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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Dec. 8, 1899)
i großmtilterleim III Lehnstuhl schläft Großmüiterlein, Die Hände müd’ im Schooß, die al ten; ——— « Um das Gesicht mit seinen Falten Juckt manchmal es wie Sonnenschein. Sie träumt. —- Zuriick um manches Jahr hat sie ihr Abendtraum getragen, Da schneller noch ihr Herz geschlagen, Da golden noch geglänzt ihr Haar. Sie träumt und lächelt still manchmal Wie lang der Weg, den sie gegangen, Von goldner Sonne Licht umfangen, Bis blaß und blasser ward der Strahl! — Sie itiiumt.——Jm fernen Westen sinkt Die Sonne hinter weißen Firnen, Und um die kalten Bergesstirnen Ein rother Schimmer seltsam blinkt. Ein letztes Träumen ist es auch. Das Berg und Thal noch still durch wehet. Und leis durch die Gefilde gehet Erloschnen Lichts Erinnrungshauch Nicht lange mehr-Hint- Fetd und Hain Umsäugt die Nacht mit ihren . Schleiern; — Richt long mehr —-— und für immer feiern . Wirst dann auch du. Großmütterleint E r n st Z a h n. W Reisebegegnunq. Nwelette ron"C.Wendlandt. Nach Konitz. Dirschau, Königsberg. Eydtiuhneni Einsteigen meine Her-r schastem einsteigen!« Die Klinael des einsteigenden Schaff-ins schrillte durch die Wartesiile, die Reisenden suchten eilig ihre Gepäclstiicte zusammen uno drängten durch die breiten Thüren, die emporsiihrten auf den großen düstercn Räson des Bahnhofes Friedrichstraszc rn. Als einer der letzten näherte sich dein Schnellzug ein nach neuester Mode. mit etwas gigerlhaster Eleganz geklei deter Herr. Die Gestalt, ehedem of senbar groß und stattlich, in müder. nachlässiger Haltung etwas nach vorn geneigt, das bereits gelichtet-: Haar, die schönem aber schlossen Iige des blas en Gesichts vollendeten den Typu eines alternden Lebemaniies. Er blickte in mehrere Anwes, sah. daß sie vollständig beer waren nno wandte sich schließlich an den Schaff— net, der mit dem Billetabstempeln sast sertig war. »Ist tein einigermaßen leeres Kupee mehr vorhanden? Zwei ter, Dirschau«. Der Schafsner risz eine Thür anf «Hier mein Herr, noch drei Plätze frei. Bitte einsteigen, es ist die höchie Zeit« Der Schaisner stempelte das illet, und der Herr stieg mit miß-— muthigem Achselzucken ein· Die Thü: wurde hinter ihm zugeschlagen, uno kaum hatte er ten Koffer ins Gepäctz netz befördert, so psifs auch schon dis: Lotomotide und der Zug setzte sich in Bewegung. — Jetzt erst, nachrem er sich niederge lassen, wars er unter den meist halb gesenkten, breiten Liedern hervor eins-i gleichgiltigen Blick auf die Mitreisen den, ein altes Ehepaar und eine Da me mit zwei Kindern. Und plötzlich öffneten sich seine eben noch so schläf-- ; eigen Augen schreckhast weit in unsJ gläubigem Staunen, in denen das-II erste Erschrecken rasch einen feindseli s gen, kalt verächtlichen Ausdruck Plan machte. Und dann sah eins vom an-l dern fort mit einer kleinen, eigenthiim- l lichen Bewegung, als wollten sie beides sagen: »Was gehst du mich noch anI'·s Die Mitreisenden hatten nichts del merkt; die Kinder schauten aus deius genstey und das alte Ehepaar war mit ! ädecker und Kursbuch beschäftigt. Durch die Ritzen der Fenster drang ein iner, scharfer Zug. Er wickeln-; sich ester in die schmiegsame Felldecke, verschränkte die Arme und lehnte sich in die Ecke, und während er nun an gelegentlich aus die öden, vorbeihusch: enden Felder schaute, zuckte ein häß licheö, kynisches Lächeln um seinen Mund-e- Berriickter Zufall, der ihn hier ’ mit seiner ehemaligen Frau, in das Elbe Kupee geführt, nach jahrelanger - rennungl Ah, was ging es ihn ans-l ,,tempi pass.atil« Er gab sich Mühep an fein Programm siir die nächstens Tage zu denken: heute also in Dir-! schau übernachten, Morgen nach Ma rienburg, die Burg besichtigen, und dann weiter nach Osterode zu den Jagden bei Deren v. Seiden. ,,Wo sie nur eigentlich hinfährt«, irrten seine Gedanten wieder ab; »Ost reus ßen ist doch wahrlich nicht das and. das sich lohnte, in je iger Zeit zu be suchen, wenn man ni t einen bestimm ten Zweck mit der Reise verbindet-« Ohne daß er es wußte, hatte er den Lops nach ihr gewandt und beobach tete sie heimlich. Jhr wohlgeformie3, energisches Prosil hob sich frisch und blühend von dem grauen Wagenpolster ab; die ehedem etwas zu schlanke Ge stalt schien voller geworden, der ele an te Pelz schmiegte sich weich den schonen armen an. Wie wohl sie aussah! iel schöner und blühender als da malt. IR, seht wandte sie den Kopf. Die Sen dilttst siir das Angestarrtwerden war al o noch dieselbe wie damals — die gro n, dunkelgrauen Au en streif ten ihn mit jenem tiihl ragenden,. Ieicht indignierten Blick, mit dem die säumte Frau das zudringliche Mar eines Ilubetannten abzuweisen pslegt. Er wt diesem Blick aus und versuchte spötti ch zu lächeln, aber es gelang ihn nicht. Sollte er aus der nächsten Station umsteigeni Nem, er wollte ihr zeigen, wie gleichgiltig ihn dies Zusammentreffen ließ. Und sic? Nun, sie würde aus demselben Grun de si en bleiben —- er kannte sie. « »F tütterchen«, sagte da plöglich eint weiche helle Kinderstimme, ,,giebt es denn hier gar keine Berge«. Und da fuhr er herum, sein Herz that einer. ganz eigenthümlichen raschen, starken Schlag- Während sich seine Blicke in das zartblasse, liebliche Kindergesicht bohrten, aus dem ein Paar stiller, ernsthafter Augen zu der Mutter auf-« sahen. »Das war Jna, seine kleine Jna, sein Kind! tWie alt war sie doch damals arwesen? Kaum drei Jahr wohl. tfr hatte nur eine unbestimmte aber seltsam wohl- nnd wehmuthende Erinnerung an ein zierliches, elfenhas. tcs Geschöpfchen mit langen, blonden Locken und zärtlichen Augen, das sich oft in zaghafter Liebtosung an ihn geschniicgt. Wie groß sie geworden war in den sechs Jahren — so lange war es wohl her. Und der stämmiae, kaum siebenjiiizs ri e Junge, der sich jetzt mit dem ener gischen ,,bei uns zu Hause ist es scho ner als hier« in das Gespräch mischte, das war se i n Junge. Damals war er ein dickes Baby, dessen Gegenwart ihm so ost lästig gewesen, war solch ein stämmiger, frischer, echter Junge geworden, der mit blisendem schwar n Augen unternehmend in die Welt schaute, mit se i ne n Augen. Ein seltsames Gefühl erwachte in ihm, ein niegelaniites, aber sobald er zur Ertenntniß tam, schüttelte er es energisch ab. Lächerlichi Sollte er jetzt aus seine alten Tage noch gesithlsdu selig« werden —- er, dem nie etwas ver haßter gewesen als Sentimentalität. der es stets siir das Dummste und Un oortheilhasteste gehalten? Aber er war entsetzlich nervös und abgesponnt, du« her wohl die Anwandiung. Er wolltet versuchen zu schlafen; sein gewohntes Schlafmittel tonnte er zwar leider jetzt nicht einnehmen, aber vielleicht wirkte das eintönige Gerassel einschlä sernd, und jetzt, wo er die Augen ge schlossen hielt, sah er wenigstens nichts don denen da drüben in der anderen Kupeehälstr. ; »Mutti, ob Lisette auch nicht ver-» gißt, meinem Hänschen Futter zu ge-; Ibens Weißt du noch, wie es heraus-s ;slog und ans meinem Finger pickte, Tgerade als wollte es Adieu sagen -« s »Mutti, sie doch mal, sieh! Dort lläust ein Hasel Hei, wie schnell der laufen tann —- ich glaube fast, noch schneller als ich.« i H »Sind wir nun schon über die ost « preußifche Grenze ?« i »Weißt du, Mütterchen, ich habe i schrecklichen Hungser«. J So llang es durcheinander wie lieb-—- s lliches Vogelgezwitscher, die weichr,s helle Stimme des Mädchens und diei etwas tiefere, lräftigere des Knabens und dazwischen immer wieder die der Mutter, weich und voll wie eine Glocke. Nein, an Schlasen war nicht zu denken, das fah er wohl ein. Er blinzelte unter den gesenkten Litern nach ihr hinüber, und wieder fiel ihm auf, wie wohl sie aussah. Auf ihrem Gesicht lag llare Ruhe uno friedvolles Glück —— ein beneiden-i werther Ausdruck! Nichts mehr von dem nervösen Zucken um den Mund, nichts mehr von dem herben Troh von damals! O, er kannte dies Gesicht! Er hatte es gesehen voll unbetiimmer ten Jugendiibermuths, er hatte es ge sehen in holder, mädchenhafter Scheu und vom Glanz der Liebesseligkeit übergossen, und später voll zitternderl Unruhe, voll bangem Mißtrauen, voll wilder Verzweiflung und endlich dann voll starrer Abwehr und voll Verachtung. Er knirschte leise mit den Zähnen bei der Erinnerung. Wa rum war sie fo lächerlich albern und unmodern, nicht einzusehen, daß einem Manne, wie sie ihn gewählt, eine Frau auf die Dauer langweilig wer den müsse, und daß er, »der schöne Wilm Bernsdorf«, nicht gewillt war, wie jeder gewöhnliche, ehrsaine Spieß: bürger zu leben? Warum hatte sie alles so thöricht tragisch genomme:i, statt sich in ähnlicher Weise zu trösten, er hätte ihr wahrlich teinen Stein in den Weg geworfen; feine Devise wa: immer gewesen »leben und leben las fen«!" Wie gut hätten sie zusammen auglomnien lönnen. wenn sie vernünf tig gewesen wäre Und ein Narr war er gewesen, daß er ihr damals so gutwillig die Kinder überlassen. Freilich, er hatte es ein wenig gar zu toll getrieben, sie hatte in jeder Weise recht bekommen, und die Kinder waren ihr ohne weiteres zugesprochen worden. Aber das war wohl auch, weil man einsah, ihm lag nichts an den Kindern. Er hatte gewußt, wie unglücklich sie an seiner Seite gewesen war, aber jetzt, jetzt zum erstenmal, dämmerte in dem Manne die volle Erkenntnis aus, wie surchtar, wie ties sie damals E elitten haben mußte. ,Sie war eine so seinsiihlige, vornehme Natur« sie shatte immer einen sast physischen Ekel svor allem nicht ganz Lanteren exe « eigt. Wie waren doch die Worte, die te damals bei ihrer Auskinandersegs ung gesprochen? »Wir müssen uns trennen um der Kinder willen, denn sie dürsen nicht unter der Obhut eines soc n Vaters auswachsen, und wir mii en uns tunnen um meinetwillen, denn ich werde fschlechh ich gehe phy sisch und morali ch zu Grunde an des-· ner Seite«. Er hatte, um sie nicht aufs neue merken zu lassen, daß er sie beobachtet« die Augen wieder geschlossen. Da durchsuhr es ihn plötzlich wie ein elek trischer Schlag. Ein weiches, dickes: Handchen hatte sich auf seine Rechte gelegt, und, aufblictend, sah er in die. dunklen Scheltncnauaen seines KnaJ ben, die ihn zutraulich anblicktem ; »Du, Mann ich wäre bald übe:’ sDeinen Fuß gestolpert und hätte einen stüchtigen Bums betommen«, sagte das» lKerlchen lachend. . ; I »Wilm«, rief seine Mutter erregt,« »was fällt dir ein, was thust du da drüben?« l Der kleine Bursche sah sich erstannti um. »Aber Mutti, diesmal ist doch dies Station auf der Seite. Siehst du, da; ist schon der Bahnhof. Wie heißt denn I das Ina, komm, lies mir mal, wie; die Station heißt.« s Jn dem Moment riß der Schaffnec, ! der mit einer größern, platzsuchenden Familie draußen gestanden, die Thür» auf, um zu sehen, ob noch genügends Platz sei, und das Kind wäre unfehl-? bar hinausgestiirzt, hätte sein Vaters nicht blitzschnell zugegrifsen und es» zurückgerissen. Jn demselben Mo-; ment aber, wo seine Hände den Kna-; ben berührten, ging etwas Unbeschreib- ’ liches, Niegetanntes in ihm vor. Einei rasende Lust packte ihn, dies kleine ’ zstänimige Ktöperchen an sich zu presst-n kund das weiche, bräunliche Gesichtchen lmit Küssen zu bedecken. Aber zu glei cher Zeit stand auch des Kindes Mut ster dicht neben ihm, und zog ihres-n sKnaben so ungestüm an sich, als müsse fsie ihn vor einer Gefahr schüßew F»Slehst du, Bubi. das kommt davon wenn Kinder vorwitzig sind«, sagte sie Pmit nicht ganz fester Stimme. »Du wärest hinausgestiirzt, wenn der Herr dich nicht gehalten hätte«. Und dann. mit einem leichten Kopsneigem »Ich — danke Ihnen« Reine Ursache, gnädige Frau, das war ja selbstverständlichwar ja selbst -verstiindlich·« Seine Stimme tlang müde und bedeckt. Wilm Betnsdorf hatte sich inzwis» schen aufgerichtet und zog aus deri Seitentasche feines Ueberziehers seine; Reiseleltüre, eilt auf dem Vahnhof er-: standenes, neues Biich Zwischen fei nen Brauen lag eine finstere Falle. Er war entschieden entsetzlich newös heute; nicht einmal ausschlafen hatic er am Moran können, da der Zug sn eilig ging. und nun dies unerwartete, katale Reiseintetmezza —s—4es war kein Wunder, daß ihm seine Nerven nun so lächerliche Possen spielten. Zum Teufel, er würde doch Herr darüber werden können! Er rief all feinen nicht «eringen Chnisinuå zu Hilfe und vertie te sich in sein Buch. »Etwas Pi kante6« hatte ihm der Verkaufer mit oerständnißvollem Lächeln versichert. Eine Weile ging es denn auch, dann machte er plötzlich die Bemerkung, das-, er nicht recht wußte, was er las, und dafz er immer öfter iiber sein Bruch hinweg zu den Kindern hintiberblial te. »Bubi« hatte seinen«tleinen Schreck längst vergessen und widmete sich jetzt eingehend mit dem Inhalt der Reise tasche die »Miitterchen« auf-gepackt hat te· Wie hübsch das aussah, wenn die weißen, kleinen Zähnchen so energisih in das Brödchen bifsenl Kna, die beim Auspacken der Tasche ge olsen, war ihm bei dieser Beschäftigung etwag näher gerückt, und das blonde Locken töpschen gaukelte ihm jetzt gerade ge genüber, wenn er aussah. Es schien ihm, als ob die ernsthaften Augen ihn uweilen nachdenklich, wie in scheuer tzjrage streiften. Ein zitterndes Ver angen packte ihn, dem Kinde beide Hände hinzustreeten und zu fragen: ,,Kennst du mich denn gar nicht mehr kleine Jna? Haft du mich denn ganz der essen-« nbi kreischte Plötzlich vor Vergnii gen aus. »Mutti, auck doch nur, es fchneit! Es schneit wirklich! Nun merkt man doc) erst ordentlich, daß Weihnachten kommt!« Auch Jna stieß einen leisen Jubel laut aug, dtiickte ihr Gesichtchen an die Scheiben und sah mit strahlenden Augen in das Flockengewimmei. »Sieh doch, Mutti, wie groß die Flocken sind und wie hübsch nun gleich die Tan nenbäume aussehen! Wie richtigeWeihs nachtsbiiume!« aMutti! Jn Nothenlirch kommt aber doch auch der Weihnachtsmann, ja? Wenn er uns nur findet —— weißt du «-—- weil wir doch diesmle nicht zu Haufe sind. « Bubi macht ein sehr bedenkliches Gesichtchen »Sei ganz ruhig, er findet dich schon Wenn mein lieber Junge nnr recht artig ist, dann kommt der Weih nachtsmann auch nach Rothentirch.« »Ach, wie ich mich schon freue, wie ich mich srene!« Bubi seufzte vor Glückseligkeit tief aus. Das Buch. in dem Wilrn Bernsdorf gelesen, flog plötzlich aus das Polster egeniiber er hatte es an der pilant fen Stelle weggeworfen. Und nun tand er den Reisegefährten den Rücken rehend, am Fenster und starrte mit wunderlichem Gesichtksausdruck in das Schneetreiben. Die alte Dame, die schon lange mit verliebten Blicken die Kinder betrach tet hatte, wandte sich jeht lächelnd zu der Mutter. »Was haben Sie da siir ein paar Prachtkinder gnädige Frau!« Ueber das Gesicht der Angeredeten flog ein strahlendeö Lächeln. Machen Sie mir die Schelrne nicht eitel!« sagte sie trotzdem,-mit einem Blick auf horchenden Kinder; »Jna ist meistens gut und arti aber der da«, sie drohte den Knaben fcherzend mit dem Fin «der ist ein kleiner Eigenstnn getr« braucht strenge Zucht und eine feste · TNiny dafür ist ja der here Papa Zacekefnäyktetmdefrch alåe herr, sich ins as e p « if en . »Mein Papa ist todt«, sagte Bubii mit seiner lauten Kinderstimme und! baumelte mit den dicken Beinchen. ’ Der Mann atn Fenster fuhr herum,i als hätte man ihn geschlagen. ! Aus seinen jetzt weit offenen, dunk len, immer noch schönen Augen flamm-; te ein Blitz voll wilden Zornes zu ders blaß gewordenen Frau hinüber-. Aber ! die klaren, grauen Augen hielten die: ! sem Zorn festen Stand; und er ver-I stand, was- ihm ihrs-strenger, kalter-! unerbittlicher Blick antwortete. : »Sollte ich den Kindern von einem. Vater erzählen, der ihre Mutter ver-! rathen und betrogen, der ihr die schön-—- - sten Jahre des Lebens vergiftet und nun das Leben eines gedissenlosen Wüstlings führt? Jst es nicht besser,I wenn sie ihren Vater todt wähnent und ist er es denn nicht auch für sie Z« « Er ließ sich in die Ecke fallen; ihm » war, als bräche etwas in ihm zusam-! men, als sei er wirklich todt, alsihaszf ihm der frische Mund seines Knaben’ das Urtheil gesprochen. Und dann» horchte er wieder auf, mechanisch und s unwillkürlich. - Bubi, der sich nach den bedauernden Worten des alten Ehepaares, daß e: keinen Papa mehr habe, unsäglich wich tig vorkam, schnitt plötzlich ein der schmitztesGesichtchen und schmiegte sich ; zutraulich an die alte Dame. »Du, ichs will dir auch etwas verrathen. Wirt kriegen einen-neuen Papa, und, einen faniosen!« » »Schweig, Wilin!« rief- Frau Mag da dunkel erglühend »Du schwatzest du Sachen, die die Herrschaften unmög lich interessiren können.« Die alte Dame lächelte und reichte ihr die Hand hinüber. »Nicht doch, liedegnädige Frau, so dürfen Sie nicht denken. Sie waren mir von Anfang an ganz ungewöhn lich shnispathischund ich freue mich aufrichtia, daß Jhnen ein neues Glück erblühen soll.« »Ich danke Jhnen«, stammelte Mag da, die dargebotene Hand des Ehepaa res herzlich drückend, in sichtlicher Ver wirkung. »Und gut ist der neue Papa, nicht wahr, Inkr? So gut — so gut wie —« »Bubi suchte nach einem Ausdruck, der annähernd die Güte dieses Papa ver deutlichen könnte und schloß dann» strahlend: »Wie der Weihnachts- i mann«. Die alte Dame strich über sein dunk les Köpfchen. »Ich sehe, Sie haben gut gewählt, gnädige Frau, Kinder haben ein sehr seines Gefühl dafür, ob es jemand gut mit ihnen meint oder nicht« Frau Magda lächelte nur schwach. aber ihre Augen strahlten auf. »Ich hätte mich nie wieder zu eins-r Heirath entschlossen, wenn ich nicht die feste Ueberzeugung gehabt hätte, dass der Mann, den ich liebe, auch meinen Kindern ein liebevoller, musterhaster Vater sein wiirde.« »Das glaube ich Jhnen«, versicherte die alte Dame warm, »auch wenn Sie es nicht ausgesprochen hätten.« »Wir reisen jetzt zu unserm lieben Papa und seinen Eltern«, sagte Jna schüchtern, aber mit überglücklich leuch- : tenden Augen. l »So, so. Du hast ihn wohl auch sehr lieh?« »Seht lieb«, wiederholte Jnr schlicht, aber mit der eigenthiimlichen Jnnigkeit, die ihr schon als Kind eigen gewesen. »Ja, und er hat ein großes Gut'«, rief Bubi enthusiastisch, »und viele Pferde und schrecklich viele Schafe und Kübe!« Frau Magda sah jetzt, wo das Roth der Verwirrung von ihren Wangen ge wichen, plötzlich sehr blaß und unruhig aug. Sie hatte mit scheue-n Blick den Mann in der Ecke gestreift, der so re gungslos dasasz. »Seht einmal Kinder, jetzt kommen tvir auch schon auf die letzte Statinn vor Koiiitz«, suchte sie die Kinder abzu lenten. »Ihr müßt euch doch auch ein bißchen die Gegend betrachten. Schaut doch, wie lustig sich da drüben die Jun gen schneeballen!« »Die letzte Station vor Konitz«. Sie hatte es ein wenig schärfer bei tont und Wilm Bernsdorf hatte ver standen. »Sie möchte mich lostverden«, dachte er; ,,er wird wohl aus dem Bahnhos sein. Die Situation ist ihr denn doc:; zu peinlich geworden. Aber ich bleibe«. Ein unbezivingliches Verlangen hat- i te ihn gepackt, den Mann von Angesicht zu Angesicht zu sehen, der bald disk Stelle einnehmen sollte, aus der er ge standen hätte, wenn er sich nicht in wahnsinniger Verblendung das Recht dazu verscheth hätte Und vor sich sah er zwei Bilder: Ein reiches, behaglicheg Haus, ein liebe durchwehtes, fröhliches Heim, ein ge deihliches Schaffen und Streben, ein friedvolles, freudiges Alter; und das andere: Ein alternder Mann mit fie chem Körper und stumpsem Geist, allein in seiner hypereleganten Wohnung. von dienstbaren, falschen Kreaturen umgeben, und beständig frierend und nach Wärme verlangend — nach Wär me. ,,Station Koniß!« riefen die Schaff ner in langgedehntem Ton. Die Wagenthiir wurde ausgerissen die auf dem Perron Harrenden dräng ten an den Zug. Ehe Mang ihn zurückhalten konnte. . war Bubi, die große Fouragetasche im » Arm, nach vorn gestürzt und stieß im« näch ten Moment einen Jubelruf ause. » ier, Papa, hieri« Wilm Bernsdorf richtete sich aus, eine fieberhafte Spannung im Blick. « Ein großer, breitschultrigerssMann mit großem, blondem Bart nnd dem frischem, gebräunten Teint des Land wirts schwentte den vor Lust zappeln den Knaben hoch in die Luft und setzte ihn dann behutsam auf dem Peron nieder. Dann hob er auch Jna heraus mit einer ganz anderen sanften Zärt lichkeit, und dann leuteten seine Auan der Mutter der beiden entgegen und sein ganzes Herz lag in den Worten: ,,Endlich, Magda, endlich!« Sie aber schmiegte sich nicht, wie er erhosft hatte, in seine Arme; ein be deutsamer Wink ließ ihn auf eine stür mische Begrüßun· verzichten. — Noch einmal sa Magda, als sie das Kupee verlassen, zu dem-Mann empor, der so zusammengesunten, mit schlaf fen, matten, fahlen Zügen und halbge schlossenen Lidern dasaß wie ein Tod ter — und der jahrelange Haß, die un endliche Bitterkeit, die sie gegen diesen Mann empfunden, schwanden plötzlich hinweg. Sie wandte sich ab, blaß und ernst, sie hatte nichts mehr zu verzeihen. si wußte es jetzt, sie nar an ihm gerächt! W-— — Eine Hochschule für den Magen. Von W." Waldan-. Keinem, der sich für Frankreich und sein geistiges Leben je interessirte, ist es unbekannt, welche hervorragende Rolle die Academie dort spielt, d. h. das Institut, welches nicht Jeder be suchen darf, der da lernen will, in das man überhaupt nicht als Lernender, alsWerdender eindringen kann, son sdern als ein Fertiger, dem die Unsterb ;lichteit gewiß ist. Wenigstens schmei scheln sich jedenfalls Alle, die durch die Mitgliedschafi das Recht erlangt haben, sich »Jmmortels« zu nennen, daß die Nachwelt ihnen Kränze wid men werde, obgleich diese undankbare Nachwelt ihrer meist vergißt, kaum, daß der Sarg sich über ihnen— geschlos sen hat. Paris besitzt aber noch eine Acade smie, welche jedoch nicht über die Gren ;zen des Landes hinaus, ja, wohl kaum Hallen Bewohnern der Hauptstadt selbst bekannt ist, und die doch von gar Vielen als das wichtigere Institut be trachtet wird, sicher von all' Denen, die der Meinung sind, man solle zuerst die Kräfte und die Gesundheit des Körpers pflegen, ehe man an die des Geistes denke. Das Institut, von dem ich hier spreche, ist nämlich tein gerin geres, als die ,,Academie de cuisine«. Wie würde Brillart-Savarin frohlockt haben, hätte er je die Entstehung einer solchen ahnen können, deren begeister tes Ehrenmitglied er sicher geworden wäre, er, dessen Name sich dauernder erhält, als der so vieler ,,Jmmortels.« Die »Academie de cuisine« besteht jetzt seit ungefähr 16 Jahren, sie wurde im Jahre 1883 in’s Leben gerufen, selbstverständlich durch Herrscher im Reiche der Kochlunst. Es bestanden damals mehrere culinarische Gruppen, wodurch alle Anstrengungen, wirklich Großes zu leisten, häufig vereiteli wurden. Dem Grundsatze folgend, daß nur Einigkeit stark mache, suchte man daher alle unter eine Fahne zu brin gen. Leicht war das Unterfangen nicht, aber mehrere der bedeutendsten ,,Chefs« ließen in ihren Bemühungen nicht nach, und so gelang es endlich, die Academie zu begründen. Anfangs glaubte man, sich nach seinem berühmten Borbilde richten zu müssen, und so wurde die Zahl der Mitglieder auf 40 festgesetzt, aber ein weiterer Geist durchwehte dieses Jn stitut, und sehr bald machte man sich von jedetr Beschränkuon los, so daß jetzt der Zahl der Theilnehmer keine Grenze gesetzt ist. Sogar Damen wer den aufgenommen, wie sich das fiir eine Academie gehört, die auf der Höhe der Zeit bleiben will. Nicht, wie dies bei dem vorbildlichen Institut der Fall ist, müssen die Can didaten bei den bereits Erwählten Be suche machen, um sich des Wohlwollens derselben zu versehen; ein solches Er schmeicheln der Stimmen ist gegen die liberalen Anschauungen der ,,Arademie de cuisine.« Hier wird einzig und allein nach dem wahren Verdienst geurtl)eilt, und zu diesem Zwecke haben die Bewer ber eine Arbeit an dag Comite einzu reichen, d. h. nicht etwa eine Speise, sondern einen schriftlichen Aussatz, woriiber dasselbe entscheidet. Die Aca demie krönt auch einzelne Werke, wie z. B. »La cuisinc retrospective« von M. Phileag Gilbert und »Le« table a tra vers leg ageg« von M. Colombie, ei nem der Mitbegründer des Jnstitutg. Trotz dieser etwas theoretischen An wandlungen ist aber die ,,Aeadernie de iuisine« im Allgemeinen eine Gesell schaft, » die sich praktischen Studien widmet. Jn den Statuten heißt es, daß der Zweck der Gründung der Academie darin bestehe, der Kochtunst den größtmöglichsten Aufschwung zu geben, in jeder Weise daraus hinzu wirken, daß im Jnteresse der öffentli chen Gesundheit diese Kunst nach hygie nischen Grundsätzen ausgeübt werde. Jn ihren wöchentlichen Zusammen iiinsten beschäftigen die Mitglieder sich hauptsächlich damit, ein wenig Ord nung in Bezug aus die verschiedenen Bezeichnungen einzuführen, mit denen ost ein nnd dasselbe Gericht belegt wird. Zu diesem Behuse ist eine En ehelopiidie verfaßt worden —- man be merke, daß dies innerhalb von noch nicht zwei Jahrzehnten geschehen ist« während die andere Academie mit th rein Lexilon nochnichf über die An fänge-hinaus gelangt- ist —, die als « Lehrbuch ,,par excellenre« des strebsa men Kochlunstlernenden betrachtet werden kann. Die Namen der einzelnen Gerichte sind darin so viel als mög lich-vereinsacht, und man hat sich be müht, die Erfinder derselben zu ent decken und nach diesen die Speisen zu benennen. So erfahren wir z. B» daß Jardiniere, Printaniere und Mare doine in Wahrheit ein und dasselbe sind, nämlich ein Mosail von Gemü sen, das nur durch verschiedene Sau cen: »sauce brune, consommee oder sauce blanche« zusammengehalten wird. Dergleichen interessante und nützliche Din;e lehrt uns das Küchenlexikon noch eine ganze Menge, und wenn nicht schon die vielen und prächtigen Ansstellungen welch-e die Academiler veranstaltet haben, uns von der Nütz lichkeit ihres Institutes überzeugt hät ten, so müßte das dieses Buch thun. Jn Berlin beabsichtigt, wie ich gele sen habe, die Iltunicipalität, eine Koch schule in’s Leben zu rufen. Von solcher Stelle begründet, wird es sich jeden falls um ein Institut höherer Art han deln, wo nicht nur die einfache Herstel lung von Gerichten gezeigt, sondern auch der wissenschaftlichen Seite dieser Kunst die ihr gebührende Würdigung ·zu Theil werden dürfte. Die Pariser ,,Academie de cnisine« «lönnte dafür als nachahmenswerthes Vorbild die nen, und dies war, neben dem hohen Interesse, das sie san und fürs sich bean spruchen kann, mit der Grund, daß ich Ihren Lesern hier von derselben sprach. Niemand wird die Wichtigkeit einer solchen Lehranstalt verkennen. Jhre Be strebungen müssen vom wohlthätiasten Einfluß auf den Magen und die Ge sundheit überhaupt sein und mehr als alle weisen Lebens-regeln dazu beitra gen, den Frieden des Hauses zu för dern und die Daseinsfreudigkeit zu er höhen. Retcher Segen. Beim Herrn Professor ist Familien zuwachs eingekehrt und er will zum »Tagblatt« eilen, um allen Freunden der Familie die frohe Nachricht durch die Presse zu verkünden. »Lieber Eduard,« sagt seine Frau, ,,inserir’ doch gleich, daß wir eine Amme suchen ——— aber dreimal, nicht wahr —-— man hat dann eher eine Aus-wohll« Er nickt mit dem Kon und eilt freu dig erregt davon. — . Am nächsten Morgen prangt denn auch die Nachfrage nach einer Amme wunderschön im Jnseratentheil, und vorne, gleich nach den redaktionellen Nachrichten, liest man an auffallender Stelle die Jubelpost: , ,,Durch die heute erfolgte glücklich-e Geburt eines gesunden Knaben wur den hoch erfreut Professor Durcheinand mit Frau."——— Am darauffolgenden Morgen brummt der Professor ein um’å an dere Mal beim Zeitungslefen. — ,,Wa haft Du denn?« fragt seine Frau. --- »Ich weiß nicht!« sagt er. »Ich finde das Ammeninserat nicht!« —-- Plötzlich springt er mit einem Schrei auf. -—— ,,« a, was ist denn das?« ruft er. —- Seine Frau, an de ren Bette er faß, greift nach dem Blatt und liest mit Erstaunen an hervorra gender Stelle in schönem Druck: »Durch die heute erfolgte glückliche Geburt eines gefunden Knaben wurden hoch erfreut Professor Durcheinand mit Frau.« »Ein Setzerirrthum!« sagte er. »Nichts weiter!« —-— Dabei beruhigen sie sich nach einer Weile. — Aber am dritten Morgen beginnt, sobald die Zeitung kommt, ein fieberhaftes SU chen. —— ,,Keine Amme!« seufzt er. — ,,Keinse Amme!« auch sie. —— Da ein Schrei —- diesmal von Beiden. Wie der lächelt ihnen an bevorzugter Stelle in prächtigen Lettern die Nachricht ent gegen: ,,Durch die heute erfolgte glückliche Geburt eines gesunden Knaben wurden hoch erfreut Professor Durcheinand mit Frau.« »Was werden unsere Bekannten denken!« stöhnt die Frau Professor und sinkt in eine sanfte Ohnmacht. Er steht eine Weile sinnend. — »Sollte ich wirklich,« murmelt er dann, »das Jnserat von der Amme einmal und die Geburtsanzeige drei mal bestellt haben! Vertvechsele doch sonst nie was!« -·---———..O- ---- « — Modern. Manch Liebesliedleim tief empfunden, Hab’ ich in süßen Schäfer-stunden Dir zugesteekt; du nahmst es an Und ehlichst —-— einen andern Mann!! Gesammelt hast du sie sogar! —— Recht pietätvoll, scheint's-, nicht wahr? --« Gesammelt und herausgegeben Erblickt’ ich sie im Laden eben! Ja, so erwirbt mederner Weise Die Maid das Geld zur Hochzeitsreisel Alsrsed Mahlen ——0.-0 Bomndsetzieesq. Schriftstellers-Gattin: »Mein Mann schläft nur bis 1 Uhr in der Nacht, dann brennt er Licht an und schreibt in’s Notizbueh seine Gedanken und Einsiille «—— halt-en Sie das site be denklich, Herr Doktor?" Arzt: »Wenn er sie nicht drucken läßt, keineswqu -