Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 14, 1899, Sonntags-Blatt., Image 15

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    yzl)ermami «
von heili.
--------------
XII-must von XI
jmn Crellcr
A -s--"
(3. Fortixßung.)
Mit Frau von Strehlen etwas bin
tcr dem Stuhle und dessen Begleiterin
q-.tciiktb1eibend, sagte Edgar, dessen
Züge jetzt einen tieferen Ernst zeigten:
»Wenn.ich Doktor Dahlow recht ver- -
stand, Ist Mariens Zustand doch recht
bedenklich·«
Mit unvertennbarem Schkkckm sah l
sit ihn an und entgegnete in tiefer
- Empfindung: »Das wolle Gott verhu
ten.«
-« »k« -«I ««
»Im Wllllvctc nich gut-outsi- Ums-,
fuhr er mit demselben Ernst sort, »daß
s Sie nicht Doltor Beriram zu Rathe
i
gezogen haben-«
i
Ihr Gesicht wurde sinster und rasch
sagte sie: »Er ist ein alter Schwätzer
und verdient lein Vertrauen. Erste
« Autoritäten haben die Behandlung-H
tveise Doktor Dahlctv’s gutgeheijxen.«
«Jn Bezug aus Doktor Beriram bin
in anderer Meinung, und Frau von
«Stretflen wird wohl gestatten, das; wir
auch die Ansicht dieses alten erfahre
nen Arites hören«
»Er liat meine Lisa von vornherein
falsch behandelt und ihr so stir das
ganze Leben Schaden zugesiigt,« sagte
sie in demselben bitteren Tone wie
vornen
»Es ist nach Doltor Dahlowg AiiH.
sage nothwendig,« snhr er, ohne den
Ausfall ans den alten Arzt zu bearb
ten, fort, »daß der Zustand des Her-:
zens bei Maria untersucht wird, und
seine Mitwirtnng Doktor Dahloto’s·5 ist
hier ausgeschlossen Maria wird ihm s
eine solche nicht gestatten, wie sie mir (
.sagt.«
»Und dem Dr. Beriraiii?«
«Dem würdigen Greis ist sie be
reit, sich zu rrnterwersen·«' i
»Es ist mir nicht angenehm, daß i
Dotter Beriram iniz Haus koincnt,«
.entgegenete sie nach einer Weile, »und
ich wiite Ieneigt, wiederum hervor
raaende «.«.utoritaten herbeizurufen.«
»Dies wäre ja nicht ausgeschlossen,
gnädige Frau, aber Maria hat Ver
trauen zu Doktor Vertrani, uno ich
denke, Sie geben dein Wunsche der
Rranten nach«
»Warum sagt sie mir das nicht .’«
»Aus- lzarter Rücksicht, da sie Ihren
Widerwillen gegen Doktor Bertiain
kennt. Doch ich deckte, Sie sind mit mir
der Ansicht, dask in solchem Falle RiiCts .
sichten wenig angebracht sind.« »
Nach kurzem Schweigen sagte sie: T
»Er soll morgen gelioit werden« ’
Sie gingen stumm eine Strecke ne- i
beneinander her, dann wandte sie sieh s
zu ihm mit der Frage: »Wie haben ’
Sie Lisa gesunden, Herr Baron".«'
»Sie hat sich in diesen Jahren treff
lich entwickelt und ist jedensalls einl
liebes, herziges Mädchen.«
Die Aeußeriing that dem Mutter
berzen wohl, aber mit einem Seufzer
fuhr sie fort: »Wenn nur ihre Kränk
lichteik nicht wäre, das macht mir so
große Sorge.«
»Das giebt sich mit der onst-breiten
den Zeit. Ich fürchte, gnädige Frau,
Sie haben Lisa von Jugend aus etwas
verwöhnt·'·
»Ach, es mag wohl lern, doch ne war
von Kindheit an schtoächlich. «
»Zum Wesen, gleich Fräuleiniklism
sind gewöhnlich starker, als es scheint,
und ich glaube es fehlt der jungen
Dame nur die Willenstrast, um eine
tobuste Gesundheit zu erlangen.
Sollte da die übertreibende Zärtlichkeit
des Mutterherzeng diese nicht von
vornherein unterdriiett lyaben?«
«Vielleicht haben Sie recht aber,«
setzte mit innigem Herzensstone hinzu,
»sie ist Alles, was ich aus der Welt
habe. Lisa glücklich zu sehen, brächte ich
jedes Dpser.«
»Sie ist solcher Liebe wiirdig nnd
ich hosse, nnädige Frau, Sie werden sie
noch so glücklich sehen, als tvir Men
schen werden können«
»Ich hosse es artch,« sagte sie lauer
sCMJ sie hatten den Wagen erreicht;
aus Mal-Wo Wunsch lies; man sich nn
ter den Buchen nieder. Ticttur Danlotv
wurde bald zu einem Patienten abge
rusen, und der Zwang, den seine He
genwari trotz seiner geschtneidigen For
nren nnd der Zuvoriotnmenheit seine-«
Weiens ans-übte, verschwand Anremsn
der nnd herzlicher wurde das (8tespriid).
Man planderte von dem, was in Berg
heim und seiner Umgebung während
Edgar’«z Abwesenheit geschehen Mk,
und lauschte wieder seinen Schilderun
gen serner Welttheile.
eDie Blicke der beiden Mädchen hin
gen an seinen Lippen und Frau von
Strehlen beobachtete verstohlen ihre
Tochter, die mit glänzenden Augen vor
Cdgar saß und zuhörte und sie glaubte
Intt größerer Gewißheit zu gewahren,
dass eine tiese innige Herzensneigung,
die wohl schon von sriiher datirte, aus
diesen Blicken sprach
armes herzenstind, « seufzte
sie in hin ein«
Als es Mhler wurde, kehrte man
sum Schlosse streitet und Edgar suchte
sein Zimmer aus.
Hier tras er den Regen der im Be
griffe war, die Koffer auszupaeten
Edgar, in Sinnen verloren, richtete
seiner nicht und wars sich ans ein
Sonnen
· Sein sonst so munterer und redeser
tiger Jean Baptist schien verstimmt zu
sein« und lag schweigend seiner Be
schattigung ob. Nur hier und da rich
teteek die großen schwarzen Augen
aus seinen Herrn. Es lag eine Frage
darin, die er trotz seiner edlenDreistig
teit bei der Haltung des Barons nicht
ofsen auszusprechen wagte.
Edqar schien mancherlei, nicht immer
Freundliches, durch den Sinn zu gehen·
Plötzlich erhob er das Haupt und
staate: »Jean Baptist, was bedeutete
Dein Benehmen dem Herrn Doktor ge
qeniiber2«
Der Schmutze hielt inne, sah seinen
lHerrn an, schlich dcnn leise zur Thür,
öffnete sie, lauschte hinaus und lain
dann zurück.
»Nun?« fragte der Baron nochmals.
Fast sliisternd sagte Jean Baptist,
nnd sein Gesicht hatte einen halb ängst
lichen« halb drohenden Ausdruck »Es
ist der Mann aus den Mornen.«
»Wer?« fragte Edgar und erhob sich
rasch.
»Der Herr unten im Zimuier.«
»Du bist verriirtt."
»Frau Baptist ist nicht verrückt Herr
—----er ist's -—- er ist der, welcher das Un
gliirt iiber mich gebracht hat«
Mit Erstaunen lauschte Edgar die
sen Aeuszernngern die der Neger in
einer an ihm gewohnten Weise
machte. Wenn er sich zuriickries, ivie
auch ihm die Aehnlichkeit zwischen
einem Gesicht, welches er aus Haiti ge
sehen hatte, und dein des Dottors aus
gesallen war, so mußte er sich tagen,
daf; die Ansicht des Negers durch seine
eigene Beobachtung an Wahrscheinlich
teit gewann. Auch blieb die eigeathiim
liebe Bestimmtheit. in der Jean Baptiit
seine mit Recht oder Unrecht gemachte
Wahnehmung mittheilte, nicht ohne
Eindruck ans den Baron.
Ruhiger sagte er desshalb« »Du
irrst Dich, Jean Bat-tist.«
»Nein, Herr, ich tenne ihn wieder,
trotzdem er sich den großen Bart hat
abnehmen lassen, er ist e5.«
»Du hast mir eigentlich nie ans
fiihrlich mitgetheilt, toie Du die Rache
der Vaudouxleute aus Dich herausk
ichiooren Thne das jetzt und iage mir,
wag der Mann aus Hain, mit welchem
Doktor Dahloio einige Aehnlichkeit zu
haben scheint, eigentlich war, und in
welchem Verhältniss Du zu ihm stan
dritt«
Der Neger versicherte sich noch ein
mal, daß tein Lauscher in der Niihe
weile und sagte, immer mit gedänxpfs
ter Stimme: »Es ist nicht gut, vom
Vandour zu sprechen, Herr, Du weißt,
wie gefährlich er ist-«
»Nun, hier haben wir wohl nichts
von ihm zu besiirchten.«
»Wer weiss«« zischte der Sclnvar·3e,
»der Mann unten tennt seine Geheim
nisse.«
,.Sprich, hier hört uns Nieinand.«
»Du weißt, Herr, daß die Kontro
neger und vor Allem die Baudourleute .
alle die furchtbaren Giste kennen, wel- H
ehe Pflanzen, Steine und Thiere in sieh
bergen« es ist ihr Geheimniß, und noch
teinem Weißen ist es gelungen, ihnen
dies zu entreißen."
Edgar wußte, daß die Schwarzen
aus Haiti über gewisse in ihrer mächti
gen Wirtung entsetzliche Zerstörung-Ep
rnittel aus diesem Gebiete versiiaten,
dass, sie durch Gifte in Bächen, Flüssen
und Seen aus Meilen hin alles anima
lifche Leben zu vernichten vermögen,
dasi große Ninderg und Schasherden in
einer einzigen Nacht durch solche ge
heime Mittel ihren Tod fanden.
Das machte dieVaudourleute so sehr
aesiirchtet bei den Landbewohnern nnd
jeglicher scheute sich, ihren Zorn hers
auözusordern Drer diese litiste auch ost
genug stiegen Menschen angewandt
wurden, und zwar mit einer Schlan
heit, welche sast jede Entdeckung ans
schloß. war bekannt neune-» Die aber
aläubische und zugleich stierisch wilde
Natur des Negers scheute vor solchem
Morde nicht zuriict
Der Schrecken, welchen der Vaudour
hierdurch verbreitete, war um so grö
ßer, als man nicht einmal die tödtlirhen
Siibstan,-;en kannte, welche seine Send
linae anwandten, noch weniger Mittel,
ihre Wirtung aufzuheben. Alles dieses
hattest-mir Varitist während seines
Aufenthalte-«- aus Hatai in Ersahrung
gebracht, wie es denn überhaupt ein
össentliches Geheimniß war. Der Neger
suhr fort:
»Monsieur (5halas,«-—— er dentete
nach unten, als ob er den Doktor meine
-—— »so hieß er dort, durchtletterte die
Berge und suchte nachGisten. Er bestach
mit viel Geld alte Stongoneger und sie
rniissen ihm trotz ihrer Schwiire man
ches verrathen haben. Er wohnte dann
ein Zeit lang in der Nähe von meinev
Derrn Pflanzung und dort machte- ich
seine Betauntschast.
, Ich habe gesehen, wie er insgeheim
Versuche an Thieren mit Giften an
stellte, die nur toir kennen. Jch habe
nie zum Vaudour qeljött, es wäre
eines gebildeten Mannes unwiirdig,«
sagte er mit SelbstgesiihL » »ihte Al
bert·.heiten mitzumachem aber mein
Vater war Obmann, nnd ich habe
ilmi viel von seinen Meiseimnissen ab
(s.elonscl«-t, ian so erkannte ich bild,
das, Monsieur Clmlas in den Besitz
einiaek unserer Geheimnisse gekommen
WIT.
feel- ward ihm oftmals als Begleiter
auf seinen Extutsconen beiqeqeben unc
sticrlite Pflanzen Kröten »und Schlan
exen mit ihm zusammen Er muß hier
bei Ioolil siemertt haben, daß ich viel
von dem wußte, was er zu erforschen
strebte und mich hiernach wohl selbst
siir einen Angehöriqu des Baudoux
nebalten haben, denn er maeltte mir den
Verschlag, ihn . insgeheim zu einer
Veksommlunq mitzunehmen
Ich lien rnuh durchs hohe Belohnung
dazu verleiten und führte ihn, nach
dem ich durch mir besreundete Einge
weihte in Erfahrung gebracht hatte,
wo eine solche stattsand, hin, und wir
wohnten ihr im Versteck bei. Dies ist
bekannt geworden, wie, weiß ich
nicht. Soviel ist sicher-, ein Freund, den
ich aus Kuha traf und der um alles
wußte, hat es mir gesagt, das; Mon
sieur Chalaz, um sich selber vor der
Rache des Vandour zu retten, mich
verrathen hat; und ich wäre aus das
Furchterlichste zu Tode gemartert
worden, wenn der Herr Baron nicht
zu meiner Rettung gekommen wäre.«
»Und Du meinst, daß dieser Mein
sieur Chalag —?««
eDerselbe Herr ist,· den ich heilte
Yiittaa hier im Schlosse gesehen habet
. a.«
Der Schweine sprach mit einer Ve
stinimtheit, die lidaar stuhia machte.
»Woran erkannten Du ihn ’.'«
. »Wenn ich ihn nicht an seinen Ge
sichtgziiaen erkannt hätte, trotzdem er
aus Oaiti einen langen Bart trun, so
doch an seinen Auaen mit ihrem hin
und her slackernden Blick und an sei
nen breiten Fingern. Sehen Sie seine »
Finaer an, Herr Baron, Sie werden ;
selten Aehnlicheg erblicken«
Der Hand des Dotian hatte der
innne Mann freilich bis setzt keine -
Ausmertsamteit aeschenlt, ob ihm
aleich sein unstätes Auge unwillkürlich
ausaesallen war. i
»Aber wen-. das der Fall wäre,«
iuiisite er Dich auch erkannt haben.«
»Es ist iriöalich, cb es aleieh nicht
den Anschein hatte. Bei der Menael
Schwarzen die ihm driiben sliichtia
ausaestosien sind, wird ec- ilnn uieht’
leicht aeworden sein, ein Gesicht fest
iuhalten!«
Edaar versank in Nachdenken, uisti
der Neaer sehwiea ehrfurchtsvoll. Nach ;
einer Weile saate der sunae Edei «
mann:
»Das alles ist sehr sonderbar Jean
Bat-tin Doktor Dahlow hat in mei
ner Geaenwart erklärt, nie aus Haiti
eewesen en sein, und ichsebe kaum
einen Grund, warum er das leugnen
si’llie.«
»Er hat aerriordet, Herr,« zischte der
Nraer, »er hat seine Gifte auch an
Menschen versucht, und hätten ihn die
Neaer in Ledaone erreicht, wiirde er ;
wohl dasiir haben büßen müssen. Miih .
bat der Schust sast uni das Lebe:1,;
jedenfalls um meine Heimath aebraehd
Er soll sieh hijter.!« setzte er unhörbar «
i
hinzu.
»Hm, Jean Baptist. ichwiinsche,
das-, Du Deine Ansicht über die muta
niaszliche Veraanaenheit des Herrn
Drttor Dahtow siir Dich behältst, ich
alaube noch immer an einen Jrrtlnun
von Deiner Seite. Also schweige«
»Ich werde schweigen, Herr Va
ron.«
Nach einiaer Zeit beqab sich Edaar
hinunter, uni mit den Damen den Tbee
einzunehmen. Frau von Strehlen war
in nachdenklicer Stimmung, Maria
und Eise aber in rosiaster Laune. tsr
plauderte eine Weile mit dein Seht-»se
sierpaar, und zu passender Zeit ver-«
abschiedete er sich und suchte sein
Schlasaemacb aus.
Alls UOQCI am clkchkkll Willchlt kl«
wachte, überhand-te er die iiherrasctsen
den Voraiinae des verflossenen Istqu
Es toar so vieles aus ihn einaestiirsut.
tsafr er sich die empfangenen Gindriiite
eurecht leaen mußte.
Tiefe Besoraniß crreate ihm der Les
tenszustand Marias. Wenn ldisk
Krankheit, wie Doktor Dahloto ur
tl,eitte, lotaler Natur war, so war die
Gefahr freilich nicht drohend- Aber er
tuar erfahren qenua, um die Falqen
einer Erlrantuna einer der Nerven
rentiert in ihrer Unzen Schrecklichteit
nsiirdinen zu können.
Zunächst war Doktor Berirani tu
hören. Und Doltor Dahloth Die itn
betreffend-Im so bestimmt lautende-n
Aeuszerunaen JeJn Baptistzi Hirn-n
tfraar durch den Kopf. Den Grund
tsen der Shwarze dasiir anqab, bei-.
tser Dottor seinen Aufenthalt auf Optik
Verleuanete,« tlana ulausibel aei.u.,1,
denn es war anzunehmen daß, wenn
er die Wahrheit berichtet hatte, auch
die dortiaen Behörden sich mit Man
sieur Chalas beschäftiaten.
Und wenn der Schwarze sich niiht
täuschte und jener Mann auf Haiti
und Doktor Dahlow eine Person wa
ren, so hatte man in ihm mindestens
einen Fanatiter der Wissenschaft vor
sich, der vor keinem, auch nicht dem
atausamsten Experimente zurück
schauderte. Menscher-leben standen in
der alorreichen Nepublik St. Dominqo
nicht sehr hoch im Preis-, aber sie als
Versuchsobielte leicht r zu opfern,
stand einem Neaersiltsten oder einem
orientalisclxn Despoten besser an, als
einem deutschen Gelehrten. Aber
schließlich, was ging ihn die Vergan
genheit an, der erhielt sein Honorar
und seine ferneren Hilfsleijtungen
wurden abnehan
Er kleidete sich dann an und ging
l«ir.11nter, um sich der frischen Morgen
lnft im Perle zu erfreuen
Alg er aus dem Schlosse trat, be
oconete ik1i11'T-oltias, der nach alter Gesp
Fvoltmlkeit schon früh nach allem gesehen »
Pl e
Fsreundlich begrüßten den Alten.
»Hast Du morqu Zeit zu einem
Gan-J nack- ber Stadt, Tolwias?«
»Sicher, Baron Ebnen-A
»Dann bcqieb Dick- zu einer Stunde,
woD »Du ihn noch Zu Hause trittst zu
Doktor Bertram. Du sagst ihm: Frau
von Strehlen, verstehst Du, Frau von
Strehlen ließe ihn bitten, im Laufe des
Vormittags auf Bergheim vorzusdre
dien. Fräulein Maria seinen Besuch etc
machen, ihren Gesundheitszustand fest
stellen und dann eine kleine Konsulta
tion mit Doktor Dahlow abzuhalten«
Des Alten derbe Ziige strahlten in
aufrichtiger Freude-.
»Na, das ist ein Wort, das ist das
erste Verniinstiae, tokss hier seit lan
aem geschehen ist. Ja, ich wußte es ja
wenn unser Edaar erst hier ist« -—
setzte er nicht sehr respektvoll, aber sehr
retaniigt hinzu.
»Wenn er Dir die Stunde angeaeben
hat, aehst Du zu Dottor Dahlow,
scast ihm das und hittest ihn zu glei
cher Reit hierherzutommen.«
»Wird besorat. wird besorgt, Baron
lssdaar. hoffentlich trerden wir diesen
toiderlirhen Kerl jetzt log.«
»T01)ias!«
»Ja, das ist er.« sagte der Alte
derb, »und ein unheimlicher Kerl dazu.
Wenn Sie mußten, was in seinem
Hause vorgeht, und mass man alleiI
dariiber muntelt, toiirden Sie meiner
Meinung sein«
Edgar widerstrebte es, Tohiasi ans
zusraaen so sehr ei- ihn interessirte,
etwas iiher den Mann, der Maria bis
jetzt behandelt hatte, zu erfahren, aber
es bedurfte auch keiner Frank, denn
der Alte. der tsjeleaenljeit sand, seinem
Herzen Lust zu machen, suhr glesrh
daraus fort:
»Der Mann wohnt in eine-n einsa
men Landbause vor der.·Stadi, soll
Hunde, Katzen, Kröten nnd andere Ge
thiere bei sich beherbergen und die un
geimlichsten Sachen mit ihnen trei
en
»Nun er maeht gewiss toi ssensrhast
liche Experimente «
»Und dab: r soll eine Wirthsrhait mit
Weibern in dem Hause sein, toie in ei
nem tiirtisrhen Harenu so klug er ist.
man erfährt es doch. Es acht auch in
Maråherae lein anständiger Mensch
mehr mit ihm umt«
Dies machte Edgar betroffen.
Wenn dies-H mehr alJ Lrt aienae
schloiitz war-, nnd TobiaJ war teinT ie
ner getoohnlirhen Schlaged, so eignete
sich ein solcher Mann gewiß nicht zum
Haugarzt auf Berahrirn
»Hast Du das nicht Frau bonI-neh
lcn mitgetheilt?«
»Wohl, aber sie hat mich ange
schnauzt und mir das alberne tstetoiisih
verwiesen. Na, meinetwegen, ein Die
ner hat teine Meinung«
»Du wirst also meiner-Austrag oder
besser den Frau von Strehlen’5 besor
gen ?« «
»Aber wie. Vor neun Uhr hin ich in
der Stadt.«
Edgar ging in den Part, Verganaeg
nes sieh zuriielrusend, der Zukunft ges
deutend Während er so, bald srendia,
bald schmerzlich bewegt im Schatten
derBiiume hinwandelte, irasenFrauens
stimmen sein Ohr, und gleich darauf
stand er an einer Biegnng des Wege-«
vor Frau vonStrehlen und ihrer Toch
ter.
Edgar mochte das sanste, gute nnd
durch seine schwache Gesundheit so hin
siilliae Mädchen, dessen Charakter die
trankhafte Zärtlichkeit seiner Mutter
nicht zu schädigen vermocht hatte, wohl
leiden. Er begrüßte sie jetzt mit einer
Wärme, welche die Mutter srendia be
toegte und das Herz des armen Rinde-J
mit Entzücken siillte.
»Ich bin starr vor Staunen,« fuhr
er fort, »Fräulein Lisa Zu so sriiher
Stunde itn Part zu sehen.«
»Es geschieht aus den Rath des-J Are
tes, der sich von diesen Morgensparier
qiinqen viel siir Lisa’—.«- lbrperliche Ent
wicklung verspricht Und in der That
haben sie ihr grossen Nutzen gebracht«
»Und der tUtorgen ist so schi5n,« siigte
das Fräulein binzn.
»Das ist er in der That, der tonl
tnende Tag hat allen Reiz derJugend.«
tsr ging mit den Damen an Lisa’5
Seite und sie lauschte begierig seiner
Stimme. Er rief gemeinsame Jugend
erinnerungen zuriict nnd forderte
mehrmals ihr heiteres Lachen her-inc
Die Mutter war entziielt iiber die fröh
liche Stimmung Lisa’5; aber lnminers
voll sah sie zugleich, mit toel(h’ zärtli
chem Ausdruck ihr Blick an dem stattli.
chen Manne hing, der so gleiehiniithig
freundlich mit ihr sprach, wie man sitt
·niit einem liebenswürdigen Kinde un
terhält und der bittere Gedanke stieg
in ihr auf, daß ihr wenig sreudevolleg
Dasein durch eine unerwiderte« innige
Liebe ganz elend werden könne.
Edgar wandte sich dann an Frau
von Strehlen: »Ich habe niir erlaubt,
in Ihrem Namen Doktor Bertram urn
seinen Besuch und eine Besprechung
mit Doktor Dahlow bitten zu lassen.«
»Ich bin Jhnen verbunden sür Jhre
freundliche Bemühung,« entgegnete sie
trocken.
-
,,Md·chte doch Maria bald ihre Ge
sundheit wieder erlangen,« sagte Elise
in warmem Herzenstone und ein Blick
innigstet Dankbarkeit von Seiten Ed
gars lohnte sie dafür.
Elise war lebendig und munter, wie
seit langer Zeit nicht, sie plauderte an
geregt von diesem und jenem, ihr Auge
blitzte und ihre leider nicht wohl ge
sormtenZiige verschönten sich unter dem
lebenden, warmen Hauch, den das freu
dig klopfende Herz in den Wangen
emporsandte.
Jm Laufe des Gespräches erwähnte
auch Frau von Strehlen des vermiß
ten Testaments des Grasen.
»Der Brand im Hause des Not-akk
ertlärt sein Fehlen,« sagte Edgar,
»denn daß eine vorhanden war, ist nn
zweiselhasL Ebenso bin ich überzeugt,
das-, bei der peinlichen Gewissenhrftia
teit des alten Herrn noch ein Duplitat
existitt und zwar hier im Schlosse und
ich übernehme eg, es aufzufinden«
»Bibliothei, Archiv, Schreibtifch und
Schranke sind vergebens danach durch
sucht worden«
»Ich dente es zu finden«
»Ich wünsche Ihnen Erfolg«
Sie lenlten jetzt ihre Schritte zum
Schlosse iuriicl
»Der Tag verspricht herrlich zu wer- i
den,« sagte er, ,,besindet sich Maria
wohl genug, wollen wir später eine
Spazierfahrt unternehmen, Fräulein s
Lisa, was meinen Sie?« s
»O, mit tausend Freuden,« und ein
alüelseliges Lächeln erschien in ihrem «
Gesich« J
Edgar begab sich auf sein Zimmer, ?
srühstiictte, Don Jean Vaptist bedient,
dem gegenüber er aus die gestrige Un
terredunq nicht zuriicktanL
Später ließ er bei Maria anfragen,
: ob sie zu sprechen sei, und als die Ant
wort zurücktain, sie weilen bereits im
» Daineuzimnier, begab er sich hinab.
Sie empfing ihn mit freudigem
Anslenchten ihrer schönen Augen. Ma
ria hatte herrlich, wie seit Wochen nicht
geschlafen und befand sich wohler wie
seit langem.
»Es ist, als ob mit Dir, Edgar,
» Kraft-, Gesundheit Lebens- und Ju
gendlust in Bergheim eingekehrt sei, so
wohtthätig wirkt Deine Gegenwart
jetzt schon.«
Edgar war hocherfreut über ihrAus
sehen und ihre rosige Laune.
Von der ergangenen Einladung an
Doktor Bertram war sie bereit-Z miter
richtet.
,,Papa Bertram ist mein Freund
von Jugend aus, ihm unterwerse ich
mich gern, aber Edgar, halte mir den
anderen fern, die Gegenwart des Man
nes macht mich kraiit.«
»Du befiehlft und wir gehorchen, Du
bist die Herrin«
»Ja, eine schöne Herrin, ein Herrin
im Krankenftuhl,« lächelte sie.
»Wir werden auch noch wieder unsere
Roffe besteigen und die Landstraße un
sicher machen«
»O, der Tag, wenn ich wieder ein
Pferd besteigen tann.«
Es klopfte und auf Marias Burnf
öffnete sich die Thür und herein trat
ihre Zofa Afra.
Es war ein starkes-, hochgewachsenes
Mädchen mit frischem Gesicht, dunklem
Haar und dunklen Augen. Die starken
Augenbrauen gaben dem wohlgeforIn
ten Gesicht einen etwas finsteren Aus
druck, den die sinnlichen Lippen Lügen
straften.
L
Die trug ein einfaches, dunileH
Wollentleid, welcher- ihre kräftige Fi
gur herborhob.
Jhr Auge traf Baron Edgar mit
einem seltsamen Ausdruck, es lag ber
halteueGluth, Bewunderung, Scheu
in dein Blicke, den sie aus ihn richtete.
Keiner der beiden bemertte das.
»Nun, was willst Du?«
»Gnädige Frau lassen fragen, ob
es dein gnädigen Fräulein recht sei,
Doktor Bertrain um ets Uhr zu ein
’ psangen?«
»Ganz recht, je eher, je lieber mag er
toniinen.«
Das Mädchen ioollte gehen, als Illin
ria sagte: »Einen Augenblick, Afra,«
nnd sich zu Edgar wendend: ,,Erkenust
Dn sie nicht niehr?-«
Erst jetzt richtete er einen aufiiiersa
men Blick aus das Mädchen und sagte
mit veraniigtem Lächeln: »« 1, hei(.sjott,
dass ist Afra Ajtädcheih was bist Dir-—
sind sie gross und hübsch geworden«
Pnrpnralnth überzog die Wangen s
Asr(1’5. ;
»Bringe sie nicht in Verlegenheit, E
tidaat Jch glaube, sie hat bor teinein »
? Menschen solche Anast gehabt, wie vor !
t
t
Dir, denn Du Bösewicht konntest sie ja «
nicht sehen, ohne sie etwas an ihrein .
lanaeu Zopse zu zausen« i
tjsdaar lachte. »Ja, sie hat ost Fer- :
senaeld vor mir gegeben. Nun, wie ich :
sehe,« sagte er, aus ihr unaeivohntich .
starteg Haar anspielend, »hat esJ den -
zssörisen nicht-J geschadet nud Jungfer s
Ast-a hat mir hoffentlich Vergehen« I
Das Mädchen sah »in Boden und ;
ihr Busen wagte. Jhre Verlegenheit l
geioahrend, sagte Maria: »Geh und i
saae der Manier, bas: ich Doktor Ber
train erivarte.« Dass Mädchen ging
ehne sich umzusehen hinans.
Maria lachte. »
»Ich glaube, sie hat gesürchtei, Du "
würdest sie wieder an den Zöpsen zer- «
ren.«
Edaar lachte mit.
»Man scheint ja hier eine recht gute
Meinung von« mir bewahrt zu haben.
Aber den Sport, die Dienstmädchen
an ihren langen Strähnen zu fassen-,
habe ich doch seit Jahren ausgegeben.
Bist Du zufrieden mit Asra2« «
,Ja, sie ist gut und treu.«
Zu nicht angenehmer Ueberraschung ·
erschien jetzt Frau von Stuhl-n in
Beqieitunq Doktor Dahlows.
Der Arzt hatte sein- freundlikeö
Lächeln aufqefetzt, er verbeu te- eh
und sagte in liebenswürdigem one:
»Ah, unsere Patientin sieht ja vor
trefflich aus, das freut mich. Uebri
gen-J danke ich Ihnen, gnädiges räu
lein, dass Sie endlich meinem ot ge
äußerten Wunsche, meiner-« würdigen
Krlleqen Bertrnam zu Rathe zu zie
hen, nachqekomnien sind. Es ist mir
eine Erleichterung, mit ihm den Zu
ftcind unserer Patientin besprechen zu
können«
Edgats Blick haftete auf seinem Ge
sicht, als er sprach, aber er vermochte
jetzt weniger, als da er ihn das erste
Mal sah, eine Aehnlichkeit zwischen
ihm und dem Herrn, der ihm aus Hat ti
begegnet war, zu entdecken.
Maria erwiderte einige höfli che
Worte und der Doktor begrüßte dann
Edaan ,,Hoffentlich haben Sie in der
alten Heimath erquickendcre Ruhe ge
finden, als draußen in der wilden
Welt?«
»Es wiirde der Fall gewesen sein,
irenn nicht Sorge um unsere liebe
Kranke sie beeinträchtigt hätte. «
»Nun, ich hoffe, daß diese Sorge
Ihren Schlaf nicht lange mehr beurt
rlihiaen wird, unser aller Meisterin,
Mutter Natur, wird hier wie überall,
Wunder vollbringen und die Erfah
rung meines geschätzten Kollegen ihren
Gang beschleunigen helfen.«
Doktor Vertrain wurde gemeldet
und gleich darauf eingeführt.
Ein magerer, kleiner Herr trat ein,
irsien friscli rötlilirl)es, von schnee
ncisieln Haar und kurzgehaltenem
Baelrnbart irnirallintes Gesicht zu
gleich den Ausdruck von Wohlwollen
nnd Klugheit trug.
Er ariißte Die Anwesenden mit
leid, ikr Verbeugung Und trat sofort
ens Tillarig zu
»sei) freue mich herzlich, mein Töch
tuibem Sie wicderzusehenA sagte cr
mit einer Be rtroulichteit, die dem grei
sen Herrn wohl anstand, und aufrirly
tige Theilnahme sprach dabei aus dem
Trne wie aus seinen Zügen.
Sie reichte ihm herzlich die Hand.
»Mein lieber, väterlicher Freund.«
Er wandte seine Augen auf Edgar
i-nd: Qda ist ja unser Wildfang
wieder,«' sagte er, wie es schien, sehr
al aeneh überrascht, ,,nun, willkom
n in er Heimat « er streckte die
Rechte nach ihm glic, die Edgar ergriff
itnd kräftig schüttel Kl
»Ich begrüße wie Maria herzlich
unsern väterlichen Freund, der stets
so viel Nachsicht init meinen Jugend
streichen hatte. Jch wäre noch heute zu
thnen gekommen, Herr Doktor.«
«Will’s hosfen,« sagte der Arzt,
»das-; man in der Fremde den Alten
nicht ganz vergessen hat. Miissen mir
viel erzählen, Edgar, von Ihrem wil
den Wunderleben. Herr Doktor Dah
low,« wandte er sich mit einer kühlen
Höflichkeit an diesen, ,,hat mir die
: Ehre erwiesen, mich zur Berathnug
l)eraniu«iiehen?«
»Es ivar schon lange mein aufrichti
aer Wunsch, die Ansicht eines so erfah
renen und erprobten Kollegen in die
sem Falle zu hören.«
Doktor Vertram neigte ein wenig
das lHaupt. Zu Maria sagte er dann:
»Sie haben das Vertrauen zu mir,
theureg Kind, welches man zu einem
Vater hat, nicht wahr?«
»Ja, Herr Doktor.«
»So möchte ich bitten, mich zunächst
mit Fräulein Strehlen allein zu las
sen, gnädige Frau,« wandte er sich an
Frau von Strehlen, »Friiulein Maria
und ich wollen uns recht als alte Be
kannte augplaudern Ehe ich dazu
schreite, die Patientin zu untersuchen,
werde ich um Jhre Anwesenheit
bitten.«
Das wenig entgegenlommende Ver
halten der Dame beachteie der Arzt
nicht.
»So wollen wir unsern Rückzug an
tri«ten,« sagte Marias Stiefmutter
in einem Tone, den es an Schärfe
nicht gebrach, lind deutete aus das Ne
benzimmer Sie schritt voran, Edgar
lind Doktor Dahlow folgten ihr, der
letztere mit einein schwer zu erklären
den Zug uln die sprechenden Mund
irinlel. Man hatte ihn siir Hohn bal
ten können.
klllaria nnd der Arzt blieben allein.
Nach etwa eikser Viertelstunde bat Dol
tor Beitralu Frau von Strehlen ein
zittre-tei-» ilnd nach geraumer Zeit
wurde alleh den anderer-» denen sich die
lslserate kslise lllgisellt hatte, wieder
»Hu-tritt mit-attei
Tarauf waen sillsi die beiden Vierite
:xli«l"la, lllll su lenseriren Nach kurzer
Frist erschienen beide wieder. Doktor
Vertram einfi, während uni die Lip
ten Tillllllxxl wohl ihm selbst unbe
irllikt del- illiale illa spielte, den sein
Neiiltt sel, on fliiher zeigte Doltor
Bei-traut ergriff sofort dass Wort.
(Fortset3ung folgt)
Die-. »Hambur»a «lliiieriliiiiiis.-ls,e Pa
cketfalnt ltjesellschafV besitzt jetzt 74
Ozeandampfer mit ILZEU l« Tannen
Gehalt Und eine Flotte von Flut-,
dampfern, Lichterschiffen etc» deren
Gehalt 113,756; Tonnen betränt. Jlne
Aktien-Kapital von fi(),()l)l),l")()() Mark
vers-einst sich mit 8 Prozent. Jcn letzten
Jahre betruan ilire Einnahmen 14,
745,8.?() Mart, ihre Ausaaben 10,
082,118 Mart. Die Gesellschaft baut
augenblicklich den Dampfer »Deutsch
land«, der mit einem Gehalt von 16,
000 Tonnen und 28 Knoten Geschwin
digkeit der größte und schnellste Passa
l gierdampfer der Welt sein wird. ,