Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 29, 1900, Sonntags-Blatt, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    W
beilage des ,.Ilnzeigek umt herolcl«.
J. P. Wind-Aph, Herausgeber-.
Grund Island, Nebr» den 29. Juni 1900.
Jahrgang 20. No.43·
W
bxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx·
me, Man m
i« « — Gewerbe.
; xxxxxxxxxxxxxxxx xx Nxx l
ei kleine nhnsilalische Versuche.
.. iJn unserem Jahrhundert hat die
s artisch arägewandte Chemie wie die
: gleicher eise fitr das wirthschaft
' » Leben weckdienlich verwertheten
turwissen chaften überhaupt einen
nz außerordentlichen und ungeahn
« Umschwung in der Productions
· ise aller Gewerbe und Jndu irien l
« »- irtt. Die Erzeugung der iiter !
« · der Verkehr stehen unter der Em- H
«. rlung jener Errungenschaften, die
Z, "· großen Geistern ausgehend der »
E emeinheit zum Besten kamen. Aug !
« -. scheinbar unbedeutenden Entdeck: E
s· n, die zu den Tagen ihres Be
· ttverdens etwa aar nicht beachtet f
sp« en, haben sich Factoren entwickelt, !
« » heute in Maschinen und Appa-- T
In manniafaltigster Art Segen und ;
Uhlfahrt überall hin verbreiten. Nir- »
· ds hat sich wohl der Erfahrungssatz
leine Ursachen, aroße Wirkung«
chtiaer bewahrheitet, als gerade in
« praktisch angewandten Naturwis
Ek- schaften in unserer Zeit, und Es
i » ße Eulen nach Athen tragen, wollte
an den Werdegang mancher Erfin
« » ng eingehend beschreiben.
,, ·««· So mancher lleine Versuch, aus dem
" uiiter Bedeutendes wurde, tann von
. » Info zur Belehrung wie zur Unter
:.tung dienen.
.— on neuesten chemischen Versuchen
— ser Art bringt der ,,Scieniific Ame
can« zwei Experimente über eine saft
« » s· imnißvoll sich anlassende Verwen
;·.s « a der Schwefelwasserstoffsäure,
TI« rnit dieser ans Wasser zu schreiben,
f« von Phosphortvassersioffgaz zur
s- lduna von Ringen aus Sägemehl,
XTNRXXT
··( in Ver Luft Aufsteigen können.
-«, ·« Beide Versuche, welche ohne Anwen
i! · ng kostspieliger Apparate und chemi
( er Stoffe schnell angestellt fad,
z« Erden unter Beigabe zweier Abbil
« - tngen im Folgenden erläutert.
z - eiben auf Wasser mittelst Schwefel
; wassetstofssäurr.
-. Zum ersten Versuche nehme man eine
r bekannten Wools’schen Gar-entbin
ngsslaschen und führe in dieselbe
tge Gramm aepulverten Schwefel
ins ein, das man sodann mit ver
nnter Schwefel- oder Salzsäure
; gie t. Jn der chemischen Reaction
«-«—-.«.er tofsecuseinander bildet sich
s..:-? s- seselwasserstosfgas (ll, s). Letz
EHHY stößt man durch einen an dem
II en Halse der Wools’schen Flasche
, gebrachten dünnen Gumrnischlanch
» einem mit diesem verbundenen spitz
ausenden Glasröhrchen aus-leerem
. » man es anzündei. Bewegt man nun
.ese Flamme,· wie dies die erste Ab
szg zeigt, über der Oberfläche des
einem seichten Becken befindlichen
.sssers hin, ohne natürlich die
mme etwa in letzteres zu tauchen, so
d Schlvesel auf dem Wasser niedre
-« setzen Und hinterläskt aus demsel
, eine arbig schillernde, dem Zuge
t der s tamme entsprechende « Zeich
g oder Namenszüae u. dal.
ffteiqende Ringe ans Phosphonvasscr
. flvssgss
as zweitetwähnte Experiment be
sich mit derDatstelluna von Phas
- etsiossHMT das unter gewissen
rotes e ungen Ringe aus Sagemehl
k..- wie Lu t treibt. —- Läßt man einige
« ·Ickch·en von Calciumphosphid in km
g Ha bts u seiner hälfte mit Wasser
J lltes las falle-hie bildet sich tasch
- e ziemliche Menge des enannteu
; ei. Unmittelbar nach Ein
e des Photphides bestreut man
die Oberfläche des Wassers im Glase
mit einer etwa millimeterdickm Schicht
ron feinem Sägemelli. Der sich bil
dendePhosphorwassetstoff steigt in klei
nen Blasen auf und sammelt sich in
Form einer großen Blase unterhalb des
Sägemehles. Die Blase berstet und
bildet aus dem Sag-medic mehxeee
Ringe, die vermöge des Umstandes,
daß sie mit dem gegenüber der amo
sphärischen Lust bedeutend Vlies-phor
wasserstofsgase gefüllt sind, sich im
Raume erheben.
L III II
Aus dem Sinncsleben der
Schmetterlinge.
Von Dr. Franz Moewes.
Während deg vergangenenSommecs
hat Alfred G. Maner von der Harvard
Universität (Cambridge,- Bec. St.)
auf Loggethead Keh, einer zu ver Dry
Tottuga-Gruppe südwestlich von Fio
rida OFehörigen kleinen fandigen Jnsel
eine eihe recht bemerkenswerther Ver
suche an gewissen Abendfchmetterlin en
(collosamia prometniiy ausgefü It,
vie er aus dorthin von ihm eingeführ
ten Puppen hatte augschlüpien lassen.
»Er wollte in erster Linie fest stellen,
; in wie weit die Männchen bei der Auf
fuchung der Weibchen den Eindrücke-i
- Fels Gesichts- und des Geruchssmnes
» o gen.
Zu dem Zwecke brachte er zunächst
fünf Weibchen in ein großes Glassc
säs:, dessen Oeffnung mit einein grob
maschigen Mostithetz bedeckt war, so
dafi ein freier Austausch der inneren
und der äußeren Luft stattfinden
konnte. Darauf wurden, etwa 10 Fuß
von rein Glase entfernt, fiinf Männ
chen in Freiheit gesetzt: sie flogen so
gleichzu deinGefäße hin und tim
flatterten defsen Mündung.
Hierauf wurde das Glasgesäß um
aelehrt und die Mündunav niit Sei-d ;
unt-geben, so daß die Luft nicht aus dem ;
Jnnern entweichen konnte. Die Weib
chen blieben durch das Glas sichtbar,
aber es konnte kein Geruch von innen s
nach außen gelangen. Unter diesen ;
Umständen flogen die Männchen so-;
gleich weg, und einige verschwanden -
ganz aus den Auan des Beobachters. «
Als aber hierauf das Gefäß wieder nsit -
dein offenen Ende nach oben gestellt »
wurde, erschienen die Männchen wieder
» isnd umflo en erregt die Mündung.
Dieser ersuch ivurde oft wiederholt
» end immer mit demselben Eraebniß.
T Wenn wir daher annehmen, daß das
’ Glas füt die Schinetterlinge ebenso
durchsichtig ist« wie für uns, so mxissen
wir schließen, daß das Geiicht allein
nicht genti t, um dasMänncheii zu dei
Weibchen H
in dessen Umgebung zu halten, wenn
es sich in seiner nächsten Nähe befindet.
Ein weiterer Versuch, welcher zeigt,
dass das Männchen bei der Aufsuchring
des Weibchen-J durch denGernch geleitet
wird, war folgender. Die Weibchen
wurden in Holztästchen»,.gesetzt, von des
sen einem Ende sich ein Schornstein
aus Papier erhob, während das andere
offene Ende mit einem Mostito-Netz
bedeckt war. Dieses Kästchen wurde so
aufgestellt, dafz ein Luftzug durch das
mit dein Netz bedeckte Ende hinein- und
durch den Schornstein liinaugstrich Die
Weibchen waren von außen nicht sicht
bar, aber ihr Geruch konnte durch den
Schornstein nach außen aelangen.
Als die Männchen in Freiheit ge
setzt wurden, flogen sie sogleich nach
oer Mündung des Schornsteins und
flatterten uni sie herum. Kein einziger
tani an das große offene Ende des
«Ttästchens, wo die Lust hiiieinstrich. ·
Erwähnung verdient auch, daß die
Weibchen, anders als beim· Genus
-Homo, mit dein Alter an ttlnziehungb
kraft fiir dieMännchen gewinnen. Dies
lehrte folgender Versuch. Mehrere
Weibchen, die alle 6 Stunden alt wa
ren, wurden in einen großen Käfig auö
Mostithenen gebracht. Jn einem
zweiten gro n Kafig. der etwa 8 Fuß
von dein-e en entfernt war, wurde die
Fleiche Zahl von etwa so Stunden -al
en Weibchen einaefuhrt. Von 37
Männchen kamen Bis-ausschl· «ch zu
dem Käfig rnit den älteren eibchen.
Das geschah auch, nachdem letztere in
den ersten Käfig, die üngeren in ten
weiten Käfig gebra t worden waren.
Eil-sitt dem späteren Alter aber wuchs die
Anziehungstraft nicht mehr. —- Wenn
man die Fühler » des männlichen
Schmetterlings mit Schillach Leim,
araffin oder einem anderen Stoffe
berzieht, so sucht er das Weibchen
nicht mehr auf und legt keine Erregung
an den Tag, wenn er auch nur wenige
Zoll von ihr entfernt ist. Entfernt man
den Ueberzua aber wieder, to benimmt ·
er si wie früher. Es kann darnach
kein « weifel sein, dafi der Ort, wo· die
Weibchen sich aufhalten, von beut-Männ
chen mittelst der Fühler wahr ein-ni
nien wird; und in der That w sz man
längst, daß die Geruchsoraane der Län;
seiten sich vorzugsweise an den
le:n befinden.
i
i
z
inzuziehen oder es auch nur «
Die Männchen der Schmetter
lings-art, mit der Herr Mayer seine
Versuche ausführte, sind schwar, Die
Weibchen kindlich-braun. Ra Dar
win’s Theorie der geschichtlichen Aus
lese lännte man annehmen, Daß die
Weibchen stets dunkelfabrige Männ
chen vorgezogen haben, to daß irr-Laufe
der Zeit die schwarzen Männchen her
angezüchtet wurden. Nun fand aber »
Money daß Männchen, denen er3·dre s
Ftügel abgeschnitten und dafür Flugel »
von Weibchen aufgeleimt hatte, von den «
weiblichen Schmetterlingen nicht nun
der freundlich ausgenommen war-Dem
als ihre Kameraden im schwarzenHan
zeitsstaat. Ebenso wurden artigen-s
wurden auch Weibchen, deren Flügel
durch männliche ersetzt waren, von den
Männchen ebenso ausgezeichnet ivie die
anderen im natürlichen braunen Kleide. .
Dagegen schenkten die nornialethiänn
eben ihren Genossen mit Weiberslügeln ;
gar leine Beachtung. Als Mayer end- «
lich ganz flügellose Männchen, von
deren Körper er zudem den Schuppen
Mmuck abgebürstet hatte, zu normalen
eibchen brachte, wurden selbst diese
schäbigen Freier mit unveränderter
Huld ausgenommen: und ebenso stig
ten normale Männchen nicht die ge
ringste Abneigung vor dem Minne
dienst gegenüber entsliigelten Und ent
schuppten Weibchen.
Die geschlechtliche Zuchtwahl diirfte
also auf oie Färbung dieses Nacht
schmetterlings keinen Einfluß haben.
Damit isi nicht gesagt, daß sie nicht in
anderen Fällen eine Rolle aespielt lia
ben kann, wie man auch die oben mit
artheiiten Erfahrungen iiber Hei-lieben
sächcichteit des Gesichtssinneg nicht
ohne Weiteres auf alle anderen Insel
ten, namentlich auch nich-i auf die Tag
salter, die allem Anschein nach gewisse
stecke Farben bevorzugen, übertragen
ar .
Von der jüngsten Königin.
Jm Bosch beim Hang in Holland
saß kürzlich ein Mitarbeiter dcgNoord
drabanter auf einer Bank am Weiher,
als zwei junge Damen mit einem La
taien herbeikamen. An der Krümmung
des Weges zeigte sieh eine stattliche
Blondine in einem einfachen braunen
Kleide. Die Damen schlugen einen
Pfad dem Weiher entlang ein. An
der Krümmung des Weges zeigte sich
ein elend detleideter kleiner Junge mit
einem womöglich noch elenderen wer
« nenden Mädchen an der Hand. Si:
waren zusammen etwa zwölf Jahre
ali, ein Paar jener unglücklichen, ver
wahrlosten Kinder, wie deren so viel-:
in dem großen Haag umherlaufen Die
jüngere Dame neigte sich freundlich zu
dein kleinen Paare und fragte: »Wa
rum weint Dein Schwesterchen so,
Kerlchen?« — »Sie ist so kalt, eFräu
lein, und wir haben Beide so großen
Hunger,« sagte der Kleine. »So, und
warum bleibt ih: nicht zu Hause, an
statt so allein in dem Busch ismherzw
laufen?« —- »Mutter ist schon ein
Fahr todt, und Vater fast nie zu Hau
e Wir gingen zuerst mit einem
Meerschweinchen in der Stadt umher;
aber das ist todt, und nun sagte Vater,
daß wir betteln j·ollten.« Die Dame
flüsterte ihrer Begleiterin »was zu,
und diese sprach einige Worte mit dem
Diener. ,.Guten Tag, Kinde:,« sagte
sie dann freundlich, indem sie den
Kleinen die Hand reichte. Daran
führte dex Latai die Kleinen zu einem
Landauer, den di- Damen soeben ver
lassen hatten. Jn der Stadt sahen die
Leute überrascht auf, als sie die wohl
bekannte Eguipage mit den zwei arm
selig getleideten Kindern vorbeifahren
sahen. Die beiden Kinder wurden in
die aroße Anstalt für verwahrloste ka
tholische Kinder an dem Looeduinfchen
Wege aufgenommen. Wer die Dame
wars Nun auf den Wagenthiiren
stand ein qekröntes »W«, der Latai
trug eine Oran etoiarte auf dem Hute
und auf den Xagenlaternen prangte
die goldene Königsironr.
Tiroler Sirt-.
Eine er reifende Sitte herrscht un
ter dem andvoll einiger Gegenden
Tirols. Wenn das junge Masdchen
decn Herzallerliebiten vor den Altar
folgt, hält sie in der Hand ein feines
Spitzentuch, bestimmt. die Thränen
aufzusaugen, die Rührung und Gläcl
ihren Augen während der Trauung
entpressm Nach der Hochzeit wird das
Tuch ungewafchen in die Linnentruhe
epackt und dort aufbewahrt. Wie
ange? Wer kann es sagen; vielleicht
nur Monde, vielleicht ein Menschenal
ter. Erst. wenn der Tod die Augen
der Bäuerin für ewig geschlossen hat,
holt eine liebende Hand das Thränen
tüchlein wieder aus dem Schrein, um
damit den Todesichweifk von der erkal
teten Stirn zu wiichen. Mit dem Tuch,
das noch die Glückstbriinen der Braut
enthält, über dem Gesicht, wird die
Grei m zum letzten Schlaf in die kühle
gebettet
Der lranke Wittelshachen
Seit langer Zeit dringen zum ersten
Male wieder offizielle Mittheilungen
übers König Otto, Baherns unglückli
chen Herrscher, an die Oesfentiichieit.
Während der Monarch sich bisher einer
vortrefflichen Gesundheit erfreute, be
ginnen sich bei ihm Spuren eines quä
lenden innerenLeidens zu zeigen. Schon
vor zwei Jahren äußerten sich bei dem
Könige die Symptome einer Nimmt
trankung Sei es nun, daß die ihn be
he ndelnden Aerzte das Uebel iu seiner
wahren Gestalt nicht erkannten, sei es,
daß die Schwierigkeit, gründliche Un
tersurhunqen an dem hohen Patienten
vorzunehmen, eine genaue Diagnose
überhaupt nicht gestattete —- sicher ist,
daß das scheinbar überwundene Leiden
inzwischen nnerroartet stetige Fort- s
schritte gemacht hat und gegenwärtig
neuerlich in weit verstärkter Art zu
Tage tritt. Wenn die von den Aerzten
ausgegebenen Bulletins ungewöhnlich
lateinisch gehalten sind und auch sonst
um alles, was in dem einsamen Schloß
- Fürstenried Vor sich geht. strengstes Ge
beimniß waltet, so darf doch mit Si
cherheit angenommen werden, daß es
sich um die Bidung eines Steines im«
Nierenbecken handelt, der als eine Folge
der naturgemäß dem Könige mangeln
den nöthigen Bewegung anzusehen ist.
Eine derartige Steinbildung ist"be
kenntlich immer mit sehr empfindlichen
Schmerzen verbunden, indessen durch- J
aus nicht an Und fiir sich gefahrbrin- z
gend. Aber in diesem Falle liegen die
Bedingungen einer völliaen, durch sh
stematische Kur herbeizuführenden Hei- »
z lung ganz besonders ungünstig. König -
; Otto hat von jeher bei jeder körperlichen
. Berührung die größte Scheu gezeigt.
s Um ihm die Haare zu schneiden, mußte
man immer einen ausnahmsweise au
ten Tag des Kranken abwarten, rasirt
wird er schon seit vielen Jahren nicht
mehr. Wollte man äußeren Zwang
anwenden, um eine Untersuchung zu
betrerlstelligen, so mußte man mit der
Möglichkeit rechnen, durch die starke
Aufregung, die sich seiner bemächtigen
trsiirde, innen Herzschlag herbeizufüh
ren. Was seit Jahren zu befürchten
war, könnte daher jetzt leicht eintreffen:
daß nämlich eine sonst ungefährlich-.
körperliche Krankheit die robuste Con
stitution des Königs in schnellerer Zeit
untergriibe, als dies einem schwächeren, s
aber geistig normalen Menschen gegen
iäber der Fall sein würde.
Die den König behandelnden medizi
nischen Autoritäten, die Professoren o.
Ziemßen und Bauer, die ersten Mün
chener Spezialiften fiir innere Leiden,
v. Angerer, der »Miinchener Verg
mann«, und Obermedicinalrath von
J Grashetk dem die beständige Obhut
über das Wohl des Königs anvertraut
ist, sind daher so ziemlich zur Unthätig
keit Verurtheilt und selbst nicht in der
Lage, borauszusagen, welchen Verlauf
die Dinge nehmen werden. Jede Heil
methode setzt eben eine gewisse Mitwir
lung des Patienten. attiv oder vassio,
voraus — und die ist hier ausgeschlos
sen, unmöglich.
Das bayrische Voll verhält sich »
das ist keine Frage —- der Vjcöaliaiteit
eines bevorstehenden Tbronwechselz
gegenüber Volläsndiq indifferent. DIE
ist auch durchaus erklärlich, würde ein
solcher doch an den bestehenden Ver
hältnissen so gut wie aar nicht«-J lin
dern. Der Pein-i Luitpold hieße dann
nicht mehr Regent, sondern König, sein
Sohn Ludwia würde Mond-ins
mila tum. Zugleich ainae das be
trächtliche, im Laufe der Jahre start
angewachsene Privatvermöqen des Kö
nigs Otto auf seinen Nachfolger über,
und die etwas still gewordene Hintan
che Residenz würde etwas belebten et
was »tönialicher« werden. Und Sym
pathieen für die Person des armen 52—
jährigen Jersinniaen. der, von ter
Welt abgeschieden, im verständnißlofen
Brüten seine Tage dahinbringt und
nicht ahnt, daß ein großes, blühendes
Land ihn als feinen Herrn anerkennt,
daß in seinem Namen Recht gesprochen
wird. daß Münzen mit seinem Bilde
see-schlagen werden, kann man wohl von
iemand verlangen, wohl aber herzli
ches, tiefes Mitgefühl mit seinem
Schicksale Die heutige Generation hat
ihn ja nie qetannt, man könnte die
Leute in München zählen, die ihn über
hcrpt von Angesicht zu Angesicht gese
hen haben.
Nichts in feiner Jugend schien ans
das furchtbare Loos hinzudeuten, dem
der Könia verfallen sollte. Als zweiter
Sohn des Königs Mtax Il. vonBanern
und der Prinzcssin Makie von Preu
ßen CTochter des Pein-sen Wilhelm,
Bruders Friedrich Wilhelms Ill» und
der PrinzessinMarie von HefseniHoW
bürg) mit seinem älteren Bruder Lud
wig vortrefflich erzogen, wies er rn
jungen Jahren wohl einzelne klein«-Ab
fonderlichkeiten aus. lernte· indessen
lerchtünd zeigte namentlich ein vor
treffliches Gedächtnisr. Er konnte, dem
Brauche seines hauses folgend, als
Osfizier Dienst thun, interessirte scr
sijr ten militärischen Beruf aber nur.
in geringem Grade. Als der Krieg les
Jahres 1870 begann, theilte fein kö
niglicher Bruder Ludwig der Zweite
ihn dem großen Hauptguartier König
Wilhelm’s« zu, und hier, während des
Fell-zuges, nahmen diese kleinen Ab
sonderlichteiten zuerst einen Grad an,
der auf ein geistiges Leiden schließen
liefz. So wird berichtet, er habe einst,
als ihn der König beauftragte, ein Ca
vallerieregiment herbeizuholm, sich an
dessen Spitze gesetzt und eine Attaque
gegen —- eine Mauer commandirt.
Die Stiefel zog er wochenlang nicht
Von den Füßen, so das-, sie herunterge
schnitten werden mußten, und bei dem
Dincr, das am Tage der Versailler
Kaiserproklamation die deutschen Für
sten vereinte, that er so wenig zu der
Bedeutung oes Tages passende Muße
rungen, daß es geboten schien, ihn in
die Heimath zurückberufen Fu lassen.
Das erste Stadium der einfachen Pa
ranoia, der langsamen Verblödung,
hatte begonnen, und so konnte eine län
gere, nach « talien und Spanien unter
noinmene eise keine Besserung brin
aen, sondern nur die Nothwendigkeit
ergeben, ihn von der übrigen Mens -
heit abzutrennen und unter sortwä -
rende medizinische Aufsicht zu stellen.
Erst brachte man ihn im Schlosse Nym
phenburg, dann in dem zu Schleißheim
unter, aber der Umstand, daß die Be
völkerung Münchens an den Sonn
und Festtagen diese beiden beliebten
Ausflugspunkie überfluthet, ergab al
lerlei, hier nicht zu erörternde Unzu
träglichleiten, und so wählte man
schließlich das stille Fürstenried, das
mehr mit Sorgfalt den Bedürfnissen
des Kranken angepaßt war, und dessen
Garten durch eine hohe Mauer lcscn
Blicken der Vorübergehenden entzogen
wur e.
So weit dies möglich ist, erweist
man dem Könige alle ihm Zutommem
den Ehren. Ein richtiger Hofstaat —
bestehend aus dem Hosmarschall Frei
herrn v. Redwitz und den Hoscavalie
rcn Baron Stengel und v. Schubaert
—- umgiebt ihn, man redet ihn mit
,,Majestät« an, und wenn er eine Fahrt
durch den Bart unternimmt, so tritt
die Schloßwache präsentirend - unter
das Gewehr-· Aber der, deni dieseEhren
gelten, achtet nicht aus sie. Er lebt in
einer Welt des Wahns, brütet stumpf
vor sich hin oder spricht mit Wesen,von
denen er sich umgeben glaubt und die
nur in seinerEinbildung existiren. Da
bei raucht"er ununterbrochen Ein un
tlares Gefühl seiner Würde war ihm
früher doch wohl, in einzelnen lichteren
Augenblicken, geblieben. Als zum Bei
spiel auf einer Spazierfahrt der ihn
begleitende Arzt sich eine Cigarre an
Zündete, nachdem er mehrmals um Er
laubniß dazu gebeten, aber keine Ant
wort erhalten hatte, saate der König
kllcgtzliclx »Jetzt raucht der Kerl wirk
i "
Wie weit er seine Umgebung er
kennt, entziehst sich der Beurtheilung.
Besuche setzen ihn in die größte Erre
giing, und schon seine Mutter, die Kö
niginlllkarie, mußte die ihrigen deshalb
einstellen. Jede fremde Annäherung ist
ilpni ebenfalls zuwider und flößt ihm
Furcht ein, doch läßt er sich ziemlich
willig an-- und entkleiden.
Die- Kcanlheit, die Ludwig Il. am
Abend des 18. Juni 1886 im Stam
berger See den Tod suchen ließ, war
die gleiche, an der König Otto dahin
siecht. Auch der reiche Geist Ludivig’s
ll. wäre, bei längerem Leben, langsa
mem Erlöschen anheimgefallen. Aber
während man in den oberbayrischen
Bauernstuben sich noch jetzt an trüben
Winterabenden zuraunt, der vielge
liebte König Ludwig sei gar nicht todt,
auch nie krank gewesen, seine Feinde
ielten ihn heimlich auf irgend einem
chlosse gefangen, sieht in Otto l.
Niemand etwas Anderes als einen be
llagenswerthen Irren. dem Menschen
hand nicht Hilfe dringen kann, nnd für
den ein schnelles, schnurzloses Ende
nur Erlösung bedeuten würde.
Der Mehrzahl der Biertrinter ciirste
nicht bekannt sein, wo die Urstätte der
Bierlmeitung zu suchen sei. Von ge
wisser Seite wird angeführt, daß
Egypten als die Wiege derBierbrauerei
zu betrachten sei. Freilich dürfte das
damaligeGebräu keinen opfen enthal
ten haben,- wodurch erst schmact und
Haltbcrleit erzielt werden. Rußland
wird genannt, wo der Brau dem
Viere Hopfkn zuzusetzen, geii t sei.
Groß hält aber nach seinen Untersu
chungen daran fest, daß die Erfindung,
geljopftes Bier zu erzeugen, Eigenthum
deutscher Volksstämme sei. Die Welt
produktirn, welche alljährlich konsu
niirt wird, beträgt gegenwärtig im
Durchschnitt 2,000,000 Centner, von
denen Deutschland das Meiste liefert
1 nd verbraucht, wie denn auch dechlt
martt für Hopfen sich in Nürnberg be
findet, neben dem noch Saaz in Be
tracht kommt.
Schwur-eure Juni
Eine der Meeresbrandung langsam
. erliegende Jnsel ist die bretonrsche Jn
sel Sein, die an der Westtiiste des fran
zösischen Departements Finistere liegt
Die Jnsel Sein war einst, wenn sie
nicht gänzlich mit dem Festlande zu
sammenhing, nur durch einen schmalen
Kanal davon getrennt. Jm Laufe der
Jahrtausende hat die starke Brandung
des Atlantischen Ozeans zwischen Fest
lcnd und Jnsel einen bereits 2 Meilen
breiten Meeresarm gegraben und die
Jnsel selbst bis auf einen schmalen, nur»
wenige Meilen langen, felsigen und
klippenreichen Streifen zerstört, andem
sie fortgesetzt ihre zernagende und
unterspijlende Thätigkeit ausübt. Die
Reste von Ansiedlungen der jüngeren
Steinzeit, Gräberfunde und Menhire
beweisen, dafz die Insel in prähistori
schen Zeiten von Menschen bewohnt
war, die gruppen- oder familienweise
in Höhlen lebten. Zur Zeit der Römer,
die den keltischen Namen der Jnsel Si
zun in Sena verwandelten, aus dem
der heutige Namen Sein entstanden ist,
besassen dort die Gallier ein berühmtes
Orakel, dessen der römische Geograpb
und Kulturhistoriker Pomponius Mela
Erwähnung that. Zu historischenZei
ten war die Insel bald bewohnt, bald
unbewohnt. Der Ursprung der heute
drrt lebenden Bevölkerung, die seit
mehreren Jahrhunderten auf der Jnsel
heimisch ist« muß auf Festlandfischer.
Schiffbrüchige und vor allem auf See-—
räuber zurückgefijhrt werden. Jhr an
thropologischer Typus ist demnach vest
fchieden. Große, blonde fchmalnasige
Individuen wechseln mit kleinen, unter
fctzten, brünetten, lurznasigen. Da
neben trifft man auch mongolisch
schiefstehende Augen. Der vorbeu
schende Typus-, zumal bei den Frauen.
is.f der lateinische, der frei von allen
kritischen Einflüssen erscheint.
Its-IV
Wenn man nach Südoften aus dem
Hafen von Baku (im Kaukasus) hin
ausfährt, so kommt man nach einstim
diger Fahrt bei den Naphthabohrthü
men des Tatarendorfes Bibi Eibat vor
bei und wird von dem Vootsfiihrer auf
eine Anzahl von Punlten aufmerksam
gemach-t, an denen sich das Meerwasser
beständig in wallender Und wirbelnder
Bewegung befindet. Es smd Quellen
von Natrsrgas, wie man sie früher am
Ufer zur Speifung der parsifchen Al
tcirfeuetx heute in chemischen Fabriken
zur Destillation der Roh-Naphtha und
zum Kalkbrennen benutzt. Am Abend
entzündet der Schiffer mit einem
ncphthagetränkten Wergballen die
Quellengafe; eine hohe gelbe Flamme
huscht dann über weite Wasserflächen,
sich bald erweiternd nnd bald zufam
mensckywindend. Darüber hinwegglei
tende Dampfer löschen die Flammen
gewöhnlich wieder, so daß diese »ewigen
Feuer« heute dort nur noch in den Fa
brilen glühen. Jm Parsentempel wird
das »ewige Feuer« daselbst nur noch
auf Wunsch neugieriger Reisenden ge
gen ein kleine-E- Eintrittsgld entzündet;
er hat, da an der Stätte das Natur
gas versiegt ist, mit einer Zuleitung
versehen werden müssen. Diejenigen,
welche in ihrer Wohnung mit Gas
tochen, pflegen sich diese Steuer nicht
mehr aufzulegen. sic transir gloria
mundil kann man auch hier sagen.
denn die Parfentempel mit den ewigen
Feuern bildeten noch vor hundert Jah
ren eine große Sehenswürdigkeit.
VIII-l
Eines der wichtigstenEisenbergwerke
ganz Englands liegt bei der Hafen
stadt Barrowin-Furneß in der Graf
schaft Lancashire auf der nördlichen
Seite der Morecanibe-Bay an der Iri
schen See. Die Lager wurden im
Jahre 1840 entdeckt und haben zu einer
außerordentlichen Entwickelung der
Industrie Veranlassung gegeben. Es
ist daraus eines der größten Etablisse
Iiienis der Bereinigten Königreich-s ent
standen. Aber die Bodenschätze sind
nicht unerschöpflich und man muß all
mählich auf ihre möglichst gründliche
Ausnutzung bedacht sein. Daher wird
dort wahrscheinlich ein großartiges
technisches Wert entstehen, das auf
nichts Geringeres abzielt. als den Ei
senberghau unter dem Meeresgrund
fortzusetzen. Die Eisenerzlager, die
von erster Qualität sind, setzen sich nn
ter dem Meeresboden fort und schon
vor 10 Jahren wurde ein Damm aus
geworfen, um die See von den Minen
abzuhalten.
II- I- -s
Es sind neuerdings Versuche ange
stellt worden, die Keime ansteckender
Krankheiten, darunter Milzbrand, Th
phus-’und Diphtheriebazillen, dur
flüssige Luft zu zerstören, was jede
bei einstiindiger Behandlung erfolglos
war. Weitere Versuche erstreckten sich
ans den menschlichen Organismus-.
Bringt man flüssige Luft mittelst
Wattebausch auf die Haut, so wird die
betreffende Stelle blutleer und weiß,
bei sekundenlanger Behandlung ,eigt
sich schnell die Farbe wieder unter star
kem Blutandrange nach der Stelle. Be
handelt man eine Stelle etwa eine Mi
nute, so wird die Hautstelle wie Eis,
doch auch da kehren, ohne daß die Ge
webe Schaden erleiden, die Säfte ohne
besonderen Schmerz zurück, nur ein
vorübergehendes leichtes Brennen ver
ursacheno Nach Operationen bei der
artiger Vorbehandlung zeigt sich eine
schnellere Heilung ohne Eiter als bei
anderen Verfahren. Günstige Resultate
lieferten auch die Versuche bei verschie
denen Knochenschmerzem Gürtelrose
und Hauttrebö.