Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, April 27, 1900, Sonntags-Blatt, Image 11

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    Ite strittig-braven
ek« sesWs : -.
Sitz-e von sen-nnd Sylvestrtz
I.
»Und Sie sind allein hierher gekom
meni« fragte die Frau Präsettin. here
des Girnndoles, ein großer, blonder
iinger Mann von distingiiirtern Aus
elsen, antwortete ohne die geringste Ber
genheit aus diese Frage: »Nein· Ma
dame, mein Bruder ist stets mit mir,
seitdem mir unsere Eltern verlorenl ha
Ben.« (
»Ist er jünger oder älter als Sie? Jst
er Jhr Mentor oder Jhr Telemach?«
»Wir sind genau von demselben Al:
ster, Madamet"
»Ah. Zwilliva« -
»Ja wohl, Zwillinge·, und nichts ist
unbequcnier, als uns beide von einander
zu unterscheiden. Wir ähneln uns näm
sich derart, das wir nne beiiiakie selbst
irren tönnten.«
Der Frau Pisiseltim welche Herrn des
Girandoles ganz reizend sand, gefiel der
Spaß ausnehmend. Mit Interesse sulsr
sie fort: »Sie werden die Freundlichkeit
haben. leren Herrn Bruder bei uns- ein
zuführen. Nicht wahr?«
»Ach. mein Bruder ist menschenscheu,
Madame, ein Gelehrter, der der Welt
nnd der Gesellschast nicht viel Geschmack
abgewinnen lann. So ähnlich wir beide
uns auch sehen, so waren zwei Leute doch
nie grundverschiedener in ibrem Charak
te: und ihrem Geschmack als eben wir.
Jn demselben Maße, als ich jene Zeit,
die mir meine Anitsaeicikäste iikrig las
sen, mit Vergnügen den gesellschaftlichen
Verpflichtungen opfere, in demselben
Maße geht er, der eigentlich gar nichts zu
thun hat, jenen unschuldigen»;«),»erstreuun
gen der guten Gesellschaft ängstlich aris
tem W«ge.'·
»Ein vollständiger Mönch also Z«
»Nicht so ganz, Madame!« Herr deTI
Girandoles neigt-it sich zum Olir der Präs
settin und siiisterte ihr einige Worte zei,
iroraus sie lebhaft erwiderte:
»Ach, wahre Frauen sind doch nur die
anständigen Frauen!«
Aus dein Antlitz des jungen Its-inne
zeigte sich ein Lächeln Mit Vergnüan
rieb er seine bebandschiibien Hände ans
einander, wenige Momente später verab
schiedeie er sich von Madame Denizot,
rrie sich jene neiigierige Tanze nannte.
die ihm so gern noch eine ioeitläusigete
Beichte abgenommen hätte. Jch ver-:
gaß zu erzählen, daß Herr dest- Girau
doles soeben zum Ratb derPeäfeltur von
Petri -- i·stlrched«·sque ernannt worden
war, und das; diese Unterhaltung get-:
gentlich der ofsiziellen Visite stattfand,
die er der Gemahlin seine-«- Vorgesetzten
elf-statistis.
-—.-.. «
2.
Tags daraus machte IJladarne Tent
zot, eine Provinzizlin vorn besten Schla
ge, eine große Anzahl von Besuchen Bei
all ihren Freundinnen drehte sich die Kon
versation um ein und dasselbe:
»den-en Sie die Herren des-«- Girando
les gesehen?«
«Ah der neue Präsetturrath existirt in
der Mehrzahl?"
»Zmi Brüder sind es, meine Liebe,
sweiZwillingebriiden ein veritables Phä
nomen: zwei junge Männer, dik sich so
ähnlich sehen, daß es ganz unmöglich-ist,
einen von dein anderen zu unterscheiden-«
»Und Sie haben sie gesehen?«
»Ich bin ihnen soeben begegnet. Ich
-war ganz verblüsstt Denken Sie sich:
dasselbe Gesicht, dieselbe Gestalt. diesel
ben Atliiren, dieselbe Stimme!«
»Sie haben wohl init ihnen gespro
eheni«
»Der Rath hat rnir seinen Bruder vor
gestellt. Es scheint, daß der junge Mann
ein bischen menschenscheu ist, aber er
macht den Eindruck eines sehr gelehrten
Mannes. Jch habe indessen schon eine
Idee, wie wir ihn bekehren tönnten!«
»Das rnuß doch höchst unangeney
sein, sich derart ähnlich zu sehen. s n
ihrer Stelle würde ich ein künstliches Un
terscheidungsmittel suchen. Zunächst soll
ten sie sich verschieden tteiden. nnd Haar
und Bart verschieden iragen.«
»Ach. das geht leider nicht, meine Beste.
Ihre Mutter, eine swrnrne Frau, die viel
mit meiner Familie verkehrte und die ich
sehr gut kannte, als ich noch selbst ein
Kind war, sand ein besonderes Vergnü
gen darin. die beiden ganz gleich zu klei
den und sich in jeder Hinsicht gleich tra
gen zu lassen. Aus ihrem Sterbebette
nahm sie ihren Söhnen das Versprechen
ab, diese Gewohnheit ihrer Jugend dei
zubehalterh Sie sehen also, das ist eine
heilige Ist t, eine ernste Sache.«
Eine I ne der Rührung über die
Schönheit ihrer eigenen Lüge trat der
erfinderischen Madame Denizot in’s
Auge .....
—-.
Z
Cs iii doch eigenihiimlich, daf; man
den Beiden nie zusammen begegnen
»Weil wir lein Glück haben, meine
liebe Freundin! Madame Denizot hat
ja Sogar schon mit ihnm gesprochen!«
- ieg war das Gespräch. welches in
Ien nii ten acht Tagen die Damen von
Vom-P rchevi«-que zumeist interessirie.
Schließlich gewöknte man sich abkk Va.
tan, nur jenen der beiden Brüder zu se
ben, den man eben überall traf. Man
set-fehlte jedoch nie, ihn zu fragen, wie
sich ritt Vetr Bruder befinde? Er ani
e aber fast immer hierauf: »Ich
weis es wirklich nicht, denn der arme
stu- atieiieie die ganze Nacht und war
N III Wandern als ich ausslns.«
III Ist s.
III-sen eine Madasncinefioih deren
Gotte Direktor der Registratur war und
die die Pritseltin in dieler inflcht benei
dete, wollte ihr nicht den uhm lassen.
allein in ganz Pont-l«ArchM-que die bei
den Brüder zu kennen. So erzählte sie
denn eines Tages-, daß auch sie die beiden
Girandoles getroffen habe. Sie fügte
sogar hinzu, daß sie sich nicht einmal so
überaus ähnlich sähen, als ,,man« sage
und daß »mein« geradezu eine Gans sein
müßte, um die Brüder nicht unterscheiden
s zu lönnen.
Die Sache lam in Schwung und bald
hatte auch die Unze iibrige weibliche Be
- völlerung in «ltont-l’Archevi-que den
» Bruder des neuen Präfelturrathek ge
seiyen Man traf den Bruder nun bis
nahe öfter als den Rath.
, Dieser war der Bevorzugte der Frau
Präfeltin geworden. Letztere jedoch
" glaubte ihn schon mehrere Male in Ge
I sellschast von lleinen Ladenmädchen ge
sehen zu haben. Stets beschwichtigte er
« aber ihre eisersiichtigen Klagen mit den
Worten: ,,Habe ich Jhnen denn nicht ce
sagt, daß mein Bruder stir derartige
Liebschasten große Neigung hai.«
»Ach ja, und ich verehr-e Sie Uns so
mehrt« Madame Denizot war wieder
( versöhnt.
Eines Tages tam ein Kaufmann zum
Priifetten Er beschwerte sich bei ihm,
daß von Herrn des Girandoles nicht ein
Sou zu erlangen sei. Der generöse De
nizot sprach nicht einmal darüber mit
dem jungen Rath, sondern erwiderte
turzweg dem Kaufmann: »Das ist ein
Jrrthum; Sie werden dem Bruder des
Herrn des Girandoles treditirt haben
und dieser ist Jhnen Geld schuldig. Be
lastigen Sie daher nicht die Regierung
mit Jhren ungerechten Klagen über einen
braven Beamten.«
Bald aber lamen die Gläubiger ir.
Schnaren
Der gute Präfett hielt alI’ diesen
Stürmen Stand: »Es- ist nicht die
Schuld des armen Herrn Rath, wenn
sein Bruder ein mauvaig sujet und ein
T Schuldenmacher ist.«
Und Herr des Girandoleg ernteie um
’ so mehr Bewunderung in der Gesellschaft
von Pont-l«Archevi«-que. Mit großem
Zartgefiihl machte man teine Anspielung
mehr aus seinen eigenthiimiichen und so
» leichtsinnigen Bruder. Er aber riclztete
. zuweilen die Augen gen Himmel wie ein
; Märtyrer und murmelte mit bebender
-—- —. -
Stimme: »Mein armer Bruder, mein
armer Raoul!«
Man bemitleidete ihn deshalb ebenso
X sehr, irie man ihn achtete.
-.-—. -.. —
4.
Jch hats doch nicht vergessen, den
freundlicher- Leser mit jener mir eigen
thiimlichen T thretion darauf aufmerk
sam zu machen daß Madame Denizot
und Madame (.z-Lnestou sich nicht sonder
lich holdwaren. Geschah es in der wohl
wollenden Absicht, .·ie seindlichen Damen
durch ein Band zu r«reinigen, daß Herr
des Girandoles, wäh:·nd er der Präsu
tin den Hof machte, auch ein eifriger
Verehrer der Registrctur·- Direktorin
wurde? Vielleicht!
Madame Denizot warkcrpy Madame
Ginestou briinett. Der junge Rath
schwörmte fiir Abwechselung
Madame Denizot schöpfte bald Ver
dacht. Sie faßte den Gedanken, sich dar
iiber Gewißheit zu verschaffen und sie
überraschte in der That ihre Freundin
mit herrn des Girandoles, der im
Knopfloch dieselbe Kamelie trug, die sie
ihm vor einigen Stunden gegeben und die
so selten war, dass man sie aus den ersten
Blick erkannte, und daß in ganz Pont
l’Archevc«-que keine gleiche zu finden ge
wesen wäre.
»Henchler!« rief sie. »Dieses Mal
werden Sie mir nicht sagen, daß Sie Jhr
Bruder sind!«
»Und mir auch nichi!« ergänzte in
gleicher Etftase Madame Ginestoik, die
Alles zu begreifen schien.
»haben Sie denn überhaupt einen
Bruder?« fragte Madame Denizot, der
pliißsilich dieser Gedante durch den Kopf
fcho .
,,Nein! Sie haben gar leinen!« fussr
Madame Ginestou fort und vervollstän
digte den Gedanken ihrer Ridalin
»Aber, meine Damen, Sie haben uns
ja Beide miteinander gesehen!« entgeg
nete in völliger Ruhe der Pröselturt:atl).
»Sie haben die beiden Herren Hefe
tjen!« rief Madame Deni·zot heftig.
»Nein, Sie!« erwiderte ebenso lksizizx
Madame Genistou.
Die Damen wurden rotli. Jede be
griff, daß sie durch die Liiae der Anderen
diipirt worden war.
Während dieser Zeit hatte Herr des
tktirandoles seinen Hut ergriffen und sich
irrt- dem Staube gemacht.
Die Präsettin und die Direttorin Ist
teten sich wohl, die Geschichte zu demüti
cen, denn das Märchen, dessen Urhebe
rinnen sie selbskgewesen,, war zu gut er
funden. Niemand hätte ihnen nun die
Wahrheit aeglaubt oder alle Welt hätte
sie ausgelacht. So waren sie- gezwungen,
die Sache geheim zu halten. Herr des
Girandoles verblieb noch über ein Jahr
aus seinem Posten und die Damen muß
ten ibm, um jeden Verdacht abzulecken,
mit gleicher Liebenötvürdigleit begegnen,
ruie früher. Endlich, Danl der warmen
Empfehlung des generiisen Denizot beim
Minister, wurde Herr des Girandoleö
befördert und in’S Ministerium nach
Paris versetzt. Gelegentlich der Ab
schiedsdisite sagte er zur Präselttn in Ge
genwart ihres Gatten:
«Meinen armen Bruder nelzme ich
nicht mit; er bat rntr gar zu viele Un
an « ichleiten verursacht
. haben vollständig recht enein
»s
« s v —-.....·«.-.. . , ..
Ueber Freund!« entgegnete ihm der Prä
fett und schüttelte warm seine Hand-.
Noch heute spricht man in Pont
'«"zlrchevs«-que von der außerordentlichen
Lietnlichkeit der beiden Herren des Gi
i.1nIcIeS.
Ssb «
»Um- kiu Linken-.
——--—-—
Ein Reisebild von Otto B e b r e n LI.«
l
Endlich wieder Land! s
Sind es auch nur die.kahlen, von dssr i
alles versengenden Gluth der Aequaror
sonne ausgedörrten Capoerden, die ihren ;
Namen der »Jnseln des grünen Vorge- s
birges« wie zum Hohn tragen, es ist doch ?
wieder einmal sestes Land nach langen s
Wochen. «
Der Anker hat Grund gefaßt. Die
internationale Reise-Gesellschaft auf dein
Südamerikafahrer lehnt über die Reeling
und lauscht ihre Ansichten über die Land
schast aus.
Viel ist gerade nicht zu sehen an den
schroffen, starren Felseninseln.- Rechts
die grotesieKlippe des Birds-Jsland mit
dem weißen Leuchtthurm daraus, weiter
hin die Hauptinsel S. Vincent mit dem
Hasen Puerto Mindello, dessen weiße
Häuschen und schwarzeKohlenlager durch
die dicke, zitternde« Lust nur schwer zu
erkennen sind, und endlich im Hinter
grund St. Antonio, das größte Eiland
der Gruppe.
Von St. Antonio nach dem Hafen zu
huschen kleine Fischerboote mit riesigen
Segeln. Sie bringen Früchte und Ge
müse, denn nur die große Jnsel hat ber
möge ihrer hohen Berge zeitweisen Regen
und damit eine spärliche Vegetation aus
zuweisen
An Bord fängt man an, sich zu lang
; weilen.
« und erhalten ihr Honorar in Gestalt
Man will an Land, aber damit hat es
noch eine gute Weile. Die gelbe Fahne
flattert auf dem Fockmast, sie wird auch
nicht heruntergezogen werden, ehe das
Schiff für quarantänefrei erklärt war-·
den ist. Das Schiff iommt aus dem fie
berdurchseuchten Santos, da heißt es
vorsichtig sein, obwohl es die portugiesi
schen Sanitätsbehörden sonst nicht allzu
genau nehmen, am allerwenigsten aus den
Capoerden
Es hilft also nichts, man mus; noch
eir1 paar Stunden auf dem ,,gottver
dannntenKohleniasten«,wie sich einjunger
Engländer über das große, stolze Schiff
swegwerfend äußert, zudrinaen, dann
wird man ja wohl die Erlaubniß von
Doktors Gnaden erhalten, festeg Land zu
betreten. »Negerjungeng!« ruft plötzlich
der Vootsmann, und sofort eilt alles wie
der an die Reeling. Drüben von der
weißgelben Sanddüne vor der Stadt lö
sen sich duntle Punkte ad, die näher und
näher über die glitzernde Fläche kommen.
Endlich unterscheidet man Boote, in de
nen eine Menge halbwiichsiger Negerjun
gen sitzen. Einige sind mit Rudern be
schäftigt, während die anderen in Adams
Sommertostüm aus den Bänken stehen,
mit den Armen in der Luft herumsuch
teln und die Passagiere in einein entsetz
lichen Portugiesisch anschreien.
Jm Umsehen wimmelt es förmlich um
den Damdser herum, und jetzt beginnen
die Tauchkünste, die bewunderungswiir
digen Schwimmleistungen, die jedem be
kannt sind, der den Aeguator zur See
passirte.
Von oben fliegen kleine Geldstücke in
das Wasser, blitzschnell die schwarzbrau
nen Jungen hinterher. Jn der trhstall
ilarrn, blauen Fluth sieht man deutlich L
die schnellen Bewegungen der dunklen J
Leiber; tieser, immer tiefer, bis der glück- «
liche Finder endlich wieder nach oben -
kommt. Zwar ist er erschöpft bis aus«-J
Aeußerste, aber er hält doch mit glückli
chem Grinsen das wohlverdiente Geld
stück zwischen den Zähnen.
Die Negerbeoölkerung der Capverden
ist arm, bitter arm, bei schwerer Arbeit
wird kaum das Nöthigste verdient. Man
muß sie gesehen haben, die gebückten, ver
kriimmtenGestalten, wie sie Tag ein. Tag »
aus ihre schweren Kohlenlasten schlep-j
pen, ungeschiitzt gegen die stechende Ae
quatorsonne, und wie sie dann am Abend
zusammenhocken und ihr kärglichesMahl,
meist nur Reis und Seefische, verzehren.
Auch die Kleinsten müssen eben schon mit
verdienen helfen, sei es auch nur indem
sie den »Gringos« Muscheln und allerlei
armseligen Kram aufschwatzen ozer nach
Geldstücken tauchen.
Indessen nimmt das Spiel seinen
Fortgang-. Das kleine Geld fängt an,
tnapp zu werden. Einige Tauchiiinst
ler schwimmen unter dem Schiff durch
blanker Frantstücke.
Dem dicken Spanier vorn an der
Schifsstrevpe scheint die Sache viel Spaß
zu machen. Bei jeder besnders gelunge
nen Leistung giebt er seinem Entzücken
einen äußerst lebhaften Ausdruck, sodaß
sich die Umstehenden vor Schlägen seiner
tin bewehrten Hand in Acht nehmen
mitgen.
---«- - r « r« tu s- Ost
Ochtlchtlcy Ists-u er ute cstqtusc uel
Anderen heraus.
»Ich habe auf Teneriffa einen dieser
schwarzen Jungen geschen, der auf den
Grund tauchte und den Anker ftahl«, läßt
sich ein biederer argentinifcher Farmer
von unverkennbar deutscher Abstammung
vernehmen. Alles lacht, und jeder weiß
eine ähnliche Geschichte zu erzählen.
Der dicke Spanier muß es wohl schon
gewöhnt sein, von seinen Mitreisenden ge
hönselt zu werden, denn er erwidert ent
gesen den Gepflogenheiten eines heiß
l tigen Stammes nicht-. ge n be
obachtet et mit Interesse einen s eilen
its-Heu see-r don etwa 20 Jahren, der et
-«.·«
. --.«".
was eits in seinem Kahn e t, die
reinskaen Arme tneinandergksglagem
7 »Tai-allererst Ich wette zehn Fla
schen Champagner-, daß dieser junge Rig
ger unter dem Schiff wegschwimmen
wird, vom Kiel bis zum Steuer,»wer hält
dagegen?"
«»Jch. Don Ramon, wir alle, das ist
nicht .möglich!«
Der Spanier geräth in Hitze.
,,Hallo, negrito, würdest Du liellängg
unter dem Schiff durchschrvimmen?« Der
Jungling fchiitteli den Krauskopf.
Jmpossible, Senor.«
»Fur zwanzig Franc-Z Fiir dreißig?·'
»Es geht nicht, Herri«
Alles umdrängt lachend Don Ramon.
»Bezahlen Sie nur Jhren Selt, der
Sieward wartet schon« —- ,,Sie sind ein
ssmsth Kerl, Don Ramon, uns- in die
. er Glutpfanne mit Champagner zu küh
len-« T Solche und ähnliche Aeußerun
gen ertonen ringsumher, der Spanier
kommt in immer größere Aufregung.
-,?5unszig Franken, Regrito, schnellt«
«Ton Ramon ruft es fast nicht mehr,
die ciimme schnappt ihm bereits über.
Ihn hat der Koller gepackt, der den
Firergesechten immer wieder einen fana
iifclsen Anhängertreis liefert.
Der Neger überlegt. Fünfzig Francs
sind ein Vermögen für ihn. Er braucht
dann keine Kohlen mehr zu schleppen, er
tann sich ein altes Fischerboot taufen.
in einigen Jahren, wenn der Verdienst
gut rit, vielleicht auch ein Häuschen drü
ben auf St. Antonio. Er kann seine
Ariith heirathen, die treulich warten
wird, und dann kann auch die alte Mut
ter zu ihm kommen und bei dem Sohn ;
ihre Tage beschließen.
»Ich will es versuchen, Sefior'«. Der
junge Mann richtet fich auf und macht
siclk bereit zu dem ungeheuren Wagniß.
Don Ramon wird eine Nuance bläsfer,
das-«- Spiel mit einem Menschenleben
fällt ihm doch nicht so leicht. Aber er
kann nicht mehr zurück.
,,Bueno, .1nein Junge, viel Glück
denn.«
Ter alte Kapitän hat stumm zugehört
nnd nur mißbilligend den Kopf geschüt-· ;
teir. Jetzt redet er.
»Dauert Sie den jungen Menschen
,3n:iirt, Don Namen es teifkt Gott der- .
fi:cken.«
»Nicht nickt, Zesior Fixpitän und
iilserdies sehen Sie dort? Eit- ifis nun
fdjon zu fpät.«
Ter Jüngling trat den Schau abge
legt. ,,Griif-,e die Mutter und ernih«, «
fliif:erte er feinem Begleiter ,u, dann
fturzte er fieh iopiiiber in rie See, und
hoctjauf schlagen rie Wellen iiker ihm zu: ,
s is. rinnen.
Tie ganze Schiffggefellsctjaft
eilt in «
neuerlxafter Haft auf das Dien. Jeder E
will der erfte sein, der den tollliihnens
Neger wieder auftauchen sieht.
»Jetzt könnte er kommen, drei Minu
ten sind um.« All-er Augen haften auf
der ruhigen Wasserfläche. Don Ramon
drückt sich die scharfe Kante des Gelän
ders tief in die Hand, ohne es in der
Aufregung zu beachten.
Aber kein Bläschen steigt auf. Still
und ruhig bleibt der Wasserfpiegel, bis
man nach langem Harren jede Hoffnung
aufgeben muß, den Armen leben-d wie-:
derzusehen. Das Geschrei auf den Regen
booten ist längst verstummt, die Führer
lenken heimwärts, fiir heute werden keine
Künste mehr gezeigt.
Der Steward ruft zum Lunch, und die
Passagiere begeben sich in denSpeifesaal.
Es schmeckt zwar niemand, aber man
will doch nicht als sentimental gelten.
Don Ramon hat sich am ersten mit der
Thatfache abgefunden. Er laut mit gu
tem Appetit an einem Fasanenfliigel
herum und läßt sich dazu ein Glas Ma
deira schmecken.
,,Caramba«, wendet er sich an seinen
Nachbar, »wenn der dumme Teufel fiir
fünfzig Franken sein Leben ristirt, mag
er doch auch mit den Folgen rechnen, und
dann überhaupt, schließlich ist ess- doch
immer nur ein Neger . .
-.-.---—-.s.-—.-s « .
Der tkizte Schuf-.
Ein Drama im ZirkuO von L e o n de
T n r i q u e.
J
Die ganze elegante Welt von Paris
strömte allabendlich im Jardins d’Et(
zusammen-, um den auf der Höhe seines
Ruhmes stehenden Salvatori zu bewun
dern. den berühmten italienischen-Kunst
Schützen
Und in der That rechtfertigte Sah
batori durch seine erstaunliche Geschd
lichkeit volltommen die Begeisterung die
er den Pariserns eingeslößt hatte. Man
mußte es sehen, wie schön er war, groß
und schlank in— seinem knappen Kostiim,
wenn er die Glas- und Porzellankugeln
in die Lust warf und sie im Fluge durch
einen- Karabinerschuß zerschmetterte. —
Unsd niemals eine falsche Wendung, eine
ungtaziöse Bewegung. Scheinbar ohne
zu zielen, nur wie zufällig drückte er ab
und niemals-s verfehlte er eine Kugel.
Während seiner zahlreichen Kunstreisen
durch die ga e Welt führte Salvatori
einen jungen urschen, Namens Peppo,
mit sich. Dieser Junge sammelte die
zerbrochenew Kugeln aus, stellte die Ge
genstände an den bestimmten Orten aus
und hielt vor dem Publikum die Fla
schen unsd Karten, welche Salvatori
treffen wollte·
Uebrigens war es ein züslich ge
fährlicher Beruf, den Pepps susübte,
weil er- ihm bei der geringstrs falschen
thewetgunsg Salvatori’s das w kosten
vnn e.
Die Theaterbefucher, ins schen et
W
sich wahrend dee Zwischenakte unter
hielt, hatten- ihm öfter ihr Erstaunen
hierüber ausgedrückt I
»Pah!" sagte Pepr »die III-L
welche mich tödten soll, ist noch nicht ge
gossen . . . . und der Patron hat noch nie
salsch gezielt.«
Die Anderen schüttelten aber doch
mit dem Kopfe, a s Zeichen des Zwei
fels nnd die Tänzerinnen des Siedet
ten-— Ballet5, welches das Schauspiel be
schloß, machten auch kein-e sehr über
zeugten Mienen. Nur die kleine Pau
lette, die erste Statestin, welche fürdeei
Franig den Abend engagirt war, schien
Peppcks Vertrauen zu theilen !
. ,,Ql)! Was mich betrifft ..... mit
M( Salvatori würde ich mich vor Nichts
fürchten«, sa qte sie
Und ihre kleinen Kolleginnen ant
worteten ihr daraus:
»Nun ! Das ist nicht iibel . . .. du
bist verliebt in Salvatori ! . . . .«
e)
»Am Dienstag Abend wird sich der
Prinz von Wales in den Jardin d’Et6
begeben, wo er eine Prosceniumsloge ge
nommen hat ; ohne Zweifel wird sich
Salvatori, der große Kunstschätze, an
diesem Abend felbst übertreffen, um vor
Pein königlichen Zuschauer Ehre einzu
egen.« ·
Der Saal war überfällt Eins aus
gewähltes Publikum hatte sich eingefun
den. Stiler, der Direktor, der den Be
ginn der Vorstellung erwartete, lief auf
der Bühneumher.
Der Vorhang ging auf und der Direk
tor blieb während des ersten Theils der
Vorstellung in seinem Kabinet.
Er war ungefähr zwanzig Minuten
dort« als die Thiir heftig aufgerissen
wurde und Salvatori eintrat:
»Wir sind Verlorent«
»Na-Its Wie so? Was giebt’s
denn-.·'
»Ich finde soeben Peppo finnlos be
trunken«
»Was tiinnen wir dabei tl)un?«
,,Kein Mensch wird ihn vertreten
wollen ..... «
»Warten Sie . . .. wir wollen einmal
sel;en.«
Der Direktor ging hinaus und zog
Zaloatori hinter sich her
»Das- ganze Personal in das Künst
lerzimmer!« rief er dem Regisseur zu.
Fünf Minuten darauf waren alle
Sänger nnd Sängerinnen Ghmnaftiler
und Jongleure, Tänzer und Tänzerin
nen im großen Saale, der an die Bühne
stieß, versammelt
Stiler trat mit Saloatori ein. Er
nahm ein blaue-Z Papier aus-: feinem Por
tefeuille und schwenkte es in der Luft
»Peppo, welcher-gewöhnlich Mr. S:l
vatori unterstützt, kann heute Abend nicht
kommen. Dieses FünfhundertfrancH
billetde1n, welcher ihn vertreten will.«
Es ging eine Bewegung durch die
bunte Menge. Einige Hände wurden wie
gegen ihren Willen von der Macht des
Geldes angezogen, ausgestreckt, aber sie
wurden schnell wieder zurückgezogen und
es rührte fich Niemand.
Stiler zog einen zweiten Schein her
aug.
,,Taufend FranesP
Es herrschte tiefe Stille.
Der Direktor begriff, das; es unniitz
war, die Summe noch zu erhiihen
Das Geld machte es nicht aus-. Man
hatte Furcht.
Er steckte fein Geld wieder in die Ta
sche und war im Begriff, den Raum zu
verlassen, als eine kleine Tänzerin sich
zwischen ihren Kameradinnem hinter de
nen sie verschwand, hervordrängte und
schüchtern näher trat.
»Wenn Sie wollen, Herr Stiler, dann
werde ich Mr. Salvatori helfen.«
»Dn.... Paiilette?«
»Ja, Herr Stiler!«
Alle Welt war niikfser getreten und be
trachtete das Kind. Es war wirklich
noch ein Kind, kaum fiebzehn Jahre alt,
bildhiibsch mit ihrem kraufen blonden
Haar und ihrem rosa Kostiim als Cre
vette. Mit ihrem ebenfalls rosa Nacken
und den rosa Schuhen erinnerte sie an
jene zarten Porzellanpuppen, die man in
den Schaufenftern der Spielwaarenläden
kl«I-L
IDEAL
,,Da, mein Rind. bait Du die tausend
Franc-IX
»Ich danke, Herr Stiler, ich helfe Mr.
Salvatori, weil es mir Vergnügen
macht.«
»Es macht Dir Vergnügen, das ist
etwas Anderes, das ist Deine Sache,·
erwiderte Stiler, ganz entzückt darüber,
so wohlseilen Kauss aus der Verlegen
heit zu kommen.
Und er entfernte sich, während Sal
vatori Paulette hinter eine Kvulisse
führte, um ihr einige unurngiinglich
nothwendige Llnleitungen zu geben.
IT
Es war ein riesiger Erfolg. Niemals
hatte Salvatori soviel Kraft und Ge
schicklichkeit entwickelt und soviel Beweise
von Sicherheit gegeben, wie dieses Mal.
Der Schütze war sich ganz tlar dar
über, daß Paulettes Auftreten an feiner
Seite seinen Erfolg noch erhöhen und be
festigen würde. Jhre Gegenwart, von dem
doppelten Reize weiblicher Anmuth nnd -
eines gewissen Geheimnisses umgeben,
schmeichelte dem Auge des Publikums
und eregte seine Neugierde.
Salvatori hatte sich bald nach allem
erkundigt. Panlette war ein anständige-s
Mädchen, die naiv und unbewußt in die
bizarre Welt eingetreten war, mt« der ein
zigen Absicht, ihre alte Mutt« zu un
terstithen Andererseits hatt-. er ej nicht
verhindern können. lebhaft gerührt zu
sein vondem Beweise von Vertrauen d
sie ihm weben hatte. und da sie reizt-i
seid e- ÆWDSS schwade Ie
bevollere und treuete rau finden zu WI
nen, so heirathete er re.
Damit erfüllten sich Paulettet Träu
me. Salvatori war ihr Ideal, ihn Gott
Als fah ihr die Gelegenheit bot, Peppos
Stelle einzunehmen, da dachte sie an kein
anderes Interesse, keine Berechnung da
bei. Ein dankendes Wort. ein freundli
ches Lächeln von Salvatori und sie wäre
genügend belohnt gewesen. Sie dachte
denn auch, als er ihr anbot, sie zu heira
then, daß sie auf der Stelle sterben müß
te. Aber, wenn die Freude auch Schreck er
regt, so tödtet sie doch nicht
Nach ihrer Heirath begleitete Paulette
ihren Mann auf seinen Wanderzügew
durch die Verschiedenen Hauptstadte.
Sie weiht ihm die glühendste Anbe
tung. Er betet sie übrigens auch an und
sie sind wirklich dac« reizendste Paar, das
man nur sehen kann.
4.
Wenn man bis aus die Höhe des Glu
ckes hinauf gelangt ist . . . acht dann muß
man recht häufig auf der anderen Seite
wieder hinabsteigen. Paulette war zu
glücklich gewesen . . . und nach drei Jah
ren voller Glückseligkeit und gegenseiti
ger Liebe mußte sie um so grausamer die
ersten Zeichen des Schmerzes empfinden
Salvatori fuhr allerdings fort, sich tvk
früher seiner Frau gegenüber sehr aqu
merksam zu zeigen. Er kam ihren Wün
schen nach, ja, suchte ihnen sogar mituntek
zuvorzukommen, aber es war nicht mehr
dasselbe, und Paulette fühlte recht wohl,
daß sie nicht mehr Alleinherrscherin ins
Herzen ihres Mannes war·
Nichts von Seufzern, von Thräneky
ron Koketterie.
Sie blieb dein ganzen Tag über in ei
nen Lehnstuhl versunken, allein, unbe
weglich, abwesend, wie ein armer Vogel,
dem an die Flügel beschnitten hat und
der sich wundert, daß er nicht mehr zum
Himmel fliegen kann.
Sie dachte: »Er hat mich aeli«el)t. Ich
habe zwei Jahre lang sein Herz, seine
Seele, sein Leben besessen. Acht Das
Glück ist recht kurz in dieser Welt. Nun
ist Alleg- zu Ende. Und wenn Alles zu
Ende ist. lvae thue ich dann noch auf die
ser Wett?«
Sie Ziirnte ihm nicht deshalb, ihm
nntttf
Sie hegte auch keinen Hase gegen ir
gend eine· Andere.
Zwei Jahre vollkommenen Glückes!
---- Daran hätte sie sich halten können,
aber ihr Herz konnte sich nicht in solche
Verlassenheit, solche Einsamkeit finden
Sie konnt-e nicht!
Nach zweijähriger Abwesenheit lant
Salvatori wieder in den Jardin d’6t6i
zurück. Der Saal war glänzend gefüllt-,
die ganze Presse anwesend, es war wie
eine Premiikre Salvaiori tritt aus die
Bühne, von Paulette begleitet.
Die Darstellungen beginnen.
Paulette wirst die Kugeln in die M
Ielche Salvatori spielend durchlöchert
Dann kommt die Bändertour, und II
Scheibentour, und die Flaschentour.
Man hatte gellatscht, daß die Wändc«
beben. Es bleibt nur noch die Rosen-,
tour übrig, die letzte. Paulette nimmt
eine Rose aus einem bereitstehendeu
Körbchen, sie tritt in die- Mitte der B"h
ne, grüßt die Zuschauer und nimmttitik
Rose zwischen die Zähne, es ist ein so
kurzer Stengel, daß das Publikum zit
tert bei dem Gedanken an die Gefahr«
welcher sie sich aussetzt. Sie blickt einen
Moment auf die rechte Prosceniumslogc
wo eine Frau thront, welche dem
Schützen zulächelt. Dann wirst sie einen
letzten Blick auf Salvatori, der dies Lä
cheln erwidert. Sie machte eine flüchtige
Bewegung wie eine mustische Anrusung«
oder das Zeichen des Kreuzes, stellt sichf
dann im Profil auf, hält sich gerade unds
unbeweglich und neigt im letzten Moment«
unmerklich das Haupt.
Der Schuß geht los und Paulette sinkt
todt anf die Bühne nieder.
— s- —-·0.-—— - - «
G e f ä k) r l i ch.
A.: »Wer send denn die zwei Damen
Dort-Z«
B.: »Oh, das ist ein gesäbtlichess
Paar. Die Tochter möchte sich zu gem·
verheirathen nnd da läuft nun die Mut
tee den ganzen Tag mit gezücktem Segm’
umhet.«
Vl u!
Weinreisender: »Kellnee, sagen Sit,
mal, das Kalb, von dem die Schmäyck
hier sind, war wohl unglücklich ver
liebt?«
Kellner: »Warum denn, mein Hex-AK
Weinteissenden »Nun, das Fleisch ist«
ja jetzt noch voller S e h n e n.«
Angemessene Räutnlichleü
t e n. «
Gläubiget: «ernee soll ich stunden
lang im Wartezimmek bleiben, und ich
warte doch schon so lange aus mein Geld..
Wann werde ich es Denn endlich em
pfangen?«
Diener: »Wenn ich Sie werde in« des
Empfangssalon bitten.«
Aus der Eisenbahn
Er: »Das habe ich doch sein ange
stellt, daß wir das Coupez ganz file uns
allein bekommen haben.«
Sie: »Wie hast Du denn das ge
macht?«
Er: »Ich habe allen Leuten, die eis
stei n wollten, sesa t. Du wärst Its
t t, und ich müßte nach dem III
sim Jkrenhanse ttanspotklkens.« t)