Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 08, 1900, Sonntags-Blatt, Image 11

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    I
Aus-te Läusen appet- Sittku. (
VonEonradAlberti. :
Die Zeiten sind vorüber, in denen
kder Deutsche nichts Besseres wuß
te, als ein Gespräch ·von Kriegt und
Kriegestagem wenn hinten wert in der
Türkei die Völker auseinander schlu
gen. Das Kannegie ern aus der
s Bierbant hat längst ein Ende genom
men; wenn Deutsche sich zu trauticher
Aussprache beim braunen Münchener
versammeln, so sind es gesunde, reelle
Dinge, über die sie sich unterhalten.
und tommt die Rede heute aus« dr-.
Türkei, so sprechen sie von den Eisen
k bahnen, die dort deutscheö Capttal und
L deutsche Arbeitskraft in’S Leben ·ruseii,
und Jahrhunderte lang vernacthlsstgte
Gebiete der Cultur zuruck zu gewinnen.
Wir hatten lauter Junggesellen st
her einen Stammtisch in einem Pri
. ·ener Restanrant in der Friedrichstadt
n Berlin. Die meisten Theilnebmer
aren höhere Angestellte eines großen
xporthauses siir Bahnanlagen. We
ige waren darunter, die nicht ihre
roße Ueberseereise hinter sich hatten-—
heute verschwand Einer und lam nach
einem halben Jahre aus China oder
Honolulu mit einem Sack voll Erin
" nerungen wieder. Das gab heitere
S lauderstunden! Und der Grundtext
er Unterhaltung war immer der glei
che: Andere Länder, andere Sitten.«
Bist Du in Deutschland Gast eines
Hauses, so lannst Du Dich bei dxr
Faussrau nur beliebt machen, wenn
« in eine kleine Mageniibersiillung rig
tirst; so gut meint "ie es bei Tir, unt
· Du mußt ihrer Ko tnnstEbre antbun
In Spanien hüte Dich ja, den einn at
gereichten Teller zu leeren, vergiß nich-·
ein kleines Restchen übrig zu lassen,
denn sonst wärest Du dort ein Mensch
ohne Lebensart, der die Hausfrau an
lagen wollte, sitr ihre Gäste nicht ge
iigend zu sorgen. Und mit dem Trin:
v en sei vorsichtig, selbst in Spanien
n Madrid würde man Dich siir einen
Säufer halten, wenn Du nur das erste
.Glas völlig ausleertest —- in Sevillx
brich so vielen Manzanilloslaschen irie
möglich den Hals, denn Trintsestizzteil
ist des Andalusiers germanisch-vank.g,
lisches Erbtheil. Jn Italien leerst Tu
das erste Glas, aber das angebotene
Iweite lehnst Du beim Einschränkun
uch dankend ab, dann gilst Du al:
Iwohlerzogen
)
)
Jn Deutschland das ruhig die biir
gerliche Frau ihrem atten den Bor
schlag machen, Sonntags mit der gen
ien Familie im Restaiirant zu Mitten
zu speisen, weil auch sie ihre Feier
tagsrube heischt. Jn England wiirde
iaum der Gatte seiner Frau ten Vor-.
schlag zu thun wagen, denn tief bete?
digt würde sie ihn sragen, seit wann
hm ihre Speisen nicht mehr schmett
«- en? Man stelle sich vor, das-, in einer
franzbsischen Provinzstadt eine wohl
erzogenc Dame wagte, sich nach der
Mahlzeit eine Cigarette aiiziistecten,
wie dieg in den slavischen Ländern
aang und gabe ist, während in Kot-en
-agen Damen im Caseliaug ruhig die
schwersten Cigarrin rauchen. Wenn in
Deutschland der Haus-lieu einen Be
such willkommen heißt, bietet er iliin
ein Glas Wein an. und wenn er ihn
sanst ais-Z Abschiednehiiien erinnern
will, sieht er wie zufällig nach der Uhr.
Jn der Türlei läßt der Haiisherr Dir
durch den Diener zum Willkommen
weine Tasse Kassee und eine Eigareite
reichen. silatscht nach einer Weile der
Zinsherr zum zweiten Mal in die
ände und servirt der Diener zum
H seiten Mal Kassee und Cigarette, so
sp- deutet des: .,Ts:f«elebi - — entferne
:Dich!« Jn München versammeln sich
Damen allein, ohne ihre Herren, aber
, itten im gemischten Publikum, zum
· heiterm Friihschoppen im Hosbräu.
-Wenn in Konstaniiiiobel ein sroinnier
Türle mit seiner Gattin die Pferde
hn benutzt, schiebt er sie mit raschem
riss in die durch einen dicken Vorhang
’ gesonderte Frauenabtheilung des
agens. Wenn Du in Deutschland
« ein verheiratleteii Manne begegnest,
F rerlangt die gute Eriiehung, ihn
: ch dem Besiiideii seiner Gattin »in
sgen » ein Orientale iviirde diese
age als schwere Kränkung enipsin
· . Machst Du in Japan einen tln
andsbesiich, so sendet Dir der sich ge
i iihlende als Dank ein paar nied
eishas in Tein Quartier. Das
-iininermädchen in Spanien würde,
wenn Du sie nkcht beim Erscheinen ini
Zimmer artlieh ein wenig um tie
Iaille sa test, Dich einen Mens n
« ohne Lebensart nennen in Cor iea
ürdest D«u den Dolchstoß ihres Lieb
— bers ristirew Eine richtige Ameri
nerin duldet nicht, dasz Du aus rir
serdebahn einen Groschen für sie aus
s"··s«st —- begleitest Du eine Spanierin
J im Eintausemachen, so bist Du ver
- Hlichtet, alles, was sie ersteht, zu be
ahlen, wenn auch der Betrag in die
«»» fusende ginge. Also laß Dich war
s-,xn nn in Berlin das Kaiserpaar zisr
tade fährt, geben die Berliner essen
» Freude kund, wie schmuel ihm die
- ? orinen gesessen, —— in Nußlano
I. - es fast ais Mai-state beicivigimg
. - » erwähnen, welche Kleidung der Czcir
Hfi r die Czarin getragen. Wenn ein
meritaner aus der Straße Dich zuni
rinlen einladet und Du es ihm ab
lägst, so nimmt er das gewaltig
l. Der Spanier bietet Dir Alle-«
was er besitzt, was Dir von seinem
II esiillt — aber Gnade Dir Gott,
n it einsallen sollte, wirklich zu
reisen. Ein Spanier. der sich eine
i iarette in den Mund steckte, entsann
- lii lich, daher mir gegenüber jine
- ich eit vera äunit habe, natm die
»z-arette aus dein Mund und ragte:
e Zuerst« In Madrid wäre zu inei
net Zeit ein Spanian beinahe sucht-i
bar personen worden« weil er mit ei
nem lotdaren Stocke. den ein Spa
nier ihm »geschw- ham. wirklich eb
ehen wollte. Der Engländer nimmt
dir nicht übel, wenn Du ihm eineBicte
abschliiast, aber er ist Dir todtfeind,
irenn Du ihm nicht Wort hältst. Jn
Frankreich kennt man das Anftoßen
eim Trinken nicht, in Standinavien
« tiinit man sich mit »Slol« bei jedem
; Schluck n. n Deutschland fängt man
. ein Ma l mt der Suppe an und hdrt
mit einem Liqueur auf — in Schwe
den kängt man mit dem Schnaps an
und ört mit der Subpe auf. Wenn es
in Paris regnet, so gehen die toketten
Dämchen spazieren, um ihre graziösen
Füß n zu zeigen, die Jtalienerin aus
dem olk.k, namentlich die Römerin
würde sich für erniedrigt halten, wenn
Jemand ihre Knöchel erblickte, und
lafit selbst bei Schmutzwetter das Kleid
iiachfchleixen. Jn Deutschland gilt im
Theater ei öffentlichen AnlässenPfei
fen als Zeichen entschiedener Mißbilli
ung —- in talien läßt-es auf hohe
— egeisterunq chließen und König Uni
berto und feine schöne Gattin danken
mit huldvollem Lächeln, wenn ihr Volk :
sie anpfeifi. Jn Deutschland ist der ;
Bürger stolz auf den Tag, an dem er »
die Uniform, wenn auch nur als Som
inerlieutenant, tragen darf —- der eng
lische Frontoffizier fühlt sich glücklich,
wenn er gleich nach beendet-Im Dienst
wieder in das ungenirte Civil schlü
pfen kann. In Italien besteht die po
stalische Vorschrift, daß jede drin, ende
Tipesche dem Adressaten ooni oten
per Droschie zugestellt werde. an Mai
land wohnte ich dem Telearaphenge
Löude qegenüber, und jedesmal, wenn
ich ein Telegramin erhielt, wurde wirk
lich von dem viel weiter entfernten
Domplatz ein Wagen t;erbeiqeholt, der
Bote nahm Platz und fuhr quer über
ten Straßendamm bis zu meinem Ho
telL O heiliger BureaukraiiusZ In
Spanien ahnt man nichts von der Lex
Heinze. Dort ailt es u. a. für höchst
unc:nständig, kleine Kinder bekleidet
rliotographiren zu lassen. Kinder sind
natürlich Engel, und Engel haben keine
Kleider. . . .
Stundenlang könnte ich noch solche
Curiositäten zum Besten aetseik Aber
icjiglaube, das Erzählteaenügi, um
das Wort zu rechtfertian: Andere
Länder, andere Sitten. . . .
Sihuy gegen Pestgesahr.
Vor Kurzem kam aus San Fran
ckkro die Nachricht, tie dortige Sirni
täxsbehörde habe eine Resolution ange
unmmen, in welcher sie erklärt, das3 die
Beulenpest in San Francisco besteht.
Die Frage liegt nun sehr nahe, kann
die Pest auch bei uns eingeschleppt
nickt-en und eine Epidemie dieser ge:
fürchteten Krankheit austreten.
Das erstere, schreibt Dr. R. Ruge in
feiner interessanten Abhandlung über
die Pestgesahr, kann immerhin möglich
werden, das zweite aber nicht. Denn
wir stehen der Pest nicht mehr so hülf
loL gegenüber, wie etwa im l4. Jahr
hundert.
Die Epidemie des Jahres 1894 in
Hongtong bezeichnet hier den Wende
punkt. Der zum Studium der Pest
1804 nach Hongtong entsandte stan
zösifche Batteriologe Yersin entdeckte
den Pestbacillits. Dieser sogenannte
Pestbaeillus wurde als der Erreger der
Pest vom deutschen Mariae-Sterbsarzt
Dr. Wilm bestätigt, der 1896 auf Er
suchen der englischen Regierung die
Bekämpfung der zweiten Peftepidemie
in Hongtong iibernahni, weil er der
einzige an Ort und Stelle anwesende
batteriologisch gebildete Arzt war.
Sehen wir uns also den Vestbacillus
und seine Eigenschaften etwas näher
an, damit wir daraus die Maßregeln
siir feine Bekämpfung ableiten können.
Der Erreger der Pest ist ein kurze-D
dummes Stäbchen mit abgerundeten
Ecken. Wird er mit Farbstossen be
handelt, so nehmen fast ausschließlich
seine beiden Enden die Farbe an: der
Pestbacillus zeigt also die sogenannte
Polsärbung Leider ist diese zur Un
terscheidung nicht zu verwerthen,. weil
sie auch andere Bakterien haben tön
nen. Bringt man aber den Pestbaeili
lug aus künstlichen Nährböden zum
Wachsthum so zeigt er ein Verhalten,
das rson demjenigen, das die pathoge
nen (trantinachenden) Batterien im
Allgemeinen zu zeigen pslegen, wesent
iich abweicht. Er bildet zwar teine
aussallend geformten und leicht zu er
tennenden Colonien, er wächst aber
noch bei 4 Grad Celsiusx allerdings
sehr langsam. Aber selbst diese Eigen
schaft genügt noch nicht, um eine abso
lut sichere Diagnose zu stellen. Die
anderen pathogenen Batterien thun
das zwar nicht, aber das allein Ent
scheidende fiir den Nachweis des Pest
barilluz bleibt immer nur das Thier-.
experiment. Aus der anderen Seit
acht der Pesterreger bei hoher trockene:
Temperatur rasch zu Grunde. denn er
bildet teine Dauersormen tSporent
nnd stirbt, an Glassplitter angetrock
net, bei intensiver Sonnenbestrahlung
isnter Umständen schon nach 3 Stun
den ab. Er hält sich aber, vor Licht
geschützt, in unseren Breiten bei Zim
mertemperatur 56 Tage lang lebens
fälig während in Vombay sich die in
gleicher Weise bei einer Temperatur
von .«Z0---32 Grad Celsius behandelten
Pestbacillen nur 8 Tage hielten. Das
wären die wichtigsten Lebenseigen
schatten des Pesterreger.
Die nächste Frage heißt: Wie ge
lengt er in den menschlichen Körper,
mit anderen Worten: wie erfolgt die
Anstretung und welche Erscheinungen
lsiitet ein Pesttranker dar?
Der Pestbaeilluö kann aus verschie
Das Gravdcnlkmal der Kaiserin Elisavem von Ocflckrcim
Ueber dem Sarge der Unglücklichen
Fürstin in der stillen Kapuzinergruft
in Wien wird sich das Denkmal er
heben, welches von Professor von
Zala in Budapeft mooellirt ist. Das
Ganze stellt einen Betaltar dar, wel
cher von einem kolossalen Kranze um
get en ist Vorn befindet sich das Bet
pult, das von zwei Engeln getragen
wird. Im Hintergrunde des Altar-Z
steht der Genius der Liebe mit seg
nend nusgebreiteien Armen: vor Lern
selben sieht man in einer Dornen krone
ein Kreuz mit der Jnschristt ,,«n
memoriam sempiternamC Das- Denk -
mal muß bis zum 21. Juli geliefert ;
:erden. s
denem Wege in den Körper eindrin
gen. Am häufigsten ist er bei den in
» Bombay und Hongkong beobachtet«
s Kicsnkbeitsfiillen durch kleine Hautver
letzungen eingedrungen, selten durch
Ecnathmung in die Lungen. Die Er
krantten boten daher zwei verschiedene
Formen der Pest dar. Diejenigen, die
durch kleine Hautverletzungen sich tnit
Pest angesteckt hatten, zeigten die so
gsnannte Beulen- oder Bubonenpest,
h. sie litten an schmerzhaften Drii
fer.geschwiilsten. Diese Drüsenschwel
lungen saßen bei den stets barfuß ges
ticnden Eingeborenen fast immer in der
Leistenbeuge, tdie erkrankten Lvmpbs
driisen find vollgestopst mit Pestbacil
len), bei den wenigen erkrankten Euro
tsäern in der Achselböhlr. Bei diesen
trar also die Ansteckung durch kleine
Wunden an den Händen entstanden.
Die Eingangsstelle des Pestgiftes war
oft durch eine sogenannte Pestpustel
oder eine Peftkarbunkel gekennzeichnet
Die zweite Form der Erkrankung ist
die sogenannte Lungenpest, die unter
dein Bilde einer Lungenentziindung
verläuft. Bei dieser Art fördert der
Kranke Millionen und Abermillionen
von Pestbacillen in seinem Aus-warf zu
Tc.ae. Beim Ausbusten versprüht er
Tausende von kleinen, pestbacillenhalti
gen Tröpfchen in seine Umgebung und
wird dadurch zur gefährlichsten An
steckungsauelle. Es ist wichtig, diese
Art der Uebertragung zu kennen. Denn
d.«.gegen, dafz durch Einatbmung von
Staub die Pest übertragen werden
kann, sprechen alle Beobachtungen und
Versuche Von den zum Augräuinen
der Pesthäuser in Bombav verwendeten
englischen Soldaten starb keiner an
Pest. Andererseits wurde feiner Staub
mit Pestbacillen inficirt, nach seinem
Jrrckenwerden aufgewirbelt und dann
auf Pestbacillen untersucht. Die Pest
ksccillen waren alle abgestorben·
Beiden Kranklxitsformen ist hohes
Fieber und eine ganz unglaublicheHin
filligkeit, die meist in Bewußtlosigteit
übergeht, aemeinsam. Diese Hinfällig
keit ist so charakteristisch und tritt so
schnell ein, daß sie wesentlich zum Er
tsnnen der Krankheit beiträqt. Lun
genpest ist sast stets tödtlich, Veulenpest
seht häufig. Der Tod tritt am dritten
bis fünften Krankheitstag ein. Die
Sterblichkeit kann zwischen 50 und 90
Procint schwanken. Es giebt aber
auch — namentlich im Anfang der
Epidemien — ganz leichte Pestfälle
dir so leicht und unter so wenig deut
lichen Erscheinungen verlaufen, dasz sie
nicht als solche erkannt werden. Da
durch werden sie gefährlich, denn die
Kranken werden nicht abgesperrt. Die
Pest bekommt Zeit, um sich einzunisten.
Aber nicht nur Menschen werden von
der Pest befallen und sterben daran,
sondern auch gewisse Thiere. Dies zu
wsssen, ist von ganz außerordentlicher
Beteutung. Dasicnige Thier, das iiir
die Pest am empfänglichsten ist, ist die
Ratte. Mäuse sind schon sehr viel we
niger empfänglich. Während z. B. jede
Ratte, die eine andere an Pest gefallene
Ratte annagt, sicher an Darmpeft zu
Grunde geht, können Mäuse das Fres
sen von Pestkadavern vertragen. Es
ist auch noch nicht festgestellt, ob alle
Mäuserassen oder nur bestimmte für
Pest empfänglich sind.
Jch must nun zum besserenVerständ
niß der später zu erörternden Vorbeu
gungemaßregeln noch- einige weitere
Thatsachen aus der Epidemiologie der «
Pest anführen.
Da ist lzunächst bei allen Pestepide
knien beobachtet worden, daß die Pest
niemals explosionsartig, wie die Cho
lera auftritt, sondern daß immer und
immer wieder Pestsälle eingeschlepvt
werden müssen, ehe die Pest festen Fuß
sc.ssen und sich epidemisch weiter aus
breiten kann. Ferner erkranken vor
wiegend diejenigen Bevölkerungstlast
sen, die sich in hygienisch ungünstiger
Lage befinden, die eng gedrängt in
schmutzigen, dumpfigen und lichtlosen
Wohnungen hausen und unreinliche
Angewohnheiten habenKJJtertwiirdig ist
auch der Umstand, daß es in jeder Epi
demie nicht nur bestimmte Häuser gege
ben hat, in denen immer und immer
wieder Vesierlrantungen vorgekommen
sind, sondern auch ganze derartige
Straßen und Ortschaften. Ein gewis
ses Licht aus diese-«- eigenthiimlicheVori
trmmniß wirst die Beobachtung, daß
esJ auch ganz bestimmte Häuser, ja
ganz bestimmte Straßen giebt, in de
nen die Ratten masscnhaft vorkommen
und trotz aller Mittel nicht ausgerottet
werden können.
Jm Vorstehenden sind die Ergebnisse
der wissenschaftlichen Forschungen in
grrßenZiigen zusammengestellt Welche
praktischen Folgerungen können wir
daraus ziehens tvelcleerhaltungsinaß
regeln daraus ableiten?
Da ist zunächst das Verhalten des
Pestleims gegen Wärme. Trockenheit
und Sonnenlicht von einschneidender
Bedeutung. Denn aus den oben ange
führten Thatsachen geht hervor. das-,
die Pestbacillen gegen schnelle-s Ein
trocknen bei hoher Temperatur sehr em
pfindlich sind, während ihnen ein lang
sames Eintroctnen bei niederer Tempe
ratur sehr viel weniger schädlich ist.
Das heißt aber mit anderen Worten:
in unseren Breiten findet die Pest einen
viel günstigeren Bodenals in den Tro
pen. Namentlich kommt dabei in Be
tracht, daß unter dieten Verhältnissen
Pestkeime ganz außerordentlich leicht
durch todte Gegenstände, z. B. Wäsche
isnd Kleider verschlevvt werden können
und daß sich in solchen Gegenständen
die Keime monatelana halten können
Werden dann solche Gegenstände, nach
dem sie monatelang gelegen haben, un
dessinsizirt in Gebrauch genommen. so
können sie Gelegenheit zu einein erneu
ten Pestausbrueh geben.
Dazu tommt noch, daß bei uns die
Sonnenstrahlung nicht nur wesentlich
geringer ist« als z. B. in Indien, son
dern daß sich bei uns das Leben haupt
sächlich in geschlossenen Räumen ab
spielt und daß dadurch die Uebertra
gungsgesahr durch Berührung sehr viel
größer werden wi1.d, als in den Tra
pen, wo iich das Leben wesentlich auf
der Strafe oder außerordentlich lusti
gen Häu ern bewegt. Daß diese Ver
hältnisse thatsächlich in Rechnung gezo
gen werden müssen, beweist der Um
stand, daß die Pest inBornbay nament
lich zur tuhlenJahreszeit austrat; clso
« einer Zeit, wo sich die Bevölterung
wegen der kalten Nächte in ihren
schniutzigen Wohnungen zusammen
drängte. Es lann das Ab- und Zanch
men der kgest aber noch mit einem ganz
anderen actor zusammenhängen. Es
kann möglich sein, daß der Wiederaus
bruch der Pest mit einem Nachwachsen
der Ratten zu thun hat« Wie wir ge
sehen haben, ist die Ratte außerordent
lich empiindlich gegen Pest- und wäh
read einer Pestepidernie werden -die «
meisten Ratten i"terben. Es werden nur
die unempsänglichen (irnrnunisirten)
Thiere übrig bleiben. Aber diese wer
die Stanimväter einer neuen, dem
Menschen verderblichen Raten-Genera- ;
tic n« werden. Die pesttrante Ratte wird
aber deshalb so gefährlich, weil sie ers
stens ihreLebcnSgewohnheiten ausgiebi,
d. h. sie kommt aus ihrem Loch in die
menschlichen Wohnungen und verendet
dort, nachdem sie pestbazillenhaltigen
Kot und Urin ausgeschieden Zweitens
aber wimmelt die trante Ratte von
löhen und Läusen, die nicht nur das
azillenhaltige Blut der Ratte sauget-,
sondern diese nach ihrem Tode sofort
verlassen und so aleichfalls Pestkeime
aus Thiere und Menschen verschleppen
können.
Was ist da zu thun?
Unser Klima können wir nicht än
dern. Diesen ungünstigen eFaktor müs
sen wir also mit in den Kauf nehmen.
Er verlangt aber, daß wir der Pest mit
allen Hülssmitteln der modernen Wis
senschaft entaeaentreten
» Geaen dieAnstectung durch Menschen
können wir uns schon eher schützen.
Wir-können zwar nicht verhindern,
daß die Pest eingeschleppt wird. Wir
tijnnen aber ihre Verbreitung hindern.
Wic- ein pestkrianter Mensch aussieht
nnd welche Gefahren er mit sich bringt,
ist oben auseinandergesetzt worden.
Der gefährlichste Kranke ist der an
Lungenpest leidende. Denn er ver
sprüht beim Husten Tausende und
Millionen von Bazillen um sich. Man
wird also so einen Kranken in gerin
neter Weise isoliren und seine Effekten,
sowie Gegenstände- die sich in seiner
Nähe oder Benutzung gesunden haben,
desinsiziren Gesährdet sind bei sol
clten Arbeiten ledialich die Aerzte und
Krankenpsleger. Die müssen sich durc
kestimmte Vortehrungen schützen, even-«
tuell durch Einspritzen abgetödteter
Prsttulturen bis zu einem gewissen
Grade immunisiren (giftsest machen).
Ganz anders steht aber die Sache
mit den Ratten. Einen pesttranken
Menschen kann man anhalten und iso
liren, eine Ratte aber nicht. Darin ist
ung- die Rattenpest so gefährlich Die
Ratten müssen also vorher ausgerottei
werden. Das- tlinat ja sehr einfach; ist
aber in der That unmöglich Nun ist
zwar bekannt, das; man Ratten in den
Stadien am rhesten da findet, wo
Lebensmittel inMenge vorhanden sind-.
also in den Martthallen, Fleischerlas
deu, Produktengeschäftcn und Getreides
i.
speichern.
Bot Dein Ausvrrch oer Pest in
Oporto wurden in den Getreidespei
chern ain Hafen zahlreiche todte Ratten
gefunden Die in den Getreidefpei
chern beschäftigten Arbeiter erkrankten
fast alle an Pest und starben meistens.
Auch in Bombah dürfte die Pest da
durch epidemisch geworden fein, weil
sie unglücklicher Weise in die Kafte der
Getreidehiindler eingeschleppt wurde.
Man findt die Pest aber auch in den
Kloaken und lezugsJkanälein in ganz
bi stimmten Häusern und Straßen.
Betroffen werden namentlich Häuser,
» die ihre Abfiille in schlecht gehaltenen
« Ytiiilli oder Aschgruben sich anhäufen
- lcsfcn Denn jede Ansammlung Von
» Unrath und Abfällen, sei es nun in
. schlecht gehaltenen Gruben oder Klem
j ken, zieht die Ratten an. Werden
« Gruben und Kloaten reinlich gehalten
itnd rechtzeitig geräumt, so verschwin
den die Ratten. Es iit bereits mehr
- als- einrnal versucht worden, die Ratten
in bestimmten Quartieren und Stra
f.en, wo sie zur Plage geworden waren,
auszurotten. Obgleich man ganz sy
stematisch vorgegangen ist, ist man
dieser Thiere doch nie Herr geworden.
Sie sind immer wieder nachgewachsen
nnd es hat sich als nothwendig erwie
sen, die Rattenjagd in ganz bestimmten
Zeiträumeu zu wiederholen Es ist
mit Gift und Bozillen versucht worden.
Namentlich hatte man Hoffnung aus
den Bazillus des Mäusethphng gesetzt.
Da aber dieser Bazillus bei Verfütte
rang selbst nur stir bestimmte Mäuse
risssen pathogen (trankmachend) ist,
zind fiir Ratten durch Versütteruna
überhaupt nicht, so hat er die ge:
t-.iinschte Wirkung nicht gehabt. Denn
fiir iie in Freiheit lebenden Ratten
nsird nur ein Bacilluä gefährlich, der
durch Verfiitterung arstectt und tödtet.
Es kommt also Alles darauf an, den
ersten Pestfall zu erkennen und zu iso
liren. Zu diesem Zwecke sind in Sau
Franciszco die nöthigen Anstalten ge
troffen. Wenn die Gefahr der Ein-—
fchleppung droht, so wird eine Ueber
wachung des Eisenbabnverkehrs sowie
des Seevertehrs nöthig werden. Qua
rcntirnen oder Abfperrungen aber, wie
sie z. Z. in Oporto angewendet worden
sind, müssen als grundfalsch bezeichnet
werden, weil sie die Einschleppung
eines Pestfalles doch nicht verhindern
kdnnen und eher zur Erhöhung als zur
Vetringerung derPestgefahr beitragen.
Eine Salzpfannc in Transvaah
Aus der weiten, flachtvelligenBusch
stepve nördlich von der Hauptstadt der
Südafritanischen Republik, Pretoria,
erhebt sich aus den theils sandigen,
theils humosen jugendlichen Bildun
gen ein Granitqebirge heraus. Wenn
man die Höhe der Berge erreicht hat, so
öffnet sich dem Auge der Blick auf eine
iiberraschende und in der sonst so ein
förmigen Gegend völlig abweichende
Erscheinung: es senkt sich nämlich eine
triehterförniige Vertiefung in denG:a
nit ein. deren Wände nach Osten, Nor
kin und Westen hin ziemlich steilabi
stiirzen, während der südliche Abhang
durch etwas geringere Neigung gerade
noch die Anlegung eines in Windun
gen sich in die Tiefe hinunterziehenden
Faktor-gekirrt freilich auch nur für
afritanische Verhältnisse brauchbar er
fcheini, ermöglicht hat. Rings um den
Trichter herum erheben sich auf dem
ihn umkleidenden Rücken eine Anzahl
von kleineren Hügeln. Die tiefste Ein
sattelung in der Umrahmung des
Trichters liegt etwa 200 Fuß über
dem Grunde desselben. Jn diesem
Trichter nun liegt ein kreisrunderSee,
dessen Durchmesser,etwa 1200 Fuß be
trägt, und dieser See ist mit einer
außerordentlich concentrirten, roth ge
färbten Salzsoole erfüllt Dieses
Salzwafser besitzt nur eine geringe
Tiefe, die je nach der Jahreszeit
schwankt und bei niedrigftem Wasser
stande nur 1—2 Fuß beträgt. Der
Boden des Sees ist mit einer starken
Kruste von Steinsalz bedeckt, welche
meist in großen Würfeln auskryftalli
firt ift und eine röthliche Farbe besitzt.
Nur stellenweise beobachtet man auch
weißes Steinsalz Ebenso findet sich
unter den aus krystallisirten Salzen
»Trona«, d. h wasserhaltiges, kohlen
saures Natron, und zwar entweder in
einzelnen Lagen oder in fchuppigen
Krhfiallaggregaten, auf den Oberflä
chen der Steinwalztvürfen und in den
Zwischenriiumen zwischen denselben.
Das Ufer des kleinen Salzfees besteht
aus einem schwarzen Schlamme, der
hier und da mit dünnen Salzkrusten
bedeckt ist. Unter dem Schlamme folgt
dann ein grober Guts-, der das Zer
setzungsproduct des unterlagernoen
Granites ist. Das Salz dieer Soole
decken-Z wird theils durch Eindampfen
in einereisernen Siedepfanne,- theils
durch Umkrystallisiren der auf demBo
den des Sees vorhandenen Salzlager
aewonnen. Diese merkwürdige Salz:
pfanne ift höchst wahrscheinlich auf Er
scheinungen vulkanifcher Art in dersel
ben Weise zurückzuführen, wie die be
kannten Maare in der Eifel oder wie
die eiaenthümlichen, mit vulkanischen
Trümmerproducten erfüllten cylinde
rischen Schlotc der Rauhen Alb. Man
wird annehmen müssen, daß es sich um
einen Explosionskrater handelt, der
sich von unten her mit Salz beladenem
Schlamm füllte, so daß der Saizge
halt der Schlotausfüllung zugleich zum
Ersatzv der ihm entzogenen Salzmen
gen Verwendung findet.
W
Der Tod des einstigen Hofbankiers
Kaiser Wilhelm des Ersten, des Ge
heimraths Freiherrn von Cohn in
Dessau, ruft folgendeAnetdote ins Ge
dachtniß. Als Kaiserin Augusta noch
Prinzeß von Preußen war und aus
einer Reise während des Winters nach
Dessau kam, verspürte sie heftigen
Frost und verlangte aus der Station
Dessau nach einer Wärmslasche. Eine
solche war zwar im Salonwagen der
Prinzessin vorhanden, nur fehlte es an
heißem Wasser. Der Reisemarsehall
eilte daher mit einem Diener in den
Wartesaal. Doch hatte der Wirth ge
rade sein letztes Wasser zum Kaffee
kochen verwandt und mußte daher mit
Bedauern erklären, er habe keinen
Tropfen mehr. Da rief plötzlich ein
am Buffet stehender kleiner Herr:
»Was, Sie haben kein heißes Wasser?«
Zugleich greift er nach der vollen Kas
seekanne und gießt ihren Inhalt in die
bereitsteheude Wärmeflasche. Aller
dings- saß nun der ganze mit Gästen
gefüllte WartesaaL es war am frühen
Morgen, ohne Kassee da. Der Reise
marschall eilte mit seiner Beute davon,
kehrte indeß bald wieder zurück, um sich
im Allerhöchsten Auftrage nach dem
Namen des Herrn zu ertundigen, der
die großartige Jdee gehabt habe. Die
Antwort lautete kurz: »Mein Name ist
Cohn.« Diese Begebenheit dürfte wohl
dazu beigetragen haben, daß Cohn spä
ter der Privatschatullier des Kaisers
wurde. — Daß Cohn auch geistig
schilagfertig war, beweist das hübsche
Wort, das er am 80. Geburtstage Kai
ser Wilhelms zu diesem sprach. Als des
Kaisers Bankier seinem alten Herrn
aratulirte, meinte der Kaiser: »Na, lie
ber Cohn, da wird nun wohl bald der
Abschluß kommen, mit 90 Jahren
werde ich nicht mehr rechnen tönnen.«
Darauf erwiderte Freiherr von Cohnt
»Nicht doch, Majcstät werden noch 100
Jahre alt. Die Deutschen geben ihren
Kaiser nicht unter pari sort.«
st- e- sie ·
Der Werth des im letzten Jahre
di-.rch Feuersbrünste in den Vereinig
ten Staaten zerstörten Eigenthums be
trug 8153,597,830. Es ist dies der
grdßte Feuerverlust, den unser Land
je in einem Jahre erlitten hat. Um
sich zu vergegenwärtigen, was dieser
Verlust bedeutet, genügt es, zu sagen,
das; er mehr als das Doppelte der
Jahrespusgaben unserer Marine be
trägt. Und der Gesammtwerth der
letztjährigen Weizenernte belief sich nur
aus etwa das Doppelte des Feuersch
d«ens. Es ver-brennt bei uns alle zwei
Jahre Eigenthum im Werthe einer
einjährigen Weizenernte Es ist ein
Jrrthurn, anzunehmen, daß der Ber
lust durch Versicherung weniger em
rsindlich gemacht oder ausgeglichen
wird. Die Versicherung deckt nur den
individuellen Verlust, der Verlust der
Nation ist absolut und unersetzlich.
si- -I- si
Ein Mann in Connecticut verlangt
in einer Zeitungzanzeige einen richti
gen Dieb, denn mit den ehrlichen Leu
ten. die sich bisher als Pächter bei ihm
einstellten, habe er niemals Glück ge
habt. Was er also verlangt ist ein
ehrlicher Gaunqetr. «
Schäferstundchen werden meist von
Wolf und Lamm abgehalten.