Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 23, 1898, Sonntags-Blatt., Image 13

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Er kannte sie doch, Eise sprach ian
enug von sich selbst. - rauen wie sie
rtragen es nicht, einen Abgott stiirzirn
u sehen. Jn der Scham, sich· get-ruscht
u haben, verachten ste, was sie vom-m
liebt
» Lieber sterben als von idr des-»Hei
i erden! Wie sie ihn dann entkleiden
würde all des Glange5, den sie man
«I ihn gethan Ihr Hochmutd wurde
machen und sich daran erinnern, dass,
ie ihn aug dem niedrigsten Elend zugi,
asz er sein neues Dasein damit an
sing, nicht riel melir zu. sein als ihr
Bedienten daß sie ihn zu sich empor
gehoben hatte, wie eine Herrscherin ei
nen Günstlina.
Er athmete schwer. Seine Stirn
war feucht, seine Farbe fahl
Als Felix tief aufjcufzte, blickten
Cofnradmc und Phöbes erschreai zu ihm
ou .
»Bist du lranki« rief Conradine und
warf ihren Bleiftiit hin, »du bist lei
nblaß!«
Ihre Auaen wurden groß und voll
Angst fah sie eindringlich Felix an, sich
» zu iknn beugend. Auch Phöbe, vie
Hände aus der Tischplatte faltend,
blickte betroffen hinüber.
»Es ist nichts« saqte er, mit dem Be
mühen zu lächeln. »Ich werde zu schnell
und zu vielgraucbt haben; mir kommt
es ost vor, als sollte icb das Raucben
- lieber lassen.«
»Deine Zikarette ist schon längst
ausaeaanaen," sprach lsonradinc,
»das ist es nicht. Du hast sicher wieder
rabenschwarzen Gedanlen nachqeson
nen.« ·
Sie suchte ihm in die Lluaen zu le
ben. er wich izxrem Blick aus. lkhöbe
stand auf und ging nebenan in Conta
dineng Schlafkammer-, von wo sie ein
Glas Wasser holte. »Da.« sagte sie
Und stellte das Glas mit einem kleinen
Tromle vor Felix hin, »das haben Sie
manchmal nötbia.«
f
»Klinqle lieber nach Wein,« bot
Conradinr.
»Ich will euch helfen,« sagte Felix,
mit äußerster Anstrengung den Harm
losen spielend, während str zuM
Conradinen’a Hand unter den Tisch
drückte. wie um ihr zu sagen: beachte
meine Blässe nicht.
»Na sa,« meinte Phöbe, die neben der
, Thür stand und unaufhörlich auf den
« Knopf der elektrischen Leitung drückte,
so daß man ein ängstliches, zitterndez
Gebimmel durchs ggnie ahus ver
nahm, »das wäre gleich gescheiter ge
wesen. Jch glaube, die Kleintinder
schule, die wir da gezeichnet haben, tann
kein Mensch bauen. Ofen und Thüren
und all so was haben wir nicht vorge
sehen. Und dann finde ich auch, dasi
Sie sich fiir Weibnacht nüjjich machen
!önnten. Schreiben Sie mal aus« was
alles an Zweibeiniaen aus Trebbiner
Grund und Boden umherläuit. ind
bitte. obenan meine Weniateit, nnt u
nen großen Platz Fiir eine Menae Wün
sche. Und macixn Sie Conradine mal
tlar, daß es angebracht wäre, Llarian
einen Diplomatenschreihtifch zu schm
len, so arosz und so schön ivie möglich
Sie meint. er nähme es übel, es wier
Fu viel. Aber ich finde, wenn Sie beide
zusammen ihm den Tisch schenkten —- -
bitt-:, Jus-person, bringen Sie Wein.
Portwein oder dergleichen, aber ichncll,
uns ist nicht aanz wohl - ja, wovon
sprach ich doch?« fragte »sie· als Jus
person die Thüre wieder t. lot-. v
»Von Adrian,« sagte Felin »Als-g
her niit Bleistift und Padier.«
Conradine sah wohl, wie er sich
tmana. Sie ahnte, dasz er litt, an felizi:
lzeraufbeschworenen Leiden. wie io·-s7t.
Da fand dann auch sie es am beiden,
die Miene der Soraloiigteit anzuneh
men und ihn mit in ihre Beschäftigung
zu ziehen.
Als Jagverson ten Wein brachte
sub er ein scheinbar lachendeg Bild von
Brimqen
Aus den Tisch siel das Licht der
hoben Säulenlanwe, die aus seiner
Mitte stand. Um das mit Papieren.
Broschüren und Weibnachtslataloaen
z bedeckte Rund der Platte saßen die drei
mit eiseia qeneiqten Köpfen.
Der ganze Raum mit seinen gelben
nnd weißen Farben tvar von einer
sanften Delligteit eriiillt, in welcher hie
nnd da eine Vergolbunn an einer-i
Stuhl oder eine sich ausbauschende
Falte der Seidenvorhanae aussehn-I
merte. Dunlel aäbnte vie halbe Lesi
nuna der Schlafstubentliür, die Pboebe
zu schließen vergessen·
Ein seiner Duft von Ciqarretten
muri-, Parsüm und Blumen schwebte
isn Gemach. Der große Strauß ne«b
brauner Chrysanthemums, ver aus ver
I.s-ii-.la(tirten Kommode vor dem Spie
ael staat-, bauchte einen berben Atizezn
mis, einen Geruch, der an Mastix nnd
Lvium cemahntr.
Pboebe schenkte ein und sie tranke-:
eilte-drei von·bem Wein, der leuchtend
Und schwersliissia in ben Gläsern stand.
Dann sahen ble beiden Frauen u,
was Felix zurecht zeichnete, und eine
Weile hörte man nue das Ticken der
ilbr von ver Kommobe her. Aber Con
tabine beobachtete verstohlen bac Ge
sicht des aeliebten Mannes. Ei hatte
wieder-, vielleicht nur bant been senkt
gen Wein, Farbe und Wärme be
kommen. «
Phoebe guckte immer aus Feli:·’»
wand »Ihr alter »riiner Ring ist
l
»
eiaentlich wunderhiibs ,« sagte sie. lfir !
hat entschieden was Feudales.«
»Und was hängt alles daran an r r- s
innerungen,« sprach er und hielt seine «
Jeichnung priiiend unter die Lamm s
»Er,iählen!« bat Phoebe. H
,.Nein,« sagte Felix mit einem Lit- I
c1,iln, dessen Schmerzlichkeit er selbst l
nicht ahnte, »das erzählt sich nicht.«
»Wenn ich Conradine wäre, betto:.tc
ich Jhnen den Ring ab." I
»Du bist eine habgierige lleine Per- (
son,« sagte Conradine und gab ihr ei- ;
nen kleinen liebevollen Klapg aus die j
i Hand, »ich brauche nicht zu betteln. ich »
sbetotnme den Ring schon eines To !
ceg . . l
i Sie stockte. »
»Wann?« fragte Phoebe neugierig.
Sie sah Felix an, ihre Blicke begeg- l
neten sich. Sie schloß die Augen. «
»Wenn ——-- wir —ss vermählt sind,«
brachte sie stockend heraus.
»Ach, das finde ich reizend, ach, das
sinde ich poetisch, er schenkt dir seinen
alten Ring und alle Erinnerungen sei
ne: Lebens mit ihm am Tage nach der
Hochzeit,« ries Phöbe,die mit ihrem nn
geheuchelten Interesse an allem, was
mit Verloben und Heirathen zusam
menhing, das Brautpaa:. neben rein
sie lebte, sozusagen als Studiinr be
nutxtr.
Ccnradine und Felix waren aber
isatiirlich weniger unbefanien und »Je
niger bereit, dergleichen Gespräche lang
aiiszuspinnen
Was gesund war in ihrem Verhält
niß, war ibisen zu teusch, un: is selbst
mit diesem tauteren Kinde zu bespre
chen; was ihnen beängstiaend schien in
ihrer neuen Zusammenaehiirigleit, ioar
Zu zart, um eine Beleuchtung vertragen
zu können.
Sie sinan wieder mit ihner Neiner
l und Schreibereien an.
Jch kann ihm nicht aatc Jtacht sa
aer«, ehe ich ihn beruhiat habe und bei
ter weiß, dachte Conradine aequalt und
siiblte doch, satt sie Phöb: nicht gut
treaschicken tönne.
C- ist eine tsnsinniae Gewohnheit,
dachte sie weiter, daß man tlvei Iden
icyen, die sich siir das ganze Leben ver
binden wollen, so wenia allein l"ii«:.
Der bloszen Schicllichkeit rulicbe wird
die Gelegenheit abgeschnitten die wich
. tiasten, die entscheidendsten Dinac nn
;,estd«rt und gründlich zu besprechen -
Das ist ia beinahe verrückt. LFZ handelt
t«irti’dock um das Verstebers Zweier Sec
len.
Es schan hat-) elf.
Phöbe fuhr aus.
»Ich musz zu Nett. Hör’ mal, rj»—..1
radine, bei Großinama nickt-« ict«, schon
immer utn halb zehn spätestens- in die »
Federn. Ja du, du schläist lang-. Aber
Herr Felix nnd ich müssen isiib "ran5. «
Dars ich Z« «
»Gewiß darsst du,« san-e Coxiraoine
mit bedeckter Stimme, »aber mit Felix :
bab’ ich noch zu reden. Irr bleibt Nil-,
bier.«
Felix erschrak. Das hatte iie noch
nie gethan. Hatte sie beariiien das in
ihm Sckmerstliches vorainat Verstand
sie mit ienetn iibersinnlichen Sinn der
liebenden Frau, daß sein-: Seele aus
der Flucht tvar vor ihr, und wollte sie
sie nun beruhigt und liebevoll zu sich
zurückführen?
Wie sollte er ihr von dem sprechrn,
was er gedacht und ertanntk Hieß cag
nicht, ihr mit nackten Worten sagen:
Du liebst nicht mich. du liebst in mir
nur ein Phantom, ich bin weniger als
du t-:ntit.«
,,So’n Brantpaar nat H wohl nie
genug voneinander,« meinte Phöbe,
: »dann also gute Nacht. ou.«
»Sie neiate sich tu Conradine nnd
tnßte Ihr beide Wanaen Felix yltwas-«
sorsnlos zunickend, gina sie dann rnr -
Thür, in den Händen ihren Arbeits—
korb und lose Papierr. Felix .t ußte sie
hinauslassen, da ikre Bemühungen, mit
dem Ellboaen den Klooier niedermdrii
cken, vergeblich waren·
Als die Thiir sich hinter Itihöbe ge
schlossen hatte, blieb Felix stehen, too er
stand. Die schlanke weihe Tbiirsiillnng
gab seiner dunklen Gestalt einen fett
samen Hintergrund.
Conradine schob den Tisch toeit von
sicks und erlzob sich von ihrem Soia
plan.
Dies schweigende Warten in Fetir’
Haltung erregte sie es erschien ihr
drohend oder dcch unheilvertiindend.
Sie schritt aus ihn zu nnd legte beide
Hände auf seine Schultern, während er
noch immer mit dem Riixken gegen die
weiße Thiir lehnte.
»Lieber,«' sagte sie innia, »ich Izsitl
via-c nichts von all den schwarzen, bösen
Gedanken wissen, die dir da vorhin
durch den Kopf gekrochen sind. Jm
Irill dich nur noch bitten: Lerne occit
endlich freudig in’s Leben blien, mir
,·:uliehel«
Er trat einen Schritt vor und legte
ten Arm um ihre Taille. So führte
er sie wieder mehr in den Umkreis des
Lichtes.
Vor ihrem ersten Wort, vor ihrem
liebevollen Blick und Ton verschwanden
alle seine Zögern-kam Es war etwas
in ihm, das ihn zu reden zwang. Und
wenn es sein Untergang war! E:
mußte!
Seinen Blick bohrend aus ihr Ge
sicht heftend, sprach er: »Wie soll ich
sreudig in das Leben blicken, wenn ich
sehe, daß die ganze Zukunft aus einem
Jrrthum, auf einem Wahn ausgebaut
trerden soll!«
,,Felir!" rief sie warnend.
»Ich muß es dir sagen, was ich in
diesen Wochen erkannt habe. Tag um
Tag blitzte es aus, bald fiel dort ein
Streislicht hin, bald da, bis alles hell,
grausam hell und nicht mehr zu vers -
kennen war.«
Sie hing mit angstvollem Gesicht an
seinen Zügen, die ganz verzerrt waren.
Ihr Herz regtiss, daß sein Dämon
ihn trieb, wieder zu sprechen, was man
in der Liebe nicht spricht - Grausam
teiten, Zweifel, Entbiillungen
,,Felir!« ries sie, »ich liebe dich du
liebst mich, an dieser Ertenntnisz wol
len wir’s uns genügen lassen! Man se
irt nur Leichen. Unsere Liebe lebt!«
Und sie dachte, was ihr Mund nich:
aussprechen tonnteJ »Wenn wir uns
erst ganz gehören, wird er Frieden und
Sicherheit in der Liebe finden.«
Sie wußte, was der völlige Besitz
alles wandeln, aber auch alles sesiigen
tann.
Bittend hob sie die gesalteten Hände
zu ihni empor, uin ihn am Weitersbre
then zu hindern.
Er hatte ihre Worte gar nicht gehört.
Er dachte seine Gedanken weiter
»Ich habe begriffen,« sagte er fast
tonlos, »daß du nach einem Herrn lech
Iest und doch das Beherrschtwerden
ruht erträgst. Das ist der tragische T
ilntergrund deines Wesens. Aber du
könntest trotzdem glücklich werden«
selbst iru Kampf, wenn du wüßtest, dass
der Mann. der dich beherrschen will,
rer wirklich Starke ist. Von deu: du
träumst. Da würde dir das Aufbau
men ein Genuß, das zähnetnirschende
Nachaeben doch beiinliche Wonne sein.
Der Mann bin ich nicht«
«Er sant auf das Sosa nieder, und -
die Faust auf das Sitzpolster web-u sich «
sternmend, starrte er zu Boden.
(sonradine stand einige Minuten
lang ganz still. Eine große Vertrirs -
rung war über sie getommen. Er hatte T
diese Worte gesprochen, wohlgeordnet
aeläusig, wie jemand etwas vorbringt. I
das er hundertmal gedacht hat. Sie’
aber hatte sie gehört, mit ängstlich
l
horchendem Ohr zwar, aber doch nur H
gehört
Nun miihte sie sich. zu begreifen, zu
ersassen,·was alles in ihnen gesagt«
war.
Sie wollte beherrscht sein? Wahr
und gewißlich Freudig beiahte ihr-r
Seele das. Sie ertrug aber teinen
fremden Willen iiber sich! Sie wußte
es nicht. Ihre Gedanken irrten hin
und her, in der Vergangenheit sor
tchend, unt sich selbst etwas beweisen zu
können.
Vielleicht hatte er recht? Doch nem,
» tleine selbständige Lebensgewohnheiten
" tönnen nicht als Beweise anaefiihrt
ircrden, wenn es sich um innerstelscns
heiten handelt.
l
Sie fand keine Klarheit iilser sich.
Sie sah sich wieder ini Wagen, neben
Felix-, fühlte wieder jene wonnevolle
Tiernuth und Dantbarteit siir das Ge
schent seiner Liebe war sie da nicht
das Weib gewesen, W sieh srendia in «
deS Mannes Schutz nnd Schiriti Je
qiebt - also ein Weid, das sich istirren
Herrn erkoren hat?
Bebte ihr setz nicht in Sorqc und
Anast, wenn ie ihn traurig-Last Be
trachte sie nicht ihr Lächeln und itsre
Worte, um ihni niemals .oeh zu thun?
Riiumte sie ihm nicht alles rusJ dein T
Wen, wag ihn verstiminen konnte
wirklich mit einer l,ei««:lichen kleinen —
Furcht itn Herzen, das-, er sich iiraein
konne oder von den Menschen Lner nrxlit
aenug respektiert weroef War mis-i
nicht alles- liebende Dernuch
Wie ein dammerndez tirtennen itisa
es nun in Conradine anf, das; ei aut
etwag anderes sein tLinnie als Ton-tun
nur Liebe allein und vielleicht mit T
Mitleid vermenat.
Als-er doch: fühlte iie sich niin der
wandelt, seit sie ihn lichtet War nixnt j
etwas in ihr Wesen qetominea irr-z
war wie die Mädchenhaftigkeei non
ihrer ersten Ehe, das war nne ois
kindlichc Freudigkeit sue ihren Xu
aendtaaen7
Waren nicht alle ihre Gedanken von
ihrer eiaenen Persönlichteit abne
tranth Erschien sie nicht selbst unwich
tia und sah sie nicht in dein Geliebten
den wichtigsten aller Mensch-en aus« der
ganzen Welt?
Und war ihr dies Gesiihl nicht ein
wonnevolleg?i Wie konnte er sicher-» es
sei der traqische Unterarund ihre-z
Wesens, daß sie es nicht dulde, ne
herrscht zu werden?
Oder hatetn alle diese Gefühle, tun
denen sie sich so freudig traqcn liess,
einen anderen Unkerarirnd?
Wurf-sen sie etwa nur aus dein Bd
den der Leidenschrst die das Weib runi
Manne zog? Waren sie von den Zin
nen geboer und würden vergehen mit
ihrer Beseiediaunat
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Ihr Herz klopfte, ihr Athem ging l
schwer Ihr war es, als entgleite ihr
eiwag und alH müsse sie es halte-: um
jeden Preis-.
Sie schlos-. die Auaea isin Bild -:nt
siand oor chr, das sie nicht heranfve
mäsvorem das sie nicht sehen wollte in
diesem füraitekltcheWenIslick
Dass Bild ihres Gatten!
Ihre aanze Ehe zoaan ihr vorüber.
Ihre Gedanken durchflogen mit Se
eundenfchnelle die fünf Jahre. Sie be
striss plöhlich daß ihr Glück damals
genau so geweer war, wie Felix saqte,
daß ein Glück fiir sie aussehenaiüsse: .
N
es war ein Kampf gewesen mit einem
Starken, und das Ausbiiumen war
ein Genuß, das zähneknirschende Nach
g-:ben heimliche Wonne gewesen·
Aber zugleich blitzte ein Gedanke
durch ihr Hirn ——--- sie hielt ihn klam
snernd fest — er sollte ihr nicht entflie
lten er gab Hoffnung, Leben.
Mußte nicht eine neue Liebe auch
eine anders geartete Liebe sein? Die
andern Eignschaften des Geliebten er
wecken andere Empfindungen, rufen
andere Kräfte wach.
»Felix!« schrie sie·
Es klang nicht wie ein Name, es
klang wie ein Laut der Leidenschaft.
Sie kniete neben ihm am Boden, wie
er damals vor ihr gekniet, als- cr ihr
von seiner Eisersurht sprach. Und sie
hing sich an ihn, mit tastenden Hän
den, an seine Arme, un seine Brust
greifend.
Sie sprach zu ihm. Unaushaltsam
flossen die Worte ron ihren Lippen
aus dem llntergrund ihrer Seele kam
alles herauf, was darin bis jetzt halb
bewußt nur geschlummert hatte an
Leiden und Leidenschaft, an Erkennen
und Wahn.
Sie wollte ihm sagen, daß seine an
dere Art aus ihr auch ein neues, an
deres Weib mache, und sie verrieth,
das; lhr Glaub-: zusminpengestiirzi
war.
Sie wollte ihm sagen, daß sie seine
Art liebe, anbete, verstehe, ertrage, und
sie malte ein Götterbild hin, nicht den
Mann der Wirklichkeit
Sie wollte ihm sagen, daß sie sich in
ihrer Zukunft leine Arbeit, keine
Pflicht, keine Befriedigung denken
lönne, ohne ihn als Genossen an der
Seite, und sie verrieth, daß sie sterben
wiirde, wenn fi-: den Geliebten der
licren solle.
12.
Es schlug sechs Uhr.
Felix, der seit ein paar Stunden re
gungslos in seinem Stuhl vor dem
Schreihtisch gesessen hatte, schral iu
summen Dem Schlage der Uhr folgte
ein harter, heulender Ton, der draußen
die Luft langgezogen durchschalli-:.
Das-E Zeichen, das sur die Leute der
Tag begann.
Felix empfand plötzlich, daß ihm
sehr sror. Er stand auf und trat an’5
Fenster.
Jm Glase spiegelte sieh die gelbe
Flamme der Lampe grell und blank
und verhinderte den Blick, in die Nacht
hinaus zu dringen.
Das Licht brannte schon trübe und
der Docht, der wie eine Schlange sich
im leeren Bassin wand, sog schon die
letzten Tropfen Petroleum aus.
Es war sehr kalt im Zimmer.
Felix legte die Stirn gegen die
Scheibe; diese berührte ihn wie Eis.
Aber er drängte den Kopf nur fester
gegen das talte Glas. Dar- that dem
siesherheiszen Hirn wohl.
Die dunkle Morgenstille ward zum j
zweitenmal unterbrochen. Ein Hunde
gebell erscholl und das Rasseln ein-er ei
sernen Rette
Felix trat vom Fenster zurück mit
einer schweren, iniiden Bewegung
Der Tag begann also, der Tag, der
ihn hier nicht mehr sehen durfte
Er setzte sich wieder an den Sehr-sb
tisch und nahm die Feder-. Der Brief«
den seine Gedanken zwanzig Mal ver
faßt in den letzten Stunden, und vor
dein sie so oft zurückbebten, mußte ann
c.eschrieben werden«
Die Feder ging iiber das Papier,
mir von einethlutomaten in Veto-kaum
gesetzt:
»Gelici)te!
Daß iet) eL nicht bin der reif nnd
skart und gross genug ist, Dir wahrhaft
mliict ,.u geben, tialsen wir ieide ei
t-"-r.nt.
Ich kann Dir nicht menr .'«--:ges·.n«.en,
weil icti in Demem TIlnge das Eittsetzssn
nicht lesen mag, das-. Du nun unanf
löslich an mich gebunden bist.
Du bist es nicht’
Das einzige wag ich tin-n tann, um
Dir »in beweisen, dif; Dn Dein-: Ziel-e
leinem ganz Werthlosen schenlissit ist,
Tot-. ich Dir sage: Du bist frei, Jan:
irei.
Ich aber sliette vor dem Leben in die
Einsamkeit
Terex.«
irr zog den Ring vom Finger. Der
griine Stein blitzte aus.
lsr schlos; ihn mit dem Vrizf in einen
Umschlag.
Die Lampe zeigte hinter jin-tm Wiese
nur noch einen kleinen triilirotlirn
Flammentreisx Ein grauer, iibelrie
chender Dunst zog im Glas empor nnd
sing an, es zu schwärzen
Felix naan Hut und Mantel und
ging hinaus.
Auf denTeppichen, die Corridor und
Treppe deckten, tlang sein Sc,ritt nnt
dumpf wieder. Er fand sich in der
völligen Finsternisz miilielos zutechz
risit der Sicherheit eines Blinden.
Unten in der Halle stieß er schrum
tmst gegen einen der eichenen. scharf
tnntigen Tische. Sie mußten von ikk
rer gewohnten Stelle qeriictt lein. So
kostete es Suchen nnd Taften bis er
Lag große Portal fand.
Der alte Riesenfchliissel drehte sich
leicht im Schloß: die Sicherheit-Stelle
fiel tlirrend zur Seite. Felix nah lich
gar keine Mühe, leise zu fein. Draußen
deckte eine dünne Schneelaqe den Boden
und gab einiae Helle. Von-. Hin-met
blintten die Sterne, als beweae sich je
der voll Unruhe nn seinem Platz.
Die kräftige-Kälte schlug Felir wohl
thätiq entgegen. Er atbmete mebrxmls
tief auf.
Mit nleichniäßigen Schritten ging er
W
vorwärts zunächst dem Wirthch oft-Z
tote zu. Die Straße nach Tondern
sithrte darüber
Auf demHofe war schon Leben. Aue
einer offenen Thiir quoll ein warmer
Lichtschein und schimmerte auch ans
den viereckigen, verstaubten kleinen
Fenstern des Stalles. Quer iiber den
Stall ging ein Knecht, eine Laterne in
der Hand. Der dreistrablige Licht
schein schob sich wiegend auf derSciineess
dccte des Erdbodens weiter. Als Felix
des Mannes Wegspur übertreuzte,
merkte er noch den Geruch von schlech
tem Tabak in der Luft.
Das dumpfeBriillen einer Kuh scholl
ans dem Stall, Stampfen, Kettentlirs
ten und das ungeduldige Schelten des
Melkmiidchens. Das Hofthor stand
schon offen, und im weißen Schnee
konnte man zwei schwarze Linien wohl
erkennen. Die Räder eines schwerfal)
senden Wagens hatten dort den Schnee
aufgerollt.
Felix erinnerte sich: um halb sechs
Uhr war, laut einem Befehl, ein Aner
wagen voll Hafer in Säcken nach Ton
dern zu Jens Aardorp gefahren.
Und dann wunderte er sich, das: in
seinem Hirn noch ein Gedächtniß war
fiir dergleichen. Er ging weiter. Das
stille Feld umfing ihn. Die Schwärze
der Nacht wandelte sich in das Eisen
grau der ersten, langsamen Dämme
rung. Das verschneite Gelände schien
ist dieser matten Beleuchtung, die nur
die Ahnung eines Lichtes war, eine un
geheure Ebene ohne Horizont. Die
Grenzen der Erde verschwanden in
Uinrissen. Felix wanderte dahin, als
iei er der einzige, letzte Mensch auf der
Welt.
Wohin wollte er? Er hatte keinen
ttieisevlan, nur ein Ziel, dem er mecljas
iiisch zustrebte Vor seinem Geist sah
er das armselige Stäbchen, in welchem
er seinen Hund erschossen, das Stüh
ct:,en von wo er ausgezogen war, sich
sein Glück und sein llngliict zu erstrei
ten, die Stätte, von der aus ee vor dein
Tod in das Leben geflohen war E:
dachte nicht, daß es längst wieder be
wohnt sein werde, daß vielleicht Kinder
dort die Wände anschrieen oder rohes
tttezänt ertönte
Er dachte nur immer, daß dort
Stille Verborgenheit, Einsamkeit sei. !
Aus der Landstraße kamen ihm Ztrei s
ZU änner entgegen Er sah ihre Gestal- (
l
ien sich ans der Dämmerung lösen und
rasch größer werden. Als sie ihn er «
reicht hatte, standen sse still.
Es waren zwei Stromen ein durf
tiaes Felleisen hing ihnen über den
Rücken. und die Zerlumptheit ihrer
Röcke ließ selbst das sahle bischen Helle
schon erkennen.
Sie bettelten Felix an, mit gemin
melten unverständlichen Worten und
verständlichen Gebärden.
Er griss in seine Taschen. Sie wa
ren leer. Er tastete an seiner Weste
und fand ein paar lose Groschen in der
Westentasche. Sie wurden mit eine-n
,,Dante schön« angenommen.
Die Stromer gingen weiter. Felix
aber blieb wie angewurzelt stehen«
Er bearisf, daß er lein Geld bei sich
habe und ohne solches Mittel sein Esel
nicht erreichen tönne.
Es war keine Absicht gewesen, lein
billiger theatralischer Stolz, der ihn
veranlaßt hatte, Geld und Geldeswerth J
zuriizulassen Er war nur sinnlog ;
fortgegangen, wie ein Mensch aus dem J
Leben gebt, dessen ganzen Inhalt »s:
verläßt. An die kleinen Nothwendia
leiten hatte er gar nicht gedacht
»Adrian.« dachte er. Und er wart
rerte den Weg zuriieL
Er verlies; dann dieStrasze nnd ang
mit unsicheren Schritten iiber die har
ten Erdschollen eines aevsliigten Fel
leg, achtlos iiber den Schnee, der inn
ae Saat deckte miibsam durch das Ge
striivd einer Kiefernschonuna Um ihn
wuchs der Tag bleich nnd klar: schwe
bende-J Licht erfiillte die reine, kalte
Lust·
Vorcvärt5, nur vorwärts bis ixr «
dor Vldtianb Thiir stand.
(-·-r aina l,-Inein.
Stille umfing ihn. Der Haugflur I
usar leck. Niemand lam. und Niemand .
riihrte sich·
tssr aina in das-«- Zimmer zur linten I
Hand. Es war Dasselbe-. in dem er mit -
tsonradme gesessen nnd wo ihn zuerst "
nach der Zieitspanue tnukn eines Tages
uliinbaer Stliateit die Furcht anae
wandelt . ..
Niemand war darin. Im Ofen
brannte ein Feuer, und auf dein Tisch
stand Adrian’5 Frühstück nach nnbe
ruhrt.
Felix setzte sich auf einen Stuhl am
Fenster, das Gesicht der Thiir zuge—
wandt, durch die Adrian kommen musi
te.
tsr wartete. Er wußte nicht, ob er
iiinf Minuten oder eine Stunde war
ten-. Eine cnertwiirdiae körperliche
Müdigkeit umfing ihn fctttafcrnlx Er
dachte nichts mehr, er saß nnd starrte
vor sich hin.
Dann aina die Ttnir auf. Aotiari
erschien auf ver Schwelle uno blieb ste
hen, mit leicht aeöffnetem Muno nnd
atoßen Augen, stumm vor Staunen
Der da saß, sah nicht ans toie ein
anter Gast.
Den Hut trua er anf ven; Kopfe, der
Xtraacmnantct hina ihm von denSctmt
Lein nnd stand vorn weit offen, die We
Tte trat nicht znaetnöpft, Krarvatte nnd
Hasenaan fehlten aanz.
Und das Gesicht trat farblos, von
scharfen Linien durchfurcht. die Munz
!ose:1 Augen von schwarzen Schatten
umgeben
«Wag ist acscheben?« rief Abrian
nirtn strenq als mitleidia. Denn in
seinem Innern war etwas. das sich
feinksetiq, ja beinahe anaetvidcrt anf
siiiumte,wenn er einen Mann fassungss
los sah.
W
Felix sah ihn an, beinahe blöde.
Sprechens Antworten? «
tir stand auf, taumelte nnd fiel wie
der nieder. " .
Adrian ging auf ihn zu. Die seh-tor
rc.i, hohen Schmierstiefel, die er trug,
.::achten feinen Schritt so hart, das; cr
den Estricn zittern ließ.
»Du siehst miserabel aus-U« sagte er,
»wir jemand, der vollkommen Schisis
brach gelitten hat.« .
»Das habe ich,« antwortete Felix
bl;mvf.
»Ist es aus zwischen im nnd dirs«
fragte Adrian hart.
Sein gerader Sinn beariff, dasz e-J
file nur um dieses eine handeln lönn-:.
»Ja-« sprach Felix.
Adrian nahm ihm den Hut vom
Firpf und zog ihm den Mantel weg.
Dann ließ er ihn still sitzen.
Sein Gesicht war finster. Er wird
schau reden, dachte er und sagt-: nichts
mehr.
Aber er selbst war sehr laut. EI
lrar beinahe, als ob er mit Absicht
Lärm mache, damit die Stille imZini-:
mer nicht zur Pein werde. Er ing uns-«
nijtz und mit dröhnenden Ochritten
vom Tisch zum Schrank, vom Schrank
zum Tisch, pfiff den ,,tapaern Lands-Il
iiaten,« rückte das Bild seines Großva
ters gerade, asz ein wenig, warf Messer
und Gabel wieder hin und fing-, auf-J
neue zu pfeifen an.
Schließlich fand er, daß er nun ae
ixung Geduld bewiesen habe.
»Da du zu mir gekommen bist, neh
me ich an, daß du von mir was willsit
dich aussprechen, oder Rath, oder Hül
fe. Also . .
Er trommelte auf den Tisch. Dann
sprang er auf.
»Habt ihr euch aestritten? Das soll
zwischen Brautleuten vorkommen. Ob
schon ich so was nicht bei-kreise, denn
wenn man wahrhaft liebt und wahr
haft für einander bestimmt ist, kann
nichts anderes sein, als daß man nach
drei Worten merkt, wer recht hat, und
wer daher klein beizugeben hat, egal, er
oder sie. Männlichkeit braucht sich
nicht in Rechthaberei augzudriieken,«
sagte Adrian.
lFortsetzung folgt.)
Zonglkliclp
B a r o n lzmn Gntsverwalter bei der
Kartoffelcrnte): »So groß sind die
Karloifel heuer geworden !——Lassen Sie
die ja Niemand sehen l«
Ylnrst wider Uhu-it
P a st o r: »Als gnten Morgen, Herr
Major. Wie befindet sich Ihre Frau
MatjoitnaiseP« — M aj or: »Danle,
recht gut, Herr Ratten Und wie geht
es sitt-er PasteteI-«
Pyrmuidalcr Gedanke-.
D a tn e ians den« nördlichen Meere):
»Dein ein intpasanter Anblick, salch’
schwimmender Eisbekg.«« — Li ente
nant: Juniuslz nttn denken sich
Gnadige aber erst den Esselt, wenn
entsprechende Zeltslasche drauf stiindel«
Ein ,.vcrdicnsivourr« Mit
bürger.
Fremder tzum Einheimischen):
»Was siir ein Denkmal ist denn dass-«
—Einlseintisclsct: »Das ist fiik
dett dritten Stadtratts gesetzt worden.
Der lmt immlitls in der Lottetie zwei
mal den .L«aupttteffet· gemacht !«·
In gefährlich.
A. idem Epakiergang ;tttiicklel1(end):
»Hal)’ itlt doch bei det« argen Hitze den
ganzen slitnlitntttag nicktö ttinken tön
nen, ireit ich mit-einen lut)-Matkschein
bei mit liatte !·«—B.: ,..ikattnt’ ihn
denn Tliietttand wechsean —- A.:
,.Diti«st’ ilni ja nicht zeigen-mein
Nesse tnar liei mitl«
Im der Yorlcgrnlsrii.
Prinzipal : »Es hat geläutet.
Wer ist atn Telephon?«——si ontm i S:
»Jlne Frau Gemahlin !«—P r i n z i -
pal: »Was will sie2-««—Koinntid·
»Ich isabe nur das Weit ,Schafstaps’
verstanden !«——P r i n ;i pa l : »Genen
Sie ’ntal satt-sie ivill ntich wahr
scheinlich selbst sprechen l«
Yorfiisimppi.
Versichernngginspektois
tznnt abgebratmten Bauettt): »Wann
lam das Feneisau52«—Ba u er: »Um
neun lll)r!«« —- Versicherungs
insveltat: »Aha es heißt dach, es
brannte lieteits ttm lsalb neun lllst l—
Ba ne t-: » IS net möglich, da hat erst
meine Alte die Ziindlsdlzle im Laden
geholt!«
Ein zUcnsttscnltrunen
L -
— —- -:z .
»Wi«mschen Sie das Haar kurz, Herr
Baron?«—»Wie kommen Sie auf dieie
Idee, mich Baron zu titulireUP Ich
bin doch der Obeklehcer Meyer!«—
»Wässen’s, Herr Oberlehker, seitders
wir alle unstre Kunden Baron nennen,
zahlen die meisten doppelte Trink«
geben«