Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 28, 1900, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Gewerbe.
UMWMIZXW ;
Das Telegraplpota I
Von Dr. Otto Witt.
Jn der däniscben Abtheilung des
,Clectricitätspalastes der Pariser
Weltausstellun Ist das Telegraphon
des dänischen ZelegraphemJngenieurs
Poulsen ausgestellt, das bei seinem
unscheinbaren Aeuszeren Anfänglich
übersehen wurde, seitdem es jedoch be
kannt geworden ist, übt es eine so
große Anziebung aus die Besucher der
usstellung aus, daß die Zeitschrift
La Nature das Telegraphon zu den
clons der Ausstellung zählt.
Das Telegraphon oder der Telepho
nograph, wie er von Anderen genannt
wird, ist, was sein Name sagt, ein
Fernsprechschreiber, eine Vereinigung
» von Fernsprecher und Plsonograpb in
der Weise, daß die in das Mikrophon
bineingesprochenen Worte aus der
« Empfangsstation von einem Phanto
graphen geschrieben und dem Empfän
ger zu beliebiger Zeit, nach Rückhal
tuna des Apparates. durch den ge
wöhnlichen Fernhörer unserer Fern
sprechleitungen zu Gehör gebracht
werden.
Die bhonograpbische Schrift Poul
sens ist allerdings eine ganz andere,
als die imEdison’schen Phonographen,
aber gerade dieser Unterschied zeichnet
« sie vortheilhast aus. Die Edison’sche
Schrift entsteht, wie wir uns verge
genmärtigen wollen, dadurch, dasz eine
schwingende Platte durch die gegen
dieselbe gesprochenen Worte in den
Lauten entsprechende Schwingungen
versetzt wird; mittelst eines an der
i Rückseite der Platte befestigten Stiftes
« mit scharser Spitze werden die Schwin
gungen ans eine sich drehende Walze
aus Wachs übertragen. Platte und
CCZFO msshsn 'squ -;ns Its-I Hirt-senk
Ist-I - ones-sc »o- --------
Schraubenspindel gleichlaufend zur
Achse der Walze ieitlich fortgeschoben,
io daß die in dem Wachs durch den
: Stift erzeugte phonographische Schrift
eine Furche in Form einer Schrauben
linie darstellt. Läßt man dann statt
des Stiftes mit scharfer Spiye einen
Stift mit rundlicher Spitze in der
Schriftsurche entlang gleiten, so ver
setzt er die Platte in Schwingunger
i
b
Aha
Icheinatischc Stizze des«Tclr-graplwn.
die denen entsprechen, durch welche die
phonographische Schrift entstand und
« die uns deshalb nun im Urlaut zu Ge
hör kommen. Hierbei machen sich je
doch gewisse schnarrende Nebenge
täusche bemerkbar, die dadurch entste
) ben, daß die Spine des Rundstistes
, nicht genau der des Schreibstifteg
» gleicht nnd auch Verstaubung die
Schriftfurche mehr oder weniger ver
, ändert.
Das in Paris ausgestellte Poulsen’
sche Telegraphon ist äußerlich dem
Edison’schen Phonographen nicht un
; ähnlich. Zur Erläuterun seiner Ein
richtung mögen die Sichmatischen
Stizzen dienen. Die mittelst elektri
schen Antriebe-s gedrehte messingene
Walze W ist mit 1 Millimeter dicken
Stahldrahts derart uniwictelt, daß
sich die Drahtwindungen nicht berüh
ren. Auf diesem Draht reitet ein
kleiner Etektromagnet li, der in ein
Gehöuse soweit eingeschlossen ist, daß
. nur die den Draht umtlammernden
- Füße frei heraussehen, wie bei t dar
gestellt ist. Der Elektromaanet gleitet
auf einer Stange l«, ist aber mit ei
-- nein kleinen Wagen ( verbunden, der
s auf der Schraube n eine solche Füh
rung hat, daß er in demselben Maße
lich seitlich sortschiebt, wie derr Clet
lsclllugllcc aus UIL FU, Ucclscllscll
Waise
Der Elektromagnet erhält seine Er
require-, von der Batterie it, in deren
Stromtreis das Milrophon M einae
schaltet ist. Dreht sich die Walze bei
geschlossenem Strnmlreis, so wird der
Stuhldraht an den Berührungslinien
mit den Füßen des Elektromagneten
« gleichmäßig magnetisirt. Spricht man
aber in das Mitrophon, go bewirken
die Schwingungen dessel en Strom
schtvantun en im Elektromagneten
und eine i nen entsprechend verschie
dene Magnetisirung des Stabldrahtes.
Die Eigenschaft des Stadts, unter ge
wiibnlichen Umständen den ihm er
theilten Magn:tismus auf lange Zeit
« sesizuhultem ist im Telegtashon be
Miit worden, um dic in d Mikro
. on hineingesprochenen Worte wieder
zu· erwecken, die fortlaufend wechselnde
anetisirung des Drahteg bildet oie
Schriftzeichen des Phonographen Ver
dintet man nnn die Klammern deg
Elektromaaneten mit einem Fetnhörer
- Und versetzt die Waise in Dahinten
während die Füße des Elektromaani
M auf dem Draht entlang gleiten, so
Its-then in der Unitvickelunq durch den
Manneiismus des Drahtes Jnduc
iionistrsme erzeunt, deren Stätte mit
der des Ma netismug wechselt Sie
erregen entprechend den Fernhörer,
M nun die Laute in voller Klarheit,
jedes Nebengeräutcht, wieder
Sonntags- Blatt
beila aeg eeas »n« nerzeig uml he Mut
J. P. Windolph, Herausgebers
Grund Island, Nebt den 28. Sep 1900.
,J »————’
Jahrgang 21.. No. 4
giebt, wie es dem Quote-schen Pho- s
nographen anhattet und dort ost recht
störend empftsden wird.
Der Draht läßt sich zu neuen Aus
nahmen dadurch wieder verwandbar
machen, daß man einen Strom durch
den Elektromagneten hindurch leitet,
während sich die Waise dreht, das Mi
trophon aber nicht erregt wird. Der
Draht erhält dann eine gleichmäßige
Magnetisirung, die tein hinderniß
zum Hervorrusen neuerUnregelmiißig
leiten bietet. «
Da von der magnetischen Empfäng
lichkeit des Stahldrahtes die Wirksam
teit des Apparates abhängt, so ist es
begreiflich, daß das Telegraphon durch
Verwendung einer- eeigueteren Stahl
sorte verbesserun s ähig ist« Der Er
finder ist mit ersuchen beschäftigt,
die sür seinen Zweck beste Stahlsorte
zu ermitteln.
Die praktische Bedeutung des Te
legraphons ergiebt sich aus dem Obi
gen von selbst. Da das Mitrophon
an einer beliebig langen Leitung, also
auch in einer gewöhnlichen Faust-rech
leitung sich befinden kann, so läßt sich
irgend einer Sprechstelle im Fern
sprechnetz eine Mittlxiiung auch dann
zusendem wenn der Angerusene nicht
zu Hause ist, aber sein Telegraphon
eingeschaltet hat. Von diesem kann
der Empfänger nach seiner Rückkehr
die Mittheiiung abhörem sobald er es
einschaltet und in Betrieb setzt. Der
Angerusene kann aber auch dann fein
Telegraphon einschalten, wenn es ihm
darum zu thun ist, die Mittheilung
gleichsam schriftlich zu haben.
Statt des Stahldrahtes hat Paul
Ists nie-Ä s;fl Ank- Wsllsmpfsk dick
Stahlband verwendet, das über zwei
Rollen läuft, wie in der Abbildung
schematisch gezeigt -ift. Durch den
Schreibmagncten Ei läßt er das in
der Richtung der Pfeile sich bewegende
Band mit der ,,magnetischen Wellen
schrift« beschreiben, die nun durch eine
beliebige Anzahl Lesemaaieten El, an
denen das Band entlang gleitet, gehört
werden kann. Schaltt man dann »in
ter dem Schreibrnagnetrn einen Ani
löschmagneten Ec- ein, so wird durch
ihn das Band aufnahmefähig und das
Gespräch kann beliebi lange fortge
setzt werden. Der Ersinder denkt sich
die Verwendung eines solchen Tele
graphons mit einem Band ohne Ende
zur Mittheilung von Tagesneuigteiten
gleichzeitig an viele Empfänger, z. B.
Reitungsredattionem geeignet. Das
itrovhvn. in das hineingesprochen
wird, tann sich irgendwo befinden,
das Telegraphon steht aus dem Fern
sprechamt, wo die Lesemagnete der
Abonnenten auf die »Fernsprech-Zei
tuna« angeschlossen werden. Es ließen
sich noch manche andere Beispiele für
die Nützlichkeit des Telegraphons auf
finden wie z. B. die Mittheilung von
Börsennachrichten an Bankhäuser n. s.
w.
Das Dtama in Mai-arm
Ekzähliing von Lizcar sklauszmaIUL
»Sei gegrüßt, Wassilji Petrotvilsch2
Du hier in Monaco?«
»Bist Du eH leibhaftig, Dimitri Ni
tola ewitsch?«
» si! Keine Namen! Die Spät
hunoe der Petersburger Henker sind
überall! Reime nie einen Namen
hier! Jcb gelte für einen« Polen und
nenne mich «Grabowsli!« ;
· ,,Weshalb aber das Geheimnisz?« i
szimlis msin Ober Gvkns tin-. i
fach, ich bin ein Nibitisti Ach, Du cr
jchrickst?«
»Du ein Nihilisi, Dimitri?«
»Ja, warum denn nicht? Ebenso
wie Du Kaufmann und Reisender ei
nes großen Geschäftsbauses bist, so
be ich mich fiir den Nihilismus ent
schieden! Eine Beschäftigung muß
der Mensch haben! Aber lassen wir
das! Erledigen wir wichtigere Fragen.
Wie kamst Du hierher nach Monats-?
Ich vermuthete, Du seiest noch immer
in Charlow und säßest hinter Deinem
Comptoirpult. Bist Du vielleicht Dei
nem-s Chef mit der Rass- durchgegan
gen «
»Du denkst ganz wie ein Nihilist!
Nein, ich bin.nicht durdfgegangent
Ganz im Gegentheil, ich habe« meinem
Chef eine bedeutende Summe Geldes
gerettet. Wir haben in Jtalien eine
Anzahl Schuldner, von denen wir nie
mais auch nur einen Kopeken ethaiten
hätten, wenn mich der Chef nicht per
sönlich hierher geschickt hätte. Ich
glaube, er wird mit meinen Leistunqu
zufrieden sein. Ich habe mir fiir mei
nen Ersola selbst etwas zusammen lus
sen und bin nach Monaco gekommen,
nicht um zu spielen, sondern um mich
an der herrliHen Natur zu erfreuen.«
»Da bist ein unverbesserlicher
Sehn-ärmer, Wassilij VetrowitschZ
Aber hast Du noch gar nicht Dein
Gliiei im Spielsaale versuchiW
Das Poulscn«fche Telegkaphon.
»Nein, und ich sehne mich auch gar i
nicht darnach « »
ycei lein Thor! Mnn muß sein »
Glück versuchen! Jn Monaeo gewesen
sein und nicht spielen, ist dassetbe wie
in Rom genesen sein und « den Papst
nicht gesehen haben!«
»Dann wäre ich nur consequent,
dssnn ich tot-r in Rom nnd habe den
Papst nicht gesehenl«
«Laß die Scherze! Alter Junge,
ich have Dir Wichtiges mitzuti)eilen!."
Du kommst mir gerade wie geruse.i.
Laß uns ein wenig«promeniren. Wenn
es Dich ni langweili, erzähle ich Dir
ein Stück iner Lebensgeschichte.«
»Ich wüßte nicht« was mir angeneh
mer wäre!«l
» ..... Und dieses elende Weib,
dac- niich um mein Lebensglück
krachte," so schlosj Dimitri seine Ec
zählung, »das mich zum Nihilixten
machte, ist jetzt hier!«
»Hier in Monaco?«
»Ja, hier in Monaco und in diesem
Augen-blicke wahrscheinlich im Spiel
saale, denn die Fürstin Ratschlow ist
eine unerhört leidenschaftlichc Spiele
rin, die mit einem sahelhaftens Glücke
spielt!«
»Das wird ihren Gatten gewiß
lriinken.«
»Den guten Mann tränkt über
hatpt nichts mehr, den haben wir Ri
hilistcn in das sogenannte Jenseits le
Erd-Lukanm da er uns im Wege war
m-.s-- -s--— -.· h-- Ä--- -s----.
« erreichen?«
UISIIIL IIIIWL IULL UII L’IC IDLUCUsGlI
Kathinta glaube ich jetzt erst nehmen
zu können, vorausgesetzt. daß Du mir
helfen willst!«
.Jch Dir helfen? Was kann ich
denn in der Sache helfen?«
»Seht viel! Höre aufmerksam zu!
Mit einem der Croupiers, und zwar
dem des Spieltische5, den Karhinta
regelmässig besucht, stehe ich in Ver
bindung. Jch habe die Kasse der Nihii
listen-Sektion, welcher ich angehöre
und mit einer größerenSumme aelang
es mir, den Croupiet zu bestechen, so
daß er mir einen elektrischen Apparat
am Spieltische anzubringen gestatte!e. E
»Einen elektrischen Vkpparatt Wo
zu denn diesen?«
,,Närrrk;ien, um die Kugel des Rou
lettc in der Gewalt zu haben!«
,,Unrnöglich! Wie wolltest Du das
,,Glaubst Du, ich habe umsonst
rsrine physikalischen Studien gemacht?
Die Sache ist einfacher, als Du denkst.
Zwei Knösz der Nägel, mit welchen
das grüne Tuch an den Kanten des
Tisches sestgenaqelt ist, sind beweglich
und stehen durch seine Triihte, der eine
mit allen schwarzem der andere mit
cllen rothen Fächern der Roulette in
Verbindung. Die Elfenbeinkngel ist
von einem Stahlstist durchbohrt und
haftet in Folge dessen sofort in einem
der durch den Druck elettrisch wor
denen rothen oder schwatzen Zither,
je nacht-ern der Croubier, aus dessen
Seite sich die Nagelknöpse befinden,
auf einen derselben drückt. Er lann
ties jeden Moment, ohne irgend-wel
ches Aufsehen zu erregen, thun!«
« »Seht schön. Wie funairt aber der
Apparat ohne elektrische Batterie,
welche den Strom erzenth«
,,Batterie? Uebertvundener Stand
punkt! Du wirst mein Gehei is
nictjzt verrathen, deshalb will ich ir
erzählen, wiss ich die für den mechani
schen Apparat nothwendiae Elektrizi
tät erzeuge. Jch habe fast rein durch
Zufall die Entdeckung gemahh daß
eine Platina - Platte, auf welche eine
glekh starke Tridium-Platte gelöthet
ist, einen ungeheuer starken elektrischen
Strom giebt, wenn man sie selbst nur
mä ig wärmt. Unter dem grünen
Tn des Tisches ist aus dem Platze
des«Croupiers diese Tridium-Platina
Platte in den Tisch eingelassen nnd J
durch Trähte mit den Fächern der E
Roulette einerseits und den NäaeL
lniipfen andererseits verbunden. Der
Ctoupier legt seine Hand oder seinen
Arm auf die Tischplcstte und durch
» örperwäeme wird jene Metall
vlatte erwärmt und zum elektkifazpn
Funktioniren gebracht. Das ist das
ganze Geheimniß.«
»Und der Apparat versagt nie?«
»Nein, er ist ganz unfehlbar, er hat
sich bereits bewährt und der ae· enzoars
« tige Zar in Moskau soll noch citeres
von ihm hören.« «
Ein fürchterliches Lächeln spieltd in
diesem Augen-blicke um Dimitri’5
Lippen, Wassilij Peirowitsch wendete
sich sct;auernd ab und schwieg, dann
sragte er mit gepreßter Stimme:
»Bist »Du denn aber des Croupiers
auch sicher?"
»Sicher, soweit man überhaupt ei
nes Menschen sicher sein kann. Er re
tommt die Hälfte von allem Gewinn!«
»Dann mußt Du ja bereits Millio
nen gewonnen haben!«
»Ich gewonnen? Nein, ich habe den
Ap arat noch nicht benutzt, denn ich
sel st kann mich an jenen Spieltisch
nicht setzen.«
»Und der Grund dafür?«
»Weil die Fürstin Natschkow mich
kennt und ich daher meinen Racheplsrui s
nicht zur Ausführung bringen tann!«
»Ich verstehe aber diesen Racheplan
noch immer nicht«
»Ich werde Dir ihn erklären· Ich
habe Dir er ählt, das; Kathinta —
daß die Fürstin eine leidenschaftliche
Spielerin ist. Es handelt sich nun da
rum, daß sich Jemand zu ihr an den
Spieltisch setzt und durch rasendes
Pointiren und horrendes Glück ihre
Leidenschaft für das Spiel zu entsa
chen, sie womöglich zu einein »ba
banque«, dann genügt ein Druck uns
ei der Näqeltnöpfe. um die Für
sti · verlieren und sie zur Bettlerire zu
machen·«
Fund dann?«
»Nun dann-wirkt sich das Weitere
finden, sei sicher. ich werde meineRache
bis aufs Aeußerste genießen.«
Die Ponlsen'schc Anordnun« des Telegraphons zur szlcikmcitigcn tclegraphischcn
Muthes ung an mehrere Theiluchmcr.
»Du bist wirklich fürchteriich
»Du bist; fürchterlich, Dirnitri.«
»Und Du ein sentimentaler
Schstvärtnerl Konrad ich Werde Dzch
in den Spielsaal fuhren und Dsch
dem Croupier vorstellen. Von morgen
ab bringst Du meinen Plan zur Aus
führung." »
»Ich soll ihn ausfuhrenZ Jch soll
spielen? Nein! NimmermehckPs » «
»Du wirft es thun!'· sagt-: Dnmtrt
mit furchtbarer Stimme. -
Ganz Monaco befand sich in furcht
barer Aufregung und alle Habctues
der Spieldank umstanden den Spiel
tisch, an welchem die Fürstin Kathmka
Natschiow und der fremde junge
Mann —- der kein anderer als Wussi
lij Petrowitsch war — spielten. Seit
zwei Tagen spielten der Fremde mit
unerhörtem Glück und verlor die Für
stin ebenso konsequent, weil sie in
trahnsinni er Leidenschaft stets die
entgegengesetzt Farbe besetzte, auf
welckze Waffilij Petrowitsch seinen
Einfatz depouikte. Der Spiekteufel
hatte die Fürstin ganz und gar in sei
nen Klauen — sie wollte das Glück er
zwingen, das Schicksal brusquirem
Wassilij hatte mehr als eine Mil
lion Francs vor sich liegen, die Fürstin
besaß ungefährl noch eine halbe Mil
lion, den letzten Rest ihres Vermögens.
Die noch immer schöne Frau war in
einer fürchterlichen Aufregung. Ihre
Hände zitterten, ihre Augen leuchteten
trie die einer Jrrfinnigen.
Wassilij hielt den geeigneten Mo
ment für gekommen. Er schob sein ge
samrntes Geld auf ,,noir«. Ein
dumper Gemurmel der Umstehenden
kiindigte das Erstaunen an, da5«ob
des ungeheuren Einsatzes alle Gemü
ther ergriffen hatte. Der Fürstin
raubte dieses Murmeln den letzten Rest
der Besinnung, mit zitternden Händen
schob sie ihr gesammtes Vermögen auf
,,rouae«. Hundert Augen verfolgten
mit fieberhafter Spannung den Tanz
der Elfenbeintugeln in dem Roulette
fast-n
,,Rouge gagne, noir perd!« rief der
am Roulette-Tisch sitzende Eroupier.
Die Fürstin hatte gewonnen.
Obnrnächtig aber brach Wassilij zu
sammen!
,,Dieser’Schurke, dieser meineidige
Schenkel« kreischte Dimitri, in das
Zimmer tretend. ,,Denle Dir, Was
silij, der Croupier ist seit heute Mor
gen mit der Fürstin verschwunden Die
Elenden handelten im Einverständniß
und wir waren die Dupirten. Hörst
Du nicht! Laß Deinen Kon nicht
lsängenl Du hast die sechszehntausend
Nabel, die Du für Deinen Prinzipal
einlassirtest, verspielt und kommst na
türlich jetzt nicht nach Hause! Was thut
es? Du wirst Nihilist, Hörst Du
mch
imitri gab dem Schweigenden
einen Stoß, fuhr aber zusammen, als
Wassilij den Kon hob nnd ihn mit
stieren Blicken betrachtete — der Un
glückliche war wahnsinnig geworden.
,,Schwächling!« murmelte Dimitri
dann verächtlich »Ein Bischen Un
glück und die Kleinigkeit Verstand ist
zum Tetisel!«
Dann nahm er dem sich- nichtSträu
benden die Uhr nebst Kette, sowie das
Porteinonnaie ab, in welchem sich noch
einige hundert Franken befanden und
verschwand
Jm Jrrenhause starb einiae Monate
später der unglückliche junge Fremde,
der zwei Tage lana durch sein fabel
haftes Glück alle Spieler in Monaco
in Aufregung versetzte.
Ein Geheinmiß deFFlammcm
New Yorkcr Siizze Jon H. A.
Es war nach drei Uhr Morgens-, als
Herr John P. Brown sein Haus in
der 18. Straße erreichte.
Er nannte sich innerlich einen ganz
miserablen Kerl, als er leise und vor
sichtig das luxuriöse Gemach betrat,
in welchem seine Gattin aller Wahr
scheinlichkeit nach schon vier Stunden
den Schlaf der Gerechten schlief.
Wirklich eine Schande,f daß er sich
so lange, der Himmel weiß wo, herum
aetrieben, während in diesem reisenden
Heim ein süßes Weib seiner harrte mit
rührender Sehnsucht, bis der Schlaf
kam, die vom Warten müden Augen
zu küssen.
Nein, nein, das qing nicht mehr
weiter so.
Nie mehr sollte die arme Dulderin
Ursache zur Klaqe haben, wahrhaftig
nie mehr; in wenigen Taaen war ja
der 1. Januar, ein neues Jahr, ein
neues Leben.
»Das schwöre ich,« wollte Herr
Brown gerade zu seiner eigenen Be
ruhigung feierlich hinziisetzen, als er
etwas sah, das den Schwur unge
sehworen bleiben ließ.
Es war gar nichts Schreckliches,
was er sah.
—
Und doch, und doch!
Aus der Tasche desePersisch-Lamm
Pelzjackets seiner Gattin lugte ein
Brief hervor, ein großer, aufdringli
cher Brief . . .
Wir «Menschen haben hier und da
im Leben Augenblicke, wo uns die
Vorsehung einen Blitz der Ertenntniß
schickt; ob zum Guten, ob zum Bösen,
gleichviel sie schickt ihn.
Herr John P. Brown erlebte solchen
Augenblick.
Er dachte eine Seinnde daran, daß
der Brief vielleicht eine Schneiderreche
nunq enthalten möchte oder dsonst et
was höchst Gleichgültiges..
s Nein, es mußte etwas ganz anderes
ein!
Ein kurzer Moment des Uebetle
gens, die Scheu des Gentleman, seine
Hand nach fremden Briesen auszu
strecken —- und dann war’s geschehen.
Die Adresse zeigte eine ener ische
Manneshand, in der Ecke links stand
der Name eines vornehmen New Yor
tcr Clubs.
Hm, hm
Ehe Herr John P. den Brief lesen
konnte, erwachte Madame.
Rasch schob er ihn in den Aermel sei
nes Rockes, um nicht eher darüber zu
reden, als bis er Kenntniß von dem
Inhalt genommen.
Armer, guter, dummer Kerl!
Seine Frau hatte mit einem halb
schlaftruntenem Blick schon gesehen,
was los war.
Ohne zu zögern rief sie, und in ih
ren dunklen Augen zuckte ein gefähr
liches Leuchten:
»Was ist das für ein Bries?«
»Das wirst Du wohl besser wissen,
als ich,« antwortete kühl der Gatte.
Und sie:
»Versuche es nicht, mich zu täuschen,
Treuloser. Der Brief ist von einer
Frau und Du weißt es sehr genau.«
Herr John P. Brown verlor ob die
ser Kühnheit völlig die Fassung und
sprach: ·
»Ja, was willst Du denn eigent
lich?« -
,,?lugenblicklich giebst Du mir den
Brief. O Du Elender, o ich arme be
trogene Frau!«
Er hatte kein Wort der Erwiderung,
sondern retirirte vor seiner anscheinend
so entrüsteten Ehehälfte und ließ dabei
den Brief fallen.
Schnell wie der Blitz war dasSchrei
ben in ihrer Hand.
Sie preßte es an’s Herz Und sagte
mit gänzlich veränderier Stimme und
geradezu unheimlicher Ruhe:
»Jetzt heraus damit, von wem ift
der Wisch?«
Herr John P. sah seine Niederlage
besiegelt, es galt fiir ihn nur einen
möglichst ehrenvollen Rückzug.
»Sie-s doch und sier selber,« höhnte
er. - ,
»Also wirklich, der Brief ist von ei
ner Frau!«
Herr John P. verlor nochmals die
Geduld und sagte heftig:
»Du weißt sehr gut, daß es nicht
der Fall ist-«
»Nun denn,« sprach sie sanft und
sich zu einer wahrhaft heroischenGröße
erhebend, ,,John, mein Schatz- ich
glaube Dir. Sieh’, ich will den dum
men Brief nicht einmal lesen.« (Sie
machte drei Schritte zum Kamin, in
dem noch ein mildes Feuer glimmte):
»Da, weg mit dem Ding in die Flam
men. Und nun gute Nacht.«
»Gute Nacht,« murmelte John P.
Brown resignirt und ging sehr nach
denklich schlafen.
Das erste See-Telegramm.
Es sind jetzt 50 Jahre, daß das erste
Telegramm durch die See ging. Schon
1.847 hatte der Erfinder des unterseei
schen Kabels, Jakob Brett, von Louis
Philipp die Erlaubniß erhalten, ein
Kabel zwischen Frankreich und Eng
land zu legen, doch wurde die Aus
führung des Planes durch die Revolu
tion Ver-zögert und erst im Juni 1850
wieder aufgenommen, nachdem der
Präsident Louis Navoleon eine neue
Genehmigung dazu ertheilt hatte. Un
gefähr drei Monate»sp«ciier war die
-.—— Ex-— III-«- —
LLBUUB Uc- ILUUIIY FOUHUPU UUUDL
.1nd dem Vorgebirge Gris Rez, De
partement Pas de -Calais, beendet,und
Brett sandte durch den Seedraht an
eine Frau die erste Depesche. Der
Versuch war gelungen, aber im folgen
sen Jahre zog ej Fischer aus Bon
ogne einen Theil des Kabels mit sei
Iem Netz herauf und hatte nichts eili
1eres zu thun, als den eigenthiimljchen
Fang, den er für eine"mächtigeSchlan
zc hielt, durchzuhauen. Kurz darauf
kam mit Genehmigung Napoleons die
srste Gesellschaft für unterseeische Te
e raphie zu Stande, deren Kabel zwi
"ck?en Dover und Calais am 12. No
Iember 1851 dem öffentlichen Verkehr
ibergeben wurde. Das Unternehmen
satte einen großartigen Erfolg, denn
ss zahlte big zu seinem Anlauf durchi
dieenglische Regierung 16 bis-; 18
Procent Dividende. Dieses erste stabel
var 25 Seemeilenlang und wog
30()!) stilogramrn Die größte Tiefe,
n der eg lag, waren :t() stlafteis Auf
die Meile war es mit 16 Bleigewichten
)elastet. Welche Fortschritte inzwi
"(l;-rn der Nachrichtendienst unter Was
"er gemacht hat, geht auO folgend-en
fjkhlen hervor-. Die Gesaninitläu· e
sicr gegenwärtig bestehenden untersuc
Tchen Kaoel beträgt 159,987 Seewei
Len, wovon 2356 mit 1334 Kobeln
mter staatlicher Verwaltung stehen,
157,631 mit 408 Kakeln im Besihe
Ion Privatgesellschaften sind.