Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 05, 1900, Sonntags-Blatt., Image 12

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    W
’ c Meint m
Miso Aste Smesusser.
ist-II
Denke Se nor empl, der alte, krum
me, oahlhettet Schuster, wo ich sot
en Ptoicsset for unser Singen Sas
seiethee g;heiett hen, hot e Masch an
die Mtß Bacherach gemacht. Un was
das Schlimmste dabei is« die Schmut
nos is- dett stock an ihn. Jch hen schon
entol zu se gesproche un hen zu se ne
saat« sie sollt doch kein Fahl aus sich
mache, der Professur wär ja alt genug,
for iot Gränpa zu sein, do bot akowet
das siissige Ding ges.1gt: »Missu5
Sauerämper, newwet meind das; Sie
besser dan sot sich selbst ausgucke, do
hätte Se plentie zu onlin. Ich sin off
Kohtg noch lang nit so alte wie Sie,
answer doch alt genug-, for mich selbst
aus«-auch Sie wisse, dent ich, gut
genug, daß es e arig große Differenz
in Tehft gibt und wann ich der Mister
Sauer. mpfet for Jnslenz wär, dann
hätt ich Jhne auch nit geheieath, sieh?«
Jch tann Jhne sage, ich sin state
stumm und sprachlos gewese, odder wie
met uss deitsch sage duht, ich sin
dummsaundet gewese. So ebbes is
mich in mei ganzes Lewe noch nit ge
häppend. Wann jetzt mein Hosbantz
der Mistet Saueeampset, do gewese
wär-. dann hätt et for das sässige Ding
gehn müsse. Awwer der Kanne dreibt
sich lietvet in Saut Astika erum un
will gege die Biuete seite un ich atme,
unalickliche Frau muß mich von so e
tunc-Xexes Ding insolte losse. Awwet
nett-wer Meind. hen ich zu mich ge
denkt, ich wet’n schon mit das sässige
Dina·iewen wer’n. Jch hen gesa t:
«Luctehi-et, Miß Bachetach, ufs Jgre
große Jugend brauche Se sich nit so
atiq viel einzubilde, bikahs wie ich
lohnfehttnt sin worde, do hen Sie schon
de ekschte Backezahn gepullt kriegt un
ich ben schon en oerheieathe Bub. Was
die Gutauckigteit anbetrifft, well do
kann ntek oon e dissetente Oppinjien
sein. Ich lsen doch en Mann kriegt un
Sie mit Ihre Schönheit un Gutgnckjg
reit gemwe sich aue wag oie graste
Mith, einen zu täckele un weil se kein
Sockzcsz mit den, do sin Se jetzt
schwiet an den alte bahlhett et Profes
ser Mein Harz-band bot sich sein Bibl
bett wenigstens erscht ncch die Wetting
gerehst. Dann will ich Jhne noch den
Ettweis gen-we, daß Se in Zukunft
Jhne Jbr Mailche nit so spaziere gehn
lasse stille, sonst könne Se emol eine
drusf geponscht kriege, daß es noch
größer werd, wie's schon is, un daß die
Obre Kompenie kriege. So, jeht stoppe
Se das in Jhne Ihre Peis un schmote
Se’8.« Domit hen ich se stehn lofse
seen sin sort. awwer ich denke. daß die
Bacherachsschen jetzt die intimste Fein
din is wo ich den, ein-wer ich geb nicks
drum. Weil jetzt will ich emol dagi
dumme Diebe ganz aus den Spiel lasse
ein Sehne liewer verzehle, was es in un- i
see Singen Sasseiethee Neues geiowe
duht Well mir hen sehr schöne Zorti »
schritte gemacht un mir den schon zwei .
aria harte Lieder singe könne. Der»
Broscsset bot gesagt, er wär sehr sat- i
tisseit mit uns un wann mer so fort
mache debte, dann dehte mir einige
Singen Sasseiethee in die Konttrie s
biete Mir hätte Weuses, so ebbes 4
hätt er in sei aanies Leroe nit gehörtJ
Er hätt nie nit gedenkt, daß aus en (
siemehi Busem so Stimme erauå
könnte komme. Well, ois Kohrs war »
das Kompliment «nehrschdendeelg for
mich« bitahs ich hen gut genug gen-ißt,
daß ich mit meine Weus die ganze
Gäna umbringe tonnt un dobei hen ich
mich noch nit emol losgelasse, wie ich
ebbet war. Wisse Se, ich den immer
gedenkt, ich muß dene annere arme
Dinger mit ihre dünne Stimmercher
doch auch e Tichehns gen-we Mit
meine Weils toär ich im Stand gewese.
de ganze Pilgertohr aus die Jungfrau
von Obrleans ganz allein zu sin e!
Well mir den awwer auch in die ers e
Zeit jede Woch drei Singstunde ge
habt. Ich hätt am liebste sor vier er
rehnscht, denn wär die Bacherach’sen
so heiser geworde, daß se nor noch hätt
piepse getönnt, awwer ich sin essreht
gewese, mei Stimm dedt dann auch
anzgewwe un dann wär doch der ganze
Ionn gespeult gewese. Jn die tetzte
Singstund do hen ich die Mohschen ge
macht, daß mer for e Konzert errehm
sche sollt, bitadz mir konnte genug
leiste. awwer der Brosesser sagt, das
tönnte mer nor dudn, wann Utxemand
tn die Habt gelosse deht wer'n sor zu
zuhörez wann mer for das Konzert
auch nor en Nicket for Ettmischen
tschartsche bebt-, dann hätt jeder
Mensch wo e Ticket tause bebt, de
schönste Kehs for e Demmetsch Saht
geqe die Lahdsch un unsere Membersch
müßte mer zuerscht in e Ecksidenz Jn
schuhrenzekntausr. Sell sen ofs Ko rs
alles nor Schohks gewese, awwer ich
Itm so en Taht doch nit gegliche. Ich
den for den Riesen auch gesagt: »Leh
dtes un Schweschtere, was mir leiste
könne, daß wisse mer, un deßhalb sin
ich auch desor gewese, daß mer unner
alle Zirkumstenzes e Kanzert un en
Saht abhalte. Wisse Se, wann ge
danzt werd, dann timmt die Kraut un
mir ruhn e gutes Bißnez, sor das
Kanzert do gibt doch Niemand ebbes
drum. ich kenne das, sell ts tn alle Sin
qeee Sasseiethees das staatliche Die
Seit wolle nor dauze un Bierche drin
tr. as dai ts ta auch schließlich die
Wsas M das Lied gesunge
u km Mäsk- Je s- ue am- kläva
iixtmus sent-M das-« sma
M —
—-.—-.,· .
stanne it un se fickekn dann schon, wie
lang V noch nimmt, bis-he daß se
wablze könne. Well. ich hen mei Moh
ichen so streng gemacht, daß Niemand
mehr getickt hat un die Mohfchen war
gefertiei. Met den dann auch gleich
den Dedt gesickst, hen die verschiedene
Kammitthees epeunted un dann war
die Sach im Gang. Osf Koth hen ich
e ganze Latt Aemtee kriegt, bikabs ich
sin die beste gewese, wo se gehabt heu.
Ich war an das Ticket Kammittbee,
an das Mut-sit Kammitkhee, an das
Ptohptamm Kammitthze nn an e hil
wes Dutzend annere. Do den ich
schaffe qemüßt wie en Ricket, awwer ich
gleiche so ebbcs zu ruhn. un wann
dann das Entertebnment en Sockzefz
ist, dann kann mer auch tlehme, daß
met dazu aedolfe bot. Jn mein nächste
Schreiwebtief kann ich Jhne schon Rie
vnrt mache, spie das Ding geschafft l;ot.
Mit viele Nüaabrds
Jutbs anlie
Missus Lizzie Saueratnvfer,
geb. Hansstenget
Der Agitator-.
i
Skizze aus dem bulgarischen Leben.
Eines Tages —- so erzählte der alJ
Arzt und Jager beftbelannte Sofianer
Doktor M. —- cines Tages streifte ich
mit der Flinte in der Umaegend von
Sofia herum und lam in das Dorf
Gvrni ngrom tva ich übernachtete.
Jch and Unterlinst im hause des al
ten uers Minerv. eines wohlhaben
den, tüchtigen. braven Landmanne3.
Dort eben lernte ich den jungen
Staitfchlo tenden. von dem ich Jhnen
serzählen will. Staitschlv war der
Sohn des alten Minerv. Cir: kräftiger
und arbeitsamer Bursche, fröhlich und
gesund. Er versah die Arbeit auf des
Vaters Besitzthum, bearbeitete den
Ader, schaute nach den Thieren und be
sorgte all die verschiedenen bäuerlichen
Obliegenheiten« die sein ganzes Inte
resse in Anspruch nahmen.77iir anderes
hatte er leinen Sinn. es erschien ihm
nichtig und gleichgültig Des alten
Minerv Antlitz leuchtete beim Anblick
dieses seines einzigen Sohnes, der die
Freude und Stütze seines Alters war. -
Ich weiß nicht. warum, aber auch ich »
faßte Zuneiauna zu dem Burschen und :
empfand eine inniae Genuqthuung bei -
Betrachtung dicses glücklichen hinterli
chen haustvefens.
Als ich des Moraens bei Sonnen
aufgang das Darf verließ, fand ich den -
jungen Bauer schon in voller Tbötiq
leit. Er war aus dem Felde und lenlie J
triftig den Lchsenvfluq. Tiefe Furche-r s
schnitt die Pflugschai in den Acker und :
munter flog die lvclere Erde darunter (
hervor und ich dachte freudigen Der
zens an die schsne Ernte, die das ges
ben wird. Staitschlv erlannte mich,
winkte mir zum Abschied fröhlich int:
der band und feste ein-Unterbrechung T
die Arbeit fort. Als ich mich nach ei- f
ner Weile umnandtr. gewahrte ich am T
Horizonte die Unsrisfe der Rinder und I
des Pflüaenden und sie eschienen mir l
wie ein Symbol des Fleißes und des I
G:ttessegens. 1
« A .
— s s i
Etwa drei Jahre später überdrachite i
Dir ein Bote aus dem Ministerium l
ein dienstliche-S Schreiben- Der jun-je I
Mensch machte einen günstigen Ein- s
truck auf mich. Nicht etwa, weil er in ’
seiner Unisorm mit den farbigen Aus-«
sclsliiaen recht stattlich aussah, sondern
treil seine Erscheinuna in mir die Er- d
inneruna an irae-nd etwas freundlich-Z
U.d schönes erweckte, das ich einit ce- i
schen oder aehört baten mußte. Seine i
Züae lainen mir bekannt ror, nur
trußte ich nicht gleich, wobei. So re
tete i ihn denn an: .Mir scheint,
ich so te Dich kennenl«
»Gewiß, Her Toltor,« entgegnete er,
»wir haben uns schon einmal gesehen.'·
»Wer denn?«
»Jn Gorni Beginn-, Sie übernachte
tcn damals bei uns.«
Ich begann ihn auseufragem Er
erzählte, dasi er nun schon seit einem i
Jahre Bote im Ministerium sei. Ich i
wollte mich nach tem alten Vater Mi
nerv ertundiaen. wollte erforschen, was ;
J den jungen Menschen bewoaen habe, «
» Von Feld und Vater sortzuziehen und
; die Arbeit auf "oer heimathlichenSchocle
j im Stiche zu lassen. warum er daz
» stolze Kleid des unabkönaiqen Land
; inannes vertauscht bade mit erniedri
gender Lalaientracht —- doch ich wurde
zu einem Kranken gerufen und mußte
forteilen. Die Benennung hinterließ
jedoch eine peinliche Empfinduna in
mir. Ich mußte immer an diesen
Staitschto in der Botenuniform den
ten und hätte ihn mir doch so aern
dargestellt, wie ich ibn das erste Mal
gesehen, hoch aufgerichtet und stolz im
bäuerlichenLodenrock hinter dem s egens
spendenden Pfluge« durch die dunklen
Furchen des Ackerz schreitend. Und ich
erinnerte mich rnit Web-amtli, wie er
mir damals-, ein Gleichaestellter und
Ebenbiirtiaer. offenen Blickes und
vertraulich zum Abschied winkte. Wel
cher böse Geist maa ihn ergriffen nnd
hierher geschleppt haben, wie kommen
die Ministerialbriefe in diese hand,
die doch zu arbeiten bat fitr den alten
Vater Minetv und für das bulgarische
Vaterlandt . .
Und noch ein drittes Mal liege ete
ich unserem Staitschto. In verna läs
sigter und unsauberer städtischer Klei
dn . schlenderte er milden Ganges
dur die Straßen von Sosien Ich
sprach ihn an. Er erzählte, da man
ihn aus dem Dienst entlassen hc und
bat am meine Verwenan damit er
wieder ans sote aufgenommen werde.
»Hm st- aut eise- we ich
ihm. mach da Du zu Deinem Vater
ten-näh Leck er denn . llberhaupt
nachs«
»Er lebt,« antwortete er verlegen.
.Und wer hilft ihm bei der Arbeits«
»Statlichto blieb die Antwort fchul
drg.
»Warum gehst Du nicht heim und
schaqu nicht-Zu Deinen Sachen; Du
haft Arbeit genug daheim. warum
furgt Du hier Dienfti«
taitfchto ließ Arme und Dauot
sinlcn und erwiderte nichts. Jch aber
verstand, was in ihm vorging. Er war
fiir die Arbeit verloren. Er hatte Ge
fäallen gefunden an dem Leben eines
agediebes und die Arbeit erschien
ihm nur mhr als eine unerträgliche
Last. Jch wollte ihm eindringlich-e Vor
stellungen machen« aber er blickte mich
plötzlich herausfordetnd ’und spöttisch
an, als wallte er mich fragen: »Ja,
ncrum gehst denn Du nicht hinaus
auf das Feld, um zu ackern?« Das
war nicht mehr der alte Staitfchlo. Er
war ein ganz Anderer geworden, ver
stört, Verfahan und zu nichts mehr
nütze. nd ich fragte mich wieder, wer
die Schuld daran trage. wer riefen
Menschen verführt hatte, daß er die
Zahl der Nichtztbrer in der Haupt
ftadt vermehre, die Zahl der hunger
leider, die auf die Gelegenheit lungern,
um sich wie aieriaez Gefchmeifz auf die
großen und kleian Neaierunasftellen
zu ftiirzerr Ich dachte auch an den Va
ter Mitten-, wie er fent allein und ver
lassen fei in feinem Alter und Sehn
sucht trage nach feinem einiiaen Sohn.
Wer maa wolpl ietzt die Arbeit auf
dem Felde befargenf Armee Vater
Mitten-!
- «- -
Wieder vergingen zwei oder drei
Jahre. Staittctzto war mir aus den
Augen gekommen. Jch glaubte, daß er,
les städtischen Lebens satt und uvers
drüssi . in das heimathliche Dorf zu
rückgefhert sei. Der Gedanke freute
mich. Jch nahm mir vor, demnächst
wieder nach Gorni Bogrow auf die
Jagd zu gehen, um den Alten zu be
uchen und mich persönlich davon zu
» überzeugen, daß der verlorene Sohn
reuig zu seiner Pflicht und zur ehrli
chen Feldarveit zurückgetehrt sei. Jckt
freute mich. tls ob’s mich persönlich
anginge. Jn solche Gedanken versun
ken, kam ich aus den Sveti Kral-Play.
Da hörte ich auf einmal Lärm und ge
wahrte vie! Balk. Eine große Ver
sammlung wurde abgehalten. Man
demonstrirte gegen die Regierung. Al
lerlei Rufe schlugen an mein Ohr.
»den-di —- Bravo! —- Nieder mit der
Regierungs — Hurrah!' so tönte es
aus vielen Kehlen zugleich. Lärmend
wälzte sicks die Menge wie ein Strom
durch die Gassen. Ich wollte auswei
chen, da wankte eine an»etruntene
Rette dicht an mir vorbei. ch blickte
tm mich und erkannte unter den Ta
bentsen meinen alten Bekannten
Staitschlv Minew aus Gvrni Bo
asom Er schrie am lautesten vcn
Allen. Jch weiß nicht. ob er mich ers
tannt dat. Ich vermied es, mit ihm
in Berührung zu tommen. Ein un
sagbar veinliches Gefühl beschlich rnickx
Dahin also war es aetomtnen, so hatte
sich das Schicksal erfüllt. Staitsch·o
macht ietzt Politik! Und bis Zu mei
nem Hause verfolgte mich Staitsalzth
lfeisereö Geschrei.
c
Es fügte sich, daß ich nach einiger
Zeit wieder nach worni Bogroiv tanL
Mein Erste-Z war, mich nach oem alten
Minew umzuseh.«n. Jch vernahm, dasz
es nicht mehr unter den Lebenden
weilte. Schwere Zeiten hatte er
curchgemacht, seit it,n sein Sohn ver
lussn. Vor Jahresfrist war er gestor
ben. Die alte lrante Mutter Winktv
traf ich noch an. Sie begann zu wei
nen, als sie mich erblickte. lieber
Ziaitsaxlo sprach sie wie über einen
Verstorbenen Halte ich ihr sagen sol
len, daß ihr Sonn in der That fiir sie
in der Tizat und fiir sich selbst gestor
ben und verdorben sei?
Die Lust zur Jagd war mir ver
gangen und am nächsten Morgen
machte ich mich auf den Heimweg nach
Sofia· Als ich aus dem Dorfe trat.
blickte ich linterlzand auf die Felder
des Vaters Minerv. Sie waren ver
ödet. Seit Jahren wucherie Unkraut
und Dorngesträuch auf ihnen. Uno
wieder trat vor mein aeistiqes Auge
jenes schöne Bild, als der fröhliche und
freie Staitschro mir zum Abschied
Grüße wintte und der esegnete bultza
» rische Pflug tiefe Flian in den Acker
« zog. Wo wohl Staitschto jeno weilen
« mag? Nie mehr wird er als unabhän
s giger Mann auf diesen Feldern sein
Brod erarbeiten. Als wüster Schreier
I auf den Straßen und in den Ber
sammlunaen wird er bis an's Lebens
ende sein jammerrolles Dasein fristen.
Eise s te Geschichte.
Von Anders Erildbolra Deutsch von
Wihelm Arnald Christian
Das aPsiarat lag still und friedlich
leich neben dem Dorf. Aus der Wahn
be hatte mandie Aussicht auf ein
langes Stück der Landstra e, bis sie
nach Westen abbog und im lde ver
and.
Die Landstraße war die einzige Ab
wechslung in dem einförmigen Leben«
das man im Pastorat führ-te. Sie war
ein Bote aus der großen Welt. Man
sprach iiber die Nachrichten in des Zei
tungen, die der Bote brachte, aber man
ließ sich dadurch· nicht in seiner Ruhe
stören. Ei gab siir den Boten ja keine
besonderen Angeleaenbciten im use.
Man hatte da alles so bebasli und
war so weit weg von Alle-. was in
der Welt vorging .
I rede- m geehr- tiikii m sem.
die aus der Lan-inmi- vorüber n.
ikerin Leute, dienen neither aenen
und einen weiten Weg zu machen hat
trit.
Es waren hölerinnen und Dzier,
die zum Markte fuhren, Fuhrleute init
bochbeladenen Waben. Gaukler, die
neben großen Wagen einherschrittew
und Scheernschlnsin
Die beiden in drr Wohnstube des
M sie-rate sahen iie alle, isnd die Höter
wie die Fuhrleute, die Gauller und
Scherenschleifer gaben, ohne es selbst
u wissen, ten stillen Stunden im Pei
sirsrat einen flüchtigen, aber bunten
Ji.balt.
Und wenn einmal ein Leichenioagen
lnin, dessen silbxrqliinzende Eclstangen
zwischen den schwarzen Gardinen tier
vrifchimmertem ergingen sich Vater
und Tochter lange in Verniuthungen
daruber wer es wohl sein tönnte, der
einen o lanqu Weg ziiriictleesen
mußte, um die letzte Ruhe zu finden.
Wenn es zu dainmern begann, stand
der Pastor aus« legte die Zeitungen
weg, zog seinentleberrock an und -ia!iin
feinen Hut, um seinen gewöhnlichen
Abendspaziergang u machen. »
Und zu gleicher « eit begab sichfsjraik
lein Augusta in die Küche. um Vorbe
reitungen siir das Abendessen zu tref
fen. ..
Fräulein Augusta deckte den Tisch
immer selbst und that das sorqsäktig
und mit Geschiiiack. Man sah es dem
schneeweißen Tischtuch an, daß es init
peinlicher Genauigteit gedeckt war und
im Tafelaufsatz fehlten selten Blumen
oder grüne Zweige.
Wenn der Pastor wieder heimkehrte,
war der Tisch gedeelt und das gemiiilp
liche Singen der Theemaschine lud zu
Ruhe und Erholung ein.
Der Pastor nahm seinen Platz in
der Sophaecke ein. Fräulein Augiiita
setzte sich in den Korbituhl ihm aerade
gegenuber. l;r Gedeck befand sich im
iner auf dein elben Plas, auch wenn
Gäste da waren.
Nach dem Abendelsen zog sich der
Pastor zurück, um bei einer Pfeife Ta
bat einige Seiten theolrgiscber Litera
tur zu genießen. Wenn er wirllich gu
ter Laune war, sc lag er seiner Tochter
aus einem belletristischen Werte vor,
neist etwas von Palzidan-Miiller,
Hauch oder Christian Winther, aber
dazwischen auch aus den alten griechi
schen Klassilern
Es tam wohl auch vor, daß der
Pastor in seiner trockenen, spaßhasten
Weise und indem er schelmisch hinter
seinen Brillsiigläsern mit den Augen
blinzel:e, kleine Züge und Erlebnisse
aus dem literarischen Leben aus seinen
jungen Tagen zu erzählen begann.
Aber wenn die Bornholmer Wand
uhr in der Wohnstube zehn schlug, war
eei still und dunlel im Paitorat. Die
beiden alten Leute gingen zeitig zur
Ruhe, um am nächsten Morgen das
selbe einförmige, stille Leben zu begin
nen.
Und so hatten Vater und Tochter ge
lebt, seit die Pastorin vor mehr als
zwanzig Jahren gestorben war.
I s O
Aber in ten letzten Tagen hatte Le
ben und Bewegung im Pastorat ge
herrscht.
Das hatte vie Landstraße gebracht
— die Landstraße, welche die einzige
Abwechslung in das stille Einerlei
der Stunden brachte.
Wo Höter und Fuhrleute. bis-aller
und Scheerenschleifer voroei·;ogen, da
batte es von Uniformen nnd blantcn
Waffen aeblitzL Soldaten zu Pferde
und zu Fuß« in größeren und lleikserrn
Abtheilungen, hatten den breitm irri
en Weg bevölte1t. Und tin ganze-J
Bataillon war mit Trompeten und
Trommeln und wehenden Fahnen rot
bewarf-bitt
Dae Truppen waren auf den-. Mar
lche zu Wanst-nähmqu die in der
Umgegend stattfinden sollten.
Einige oon ihnen rasteten im Dorfe,
wo ihnen Quartiere angewiesen wu
den.
zn den grossen niuen Hunknekn im
Paftorat wurden viele fremde Stim
men laut, und Fräulein Augusta
nsisszte itzre Zeit zwischen der Iläiche
und den lleinen Dachstuben theilen,
wo das Nachtlager sur die Gäste berei
tet werden sollte.
Es hatte Leben und Bewegung im
Pastorat geherrscht.
Auch heute erwartete man eine Ein
a1.artieru. . Husaren wurden ern-ar
tet. Um die hübschen Unisormen aus
der Nähe zu sehen, waren die Kinder
des Pächters wn acht und zehn Jah
ren, in's Pastorat herübergelornmein
Die Beiden hielten die Zeit am Fen
estr Wache, wahrend Fräulein Angnira
sich unaufhörlich ztvisckyn der Wohn
stube und der Küdx bin- und herbe
wegte« von wo ein starterBratengeruch.
jedesmal, wenn die Thüre geöffnet
wurde, hereindrang.
Fräulein Auausta war schrecklich
nervö«3. Sie trippelte mit kleinen,
schnellen Schritten umher, zog die
Schubladen aus den Schranken der
auö und vergaß sie wieder hineinzu
schieben und gab so viele widerspre
chende Besenle in der Küche, laß die
alte Dienerin nahe daran war, den
Kops zu verlieren.
Aber aus cseinem gewohnten Platz
am Fenster aß der Pastor mit seinen
Zeitungen und las mit unerschütterlis
cher Seelenrtche eine Pariser Cor
resvondenz darüber. too Drensus sich
nach seiner Freilassung befand.
Ab und zu blickte er mit einem satys
riscben Lächeln über die Brille.
»Nun, Ihr kleinen Mädchen, seht
Jbr ein-ask
Die-Kleinen schilttetten den Kopf.
Mist das aertnaste war zu sehen.
Mr pwslich gab die Iiiugm ein
um« von ein« wiss mur- ein«
Perser Punkt sitt-them Und der
arze unlt lani näher. Nun läls
« man deutich die ersten ren lrn
Galopp heran prenqen und nn eine
län e, lange eibe.
» .ciulein Augustal Fräulein Au
gut-ai«
Fräulein Auqufta war draußen in
der Küche. kenn aber schließlich herein.
heiß und roth im Gesicht.
«Fräulein Augustai Fräulein Au
gustus Kommen Sie doch schnellk
Mit halbverdrießlicher Miene trat
Fräulein Augustin an’s Fenster. Sie
ichien ar nicht aufgelegt zu lein, die
tindli Freude der beiden kleinen
Mädchen über den stattlichen Reiterzitg
u theilen. Es fch:en fast, als zwinge
fie sich, auf den Pomp zu sehen. Aber
ein nervöses Rucken des Mundes ver
rietb, daß sie nicht als ein vollkommen
gleichqiiltiger und uniteressirter Zu
schauer dastand.
Als die Schwadron auf einem in
ter Nähe gelegenen Felde Halt machte,
verschwand sie schnell in der Rückde·
Zehn Minuten später llopfte es an
der Thüre nnd ein junger Halsrin
Licutenant stand im Zimmer.
Sie saßen am Mittagstisch, der Pa
stor, der Lieutenant und spräu ein
Augustu, und das Mittagcien war
ausgezeichnet und machte bemFröulein
alle Ehre.
Der Leuiinant erzählte kleine Ge
schschten aus dem Manöver und der
Paitor lächelte und war Von ausge
zeichneter Liebenstvürdigleit gegen sei
nen Gast.
Fräulein Augusta aber saß stumm
d
a.
Wenn sie sich unbemerkt glaubte, be
trachtete sie den jungen Fremden. Sein
blondeö bichtgelocktes Haar. die leth
qeboqene Nase und die seinen regelma
skiqen Züge hatten eine alteErinnerung
in ihr erweckt.
Er hatte sich gleich dargestellt und
sein Name tqu dazu bei. vie Erinne
runa festzuhalten
«Lieutenant Bang· Lieutenanl
Bang«· tlang es in ihren Ohren. Und
der Name suhr so!t. wiederzulommem
monoton und ermüdend, wie einförmi
ges Glockengelöute.
Jm Laufe des Gespräches nannte
der Lieutenant die Namen von einian
seiner Verwandten und der Pasior
fragte:
»Es-ink- Sie nicht ein Sohn des
Obersten Bana?'
»Ganz recht. Sie kennen also mei
nen Vater. Herr Pastor i«
»Ja, das eiszt, Jhr Vater hat ein
mal hier im asiorat im Quartier ges »
legen — so wie Sie jetzt-' T
«D-Js ist amiisanti Und bat er bser i
in diesem selben Zimmer aegessen?« (
»Ja, und aus demselben May wie ·
Sie." I
»Bist wie viel Jahren war das-· i
.Vor siinsundzwanzicp sechsund
zwanzig Jahren wenn ieh mich nicht
irre.
Die alte Narrn lam mit drm Dessert
in’H Zimmer. Fräulein Auauita nat-m
ihr die Schüssel ab und servirtr.
»Bitte, Herr Lieutenant.' i
Jnre Stimme tlana scharf end
fremd, so daß der Pastor seine Tochter
ansah. Sie hatte rohte Flecken an ten l
Schlaer und ihre Hände zitterten. 1
.Ach, wie unvorsichtig war das doch
von mir," dachte er, .diese Sache zu
berühren.«
Dienste August-if saate er, so
neich er tonnie, »nur hast Du wieder
tie dummen Kopfschmerzenisp
»(E-ind Sie sehr neu-bei« fragte der
Liiutenant.
»Ols nein! Es pfleqt sckmrll vorüber
zuqehen Noch ein Stückchen Adsellw
then getällig, Herr Lieutenant7«
d« ..Dante, Sie sind sehr liebenswür
ia·«
Man stand vom Tisckx aus. Der
Lieutenant erhielt die Erlaubniß« sich
eine von den vielen Pseifen desPastors
auszuwöhlen troraus die herren ras
Speise«zimmer verließen. Der alten
klaren war ausgetragen worden« den
Kaiser tin Bibliothetäzimmer zu ser
viren.
Fräulein Auqnsta war hinaus in
den Garten gegangen. Die Lust war
frisch und Hatt-Lin hoher, blauer Sep
temberhiinmei wölbte sich iiber dir
Erde und unten am horizont zog sich
eine weiße Wollenschicht hin. Am
Spalier unten vor der Veranda bliLhJ
ten Theerosen, aelbe und rothe.
Fräulein Augusia blieb lange stehen
und betrachtete eine rathe Rose, die
von den ariinen Blättern halb verdeckt
war. Ihre Hand ballte sich zusam
men, aber etwas später umspielte ein
spöttisches Lächeln ihren Mund.
Wie schwach war sie doch gewesen.
Sich durch eine so alte Geschichte, eine
so alte, dumme Geschichte ausregen zu
lassen. Mein Gott, wo hatte sie ihren
Verstand qehabti Das was so lange
Jahre todt und vergessen gewesen war,
—- sollte es wieder Macht über sie ge
winnen und ihre Sinne mit Unruhe
erfüllen? Sie hatte ja da drinnen im !
Speisezimmer ihr herz tlopsen fühlen
und das Blut hatte in ihren Schläsen ’
gehör-meet Dh,« wie lächerlich war s
das von ihr, der alten Jungfer, die sie J
war. «
Aber warum war das Schicksal so :
unbarmherzig, diesen sunaen Mann zu s
ihr zu senden? Nie hätte sie es sich i
traumen lassen, daß sein Sohn in ihr s
Heim treten, mit ihr am selben Tische i
speisen und unter demsean Dache wie s
sie schlafen würde.
Und die rothe Rose dort am Spalier
begann die alte, dumme Geschichte wie
der in erzählen die räulein Au
M W veranlaßt tie, sich zu
I Die alte Gesch e san zwei unse
. Leuten. die einma in diesem nen.
. unter diesen Bäumen spazieren se ans
aerttoarem Er hatteemeeotlie se
I nebst-list und sie ihr an die Brust ge
s steckt. und sie hatte seine Gabe lachelnd,
errötbend und glüaersiillt entgegenge
nommen. «
Als er Abschied nahm, hatte er ge
sagt, er werde wiederkommen
Ader er war nicht niedergekommen.
Sie hatte der sesten Fassung gelebt.
dasx er tommen werde, re hatte langg»
lange auf ihn gewartet. z,
Die rothe Rose verwellte, und die
Rosen aus ihren Wangen welkten mi
ihr. « s
Ein Jahr verging nach dem ande
ren. Aus limireaen hörte sie, daß et
aelJeirathet hatte. Seitdem fragte ftp-H
nicht mehr nach ihm. Sie versuchte
sich zu sagen, daß sein Loos und sem
Giiick sie nichts angängen, aber sie em
pfand schwer und bitter, daß sie ihr
Schicksal an seines aelniipst hatte.
Die rollte Rose bewahrte sie wie eine
tbeure Reliquie aus« als eine Erinne
runa an den lurzen Sommer ihrer
junaen Liebe.
Jn stillen Stunden holte sie sie het
vor. Dann stieg ein wundervollet
Duft- aus den verwellten Blättern,
und von diesem Dust berauscht,
träumte sie sich in das schöne Reich der
Phantasie ein.
Aber wenn der Traum u Ende
war, stand sie wieder in der elt det
Wirllich·eit —- und das Leben erwar
tete sie mit seinen Pflichten und An
sorderungeii.
OOO
Fräulein Augusta ging in der Lin
denallee auf und ab.
Wie sonderbar war eg, da er gelern
men war, ging es durch ihre Gedankeng
i wie sonderbar· war es, daß er gekom
men war.
Und sie fah den Schimmer von ai
tem Schmerz und alter Bitterkeit, der
den Namen· welchen er trug, umgeben
: hatte, wiederum llar und deutlich wie
» friilier vor sich.
Aber allmälig wurde sie ruhig. Dei
Schmerz verllana, die Bitterkeit gleich
falls. Und ein stiller, milder Frieden
blieb zurück. Es war, als ob die Ju
aendtriiume bei ibrein letztenAufloderu
die Schlacken weggebrannt hätten. —
Der Paitor und der junge Lieutes
nant traten auf die Veranda und la
men in den Garten. Fräulein Augusti
qina ihnen entaeeerk
,.Es ist ietzt besser.« sagte sie, als sie
dem unruhig fragenden Blick i res
Vaters entgegnete »Die frische uft
bat mir aut gethan«
Der Lieuienant hatte die Rosen ent
deckt und brach in Verwunderung ilber
sie aus.
Fräulein Augusia pflückte lächelnd
eine rotbe Rotbe und reichte sie ibm.
»Wie schön ist sie,« fagte er und roch
an den feinen Blättern. »Die herbst
blumen sind sowohl die schönsten, als
auch diejenigen, an denen wir die
größte Freude boben."
»Ja,'· sonte sie, und ibre Gedanken
lebrten zu den vergnnaenen Jugde
fahren Zurück. .Die Rose, welche zu
friih ihre Knospe entirltet, wird oft
vom Frost oder den rauhen Frühlings
winden getödtet«
A -
Bei csninen der letzten vorne men
Lock-reiten in London und « ari
inach1e man die Wahrnehmung daß
die dao Gefolge der Braut bildende
jungen Märchen statt deiJ bis dahin
iiblicizen mehr oder minder umfangrei
chen Bouauetg aus tusiitlichcn und ski
schen Blumen gefertigten Mufs :n der
Hand trugen. Sehr viel Geschmack und
ts-t.antasie toinmt bei der Herstellung
in Anwendung man tann siap kaum
einen reizvolteren Abschtusz einer ele
ganzen Tvilette der-ten. Bei der vvr
einigen Tagen stattgefunden-en Trau
i.rg einer enalischen Aristolracin er
sch.ei:en die sechs Brauijungsern in
gleichen Costiimen aus ceemefarbigem
Atlaß und blaßrosa Edisfon. Die
Zugenden der aus gelblichen Chrysan
tvemen zusamniengesegtem mit gelber
Seide abgsiitterten Muffg hatten eine
Umrandung von Mimosenz darunter
tam eine Falbcl von duftiqen Spi en
ihm Vorschein. Das Mittetstiick bil e
ten lose herabekängende Ranken rvsi
angehauchter Therrosen und Mai l« -
cheik Jeder dieser entzückenden « usse
toiirde an einer langen, mit Perlen
vrzierten Goldkette getragen. Die eiren
anslinlichen Werth darstelleneen Ket- .
tn waren das Geschent des Brauts
gamö. Jn Paris sah man kürzling
iiige Musfe von sehr aparier tr
tung. Diese waren aus Parmaveilchen
zusammengestellt, mit Zobel oder et-,
n«ilin nebst einem Volant von daß
lila Seide eingesaszt und sei ten in der
Mitte ein Ströußchen von · ubervsem
itr das tünstlerische Auge dürste e
aum etwas Reizenderes geben. at
eineKusammensteiluna von japanische
Ma liebchem die vom tiesen Gelb bi
zum goldigen Braun Wein, unte
Inischt mit Ranlen von röthlich gesät
tem Herbstlauv und Schlup en vv
türtisblauem Seidenbande. ie
Modistinnen der »Bitte Lumiere« pr
phezrien, werden dieBlumenmuese ba
als unentbehrlickxs Jubelin siir je
elegante Ball- und Gesellschafts-o
gelten.
III
Die Perlensischeret im Cvnchosln
im westlichen Tean bat sich im Lau
der lehten paar Jahre zu einer
ansehnlichen Industrie entwickelt
beschöstiat ietzt argen tausend Per
nenb Die cfiue ihr erzielten Einnahrn
tvee en au M«0001iihrlich ver
. schlagt.
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