Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 13, 1900, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Sonntags Blatt
biga Ezg unas Ia
!J. P. Windolph, Herausgehen
Grund Island-, Nebr» den 1:3. Juli 1900.,
Jahrgang 20. No. 45,
traut-, W· Mk m
Anwendung der Elektrizitat
im Vergl-an
Von Dr. B. Borchardi.
Fast so alt tote die Kenntniß der Ei
genschaften des electrischen Strome-s ist
auch seine technische Verwerthung im
Bergbau. Die erste Anwendung, ti:
man hier von der Electricitiit trinkt-ze,
war die, daß man sie zur Entzündung
von Sprengstossen benutzte, identi, tote
es ja öfter vorkommt, größere Massen
durch Sprengnng beseitigt werden sol
len. Diete Anwendung ist deswegen so
alt, weil bereit-«- Neidnngstslectrisir
maschinen benutzt werden konnten, ntn
den getcitnschtctkszwect zu erreichen. Tie
Zuleitnng tnnn von derMasctiine durch
eine Leitung in dathinere degZprengs
satzeg geführt werden, nso zwischen den
Drnhtenden ein Funke znnt Ueber
sprinqen gebracht wird, der den
Sprengstosf entzündet, wodurch dieExs
plosion nnd Sprengnng eintritt.
Einen großen Nacktheit solcher Vor
richtungen bildet der Umstand, dnsz
das Functioniren Den Reihnngselectrk
strmaschinen durchaus von dein Feuch
tigteitsgehalt der Lust abhängig ist.
Als daher die electrische Jnduction
entdeckt war-, wurden bald Apparate
construirt, bei denen dieZiindnng durch
Jndnctionssunten bewirkt wird. Der
artige Funtenziindapparate sind auch
heute noch vielfach in Gebrauch
Jndessen hat auch die vollkommensie
Funkenentziindung noch mancherlei
nicht nnerhebliche Mängel.
Diese Man el werden durch ore so-:
genannte Glügziindung beseitigt. Hier
ist dieLeitung nirgends unterbrochen,
und deshalb tann sie in jedem Augen
blick, ja n unmittelbar vor dem
Schusse ser t, mit einem schwachen
Strome, der fiir die Patronen durch
aus ungefährlich ist, geprüft werden.
Solch ein Gliih-Ziindapparat iebt im
Augenblick der Zundung eine teistung
von ca. 70 Watt und tann 60——80 ge
wöhnliche Gliihziindpatronen bei einer
Leitung von 4000 s us; t2000 Fuß
Hin- und 2000 Fuß Küaleitung Doch
sind so rofze Leistngen bei Sprenguw
gen in « rgwerten häufig nicht nöthig.
Von einer noch grösseren Bedeutung
ist ine Reihe anderer Vorrichtungen im
Bergbau, bei denen erst in neuester
Zeit die Electrirität einen wachsenden
Einfluß gewonnen bat und noch fort
dauernd gewinnt, und zwar in der
Form der elektrischen Kraftiibertra
— ung. Zur Wasserbaltung, zur Wetter
Fübrung zur Förderng, sowie zum
Bohren nnd Schrämmen des Gesteins,
auch zur Weiterverarbeitung der ge
wonnenen Materialien über Tage find
eine Reihe von Maschinön ndthig, die
mit großem Vortbeil auf electrischem
Wege angetrieben werden. Nach der
Natur des ganzen Betriebes handelt es
sich hierbei in erster Linie um eine
Firastiibertragung von einer größeren
Primiirstation aus, die bei einigerma
fzen ausgedehnten Gruben, wo an je
der Stelle Kraft zur Verfügung sieben
soll, unbedingt jede andere Art der
Krasiiibertragung verdrängen muß.
eDie Primiirftation ist fast stets iiber
Tage angelegt; zur Verwendung
kommt Gleichftrom nur bei eringeren
Entfernungen, bei größeren fowie bei
Spannungen über 500 Volt wird fast
ausschließlich der sogenannte Dreh
stront verwendet. .
Die electriscne reranuoerrragunq
Von der Primärstation hat den groben
Vorzug, immer einen bedeutend höhe
ren Wirkungsgrad, nämlich 75—80
Procent und selbst mebr zu besitzen al
jede andere Arastiibertragung.
Von den electrisch betriebenen Ma
schinen« die im Berabau bereits viel
fach im Gebrauch sind, erwähnen wir
vor allen die Bobrmaschinem die znrn
Anbobren des festen Gesteins dienen.
Unsere Abbildung zeigt eine solche
Stoßbohrmaschine in der Arbeit vor
Ort, d. b. am Ende der Strecke, wo in
das harte Gestein Bobrlöcher entartete
ben werden, welche die Sprengriatro
nen ausnehmen
·Neben den Bohrern sind die wichtig
sten Maschinen zur Gewinnung oeo
Materials die sog. Schrammslljtasch
nen, durch weiche besonders in Kohlen
bergwerken rnit gleichmäßiger slacher
Flbzablagerung tiese und langeSchlitze
tm Flöz hergestellt werden, unt so an
die zum Theil sreigelegten Flözbänte
leichter herankommen u können. Hier
ist der electrische Antrieb schon deshalb
der geeignetste, weil die Sei-kömm
vrrrichtssna während der Arbeit erheb
lich verschoben werden musi, und weil
durch die Maschine hier die schwierige
und abspannende Arbeit des Berg
rnannes wesentlich erleichtert wird.
Ein weiterer sehr wesentlicher Vor
tbeil, durch den die elettrische Kraft
iibertra ung sich einen raschen Eingang
tn den r wertsbetrieb verschafft bat.
ist der Umgano daß man rnit ihr sehr
bequem eine elettrische Beleuchtung
verbinden kann. Das Los des Berg
manns ist ja in der Tbat ein schweres;
wenn alles sich freut, »was da athmer
im rosigen Licht«, so fährt er hinab zur
Grube, um tief unten aus dem Schoofz
der Erde, in ewiger Dunkelheit arbei
tend, das aoldglänzende Metall, das
die Habsucht der Menschen erweckt, oder
das niinliche Eisen oder das schwarze
Gold, aus dem die Industrie tbre Nab
-rung schöpft, die Kohle. zu Taqe zu
Förderu. Und nicht genug damit, daß
nie ein Sonnenstrahl an seine Arbeits
stätte dringt, ist die Arbeit selbst auih
in hohem Grade gefährlich-; b: r Essai
lendes Gestein bedroht ihn stündlich,
schlechte Lust zehrt an seiner Gesund
heit lanqsam, und bäusig genug der
nicktet eine Explosion ungesunder ljstnse
eine ganzeAnzabl von Arbeitern. Schon
aus rein tnimanen Gesichtspunlren ist
dader eine möglichst weite Verbreitung
der elektrischen Beleuchtuna im Berg
bau zu wünschen. Kann sie aucb das
Sonnenlicht nicht ersetzen, so giebt sie
doch eine bedeutend größere Heiligkeit
und Sicherheit, als alle anderen Licht
arten.
Durch das liellere Liebt können ge
fährliche Gesteinsablösungen leichter
ertannt werden« wie überhaupt ra
durch vie Leistungsfähigteit des Berg
mannes erhöht wird, so daß auch die
Verwaltung, welche die Anlaqeiosten
nicht scheut, durchaus aus ilsrettiechnung
kommt. Da seiner der Lanrpenqualm
bei ter Anwendung solcher Mühle-Jn
ten weg fällt, so leisten sie auch in hy
gienischer Hinsicht manchen Nutzen; es
tst daher nur mit Freude zu beqriiizetn
daß die elektrische Beleuchtung immer
mebr in den Berabaubetrieb eindringt.
Wie ein guete Beleuchtung, so ist auch
eine gute Wasserbaltuna und Wetter
si:l; rung von der größten bygienischen
Bedeutung, wie sie auch nothwendig ist
urn den Fortgana der Arbeit überhaupt
zu ermöglichen und die Gruben ror
dem Ersausen zu schützen. Ganz in as
senhast sind oft die Wassermenge-m rie
in die Grubenräurne eindrinaein Die
Pumpen zur Hebung des Wassers wer
den irn Schacht aufgestellt, während sich
die Krastmaschinen iiberTaqe befinden.
Electriswc Bohrmaittiinc beim Mein-in
.l!oiircn.
Unsere Abbildung zeigt eine der neue
ren großen Koibenpumpem Beim Vor
treiben einfallcnder Strecken sinken
kleine fahrbare Pumpen jetzt mit Vor
theii Verwendung.
Die Wetterführung, also die Fort
schaffung der schädlichen Gase, sowie
die Zufiihrung frischer Luft Jst eben-—
falls nicht nur vom hyaienifchen Ese:
sichtäpnntte aus möglichst zu gestatten
genügt sie den Ansprüchen nicht, so ent:
stehen leicht die exploftblen sdfclagenden
Wetter, denen, abgelehen vonMenschen
leben, oft auch mehr stavital zumOpser
fällt, als eine gute Lüftungganlage
gekostet hätte. Natürlich ergiebt fis-) bei
der Einführung elektrischer Krastigber
tragung auch der elettrische Antrieb
der Ventilatoren von selbst, unc zwar
nicht nur der großen zur Ventilaiion
der ganzen Grubenanlnae bestinunten,
sondern auch bei den tleinen leicht »er
setxbaren Ventilatortn für oie Vertret
terung einzelner besonders wetternuthi
aer Betriebspuntte ist der ciettrische
Antrieb oft wegen seiner Bequemlich
teit sehr nützlich. Unsere Abbildung
veranschmlicht eine solche kleine Brutt
latoranlage aus einem Italihergwerh
die mit dem Motor auf einein gemein
samen Baltenrost, also leicht verschieb
bar. angebracht ist. Der Motor ist von
einem Schutztasten umgeben, der zu
gleich zur Befestigung des Anlassers
dient. Der vom Motor durch Riemen
angetriebene Ventilator taugt an der
ei tichen mittleren Oeffnung seines
lechmantels frisches-tust an und drückt
sie durch einen an der linken Strecken
wand entlang führende-i Röhrenstrang
stach dem wetternöthigen Arbeitsort
m.
Die wichtigste Arbeit heim Bergkau
besteht in dem Zutagefördcrn tser ge
wonnenen Materialien. Zunächst müs
sen sie von dem Ort der Gewinnung
nach den hauptschächten geschafft wer
den. Die Lokomotive, die hier natür
lich nur als elektrische in Bein-du
kommen kann, hat vor der Förderung ;
mit Seil oder Kette den BortbeiL daß
man mit ihr bis an die Arbeitsstelle I
fahren tann; namentlich tpo viele Ab
tvetaungen vorhanden sind. erweist sich
te Lotomotivfizrderung als praktisch
und dringt demgemäß in den Betrieb
Electrischbctricbcnc Wunsrfjjhnsz unter Tag.
ein Jn gut aus-get ickteten geraden t
Strecken überwiegt dagegen no
Weitem die Förderung mittelst eilbes
oder Kette Doch wird die Umtriebs- i
maschine hierbei bereits sehr häufig ;
elettrisch angetrieben.
Noch weiter verbreitet ist der elektri- s
sehe Antrieb bei Förderung mittelst
Haspels aus einfallenden Strecken »
(Haspelbergen) und sen. rechten kurzen i
Zwischenschächten (Gesenten), wie sie;
oft in größerer Entfernung von den J
Hauptschächten vorkommen. Auch die .
örberung aus den Hauptschächten ge- J
th chieht bereits mehrfach mit telettr: schetn ;
Antrieb. So hat sich die junge Natur- 2
kraft Elektricität die berufen ist, die -
Menschheit aus- ihrer kohlenschwcrxzen
und tohlenstaubigen Kindheit in das
gesundere und bessere Reitalter der Ju
gend und Mannheit biniiherzufiihren,
im Beraebau eine bis in oraeschicht
li«ye Zeiten zurückweichende Industrie
erobert.
Das Gebot der Mutter-.
Cim- scltianie Nesaiicvtc von Richard L
« Monrotx
Es war auf unserem letzten Jahres-·
banlet im Militiirtlnb Von dreihun
dert ehemaligen Kriegsschiilern von
St. Chr waren nur noch hundertund
sechzig übrig; die Einen Vertheidigten
sich noch mit tapferein Muthe gegen
die Angriffe des Alter-J; die Anderen
waren tahltiipfig, aufgeschwemmt und
hatten, schon bevor sie noch den Major
erreicht, die alterögrauen Köpfe höhe
rer Stabgoffikierr.
Natiirlich sprach man Von den Ver
sckitvundenen, Todten; jeden Augen
blick hörte man das-: »Erinnerst Du
Dich noch an. . .?« — das sozusagen
stets den Refrain dieser Bantets vils
det. in dein alte Erinnerungen ausge
getauscht werden. Man sprach von
Julian, der bei Bomh fiel, von Bra
hand, von Altezensac, dessen Pferd
dtirchging, von Llntl)onie, dem eine
Granate vor den Augen feiner entsetz
»Nun, meine Herren, es war vor
fiinf Jahren. Wir befanden uns in
St. Germain, der reizendsten aller
Garnisonen. Der Capitain d’Jra
mond nahm mit seinem Namen, sei
nem großen Namen und seiner ritter
lichen Eleganz, eine glänzende Stel
lung in unseren tollen Festen ein; er
war stets der Letzte bei Souper und
der Erste zu Pferde.
,,Plötzlich hatte sich das Alles ver
ändert. Die Herwgin von d’Jramond
war eines Tages an einem Herzschloge
verschieden.
»Von dem Augenblick an, do der
Capitain nicht mehr seine Mutter
hatte, ,,Mama«, wie er rnit kindlicher
Zärtlichkeit sagte,« die in dem Munde
dieses großen Menschen mit dem lan
gen Schnurrbart einen so rührenden
Kontrast bildete. an dem Taqe, da er
sich nicht mehr nach mehrtiigigem
Bummeln von Zeit zu Zeit in dem
Hotel der Rue St. Dominique aus
srischen konnte, war er nicht mehr er
. selbst. Er fuhr nicht mehr nach Paris,
und wenn er nicht Dienst hatte, verließ
er den kleinen Pavillon in der Rue de
Brulingan nicht mehr, sondern blieb
stundenlang vor dem von Cabanel ge
malten Porträt der Hereooin in stiller
Betrachtung sitzen. Er blickte die theure
Todte mit ihrem aschiarbenen, blonden,
etwas gewellten Haaren, ihrem sonsten
Lächeln und ihren blauen Augen an,
die ihm in alte Ecken deH Ziminers zu
folgen schienen. — Vergebens versuchte
ich, den Enpitain dieser firen Idee zu
entreißen.«
»Nein, stehst Tu,« sagte er zumir,
»ich bin aus einmal ein alter Mann ge
trorden, denn so lanne nmn seine Mut
tcrbat, bält man sich fiir junn· Das
Leben, dass man so jeden Tag stückweis
fortwirst, ist nur ein Traum, obne
tiefe regelmäßigen Raststunden, die
man unter dem miitterlichen Dach ai
hält, wo man wieder thhem schöpft
und wieder zu sich selber kommt. Der
Mann ist zu bettanen, der kein Heim
hat, wo er sich aus«-ruhen und das er
verlassen kann, um stärker und selbst
Electrisch betricdcne Wasscrhaltungsztwfchiuc.
s d’Jtamond?«
ten Compagnie den Kopf vom Rumpfe j
riss»
»Und d’Jtamond,« sagte der Capis -
tain Charrye, »erinnert Jhr Euch an
Plötzlich sagte der Commandant
Fabel-l zu uns km ernsten Tone:
»Meine Herren, ich war damals
Capitain im sielxzehnlen Chasseutsjliei
aiment, und ich versichere Sie, ich
lann —- olme daß ich naives, als sonst
Jemand bin —- nicht an diese Ge
schichte denken, ohne jene Aant zu em
pfinden, die Uns bei den Problemen
erfaßt, die unser Verstand nicht be
greifen will.«
..Ertlären Sie sich! Etllären Sie
sich deutlickxt!« rief man in der
Runde. , . ·. »
bewußter wieder in die Welt hinauszu
treten.«
Er wurde immer schweigsamer und
immer düstercr. Als ich ihn eines schö
nen Winter-morgens zum Manöver ab
holen wcllte, fand ich ihn ganz beson
ders aufgeregt
»Du wirst iiber mich krick-ein« sagte er
plötzlich, »aber mir ist hent’ eine ganz
merkwürdige Geschichte passirt.«
»Was denn?«
,,Du kennst doch den Abbe Vincent,
ten ersten Vitar von St. Germani.
Denke Dir, heute Morgen kommt er in
Begleitung eines Chortnaben zu mir,
der das heilige Sakrament trägt. Na
türlich tvundere ich mich.«
»Sie müssen sich irren, Herr Abbe.
Jedenfalls täuschen Sie sich in der
Adresse.«
»Nein, nein; man hat mir gesagt, ich
solle zu dem Capitain d’Jramond
gehen.«
»Dann hat man sich einen sehr un
passenden Scherz erlaubt, und wenn
ich den Urheber desselben in Erfahrung
bringe . . . .«
»Herr Capitain, ich versichere Sie,
die Dame, die mich zu Jhnen geschickt,
sal) bijchst respettabel und glaubwiirdig
aus«
,,Eine Dame?«
,,Jawohl, eine Dame, der ich auf dem
Kirchenplatze begegnet bin . . . Aber
sehen Sie, da ist sie ja!«
Und plötzlich zeigte der Abbe Vincent
aus das Porträt meiner Mutter, das
an der Wand hing.
Jch gestehe, ich konnte mich eines ge
trsissen Angstgefiihls nicht erwehren.
»Sie sind ganz sicher, daß Sie dieser
Dame begegnet sind?«
»Ja, Capitain... oh. ich würde ste
unter Tausenden wieder erkennen. Sie
bat heftig darauf bestanden und mich
dabei mild und traurig angesehen. Da
bei sagte sie: »Eilen Sie, eilen Sie, es
ist die höchste Zeitl« Ja, ja, es ist die
Dame, die das Bild vorstellt.«
»Nun denn, Herr Abbe, dieses Bild
stellt meine Mutter, die Herzogin d’
Jromond, vor, die vor etwa zwei Mo
naten gestorben ist!«
Der Priester zitterte ein wenig und
sagte dann:
»Mein liebes Kind, die Wege der
Vorsehung sind wunderbar-. —- Em
pfangen Sie das heilige Sakrament.
Es ist immer gut, mit seinem Gott ver
söhnt zu sein. Und dann —wer weiß
— der Frau Herzogin wird es da oben
sicherlich Freude machen.«
Da habe ich denn keinen Einwand
mehr erhoben und tief bewegt gebeichtet
und das Abendmahl genommen.
Vielleicht hatte der brave Mann eine
Hallucination gehabt, vielleicht ist er
der Stdielball einer Aehnlichkeit gewor
den. Kurz und gut, es ist geschehen,
und jetzt vorwärts zum Mund-er
Jch erinnere mich, dasz es an ienem
Morgen ebenso wie heute etwas kalt
war. d’Jramond ritt einen Mächtigen
Brunnen, den er am vorigen Tage auf
der Auktion des Lord Darlington ge
tauft hatte.
wir sprengten im waiovp davon, um
uns der Schwadron anzuschließen, und
der gesrorene Boden hallte unter den
Fiisken unsererPferde dumpf und dröh
nend wieder.
Ich Versuchte, meinen Freund heiter
zu stimmen und zu zerstreuen. doch er
blieb diister und kam stets auf den Be
suctss des Abbe zurück, indem er mit selt
sc.mer Stimme zu mir sagte:
»G·estebe offen, die Sache ist eigen
thiimlich.«
Wir kamen auf dem Manöverfelde
an, meldeten uns beim-Obersilieutenant
zum Apbell und sprengten dann auf
unsere Schwadronen zu.
Jn diesem Augenblick kam ein Re
krut, dessen Pferd durchgegangen, aus
uns los-gestürzt
Der arme Junge hatte vollständig
die Besinnung verloren, hatte die Zügel
seines Pferdes fahren lassen und klam
merte sich aus Leibestriisten an den
Sattel seines Renners an.
Der Zusarnmenstoß war schrecklich.
Mein Dienstpferd, ein alter Rappe, der
an solche Ueberraschungen gewöhnt
war. rührte sich nicht vom Flecke, doch
d’Jramond’H Brauner bäumte sich
kriithend und stürzte zu Boden; eine
Sekunde sah ich eine anf«den Boden
,:usammenstiirzende Matte; dann
sprang das Pferd verzweifelt mit einem
Satze auf, während mein ungliicklicher
Freund, dem der Schädel von einem
Schlag mit dem Huf zerschmettert wor
den, dessnnungslog aus der Erde lag.
Unaliicklicherweise war der-Arzt nicht
da. Man brachte den Verungliickten
im Rantinenwagen nach St. Germain
doch es war schon zu spät. Er starb
Nachmittags gegen fiinf Uhr, ohne ein
Wort gesprochen oder das Bewußtsein
wieder erlangt zu haben. — Jch aber.
der ich die Geschichte des Abbe Vincent
kannte, habe darauf bestanden, man
sclle mit auf die Todesanzeigen setzen:
»Mit den Segnungen der Kirche ver
sehen.«
Franz bei Shakespearc.
Edwin Borman in Leipzig schreibt:
Einer der am häufigsten vorkommen
den Namen in den Shakespeare - Dra
rnen ist der Vorname Franz. Wir be:
aegnen ihm in der englischen Form
Franci53, in der spanischenForm Frau
cisco und in der englischen Koseform
Frank. Sehen wir uns ietzt diese
Fränze etwas näher an. Da sie fast
cslle nur Miniaturrollen spielen, so ist
das keine zu anstrengende Arbeit. Dass
Lustspiel »Der Sturm« zeigt ung einen
Frankisco, der den Titel Lord bat und
königlicher Rath ist. Das Lustspiel
Viel Lärm um nichts« zeigt uns einen
Francis (Searola), der Jurist Und ein
Gelehrter ist. Der zweite Theil König
Heinrichs IV.« zeigt uns einen Fran
W’
cis (Pickbone), der ein junger irrt
an einer der Lmdonrr Rechtssguleg
ist. »Richard der Dritte« zeigt unt- SQF s
der Originalauzgnby einen Franc ,
der den Titel Si: führt. »Dann-e
zeigt uns einen Francisco, der wagen
schwach ist. »Der Sommernachtis
:raum« zeigt uns einen Francis
(Flute), der mit einer Larve spielen
und fein Gesicht verbergen will. »Die
lustigen Weiber von Windsbr« zei en
uns einen Frank (Mister Ford), de en «
Frau Alice heißt. Nun lebte aber zu
der Zeit, als die Shatefheare-Dramen
erschienen, in London ein Mann, der
Franc-is hieß, und auf den alle diese
Einzeleigenschaften aufs Haar vagen.
Franc-is Baron war Gelehrter undosm
rist und gehörte einer der Londoner
Rechtsschulen von Jugend auf ais
Mitglied an. Francis Baron, als
»DerSturm« zum ersten Male gedruckt
wurde, war Lord und königlicherRatb.
Francis Baron führte vorher den Ti
tel Eir. Francis Bacon liebte es, sich
vor den Augen der Welt zu verstecken,
Francig Baron war magenschsvach,
und Francis Baron hatte eine Frau
Isiit Namen Alice. Die Anhänger der
Bacen .- Shakefxseare : Theorie werden
lsierin einen neuen Beweis der Behaup
tung finden, das; Frcncis Bacon die
Shatespeare - Dranien gedichtet hat.
Die Vertheilung seiner verschiedenen
persönlican Eigenschaften auf die ver
fcktienm einzelnen Franze der Drarnen,
war, werden sie saaen, ein beabsichtig
ter Scherz-. Die Gegner der Begon
Shakesveare - Theorie werden wiede
rum Alles für Zufall erklären. Die
Thatsachen der Uebereinftimmung aber
— sei es Zufall, sei es Absicht — blei
ben nach wie vor bestehen.
-—-—.-.—
Ein Narrensprf.
Jn Laus-, im französischen Judo
China, findet man ein Narrendors, das
in seiner Art einzig ist. Jn dieser
ganzen schwach bevölkerten Gegend fin
det man nur ein einziges Dorf, das
800 Häuser zählt, und dieses ist Ban
Keune am Namngume, das Dorf der
Narren. Gerade der seltsamen Zusam
mensetzung seiner Bevölkerung verdankt
das Dorf seinen verhältnismäßig gro
ßen Umfang. Jn Laos sind Fälle dvn
Wahnsinn überhaupt häufig, und auf
Reilen trifft man häufig Personen, die
von dieser Krankheit befallen sind; die
selbe zeigt sich oft darin, daß die Kran
ken glauben, einen Büssel im Leibe zu
heben. Unter dem Einslusse dieser
Wahnidee begeht der ,,Pipop«, der Be
sessene, allerhand Extravaaanzen und
ricl,tet sogar Schaden an. Seine Nach
barn suchen »sich dann seiner zu entledi
aen und ihn aus dem Dorfe zu entfer
nen. Man verbannt ihn also nach
Bi-n-Keune, versichert sich aber vorher,
das-, er auch wirklich ,,Pipop« ist, was
man durch ein an Gottesartheil erin
nerndes Verfahren ermittelt: man bin
del ihm Hände und Füße und wirst ihn
ins Wasser-. Schwimmt er oben aus,
so ist er nicht besessen, geht er dagegen
uuf den Grund, so ist er der Verban
nung geweiht. Während dieses Expe
rimentes wird er natürlich bewacht und
im Falle des Untertauchens sofort her
cusqehdlL Im Narrendorf leben nun
diese Unaliicklichen und heirathen unter
esnander. So ist es ihnen gelungen,
eine Fiolonie zu bilden, die nicht nur
eine ziemlich beträchtliche Bevölkerung
ljnl, sondern auch relativ blühend und
reich ist; denn sie allein bringt dem
französischen Protektorat jährlich tau
send Piaster Steuern.
43
Folgen des Sporw.
Gabriele d’Annunzio war der Erste,
der die Schönheit der Hände der sonst
nicht eben schönen Eleonora Duse
feierte. Der Dichter bat der großen
Kiinstlerin seine »Gioconda« mit den
Worten gewidmet: »Per Eleonora
Duse dalle belle mani«. Jetzt spre
chen auch die großen englischen Blätter
in Aus-drücken höchster Bewunderung
von diesen seinen Händen; die »Ti
mes« singen einen ganzen Hhmnus auf
die ,,durchgeistigien« Hände und trö
sten zugleich die mit minder schönen
Händen begabten »Ladie.så« und »Mis
fes-C indem sie mit großer Gelahrtheik
erklären, daß die Vase-Hände nichts
Jtalienischess, nichts Charakteristisch
Nationaleg seien, sondern etwas durch
aus Jndividiielle5. Man wird die
Trostworte des Cithblattes begreifen
und nach ihrem wahren Werthe schä
tzen, wenn man erfährt, daß die Hände
und Füße der Frauen und Jungfrauen
Altenglands gegenwärtig eine schwere
Krise durchmachen Eine Rundsrage,
die jiingst den Handschuhmachern und
Damenschustern des Londoner Westens
vorgelegt wurde, lieferte den trostlosen
Beweis, daß die Frauenhände und
Frauenfiiße in England immer größer
werden. Man sucht wohl dieses trau
rigePhänomen durch die gewaltigeEnt-I
wicklung der sportlichen Uebungen zu
erklären: aber diese Erklärung kann
die schreckliche Thatsache nicht ab
;d:-wächen oder gar ans der Welt schaf
en.
-—-—.—-—-—
Fiir das- laufende Jahr sind bis seht
dek« Baldmin’sii)en Orcomotiven -s Bau
aisstalt Bestellunaen auf nicht weniger
als. 1,2s«,««-Loifrinotioeis. ;·.1aeganaen, von
welchen 400 vom illnriland in Austrag
get-eben Morden sind.
Das Lherigericht von Massachusetts
hat entschieden, daß ein Zweit-ad kein
Fuhrwerk ist, sondern eine Maschine
und ein Radler keine Entschädiaunas
anspriiche wegen schlechter Fahrstraßen
bat· die der Besitzer eines vernngliicktetr
Frhrwerls erheben mag.