Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 22, 1900, Sonntags-Blatt, Image 10

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    - Osscmk Schr: «.·-Z«c!cief von
cizzie Hanfstenget
—
WeiL die Gäscht, wo selle mol bei
unser Dpening ware, iie wisse jetzt
Ill, daß es nur en Ecksident wor, wo
eysiippend is. Wisse Se, viele den
chuhr gedenkt, mer hätte en Drin an
e gespielt, awwer do is ja gar nit
ron zu denke; met wein doch nit in
tenschtonellie unser BisneH speule, so
suhiisch sin met nit. Der Christ hot
e Nohtig in den Pepher printe eloßt,
baß Jeder sei Geld, wo er for tin-it
tcns gespend bot, redulir tun-we könnt,
cwioer nit Käsch, sondern in Print-«
Die metschte sin tomme un mer hen die
Noch e Bis-ones get-ahn, wie anno acht
undserzig, answer Geld is doch keins m
den Käschorober komme. Well, met sin
roh gewese, daß die Such den Weg ge
eti is worde. Der Phil hoi vie
hohl s an sechs Sasseiethees ver
rent « Lahdschruhms sin noch mt
fertig uffgefickts, mower mer hen schon
rohe Rachfrag noch gehabt un ich sin
schnhy wann vie Ruoms fertig sin,
dann gehn se ab wie hatt KehtT So
veit todt at o das Enterpreis ahlrecht,
locker per hil fäng schon on zu tickr.
isse Se, et gleicht nit, daß ei fest e
henig mehr zu schaffe hot un do kom
klehnt er immer, daß er miid un aus
einotre is. Jch geb awwec nicks
-rum, es schad seim saule Buckel gar
icks, wann er e wenig schaffe dahi
r Wedesweiler ver tieft schon die
Lanze Zeit an mein-. Alte, daß sei Bis
eß arig gedemmetscht wär, seitdem
it die Hahl geretsst hen; oif Koht"5,
in beste Kommen ver Phil, duht
tzt nit mehr so oft k)ingehn, anwer
us is ganz gut, mir brauche doch den
Wedesweiler un sei steilische Frau nit
Allein zu suppohrt-:. Er Duht den Phil
in einemforä tiese, Daß et ihr. dag- ganze
Visnes liese sollt, e: könnt Sonn ganz
iesig den ganze Schuijiingmäisch allein-s
ronne un der Miit braucht sich rann nit
zu vattere un könnt jeden«Zi-i·ionot sei
Rein tollelte Das-H hätt off Lohn-«
meint alte Siopohl so recht gepaßt,
zier ich den auch noch e Worthe mit
fuspreche und dont jun ferqett it. So
ang ich do sin, duhn mer do- Bis-ne
nit ufsgecve. Awwer ich Dei-»le, ich muß
zu guter letzt doch noch mein Meint
lschentsche, denn gewkoe Se emol acht,
zoas ich ausgefunne nen. De anncte
Dag schickt mich die Weoesioeilern
Wort, ich sollt emoi den Abend zu ihr
komme, sie hätt ebbes mit mich zu
Beche. Was werd dann das sein? hen
zu mich edentt, owloer ich wer'n ja
aus-sinne· m Obeno irie ich mei Di
sechs gewasche un mich grad rettig ge
macht heu, sor zu die Mifius Werts
weiler zu gehn, do is se selbst zu mich
irgs«HouS kommst ;ch hen gesägt:
i-« L-—
He euo, wo totnmicm o-: nn ou yet, JJi is
Medeoweilen grad ebe den ich zu dich
komme wolle. " »Es-; das so,'« hol ie
sagt, »well ich hen gede. it, mir besser
nemme en kleine Wabk bitahs ich jin
rfftehd, mer sm heim iei uns nit ser
genug un auch in dei Haus nii. von
wege die Mos. Weg ich oich awtver
Tage will, das derf Niemand nit l«,«otn,
ae muß zwische mich un dich bleiivr.n
,.Ahlrecht,« hen ich gesagt« »ich iin in e
Minnii kettig ich mich blos noch e we
nig mei Haar körle Die verdollieLaus
buwe hen mich jetzt widder mei Kor
lingeiren weggenomme Ich sage rich,
sor die Feger do is nickz schi. « Schließ
iich henn ich B doch noch aefunne un hen
mich so derbei geeiit, daß ich mich an
itsie rechte Seit von mein äiopv die
Haar all abgebrannå ben. Die We
desweiletn sagt, daz dehi nicks aus
mache, heitzudag wär ases in SieiL
Davon hen ich answer nicks wisse wolle.
Die Missus Wedesweilet bot mich ge
jkagi, warum ich denn Teine Ratt iuhse
seht Sell hot mich awwer doch or
dentlich en Schock aeiiwe Jch kann
nämlich die Viehchek njt Vettnuische·
Sie sagt awwer, sell war ahlteit, se
wollt mich emol ihre Ratt zeige Im do
bot e mich ihren Kopp hingehalte, bot
vie aar auseinanner gemacht un hot
mich so en wolli e Stoff gezeigt; sell
wär, was mer ait rufe dehi un jede
Lenng wo.ebbes nff Sieil gewswe
fängt nit miiaus e Ratt duhn
war n froh, daß es keiner- wirkliche
it war; awwee so e Ding muß ich
Manch Siege. Dann sin met losge
schon-e un wie mer an die Siriti ware,
agt die Missus Weins-weilen se
wot jetzt enwi sage-, was se vor
Er N den e Weisheit-i kriegt, bi
Ziiäscmn effkehd zieme e, die We
hätt Neue e S vor, wo
ich w End nit feequ hätt, denn ich
s , E me zm us qui-;- uet mi
M w fM Die BEDI
Unwscgtzw se W m
, - WMMMJMMU
ebn, se hätte alles in ihren Plcs
Frucht un hätte N genas-mitt. Mc
mand niets W su sage, bis den
Dag, wo se siarte wollte. Weil ichuinuß
sage, ich im surpreist gewese un set e
ganze cweil den ich tei Wort sage
könne. Jcst wo der Phil noch nit lang
zerict von Saut Asriteh is, do will er
schon widder fort. Ei tell jud, iell lzot
mich mähd gemacht. Die Ycissus
Wedesweiler hat gesagt, sie hatt en
Eidie un das wär, daß mir kein Wort
sage dehte um warte Iebte, bis die
Mennsohts fort wäre. Sobald als
wie se e paar Daa ans die Zittie sin,
dann dehte mir auch gehn un zwar
auch zu die Weltsfehr. Mer könnte
dann ganz iefig unser Männer watsche
un zu guter letzt del-te rner se surpreisr.
Was mache mir awwer mit unser Bis
nes, hen ich gefragt. Die Wedesiveiiern
yot e wenig nachgedentt un dann sagt
se, ich hätt doch en geheikathe Bub, den
Karlie, der könnt das Bisnez ganz
gut for uns ronne un er wär auch
annest, so daß mer ihn troste könnte.
Bei Galle, an den Karlie hen ich gar
nit mehr gedentt. Es- tommt doch arig
bändig wann mer en geheirathete Bub
bot. Weil mir lzen noch selwige Nacht
ausgemacht, daß mer gehn wallte un
daß Niemand e Wort von eriahre sollt.
hen erscht nickii pranunisse ewollt,
ditahs ich sin esfreht gewese. « könnt
mein Mund nit halte: answer dann hen
ich doch gesagt, Wedesweilern, hen ich
gesagt, ich prammisse dich, daß ich zu
Niemand nicks sage will un mir zwei
mache den Tripp zusammen, ich gehn
motge sriih zu den Fiarlie un finne aug,
ob der uns das Fehwer duhn will, ich
denke, er ruht. Die Missus Wehes
weiter war seitisseit un dann sin mer
keim. Mein Alter hat :-·ar nit genah
tist gehabt, daß ich fort war, der hat
bei dem Wedesweilet gedeckt lBon die
Seit hen ich keine Angschft daß ebbes
ansgesunne werd. Wann ich nor mei
Maul halte kann. Mit beste Riegardg,
Lizzie HansstengeL
Das erlösende Wort.
Erzählung von M. Bernstein.
Ein Sonnenstrahl sällt eben aus
das Biid des tleinen Willi aus mei
nem Schreibtisch, Robert und Elarcks
Kind, und Sonnenstrahl hatte sein
Vater den herzigen kleinen Kerl immer
mit Jnni teit und Ueberzeugnng ge
nannt, be anders aber seitdem er mehr
diplomatische Kunst entfaltet, als alle
Diplomaten Europas zusammen ge
ncmmen.
Robert und Clara waren schon sechs
Jahre verheiratbet und hatten sehr
glucklich gelebt, bis im vorigen Som
mer der Versucher tun in der Gestalt,
in welrte er sich bei seinen schwierig
sien und aesiihrlichsien Unternehmun
gen kleidet: in Gestalt eines schönen
Weibes-. Eine russische Gräiin, die in
ihrem Vergnügen reist nnd die Wert
siatten aller berühmten Künstler denn
sucht. So loinmt sie auch in Robertks
Vliislier. Ein, zweimal, dreimal .....
Und Robert sah in ihre eiaenthiintlich
dunklen Augen« bis die blauen Aug-n
ter Frau Clara einen Bries sahen -- -
und denn nichts meer sahen, weil
Ihr-Einen ein zu dichter Schleier find.
Thränen der Liebe sind besser, als
Weihwasser, um aus einein edlen Her
Zen — und das hat ja Robert s— den
« ensel auåzutreiben Robert tiindigie
dem Teufel die Freundschaft und die
ser reiste mit einein Schnellzuasbiltet
erster Klasse nachdem Süden. Aber
Frau Clara war zu ties getränkt, um
so schnell vergean und vergessen zu
lit.nen. Sie wcllte anch abreiien —
zu ibrer Muttir. Robert bot, sie
; weinte —- und blieb bei ibrein Ent
« schlnsse. Da meinte er, nun genug be
reut und um Verzeihung gebeten zu
haben; sie durste nicht unerbittlic
xeirh und schließlich ward er böse, daß
eine Frau ihm nicht vergab — und
sie hätte ihm vergeben, wenn er nicht
darüber, daß sie nicht vergab, böse ge
worden wäre.
Es war ilso beschlossen: man wollte
sich trennen. Aber das Kind? Clara
wollte ej mitnehmen. Das gab Robert
nicht zu; er wollte seinen Sonnen
strahl behalten. »Gut. Lassen wir es
selbst wählenl«
Robert war in seinem Zimmer,
Clara in dem ih:igen. Willi spielte im
Wohnzimmer. Mit dem Postng
Abends 8 Uhr 25 Minuten wollte
Clara abreisen.
Es war Nachmittags 5 Uhr. als
sie die Thitr ihres Zimmers öffnete.
Sie rief den Kleinen, um zu son
dern, wie er wohl die schwere Frage
entscheiden werde. Die Frage sollte
eigentlich der Verabredung gemäß erst
kurz vor der Abreise gestellt werden.
Aber es ließ ihr keine Ruhe. Sie war
nicht fähig, ihre Sachen ordentlich in
ten Kosser zu backen. cIhre Gedanlen
nich-u nicht bei ihr; sie wandten sich
immer zu dem Kinde. Es hatte sie
lieb, gewiss; aber ei hatte den Papa
auch lieb. Ja, der Papa! Was er
wohl that?» Was er wshl dachte? Es
Seht ihm nahek, als er zeigen will, der
rosige! Xa siht er am Tisch-, das
»Ist in d nd gestühh so traurig.
a einen In liegen ein paar zer
ochene Spie soeben Er tollte ja
immer so herum mit seinem Sonnen
strahl-, dass Jllei each · . . Do lie
R H- Mt M rben zerbrochenen
W. Aber —- sber saß er nicht
Mk c- dikesm Atti-. old er gegen
Use- riiik akgsweem ki« seit-I
- « « III ·
Mär- Stimmdiåren MY.ß J h
- « er u o e
- Buts- etsaneu stehet-. Ei
l
W
" ask-tu .
sinnt stumm MM M « «
Ver Meine, sein Steckenpserd in
der hand, blieb verwundert in der
Mitte des itnmers stehen.
Hörst nichts sagte Robert
strenge. Jch habe Dich gerusen, lomm’
hierher. «
Komm’ zu mir, Willi. sagte Elara.
Romas zur Mama
«Sie hatten seit zwei Ta en nicht
mit einander gesprochen. un redete
er sie an. Sein Blut wallte. Eine heiße
fängst überlam ihn plö lich; es war i
ihm, als dürfe er das ind nicht las- l
sen, niemals sum keinen Preis-; als
» miisse er sterben, wenn er das Kind
. verlöre.
« Was soll dasi rief er mit heisere:
Stimme, einen Schritt vortretend.
Du brauchst ihn nicht zu überreden,
·Du brauchst ihm leine Geschenle zu
geben« das ist nicht ehrlich, er soll siei
entscheiden. « «
Du verräthst nur Deine eigenen
schlimmen Gedanken. Ich habe ihm
nichts geschenkt. ich habe ihn nicht
« überreden wollen. Ich habe ihn nur
; sraaen wollen.
« o frage! erwiderte er dumpf.
; Jch The spitz Milli, weit, weit fort.
? Willst u mit mir gehen?
’ »Er ritt aus seinem Steckenpserde zu
ihr hin an die Thüre, und sagte:
»Ja.
Mit stiirmischer Freude wollte sie
ihn an sich ziehen. Aber sie sah, wie
der Mann da drüben so bleich ward.
Er winkte den Knaben zu sich: der
ritt hinüber. Golden wie ein Son
nenstrahl, zog er durchs Gemach, von
einer Thiir zur anderen, oon einem
Herzen zum anderen. Und Robert
r
aågc
illst Du beim Papa bleiben,
WilliZ Willst Du brav sein und beim
Papa bleiben?
·a, sagte der Knabe.
ie stürzte zu dem Kinde hin und
« aus die Kniee sinlend, schlang sie die
s Hände um seinen Hals und tiißte es:
» hast Du mich lieb? Willst Du mit
l mir gehen?
I »Ja, Mdma
! Sie sprang triumphirend empor und
I hob es aus ihren Arm.
s Robert näherte sich ihr. Er streckte
J die Hand nach dem Kinde. Er mußte
» sie mit umfassen, um das Kind zu hal
i ten. Aber er achtete dessen nicht. Was
l bedeutete es auch? Er iiimpste nur um
H sein Kind, nicht um das Weil-· Ob,
s er glaubte in diesem Augenblicke ties
Weib, das ihm sein Kind nehmen
wollte, zu hassen, wie nichts anderes ;
auf der Erde. ;
Und mich, Milli? Willst Du bei .
mir bleiben? z
Za, Papa. i
»ast Du mich nicht lieb? sprach sie. E
Und bebend, wild· wie im Wahnsinn,
setzte sie hinzu: Hast Du mich nicht
lieber?
Das Kind ward ängstlich, seine
Augen füllten sich mit Ihriinen Es
sagte wieder: »Ja.'·
Hast Du mich nicht lieber? Hast
Du mich nicht lieberals —- er ivollts
sagen: die Mama, aber er brachte das
traute tosente Wort nicht über· die
Lippen —- alg sie?
Ja, weint-.- das Kind·
Sie zitterte, sie glühte: aller Trotz,
alle Kraft, alle Leidenschaft war ent
fesselt« Wie schön sie ists bli te es
durch sein tobendes Hirn. « ber sie
war die Todseindin die Kindegraus
berin Kansas, Kampf bis zum
Todes
Mich hast Du lieber! schrie er.
Mich! rief sie dem weinenden Kna
ben zu.
Der hatte einen Augenblick des
Trotzes.
»Mama bös, Papa bös-I sagte er.
Dann wieder, da beide ihn mit Fra
gen drängten, wen er lieber habe, sagte
er endlich:
»Alle zweit«
Wie ein Blitz siel das Wort in die
beiden verdüsterten herzen, ein jeder
erschrak vor der eigenen Finsternis
und ei ward Tag darin. heller Tag.
Nokertl rief .Elara!« und Elara
rief »Ur-Ott« Und dann sanken sie
einander in die Arme.
Der Postzug ging ab, genua im
arg Uhr fun undzwanzig Minuten.
A r zu dersel n Zeit saß Elara neben
Robert aus dem Sobba rm Wohnzim
mer, Hand in Hand, und im Zimmer
spielte, obwohl die Sonne schon längst
untergegangen, noch ein Sonnenstrahl.
Er ritt sogar aus einem Steaenpserd
herum, nnd sie sahen lächelnd zu, glück
elig, versöhnt durch ein Wort des
ndes, ein einsiiltiaes aber« patheti
j seh-C vom Himmel ein-gegebenes Wort.
C
Getreu bis zum Tode.
— .- »sp
Auis dem Leben von B. Hoff.
einander unaussprechlich.
Sie hatten jkdes Spiel in ihrer
Kindheit« gemeinsam gespielt, jede Be
gebenheit zusammen erlebt.
Wenn sie Cirius auf dem Boden
des Hauses spielten, war sie Mjß
Flora in den graziiisesien Stellungen
auf dem Schauselpierde und spielten
sie Schiff, so war sie sowohl Koch wie
Matton Sie that alles, wie er es
wollte. Sie hatte freilich große Angst
davor· mii dem einen Bein im Trapez
zu hängen, und wenn sie »Konditorei«
spielten« hätte sie viel lieber mit der
weißen Schürze hinter dem Tisch ge
standen, statt immer hinter der spani
schen Wand Das Gefchirr abzuwaschen
Aber sie mußte ja doch immer Jo
wohl rnii den Beinen im Trapez him
qen als das Geschirr waschen. Die
Knaben vom Vase applandirien gar
Url, wenn Deinrich sie im Trape -
sprung auffing, nnd wenn sie Lan
W
totei spielten, konnte Heinrich
wirklich nicht die Tassen abspiilen.
Sie verrichtete stets die geringfügig
sten Dienste, und einst, als sie Kern« -
die spielten und sie ihre Sache so
« hübsch gemacht hatte, da tain sie, Hein
«« rich an der Hand nach sich ziehend,
beraus, und ntit weinender Stimme
nnd darin-bitten Wangen tief sie zu
dem Publikum heraus-:
»Aber er bat’s geschrieben!'«
Am Sonntag beim Nachiisch weil
ten ihre Anaen unablässig aus dem
Kuchen, während et angeschnitten
wurde· und wenn sie sich das thßte
Stück aemertt hatte, zeigte tie aus
dassele und sliijierie ihrem Bruder
zu:
»Das sollst dn nebmenk«
Als Heinrich sich zum Examen vor
bereiteie und Student werden sollte.
machte sie deci Nachts ——--- und wenn sie
bemerkte, daß sein Kopf zu nicken und
über das Buch zu fallen anima. be
zwana sie ihren eiaenen Schlaf und sie
überdörte ihn, und lachte und erzählte
ihm Geschichten.
So liebte Hildegard ihren Bruder.
Doch ietzt war sie ltani, sterbend.
Die entietzlichsten Schmerzen des eben
niatischen Fieber-i nagten an ihr. Mit
dein Kopfe zur Seite geneigt, bleich,
laa sie ächzend wie ein kleiner Vogel.
Es waren nur die Augen, die noch
Leben verriethen. Sie waren schwer
und brannten schmerzenv.
Aber sie schrie nur selten. Dann
aber entrang sich der wimmernde
Schmerzensruf ihren Lippen, der
Anastschweiß trat aus ihre Stirn und
sie fliisterte ganz leise: »Ihr seid nicht
böse, nicht wahr? —- aber es thut gar
IU WIL« ,
Und als die Mutter sich über sie
berabbengte, fragte sie mit schwacher
Stirn-ie: »Nicht wahr, Heinrich ist
nicht zu Hanse?"
Denn sie wollte nicht schreien, wenn
er daheim war.
Er trat an ihr Bett, angstersullt, «
nnd er sah aus ihr Gesicht. das der
Tod bereits gezeichnet hatte, und ob
gleich ihr jedes Wort. welches sie
sprach, Schmerzen verursachte. sagte
sie doch:
.O, mir ist ganz gut.«
Dann tam die letzte Nacht . . .
Ueber dem ganzen Hause lag das
drückende Schweigen, das sich über
alles legt, da, wo der Tod erwartet
wird.
Jm Nebenzimmer saßen die ande
ren. Die Mutter war die einzige, die
an ihrem Bette wachte·
Hildegard war zurückgesunten
Unter Lidern lagen die gebrochenen
Augen« wie zwei Sterne, die erloschen
sind. Sie sah nichts mehr. Aber mit
unter schüttette der Todestamps ihre
aebeiniaten Gtäeden und sie schrie
laut aus«
Gegen Morgen erhob sie sich pros
lich mit einem Ruck im Bette und mit
einem geltenden Auftchrei fuhr sie
mit der Hand zum Herzen ——— dann
siel sie zurück.
Heinrich eilte zu ihr herein. Er
alaubte, es sei jetzt vorbei. Aber als
er am Fußende des Bettes stand, zit
ternd, als ob er selbst vom Tode be
- rührt sei, der an ihm vorüber schritt,
; da schlug Hildegard die Augen noch
einmal aus und erkannte ihn.
Zuerst lächelte sie —- sie erkannte
ihn! Aber dann sagte sie: »Bist du
hier? Weshalb bist du nicht zu Bett
geaangeni Geb·, du darsst mich nicht
sehen."
Und als Heinrich gegangen war,
lehnte sie sich an die Brust der Mutter
und fragte: »Weshalb sagtest du mir
nicht, daß er hier sei? es thut ihm so
weh. wenn ich schreie· Geh hinein zu
ihm und sage, daß mir jetzt viel besser
it.« -
Der Krampf nahm zu, er schiittelte
sie entsegtich Aber die Augen aus die
Thür gerichtet, lag’ sie ruhig da, ohne
zu schreien. Und die Todesqual ent
lockte ihr nicht einen einzigen Seufzer
. . . es würde ihn geschmerzt haben.
Schließlich bat sie darum, ihn zu
sehen. Er iarn herein, vermochte aber .
nicht zu sprechen. Sie erhob mit einer T
leisten Kraftanstrengun ihre ge
triimniten Arme und s lang sie um
seinen hals.
»Meine nicht« mir ist wohi.« Dann
sank sie zurück.
Sie lag todt, den Kopf zur Seite
geneigt, tote eine Blume« welche ge
-tnickt worden ist. Sie war unter sei
ner letzten Liebtosung gestorben.
Ists
Weshatb wissen die Dichter nur sa
wenig von diesen tleinen Existenzen
zu erzählen, die doch in Wirttichteit
so rührend groß sind? Warum spre
chen sie gewöhnlich nur von Leiden
schaften und nicht von Entsaguan
Die Entsagung iebt und wird nie
mals sterben, denn tie ist der Liebe
wahres Kind. . . .
] W
Das Ende.
Skizze von Minnie Lösch.
Nur heute Abend noch und dann
Schluß. Ja, nur noch einmal woll
ten wir zusammen sein« —-— Sie hatte
es nicht geheilt-eh daß et heute schon
gpactt hatte, nein, Alles sollte so blei
n, nur noch diesen einen, einen
Abend, wie es immer gewesen war. —
Cr war Offiziee und hatte sie aus der
Straße kennen gelernt. —— Die erste
Zett. als et mit ihr »He sagen's hatte
er sie nicht anders bei-an It, als alle
- die anderen, mit-denen er in seinem
W
Leben zusammen Agetan-knien toae, aber
ihr bescheideneö sen, ihre eminen
lose Liebe zu ihm datte mit der Zeit
ein-as mit ihm erweckt, was die Men
schen wohl Liebe nennen mochten. —
Ja, er hatte si: lieb u. morgen sollte er
satt; fort, aus diesen vier Wär.den,
die iiir ihn eine Welt voll Gliili de
deutet hatten. Wenn sie lam, mit ih
rem rolhbraunen Lockenlödschen, den
chwarzen Augen und dem silberbellen
act-en, da meinte er, es tönne ihn
nichts, gar nichts von seinem Lorchen
tiennen, und nun? —- Sein Vater
wünschte es, dasz er nach der Haupt
stadt kommen, seine Edelsinn die ietzt
reich und unabhängig wars heirathen,
und eben durch diesen Reichthum Car
riet re machen sollte, und er « er war
zu schwach, um dem Alten ein »Nein«
enegeaenzusetzem Geld besatz er nicht
genug. um unabhängig von rer Welt
zu leben, und so mußte er fort. —
Heute Nachmittag war er noch mit
seinen Kameraden zusammen gewesen
und hatte gesagt, dasz er am Abend
reife, um noch einmal mit seinem Lor
chen zusammen zu sein. Ja, sein Lor
cken, wie würde das arme Kind es
ertragen — ja wie? —
Eb tlopst unt sie tam in demselben
Kleid, indem er sie »dann-ele« tennen
elernt. Lächelnd wollte sie ihm den
und zum Kuß reichen. aber so tapfer
sie auch die Thränen zurückdränaen
wollte« sie lamen und rannen ihr iiber
das bleiche Antlihz sie lehnte ihren
Kops an seine Wanqe und weint und
weint! —- Und nun spricht er u ihr,
wie man zu einem Kinde spri t, sie
solle doch etwas essen. Doch sie läßt
alles unberührt und schaut ihn nur mit
Augen letzten Glückes an. Dann läßt sie
den Blick durch das Zimmer streifen;———
er hat zartsiihlend noch nichts entfernt,
damit nichts sie an seine Abreise erin
nerte und sie bittet um diese oder jene
Kleinigkeit, die er ihr zum Andenken
lassen soll. —- Er niett nur« sprechen
lann er nichts, ihm ist so feierlich weh
äu Mut , wie noch nie in seinem Le
en. — ie ist in seinen Armen einge
schlasen —- ruhig geht ihr Athem, nur
zuweilen bebt ihr Körper. vielleicht
dentt sie an ihn. —- Er betrachtet sie,
tisßt sie aus den Mund und die Augen
und sie, noch halb im Schlus, lächelt
ihn·an.
.-. —- -,.«
Es war schon neuer Lag, nn- core
erwacht; sie steht leise auf. Sie weiß
ja, was er, der nun bald kommen
n-iid, gerne bat, sucht den Kasfee, ord
net den Frühstiickstisch. —- — Er
kommt —- um letztenmal! Um 10
Uhr geht sein Zug. —- Es ist ihm wie
ein Traum. «- Nun sisen sie am
Tisch, sie berührt keinen Bissen, schaut
ihn nur unverwandt an. —— Es schlägt
einmai zehn Uhr und er muß satt. —
Sie sei-en sich an, wortlos — stumm
innscklunaesn halten sie sich, Mund rsn
Mund! s— Eng aneinander geschmieat
sitzen sie in dem Wogen, der sie ur
Bahn führt, Hand in Hand. —-- ·- er
Zug steht schon zur Absnbrt bereit, —
ihr grau t, als sie ibn erblickt, er will
ihr das tiebste nehmen. — Das Ab
sobrtssignal ertönt, ein letzter Hände
drun, dann setzt sich der Zug in Be
wegung. So weit als es ihr n««öglich,
sieht sie dem Zuge nach, da, est biegt
er um die Ecke und jetzt. ist er satt; ihr
ist, ais ob ein Etwas in ihr gesprungen
wäre, sie weiß nicht, ist es ibr herz,
aber dann wäre sie ia todt und sie lebt
ja noch! —- —- —
Acht Tage später styi er in seinem
neuen Heim beim Frühstück. Jshm Ist
nach so wüst im Kopfe von der gestri
en Gesellscha t, es ist doch ein anderes
seben in der uptstadt. Da bringt
sein Durst-feinen Brief ; er ist von set
nem Freund. Beim Oeisnen des Brie
Iec fällt eine Zeitungznotiz heraus-; er
iest und erbleicht! —- .Gestern Abend
spranä ein HEiniges Mädchen in den Ka
nal. lle ettnngsvetsuche blieben er
soglas. Es war, wie sich später heraus
Mth die Buchbalterin Leonore B.
s sie zu diesem unseligen Schritte
geführt hatte. ist unbelannti« —- Un
etannt, ja, unbekannt siir alle Welt —
ee und sein Freund wußten, weshalb
sie es gethan. —- —
Durn f wallt es in ihm auf, turzes,
Balgl es Wehren dage en, dann
t ee den Kopf in beide "nde und
; we ni, weint. — —- —
»O icnins’, Sonne, komm’!
Aus dein Buche der Gräsin Lamme-.
Die Beichte einer zartbesaitetenSeeie
ist es, welche aus den- bereits ern-Linn
ien. eben erschienenen Buche ver Grä.
fin Stescnie Lonyay, ehemaligen öfter
reiebischen Kronpiinzefsim spricht.
«Gedaniensplitter, Erlebnisse unt
Eindiiicke« nennt sich das Buch, das ir
drei Sprachen, deutsch, srnnzdsifch uns
englisch, Stincmungäbilber, Gedicht
etc., ——-· kleine. reisende Gemeinw
chen enthält. Aber es spricht aus ilmer
entsagungsvolleö Leid, tieieBetiimmeri
nißx nur biet und da sprengt ein freu:
diges Ausblitzen die Fesseln. Gräfir
Lenyan hat das Buch ihrer Schwestei
»als Erinnerunqsqabe an gemeinsan
verlebie Tage im Süden« gewidmet
»Daz Einzigh das dem Leben Wertl
Lebt, ist die iebe zum Ideal, zun
·nen, zum Wahren«,sbeißi es i
ben einleitenden Zeilen des Buches
und an dieses Wort tniipien sich nur
fetäende Betrachtun en, die wie ein·
Lc userfabrung a sieben:
»Don ganz junge Leute ——--—
sehen sich zum ersten Male, kennen sicl
seit einer Viertelstunde. und sprechei
bereits das bindende Wori, welches be
Tod allein lösen tann.«
Ist das nicht eine deutliche Anspie
lum- aui die erste Benennung mit den
Graer Elemer Lonvant
v ,
«Wenn man es in einein Titanias
lesen sollte,« beißt es weiter. »so wit
den die Menschen die Köpfe schüttelt
i und sage-it »Wie übertrieben! So et
was passirt in Wirtiichleit iiicht!« —
i — —-- —- Udek es passiii doch nnd fes
hansig wie das Leben überhaupt re
oit mit trasseren atbisn malt, ais di
Feder des Schristtellers. Das Schick
sa! wirbeit seine Milliarden von No
mcnfiguren auf dein Erdball iii tolle-s
Laune hin und her, es fiaat nicht«
wird man es mit auch aiauben, was
ich diesem oder jenem antbue9 ·- Es
handelt --— es leat seine handelnden
Personen nicht in das Proiiustesbett
einer Zeitrnbtunq, es schiiiat heute wir
gestern schwere Wunden nnd taucht sei
nen Pinfel ties in das Herzdlnt der
Menschen, ohne lang zu trag-n, ob ein
Häuflein tvandelnden Stande-H nher
sein Eingreifen in die Geschichte der
" Welt zu Gericht sitzen wird oder nicht.'·
Wie so eigenartig liest sich sotaeiider
Passns, der uns die Person der Anm
rin wohl deutlich genug zeichnet:
»Ich bedanke« nicht in einfacher Uni
gebung am Meeresstrand geboren zu
sein, in einem kleinen Fischerdorfe, weil
man da näher dem Frieden nnd Glücke
ist, ais in unseren erhöhten Stellun
gen, unserer coniplicirten Gesellschafts
Des Giiici ist in der Natur« was
rns von ihr entfernt, entfernt uns von
ibin.« Nicht minder rein persönlich
find auch diese in französischer Sprache
niedergeschrielienrn Zeilen:
»Es giebt Leute« die schwer verwun
det worden sind in Kämpfen, deren
Existenz sie vordem nicht lannten;
Leute« die einen wahren Betrug erfah
ren haben, bitteres Leid, und die das
Feld ihrer Kämpfe verlassen wollen«
wie man eine Liebe flieht, die getäuscht
hat — —- man ist froh zu scheiden, nno
trotzdem zerrissenen Herzens . . .!«
Weiter: »Die Neigungsheirathen
nehmen im allgemeinen eins-böses Ende«
man begegnet ihnen nur in Nomanenx
die Sympathie genügt,'· sagt man. »uni
eine glückliche Ehe berbeizusiihren.«
Jch bin nicht eben dieser Meiniing.«
Das läßt ioohl an Deutlichteit nichts
zumipiinschen übrig. »
k ,!,«,
»
quji mrnoec oruruw uns- uuup mag
andere Auelassungem wie etwa:
. »Dente ich des Vergangene-n trage
Ich mich, ob ich gelebt habe oder ge
träumt! Jn einem verfehlten Leben
regt sich mitunter tief im herzen die
Sehnsucht nach etwas Unbekanntem.
unendlich Süßem, nach dimmelstiir
mendem Glück, das man ahnt nnd doch
nicht mehr erreichen kann. Da gehört
ein eisenstaeter Wille dazu, um den
tot-enden Schmerz in der Brust zu be
toältiaen und niederzudriieteni . .. Es
ist etwas Grausames darin, in dieser
Welt hinzunehm, umringt von dem
Neide der Anderen!«
Auch ihres Kindes gedentt sie, dem
sie ein französiiches Lied in Proia wid
met, s-« ein dnftige5, zartes Blättlein
voll tiefer Ergrifienbeit. Gleich daraus
aber klingt uns der Schrei entgegen:
»Die Standesvorurtheile sind im
Grunde genommen verächtlich; und
doch, wie ost vckblutet das arme Her-.
um den engherzigen Gesetzen der soge
nannten Convenienz und Sitte gerecht
zu werden, selbst um den Preis des
ichtversten sters.«
Und nun gar die Klage:
»Eltern. Freunde, alle verlassen mich
nach und nach. .. Zwei Dinge sind
rinzenlosx der Horizont nnd die
ummheit . .. Das Glück bindet sickt
nicht an die Krone und Thron. Seine
blaue Blume blüht nicht nur auf her
Höhe, sondern oftmals im weltentriieb
testen Thal . . . Die Unanade hat eine
Zwillinaöschwester, sie heißt Ungerech
tigkeit; beide neben oft, leider sehr ost.
Hand in Hand . . . Man vergißt nie.
wenn man nicht den Muth hat, mit
seinem sriiberen Leben entschieden und
sitt immer zu brechen!«
Gerade diese lente Bemerkung zeigt
uns ganz und aar die Gräfin Stefanie
Lonyatn so« daß man es erst recht be
gzteisn wenn sie dann zum Schlusse
et:
»O tomm’, Sonne, tomtn’! Du tin
delt eine arme, sast verweltte Rose, von
weicher die schwere band des Schick-t
sals die Dornen absireift!«
—.--—
«
Als der im Sommer 1870 verstor
bene holzichneidet und Schriftsteller
Friedrich Wilhelm Gubitz lgeboren
1786) schen im Jahre 1805 zum Mit
glied der Alademie der bildenden
Künste in Berlin ernannt wurde, er
regte dies den Neid vieler anderer
Künstler, die nach einer gleichen Aus
zeichnung schon lange vergebens ge
strebt hatten. Dem Hektornmen e
miisz erhielt Gubitz bei seiner Einf« h
r1.n«a in die Atademie von einem Mit
gliede feinen Platz angewiesen. Dies
war der Prosessot Friedhoif, der ein
lehr geschickter Kupferstechec, aber ein
ertlötter Feind ver Holzschneidelunit
war. Als er daher dem neuen Mit
gliede seinen Play anwies, — sagte er:
»Hier, herr Gut-itz, ist Ihr· Stuhl; er
ist freilich nur ganz einfach gearbeitet,
doch ausschnitzeln können Sie ihn Ia
leihst nach Belieben.« —- »Jch bin le n
Freund von unnützen Schnörleieien,«
verletzte Guditz, »nur das Ungehobeite
lcnn ich nicht lHeide-ist«m
»Dividendendenvalri.oliörnuö« ist
drüben in Deutschland ein neues Wort.
Pier hat es noch keinen Eingang ge
unden. Die Sache, die« es treffend
zeichnet, haben kir tschodn !a·.1gst.
Kaum ist der Burenlrieg halbwegs
zu Ende, gehks auch lchon in Oitasien
wieder las. Bald wird ed sich lohnen,
eine Schule tut Krieascorrespondenteu
zu eröffnen.