Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 09, 1899, Sonntags-Blatt., Image 12

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    Im Mitte-F
MS anf! Der frische Morgenwind
Kommt, Insti dich zu grüßen!
Er weht mit lüthenschnee daher
Und weht ihn dir zu Füßen.
Thu auf dein blankes Fensterlein
Und laß den jungen Lenz herein;
Er will dein Herz erfreuen
Jm wundetholden Musen.
Die Luft ist voller Lachens-eng
Der Himmel strahlt in Bläue,
Und Wief nnd Gatten. Flur Und
Wald,
Sie schmücken sich aufs neue.
Tritt, Mägdlein, nun auch du herfür
Aus deines kleinen Hauses Thür
Und eile, dich zu schmücken,
Den Liebsten zu entzücken
Ein Sträußlein steck dir an die Brust
Von Habmichlieb und Winden,
Auch Rittersporn und Ehrenpreis
Muß sich darinnen finden.
Vergißmeinnicht sei auch zur Hand
Und Himmelschlüssel wohlbekannt,
Auch darf, bei meiner Seelen,
Dir Männertteu’ nicht fehlen.
Kommt dann der Liebste froh daher
Und neigt sich zu- dir nieder,
Steck ihm den Buschen an den but
Und nicl ihm freudlich wieder.
Wenn er dann noch nicht ganz besiegt,
Und wenn dir’s seht am Herzen liegt,
hn fest an dich zu ketten,
o nimm dazu noch Kletten!
E.Michael.
If MEDIUM-ils
Damm-esse von U. S e e b a ch.
Jhre ani heutigen Tage siattgehabte
Beriniihlnng beehren sich ergebenst an-l
IUMSM · s.
Karl BrumseL Gerichisassessor,
Einin Brunisel, geb. See-nann.
Köln a. Rh» den 27. Mai 1897.. «
Die Morgenausgabe der »Kölnischen
Diiung" vom 28. Mai trug diese freu
dige Nachricht durch alle Lande. Freu
dig war die Thatsache jedenfalls für
uns srischgebackenenEheleute, denn wer
kannte wohl außer den Verwandten
nnd den Bekannten, die rnan sich bis
pn seinem 28. Lebensjahre erwirbt,
mich, den Gerichtsassessor Brumsel.
»Man muß in der Wahl seiner Eltern
vorsichtig sein«', heißt es so oft im
Scherz, und auch ich war iii stillen
Stunden manchmal cka den Gedanken
gekommen: ,,We5halb warst du nicht
vorsichtiger!? Der Name, den dir dein
Vater vererbt hat, ist nicht sehr schön.
Brumsell Was heißt BruniselZ Was
ist BrumselZ Jn der ganzen neueren
und alten Geschichte, ja selbst inMeyersxs
Lonservaiionslexiton war der Name
nicht verzeichnen Wenn mich nur nicht
einmal einesBrunkEsel nennt. Der
zweite Punkt, über den mich das
Sprichwort nachdenken ließ, war na
türlich der Geldpunli. Mein Vater
- tte mir recht wenig hinterlassen, und
"tte meine Emnih nichts gehabt, so
wäre eine Wartezeit bis zum wohlbe
Egten Amtsrichter unausbleiblich ge-»
en. .
ach Mühen und Schwierigkeiten
Laien wir glücklich vereint, und der
bendschnellzug trug uns nach Berlin,
Po wir die ersten acht Tage unserer
klingen Ehe verbringen wollten. Glück
iche Tage waren es, die wir dort ver
ledten, und als wir Berlin genug ge
np en, zog es uns nach deinNorden, der
innth meiner Frau. Wir bewun
derten unsere großen, schönen Han
delsstadte und genossen in vollen Zügen
die Freiheit und das neue Glück.
Drei Wochen waren verstrichen. Auf
nnsermProgramm stand noch der Be
such bei einigen meiner Verwandten,
and eines schönen Morgens dampften
wir nach Süden ab, iiin meinen Onkel,
den Bruder meines Vaters, Major a.
D: Bvuin el in Eisleliem zu besuchen.
Eine gro rtige Feier wurde uns zu
Ehren veranstaltet, ein Ianiiliendiner,
liei demTanten erschienen, die ich bloß
dunkel in Erinnerung hatte und die
meiner Frau die schamrlichsten Ge
Icnuyten uder meine Jugenditreiche auf-I
banden. Nach Tisch saß ich mit mei
nem Onkel bei einer guten Zigarre in
seinem gemiithlichenNauchzimmer. Wir
planderten über meine Zukunft, nder
meine Jugend, itber meinen Vater-.
»Hö: mal,« meinte aus einmal mein
Onkel, »du weißt wohl noch gar nicht,
daß mein Bruder, dein Ontel Max,
der vor Jahren als Apotheter nach
Amerika ging und als ver-schallen galt,
uriickgetehrt ist? Er war vor kurzer
Zeit hier und ist nach Dresden gezogen.
ort hat er er sich in dem Billenort
Blasen-itz,f soviel ich mich erinnere, in
der Midertstraße ein kleines häus
Cen getauft Er ist ein richtiger alter
Junggselle geworden, aber er hat sehr
dtel ld erworben, was dir ja zum
Theil mit zufallen wird, wenn er einst
tobt. Suche ihn jedenfalls aus und
dle ihn recht gut, nimm auch et
tvts Rücksicht aus seine Eågenthiimli -
n, die ihm tmch den usenthalt ni
rita anhaften.« ;
Aus nach Dresden! war am nächstens
Siege unsere Losung. Die Ausgabe des
Mckj —- meine Frau hatte vier Kos
fet mit — ließ uns beinahe den Zug
-mMn. »Gut-lich aßen wir im Cou
, und denn schön en Frühlingswet
durchquerten wir Sachsens gesegne
eiren und langten, nachdem wir
in Leipzig einen kurzen Aufent
woemnew Wen Abend in Drei
u. Meiner Frau hattet unter
» Ue Ieschich e mit dem el
t, M sie spat natürlich sehr ds
Mudem ihn enn W Ja
O
s
ge gleich mszusuchen und ihn so neit
vie möglich zu benandel
Freudig entstiegen wir, mit dein er
behenden Gefühl. einen solchen Erben
kelsn besitzen, dem Zuge. Meine Fc au
«hatte mich in der legten Stunde der
Fahrt immer schon mit der Frage ge
guiili, welches von den sechs mitgenorn
menen Kleidern sie zu Ehren des On
kels anziehen sollte, und noch nach dem
Aussieigen hatte die sur K ehr aufre
gende Toilettensrage ni eher Ruhe
bis ich meine Verhandlung mit Brosch
kenkuischer und Gepäckirager begann.
Eine Gepäckdroschke nm te genommen
werden, um die ganzen offer zu ver
stauen. Während der Dienstmann steh
entfernte, um dieselben zu holen, mach
ten wir es uns in dem dumpfen, engen
Droschteniasten schon bequem, un)
kaum saß meine Frau m ihrer Ecke, alr
auch der Hut wieder an die Reihe kam.
,,th er denn noch schön genug?"
»Aber, liebe Emmy, das könne n wir
jä alles im Hoiel besprechen, vorläuf gl»
i ja —
,.Tas Gepäck isi noch nicht da!« Tön
te aus einmal eine Stimme in unsern
Kasten. ’s wätd wohl mit den andern
uge kommen, meine trschasten. Ich
dring’ Sie’s ins Hode Wo logieren
Se denn?«
Bevor diese fürchterlichenWorte ganz
dem Munde dieses dienstbaren Sach
sen entflohen, war ich aus der Dreiei
te. Meine Frau die einen Schrei aus
gestoßen dem mehrere Seufzer folg
ten, kroch mir aus dem Droschkentiziirs
:cheu nach· i
s .Da5 tornrnt von deinen vielen Kos
.sern!« konnte ich mich nicht enthalten
meiner Frau hinzu-werfen aber schon
that es mir leid, denn gnnz gebrochen
stand sie da nnd eine Thriine rollte ans
ihr-er Wange hinab. Weiter durfte ich
es ni t kommen lassen« denn das wuß
te ich chon aus meiner Verlobungzzeit.
wenn die Thränenschlensen gezogen
waren, gab es vor einer halben Stun
de keinen Halt
Jn solchen kritischen Momenten muß
der Mann seine Thattraft beweisen. er
muß handeln, um seiner rau zu im
portirten Das giebt H chtnng für
das ganze Leben. das verbütet den Pan
tossel und erwirit die ständige Erhab
niß zum Tragen und Gebrauch des
Hausschlijssels.
Aber was sollte ich am besten mo
chen!? Jch war wirklich noch recht
dumm im praktischen Leben. Der
Dienstmann merkte das wohl.
»Dann Se, mein gutester Herk, las
sen Se mal nach Eisleben telegraphie
E, vielleicht liegen de Sachen noch
Ja, natürlich, das war ja das- Nich
tige, was sollte ich auch anderes thun!
»Ich werde telegtaphieren, liebe Ern
my.« Sprach’5 und unter Führung
des Dienstmannes zogen wir aufk- Te
legraphenamt.
Nach halbstiindigem Warten tam die
Nachricht, daß das Gepäck mit dem
Schnellng nicht mehr sorigetommen
wäre und erst mit dem Personenzug
um els Uhr Nachts einträse.
»Fahren Se nur ruhig in Jhr Ho
del, nich wahr, Weber war’s, da steigen
die jungen Eheleute immer ab —- « er
Kerl hat uns richtig erkannt. —- »Ich
bring ’s Gebäet heite Abend nach.
Wenn Se morgen ausstehen, habenSe’s
vor Ihrer Stube. Hier is meine Num
mer.«
Was sollte ich machen? Meine Frau
saste gar nichts mehr. Sie schmollte.
Still fuhren wir in Dresden ein und
mit betrübten Mienen stiegen wir aus
und mußten natürlich tm Hotei gleich
unser Mißgeschick berichten, damit man
uns nicht sin ganze Burmnler hielt,
rhne alles Gepäck anzulommen. Der
erste traurige Abend- Meme rau
sprach sast gar nichts, asz und tran sast
at nichts. Alle Versuche, sie zsi ver
söhnen und zu erheitetn, waren verge
bens, Jch hätte das Gepäcl nicht rich
tig ausgegeben, war immer ihre Rede.
mn ersten Male legten wir unsehne
ß zur Ruhe, aber keines schlies. Da,
gegen zwölf Uhr Nachts mochte ei sein,
Hhalten schwere Tritte aus dein Flur,
ein schwerer Gegenstand wurde nieder
gesesn ein zweiter, ein dritter, ein vier
ter olqtr. Mit einein Sah war meine
Frau aus dem Bett, öffnete die Thür,
und auf dem erleuchteten Kortidor
standen unsere Koffer. Ein Freuden
schrei! «Lieber Karl, alles ist wieder
da, ich vergebe dir." —- Und versöhnt
schliefen wir, bis die helle Frühlings
sonne uns gewaltsam M Aufste n
mahnte. Soweit die orgenstunben1
nichten, bewunderten wir die Stadt»
Am Nachmittag fuhren wir nachBlass
sen-itz. Meine rau hatte sich tadellos
herausgeputzt, te mußte einen gewalti
en Eindruck machen. Jch war wirk
ich neugierig, meinen Onkel kennen zu
lernen. Nie hatte ich ihn gesehen, oder
nur als ich ganz klein war, und auch
die Photographien« die wir zu Hause
besaßen, war in den sechziger Jahren
aufgenommen. Aber wo mochte er
wahneni Die von meine-n Onkel mir
jangegebene Straße hatten wir erreicht.
iSie hnte sich endlos aus. Eine klei
ne Villa neben der anderen, alle tnsäri
ten gelegen. Wir liefen auf und ab.
»An den Thürschilsdetn fanden wir den
Namen Brumsel nicht, uno die Leute,
die wir fragten, konnten uns teineAuzs
kunft geben.
»Er wird wohl in einer and-ern
Straße wohnen,« meinte i , ,Onkel
Martin in Eis-leben wußte d e Straße
ja a nicht enauk
»F bin a r schon so müde, Karl,
weiter kann ich nicht mehr sehens
Es war auch-zehen spä orden«
und wir entschl en uns de soli, die
Suche aufzugeben Wir K ren- w«
eäck nach been Mk und verfskts
Its-It
gleich ein Schriftsiiich tun dein Erden
el unseren guten Willen Fu zeigen.
Lieber Onkel Mar.
Durch Ondel Martin in Gmel-en
«den ich estern besuchte. hörte ich. daß
cDu lii lich zuriick etedrt bist und hier
«iu tax-spitz wohn . nuf des Hoch«
zeitsrei e begriffen, wollte ich daher
nicht verfehlen. Dich. meinen liedenLn
tel, den ich so lange nicht gesehen, zu
begrüßen und Dir meine Frau vorzu
stellen. Leider ist es unt nicht mög
lich gewesen« Deine Wohnung aufzus
sinderr. Wir grüßen Dich deshalb
herzlich hierdurch und bitten Dich, uns
recht bald in unserm jungen Heim m
Kiiln zu besuchen. Mor en Mittag
müssen wir leider nach rag weiter
reisen. da wir uns dort bei einein »Du
kel meiner Frau zu Besuch angesagt da
jben und wir, da mein Urlaub zur Nei
-ge geht, hier einen Tag nicht zugeben
tönnen. I
Sei uns daher nicht böse und bleibe;
wohl ewogen Deinem Neffen und Dei»
net ichte
erl BrutnseL s
Ernnty BrumseL get-Seenan
z. Zi. Hotel Weber.
.Zielleicht kommt der Brief an,
wenn nicht« dann wende ich mich gele
tgentlich nochnml an meinen OutelMars
rn.«'
»Wer weiß. wo der Onkel wohnt.«
meinte darauf meine Frau. «So ein
abenteuerlicher Mann ist vielleicht
längst wieder ausgezogen oder nach ei
ner anderen Stadt gewandert. Jeden
falls sol uns der Onkel den Tag nicht
verderben, wir haben gestern genug ge
schmollt. Wir gehen heute noch ins
Theater, nicht wade, lieber Karl und
taugt unt ein Uhr fuhren wir weg.«
. hen wir aber schon um elf
Uhr auf-den Pult-thut « damit alles
stet- gedi
Als wir am andern Morgen noch
rnitchzer Teilöttåhtzexchästi Meeres
me gegen ein, es
öffnete. Ein Kellnee präsentkrte mir
auf silberner Tat-leite eine große Visi
teiitarte, welche nur die schwer-wiegen
den Worte »Max Bruinsl« nthilt.
»Der here möchte die Herrschaften
spr«echen,« bestellte der Kellnr.
»Sagen Sie thii einen schönenGruL
niir kämen sofort hinunter, er möchte
keinen Augenblick warten, wir wären
Enoch nicht ganz seitigf (
I ..Einmy, der Erbonlel ist da! Hier«
lies seine Karte Nun schnell, daß wir
j bin nicht warten lassen!«
I Natürlich mußte zuerst ein anderes
Kleid herausneholt werden und end
lich stiegen wir die Treppe hinunter.
iDaSEmpiangszimmer wurde geöffnet;
Hvor ung stund ein kleiner Herr mit gol
vdener Brille. arauem Vollbart, leidlich
gut, nicht gerade sehr schön angezogen.
Er kam gleich aus uns zu:
I »Ich bin dein Onkel den du wohl
gar nicht mehr kennst Deinen Brief
habe ich heute früh erhalten. Du bist
ein hübscher Kerl geworden Und wie
Esreue ich mich auch Sie gleich teniien
lzu lernen, liebste Nichts«
»Es that uns so leid, dich gestern
nicht zu iresien.«
I »Ich wohn ziemlich einsam« — er
zwinterte dabei so komisch mit den Au
igeii —-, »habe sast gar teinen Verkehr,
kund, um nicht belästigt zu werden von
Leuten, die mich nichts angehen, habe
ich kein Schild ain hause Nun wol
len ivir wenigstens den heutigen Tag
spergniigt zusammen verleben Was
hast du dann vor lieber Nesse?«
»Wir müssen heute mit dein Ein
inbezug gnach Prag fahren Ei läßtj
sich mit dein besten Willen nicht inehrj
ändernk i
»Das ist aber wirklich schade. habt;
ihr« denn die Sehenöwiiid leiten schon
bewundert? Wart ist schon im
Z ng eri«
»Nein, wir wollten heute früh dort
bin."
»Wenn es seuch recht ist, werde ich
euch
ie sinds dir von herze-i dankbar,
lieber Onkel. «
Prachtvoll lonnte er uns alles er-s
klären, während wir durch die Säle der
Gemäldegalerie wanderten. Unter
wegs erzählten wir ihm lachend unfer
Mißgeschick mit drn Gepäel und auch die
Absicht, fchon um elf Uhr nach dem
Bahn-hof zu fahren, damit solches nicht
wieder vortoenme.
«Ach, Unsinn, wir gehen jesi in's
Fiel zurück, ihr eßt dort ordentlich zu
itiag und fahrt um halb eins mit
der Drofchte nach der Bahn. Jch wer
de nrii euerrn Gepiick chon mn zwölf
Uhr dorthin fahren un euch alles fer
ti machen. Die Billets nach Prag
fånle ich euch.«
«Das ift ja zu reizend nnd lie
benswürdig, grr BrnrnfeL Ach,
was sind ·e fiir ein net
ter Onkel. Wenn wir das e
ahnt hätten, wären wir viel friisee
I kommen. Aber eigentlich können wir
ähnen diese Mühe gar nicht aufbiiri
no
«Aber bitte, liebe Nichte, ich habe
nichts zu versäumen. und freue
fehr, fiir euch etwas thun zu tönnerr.«
Mein Onlel rollte lächelnd feine
kleinen Augen hinter den gr en Bril-!
lengläfern, uns beiden einen onderbwj
ren Blick zuwerfend Es lag überhaupt!
etwas Eigenthümliches in dein Blick.
Er war zeitweife fo ftechend, das latn
wahrscheinlich von dem Bette , den
en o ge n te, dein
rnan nicht iiber den Weg trauen konn
te. Dankbar nahm auch ich das Ge
schenk und das Anerbieten meines Dy
tels an. Vergnüert nnd iiber alles MIC
lgemoplauderny wanderten wir sun
I . est packen wir noch schnell unsere
Lotsen du entschuldigst uns so lange,
juåid dann bitten wir dich, mit W In
le ers-«
i .Aber, liebe Kinder, das ist doch
meine Sachet«
»Mein lieber here Onkel, wenn ich
Sie so nennen dars.« fiel ibm meine
»Frau in’s Wort, .biet im otel sind
wir zu hause, biet müssen ie unser
Gast sein« «
«Ra, meinetwegen. wenn ibr nicht«
anders wollt, ich liebe es nicht« große
llmstände zu machen.«
Ich hatte unterdessen demKellner den
Austrag gegeben, eine Flasche Schaum-(
wein kalt zu stellen. Bald waren diel
Koffer gepackt, und wir saßen zu Tisch«
»Dein Wohl; mein lieber Onlel!’
Herzlichen Dank sür deine Güte und
die qroße Mitbe, die du dir mit uns«
aiebst Nicht wahr, du kommst bald zu
uns, wir wollen unser Familienbandi
recht fest lniipfen, du bist ja einer dcrE
wenigenVerwandtem die ich noch habe«
»Ja, liebe Kinder, halten wir, die
wir von der Familie Brumsel noch le
ben, fest zusammen. Und Sie, liebe
Nichte, wollen wir uns, als so nahe
Verwandte, nicht auch du nennen ?'«
»Herzlich gern, lieber Onlel."
.Dann dieses Glas aus dein Wohl«
liebe Emmb, aus euer Wobll Möget ibr
recht glücklich werden, möge euch der
Himmel vor Aetgernisz und Kummer
bewahrenl"
Wir leerten die Gläser.
Nun will ich aber mit eurem Ge
viicl fort. Jbr fabrt also bier um halb
Eins weg. In einer Viertelstunde seid
ibr bequem am Babnbos, und dann ba
be ich alles besorgt. Unterdessen eßt tbr
rubig zu Ende. Adieu, Kinder, auf
Wiederseben!«
»Mein lieber Onkel!«
hinaus mar er und bald hörte man
einen Wagen von dannen rollen. —
«Ennnh, das ist ja ein fasnoser On
tel; es war doch aut, daß wir ihn auf
gefucht baden. Auf diese Freude trin
ken wir noch eine Flasche Seit. Wir
haben noch dreiviertel Stunden Zeit.«
»Aber Karl, es wird zu viel. Wenn
wir womöglich einen kleinen Schwing
pbetominen und uns der Onkel fo siebt,
ssdann wird’s mit feiner guten Meinung
und der Erbschaft knapp werden.«
»Ach, mach doch teine Wide, wir find
ja teine Kinder mehr. Kellner, bitte,
noch eine Flasche!«
Sie wurde geleert, und wir waren
in der beiterften Stimmung, als wir
aufbrachen. Es war hohe Zeit. Schnell
warfen wir uns in eine Droschte. Der
Portier rief noch: »Gliickliche Reises
Die Herrschaften fahren doch nach
Leipzig, nicht wahr?«
»Ja, ja, natürlich!« Ich brauchte
dein dummen Kerl doch nicht zu sagen,
daf- wir nach Praa wollten!
Sehr bald waren wir auf dein
Biwale Eine Viertelstunde hatten
wir noch Zeit bis zum Abgang bes
3uges. Aber wo mochte der Onkel ste
cken?! Weit und breit war in der Vor
balle nichts von ihm zu sehen. In der
Gediidausaabestelle war niemand gr
wesen, der ihm ähnlich fab. Unsere-tos
fer waren nicht vorhanden, auf dem
Babnsteia nichts von dem Onlel zu er
blicken. Auf den aushängenden Fabr
plänen überzeuate ich mich nochmals,
daß der Zug um ein Uhr- abgingz wir
warteten bis ein Uhr. Ein Schnellzug
fuhr ein und ab; ich ssuchte ängstlich
nach bern Onkel.
»Karl, Karl, die Sache ist nicht rich
tig! Jch glaube, das war gar tein On
iel. Wir sind in die hände eines Gau
ners gefallen, der unfer Gepärt gestoh
len bat. Der Onkel kam mir überhaupt
zulent so sonderbar vor.«
»Ich muß dir aesieden, mit auch."
Auch mich erfaßte die An ft. Jch
malte mir in Gedanken ein ornplott
-iwischen Dienstrrrann, Portier und dem
Isaria-m Onkel que. Ich hatte ihn is
gar nicht gekannt, auch hatten wir nur
so allgemeine Sachen-besprochen daß
eine Prüfung nicht rn" lich war. Ja,
ich mußte es selbst alau n. er war mit
dem Gepäck über alle Berge.
»Was sollen wir thun, Einmy2«
»Aber Karl, du bist ja Jurist! Den-·
te doch, mein ganzer Schmuck, meine
schönen Kleider; ach, hätte ich doch nicht
so viel mitgenommen. Wir müssen
gäeich zur Polizei nnd Anzeige machen«
nn ist vielleicht noch was zu retten.'«
Der nächste Schuhu-kann begleitete
uns zum Polizetamt, und wir trugen
dem dort anwesenden Kommissar un-»
sere Sache vor.
»Seht interessant ist mir der Vor
fall, hoffentlich führt er endlich ur
Entdeckung dieses Schwindlers, er
schon seit einigen Wochen die Stadt
unsicher macht und ähnliche Streiche
ausgeführt hat. An wen haben Sie den
Brief adressirti«
»An herrn Brumsel in Blasewitz.'
«Entschuldigen Sie einen Au en
dlich ich werde gleich bei dem betre en
den Amt anfragen, ob ein Mann die
es Namens dort wohnt. Uebrigens
immt Jhre Personalbeschreibungl mit
m von uns gesuchtenVerbrecher ·ber
ein, bis auf den Vollbart, der könnte
ja falsch sein.«
»Karl,« flüsterie meine Frau halb
weinend, als der Kommissar hinaus
gegangen war, «in welche Lage hast du
uns gebracht!«
«Jch? hast du nicht mit dem Onkel
Brüderschaft getrunken nnd ihm über
haupt so viel von deinen Geschichte-i
ausgetramh als ob et dein leibhaftiger
Vater wäret«
! »Bitte« Karl, mache mir keine un
Fserechten Vorwürfe Dein Onkel sollte
Hei sa sein. Du hast ihn mir ja use
1 führt-Ach Gott, wäre ich doch use
Laien-beur
Und die Tbriinen fanden ihren Laus
und sl en am reichlichßeiu als der
Kommi ar wieder eintrat.
»Berubigen Sie sich, gnädige Frau,
K glaube, es wird alles gut werden.
ir wird eben mitgetheilt, daß in der
Kunibertstraße zu Blasetvis vor eini
ygen Wochen ein Herr, der so ähnlich
;l;eißt, ein ganz abgelegenes hanc ge
; mieibet bat. Er ist den Beamten jedoch
noch unbekannt. Ich habe sosort Wei
sung gegeben, das Haus u bewachen
und sobald Verdachtsgsnde vor n
den sind, den Mann zu verhaften. Auch
die weiteren Nachforschungen nach b
ieni Gepöct sind angestellt. Wollen ie
mir nur, bitte, alles angeben, was in
keen Kossern war, und wie sie aussa
n.«
Betrübt berichtete ich über meine
Sachen, die ich mitgenommen, und
schluchzend zählte meine Frau den Jn
balt ibrer vier Koffer auf. Selbst dem
Beamten schien es angst zu werden ob
der vielen Sachen. Wohl eine Stunde
waren wir schon auf dem Bureau, noch
immer mit dem Protokoll beschäftigt
als ein Schutzmann eintrat und mel
dete:
«Telepbonische Nachricht ist eben ein
aeaanaem Bei der Beobachtung des
hauses wurde festgestellt. daß der Be
wohner mit einer Droschte, welche mit
mehreren Kosiern beladen war, an
kam. Er ließ die Koffer schnell in's
haus schaffen, verschloß dasselbe und
wollte sich eben schleunigst wieder in
der Droschte entsernen. als er verhaf
tet wurde. Er ist in Verwabrsam ge
bracht. Das Gepiick befindet sich ebenda,
die herrschasten möchten zur Retogni
tron dahin lommen.«
«Rur nicht dem schreck ichen Men
schen aegeniiberaestellt toer n, Karl,
ich wüßte nicht. was ich thun sollte!
Und »Du« habe ich ibn noch genannt
und mit ibin aetruntenl Ach, wie fürch
teelichii
s Eine Droschte brachte uns vor das
Polizeigebäudr. Ein großer Patentt
raum öffnete sich uns« und da standen
unsere schönen Koffer. Wie neulich
Nachts stieß meine Frau einenFreudens
schrei aus und hätte sich am liebsten
auf die Koffer gestürzt. Ein Polizeibe
amter tam uns entgegen.
«hier, meine Herrschaften, kann ich
Ihnen Ihr Eigenthum wieder zustellen,
da es ja nach den auf dem Polizeiamt
gemachten Angaben das Jhri e sein
muß. Dank Ihrem schnellen andeln
ist es der Polizei augenscheinlich gelun
gen, einen ganz gesährlichen Hochstap
ler sestzunehntew Er sitzt auch schon
hinter Schloß und Niegell Leugnen
thut er noch mündlich. Er behauptet,
Sie wären überhaupt nicht aus dem
Bahnhof aetvesen. und als ich ihm sag
te, daß Sie die Anzeige erstattet bät
trn, war er zuerst aanz starr, fing dann
aber an so zu fluchen und zu raisom
niren, daß ich ihn lieber allein ließ. Jch
muß Sie nun leider noch dem Mann
gägenüberkzellem damit lein Zweifel
t " «
»Ach, bitte. thun Sie das nicht,'«
flehte meine Frau, »ich hohe so schreck
liche Angst vor ihm!«
»Ja, dann lann ich Ihnen einen
Ausweg sagen. An der Zellenthiir ist
zur Kontrolle der Gefangenen eine llei
ne Glaefcheibe. Sehen Sie da durch.
Wenn Sie ihn als die betreffende Per
sönlichkeit erkennen und mir es dann
verfichern, so soll es vorläufig genü
gen."
Durch duntle Gänge, welche theil
weise durch schwere Thüren abgeschlos
sen tvaren, gelangten wir in einen klei
nen Seitenbau. Am Ende desselben
wurde eine Gitterthür eöfsnet, und
hinter dieser sah man aufsz einigeSchritt
Entfernung eine schwere, eisenbeschla
äne Thür mit einem tleinen Fenster
n·
,,Sehen Sie da durch, gnädigezrau."
Aengstlich ging meine Frau heran.
Mit einem leichten Ausschrei sant sie
in meine Arme.
»Ja, er ist’6. der Verbrechen der
hätte uns morden tönnenl«
Jch trat heran. Der lleine Mann,
welcher mein Onkel sein sollte und ein
großer Verbrecher war, ging in dem
kleinen, einfach ausgestattenen Raum
der Zelle hastig auf und ab. Wüthend
rollten seine Augen. Er bemerkte je
doch nicht« daß er beobachtet wurde.
; Ja, das war der richtige Verbrechen
indus.
l »Er in eg,« bestätigte ich dem Pon
zeibeamtem
.Nun, dann scheint ja alles gut zu
sein« und die Welt wieder auf einige
Zeit um einen Verdrecher ärmer zu
s werden. Jch muß die Herrschaften nun
lbittem etwa nach zwei Stunden wie
«derzulommen, da noch einige Entla
stungszeugen vernommen werden sol
en.«
Wir iratea, um eine traurige Erfah
rung reicher, wieder in die schöne Früh
lingsluft hinaus und bummelten durch
die Straßen, noch ganz eingenommen
von den Vorgängen. Die Gegend unse
res hotels mieden wir ängstlich.
Endlich war die Zeit oersirichen.
Das Polizeigebäude öffnete sich uns
wieder, und wir wurden in das Bu
reau gewiesen.
»Was war das?!« Die schrecklichsten
Gedanken schwirrten mir durch den
Kopf. »Sollte etwa·ein Mißverständ
nisz vorliegen?«
Da stand der Portier deshotels We
ber in eifri em Gespräch mit meinem
Onkel aus trieben-, dem MaiorBrum
sel. Die Aehnlichkeit mit dem Verbre
cher siel mir se t sofort auf, und auch
meine Frau s n etwas Aehnlicheg zu
fühlen, denn sie wurde ganz blaß und·
zitterte.
Ernst kam mein Onlel aus uns su
W
.um Gotte- wiiieu. me hat-r ihr
gemacht, Kinder. euren leidlichen Ontei
laßt ihr als Berdrecher derbastent«
»Aber das ist doch nicht unser Onleh
der hat uns sa —- — -,-«
«Still, Kinder, ich bin von ils-n te
legraphisch hierher beru en worden und
habe eben so weit wie in gli die Sach
lage etliirt. Jlir seid, wie m r der Poe
tier sa t, nach dem Leipziger Bahn
hos ge ahren, während ihr nach PM
Witten Aus dem Böhinischen Bahn
rtet euer Ontel mit Gediiek und Bil
lets ans euch. Ihr kommt nicht. Er
sährt nach dein Hotelx da wird ihm ge
sagt, ihr wäret schon nor einer Stun
de nach dein Badnhos abgesahrm Nun
wollte er eure Sachen bei sich nieder
legen und euch suchen gehen, weil er
glaubte, es sei euch etwas zugestoßen.
Da wird et verhaftet, weil ihr ihn sur
einen Räuber haltet. Nein, Kinde-.
nehmt mir’s nicht übel, so etwas ist
unerhört! Die Polizei konnte aiis eure
ziemlich sonderbaren Aussagen nicht
anders bandeln."
Zertnirscht standen wir da. O, diese
i
—
Duminheitk Hätte ich wenigstens nicht .—
so viel getrunken. so wäre der Irr
thtini mit dein Babnhos nicht vorge
kommen.
Da öffnete sich die Thür. herein
tritt in Begleitung eines Schuhmanns
der verkannte Onkel.
«Verzeihung!« stürzen wir beide auf
ihn zir
Er beachtet uns gar nicht. Schnell
wird noch die Sachlage ekliirt, der wir
ja ganz beistimmen mii en. Darin wen
det sich der jeht wieder Besteite uns u:
»Ja meinem Leben ist mirs M
manches passirt,ader eine sol Dumm
heit noch nicht. ch muß eu das lei
der dor Zeugen agen. Bitte, betrachtet
mich sernerdin o, als ob ich noch in
Amerika lebte, das heißt. ich möchte nie
wieder etwas von euch odren. Damit
ihr aber nicht sagen sollt, daß ihr gar
nichts von mir erhalten habt, wenn ich
einmal todt din, so« — er winterte
ganz insam mit seinen ugen —
»scherite ich euch hiernit die beiden Bil
lets erster Klasse nach Praxi· die ich site
euch aeljsst dabe. Adkeii!«
Hinaus war er, elie wir noch ein
Wort erwidern lonnien Lächelnde
Mienen überall, wohin wir blickten.
Mein Onkel Max trat zu uns heran-.
»Die Sache ist sehr unangenehm site
euch, ich werde versuchen, meinen Bru
der zu versöhnen Jbr werdet wohl jetzt
genug haben von eurer Reise. In einer
Stunde aebt der Schnelliug über Leip
ziaffranlsnri nach Köln ab, diesmal
aber wirklich ooni Leipziger Bahnhos.
Neist glücklich nnd bessert ei1ch.«
älunll und Ultllenlrltnll
—- Daß die Litngenfchmindsucht im
deutschen Reiche in der Abnahme be
griffen ist, zeigt eine neuerliche Sta
tistik des laiserlichen Gesundheitsams
te5. Danach deli.ef sich die Zahl der ,jn
densranlenhäufern verpflegten Tuber
culöfen 1891 aus 56 domTaufend aller
Kranken. Schon im nächsten Jahre
fant die Verhältnißziffer auf rund 40
und im Jahre 1893 auf 87,5, um dann
wieder bis 1895 aufzusteigen und im
Jahre 1896 mit XVI etwa die höhe
des Jahres 1892 zu erreichen. Viel
wichtiger als die Durchsicht der einzel
nen Jahre ist ein Vergleich der Beob
achtungen für je fünfjährige Zeitab
schnitte. Bei diefer Ausfchaltung der
Schwankungen in den einzelnen Jah
ren zeigt sich, daß tieZahl derSchwtnd
sitchtigen in den allgemeinen Kranken
biiusern nach dem außerordentlichen
Zudrange dre- Jahres 1891 nicht nur
neuerdings ——— d. h. im Durchschnitt
der folgenden fünf Jahre —- sehr ah
genommen hat, sondern im letztenJaho
fünft wag-geringer als in jedem ande
ren Jahr "nft des in Betracht gezoge
nen zwanzigjährigen Zeitraums gewor
den ift. Es litten nämlich von je 10,
000 den allgemeinen Krankenhäufern
des Reiches zugegangenen meinten an
Stubenmon Lunaenschwindsucht oder
Lungenblutung in den hren IM—
1881 M. 1882——86 , 1887———91
478, W 391. An Lungenenti
sitndu waren den je 10,000 tn den
entspre den Zeit-Abschnitten 625,
W 649, 568 Berpflegte etlrantt. Die
zweite Menreihe ist deswegen zu be
achten, l sie zeigt. da der neuerli
chen Abnahrne der Sch ndsuchtslrani
ten teinesweac eine . unchrne der-kran
ken mit anderen un enleiden ent
sprach· Besondere Bea tuna verdient
noch eine lehr wichtig: Thatiachu m
Vergleich zu denSter fällen aus an -
ten Ursachen hat die Zahl der Todes
fälle an Lungenleiden, besonders die
Zahl der SchwinifuchtsÆodesfällq i
den heilanstalten von Jahtjünft zt
Jahkfiinft abgenommen Vcn je W(
in den allgemeinen Kraniendäusetn de
Reiches gestorbenen Kranken erlagen-Jiid
der Tubeeculofe, Lungenschwindfucht
oder Lungenblutung während der-Jahre
1877—-81 26, WILL-M 25,5,-1887—
91 24,6 und 1892—96 21,4. Werden
die Todesfälle an Lungenentsündung
oder Bronchiabtharkh hin-use ogen,
so ergibt sich für die entspre nden
Zeitabschnitte dgß nn ·Lnngenlei1-en
insgesammt von je 100 in den Kran
icnshäufetn Gestorbenen 34,6, J4,2, «
381, 29,7 verschieden «
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—- Jn einem Reifeburnu »Auf T
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ncis giebt keine ntwort.) Könnte ich
wohl et eine Auskunft in Uns-legen
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— »Ja. zum Teufel, können ie kenn
nicht lesen, was or missen et:t, daß «ede
Auskunft nni Berges gen ett.eitt
wächst«