserem Planeten die
Umstände zu leicht. Es war Frost ge
lu«nmen, der hatte Glatteis gebracht.
Als Yntste am anderen Tage da
her kam mit schwerem Herzen und
schwerer Krute unter dem Regenman
tel, sah der finstere Zollaufseher sie mit
musterndein Blick an, als ob er sie
durch-schaute Yntske wurde sehr Ver
legen, und dabei trat sie auf den lan
gen Regenmantel der Frau. Sie glitt
aus auf dem Glatteisi und fiel hin.
Dicht vor dem Mann des Gesetzes
schlug sie nieder. Zuvorlommend
nahte er sich ihr, reichte ihr die Hand
und erhob siefo weit, daß sie saß. »Ha
ben Sie sich weh gethan?« fragte er.
Yntste rieb sich den Hinterkopf, sprach
aber kein Wort. Der Mann der
Steuer jedoch brach plötzlich in ein lau-«
tes Gelächter aus.
Es fammelten sich Leute an, die
blieben stehen und lachten auch mit,
laut und schallend. Yntske hielt die
Hände vor ihr erröthendes Antlitz und
riihrte sich nicht. Sie wollte nicht auf
stehen, um sich nicht zu verrathen. Aber
der Sirup verrieth mehr als genug;
er quoll langsam unter dem Regen
mantel hervor und breitete sich auf der
Straße aus. Yntsle saß im Siruv.
,,Gehen Sie nur nach Haus,« fagte
der Zollaufsel;er, »und danken Sie
Ihrem Schöpfer, dafz Sie nicht einige
Schritt weiter gefallen sind, denn jetzt
ist Jhnen das Ntalbeur noch jenseits
ter Grenze passirt Da können Sie in
)
1o viel Sirup schwimmen, wie Sie
wellen!«
Wie Yntfle nach Haus gekommen
trat-, wußte sie selber nicht. Sie sagte,
ihr wäre gewesen, als ob alles mit ihr
rund qinae. Die Frau eutjchloß sich,
nur die Hälfte der Kuchen zu backen,
da nur die Hälfte des vom Rezept ge
forderten Sirups vorhanden war. Die
ser aber wollte nicht aus der enghal
sit-en Krule fließen, die in der Kälte
gestanden hatte. Der Sirup mußte
aufgethaut werten.
Um dies- Geschiift zu beschleunigen,
I schien es rathsam, den kleinen eisernen
Ofen im Fremdenzimmer zu heizen
) und die Kruke oben drauf zu stellen.
t
Auf dem Herd manqelte es an Platz,
und die Zimmerwärrne wirkte zu lang- !
zum. Yntfke meinte es gut mit der
rau und dem Ofen. Sie feuerte ein,
wie es die Noth gebot. Was der Ofen
aushielt, war jedoch der Kruke zu
mächtig. Sie bekam einen Sprung,
und als der Sirup über den heißen
Ofen lief, da gab esRauch und Qualm
und helle Flammen. Zum Glück ge-.
lang es, das Feuer auszugiefken Wie
aber das Fremdenzimmer aussah und
wie-es im Haufe roch, das spottet jeder
Beschreibung.
Der Mann trat froh, daß kein grö
ßeres Unglück aescheben, also er beim
kam und den Schaden befah; aer er
sprach ernste Wette. »Hättest du mei
nen Rath beachten wäre uns eine Reihe
von Unannehutlichkeiten erfpart,« sagte
cr( »Von den Fioften gar nicht zu
reden. Und billig tann ich diese Art
von Kuchenbäckerei auch nicht nennen.«
; »Jetzt backe ich keine Kuchen,« ent
« segnete die Frau.
Is— - -«t
Miso kaufen wir welche, wie ich von
Anfang an umschlng
»Meine Mutter litt nicht, daß Ku
chen getauft wurden. Lieber versichie
s is .
»Für deine Person —- warum
nichts«
»Ich dnide seinen Kauftuchen tm
Haufe«
»Aber die Kinder?« ·
»Die haben ihr Theil schon tin Vor
aus gegessen." «
Der Mann schwieg. Die Kinder
hegen genascht; nun folgte die Strafe
nc .
Ists-III
Der Weihnachtsabend kam. Der
Baum brannte, die Kinder freuten sich
an den Geschenken, aber es war nicht
die rechte Freude eingekehrt. Sie legten
die Sachen wieder an ihren Platz, sie
btrcchteten den Baum, und dann wie
der blickten sie mit stillen, fragenden
Augen, als- müsse noch etwas kommen.
Es war anders an andern Weihnachts
abenden gewesen. Anders, ganz an
ders.
»Ich gehe auf mein Zimmer, ich
habe noch zu arbeiten,« sprach der
Vater.
»Heute am Heiligabend?«
« n-«
i Er ging hinauf. Still-er ward es
und stiller. Hin und wieder zischte eine
Tannennadel angesengt von herabge
brannten Kerzen. Die Frau saß an
. einem Tischchen, woran ihre Geschenke
lagen. Reiche Gaben! Sie sprach
nicht, sie sann. Warum war der Gatie
gegangen? War das der Anfang trü
ber Zeit? Sie hatte ihre Pflicht ge
than, stets ihre Pflicht. War das nicht
genug? Was hatte sie verschuldet?
So still. Waren die Kinder noch
da? .Traurige sragende Blicke begegne
ten den ihren. Kinderaugen sahen sie
an, liebedürstende Augen. Da ging die
K«leinste auf sie zu. »Wir wollen es
nicht wieder thun, gewiß nicht, nie
n-ieder.« -
· Sie athmete schwer, als driieke sie
eine Last. Dann sprang sie aus und
eilte hinaus. Die Kinder blieben bei
dem Baum, dessen Glanz gemach er
lisch. Sie fürchteten sich.
Nach einerWeile kam die junge Frau
wieder. Yntske folgte ihr mit einem
Hierb. Und in dem Korb waren Ku
chen, große und kleine mit Mandeln
darauf und Citronatt herrliche Weih
nichtskuchen Und so viele. «Komnit,
Kinder, kommt,« rief sie und theilte
aus.
Die Kinder schmausten Nun war
Weihnacht.
Sie nahm die Kleinste auf ihren
Schrosp und die anderen kamen zu ihr
nnd sihmiegten sich an sie. Sie fühl
ten, ihre Schuld war ihnen vergeben.
Und mehr noch: es war Liebe fiir sie
in dem Herzen aufgegangen, das in
selbstgereehter Pflichterfüllung selbst
ncch nicht heimisch geworden war in
tem neuen Heim. Nun hatte sie sich
eingefügt. Sie selbst hatte Kuchen ge
kauft für die Kinder, für ihre Kin
er.
Gearseitet hatte der Gatte nicht auf
seinem Zimmer; er hatte sich gegrämt
Als er herabiam, um zu sagen, daß
er keines Abendbrodes bedürfe, blieb
er in der Thiir stehen, als hätte er sich
in seinem eigenen Haus geirrt. Die
Kleinste aber rief: »Papa, Kuchen!«
und hielt ihm frohloclend einen an
sekånlichen Rest hin, daß er abbeißen
i e.
Die Frau reichte ihm ihre Hand,
kie linke, da sie die Kleinste mit der
rechten auf ihrem Schooß hielt. Er
ergriff sie unsd hielt sie lange in stiller
Dankbarkeit.
VIII-is
» Yntske bat um ihre Entlassung, als
das neue Jahr da war. Sie sagte, sie
» könne nicht länger bleiben, man hieße
; sie überall die Sirupsköchin, und das
I ertriige sie nicht. Und an dem Zoll
wiichter könne sie nicht mehr vorbei
gehen: der lache immer, sobald er sie
nur sähe. ,
Als Yntske abging, gab der Herr
ihr ein reiches Geldgeschenh »Für alle
Noth, die Sie ausgestanden haben,«
saate er. Im Stillen aber dachte er:
»Sie hat mit an dem Bau meines
Glücks geholfen. Es wäre wohl noch
alles beim Alten ohne die Sir11p5
kikchin.«
b——.———
Offener Schreibebrief von
Lizzie HanfstengeL
Ro. CI.
Also mein lieber guter Philipp, was
mein Alter is, den hen se in das Pest
haus geschleppt. Awswer ich kann Jhne
sage, die Fellersch hen en Schapp ge
habt! Der Phil hot qefeit wie en Esel,
wann mer ihn fohrse will, e Battel
vcll Kattliwwereul auszudrinke, odder
wann en Ochs iwwer e Rohp watbke
soll. Awwer ofs Kohs sin die Fellersch
stärker gewese, wie mei armes Dussel
diehr von eme Hosband un hen ihn
am Schaffktche kriegt un fort war er.
Do hen- ich« off Kohrs gebrillt wie en
Stier Un die Kids hen auch gehallert.
Jch hen mei Rsäpp umgehengt un sin
zu Wedesweilersch qelaufe, for die sc-r
en Ettweis zu frage. Se he11«mich zu
geruse, ich sollt forGutneß Seht mache,
daß ich fort krim, sonst dehie se noch
ihren Platz zugemacht krieqe. Do kann
mer awer sehn, was die Mensche for
Freindschait for mich gehabt hen.
Well, do sin ich den Butsckterschapp ge
laufe, wo ich all mein Stoff kaufe un,
wisse Se, per Buischer is immer arig
schon zu mich gemese un hot immer
gesagt, et bebt einiges, for so en gute
! —
Koftietner zu pliese. Awwek denke Se
nor emol an, wie ich hin sin komme,
hot mich der Tokf grad die Don vor
die Nas zugemach—t, un hot Moschens
gemacht, ais wann er sage wollt: «
»Git!« Alhlrechy den ich gesagt,. ich
gitte, awwer in dein armselige kecke-ed
händige, dreckige Butschetschapp kriegt
mich keins-Mean Ich kaute mich mei
Mliet, wo ich auch ebbes for mei Geld
kriege un nit, wo ich nur for Mt
Scharrithee Seht laufe, da Irr
Stohriiespet ebbes zu fresse hat. Ich
hen noch e paar sinol qetreit, in m U
nere Stolpk zu komme, awwet « «
en se mich die kalte Schulter ges
» ch sin dann widder heim un do n
sich die Kids gefreit wie alles, bika
es is en Beliesmann do gewese un
gesagt, daß keins von ie in
derst gehn, bikahs mir hätte Schmäl
bcckg in den Haus-. Jetztbitt ich Jlkie
Um einiges-, wo sin denn dann ie
Schmahlpackss Ich kann keine sehn.
Der einzige Keins, wo en wenig sus
pifsches gucke dunk, der is doch in den
Tefthaus. Ach, ich kann Jhne sage,
icb hen mich geitgert, daß ich ganz
kwittegelb in mein Fehss geworde sin.
Awwer das war noch nit all. So in
cbaut e Stund un e halb sin zwei
Fellerscb komme, wo an das Fenster
geräppt hin. Jch hen das Fenster aff
gemacht un do sin die Fellersch schnell
so ebaut zwanziq Schritt zurückge
1nuhft. Se hen gesagt, das Haus wär
unner Kartentelm un Niemand derfi
inseit odder autseii. Sie wäre do for
zu watsche, das- keins aus den Haus
Haus gehn deht, eraus gehen deht. Sell
hot mich awswer doch mähd gemacht.
Derf auch keins von uns in die Bäck
jahrd2 hen ich gefragt. Auch das
nit, hen se gesagt. Was inseit is, das
bleibst inseit bis vier Woche. Wie das
die Kids aebört ben. do ben se all emol
in die Bäckjahrd gemißt un ich hen so
lang bettele misse, bis se erlaubt hen.
daß mer emol autseit gederst hen, aw
wer immer eins nach das annerr. Of
Kohrs hot das, bis mer all dor
ware, so ebaut vier Stunde genoinme
un den Weg is wenigstens der ers te
Nachmittag ganz plessent aepä st.
Dann war awwer auch der Fonn vor
bei. Einer von die Männer bot gesagt,
ich sollt mich nor nit einbilde, daß das
alle Dag sein derst. Sie könnte uns
das Vergniege nor höchstens alle drei
Dag einmal erlauwe. Hen Se dann
seh-on emol so ebbes gehört? Wei, ich
denke, das is e rehgeller Schichm eme
Mensch grad alles zu verbiete, ich weiß
ietzt schon, daß ich das nit stende kann
Vim zweite Dag do hen mer alles treis
mer ins Haus gehabt hen, nffgezehrt
gehabt, un mir hen auch- en ganz
schreckliche Hunger gehabt. Ich hen en
Tahk mit unseren Wächter gehabt un
der hot gesagt, er könnt altes-I ordere
Das mir wollte, are-wer die Sache
müßte usf die Frontpohrtfch gelegt
wer’n un von dort mißt ichs mit en
Huck täckele. Hen Se dann schon emol
so ebbes aeisdlt2 Am Lwend hen Ich
mich gedreßt in: nach den Pest-Saus zu
gehn, un e:7-ol" noch den "k,ili"op zu
gucke. waoer wie ich an mer From
dohr komme sin, do bot der Fellei. wo
gewatscht l;ct, gehallert, ich Leis: nit
antseit, das wär gege die Rnbls Ders
ich nkt die Dohsr enaus? hen ich- geiraot
un der Fell-er sagt, natt an Ende Tini-.
teip. Do hen ich e Eidie kriegt. Mit
aus e Wort zu sage, hen ich das Win
dow ussgerisse un sin enaus ge-»
tschumpt. Dorch das F e n st et
derf ich, hen ich gesagt un sin aus die
Jahrd geronnt. Der Feller is hinnig
mich hergeronnt. bis sein Wind aus
gewwe hot. Dann hot er gestappt un
ich sin weiter. Wie ichs an das Pest
haus sin komme, hen ich die Bell e
runge un wie ich gesagt hen, daß Ich
kommen deht, for an mein Hosbsand zu
kahle, do hot mich der Feller ange
schnauzt, als wann ich en for den
Preis von e Dinner gefragt hätt. »Sie
könne nit hier erei mitaus daß Se e
Dackters Sertifkiieht l)en.« hot er ge
sagt. Jsch dat so? hen ich recht sässi
macht, hen ihn mit mei Fist e Pusg
gege de Stommeck aewwe. daß er mit
en laute Seifzer umaesalle is. Dann
sin ich inseit, so stolz, als wann ich
eine rsrn die Ochse-T wär. wo das Ka
pitol gesehst hen. Wie ich drin war,
f ' ' »da
s- 52 sm- im«ts.s.m.»«-p ..... «
LL I« kkk Oesopqssuuuu » iiiiii V uns-»
drin komme. »Mädiem, jetzt ficks ich
Jhne Jshr Filari, jetzt leiwe Se inseit
un in die etsckite vier Woche derfe Se
nii mehr autseit.« Do hen ich awswer
dcch schlecht qefiehltx well ennihau hen
ich zu den Philipp qelönnt un was
dente Se, wie mich mei Herzche e
klcppt hot. Wie ich in sei Ruh-m Fin
komme, do bot er do qehockt, hot « sei
Schnussbackx newiq sich un e Meh
ofeifche in sein Mund gehabt um uff
den Tehbel hot en Pebl Bier gestanne.
Ich sin ihn um den Hals gefalle un
hen ihn en Kiß gen-we un das hot et
gegliche. Er war vuitinier zu Doht
getickelt, daß ich zu ihn komme sin.Wie
geht’s dich dann? hen ich gefragt, un
er hot qesaqt, er wär so gesund wie en
Fisch in’s Wasser un er könnt gar nit
abwarte, bis er widder autseit käm.
Ja hast du denn nit die Schmahlpacls?
hen ich gefragt, un do saat er, er wißt
gar mt wie Schmahlpacts qucke behie.
Well, hen ich gesagt, dann will ich dich
schnell widder heim ben, den ich gesagt;
ich sin nach die Tohr aange, awwer
denke Se nor emol, der Feller der un
verschiinite, hot mich nit auiseit ge
losse. Ich sin do in e schöne z icks ge
wese, awwer ich hoffe, daf- ich mein
nächste Schreiwebrief widder von mein
Heim schreiwe kann. Mit beste Rie
gcirds· Li,3,3ie OcnffiengeL
Postschribbdmn· Wann Se mehbie
effread sind, Sie debte die Sei-mahl
packs »ketsche, dann könne- Se ja« den
Schrenvebrief fummigeshte, bist-by daß
Sie ihn uiimuche. Die W