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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 23, 1899)
stukm. Der Sturm weht BIijW um Blüthe grad vom Baum. ie oft, wie oft etglützte Mein setz im Traum! Noch briapt ver Baum im Gatten Der Früchte viel. Mein Herz, mein Herz, nuk Warten Bringt dich zum Ziel. Du kannst nicht Frucht verlangen Ison jedem Traum. Blieb« jede Blüthe hangen Zerb:äch’ der Baum. h. M. Grüninger. Ekuukmem Novelle von Freiherr vo n S ch l i cht. Frau Doktor Stein nahm von dem silbernen Teller. den das Dienstmäd chen ihr präsentirte, die Visitentarte. »Von Kettbera, Lenationo - Secre tair,« las sie etwas verwundert, dann aber fagte sie: »Ich lasse bitten.« Die alte Dame, die trotz ihrer sieben zig Jahre körperlich und gemqu frifch und beweglich war, erhob fich aus ihrer halb liegenden. halb sikenden Stellung, in der sie noch Tisch fiir eine kleine hal be Stunde zu ruhen pflegte, und legte xchnell die qebäleite Decke, die sie über Ich gebreitet hatte, zurecht. Sie liebte es nicht« baß man in ihrem Zimmer Spuren vorfand, die darauf hindeutes ten. baß fie qefchlafen hatte. Sie reichte dem Eintretenden die Hand: »Mein lieber herr von Kett kerg, —- wie freundlich von Ihnen, daß Sie fiir eine fo alte Frau, wie ich es bin, Zeit übrig haben.« »Ich bitte fehr um Verzeihung, mei ne gnädige Frau. trenn ich Sie fchon wieder ftore, nachdem ich Sie heute Mor en faft zwei Stunden durch mei rsen efuch beliiiiiat habe-" Sie unterbrach ihn: Wenn man Gu tes thut, bedarf es teiner Entschuldi, gen-, und mir bereiten Sie eine Freu unb eine Wohlthat, wenn Sie mir Gefellfchaft leisten. Seitdem die Au gen fo fchmach geworden sind, daß ich nicht mehr zu lesen vermes. gehen mir die Stunden oft entfeylich angfam da hin. Die fände sind bei mir ja ftetg in Thätigte t, aber auch der Geift be darf der Anregung und Anspannung. Das Alter lebt, fo faat man, von der Erinnerung aewif2» aber das Leben ift nicht immer fchiin, und fo sind auch unfere Erinnerungm oft traurig. Ach, » und wieviel Noth unv Elend haben wir nicht alle kennen gelernt und sehen es noch täglich« Er hatte sich ihr neaeniiber auf feinen gewöhnlichen Platz niedergelassen einen alten, mit schwarzem Tuch itberzones nen altmodifchen Lehnstuhl, der zwi lchen dem lKlavier und der mit Blu mentövfen reich bedeckten Fensterbant stand. Sie feibe hatte lich in die rechte Ecke der Chaifelouaue aeietzt. Fär ihn gab eg tein größeres Ver gnügen« als dem aeifireichen Geplauder r alten Dorne zu lauschen, die in ih rem dielbetveoten Leben an der Seite eins hoch bgabten Gatten mit den be deutendsten Männern jeqlictien Veru seö und jeden Standes-·- in nahe Bezie hungen qetreten wor. Vor satt zioanziq Jahren hatte sie ihren Mann verloren, aber auch als sie Wittwe geworden war, blieben die Freunde ihr treu. —-- um ib— rer selblt willen, ioie sie mit Stolz zu sagen pslegtr. Niemals gab sie Feste irgendwelcher Art, »wer nicht mit mir allein zufrieden ist« maa iortbleiben,« pslegte lie zu sagen, ,.iiir Gesellschaften habe ich kein Geld, ntie jede Großmut ter. die achtEnteltinder und eineSchaar von Söhnen hat« Die Kinder tosteten ihr immer noch viel Geld, aber sie gab es. mit vollen Händen, soweit ihre be scheidenen Mittel es ihr aeltatteten, und ihr größter Kummer war, daß sie das »Rosen« mit dem »Lönnen« nicht im: mer in Einllanq zu bringen vermochte. »Meine sehr verehrte, anödiqurau,« begann der Legationo - Setretair, als Frau Doktor Stein schwim, »meine sehr verehrte, gnädiae Frau, mich sührt eine Sack-e von großer Wichtigteit her, ich meine natürlich eine Anaelegenheit, die nur siir mich von Bedeutung ist. Meine gnädige Frau« ·--- ich ioaae es Aar nicht auszusprechen, - - es ist mir mehr als unanqenehni —--" Und ds er schwieg, old hätte er nicht denMuth sortzusahrem saqte sie: »Wa rim zögern Sie? hoben Sie Ver trauen zu inir. so saaen Sie mir, wag Sie lzerfiitirn « vertrauen Sie mir nicht. so verzeihe ich Ihre soeben ae strochenen Worte« Ia aewann er ieinen Muth zuriidz »Gra"oi.1e Frau, um es kurz zu seinen äch bin heute Morgen während meines Besuches-, den ich Ihnen obstattete, be hohlen trocken, und zwar unt eine siir sich nicht unbetriichtliche Summe, um breiten-send Mart." starr, sprachlos, aus weitgeöfsnes ten Augen blickte sie ihn an. »Sie irren sieb.« stiibnte lie endlich, »heil; ist s at nicht inöalith!« -— »Das el hohe auch in mir zu un gtlsvlten Malen ges-NR entgegnete er, ols die·alte Diese seht-tu und schee Cellöbitlch Ist M diessle »und den nsch ist cui eine andere Art und Weise » txt Stett-leid des Geldes nicht zu er « Em, wenn man nicht an Geister unt-H w gksimnimses Witten glauben· « bis Seh lebte Ihnen iet « « li- tsnlos. »Ich monIi so - M » hliiu tou . - per-its , hls Mk « Iwirtlich alles genau nachgesehen? Be strahlen in meinemHause, bestohlen, es ist zu schrecklich!" — ,,Gniidige Frau,« bat er, ,,nehmen Sie Sch die Sache nicht so zn Herzen. Hätte ich geahnt, daß meine Worte Sie so erregen würden, so hätte ich nie und nimmermehr gesprochen-« »Nicht um mich handelt es sich, son tetn um Ihre Person,« gab sie zurück, ,.l)itte, erzählen Sie mit. wann Sie den Verlust zuerst bemerkten und wie Sie aus den Gedanken gekommen sind, daß das Geld Ihnen gestohlen, —- gerade hier gestohlen sein soll-« Sie beugte sich weit vor nnd sah ge spanntenBlicles zu ihm hiniiber, gleich sam als wolle sie ihm die Worte, bevor skrfsie ausspreche, von den Lippen ab - e en. »Gnadige Frau," begann Herr von Kettberg, »als ich mich heute Morgen auf dem Wege zu Ihnen befand, be gegnete ich dem Postboten, der mir ei jnen Geldbrief einhändigte, Dieser Brief enthielt die Summe von zehntau fend Mart. die ich mir von meinem HBanauier hatte schicken lassen. Jn Ge « enwart des Beamten öffnete ich das » .ouvert und zählte das Geld nach, es iwaren zehn Tausendmart - Scheine. IJch legte die Scheine wieder in das Couvert zurück und steckte dieses in die innere rechte Brufttasche meines Pale tots. Nach einigen-Minuten, ohne dafi ich inzwischen mit einem anderen Men schen in Berührung gekommen wäre, betrat ich Ihre Wohnung. Das Mäd chen sagte mir, daß Sie, gnädiae Frau, Besuch annähmen. Ich zog meinen Paletot aus und legte ihn auf den im Entree Jhrer Wohnung stehendenTifch, lisnd zwar fo, wie ich mich ganz genau entsinne, daß das Futter nach außen zeigte. Das Couvert ließ ich in der Tasche stecken. Nach Beendiaung mei ner Visite, die sich ia lange ausdehnte, zog ich meinen Paletot wieder an und begab mich, ohne vorher einen Laden oder eine Wohnung betreten zu haben, nach haue. Hier angekommen, nahm ich das Couvert aus der Paletottasche, un das Geld in meinen Schreibtifch zu schließen· Jch nahm die Scheine ein Igeln in die Hand, um mir, wie ich es :stete zu thun pflege, die Nummern zu notiren, und hierbei machte ich die Ent deckung, daß mir drei Tausendmart: Scheine fehlten. Ich zählte wieder und immer wieder, ich durchsuchte meinen Paletot; in dem Glauben, das Geld sei vielleicht auf die Erde gefallen, iurch fiöberte ich mein aanzeo Wohniimmen ich aan den Wea bis zu dem Gardero ben - Stauden an dem ich den Ueber ziehet ausaehänat und wo ich das Cou vert aus der Tasche aenommen hatte, zuriiet Jch ziindete mir eine Lampe an und forschte auf jedem Tierwean satz. unter dem Laufen in den Mien. Alles war veraebeng, in meiner Woh nung konnte das Geld nicht sein« ich hätte er finden müssen. Nun überlegte ich mir, wo ich den Brief erhalten, wo ich eg verloren haben könnte, aber ein Verlust des Geldes set-eint mir überhaupt völlig ausge schlossen. Nur eine einziaeLiisuna des Rathielk bleibt übrig. Tag Geld mufi aestohlen sein; und es konnte mir nur entwendet nerden in der Zeit, da ich den Paletot aus- den Händen aeleat hatte. Dies aber, meine gnädiae Frau, ist nur hier in lerer Wohnung aeichehen, hier lag mein Mantel last zwei Stunden bin durch aui dem Tisch im ltntree, hier nur tann es mir aencmmen sein« «Verzrreiselt rana die alte Dame die Hände: »Was Sie mir da saaen, Herr von Aettbera, llinat so tlar und ijder zeugend, dasz daran zu zweifeln this richt ist« und dennoch kann und will ich ei nicht alauben, dasi Sie bestehlen worden sind. Sie sagen, Sie haben überall gesucht, allein verriet-eng Ach, Bester, ich miichte Ihnen den Ausspruch eines der aewieatesten Pariser Sei-ni nal - Beamten sagen, der da lautet: »Was man sucht, findet man selten gleich, ost nie, treil man es überall der muthet, nur nicht da, ivo es ist« Das klingt so einsach, sast albern, und doch ist es wahr. Jn seinen Meine-rieth die ich- vor einiger Zeit lag, erzählt er ver schiedetie Beispiele, die die Wahrheit eines Wortes beweisen sollen. Bei einer Hauesuchiiria, die er persönlich leitete, wurde nach mehreren entwende ten Bontur-ten gest-tschi. Alles wurde durchsucht, der ganze Ofen auseinan der genommen, die Betten und Matratzen zerschnittem nirgends war etwa-H zu lindern Durch einen Zufall wurden die Scheine endlich doch ent deckt: als einer der Beamten versehent lia) die Tisctsdeete herunterwarf, siel die Zeitung, die auf dem Tische gelegen hatte, zu Boden, und aus der Zeitung slatterten die Scheine. Die Verdre aker sagen, dag- einiachste Versteck ist das ocrboraenste. Natürlich sordert es eine Froste Gewandttteit. das Einsachste zu finden, haben Sie nicht schon tausendmal gehdrt das-i jemand lerne Brille an allen Orten der Welt verge bens sucht, die er sie schließlich auf ikl ner Nase wiedersindett An alle Schlupttvinlel denkt man nur nicht an den natürlichsten, und so werden, so mittlere auch Sie Jhr Geld tviedexiin Åber ungläubig schüttelte er statt je der Antwort nur den Kopf und erregt su die alte Dame fort: »Es ist un lich, das die Gebetne en hier elelen sein können. Die ntreethilr, tie sit eneinee stae fährt ist uitetj ver schlossen. nur von nen kann sie geöff net seen-. nie-nnd lann die steige ebne pag er Im Dienstmäd Hemmt lett . settler kommen Hin seit ewige-n das ich te« die Intch ens suchen, find Lieferanten und liebeGäftr. ine ersteren sind nicht eine Secunde allein, Das-. Mädchen nimmt ihnen die Waaren an der Thiir ab, und daß der alte Gebeimratbs, der zu mir kam, so lange Sie noch bei mir waren, der Dieb ist, glauben Sie doch wehl selbst nicht.« Mit diesem lleinen Scherz suchte die Frau Doctor ihre innere Unruhe zu bei-scheuchen und auch den Legation«5 Seeketöx von der Grundlpsigkeit feiner Vermutbungen zu überzeugen. Aber das feine Lächeln, das den Mund aek alten Dame ismspielte, als sie sich den ehttvürkigen Geheimrath als Dieb dachte, fand auf dem Gesicht ihres Gastes keinen Widerschein »Gniidige Frau«, begann er aber mals, »ich würde nicht gewagt haben. Ihnen von dem Diebstahl zu sprechen, wenn sich mein Verdacht nicht auf eine bestimmte Person lenlte.« »Und die wäre?« fragte die Greisin hastig, während ihre Hände vor Erre gung zitterten. i s »Die einzige, die es überhaupt gewe- » Fsen sein tann, —-— Ihr Dienstmädchen, gnädige Frau.«« s Erleick«tert athmete die alte Dame ans: »Meine Dara, Herr von Kett berg? Für die stehe ich ein wie für mich selbst, seit vierzehn Jahren ist sie bei mir im Haus, sie ist treu und ehrlich wie nur eine, — nein, nein, die ist es snicht.« ; »Und dennoch halte ich meinen Ver dacht ausrecht«, aab er zurück. »Beden ten Sie selbst, gnädige Frau: der Tisch, aus dem der Paletot lag, steht der Küchenthiir unmittelbar gegenüber, die Entfernung beträgt kaum drei Schritt. Von der Küche aus hat das Mädchen den Mantel liegen sehen, vielleicht bat aus der Vrusttasche des Rcsctes eineEcke les Couverts herausgeragt, sie ist neu-· « gieriq geworden und bat den Brief berausgezrgen Sie sand die zehn Scheine und dachte sich: Nimm, was du so leicht nie wieder erlangen tannst.s Wer will hinterher mit Bestimmt- s beit sagen, daß gerade zehn Scheine in dem Umschlag waren, wenn auch auf dern Couvert die Zahl bemerkt ist? Ob ldrei Scheine mehr oder weniger drin-H nen liegen, ist im ersten Augenblick nichti izu sehen, und wenn der Verlust des sGeldes hinterher bemertt wird, — wer swill da mit Sicherheit behaupten, daß ,die Summe hier verschwunden ist, ge-l rade hier sortgetommen sein muß? i I Eine Ueberraschung brauchte daz« kMädchern da Sie. meine gniidge Frau,i Ist liebenswürdig waren, mich zum LFrühstück einzuladen, nicht zu fürchten. kNachdern die Speisen in das Zimmer getragen waren, tonnte sie mit Be fstirnmtheit daraus rechnen, daß ich Sie »vorläusig nicht verlassen würde, --—- sie hatte also Zeit und Muße dollauf, die zu benuyen sie nicht versäumt hat.« s I »Nein, nein, Sie irren sich ganz ge wiß, Herr von Aettberg,« sprach die Hausfrau, während sich von neuern Angst und Entseken aus ihrem Gesicht ausprägtem ,,eg i t unmöglich was Sie mir da sagen, aber wenn es dennoch ivare, ioenn ich niiai so in ihr geiauichi badiel So Mancher ivird mit Ehren begraben, der als Luinp gelebt hats« lautet ein altes Wort. Aber nein, vier zehn Jahre mit einein Wesen unter Demselben Dach. und sich so zu täuschen, nein, sv viel Schlechtigteit giebt es selbst in unserer Zeit nicht.« »Und ivenii es dennoch wärest« fragte er. . »Aber ers ist nicht so, Eie ungläubig ster aller Menschen«, entgegnete sie, »doch ich will Jhiieii ein-as s"—gen, rufen Sie das Mädchen herein uiid fragen Sie sie selbst in meiner Gegenwart.« s »Glauben Sie nicht, gnadige Frau«, unterbrach er sie, »daß es rathsciniN wäre, sich an die Polizei zu iveiiden,» daß eine Haussucbung s Da aber fuhr die alte Dame in die sähe: »Das wollten Sie mir anihun, err von Kettbergk« Dann aber, sich gleich wieder besinnend, setzte sie hinzu: »Verzeiheii Sie inir, Sie haben in zu fordern, und ich must alles thun, was in meinen Kräsieei steht, uthneii wie der zu Jhrem Eigenthum zu vertielseii.7 Thuii Sie, was Sie siir nöthig erach ten; vorher aber, ich bitte varuni, lassen Sie mich mit dem Mädchen sprechen-« —-« ich verspreche Ihnen, dasi sie die Woh- , nung nicht verlassen soll bevor die Po lizei hier nicht alles durchsucht hat.« s Sie drückte aus den Knopf der riet trischen Klingeh und gleich daraus trat das Mädchen in das ;iininer. »Dora,", sprach die Frau Doctor »dem Herrn Legations ·- Setretäe ist heute Morgen, während er bei mir war, eiiie Stimme Geldes aus- seineni Pate tot gestohlen ivordeii, --—s- Dara, ich srage Sie vri allein, was Ihnen heilig ist« haben Sie das Geld genommen i« . »Nein, Frau Doctor.« s «Dora«, sra te die alte Dame noch einmal, »wir End alle Menschen und tönnen irren und fehlen. An jeden von uns tritt die Versuchung in dieser oder jener Gestalt heran, und nicht immer reichen unsereKröste aus, uin zu wider hen. Der Geist ist willig, aber das gleisch itt schwach. Haben Sie es than, so sa en Sie es, —- ich will betlagen,a r nicht verdammen, und auch Herr von Kettber wird aus meine Bitte, dessen bin ich jichey von einer Strasanzeige absehen.« s Zustimmend verneigte sich dieser: «Selbstvertiindlich, gnädige Frau« « »Nein, raii Doktor« , er lang da Danks Stimme. Nur ein »nein", keine weit chweisige Entschuldigung oder Un schtr ibetheuerung, die nur zu ost die S ier u verbergen richt. s esskiidchend St mine erklang so ruhig und rcher ihre Ausen blickten so M und Its Ue sthf fis-f Ins-si f hatte sich so wenig verändern daß Kett bera es instinktiv empfand: sie ist nicht schuldig. »Ich mußte cs ja«, sprach die alte Dame, »daß Sie es nicht gethan haben, — wir, Herr von Kettberg und ich, sind nun davon überzeugt —- aber dor den anderen Menschen und den Richtern bleibt dennoch der Verdacht aus Ihnen ruhen, bis es gelungen ist, den Schul digen zu ermitteln. Dara, wissen Sie, tver das Geld genommen hat?« »Nein, Frau Doctor.« »Meine gnädige Frau,« sprach Herr von Kettberg, »gestatten Sie, daß ich das Mädchen frage?« Und als die Hausfrau ihm ein freundliche »Ich bitte« zugerufen hatte, fuhr er fort: »Sie müssen es gesehen haben, wer das Geld nahm. Niemand kann, ohne von Jhnen bemerkt zu werden, die Etage betreten. Die Eta en - Thür ist stets verschlossen, aber selbst den un wahrscheinlichenFall angenommen, das; die Thür unver chlossen gewesen wäre und dafz sich jemand heimlich aus den Corridor geschlichen hätte, so mußten Sie ihn dennoch sehen, denn in der Kiichenthür sind große Glagscheibm Sie werden mit entgegnen, daß Sie sder Thür den Rücken zugedreht hätten — das maa sein, aber dennoch mußten Sie bemerken, wer die Etage betrat, denn der Spiegel, der, wie ich vorhin sah, in der Küche am Fenster, den Glasscheiben der Küchenthür gerade ge genüber hängt, wirst jedes Bild zurück. Und deshalb srage ich Sie noch einmal: Fissen Sie, wer das Geld genommen at.'« Jeder Blutstropsen war aus dem Gesicht des Mädchens gewichen, ihre Wangen waren blaß, ihre Gestalt zit terte. Einen stehenden Blick warf sie ihrer Herrin zu, einen Blick, der da u sagen schien: zSchii e mich vor die iem Menschen, der mit keiner Logik un erbittlich ist, der mich zwingen will, zu sagen, was ich doch nicht sagen tann.« »Herr von Kettberg«, sprach die Dame des Hauses, ,,diirste ich Sie viel leicht bitten, mich einen Augenblick mit dem Mädchen allein zu lassen und so lange in dass-Zimmer nebenan zu gehen Jch glaube wir werden dann schneller zu einem Resultat kommen-« Er willsahrte ihrem Wunsche, und in dem Glauben, sich iiingereZeit geduldcn zu miissen, ließ er sich auf einen Stuhl nieder und bliitterte in den Zeitungen und Journalen, die auf dem Tisch her umlagen. Ta hörte er plötzlich aus dem Ne benzimmer einen Schrei, halblaut, als wenn man versucht hätte, ihn ganz zu r-nterdriicken, — aber dennoch so kla gend, so tvdeotraurig, daß es ihm das Herz zerriß und er, von Angst getrie ben, von feinem Sitz aufspraug und in das Nebenzimmer eilte. Und da sasz die alieffrau Doktor mit writgeösinctet:, starren Augen, einBild des Schrecken-J und des Immers, zit ternd und bebend wie Espenlauh Und ihm war, als sei das giiiige, liebevolle Gesicht der Oausizsen plotzlich simJahre ealiert und als habe es einen ganz Fremden Ausdruck angenommen. Dora war um ihre Herrin beschäftigt, und als iie den Eintretenden gewahrte, der bestürzt hinzueilen wollte, winkte sie ilun, sich wieder zurückzuziehen Wohl eine halbe Stunde verging, er hörte dass leise Aechien und Stöhnen der alten Dame, ihre Rufe: »Mein Gott, meiu’« Gott,« die wie eine Anklage gegen den Allmächtigen klangen, dann ward es stiller und stiller, und endlich, siir ihn nach einer Ewigkeit öffnete das Miid then die Thiir und bat ihn, hereinzu kommen Mit einer in Riicksicht aus das hohe Alter fast unglaublichen Geschwindig » tiit hatte sich die Nreisin wieder erholi, und nichts verricth mehr die ungeheure (Frregung, in der sie sich noch vor Kur Hin-« befunden haben musitr. Leise und gerauschlos verliess, Dora das Zimmer, nicht ohne vorher dem Besucher noch einen fast flehenden Blick zugeworfen zu haben, dann besansd sich Herr von Aettberg mit der Herrin des Hauses allein. ; lfine Todtenstille herrschte in dein stimmen er hatte nicht den Muth zu fraaen, was sie so bewegt, so erschro clen habe. Er durfte nicht verrathen,j das-. er sie in ihrer Schwache gesehen, und die ilte Dame suchte vergebens nach Worten. s ,,«.Uiein lieber Herr von Kettbera,« sk.ate sie endlich mit einer Stimme, De ren Zittern uno Beben sie nicht in ber— . leraen vermochte, »ich habe mir bon« meinem Mädchzn alle Personen nennen ; lassen, Vie, so lanae Sie heute Ajiurnc11. bei mir waren, die Etage betreten lia I tsen, e- sind alle-J Leute« siik deren Ehr-. li.t)teit ich noch vor wenigen MinutenI wich verbürgen zu können glaubtes Auf einmal lenkt sich der Verdacht deri Tbiitetschaft aus einen, dem ich es aml allerwcnicsten zugetraut hätte. Ver lanaen Sie nicht von mir, seinen Na- . men zu nennen, —-— glauben Sie mir, tas-. ich noch heute versuchen will, ein; Geständniß von ihm zu erlangen. Leugnet er auch mir gegenüber, dann ’ werde ich Ihnen ans meinen Mitteln den Betrag zurückerstatten, denn ich will nicht, daß einer meiner Gäste in meinem Hause pecuniiiten Schaden erlitte.« I V bwehrend erhob Herr von Kettberg s die Hände: »Nie und nimmer, gnädige Frau, würde ich solches Opfer von deh nen annehmen, Sie dadurch gewi er maßen verantwortlich machen site die käm-langen der Leute, die in Ihrem use ein- nnd ausgehen. Jch weiß, sie sind die Güte selbst, nnd ginge es nach Jhrein Herzen, so tyiirde es keine Pesiingnisse nnd Zuchthayser mehr ge Stimme würden Sie jeden Verbrecher bitten auf den Pfad der Tugend zu rückzukehren, nnd wären überzeugt, daß er es auch thate. Dennoch aber, gnä diac Fi tu glaube ich, daß Sie in die scm Falle gut jlzijtem den Menschen dem Gericht zu überstehen Wie soll ten Sie, anädigc Frau, dazu kommen, fiir seine Schuld zu büßen?« Er sah, wie die alte Dame bei feinen Worten zusannnenschauderte, wie von Neuem eine fahle Blässe ihr Gesicht überzog. »Sprechen Sie, bitte, nicht von den Gerichten,« sprach sie, »mich schau dert’s, wenn ich an die Gefängnisse denke. Möchtn Sie, so lange Sie es noch iraend verhindern können, dazu Veranlassung geben« daß Jemand, nienn auch nur fiir Monate oder Jahre, hinter den Kerlermauern sitzt? Jch nicht, —- ich selbst hätte keine ruhige Minute nicht« »Aber meine gnädiae Frau«, bat er, »nohin sollte das führen, wenn wir nur unser Herz sprechen ließen? Wer eine Schuld aus sich lädt, muß sie büßen.« ,,Getois-.,« gab sie zurück, »jegliche Schuld findet ihre Buße und Strafe, nenn auch nur in der Angst und Be klemmung des eigenen Herzens. Glau ben Sie, daß Derjeniae, der Ihnen das Geld nahm, auch nur eine Secunde sei neg Besitzes froh wird, daß er nicht schon längst bereut, es genommen zu haben?« »Macht ihn das weniger strasbarf" »Gewiß,« antwortete sie, »wer be reut, dem nsird vergeben wer-dien, so leh ret Ian die Schrift.« »Im Jenseits ja, — aber hier auf Erdenbl eibt er dennoch strafbars ver sehte er, »und abermals rathe ich Ih nen, lassen Sie dieses Mal die Stimme Jhres Herzens schweigen, —- Sie schen schenteu Jhr Mitleid einem Unwiirdi gen denn wer da stiehlt, ist ein Lump« Sie taunielte zurück bei diesem Wort, als habe s:e einen Schlag in s Gesicht erhalten, dunkelroth särbten sich ihre Wangen, und wieder sprach sie vor sich hin: »Mein Gott, o mein Gott « Aber gleich richtete sie sich wieder aus: »Nehmen Sie dieses entsetzliche Wort zurück, ich bitte, ich slehe Sie an, — vergeben Sie, wie auch Sie dereinst auf Vergebung hoffen. Wer weiß, was den Unglücklichen zur That trieb, -— glücklich Derjenige, der von sich sa gen tann, ich bin nie einer Versuchung unterlegen, — nehmen Sie das Wort zurü«l.« Ihre alten, zittern-den Hände hatte sie ihm gesaltet entgegengestreclt, nnd aus ihren treuen Augen sprach eine sol che Angst und Verzweiflung, daß er sich leeilte, ihren Wunsch zu erfüllen· Aber er stand Ver einem Räthsel, das er sich nicltt zu erklären vermochte, nach dessen Lösung er vergebens suchte. Was-« bewog sie, die die Treue und Wahrheit selbst war, die jede Falschheit nnd jede Lüge haßt-, so fijr einen lihrlosen ein zutretenI Wie konnte ihr das Schick sal eines Unwiirdigen so zu Herzen ge izen, daß sie dag- beleidigende Wort empfand, alg wäre es ihr selbst zugerus sen worden? Wie konnte sie fiir den Fremden bitten, als bäte sie fin sich selbst? Da erllang auf dem Vorflnr oie Glorie, und gleich darauf hörte er eine Stimme fragen: »Ist Frau Doctor zu Hause?« Herr von Kettberg erlob sich: »Sie betonirnen Besuch, gnädisae Frau, ich will Sie nicht langer stören. Sie wer den so liebengwijrdig sein, mir von dem Ergebniß Ihrer Nachforschnngen Nach licht ru arben.« Doch die, zu der er sprach, hörte ihn nicht, ohnmiichtia, mit aesehlrissenen Augen war sie ruriidgesalleiu denAuSi drud tösdtlichster Vlnast und tödtliehsten Schrecken-·- aus Ehren Ziiaen Einen Augenblick stand er wie ers stcsirt da, dann stiitzte er hinaus, um das Mädchen zu rufen, und stieß in der Thiir mit dem Besucher zusammen, --- dem ältesten Enkel der alten Frau Tictor, einen jungen Studenten der Chemie. ,,Jbre Frau Gipsnnutter ist soeben drin einer Ohnmacht befallen worden, eilen Sie sofort zu einem Arzl«, rief er ihm zu. Der aber taumelte, alg er Herrn von Lendeng ansichtig wurde, zurück, als sei ein Todter aus der Gruft vor ihm ausgestanden Bleich, mit fahlen Wan gen lehnte er sich aeaen die Mauer, der Schweiß perlte aus seiner Stirn, die ganze Gestalt zitterte, und nur muhsam hielt er sich aufrecht. lan plötzlich, ehe Herr von Kettbera eO verhindern tciinte, tvar der junae Mensch vor ihm aus die Kniee nieder gefallen und murinelte unverständliche Werte ver sich hin. Da drängte sich Herrn von stettberg die tirtenntniß so jLih und Plötzlich auf, daß ei im ersten Lluaenhlicl sieh dagegen zu wehren versuchte. . »Arme, arme Frass sprach er vo: sich hin, »nun verstehe ich alles, —--— iuie mußt Du bei meinen Worten gelitten haben!« s So sehr war er erschüttert, daß er kaum aus die Worte des vor ihm Knie enden achtete, der in slieaender Hast, da er bei dem Anblick des Herrn von Rettbera eine Entdeckuna seines Ver gebens als sicher annahm-, ein reuiges Beleuntnisz seiner Schuld ablegte: Von seinen Gläubigern gedrängt, have er gestern im Spiel sein Glück versucht, — er hatte verloren, ——— 3000 Mart, — zohlbar aus Ehrenwort in vierund zwanzig Stunden. Er sei der Ber weislung. dein Selbstmord nahe gewe sen, —- er hätte keinen Ausweg, keine Hülfe gewußt aus dfe schrecklichen Lade. in der er Hob Mund-- »s« . ten. Da habe er heute Morgen, als er gekommen sei, um seine Großmutter zu besuchen. den Geldbries in der Pale tatsTascbe aesclxehein er habe die Hand auggestreett nach fremdem Gut nnd sein vervfändetes Ehrenwort eingelöst. Und die Reue, die Selbstanllage und Verzweiflung die aus den Worten des jungen Menschen sprachen, riihrten das Herz des-Herrn von Kettberg und ließen ihn der Worte gedenken, die vorhin die alte Frau Doktor zu ihm gesprochen hatte: »Vergeben Sie, wie auch Sie dereinst aus Vergebung hoffen. Glück lirb derjenige, der von sich sagen lann, icb bin nie einer Versuchung unter learn.« Er beugte sich hinab und hrsb den nocli immer Knieenoen ans: ,,Unaescbe hen machen laßt sich keine Thit, -— aber man kann sie vergessen machen. Das sei Jljre Ausgabe. Ihre Buße, die ich an anen verlange. Aber noch etwas anderes sordere ich Von Ihnen: Keinem Menschen gegenüber Dürsen Sie je Jhre Schuld bekennen, selbst Ihre Frau Großmutter darf nie etwas er fahren! Sie müssen leugnen bis zun letzten Augenblick, Und selbst wenn Si gefragt werden aus Ehre und Gewis: sen, dürfen Sie die Wahrheit nich bekennen. Der Himmel wird es Jhnei «r:-:-reinst verzeihen, daß Sie durch ein Liiae das Leben Ihrer Verwandte) erhalten haben, denn die alte Dank niirde sterben, wenn sie je die Wahrhe erführe. Jch weiß, wie gerade Sie vo ihr geliebt werden, wie sie bei Jhnex in den goldenen Kelch sieht. Jch höre die Schritte ldes Mädchens, eilen Sie zum Arzt, bevor man uns hier zusammenfindet, —- das Weitere lassen Sie meine Sorge sein.« » Er drängte den jungen Menschen, der danlerfiillten Herzens ihm die Hände zu küssen versuchte, zur Thiir hinaus und entnahm dann seinemPor tefeuille drei Tansendmark-Scheine und wars sie auf den Fußboden des Catri dors, sodaß es aussah-als wären sie vrm Tisch herabgesallen, halb offen, halb versteckt, sodaß sie nicht gleich in’s Auge fielen nnd doch beim Suchen gefunden werden mußten. ; Dann eilte er nach Haus-, und dort langekommen schrieb er mit fliegender Hand: L»Meine sebr verehrte, gnädige Frau! Jch beeile mich, Jhiien zu wieder holen, was ich schon vorhin Persönlich zu anen sagte: Hätte ich geahnt, daß »meine Worte Sie se- erregen würden, ’fo wäre nie und nimmer mehr eine Silbe iiber den Verlust iiber meine lLippen gekommen. Sie herzlichst um lVerzeihnngx zu bitten fijr die Unruhe kund lirregnng die ich Jhnen bereitet, ; ist ter Zweck dieser Zeilen. lind dann noch eine-, obgleich ich weis-« daß es Vergeblich sein wird, wie auch soeben eine erneuteDurchforschung meiner Wohnung abermals vergeblich war. Soeben fällt niir ein, daß ich Ihnen daban sprach, daß ich alles durakfneht hätte, nm nach meiner Mei nung das Geld sein kann nnd dennoch habe ich eins vergessen: Ihre Woh nung. Vielleicht beauftragen Sie das Mädchen, auch drrt einmal auf das Genaneste nach-Zusehen Jch halte, wie gesagt, einen Verlust siir undenlbar und halte die Vermu ihung eines Diebstahlg mit Entfchie denheit aufrecht. Ich rathe Ihnen noch male gnädige Frau, der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen. Jn Verehrung nnd Ergebenheit bin irb stets Ihr aehdrtanister von Kettberg.« Dann sieaelte er das lsouoert, und inbrünstig heil-ten seine Litipen: »Wartet iui Himmel, txan Erbarmen und laß nreine List actinzein - -- nimm ihr nicht roch so stät ein Abend ihre-:- Lebens die Freude an dem (.inleltind, das sie alvsidttisch liebt! Los; erklingen, was ich ei«sel;ne, -—-— los-, sie alauben, daß das Geld-, das-« sie sinken werden, wirklich das verlorene-, Icisz ihr Enkel leili Ver ttrecker ist" —-— Blutnenfchiss. Fiir die turzgesdsnittenen Frühlings und Soininerhtunien tinn man sich leicht einen aanz priainellen Behaltet herstellen. Aus startein weis-ten Glanz 1·-apier schneidet man ein spitzeH Pan tiisselehen don unaesähr ZU lim. Länge, zuerst die Sohle, dinn den oberen Theil -;iid, heftet beider- niit kleinen Stichen Zusammen. Recht-:- und linth am Vor derkslatt, sonsie hinten cui Harten an jeder Seite-, ist se ein Loch zu stechen. Iltun siilli nian den Schuh mit den Blumen und vertheilt ein wenig Gras over sent-«- Ojriin dazwischen Jn der Mitte steht nlo Mastdisiun ein rnndeg, etwa 25 Cin. langes Stäbchen lBlei stist oder dergieitlienh oben init einer kleinen weißen Padierfahne qeschmiicktz einige Finger breit darunter sind zwei diinne Stiftclxen G Crit. lang, wage recht an dein Stäbchen befestigt. Sind die Btnnien hübsch vertheilt, so zieht tnan vier diinne, noldene Schnürchen durch die Löcher und spannt sie straff um den Mast und die Querhölzer. Schließlich erhält unser tleines Blu menschisfchen auch noch ein weißes Segel. Diese-Z hat die Größe und Form einer Visitentarte und wird mit telst sltissigem Leim. start ebo en, zwischen den beiden Querstä n est geleimt; dar dieses geblähte Segel macht das Seh stehen den Eindruck, als treibe es vor dem Winde. Im Jmmu des Schisschens sann ein kleines löu - liches Qlafsbehälterchey mit We et . fis-« - v