Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, April 21, 1899, Sonntags-Blatt., Image 11

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    .«,-« Is.
«« , .
qu Heim des Wien-.
Mos
BonPaulLang.
» - Ein Topf war zerbrochen. -- Ich fragte
« warum;
Das hat mein Weib gekränkt
Da hat sie das liebe Köpfchen gesenkt
Und still geweint nnd blieb stumm.
Mich grämie die Empfindsamteit,
Ich hab's ihr nicht verhehlt,
Da hat ein Geringes zu tränkendem
Streit,
u nagendem Hader gefehlt.
erbittert war ich mich ungesäumt
Aufs Lager nieder
Da hab' ich’ö geträumt:
Wir hatten gestritten mit scharfem
Wort,
Und trotzig war ich gegangen,
Zu suchen an einem fremden Ort
Das- Gliici mit den rosigen Wangen,
Das unserm Heim so sichtbar grollte
lind nimmer bei uns nisten wollte.
Und weit und weiter zoa ich hinein
In die fremde, lachende Welt
Und sah des Glückes Sonnenschein
Manch einem zugesellt.
Doch wenn ich fragte; ,,Wo blüht es
mir,
Das Glück?" Da ward die Antwort:
Nicht hier!
Dort hinterm Berge vielleicht, bei an
den-»
Mußt suchen gehn nnd weiter man
. dunk«
Und Tage um Tage zog ich sort
Von Land zu Land, von Ort zu Ort»
Und fragte und ließ mir ’s wieder sa
Un
»Nicht hier du mustn dich weiter tka
gen!
So schritt ich Woche-ji Sind Monde säh-;
a
Durch Wälder nndlAnen ohn’ Unter
C -
Und wie mir die Hoffnung, das Glück
zu finden, I
Still unter den Sohlen begann zus
schwinden,
Tras ich ans dorniger Wanderbahn
Ein altes. rnnzligeö Weiblein an.
Dein ries ich zu, weißt dn zu künden,
Wo sickj das fliiihtigen Gliick läßt sin
Da strich die Alte nsit nioeller band
Von der Stirne die Falten und vom!
Gewand
Und lächelte miid gndsgriss an die
t
»Das Glück? ——- Das Glück? —- Einst
hab ich«s gewußt. !
Das lachende Glück? «- Mir lacht s ja
nimmer
Mit wonnigen Stunden, mit gleißen
dem Schimmer,
Doch dir hat s irgendwo in der Welt
Gewiß ein duitiges Eden bestellt —
Ein Eden -—— ein Heim -— ich schau es
vor mir —- i
Begabi von Glück mit tilstlicher Hier, l
Vom Firste seh’ ich den Wimpel wehn
Und das Glück an der oisenen Pforte!
stehn. «
Soll ich dich sühreni"
Da hab ich entzückt
Der Alten die weile hand gedriickt
Und hat: »Das Eisen voll töstlicher
iee
Vom Glück uinilattert — o zeig eg
mir!' i
l
Und die Alte nahm mich an der Hand
Und führte mich nistetd von Land zus
and
Und führte mich in das-heim voll Glück:
Zu meinem oerlassenen Weib zurück.
l
Da bin ich erwacht. — —Dee Sonnen-— i
l
l
l
schein
Spann goldene Faden« zum Fenster
herein -
Und schmückte mein stilles, trautes
Saus
Mit gleißendem Lichte verschwenderisch
aus-.
Da hab ich danlbar den Traum ge- .
griisit
Und ans die Lippen mein Weib get-Liszt,
Und strahlender war uns wiedergefnn l
den
Das Gllick. das uns die Scherben ent
wunden.
—
Enintün Berg
Vonsalsbwigilditsch
l
Es war Mitte der Achtziger nach ei
ner Reihe von für die Schritiankt hoff«
nungsioien Jahren·
Ein trüber Mär tag mit Regen und
heulenden Wink-its en brach an. Der
alie Capitäti Berg hatte vor de: Eii
tteethiie seine Gsloichen ausgezogen
Dann war er eine Weite stehen geblie
ben, hatte gehustet und ichließiicu ge
tlingelt. est stand er im Cum-non
des Coniu Z.
ist war ungewöhnlich disk usw zi:
tertr. Seine Lippen bewegten fich, und
die Hände suchten unsicher in der Brust
tasche nach dem Brieie des Temqu Er
tvuizte ieijr wohi, was et sagen wollte;
et hatte aber das Gefühl, als müss« er
den Brief in der hand Wien, während
et Wort sitt Wort herausbrachte. was.
nicht mir seine eigene. aufrichtige Mei
nung, sondern auch seine inständigeBit
te an den Eoniul war.
Endlich hatte et den Brief. Er tin
itete wieder und tetynie sich an ta
ComptoirpuM
s lMessen tät-im um« bei-: tät Eis-t
ngtn ,geht e n.
W wir Mqu vieiewee unk
sehsliem so werden-wie s euch Iei
W
rter ein-halten« Heute die »hermine«
verlaufen wiire ein Stitck aus dem Toll
Ihause. Wer giebt denn heute noch ce
waz sitt ein altes holgschisfi Nein
Mensch. » Das wissen Sie eben so gni
wie tch."
»Ich schrieb anen,« sagte der Con
sul freundlich und milde, »ich weiß tei
nen anderenAusweg Leider fürchte in,
daß es nie besser wird. Der Dampf
verdrängt Alle2.«
»Ach, utet, bester Herr Emqu sich
babe ja « underttausende und mehr fiir
Ihren seligen Herrn Vater verdient
Sie diirfen das Schiff nicht herein-sein
wenigstens nicht, so lange ich leb-. Jch
bin ia Mitrheder. und wird mein Im
theil an der »Herrnine" veriaust, Dann
bekomme ich nicht so viel beraus, daf;
ich inein·e Schulden bezahlen lann -— -
dann muß ich als Bettler sterben, und
idas wollen Sie doch nicht, Herr Consut
F-— das habe ich auch nicht verdient,
Inachdem ich mich vierundzwanzig Jahre
Jan See abgequält habe.«
i Der Consul saß eine Weile unte
swealich da und blickte vor sich hin. Dann
nickte er gedankenvoll mit dem Kopfe-,
als wollte er etwas sagen, stand aber
Tauf und stellte sich an’s Fenster, mit tm
sRiicten gegen den Alten. So stand er
da, ten-. Wert wurde gewechselt. End
lich lam es tonlog heraus-:
»Sie sprachen von Jhretn viertenAn
theil. Ich habe nicht allein mein Jn
teresse, sondern auch das meiner Mut
ter zn wahren. Uns Beiden gehört
itber die Hälfte des Schisses, nnd schon
aus diesem Grunde wünsche ich natür
uko oag Jene rur uns Aue. Ich sehr
nur einen Auswe .«
Der alte Capitan war im Sopha zu
sammengesunken. Jetzt erhob er sich
und trat an das Fenster. Dabei legte
er die eine hand auf die Schulter des
Consuls.
»Junger Herr-. Jch bitte für mein
Viertel. Es ist mein und der Meinigen
ganzes Hab und Gut. Ihnen gehört
mehr als die Hälfte des Schiffe-Z- Dies
ist aber nur ein tleiner Bruchthcil Ih
res Vermögens, und — vergessen Sie
die Mannszhaft der »Hetnik-ie«« nicht·
Der eine war elf Jahre an Bord des
Schiffes, der Steuermann sing alr
Schifssjunqe bei mir an. nnd der alte
hang, der Zimmermann, fährt schon
acht Jahre mit mir --— und dann ton -
men noch alle die Anderen, die daraus
rechnen, Iß sie wieder mit hinausge
hen können.
Der Consul wandte sich urn und blick
te ihn lächelnd an.
»Lieber Berg! Wollen Sie rni-: na
rantiren, daß wir in diesem Jahre fiinf
Kronen mit der »Der-nim« verdienen,
dann segeln Sie in Gottes Namen los.
Aber immer und immer wiedechko zu
schießen, kann ich denn doch sticht mehr
verantworten.« -.
,Jch garantiren, Herr Consul?
Herrgott, tann ich die Frachten geran
iiren, tann ich iijzer Wind und Isme
bestimmen2 Nein! Aber lassen Sie ej
uns noch einmal versuchen. Es wird
schon besser werden. Es ist mir, als
iiiae es in der Lust, als kämen bessere
Reiten. Und ich bin erst aditiiii:-ir.t)«iik1
Jahre und tann iminer noch Gelo ver
dienen.«
»Sie haben Muth, Bei-U
»Ja, ja, wir frischen sie ordeiiriid;
aus, nnd dann gehen wioaus lang-Rei
fe. Fünf Jahre bleibe ich dann trau
szeVL Von bier geht es leich nach Süd
amerila und von da ter, fünf Jahre
bleibt die ,,Hermine« fort.
»Dann muß sie aber neu geluner
werden und die Segel sind auch·schlecht.
Das wird eine Menge Geld loftm
»Ja, und einen neuen Bugspr:t Ums-;
sie haben, und neuen Fockrnaitk Wir
puyen sie von oben bis unten neu ani,
und dann gehen wir los auf Leben und
Tod«
— »Ich verstehe nicht, Bera, das-, Sie ein
so felsenfestes Vertrauen haben tön
nen. Denn Sie sind doch· ein alter
Mann. Kraut sind Sie auch: und ja,
aufrichtig gestanden, ich habe schon lan
ge erwartet, daß Sie Ich von der See
trennen würden. Und Seht wollen Sie
aus fünf Jahre wieder binauegehJi uno
bei diesen Zeiten derartige Unkosten
wagen?«
»Junger Herr-, ich habe vie Mittel
nicht, mich zur Ruhe zu setzen, und das
Eine sage ich then aufrichtig: Zuer
bin ich schon a tundsechzigJaYce Soll
te ich aber gezwungen werden« mich von
dem Schiffe, dessen Mitrheder ich bin,
und von meiner alten Rhederei Zu tren
nen, fo, heim ohen himmel, suche ich
mir eine alte leas oder ein andere-'s
altes Küstensa neue-, oder auch ich ge
wieder als teuern-arm vieileicht an
ord des Schiffes meines Schwieger
lohties, hinaus. Aber ich denke, us
es anders kommen soll, daß ich ohne
Spuren sterben lann, wenn ich mit Eer
»bermine" nach fünf Jahren hier wie
der vor Anker gehe. Die Zeiten miissen
und werden auch besser werden. Das
kommt ganz von selbst«
Der Consul setzte sich wieder an fei
nem Pulte nieder.
»Ich fange an, Luft zu bekommen
Berg. Jer Muth scheint mir anzuste
cken.«
,,B:avo, Herr ConsnL Unsere Her
mine" wird wieder jung gen-acht, wird
wieder schön, wie in alten Iagcu.«
»Schon gut, Berg. Heute hat-en wir
aber genug geredet. Jn einigen Tagen
holen Sie meinen Belcheitx Jcb muß
auch mit den anderen Interessenten
sprechen. hoffentlich läßt sich Alles
Ihrem Wunsche gemäß ordnen.«
« sc L If
Wahr inlich waren die Nachthe
richte dexchreiiichften Tage wieder besieez
W noch vor Ausgang ver Woche er
liielt der alte Berg das »Ja« feines
Hauptkheders. Der Conssl f.r";rieb:
Lieber Bergs
. Die »hermine« wird schleunigst in
Stand gesetzt. Sie erhält neuen Ku
pfer, neues Bugsprit und Fort-nasc. Die
Segel werden aus-gebessert rein. ei
gänzt. Es ist eine fünfjährige Reise
vorgesehen und die für die Ausirüfiuni
erforderlichen Mittel stehen Hi Vertil
gung. Hoffentlich sind Sie zufrieden.
Jch erwarte Sie schon in den nächsten
Tagen hier. Besten Gruß
. hk
I Brandt, Vice-Consiil.
»Hei-unne« wurde einer gründlichen
Repciratur unterzogen und wurde unter
den vielen rührigen Händen von Tag
zu To jünger. Dasselbe war bei den
alten åapitän der Fall. Uebernll Tvnr
er zu finden, unermüdlich thätiq was
er, den Augenblick unten im Schiff
raiiin, den anderen hoch oben in der La
telage, prüfend, beaufsichtigend, feine
Befehle ertheilend. Schon bevor der
Sommer feinen Einzug hielt, war die
,,Fierinine« wieder Unter Segel.
Lllg fie sich in der frischen Nachmit
tagsbrise eines schönen Maitages drau
ßen an der Landzrinae von ihrem
Schlepper losmachte· als chre Segei sich
füllten und sie zum ersten Male eit
langer Zeit wieder tocheiideg stielma er
zurückließ, trug der Landwind ihr eine
Reihe schinacher,iurzerBöllerfchijsse von
der Landzunge entgegen. Es waren die
Knaben des-, Conspis, die dem silten
Schiffer Berg ihren Saliit ziiinnptetp
o oane en stand der donjui Jetdn
und viele ndere und grüßten mit htt
ten und weißen Tüchern. Die Frau
Consul konnte der alte Capitiiu aber
nicht sehen, und doch war jie diejenige,
deren leyter Gruß ihm unetbehrlich
schien.
s Schon erfaßte den Alten ein Gefühl
von Trauer und Enttäuschun,r. Daß
diese Frau, für die er so große Vereh
rung hatte und die alle setne Hoffnun
gen theilte, heute an seinem Ehrentjge
aus-blieb, schmerzte den Alten bitter ---——
so mußte er also die große, gewaltig
Reise antreten, ohne daß sie an ihn
dachte, ohne daß sie das stolze Schiff
davonziehen sah. Das war hart. --—
Doch, was war das? Dort draußen un
der Flaggenstange auf der äußersten
Spitze ging eine grüßende Flagge in Die
Höhe, und unten neben der Stange ge
wahrte er ein weißes Kleid. Die Hän
de des alten Kapitäng zitterten, als er
das Fernglas an die Augen setzte. Rein,
er hatte sich nicht getäuscht, seine ju
gendliche Frztundim die Frau Conful
war es, die dem alten Manne mit der
Flagge ihre letzten Grüße nachwintte.
Bedende, wie der jüngste Matroje, klet
terte er hoch in die Wanten, und mit
der Linien das Tauwert fest umklam
tnernd, ris; er den ut vom Kopfe und
schwenkte ihn der ritßenden zu, wäh
rend sein silberweiszeg Haar munter im
Winde flatterte.
Es war, als sei eine neue Sonne am
Himmel erftanden, alr- sei ein neuer
unbetriitnter Fabel über die Weit ge
lonttnen. Ueberall, wohin der alte Ka
pitän auch lam, traf er strahlende Ge
sichter. Jn den Hilf-»in an den Börsen,
in den Matlercomptoirs war Licht und
Freud-, in den Strandhotelg undSchii
ferlneipen ging es hoch und lustig her.
Die Frachten stiegen von Tag zu Tag
vott Woche zu Woche retgrößerte sich die
Nachfrage nach Schifsgräuinen Es
sah aus, als wiire es wieder wie in al
ten Tagen, ja noch besser, denn die
schlechten Jahre waren gut Lehrmeister
gewesen. Man hatte von ihnen das
»Tefthalten" gelernt und wollte jetzt
das Jelernte verwerthen. ————— Und tag
täglich wurde es besser, Alles-, was mit
der See und Schifsjahrt zu thun hatte,
jubelte und sang und war guter Dinge,
überall war Sonne und Sommer.
Ie. se- O
So waren vier Jahre fett dern Ta
ge verflossen, an dem die »Hertnitt»e«
den heitnathlichen Hafen verließ. Sie
und der alte Berg hatten ihre Sache gut
gemacht. Jeyt waren sie aus dent Heim
wege begriffen. Wiirden sie wohl noch
einmal hinausgehen? Nöthig hatten
sie es detde nicht mehr; denn ne hatten
ja beide ihre Schuldigteit gethan, und
für die letzten Tage des alten Capitang
hatten die letzten Jahre gesorgt. Mit
dem Sommer und der Sonne war»eg
wieder vorüber. vDie fetten Jahre fin
en an, den mageren Platz zu machen.
Ell-en ein endgültigerBeschluß sollte erst
daheim im Comptoir des Consuls ge
saszt werden.
Bei sternllareni Novemberhimmel
und mit frischer nordwestiicher Brise
war die »Hermine" wieder bis unter
Norwegen gekommen. Den ganzen
Abend ging der Alte aus dem Deck un
ermüdlich aus und nieder. Die Land
spihe muß bald in Lee herauskommen
sagte er von Zeit zu Zeit. Es war Lin:
deniii, was er meinte. Erst gegen 12
Uhr ging er nach unten. —- ,,Ernen hal
ben Thaler bekommt Der« welcher mir
zuerst das Lindeniis-Feuer meldet.«
Dut- war sein Austrag.
Um drei Uhr Morgens tam Eduard,
der Leichnnatrose, in die Cajiite ge
schlichen, —-—- »Capitän, auf der See ist
etn Feuer sichtbar.«
Der Alte lam sofort aus Deck. ---
Ja, das ist Abend-L Morgen Abend
konnte er zu Hause in der Bucht vor
seinen ei enen Fenstern sein. Nur
mußte die rise anhalten. Bis zum
Tagesgrauen blieb der Capitän ans
Deck. Langsam schritt er auf derWind
seite aus und ab und blickte nach dem
Lande aus, das wie grauer, setrissener
Nebel mit unsicheren, tvechse nden Li
nien dalag. .
Einen Thaler erhält Derxettige, der
mir zuerst das Feuer von Btaatholm
Imeldet, " sagte der Capitän am Abend
Braatbolm war das Leuchtfeuer zu
dem Fiord, an dem sein eigener kleiner
’Wohnort lag.
Spät am Abend erschien der Leicht-I
smateose wieder in der Capitönscajiitr.
»Braatholtn vorn nördlich, Capi
tän!« s
Der Capitän zog seine Beintleider
an und setzte sich aus die Kojenlante.«
Seine Beine schienen ihm so merkwür
dig schlaff und matt, als wollten sie sei
nen Obertörper nicht tragen Mit vie
ler Mühe kletterte er nach oben. DortI
hielt er sich an der Reling und starrte
nacli Norden hinaus-. Da, ganz richtig.s
Da lagen die verschiedenen Holniel Es
war Braatholm, das mit seinem schwa
chen Feuer dort oben leuchtete. Nur»
noch wenige Stunden und der Anker
würde fallen
; »Ach Du Eduard, « sagte er zu dem
Leichtmatrosen, »Du kannst hinunter- «
gehen und mir meinen Klappstuhl ho
len, Du weißt —-— den zum Zusammen
schlagen «
F m schlief gewiß In seinem Lehnstuhl,
dort oben ans Deck der alte Cavitän
Vera! lir mußte so schon lange geschla
sen haben; »das geht nicht an, meinte
der Steuermann »Es ist heute eine
!sche11s-i,lcl)e Kälte« Der Steuermann
schuttelte ihn leicht. Der Alte seufzte:
»Herrgc-lt. Frau ConsuL tote lieb und
gut von Jlsnem ja, Sie sind Doch Num
.1ner eind. Sie --« l
»Sie erlälten sich, Capitän,« sagte
der Steuermann. »Sie dürfen nicht
cinschlasenf s
»Ach nein, das darf ich nicht Jch
denke, wir können noch vor dem Tages
grauen die Anker werfen «
»Das glaube ich auch Capitän«
ISobald der Tag anbricht, wird ge
slaggt. Steuermann « alle Flaggenl
hoch. Denn wir haben unsere Sache
gut gemacht und wir können froh sein. I
Der Consul wird sich auch freuen. Eine
schöne Reise war es da —--— ia!«
Der alte Schiffer Berg blieb in sei-«
nem Feldstuhle sitzen Er nickte undl
lächelte, während die ,,Hermine« schäu
mend den Fiord durchschnitt, der schma-!
ler und schmaler wurde »Hei-räche
Macht, eine Menge Sterne. Drüben
Iliegt Aspeviken, das Landbaues des al-«
tcn Capitän Rotb. Da, ja, Roty hat«
auch kämpfen und arbeiten müssen, bis
er es soweit gebracht hat! Nun, mein
Gott, wenn das Ende nur gut ist. Eine
prachtvolle Nacht! Merkwürdig, tdasz
es bier oben nicht költer ist. Nur das
Flaggen nicht vergessen, Steuermann-«
lf Tit s
Als die Stadt am Morgen erwachte
lag die »bermine« in der Bucht vor An
ter Sie flaggte —-- auf halber Stange i
Der alte Capitön Berg war todt Jnj
welcher St nde er gestorben war, wuß
te man ni t. Denn als der Steuer
mann ihn zum zweiten Male schüttelte
und ihn fragte, ob er die Anker werfenk
solle, sab er wie lebend in seinem Feld-;
stuhl, aber es war kein Leben mehr in
il;n1, er war sanft entschlasen.
Der Photograph.
.
Jn einein Hochtkial des dayerischen
Alpenlandes, weite-b von den großen
Verkehre-wegen steht ein einsame-:
Wirthshaug, dessen Besitzer noch aus-Hi
altem, harten Hol geschnitzt ist. Eri
treibt seine tleme Setonomie und sein
Wirthschaiterl dazu und tiimrnert sich;
nin dag, ivas in der großen ioeiteiij
Welt vorgeht, verflucht wenig. Zeitun
gen liest er selten, iveiler sich mit dem
Beten so viel hart thut und läßt sich viel
lieber etwas erzählen von den Gästen,
die bei ihm verkehren. Vom Herbst bis
zum Sommer wird er nicht arg über
li.i:fen. Außer ein paar Jägern oder
Lclztnechten verirrt sich uin diese Zeit
selten Jemand in die Bergwirthschast
heraus; was die an Neuigkeiten wissen,
geben sie wohl zuni Besten - -— aber recht,
gründlich nehmen sie eg dabei nicht-, so
daß der gute Rauhbicbler sich manch
mal recht sonderbare Vorstellungen
über die vielen neuen Einrichtungen
der civilisirten Welt bildet· Im Som
mer geht’s lebhasier ber. Tcuriiten iii
großer Zahl durchwundern das Hoch
tbal und kaum einer uiiterliißt es, beim
Rauhbichler einzutehrem weil es al-l
lerorts betannt ist, daß man dort ei-«
nen guten Schvppen und einen derben,;
aber seinen Bissen betoinnit. Dabei botl
der Wirth noch eine Eigenschaft, die;
ihn sehr interessant machi: Er ist ein
Spaßvogel eigener Art und kann so
grob sein, dasi jeder Naturalisi seines
Freude daran hat. Das bat ihn zu ei-«
nein Original gestempelt; man tenni
ihn in der Stadt, und in den Samm-;
langen von Volkstyven aus dem Ge
birge prangt sogar sein Bildniß, dasI
ein Amateurpbotograph einmal Wuch-l
lings ausgenommen hat. ,
Bei diesem alvinen herbergsvater.
hatte sich eines Tages eine sröhlichei
Schaar von Ausfliiglern niedergelas-l
sen und der vortreffliche Tiroler Spe
ciai siox in Ströme-« so daß vie Sinn-l
mung ald einen schwindelnden Hohe-,
punkt erreichte. Der Rauhbichler saßs
mitten unter den Gästen, die sich an sei-;
nen naiven Aeuszernngen weidlich er-;
götzten und das Jhrie versuchten, um
die mangelhastenVorsJellungen des un
erfahrenen Naturmenschen zu Gunstenj
der allgemeinen-Heiterkeit aus uschlachsz
ten. Man kam auch auf das I hotogra-i
phiren zu sprechen, und in d esem Fa
che fehlte es dem Rauhbichler sogar an.
usiin Ahnung. Ein lustiger Kunk
van, amens Schinder, unternahm es,!
einen förmlichen Vortrag über die«
Kunst des Påot raphirens zu lten,
wobei der moäbichler mit o enern
Munde zuhörte. Als der Dozent aber
schließlich behauptete, es sei jetzt sv
weit, daß man aus den unscheinbar
sten Dingen einen Apparat zum Pho
tographiren zusammenstellen könne und
damit so fix zu arbeiten vermöge, dasz
man in wenian Minuten das fertige
Bild abzugeben im Stande sei, wurde
der Rauhbichler nachdenklich, dann
ernst, und zuletzt, wie gewöhnlich, grob.
Er meinte, der Gerr müsse schon noch
viel dummer sein, als er ihn halte,
wenn er glaube, ihm einen solchen Bä
ren aufbinden zu können. Schrader
lachte und entgegnete. er wolle den Be
weis liefern, wer der Dürnmere sei.
Der Rauhbichler nahm ihn beim Wort
und schlug in merklicherAufregung eine
Wette vor; zehn Liter Kalierer solle
der Berlierende zahlen.
Zur größten Ueberraschung seiner
Genossen nahm Schradet die Wette an
und ers-achte den Rauhbichler nur« er
möge seine Joppe anziehen, da ein
Mensch in Hemdärineln nicht gut pho
toaraphiren sei. Der Wirth eilte fort,
um diesem Ansinnen zu entsprechen
und Schrader aing daran, seine Vorbe
reitungen zu treffen. Verwundert
fragten ihn seine Freunde, wie er sich
aus dieser Affuire ziehen werde. Schra
dcr erklärte seinen Plan: Er hatte in
der Stadt die Photographie des Raub
bichler, von welcher derselbe noch nicht
wußte, gekauft. Es täme also nur dar
aus an, den Rauhbichler durch aller
lei Vorbereitungen zu täuschen und
dann im geeigneten Moment die Pho
tographie zu überreichen. Die kleine
Kneipgesellschaft fand den vielverfpre
chenden Plan köstlich und Schrader
machte sich sofort an die Ausführung
Er stellte ein Kistchen auf die Erde be
feftigte ein Stück Ofenrohr, das er hin
ter der Scheune gefunden hatte, daran
nnd überdeckte diesen Aufbau mit ei
nem Plaid. Als der Wirth erschien, po
stirte er ihn an die Wand des Haus-II
und gab ihm die Pose, weiche die grösz
te Aehnlichkeit mit dem fertigen Bilde
hatte. Die Zuschauer wollten schier ver
gehen vor Vergnügen; der Wirth trug
nicht nur eiI en ausgesprochenen Ernst,
sondern auch eine gewisse Unbehaglict,
teit zur Schau; die Wette erregte jetzt
offenbar seine Bedenken. »So ——— jetzt
recht ruhig!« tommandirte Schrader
und kroch mit dem Kon unter den
Plaid hinein; der Wirth rückte unru
hig hin und her-—- wie der Pendel ei
ner Uhr; er fing bereits an, seine Sa
che verloren zu geben und wollte we
nigstens ein Mittel versuchen, das Er
periment unmöglich zu machen. »For
tig!« rief der Künstler, und erwar
tungsvoll sahen Alle auf das Ergebniß
des KunstverfahrenTSchrader lief nur«
schnell in’5 Haus« um, wie er sagte, die
Platte zu fixiren und der Wirth erhob
sich mit einem unterdrückten Fluch, um
wieder am Tisch Platz zu nehmen.
Dort fing man schon an, Ihn zu häu
seln »An weht« hiefz es, »die zehi Li
ter sind verloren aber sie kommen an
die rechte Stelle und der Verlierer kann
Inithalten und seinen Verlust, so viel
ale möglich verringern!« Der Wirth
sagte gar nichts-, sondern nahm einen
tüchtigen Schluck und biß energisch auf
die Pfeife, die er im Munde trug, um
solcher Maßen seinen Grimm zu däm
pfen Jetzt erschien Schrader mit dem
Bild. Ein beifiilliges »Ah! ausgezeich
ner getroffen!« ging von Mund zu
Mund Nun überreichte man die Pho
trgrauhie dem Rauhbichlcr· Derselb:
sah sie lange an und ein Ausdruck des
höchsten Staunens lief über seine Zü
ge. Da sprang er vlötzlich wie elektri
sirt auf, nahm Schinder beim Kragen
und schrie: »O du Haderlump, da
fchau’ her! Wia tiinmt denn -.nei’ alte
Porzllanpfeifn auf das Bild — die
hab’ i' ja scho’ vorige Wochen z’sam
meg’schlag’n a’habt! So, Herr, jeiz’
fanga mir mit do Zehn Lita an, zahl’n
tl;uat dös Mal da Photograph, und
trer der Dumme is von uns Zwoa, dös
brauch i’ nöt z’sag’n!«
B.Rauche11egger.
—
Der Roman einer gefangenen
Fürstin.
Aus Rom wird geschrieben: Ein
Prozeß, der das Interesse des Publi
kum-Z schon lange in Anspruch nahm,
fund in diesen Tagen seinen Abschluß.
Der Advotat Cannella war angetlagt
wegen Freiheitsberaubung begangen
an der Fürstin Misria La Grua di Ca
rini, Gattin des Marchese Artale. Am
2(). Dezember 1897 erhielt der Advnkat
Maltese von der Fürstin einen Brief,
in welchem sie ihn von ihrer Lage in
Kenntniß setzte. Die Behörden begn
ben sich sofort in die Villa Carini, die
man aber verschlossen fand. Man stell
te eine Leiter an ein offenes Fenster im
ersten Stock und gelangte so in den
Palast. der fast leer von Möbeln war.
Dis; Fürstin fiel beim Anblick des
Staatsanwalts Vor freudigem Schreck
aus die Kniee und wollte ihrem Retter
aus quolvoller Gefangenschaft die
Hände iüfien. Von dem qunzen einsi
auss- prnchtvollfte ansaeftatteten Palast
bewohnte die Fürstin mit ihrer blinden
Dickter ein einziges, höchst dürftig ein
gerichtetes Zimnscr im linken Flügel.
Die Tochter lan trunt im Bett, vor
dem ein Tisch stand mit den Resten ci
ner kärglichen Mahlzeit Um jede Be
wegung ter Fürstin überwachen zn
können, schlief im Nebenzimmer ihrPep
niger, der fürstlich knrinifche Güte-wer
ivalter Camilla In feiner Abwesen
heit mußte der Ists-jährige Pförtner der
Fürstin den Wcchdienst übernehmen-.
Jen Zimmer Cannellas fand man einen
Pack Rentenvaviere. welche der Fürstin
gehörten und ein Testament, in dem er
zum Erden des größten Theiles deö
.. - ...- —-.- —.—-,--.——« «
für stlichen Vermögens eingesetzt mir-«
dc. Aus dem Prozeß ging hervor, daß
der Verwalter Cannella zu der, trotz
des vrrgeriiaten Alters immer noch
sehr eitle-n Dame in ziemlich nahen Be
ziehungen gestanden hatte; als sie sich
später cnlzweiten und die Fürstin ihn
entlassen wollte, drohte er» mit einein
Standal und brachte die geängstigte
Frau so in seine Gewalt, daß sie ihm
unlkdingten Gehorsam leistete. Erst
als der aewissenlose Unmensch einmal
abwesend war, konnte sie den vorher
gescliilderien Rettunasversuch unter
nehmen und an Maltese schreiben. Der
Prozeß fand nach 12 Sitzungen mit der
Berl-rtk;eilung Cannellas zu 6 Jahren
2 M malen Gefängniß seinen Abschluß.
Seine Berurtlkcilung sowie die seines
IJiitsclIuldigem des Portiers Fraiicesco
Raiitaii;;,;o wurde vom zahlreich an
lnesenden Publikum mit großem Bei
fall aufgenommen
Welch Sklaven in Brasilieer.
Professor Bolzoni, welcher im Auf
trage der italienischen Regierung nach
Brasilien geschickt worden war, um
dort die Lage der italienischen Koloni
sten zu studiren, hat erfahren müssen,
daß seine Landsleute fast überall
schlimmer als-Sklaven behandelt sogar
öffentlich gepeifcht und nur in Den sel
tensten Fällen regelmäßig bezahlt wer
den. Was er dort sah, ist so furchtbar-,
daß er jetzt dringend vor der Anfiede:
lung in Brafiilien warnt, wo Gericht
uno 7szocizei sich zwecks oruraqcer aus
beutung der Kolonisten die Hand rei
chen. Ansiedler, welche sich ihrer jäm
merlichen Lage durch die Flucht ent
ziehen, werden mit SchweiF unden ge
sucht und nachher barbari gestäubt.
Alle ihre Briefe unterliegen der Cen
snr und werden nur dann abgesandt,
wenn sie keinerlei Klagen und Be
schwerden enthalten. Auf der großen
Factorei von Rio Claro, die einem bra
silianisrben Exminister der Justiz ge
hört, sah er sogar, wie solche Unglück
lichen am Schandpsahl gepeitscht wur
den. Statt in Wohnungen fand er die
Jtalicner überall in den miserabelsten
Hütten, gleich wilden Thieren dem
Wind und Wetter ausgesetzt, hausen·
Wer einmal da ist, bekommt aus der
Heimatb keine Briefe mehr zu Gesicht,
weil fast alle Brieie konfiszirt werden.
Da alle Arbeiter von vornherein beim
Arbeitgeber stark verschuldet sind, so
können sie wegen der eingegangenen
Kontrakte an eine Heimlehr nicht den
ken, sondern müssen sich stillschweigend
als weiße Sklaven behandeln lassen.
Von Kirchen und Schulen ist keine
Spur. Die junge-U Frauen wrden
ausgebeutet und gehen fast alle mora
lisch und physisch zu Grunde. Tie Kin
der wackisen in der krassesien Unwissen
heit heran nnd werden dann wieder
das, was ihre Eltern sind, Sklaven.
Aus 4 von 1000 Faktoreien fand Bal
zoni eine Schule. Alle diese Einzeln
lheiien werden von dem Bischof Mon
sianore Sralabrinm dem italienischen
Ginigrantenavostel bestätigt Etwa zwei
kiJiillionen Jstaliener leben in Süd une
rika, der größte Theil von ihr-en ver
richtet Sklavendienste, ohne daß man
sich in Rom darum kümmert. Bis; ietzt
tal man sich dort noch nicht einmal zu
einem Emigraniengesetz aufgerafft, das
dieser Frage nur einigermaßen näher
träte und wenigstens die weitere Ausz
iranderung nach Brasilien verbietet.
Ein Raphael wider Willen.
Die Mauern deåi ehemaligen Pala-v
stes des Bett von Konstantine sind mit
seltsam grotesken und ohne Spur von
kiiustlerischem oder technischern Ver
stöndnisi ausgeführten Frestomales
teien geschmückt, deren Entstehungsge
schichte inerlwijrdig ist. Achrned, der
letzte Bet) von Konstantine, wünschte
die Mauern und Galerien seines Pa
lastes init Malereien geschmückt zu se
hen, loante jedoch trotz tser großen Mii
h«.·. die er aufmanbte, in der Stadt und
ihrer Umgebung keinen einheimisclxen
Künstler auffinden, der im Stande ge
nscsen wäre, seine Idee zu verwirkli
chen. Jn tsieser Verlegenheit tatn er
auf den Einfall, diese schwierige Arbeit
einem französischen Gefangenen, der
iltni als Sklave diente, seines Zeichens
aber ein bitterer Schuster war. in
iilertragen Er versprach diese-u dre
Freiheit, wenn er ben elirenvollen Aus
trag in zufriedcnstellender Weise aus-:
fiilsrtex ini eutasaenaesetzten Falle mits
se e: ste;ben. Der Unglüclliche, der
wobl Pest-droht unt Pfrienecn zu inei
stern mußte, aber von Farbengebnng
und Piuselfizbrung keine Ahnung bat- «
te. versicherte tausendmal De- und web
n:iithig, das-, er dieser toben Ehre nicht
tvertl) sei; eg half ilnn aber nichts.
denn der allmäetsstiae Bett fuhr ihn an:
»Du liigst; alle Frangi lFranzoseIU
können malen, ich habe es gehört: also
ans Wert. oder ich lege dir beineusiopf
vor die Fuße«
Zittcrnb und bebend bemächti te sich
der zum Maler Gepressete des ilsinsets
und Farbentopses und brachte dann
mit Hilfe einer von Todesangst gestil
gelteu und war-thust ausschweifend ak
beitenben Phantasie jene fabelhaften
Frejzten zu Stande.
Der arme Mann erwartete mit ban
ger Sorge ten Bcti zur Kritik des un
aebcuerlich schönen Werkes; der karn,
sah und sagte boasbesrieVinR »Dieser
’Giaur trsollte mich täuschen, aber ich
wußte, das; alle Franai Maer sind!«
Und getreu seinem Wort, ließ er den
lbraven Maler frei.
—- Selbstlos.. Meteorologe ("oer vor
einem Hageltvetter furchtbar zugerichist
wird : »So ist’s recht -—- stimmt —
den agel hab’ Jch prophezeit!!«