Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 30, 1898, Sonntags-Blatt., Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Die Xlurht
W
Roman von Ida Don-Ed.
W
OIWEUIO )
Das war sür teme Worttargyeir
beinahe schon ein Bartraa. Aber er
hatte sich inzwischen zurecht gedacht
daß es eine Meinungsverschiedenheit in
irgend einer awßen Frage gegeben
habe, und daß Felix, dessen trankhastes
Mißtrauen gegen sich selbst er kannte,
sie müsse ihm nachgeben, oder er sei
rein Mann.
»Nein,« sagte Felix und vermochte
kaum zu sprechen, »das braucht sie
nicht. Es handelt sich auch nicht um
Kleinigkeitem nicht um Streit oder
Rechthaberei oder Embiindlichteit. Wie
soll ich dir das alles klar machen —
wie wirst du verstehen, daß sie in mir
mehr siebt, als ich bin. einen Mann,
einen Halbgott aus mir macht mit tau
send Qualitäten . . ."
»Herr-gest — dafür ist sie n’e Frau.
Die Liebe erhebt und vergoldet, das ist
mai so. Sind wir anders? Nee, mein
Junge, wir sehen auch Zauber an der
Geliebten, die außer uns vielleicht kein
Mensch sieht. Und obendrein sind die
meisten Männer noch so bornirt und
bilden sich ein, alle Welt bewundere,
wo sie bewundern, nnd alle Welt be
greift und beneide ihre Wahl — wo alle
Welt gewöhnlich blos die Achseln
zuckt,« meinte Adrian. - «
»Ja, aber man muß in sich wenig
stens den Glauben haben, dasz man die
hohe Meinung der Geliebten sich dau
ernd zu erhalten vermag durch Eigen
schaften, die ihr genügen, wenn sie auch
der Welt gering erscheinen.« sprach Fe
lix mühevoll. »Den Glauben habe ich
,nieht. Jch habe, seit wir uns lieben,
jeden Tag mehr begriffen, dasz ich noch
ein Ringender, ein Kämpfender, ein
Lehrling bin, ich . . .«
Die Stimme versagte ihm.
Adriai« hatte ihn aufmerksam ange
sehen.
»Hör- mol — zunächst: du wirst die
irgend was geholt haben bei der Lan
serei durch den Morgen mit offenen
Kleidern. ohne Halslragen . . .'«
»Das ist so gleichgültia.« brachte
Felix hervor. Adrian ging an den
Schrank und gosz da aus einigen Fla
schen etwas zusammen
«Trinl das," sagte er dcknn.
Wie ein Kind folgsam. fast er
schreckt. goß Felix eine altoholisch-me
dizinische Flüssigleit hinunter, die ihm
tie Kehle zu zerreißen schien.
Ader das Sprechen gina doch etwas
besser, und ein neues Leben schien durch
seine Pulse zu strömen. Mit leiden
schaftltcher Lebhaftigteit begann er ron
sich zu reden.
Er versuchte nicht mehr, sich geringer
zu machen, als er war. Er spra h da
von, wie er sich wachsen gefühlt. als er
sah, daß er am richtigen Platze stand
und schnell einen Betrieb übersehen
lernte, der wohl von seinem Leiter
Thattraft und Intelligenz forderte; csr
rief es sich selbst zurück, wie ihm niit
der Fähigkeit zur Arbeit auch der
Ovid gekommen war, zu lieben, Ge
Miehe zu hoffen. Und dann war diese
Wahrheit geworden: aber als der
Traum sich in Wirklichkeit verwandeln
da habe er begrissen, dasi dennoch eine
Meist ischen then und der Geliebten
sich ss e, die teise Leidenschaft dau
ernd über-drücken til-me.
, »Ein M aber. der weiß, daß er
W Weib nicht dauernd beglücken kann,
das seine Art eine andere Art ist als
Ue ihre, der handelt wie ein Schutte,
Wenn er ihr nicht die Freiheit wieder
nslvx schloß er.
« 'Mn hatte versucht genau zuzu
sren und zu verstehen. Er stand an
der Sehr-amech die Hände hinter sich
gesellten den Hinterkops an oie scharfe
Kante gelegt und dachte nach.
Er erinnerte sich an die beinahe
peinliche Ueberraschuna, die er dei der
Unkündiauna dieses Verlöbnisses ein
psunden Was Felix ihm da erzählt,
war zu verwickelt und verzweiat Hm
Grunde lies es aber wohl auf dasselbe
hinaus, was er sich in seiner qeraden,
einfachen Weise damals selbst gesagt
hatte: »Wenn die zwei nur zusammen
gut im Geschirr geben«
Jeder kann aber die Menschen nur
von sich aus beurtheilen Und Adrian
meinte schließlich: »Wenn man einer
seits gernertt bat, daß man sich wag
sie-trauen dars und dasi man Talent
« t, im praktischen Leben wag Ort-ent
liches zu leisten, dann sollte man ande
rerseits auch so viel Couraae haben, sich
zuzutrauem daß man mit ’ner Frau
in's Reine lommt, obenein, wenn beide
sich lieben«
»Ist es wahrhaft Liebe? Jst es nicht
mer eine Flamme der Leidenschaft?«
fragte Felix.
« « mal, das ist für mich eins,«
ries drinn.
»Ja, sür dicht Dir bat das Schickle
all diese tiefen Kämpfe erspart. Lille-z
in dir und um dich ist einhertlich. Aber
DE sa te Felix bitter, «wie sollte ich zu
etwas nzern tornmeni Die Ber
Ultnisse haben mich seit meinen Kin
Etwa von Leid zu Leiden gerissen.
« . helf ich aIe Mast verloren."
« sdeian löste sich aus seiner beque
J M Siean kam aus den andert- zu
. « « te um:
ZMO Mehältnitse machen aus
M« pas mir sind. das machen wir
W this mit unferer eigenen
.
Ein leises Kopttchütteln und ein
I schmetzliches Lächeln war die ganze
l Antwort, die er erhielt.
I Es blieb lange Zeit still im Zimmer.
, Felix fühlte sich von neuem von einer
s ohnmachtiilznlichen Müdigkeit befallen.
E Adrian stand noch immerfort mitten im i
» Zimmer, aufrecht. den Kopf hoch erho- «
ben, die Augen in unbestinnnte Fernen «
« gerichtet.
Die Motgensonne schien ietzt herein »
und gab den Topsgewiichsen am Fen
s ster goldenes Licht. Die dicken Blätter :
; eines rothgrauen Schieiblattes leuchte
» ten in Lebenswiirme· die Farbenglutd .
f einer blühendenKamelie war strahlend.
; Und in diese helle. warme Stille
; hinein sagt-: Adrian plötzlich dass harte
JScblußwort all leiner Gedanken:«
»Schwäche ilt Schule«
s Felix fuhr zusammen So laut und
T so rauh und so unerbittlich hatte die «
I Stimme getlungem die das richtende
! Wort sprach. Er seufzte nur schwer
und schmerzlich.
Und nun tam eine andere Regung
über Adrian.
Es mußte etwas geschehen. Gespro
chen hatte man genug, zu viel. Jeden
solls hatte Felix doch auch einen prakti
schen Grund gehabt. zu ihm zu tout
men.
»Und was wolltest du von mir?"
fragte er herzlich. »Du willst doch ir
gend was-«
»Ich wollte nach Tondern gehen.
Fort —- nach Berlin —- in die Stille .
und Verborgenheit, von wo ich tam. «
Unterwegs merkte ich, daß meine Ia- "
schen leer sind,« sagte Felix mit kurzem ;
Atbend
»Was willst du denn in Brand-« »
»Mich besinnen —— dann Thätiglcit
suchen — arbeiten —- arbeitert —— bis
ich start genug bin für das Leben —- z
und dann — ich weisz nicht. Gieo i iir »
Geld, Adrian,« bat er, »daru:n
larn ich.« l
Adrian besann sich. (
»Geld,« sprach er nachdenklich »das
ist ein rarer Artikel aui Collagborgcn. i
Was da an baar ist, brauch’ ich mor
gen für die laufenden Löhne. Vom
Torsbiindler bekomm« ich in der näch
sten Woche wag ein . . . ich weiß nicht,
1
(
l
ob . . .
»Ich habe nach ein daar hundert
Mart in meinem Schreibtisck;. Sie ar
bören wir —- sind von meinem Gehalt,
den ich ja redlich zu verdienen suchte.
Nimm sie dir und aieb mir. was du
liast,« bat Felix-. »
»Ach, Unsinn!« Adrian war bei sich «
zum Schluß gekommen. Das bischen «
Geld, das er im Hause hatte, konnte
Felix zu qar nichts dienen: und über- ,
haupt, ihn abreisen zu lassen, erschien «
ein Unrecht. Er iab übel aus.
,.Es gebt nicht," entschied er, umZeit
zu gewinnen, »ich habe zu weniq in der
Kasse. Ich will dir was saaen: ich hole
dir dein Geld moraen.«
»Und kannst du mich so lange ver
bergen?« fragte Felix. »Um reinen
Preis lann und will ich sie jetzt sehen.
Sie soll nicht erfahren. wo ich bin.'
.Berftecken?« saate Adrian, »das ist
mir zu romantisch, das aebt auch in
meinem hause nicht. Da find über
haupt nur drei Zimmer bewohnbar.
Und daraus kann man ja rechnen: .
Contadine oder Phöbe oder alle beide
werden wobl anlanaen, sobald deine
Flucht bemerkt wird. Was sollen sie
auch machen? Sie baben keinen ande
ren Mann als mich zur hand·«
»Ich schwöre dir, daß ich Contadine
nicht seben dari."
Adrian glaubte ihm schon. llnd das
verstand er sogar. I
Menschen, die über einander m Vers ;
zweiflung sind, bleiben sish zunächst T
wohl am besten fern. Was später ward, ?
mußte sich finden. Endlich wußte :
Adrian, wie sich alles am besten machen J
ließe. Felix konne einpaar Tage in
dem Häuschen der Nettunasstation
wohnen, das am Strande sub an die l
Nuine des alten Stammtchlosseg oer
Collas anlehnte. Dort war ein Herb, !
ein Bett, etwas Hausrath und Holz ge
nug, um Tag und Nacht ein aroßeg,
wörmendes Feuer zu unterhalten. Ei
nige Nahrungsmittel konnte man mit
hinühernehmen, und wenn Felix diese ·
lleine Robinsonade aushalten wollte, l
so war Abrian erbötia, ihm sein Geld I
und die nöthigsten Sachen zu besorgen l
und ihm zu berichten, wie Conmoine l
seine Flucht aufgenommen l
Ale Adrian von dem häuschen der ·
Rettsingöftaticn sprach. rann Felir ein l
kalter Schauer Zur-h den Leib. Er
erinnerte sich plötzlich, dasi er von jeher l
ein seltsames, banaes Interesse an den-. i
einsamen Platz gefühlt Aber er war
mit Dank und Eifer bereit. dorthin zu
gehen. Da war Einsamkeit traurige,
öde, große Einsamkeit Nur erst aus
knhen können —- nur erst still den
en . . . »
So wanderten sie denn bald zusam- !
nien dahin. Die besorate Frage: !
»Ja-tust bu auch nebens« erwiderte!
Felix mit der heftiaen Versicherung,
da er teil-verkläreU
« · themzua ai ihm ein
Stich schme- ft durch vie u nnd
in tun-er ren, kürzeren Me
fus It . Aber es wäre ihm
- Wiesen« etwas hat-on zu
sage-. Seh-schien als ins-its- ct W
WI- isnerlkche Kraft den-ei en.
Das Donnerwort: »Sei-wüste ist
Schuld« hallte in seiner Seele nach.
Und überdies —- er fühlte es wie mit
prophetischer Gewißheit — wenn alle
Krankheiten über ihn fielen, sie wür
; den ihn doch nicht erschlaaen. Der Tod
» sloh ihn, weil er ihn einmal qeslovens
! Ein schneidender Ost hatte sich aus
» gemacht, der höhnische Bealeiter les
» winterlichen Sonnenscheins. Er blies
? ihnen in den Rücken, und Felix fühlte
: im Genick und im innerltenMart lseiner
Brust die schneidende Miit-.
Für Adrian war das ein gewohntes
Lüftchen, er dachte nicht. daß dieser
Wind jemandem, der noch nie den nor
dischen Winter kennen aeletnt, eisig er
scheinen könne.
Endlich waren sie am Strande, des
sen Sandsaum landwärts von einem
tliialichen Kiesernwäldchen cingesaszt
war. Der Ost trieb das Meer vom
Strande fort; weit draußen schäumte
es in weißen Köpfen aus araugriinen
Woan, in Landes-nahe suchte es ver
oeblich mit schwächlichen Wellen heran
zuhalten
Der viereckige Thurm aus Granit
klöcten und rauhem Mörtel stand lahl
und talt vor dem weiten Hintergrund.
Dürstia hockte am Fuß des That-mes,
zwischen Trümmerresten berausauckend
das kleine Häuschen »
Adrian schloß aus. Die Fischer
strandaufwärts in der neuen Ret
tunaS-Station hatten den zweiten
Schlüssel.
Es war Grabestälte in den-. Raum.
Adrian sand der Ordnung aemäsz Rei
ser aus den herd gehäuft. Ein Feuer
war schnell entzündet
Und unter all den Hantirungem die
er sitr den Freund aussülnte, ward
ihm allmählich wunderlich tu Muth.
Es schwand seine heimliche Ungeduld,
es sckwand sein Zorn. und es- verflo
gen seine richtenden Gedanken.
»Esisi nun mal so,« dachte er und
suchte sich der Rührung zu erwehren.
Wer kann sich anders- machen, ales er
von der Natur gebildet ist? Ich hätte
das nicht sagen sollen von der
Schwächen Und es maß doch auch eine
verflucht verwickelte Sache sein. wenn
man sich liebt unt doch nicht für ein
ander dank
Und vor seinem Geist taucht Dass
runde Gesicht Phöbes auf, und er san
die leicht wandelnde Gestalt im blauen .
Kleid und sah den rauben Zopf ’
Ihm wurden die Augen naß. s
Es war doch recht verschieden in der »
Welt: die einen konnten zusammen (
kommen und paßten nicht zusammen,
ind die anderen paßten zusammen ;
und konnten nicht zu einander kommen.
«Mehr tann ich nun nicht thun im s
Moment mein ichs· sagte er tndlichj
halb verleaen. »Was nur gut aut· das .
Feuer. Du wirst es schnell iamos «
warm haben. Und lea’ die Bettstiice ’u s
bischen in die Nähe des berdes. Jchs
dätte dich doch nicht berlassen sollen —— !
es ist alles in allem ein dürftigcz «
Lcch.«
»Für mich der rechte Platz -—- sur
einen Gestrandeten.«
»Nun, nun, vielleicht wird alles noch
aut,« murmelte Adrian me fiel mit
einem Mal ein daß er nicht ein Wort
des Trostes aesaat und wollte eH gut
machen. Nur ließ sich leider ioschnell
leines ersinnen
»Und laß dir die Zeit nicht lang
werden," saate er noch.
Dann drückte er ihm stumm die
band und ging. Sein Kopf zvar ihm
schwer. Bis jetzt hatte er gesunden,
daß das Leben eine ungeheure ltare
und einfache Sache sei, mit lauter ge
raden Wegen, die das äußere Schicksal
und die innere Stimme einem verzeich
neten.
Aber das schien nicht bei allen Men
schen der Fall zu fein. Und nun war
er sogar gezwungen, sich den Koos
über das Schicksal anderer Leute zu
zerbrechen
Ob er nachTrebbin hinüberriM Als
Wiss-endet ankommen hätte Felix Aus
cntbalt verrathen. Und zum heucheln
fühlte Adeian keinerlei Gaben in sich
So war ec am tliigsten wenn auch
am peiniaendstem zu warten, bis von
dort eine Kunde kam. «
Die Frauen wurden sich schon ritt
ren. Er tannte roch Phöbe! Der war
nrch teine Blumensaat verreanet und
nack- iein Rosenbusch verbliiht, ohne
das-, sie gelaufen lam, mit ihm die steu
igteit zu besprechen
Vielleicht saß sie schen vei ihm in
der Stube
Der Gedanke machte ihn schneller
ausschreiten. Aber sein han«- war still
und leer, und seine Wirthschasterin
sagte, es sei niemand dagewesen. Die
Blumen am Fenster standen noch im
Srnnenschein, und aus dem Bild des
leichtfertian Großvaters ruhte heiterer
Glanz.
Er schalt mit der Wirthschasterin
ais- irgend einem Grunde, ging in den
Stall Und war der grimmige Herr.
Der Stalljunae bekam jetzt ohne ernst
liche Veranlassung die Ohrfeige du er
schon dreimal verdient aehadt
Das Mittaaessen sand Adrian tier
derben, und obschon die Wirthschaitits
rin sich verschwar es sei nicht ange
brannt, behauptete er, es sei nick, zu?
essen.
Endlich —- es machte zwei Uhr sein
und Adrian saß nach immer vor sich
hinbriitend an seinem Tisch —- huschte
dran n am Fenster ein dunkles Etwas
vor . das die Pelzmllie aus Phöbes
Köpfchen sein konnte
; Gleich daraus erklang die hausihürs
aiaete, und dann kam Phöde herein,
gib m der Kälte, athernlos vam
use-.
»Ich Urian-« sagte sie. nich
Kreta-P
»Das ist denn das site ’n Jammer
tonl« fragte er rauh und hals ihr aus
der Jacke.
»Bei uns ist etwas Schreckliches pas
siitl Ich glaube. Conradine verliert
ten Verstand,« ries sie.
»Nur ruhig, Kind. Der verliert sich
nkcht so schnell.«
»Ja, aber Felix ist fortl« «
Adrian hatte Mühe, sein »Ich Mis
es« zu verschlucken. Er drängte Phöbe
förmich zur Sophaecke, wo sie sich hin
seken mußte.
»Das ist auch noch lein Grund,"
sagte er uhig
»Du regst dick- nie aus, es mag pas
siren, was will,« sprach Phöbe, zwi
schen Unwillen nnd Bewunderung
schwankend Auch sagte sie «du,« ohne
is zu bemerten.
’ Er lächelte ein trenig.
»Bei mir bleibt das da drinnen
sitzen,« erwiderte er nnd klopfte mit
der Faust aus seine Brust, »dasiir bin
ich ein Mann."
«Ja,« rief Phöbe mit eine-n tiesen
thheii.zug, so recht aus innersterlleber
zeugung, »das ist wahr.«
»Als-) was ist?«
»Gestern Abend,« begann Phöbe, in
ihre Erregung zurücksailend, Tatzen
wir noch so gemiithlich ucnden isch
Felix freilich schien ein bischen elend,
oter rvas er sonst hatte. Darum be
hielt Conradine ihn auch wahrscheinlich
noch da. Ich ging u Bett — um
lsalb els —- denle dir, drian, so lang-:
bin ich noch nie wach aesessen —- das
ist doch beinahe die halbe Nacht, nicht?
Aber ihr zuliebe muss ich wohl. Jm
Korridor tras ich nach Jaspersom Dcr
saß neben dem kleinen Tisch, auf dem
immer die Flnrlampe steht. Jason
ton sagte, ern-alle warten, bis lser
hcrr auch zu Bett gehe, er sei nicht
ruhig, wenn er nicht selbst alle Lam
pen ausgemacht habe. Na, und daan
- schlief ich ja sehr schön —- denl dir,
Adrian, mir träumte sogar noch ganz
was Merkmiirdiges: über Collasbor
czen lam eine roße Fluty, so daß man
nur noch Wo .er und Wasser sah, Und
dann slosz aus einmal das Meer Haku-,
und was glaubst du mahl: niemand
war ertrunlen, hier stand ein neues
Schloß und rinasurn woaten hohe
Rogaenseldee und . . ."
»Und das tönnen Sie mir ein ander
mal erzählen« mein Fraulein,' sagte
Adrian beinahe grob.
«heute morgen,« snbr Phöbe tin-as
lleinlant fort« »gan ich wie gewöhn
lich zum Thee in den aelben Satori.
Jaspeeson deckte den Tisch nnd war
so unfreundlich« daß im ihn staate, tb
ihm etwas fehle. Nein, sagte er.
Tann sraate ich« weil es doch schon
später als sonst war und Conradine
immer noch nicht lam« ob sie wohl
gis-ern nocli lange mit dem jungen
Herrn geplaudert habe. Jasperson
machte ein sit-redliches Gesicht und ant
wortete mir so grob, daß er was an
deres zu thun habe, als im Korridor
in- wachew bis es all:r Welt passe, zu
Bett zu geben« dasz ich mir vornahm,
mich über ihn bei Conradine zu be
schweren. Aber es lam nicht dazu.
Sie erschien! Ach Gott« Adrian« ich
tann acr nicht beschreiben« wie sie aus
sah. Bleich wie der Tod« und doch so
schön und so strahlend waren ihre
Augen. Und als sie mich sah, wurde
sie ganz roth — so neroög ist sie« daß
sie schon über mich erschrickt. Jason
son war vorher hinausgegangen
»Wir tranken unseren Stieg Ich
sraate Contadine dreimal was —- was,
kann ich nicht sagen, es handelte sich»
um eine Weihnachtsiiberraschuag ——I
aber sie antwortete gar nicht« so zer- l
streut war sie. Dann sagte sie n.it
einem Mal, Felix sollte gebeten wer-l
den« nachher mit ihr einen Spazier- T
aana zu machen. ch lies natürlich
selbst biniiber in’s , nspeltorbau5, wo.
ja noch immer dai Bureau ist. Felix «
trar nicht da. Jch sraate in den Stäl- .
len. Und da sagte hadersen« der iunae ;
Herr sei heute moraen so Gloel sechses
oder bald nachher iiber den has gegan- J
gen« zum Thor ’rauii« er hätte sich noch;
gewundert« ;
Phöbe stand auf. Die Todesangst, «
die sie heute morgen empfunden, war
in ver Erinnerung mächtig und leben- ;
rig. ;
Jiyre Stimme brach mehr als einmal
in Thränen.
«Mich übersiel gleich io einettlhnung
Ganz lalt wurde mir, Adriam ganz
talt. Jch lief zurück Und sagte es CIn
iadine. Die ward wie der Tad. Sie
muß es sogleich in derselbigen Selunde
gewußt haben: er ist fort. Sie siano
auf und ging hinaus. Jch hinterher
ich konnte nicht anders, estvzog mich.
Sie ging gar nicht wie ein enfch, der
lebt, wie ein Gespenst Adrian Mch
zitterte vor Angst. Wir tainen in seine
Stube. Da sah man gleich: im Bett
nor er nicht gewesen. Auf demSchreib
iisch lag ein Couvert. Conravine nahm
es und ris; es auf. Der Ring fiel her
aus, der alte mit dein grünen Stein.
Er rollte durch rie Stube hin, ums ich
lief ihm nach und mußte. dich unter s
cofa bit-ten, isni ihn zu holen. Dann
sah ich Cesnradine anr Schreibrisch
Einen Dili- von Stein, das
, -«- in ihrer Rechten,
« ·- die Lebne herabhing
. Tå ich bat, ich schrie -—- sie
Z s n nicht zuhören Jaspexson tat-»
tsenn die Thiir stand halb o en und
auch auf dein hof hatte Jaiverson
schon rnit mir zugleich nach Felix ge
fragt. So wußte er wohl, daß irgend
was vorging.
«J«Iptkfon!« schrie ich, »der junge
here ist fort. ' hätt« ich ei doch nicht
aesachi hätte ich pocht Denn Fast-er
sen stieß einenT an ans. drinn,
gan gewissi toie ein Thier, wie ein
hier Aber, verzeih niii’s
Gott« es war doch beinahe was dabei
von Freude oder Triumph —- ich er
schrai vorJaspersom Aber dann sragte
er gan ruhig, als spräche er von was
Etextes-i icherm »Sie-M Ode; was
on « ,
»Da fuhtConradine auf-Ein schreck
liekeo Leben kam iiber sie. »Sie durch
wüblte alles: Felix Schreibtisch, sei
nen Schrank, seine Bücherborde.
«Es war alles da, sein Port-Imm
naie, sein Geld, seine Sachen, fogar
Ubr und Kette und auch ein Neuotver
von feinem Vater her·
tFortseHung folgt.)
-s-———
Tolstoi-Jänner tu England.
Die »Duchoborzen« geben der ru -
fischen Regierung vielåu schaffen U
ist bekannt, daß die italieder dieser
Seite die von Tolstoi gepredigten Leb
ren praktisch ausüben, und sich nor
Allem energisch weigern, Kriegsdienst
zu thun. Der berühmteste der »Durcha
borzen« Tfcherttow ist in Europa durch
seine cifrige Propaganda seltr delannc
geworden. Lange duldete die Regie
rungfeine Anwesenheit in Nußland.z
Schließlich verlor sie aber die Geduld. i
Eines schönen Tages ließ die rusische s
Polizei Tschertlow holen und ellte ;
ihm die Wahl zwischen Relegation nach l
einer baltischen Probinzstadt und Ver- ;
bannung für das ganze Leben. THIka «
ikw zog das Letztere vor und beaab J
sich nach England; in der Nähe der»
Ortschaft Purleiglz in Essex kaufte ers
ein bescheidener- Bauerngiitchem wo er l
ein einfaches Leben führte unter streng-— j
ster Befolaung der Tolstoi’schen Leb: »
ren. Tscherttow glaubte dadurch auss
Purleiah den Kern einer Tolstoi’schen i
Colrnie machen zu können. Sein s
Traum ist jetzt der Verwirklichung -
nahe. Mehrere russische »Duchobor- s
sei-", darunter sedr einflußreiche, ha
ben seinem Aufruf Folge aeleistet. Die (
Eolonie Von Purleigb zählt heute etwa i
zwanzia Mitglieder und toll demnächst
nrcd bedeutenden Zuwachs erhalten. ;
Die russische Regierung hat beschlossen,
die Auswanderung der »Duchoborzen« -
nach Englgnd in jeder Weise zu be
aiinstiaen, so das-, Esset in ganz lurker
Zeit eine aanze russjjche Bevölterung
zählen dürfte·
Diese Ereignisse haben natürlich die
Aufmerksamkeit der Englander erregt,
nnd ein Berichterstatter einer großen
Londoner Zeitung hielt es für seine
Pflicht, die Colorne von Purleigb zu
besuchen. Er bat von seiner Erbebt
tion einen sebr interessanten Artikel
iiber diese derwirllichte »Utovie« nach
Hause gebracht. Der Schatten des
Patriarchen Tschertkow, sein «alter
eao«, ist Birintow, ein ehemaliger Ma
rineossizier. der dereinst für das Wai
srnbandwert schwürrnte. Als einfacher »
Landbesiizer weilt in der Ducheborzen- «
Colonie der Fikrst Hilkom Er lebt mit »
seiner Frau. einein Sohne und einer
jun-sen Tochter in Purleigb. Die Glan
bcnslebren der Duchoborzen nalnn er
an, nachdem er eines Tages einen «
; Gegner im Duell getödtet hatte. Von ·
Gewissensbissen gepeinigt und wegen
seines Mord-es von Ekel erfaßt, verlies-,
der Fürst sofort die Armee, vertanste ;
seine Güter und schenkte den Erlös ten i
Armen. Dann liesz er sich mit seiner ·
Familie im Kaukasus nieder· Als j
Tschertkoro seinen Ausruf erließ, ging !
der Fürst nach Purleigb, rvo er, wie er ·
selbst sagt, sebr glücklich und zufrieden
lebt. Der Berichteritattesr unterhielt «
sich dann rnit dem Theoretiker der Eos (
·lonie. Der Weise stand in seinem
. die Fragen seines Besuchers zu beant
Garten, wo er rnit seiner harte den 4
Boden lockertr. Er roar gern bereit,«
warten, und es entspaan sich folgendes
Gespriitlst Mach welchen Grundsätzen i
wurde ie Colonie gegründet?« —- 1
»Ganz einfach, nach dein Hauptgrund- j
sahe Tolstois, das-. die Anwendung l
von Gewalt unrndralisch ist.'· Die Re- ;
cierunaen aber sind nur auf Gewalt
gegründet Deshalb weisen wir Alles
zurüetx wir wollen weder Soldaten,
noch Bearnte.« ----- »Sie haben doch,
wie ich annehme, in Jbrer Colonie
Wasserleitungen angeleat. Diese An
lage muß in gutem Zustande lein.
mu darüber wachen-, daß sie nicht
seba hast wird. Sie werden doch also
wohl watterdautundige Aufseher er-1
nennen mässen?« ,.Nein«, erwiderte
der Weise mit einem mitleidigen Lö
cheln. .eine Wahl würde eine Majori
tät zur Grundlage haben, d. h. eine !
Gewalt, und das wollen wir even nicht s
» haben. Bei uns wird alles nach ge- s
nieinsamer Erwägung gethan, und wir j
find set-i zuletzt immer einer Meinung
Wir handeln nur einstimmig«.
»Würden Sie Steuern bezahlen, wenn
die Reaieruna Sie dazu ausiorderte?«
---— »Ich persönlich wurde wahrschein
lich die Zahlung verweigern, und wenn
man mein Eigenthum vsiindet. wiirde
ich die Beamten ruhig gewähren tas:
sen.« Der Journalist lonnte sich von
den bescheidenen Duchoborzen iaum
trennen: bei jedem Schritte bot sich Its-n
neuer Stoff zur Deo-achtung. Er sank-,
daß die braven Leute geistige Getränke
und Fleisch geradezu verabscheuen und
dasr leiner von diesen freiwilligen Ro
binsons Schubrver tragt. Einige Leute
yogen auch während der Nacht ihre
Kleider nicht aus und schliefen aus
teuchocem Grase, als wenn sie sich im
sonniren Süden und nicht in der rau
ben Lust EnglanLksänden
Iesscheeiuessschvisedet
Die ·Feiedhos - Versicherung« macht
neuerdings wieder mehr von sich reden.
nnd der staatliche VersicherungisCow
missiir von Michigan widmet ihr in
seinem jüngsten Jahresbericht ein be
sonderes Kapitel. Darnach wird diese
Art Lebensversicherung in Michigan
hauptsächlich von e ner besonderen
Klasse von sogenannten Versicherungs
Gesellschaften betrieben, die in Michi
gan nicht staatlich anerkannt werden
aber von . ndtana (ioo sie gelitten
sind) aus schiiste in den Nachbar-;
stanten nia n. Das Merkwürdige bei
dieseillrt eisichernng ist, daß die
Versicherten selten irgend etwas davon
wissen. Sie werden nicht untersucht,
und die Benesicianten, die Personen,
trelchen die Versicherten Hsummen nach
ihrem Tode zusallen so en, sind ihnen
nnbetanntz natürlich können sie auch
die Personen, welche die Prämien zah
len, nicht kennen, da sie eben nicht wis
sen, daß sie versichert sind, und im All
gemeinen sind die Prämienzahler selbst «
die »Benesicianten« und ost mich Mit
wisser und Mitarbeiter des Schwin
dels.
Eine Schwindlerbande. die inFried
: Eins-Versicherung macht, ist zu dem Na
men »Versicherungsgesellsch0l1« ACWU
so berechtigt, wie der Qnacksalber, der
von Medicin keine Ahnung bat. zu dem
Titel »Doctor". Sie legen ihrer sau
beren ·Geschästsverbindiing jenen tra
Mcn einfach zu, um mit seiner Hilfe
Leichtgläubige zu bethören. Der Name
kasickjemngsgrsellschast ist, wie so oft
ter· Titel »Dr.« und »Prosrssot«- Vke
Leimriithe, mit der die Gimvel gefall
aen werden, denn diejenigen, welche
eine Police von solchen VersichtkUMS
Lrsellschasten lösen, sind in den meisten
Hallen doch nur Betrogene, ost aller
»ingg betrogene »would-be« - Betriis
ger. Letzteres dann, wenn sie irgend
cincn alten Ontel oder Betannten ver
sichern und meinen, die »Versicherisngs:
gesellschaft« ohne nicht, ioie hinfällig
und seinem Tode nahe der Mann ist.
. Thatsachlich tiimniert das die »Er
tellschast« gar nichts, denn sie bat nicht
die geringste Absicht, die Versicherungs
iiimme auszuzahlen nach dem Tode dez
Versicherten, ihre ganze Sorge ist
nsoglichsi bohe nnd viele Prämienzabs
lunoen zu erlangen. Dos- aanze Ge
schast wird in der Regel vor dem alten
Mann, der versichert worden ist, ce
heim gehalten, und er bat teine Ab
niing, das-. Jenignd sehnlichst aus sei
nen Tod wartet --— allerdings nur um
dann bitter enttiiuscht zu werden nnd
zu finden, daß er Schwindlern in die
l
Hände gefallen ist. Mitunter sit-eh
l;b«rt solch« ein Versicherter von dem sei
ren Schwindel, der mit seiner Person
aetrieben wird, und es laßt sich leicht
begreifen, daß derartige Kenntniss aui
den betreffenden Alten oder Kranken
nicht gerade vortheilbast wirkt.
So erzählt der oben erwähnte Ver
sccherisnas - Crmmissär, daß er von
einer alten Dame hörte, die sich über
das ihr zu Obren aetrmmene Gerücht
ein Fremder habe ihr Leben »Der
sichert« und warte nun sehnlichit auf
ihren Tod« derart attiregte und drun
ruhiate, daß sie trank wurde und in
der That sich ihrer Auslösung schnell
ni«l)erte. Der Commissär forschte nach
und fand, daß thatsächlich eine Polire
auf das Leben der alten Dame aus-ge
stellt war. und zwar von einer India
I:a’er Gesellschaft, die sich verdilichtete,
nach ihrem Alsleben einen Betrag »von
nicht mehr als tausend Dollar5« zu
zahlen. Die Vetsicherunasturnrne sollte
ausbezahlt werden an einen Mann, den
die Dame aar nicht kannte, sie hat-te
sich niemals werten Letwnoversicherung
untersuchen lassen und hatte überhaupt
ron der aanzen Sache leine Ahnung,
bis ihr ein Gerücht davon zugetragen
wurde·
Auf diese Weise sollen in Michigan
Tausende von Personen versichert wor
den sein, und der mehrerwiibnte
Staatsbeamte erklärt, Hunderte, wenn
nicht Tausende in Michiaan hätten auf
ihre Farrnen in Michigan und sonsti
aen Besite Hypotheken ausgenommen,
urn das Leben alter Leute zu versicheru,
und in dieser samosen Lebensversiche
runas - Speculation Alles zu verlie
ren. denn es ist unnöthia, zu sagen,
dasz taum Einer aus hundert aus tol
chen Geldanlaaen etwas herausbe:
ten-int.
Die »Wucher« des Schwindel-Z die
Leute, welche die «Lebensversi»cherungs
Gesellschaften bilden, machen dabei in
kurzer Zeit reiche Ernte, denn sie lassen
sich natürlich hohe Prämien zahlen;
nack- ein paar Jahren aeschöstliwen Be
triebs macht die Gesellschaft Bankerott
und ihre Kunden haben natürlich das
Nachsehen. (Ehie. AdendpostJ
Rededlütlirii aus deni
G e r i cht s l a a l. »Meine herren!
Das Schifflein des Anaeklagten be
icnd sich auf einer schiefen Ebene·
liiirzte ir. den Abarund s— und da saß
der Anaeklaqte auf dem Troek'nen.«
,. . . . Nebinen Sie an. meine herren«
daß die Angeklagte das Verbrechen nur
T begehen wollte, daß sie aber diesenVoc
las bereute. Denken Sie an das lchö
ne Sprichwort: Da werten Weiber zu
Hnänem denken Sie daran und fragten
Sie sich, ob nicht auch umaekekirt eine
Hyiiiie wieder ein Weib werden
kann? . . ·«
»Der Herr Staatsanwalt tanit
aleich einer Libelle auf dein schwanken
ten Rohr der Jiiaendiiinden meines
Klienten.« —- ·
Jn einer Gerichtsverbandlung bean
tragte der Staatsanwalt Strafe iük
den Anaeklagten, der einen Nack, eine
Wette und eine Hofe aeltohlen haben
koll. Die Verhandkiiiia acht hin und
hu »s- ej find vielerlei Beweise da. nur
kilr deii Diebstahl der Bose tein übe-.
zeugendein Der»Skaakianii-alt erhebt
sich: »Den- Piasidrnt, ich lasse tie
hole lallen.«
·- i
Die wahre Liebe. Feldwebel iiin Ge
meinen: »Wer war das Mii n. das
Sie eben aekiißt haben?« —- Sakdats
,.Meine Geliebte. Den Feldivebel!« —
Feldivebell «Unltiin —- Geliekikek —- —
Uks Soldat lieben Sie zunächst sIhre
Vor-geleiten —- — und das genligt.«