Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 06, 1899, Sonntags-Blatt., Image 12

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    Ostenes Schreibebrief von Phi
liz Saiietampser’s Vetter,
Sohn Strome-.
W I— If s. s. GGLJIJLM
New York, 22. December 1898.
Mk. Editor .
Jch thu Ietzt wie
der zu dem Onkel
sei Saluhn tende
änd der Onkel sagt
er thut froh fein.
daß ich wieder da
wär. bilohs et wär
teierd, sich den gan
zenTag im Bußneß
zu truble. Wo
die alte Kostiimers gehört hawwe, daß
ich wieder da sein that, leie se alle ge
komme änd ich hen ern von den War
erzähle müsse änd sie hen vlenti Mon
nie geschpent, so daß der Onkel meinte,
es wär doch e gut Jnveftment gewese,
daß er mich hätt mit die Sohldschers
gehe lasse. Well die von unsere Kolch
tiirners, wo Ameriläns feie, die hen
immer gelißend, was ich von die Vät
tels zu erzähle hatte. böi die annern
Michiiimers, wo von Dfchörrninie
komme thate, die hen ihre Köpp ge
schält änd ritnarkt, wir Leit thäte noch
gar net wisse, was e riell War sein
thät änd wenn wir feine Sohldschiers
sehe wollt, so müßte wir nach Dschöp
minie gehe, denn würde wir auch e
Eidiii kriege, wie en Armie gedrilli
werde wäscht Well die Ameriläns hen
denn obdschelted änd aesagi, daß sie
die ganze Welt biete könnte. iwen mit
aus e große Effort zu mache änd daß
ihre Sohkdschers die feinschie wäre,
wo es gewe that. Denn hen se an zu
Diipjuhte gefange änd dschenerällie
hats noch e Feiht aeaewe änd die Ame
riläns. wo rneiicht iunae änd schiarle
Kerls ware, hen die Annern herausge
schmisse änd dann ben se an zu vlohe
gefange, da konnt man sehe, wer am
beschte feihte könnt. die Amerilöns
oder die Foriners. Well ich hen en
seinellie gesagt, sie müßte des Feihte in
rnsere Saluhn lasse, der War wär jetzt
over änd wenn er es net wär, so sollte
se ihre Kriegsschauplatz wo anners hin
verlege, wie in unsere Saluhnz Pätrio
tismus wär e schöne Sach. böt wenn
uns dabei das ganze Förnitschur in
Schtiicke gehe tbät, so tbäte wir es doch
besser gleiche, wenn se net so arg patri
otisch seie ihäte. So hen se den wieder
ussgernacht änd hen geschtarted- War
Geschichte zu erzähle. Sie den in die
Kraud auch en alte Nuß gebett, net ei
nen aus Lirnerick oder Carl mit e
Stülpnase, wo es em dereinregne thut,
bist e riell Nuß, wo aus e Taun komme
thut, wo gar-sei Mensch net pronaurße
kann. Der bat Denn gesagt: »Dschen
telmen, bei e gute Sohldscher tout es
net so sehr uff das Feihte, wie uff die
Smartneß ankomme. E Sohldscher,
wo smart is, kann alle Mal auch den
deschte Feihter biete, wenn der e Bl «
dead seie thut. Als wir im Jahre
1877 den War mit den Türkies hatte,
den ich beim Redschitnent Preobrat
schentsky geschtanne. wo eins von die
beschte Redschirnents it die ganze
Röschschian Armie seie ibut. Gegen
das End von den War den wir vor der
Fortrest Barna gelege, wo zu die
Türkies belange that. Well zu feihte
war da net viel. wir konnte nei in die
Fortreß herein änd die Türties konnte
net heraus änd so den wer da geschtan
ne änd uns angekuckt. böi von geidte
war kei Red, onlie daß se alle äg e
paar Schotts von die Forts gefeiert -
hawwem darnit wer net vergesse thate, T
daß die Türlies noch in der Schtadt
seie thate. Feinellie is den Bello die
Zeit leidig geworde and wenn die Aut
pohsis von die Türties nahe heran
kame, denn hen se se ahl Keinds of
Nämes gekahlt änd se Kauards ge
heiße, bekohs, daß se net aus ihre For
tresz hetauskotrme and seit-te wollte.
Well amonast die Tarkieå den se Leii
gehatt, wo die Röschschian Länguidsch
öderschtände thate auch einer von die
türkische Läneers änd wo der hört, daß
se se Kauards heiße thate. that er i« it
e Fläg of Tkuce ganz klods zu unsere
Leins komme änd hollett. et thät eini
gen Hotszinan von die aanze Absch
schian Armie tschallendsche. mit cis-. zu
feihte. Well, von die Kosacke, wo bei
unsere Atmie ware, hen se qleich alle
geossert, mit den Tiiriie zu seihte, bot
der Körnel hat den besten Läncer von
dem ganze Redschiment ausqepickt änd
hat em gesagt, er sollt dem Tükkie sei
groß Maul schtoppr. Der is- denn auch
gleich in full Gallop auf den Tütkie
los. Wo er ebaut auf 50 Schritt an
en heran is, thut der Türtie sei Pisto!
auf en abschieße, bot mit die aite Hug
pifteleö, wo die Tütkies hatte, konnt
man aus 10 Yards kei Barndohr net
bitte änd die Bullet bat nur e Loch in
die Lust gemacht. Jm nexte Jnschtant
ware se auch schon anenanner änd hen
mit die Länees zu seihte geschtartet, böt
es nahm noch kei Minnit, da war der
Nuß schon von sei Horß deunner änd
kaput Der Türkie lacht. daß wir es
in unsere Leins höre konnte-. denn thue
er von sei Dorfe schprinae änd dem
Nuß beide Ohre abschneide änd is in
die Foriresz ritom.
Welt am nexte Tag thut er wieder
komme sind die Kosacke ivaee gar net
siehst-sit halte. sie wollte alle ufs em
der Körnel sagt das wär net
kais Find tht wieder einen auspicke,
- wo en feil-ten sollt. Böt es war die
« The M . Der Türkie thut eeshi
alt B lseiem als ob er ten Ko
sähe- wollt änd äs ßnbn als se
Wesen ware, war der Nuß auch
schon wieder herunner änd der Türtie
is mit seine Ohren wieder nach Vorna
zurückgcritte. Well, Bett-Z. so is das
14 Täq gegange, alle Mahl is der ver
sli.rte Türkie herausaetomme hat eine
von die Kosacke abgemurtit iind is- wie
der kornr. So sagt der Körnei. es wär
gar tei Juhs mehr, daß se mit ein
sechte thäte änd hat Order-s aegetr-e,
daß keiner von die Kosackc es mehr
treie sollt. Wo der Türtie das gesehe
hat. is er srech geworde. Hat die Kosarle
Kauards geheiße, böt die hen en net
aemei:.det änd seien schtill qew.se.
Wir hatte damals beim Puck-rat
schenskn’schen Redschirnetst e kleine
isuetliae Schneider bei Kommissärir
Dir-aiment Weil der Feilod war lei
4 Fuss hoch änd sei Aerm make so lang,
datz se ablmobst uff die Erde hingen.
VII er war e first Klsiß Tählox an:
weil er immer unsern KHrnel sei Such
gemacht hatte, so bat Der em e Pius-,
im Kommissärie - Divartmrnt arge-re.
Alle Ida, wenn der Turm mit dem
Kosacle feihte that, is er in die vor
derschtr Lein geschtanne and alle Mal,
wer-n ter Türtie den Nuß astillt lct,
hat er aetörßd, wie e alter Teuper. lLllts
seinellie teiner von die Kosath mehr
deiaukptomme that änd der Tiirtie sie
Kauards heiße that. bollert ei: »in it
e Schand, daß in der aanien Arm-Te net
: Mann is, wo dem Kerl das- Maul
schtcsrsve thut.« Der KörneL wo dac- ge
hört hat, lacht änd saat: »Wel! Zwar-,
hast Du net Lust. mit dem Iiirtie z
seihte9" .Schulyr Körnel änd ich werd
en auch kille, gebe Sie mer nur e Sorg
e Lärm, änd e gutes Pistel«. Der Stor
nel hat ät sörst gedenkt. der Fel’o
that dichoie, böt wo der Jtoan mßisie
that, e: wollt den Türlie feihte Lin: so
schilt-: war, daß er en tille könnt, sagt
der siörnek »Weil Jwan trei es, tot
ich saa dir gleich Guddei. des werd tak
erschte and das letschte Mal seie. daß
Du rfs e horß site tbuscht.'«
Wo die Beus aedött hawcoe. das: der
klesne pucktige Töblor den Türtie seihte
wallt. seie se im ganze Kämp zusam
mengelofse, um das Schpechsokel zu
setze Sie hen en usf «n Dorf; gesehn
die Stirrups for en aesittet äno den en
e Pistol änd e Länce argen-e. Er tat
uss den Gaul ausgesebe. wie en Aff
uss ’n Kameel änd wo se ibtn die Länie
rietsche, war se zu bewtvie iind er
konnt se net böndle· So sagte er:
»Laßt nur die Länce änd gebt mir e
Besenschtiel, der thut’s auch." Die
Beus ben net gewußt. was se davon
denke sollte, böt se ben en en alte Bese
schtiel gegewe änd damit is er ufs den
Türtie los. Wo der den ruckligen Tab
lor komme siebt, wollt er vor Lache ver
plaße änd rufst: »Komm man oer Du
Aff, Dich will ich ßubn iinische8'« Ta
mit seiert er sei Pistei. Wo der Schuß
fällt, thut der Tablor in sei Säddel
wartete, der Brutzmscbtick sullt aus
seine Hand änd er scknürzt von sei
Gaul herunner iind rührt tei Knoche
mehr. Der Türkie kommt an en her
angeritte, denn lacht er änd schteigt
von sei horß änd giebt sei Messer aiis
sei Poetet urn den Täblor die Ohre
abzuschneide. Wo er aber sei Händ in
sei Pockek hat, fährt der Tählor wie
der Blitz herum, giebt sei Pistol änd
schießt en mitten dorch’s Herz, daß er
mausetodt umschlage tbut. Denn
nimmt em der Täklor das Messer weg,
thut ern die Ohre abschneide änd bringt
se zum Kämp zurück.
Well, Beus, so’n hellob habt Jbr
Euer Lebtag net gehört. wie der part- «
lige Tiihlor ritour aekomine änd den
Türtie sei Obre mitgebracht hat. Der
Dscbeneral bat ät vonz an den Empe
rer getelegriipbd änd wo er am nexte
Tag en Aenser kriegt, läßt er den Tab
lor rufe: »chn,« sagte er, «Du bischt .
e braver Kerl önd Seine Mädschestie »
will Dir e Rinoard aewe. Du bascht
die Wahl, willsebte 500 Rubel oder «
das St. Georg’s Kreuz?« So änßert
der Jwan: »Dscheneral, wie viel is
denn das St. Georae’s Kreuz ebaut
werth? Nun, änstert der Dscheneral,
des Metall is ebaut drei Rubel werth.
»Mit reibt, Dscheneral, änsiert Iwan,
denn gewe se mir 497 Rubel änd des
Kreuz.« Da lacht der Dscheneral and
äußert: »Du bischt doch e smarter Fet
loh, Iwan, Du sollscht’s hatt-we, End
der Jwan bat 497 Rubel lind das St.
Georg’s Kreuz gekriegt.
Da könnt Jhr nu sehe, Veus, sagte
der Roß, daß auch der beschte Feibter
net emal e pucklige Täblor biete kann,
wenn er net so smart is. Damit thut
er noch e große Whisike nebme änd is
homr. Die Annern aber ben gesagt:
»Er is reiht, es thut doch mebr uif die
Smartneß wie uss das Feihte an
komme«.
Jhk John Strampser.
v
—— --.—«-—«—
Jedermann kennt die Bezeichnung
»Glücksschlvein" und den bollstbiiw
lichen Ausdruck »Schwein baden« fiir
»Gliick baben«, aber nicht vielen wird
der Ursprung dieser merkwiirdiqen
Berbinduna richtia belannt sein. Bei
dem Fest der Wintersonnenmendc
wurde von den Germanen ein Setz-wein
gebraten und qeschmaust als das hei
lige Thier des Sonnenaottes Frcyer,
dessen Geburt und Wiederkehr man in
diesem Feste beginn. Das Schwein
des Sonnengottes, das ein Meister
werk von Zwer en war und mit seinen
goldenen Bot ten den Glanz der
Sonne darstellte, zoa den Wagen des
Gottes oder diente ihm auch als Reit
thier; in begreiflichem Zusammen
banae mit der Wirksamkeit des Son
nenqottes wurde dieser sein Eber ein
Sinnbild der Fruchtbarkeit Diese
alte Bedeutung hat sich bis heute im
Volke erhalten, obgleich wahrscheinlich
wenige von denen, die ein Glücks
schwemchen an der Ubrletie tragen,
wissen, daß sie damit einem altheidni
schen Glauben duldsam
Ifür die Jugend.
Uns Wiedersehn!
Aus Wiedersektnk Kein Wort so weich,
An Hoffnung und an Lieb so reicht
Kein Gruß erklingt in herber Stund,
So bang, so sroh von Mund zu Mund.
Aus Wiedersehn! Du voller Klang,
Du hoffnungsheller Wandersangt
So töne denn im Herzen sort
Berheißungsvolles Zauberwortt
Kindesliebe
Von der warmen Stube aus läßt es
sich ganz gut an, wenn der scharfeWind
die dürren Flecken an dem Fenster vor
beisagt und der Schnee aus der Und
straße vor Kälte lnirscht unter den Nä-:
dern derWagen· Aber draus-en ists an
ders. da beißt der Frost. da schnewet
der Wind, die scharfen Eisnadeln ste
chen, und wenn wie bei dem armen
Jungen dort draußen die Hände unbe
deett sind und oie Füße in zerrissenen
Schuhen stecken. dann sind Schnee,Kiil
te undWrnd gar schlechte Wandergesel:
len. Er sah auch traurig aus, der kleine
Mann. Aber mutig steckte er die rechte
Hand tiefer in die Tasche, während er
durch den hohen Schnee watete und
über mancherlei nachdachtr. Wenn doch
seine gute Mutter noch lebte! Seit sie
tot war, schien der gute Geist aus dem
Hause gewichen. und der Vater war
gar hart gegen ihn, den elsjährigen
Emil, und die ein Jahr jüngercSchwe
ster. Früher war der Vater auch streng
« gewesen« aber die Liebe der Mutter
hatte alles ausgeglichen. Sie war so "
gut und hatte ihnen so gern Freude ge
gönnt. Wie oft waren die beiden Kin
der an freien Nachmittagen zusammen
hinaus vors Thor gelaufen, hatten
Beeren gesucht und sie dann, ini Grü
nen gelagert, fröhlich berspeisl. Sie
waren dem Vater nur eine Last, res
halb ließ er es gern geschehen, daßVer
wandte der Mutter dasMiidchen zu sich
nahmen und in die Schule schickten.
Emil tam nur selten zur Schule,
der Vater schickte ihn aus, damit er Ar
beit suche und sich ein paar Groschen
verdiene. Brachte er die abends nicht
heim, so gab es Schläge statt Essen.
Vor einigen Tagen war der Vater, als
er zurückkehrte, ganz besonders böse
und aufgebracht. Nachdem Ernil seine
Schläge bekommen, hatte er ihn aus
dem hause getrieben und ihn bedeutet,
daß er nicht wieder dahin zurücktehren
dürfe. .Da oerdiene dir was«, hatte er
ihm zugerusen, indem er ihm die
Schneeschausel nachwarf, »suche dir al
lein dein Brot« Weinend hatte der
Knabe die Schaufel aufgehoben und
weinend wollte er davongehen, aber er
tehrte noch einmal um, faßte die Hand
seines Vatrs und sagte: »Nicht wahr,
ich darf doch wiedertommen2« «Nein,"
hatte ihm dieser rauh erwidert, und
mit diesem Abschied wanderte Emil in
den schon duntelnden Abend hinein.
Wohin nun? Er wußte es nicht und
ging lange weinend weiter. Da hörte
er das Lauten der Glocken. »Halte aus«
sei brao!« klang es wieder in seinem
herzem Er glaubte die Stimme seiner
Mutter zu hören, und Trost und hoff
nung zogen wieder bei ihm ein. Jetzt
erinnerte er sich, daß die Pflegeeltrn
der Schwester ihm öfters gesagt hatten,
er solle sie aufsuchen, wenn er Rat oder
Hülfe gebrauche, dort, das wußte er,
nahm man ihn auf. Aber noch auf dern
Wege dahin wurde er aus dem Fenster
eines hauses angerufen. Zwei Kinder
hatten den tleinen Schneeschipper gese
hen. und da sie für die tommendenFest
; tage, —- s war zwei Tage vor Weib
naehten —- den Teich im Garten vom
» frischgefallenen Schnee gereinigt zu
haben wünschten, hatten sie mit Er
laubnis der Eltern den Buben herein
gerufen und ihm die Arbeit übertra- I
gen. Ein blantes Geldstück legte er, als
er s bät abends mit seiner Schwester zu
sammen saß. als seinen Arbeitsver
dienst auf den Tisch, aber es wurde
naß von den Thränen der Geschwister,
als er seine traurige Geschichte erzähl
te.—-—,,Der Vater wird doch gewiß wie
der gut,« sagte Lina, indem sie ihren
Bruder umarmte. »Halte aus,« sagten
die Pflegeeltern, »es wird schon wieder
besser werden« —- Und es wurde wie
der besser, aber lange sollte es dauern.
Emil war zum anderen Lage wieder
nach dem Hause des reichen Hausherrn
Roebel bestellt, wo er gestern denSchnee
gefeat hatte. Es fand sich weitere Ar
beit, das befcheidene und fleißiaeWefcn
des Knaben gefiel, man hatte feine
traurige Geschichte gehört, und als er
am dritten Abend zu seinen Pflegeel
tern heimging, brachte er die Trilli
runa des Kaufherrn Init, daß er von
nun an fiir immer in das Haus dessel
ben aufgenommen werden ,solle. So
hatte auf der Schneefchaufel, seinem
einzigen väterlichen Erbteil, doch ein
großer Seaen aeruht. Jiir verdanlte er
die erste Arbeit im Haufe des Herrn
Noebel und nunmehr die Aussicht auf
eine gesicherte Zukunft. Emil aina nun
wieder fleißig zur Schule und in feinen
Freiftunden mußte er allerlei Arbeiten
in dem großen Handelshaufe des Herrn
Noebel übrnehmen. Da er aut und
rasch lernte, bekam er Unterricht, und
als die Schulfabre vorüber waren, trat
er in das Geschäft feines Woltbäters
als Lehrlina ein. —- Der Vater mußte
schließlich-das Häuschen verkaufen und
den Ort verlassen. —- Acht Jahre wa
ren seitdem vergangen. Die jetzt acht
1 zehnjährige Lan war noch bei den
Pslegeeltern, derenhaushalt sie fiihrtr.
Emil war inzwischen als Bucht-alter
in dem Geschäft des Ferrn Roebel·an
gestellt. Er besaß de en volle Zufrie
lTelelrheit und bezog einen schönen Ge
t.
Eines Tages wurde heftig an der
Klingel des Hauses gezogen und der
Diener meldete einen Bettler. AufWei
sung des Herrn Noebel trat Emil mit ;
einem Almosen aus dem Büreau· Jm
hausflur stand ein wild und trotzig
aussehender Mann. Emil reichte ihm
ein Geldstück. — Der Fremde starrte
ihn einen Augenblick an, dann begann
er heftig zu zittern. »Emil!« brachte er
mühsam hervor, »mußte es so weit
kommen! Muß ich von meinen eigenen
Kindern Almosen erbittenl O, das ift
meine Strafe, warum jagte ich dich
aus dem Hause bei Schnee und Unwet
ter in die Nacht hinaus.« —- Traurig
« wandte er sich zum Gehen. Aber mit
dem Aufschrei: »Vater, du bift’s wirk
lich« hing Emil an dem Halse des ab
wehrenden Mannes. —- Ja, es war
weit gekommen mit ihm. Nach einigen
Jahren des Wandefns war er durch
schlechte Gesellschaft, Krankheit und
Not immer tiefer ins Elend geraten;
gebrochen an Körper und Geist hatte
er sich endlich der Heimat wieder zuge
wandt. Mittellos war er heute hier
atsgetommem und die erste Bitte um
eine milde Gabe hatte ihn mit seinem
Sehn zusammengeführt.
Emils Bitten und Thriinen erweich
ten bald das harte Herz des Vaters.
Auf dem Zimmer des Sohnes erzählte
er tiefem die traurige Geschichte der
letzten acht Jahre, und als Emil den
Kon an die Brust des Vaters lehnte
und sagte: »Vater, jetzt bleibst du bei
uns, wir lassen dich nicht wieder fort,«
da fühlte er sein Herz wie von Son
nenschein erwärmt, ein Gefühl von
Freude, von Friede, wie er es lange
nicht gekannt, zog wieder in ihm ein,
er drückte einen heißen Kuß auf das
Oauvt des Sohnes.
Groß war die Freude, als die an
dern am nächsten Tage zu Lina gingen
und sie den Vater wiedersah. Jn ei
nem Buche lesend, saß sie am Fenster,
als ihr Blick auf Bruder Emil fiel, der
mit einem bleichen Manne nahte. Wie
herzlich begrüßte sie ihn, wie sanft
strich ihre band über seine abgezehrten
Wangen! Und nun kehrte das Glück
nieder in der Familie ein. Mit Emils
Ersparnissen sanften sie das alte
Häuschen wieder. Der Vater nahm
fein früheres Handwerk wieder auf,
arbeitete fleißig und als im Sommer
der Geburtstag ter Mutter wieder
lehite, da lnieten drei glückliche Men
schen an dem Grabe des Verstorbenen
und schmückten es mit frischen Blu
men.
Als Kater Murr etwas erleben
w-llte.
Kater Murr hatte den ganzen Tag
hinter dem Ofen geschlafen. Gegen
Abend stand er auf, machte einen gro
ßen Buckel, gähnie und saate: »Jetzt
will ich etwas erleben.« Daran ging
er hinaus in die Küche. und weil ge
rade auf dem Tische eine Schüssel
Milch stand, stieg er hinaus und leckte
die Milch aus. Aber ach. es tam die
Magd und ließ ihren Besen auf des
Katers Rücken weidlich tanzen. Da
leite der stater etwas erlebt, jedoch es
war etwas Unangenehmes.
Er ging wieder hinaus und stieg auf
des Nachbars Dach.
Der Mond schien hell. und Kater
Murr feste sich vor ein Dachse-ist«
und hub an zu singen.
Da öfnete sich ganz leise das Fen
ster, heraus guckte ein weißbezipfel
munter Kopf. und schwavv -— ergoß
sich ein Strahl eisialten Wassers cuf
unsern Later. Nun hatte er wieder
etwas erlebt, aber das war auch et
was Unangenebmes.
So aing er von dannen und be
schloß, seinen Freund zu besuchen, den
Kater Schnurr, der aui der andern
Seite der Straße in dem vier Stock
hoben Hause wohnte.
Er wollte den Weg gehen, den er
schon oft gegangen, nicht unten über
die Straße, sondern vom Dach in die
Bäume, die rechts und lints am Fahr
dainm standen, und von den Bäumen
auf das gegenüberliegende Dach.
Er rannte den Weg aenau; der war
nicht beschwerlich; vier Sätze und er
wäre aus der andern Seite g:ivefcn.
Am Dachrande taucrte er zum Sprun
ge. Er sprang. — aber da soll auch
ein Kater springen, wenn er pitsche
naß ist. —- Platschl siiesi er mit den
Vorderpfoten und dem Kopfe durch
den Hut eines, der im Mondens ein
lustwandelte, und larn für einen u- !
genblick terzengerade auf den Kovf
des Manne zu stehen.
stater Murr machte einen Sprung,
aber mit dem Hute um den Leib, kam
auf seine vier Pfoten herab und ftob
davon.
Der Hutdesitzer zog rrym noch ge
schwind eins mit dem Stock über und
ließ ihn laufen mit samt dem bate.
Da hatte er schon wieder etwas er
lebt, und zwar etwas recht Merkwürdi
geg.
Erst versuchte er den hut abzustrei
fen, aber da es nicht ging, dachte er:
»Auch aut, —- das soll ein Spaß wer
den mit meinem Freunde Schnurr!
Wird der Aue-en machen, wenn ich in
einem Cnlinderhute zu ihm komme!«
So schob und auctschte er sich durch
die Gitterftäbe in den hof des Hauses,
darin sein Freund wohnte. und schaute
nach dem aus.
Freund Schauer aina mit seiner
Frau, der weißen Katze, hoch oben in
) der Dachs-inne spazieren und beide
freuten nch einträchtian Genniteö des
milden Mondenlichtes.
Kater Murr tlimmte empor —- gut
gina’s nicht in solchem Ausnutz, und
fnst in einer Ecke tauchte er vor der
. weißen Katze auf.
Die war gar zart und schreckbaft
von Natur, und wie sie die absonder
liche Gestalt vor sich auftauchen sieht.
vermeint sie, es sei ein Gespenst, und
fällt jählings vom Dache herab.
Darob ergrimmte der« braveSchnurr
und fiel ohne Besmnen uber das greu
liche Geschöpf her, das solches Unglück
veranlaßt, würgte und Fauste es —- e:
hatte ja keine Ahnung, das; dies sein
lieber Freund Murr war. der durch ei
nen Enlinderhut um den Leib so un
kenntlich geworden war. Murr biß
wieder —- was blieb ibm übrig? Sie
verwickelten sich zu einem Knäuel, zau
sten, bissen sich, schrieen und vurzelten
endlich der weißen Katze nach in den
IHof — nein, nicht eigentlich in den
o
f.
Jm Keller schlief der Stiefelputzer.
und durch dessen Fenster flogen sie ———
klirr, klirr! —- dem armen Burschen
gerade ins Bett.
»O weh — ist der erschrocken! —
Fahrt aus dem Bett und hinaus aus
der Stube! »Es könnte der Teufel
sein, der nachts so über ihn gekommen
ware,'« dachte er und traute sich nicht
wieder in die Kammer zurück. «
»Die beiden Kater waren aber auch
nicht schlecht erschrocken und hatten
jählinas von einander losgelassen.
Jetzt saßen sie sich beide gegenüber
aus dem Bette des Stiefelpuners, glotz- .
ten sich an und knurrten.
Dem Schnurr tam die Stimme wol
belannt dor, und just wollte er etwas
sagen, da trähte im Stalle der Hahn.
Wenn aber der Hahn des Nachts
träht, dann muß der Böse weichen,
und so wagte sich ter Bursche mit Licht
wieder ins Kämmerchen hinein.
Hui —- wie fuhren die beiden da
zum Fenster hinaus, und jeder machte,
daß er nach Hause kam! — Die weiße
Katze lag schon längst in ihrem Heu
und schlief behaglich. Geschehen war
ihr nichts.
Zerzaust und zerschunden kam Kater
Murr zu Haufe an und ging fiirs erste
nicht wieder fort.
Ewig schade bleibt es aber doch, daß
die beiden Freunde nicht noch ein gutes
Wort miteinander hatten reden tön
nen. Darum sind sie Feinde geblieben
bis auf den heutigen Tag — und we
»cen einer solchen Kleinigkeit!
Wer lann aber auch seinen Freund
erkennen, wenn er in einem Cnlinder
hute steckt und ein Kater isit
Jetzt sitzt Freund Murr wieder da
heim hinter dem Ofen, fängt ab und
Fu eine Maus und denlt über das Er
lebte nach.
Manchmal steigt er auch noch aufs
Dach, aber nicht um etwas Neues zu
erleben. sondern um allen aus seiner
Sippschaft, die es hören wollen« zu er
zählen, wie es ihm ergangen ist, als. er
etwas hate etrleben wollen.
Sein ehemaliger Freund Schnurr
darf aber nicht dabei sein, sonst giebt’s
Krieg und Kriegsgeschrei. als wären
Fremde ins Land aetommen.
Die Katzen und die Kätzchem die al
ten und die jungen Kater sitzen auf den
Dächern und hören voll Eifer zu, wenn
Kater Murr erzählt, und zetern aus
Mitgefiibl ganz fürchterlich dabei, —
lassen sich’s auch gesagt sein, sisen gern
Bill hinterm Ofen und schnurrren ihr
ied. --·
Wo aber ein vorwihiges Käterlein
selbst hinaus will und etwas erleben,
da tommt es meift mit ähnlichen
Trauergeschichten heim.
nebek Schafk- und Buch-km«.s
sen im Mittelalter. s
-----·..
Heute lernt jeder in der Schule
schreiben, und in aller herren Länder
resor«en slinle Prgsen das Geschäft
des uchdrucks l ie ganz anders
war es in dieser Beziehung im Mittel
alter! Wir tönnen uns heute laurn ei
ne Vorstellung davon machen, eine wie
schwere Sache damals die Herstellung
von Büchern war, damals, wo nur die
weni sten schreiben konnten und nian
die uchdructerlunst noch nicht kannte.
Die Stelle des Buchdructs vertra
ten imMittelalter bekanntlich sast aus
schließlich die steißigen Hände der
Mönche, welche nicht müde ourden, die
wertvollen Bücher des Altertums und
ihrer eigenen Zeit abzusäreiben Und
welche Kunst des Schöns reiben-J lea
ten sie dabei an den Tag! Die Bene
diltiner, deren Regel eine solche Be
schäftigun ausdrücklich vorschreibt,
thaten es ierin allen anderen Mönchs
orden zuvor, und aus ihren Schreib
stuben sind denn auch die kostbarsten
Schätze der mittelalterlichen Biblio
telen hervoraeaangen; vorn neunten bis
zum zwölften Jahrhundert waren die
Benediltiner sast die einzigen, welche
E die Wissenschaft des Altertums in
Deutschland pflegten. Namentlich von
ihnen wurde im Mittelalter unglaub
lich viel Zeit zum Abschreiben von
Werlen aller Art verwendet, und doch
war in jenen Ta en der Mangel an
Büchern sehr grosse.
Es ist nicht uninteee ant, über die
Art, wie die Mönche a schrieben, eini
ges zu vernehmen.
Die erste und nächste Schwierigkeit
bot die Beschaffung der alten und
neuen« fremden und einheirnitchm Ori
ginalwerle, von denen die Tit-schritten
angefertigt werden sollten; denn Bil
cher waren in jener Zeit, wie ,1,esaat,
nichts Alltägliches. Mehr als hundert
Meilen weit mußten die Klöster oft aei
nng ihre Bitte um leihweise lleberlas
suna eines Buches eraelxen lassen. Unt
bundertMeilen bedeuteten damals ganz
etwas anderes als heute; waren doch ·
die Verlehrstnittel itn höchsten Grade
mangelhaft und reschräntt, die Stra- s
ßen unsicher und die Aengstlichleit und J
das Mißtrauen der Menschen dahers
s sehr berechtigt. Die Klöster trauten
s sich ost unter einander sebr wenig, da ,
» nicht selten ausgeliehene Bücher nicht (
zurückgegeben wurden und Streitigkei
ten der Rlosterbibliotlselen über das
Eigentumsrecht aus wertvolle Origi
» nale damals an der Tagesordnung .
waren. s
hatte man sich aber ein wichtiges i
Buch verschasst —- ost genug mitMuhe
und Not-, so ging es an das Ab- ,
schreiben. Das war stets ein saucm «
Stück Arbeit, eine schwere Anforde
rung an Fleiß und Geduld.
Man schrieb aus Pergament, das m
so vollendeter Weise aus Tierbäucen
sabriziert wurde, daß die Urkunden,
welche wir besitzen, es uns noch heute
nach so viel Jahrhunderten, ost in
blendend weißer Reinheit und in einer
Glätte zeigen, die es nicht viel schlech
ter erscheinen läßt als unser heutiges
Papier. Das Per ament stand da
mals noch hoch tm reise, und es ist
bezeichnend, daß Kaiser Karl der Gro
ße einem Kloster das Jagdrech: nur
unter der Bedingung erteilte, man sol
le die Oäute der erlegten Tiere zur
Herstellung von Pergament ode: von
Bücherdeckeln verwenden. Aus der
Kostbarkeit des Pergaments erliiirt es
sich auch, daß man bei Alsassung der
gewöhnlichen, täglich vorkommenden
Schreibereien, wie wirtschaftlichenNie
derschristen, Rechnun en u. s. w., sich
etnes billigeren Ma erials bediente,
nämlich der Wachstafeln.
Das feine Pergament kommt übri
gens in Europa erst etwa vom Jare
820 an häufiger vor. Bis dahin be
diente man sich in der Regel eines ro
ben, derben Materials, namlich eines
dicken, unschönen Pergaments, das
man fast für gegerbte Trerhaut halten
tönnte und das einen recht tläglichen
Eindruck macht.
Was die Schrift selbst anbetrifft, so
bestand diese bis zu dem bezeichneten
Jahre aus einer Art Schrift, in welche
sich allerlei Schnörlel und seltsame
Buchftabenverbindungen hineinmischs
ten. Später aber trat an die Stelle
dieser Schreibsorm die römische
Schrift.
Das Abschreiben, wie es in den Klö
ftern besorgt wurde, darf in der Tat
eine Kunst genannt werden. Wie vie
lerlei Thätigteiten waren dazu nötig! »
Einige unter den Mönche-i verfertig-k
ten das Pergament. andere besorgien
mit großer Genauigteit das Geschäft
des Linienziehens; besondere Uebung
ersorderte aber das Abschreiben selbst,
womit man die geschicktesten Schreiber
zu betrauen pflegte; ebenso war das
Bergolden und das künstlerische Aus
schmiicten der Buchtitel und Anfangs
buchstaben eine nicht leichte Arbeit.
Arabesken und Miniaturbilder wur
den überall auf dem Pergamente arge
bracht, und oft mit wahrhaft feinem
Geschmack. War die Arbeit desSi!-rei
bens vollendet, so ging man ans Ein
binden des Buches. Es wurde zwi
schen zwei eichene Deckel sauber gebun
den. Gewöhnlich wurden diese isrit Le
der, nicht selten mit Metall oder El
fenbein überzogem
Geschah dies alles mit den Büchern,
die zu weltlichem Gebrauche bestimmt
waren, so verfuhr man noch viel lurus
riöfer mit denjenigen, welche beim Got
tesdienste in Anwendung kamen. Bur
purn gesärbtes Pergament, mit stel
dern oder olden leuchtender Tinte ge
fchriebene Buchstaben und die pracht
vollsten Einbände waren bei solchen
kirchlichen Büchern nichts Seltenes,
und viel Geld wurde auf deren Her
stellung verwendet.
Die Bedeutung der Klöster für die
Herstellung der Bücher trat erst zuruck,
als mit dem Aufblühen der Stadtfchu
len um die Mitte des dreiiehnteuJahr
hunderts sich auch die bürgertfche Ge
sellschaft der Schreibtunst bemächtigte,
und die Anfertigung von Viicherabs
schriften nun anfing, von allen Kreisen
des Volkes ausgeübt zu werden. Das
ging so fort, bis die Erfindung der
; Buchdruiiertunft im Anfang des fünf
I zehnten Jahrhunderts der Vetoielsiili
I tigung von Büchern durch Die Hand
i schrift nach und nach ein Linde schie.
Die Entwicklung und der Fortschritt
des menschlichen Geistes und der
menschlichen Geschicklichteit iiifzt f:.-.s an
nicht vielen Dingen so sicher messen,
wie an der Art, wie die Menschen in
den verschiedenen Geschichtsabsetmitien
ihre Bücher hergestellt haben. Welch ein
großer Unterschied zwischen der mitbe
vollen Arbeit der schreibendeu Mönche
des Ijiittelalters und der Vuchoructer
unserer Tage!
An der Table d’hote ist bereits der
Fisch servirt, ein Gast jedoch, ein ern
ster Herr, scht stumm vor seiner
Sappe. Der Obertellner, um ichtig
wie er ist, tritt herzu und fragt: »Die
Suppe ist wohl zu warm, mein Herr?«
Der ernste Herr röuspert sich und ent
gegnet hieraus nicht ohne Strenge:
»Im Gegentheil.« Das Roastbeex macht
die Runde; aber noch immer 2at der
Gast seine Suppe nicht ungerührt.
»Lieben der Herr vielleicht Firestnppe
nicht?·' sra t der Oberkellner. »Jn die
sem Falle teht dem Herrn ohne Wei
teres Bouillon zu Diensten.« Der ernste
Herr beginnt mit den Fingern leicht
aus das Tischtuch zu trommeln Und be
merkt: »Ich liebe Krebssuppe ganz
außerordentlich.« »Aber darf ich mir
dann die Frage erlauben, warum ver
Herr nicht essen?. . .. Die anderen Ge
richte werden ja kalt.« —« »Warum ich
meine Suvpe nicht esse? —- Jch habe
keinen Lössel!«