Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 16, 1898, Sonntags-Blatt., Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    1848
Ein weltgeschichtliches Drama
Von Johannes schen-.
GottfrtzungJ
Die volle Wahrheit aber dürfte sein,
daß die Herren Kamphaufen nnd Han
xemann als richtige Parvenus den Ur
prung ihrer Ministrrschaft vergessen
und vergessen machen wollten und daß
sie für die Rückwärtserei um so eifriger
tn’s Zeug gingen, als ihnen ihr Ge
wissen fortwährend die Thatfache vor
hielt: Es war doch nur die Revolu
tion, welche Euch an den Ministrrtisch
ensporgetragen hatt
Jm Uebrigen ist die Angelegenheit
jedenfalls keiner Ereiferung werth.
Denn das ganze Thun und Lassen der
preußischen Märzminister war ja nur
ein Vorhang, hinter welchem das
wahre Preu enthum sein damaligeg
Hauptgefchä t verrichtete, das Gesd "1ft,
ten Konig wieder zu »strammen«, unt
dann später, wenn die , eit gekommen
wäre, den Vorhans beiseite zu schieben,
den wiedergeftranimten König hervor
treten und sagen zu lassen: S o will
ichs haben und so muß es sein! Fort
mit Scharen! Gegen Demokraten hel
fen nur Soldaten. Jch tommandire J
und Jhr gehorcht. Skla! ’
Hinter dem Vorhang.
Von diabolischer BosheitH
ist manchmal die Ironie
der Geschichte.
Die am 22. Mai eröffnete preußische «
Nationalversammlung bildete auch
nur ein Stück Vorhang.
Charaktesristisch genug hatte diese
Konstituante Preußens tein eigen Dach
und Fech, sondern mußte zur Miethe
wohnen und zwar in der Singala
demie.
Die Eröffnungsfeierlichteit, sehr
dürftig und tahlmciuserisch zugeschnit
ten, ging im Weißen Saale des könig
lichen Schlosses vor sich. Es müssen
recht peinliche Gefühle gewesen sein,
pomit Friedrich Wilhelm der Vierte
von seinem Throne herab diese Ber
ammlung der Vertre er des preußi
chen Volkes ansah. Drückten sich doch
in einein Winkel des Prachtsanls sogar
struppelbärtige Kerle herum, daue
rifche Abgeordnete aus Poer und der
schlesischen Wasserpolatei. angethan
mit Wammsern und Hosen von unge
bleichter Leinwand. Wie stach das
alles so mißsällig ab gegen den feuda
len Pomp, womit weiland der Ver
einigte Landtta eröffnet worden war!
Damals hatte « riedrich Wilhelm die
fcmose Phrase von dem »beschriebenen
Blatt Papier« fliegen lassen; damals
hatte er in seiner Königschaft hoch
schwellender Gefühle sich vermessen,
keiner Macht der Erde sollte es gelin
en, so ein Blatt Papier, so eine Kon
fxitutron aufzurichten zwischen ihm, s
dem Gesalbten des errn, und seinem ·
Volke. Und jetzt? e twar das ver- (
absrlxute Blatt denn da; der Herr »
Ministerpriisident — eleleul otototo- ’
toil —- hatte es schon in der Tasche: -
den Konstiturionsentwurf
Die Jronie der Geschichte ist mittin
ter von wahrhaft diabolischer Bosheit.
Fa solchen Augenblicken vernehmen
örende Ohren das ohnlachen aller
Dämonen der Hölle ante’s und Mil
ton’s.
i Sman nkgttaihixar EITHER
ivnn rreui uptat n
so. daß Herr Friedrich von Raumer,
damals noch nicht die lächerliche Fi
gur, wel er später als Parlaments
rnitglied in Frantsfurt und vollends
gar als »Wer ge andter'« in Paris
m e, scheei n konnte: «Bis etwa
14 ge nach dem 18. März war
tiberall fast nur-die Rede von den un
sterblichen Bartiladenheldem die ihres
gleichen in der ganzen Weltgeschichte
nicht hatten, gegen welche Leonidas und
seine 300 Spartaner nur jämmerliche
Stiimper wären, denen man in Mar
mor nnd Erz ewige Denlmäler erricky
ten müsse n. s. w. Seit vier Wochen
aber nimmt keiner mehr das Wort
Bartikade und Barritadenheld in den
Mund, der 18. März wird zum noli
mc fangen UND lll katkclulckckl we- «
sprächrn wünscht man die Helden der E
«glorreichen« Nacht zum Teufel. So I
ändern sich die Zeiten und eH ist iiir «
ein Glück u achten, wenn die höchlich «
erzürnten ürger nicht die Proletarier
niederschießen müssen, um Ordnung
herxstellim . . .« .
r von dein Ministerium vorge
legte Verfassungseniwurs bezeugte sehr
klar, was fiir einen blossen Scheinen
von Schinxonstiiutionalismus zu
wollen und zu fordern schon im Mai
der hof wiederum sich start genug
fühlte und wußte.
Die Berliner Bür erwehr sollte der
ministeriellen Verfassungsvorla e so
zu sa en zu Gevatter stehen, soll e den
mißs ssenen Bal? aus der Taufe he
ben und zwar mit els der aus den 23.
Mai angesetien sogenannten ,Ver
tiauenjparade«. Sie fand wirklich
statt, fiel aber dünn und unerquicklich
aus. Der König erschien in militäri
Eule-, umgeben von einer dicken
lle von Seneåalen ufigzldutantens
St »O vie i am un
is Galopp ab. O endar war alles
» spqu angehn dein Wsslietensiirs
] cscrthuni gegenüber den Glanz und
" Piunt des königlich-preußischen Mill
terisnius zu schneidend gegensätzlicher
Anschauung zu bringen.
i Lächerlich war der Herr General
: von Aschcsf anzusehen, welcher, dem
Könige zur Seite reitend, mit Blick,
Gebärde und Degenwinl die verdrosse
nen Bürgerwehrinänner zum Hoch
unt Furrahtusen anzusenern strebte,
rnd für eine nicht gerade günstigeVor
leteuiung mußte es gelten, wenn die
Ulanenmusilbande, welche an der
Schloßbtiicke bei der berittenen Bür
gciwehr ausgestellt war, den König
mit den Klängen der russischen Natio
nalhytnne empfing. ;
Wägztend unter den Linden diese ;
kühle ectrauensparade var sich qinq,
welche eigentlich eine egenseiiige Miß
trauensparade gewesen Ist, den«-on
siiirte ein Theil der akademischen u
gend anderweitig, indem sie »als ei
chen der Trauer über den Verfassungs
eniwurs« eine schwarze Fahne aus den
Balken des Universitätögebäudes
pflanzte.
-» spf -...-M .
Daß die leitende Partei bei Hofe
schon um diese Zeit zu den »rettenden
Thaten« entschlossen war, welche sie
dann im Spätherbst vollbringen ließ,
untersteht keiner Frage. Sie wußte
zunächst nur noch nicht recht, wie sie
niit dem König dran war. Es svras
then starke Anzeichen dafür, daß Fried
rich Wilhelm einen ehrlichen Anlauf ,
genommen hatte, mit der neuen Ord
nung, oder, wenn man will, mit der
Unordnung der Din e ooranzuschrei
ten. Ja, wenn die sliisterblicke und
Wisperworte seiner Umgebung nicht
gewesen wären! Die aber wirtten wie
vergiftete Pfeile, besonders dannl als
der Konig, aus dem »revolutionären«
Berlin nach Potsdam übergessedelt
wieder ganz in der hösisch - absolute
stisckkpietistischen Atmosphäre athnietr.
Es war einer der größten Fehler des
Ministeriums Kamphausen, daß es
diese Verpotsdamisiruug des Manar
chen zugelassen hat. Friedrich Wil
hclm wurde in der neuen Umgebung
tägli? ,,strammer«. Er tam sehr
"chne zu der Ueberzeugung, daß es
Feine königliche Schuldigkeit und da
triotische Pflicht sei, sein angestamrm
tes Land und Volk aus den revolutio
nären Teufelslrallen der bösewichtigen
Rotte zu erlösen. Und dermaßen wuchs
kie Energie im König daß er die nach
maligen ,.rettenden Thaten« vom No
vember schon jetzt, im Brachmonat,
gerne gethan gesehen hätte. Ein durch
aus glaubwiirdiger Zeu e beurlundet
uns das. Am 10. Juni tte der i rei
herr Christian Friedrich von Sto mar
im Schlosse von Charlottenburg eine
lange Unterredung mit Friedrich Wil
helm dem Vierten. Jm Verlauf-e der
selben erfuhr der Freiherr, daß der
König große Lust hatte, mit der gan
«en » inerei« von Revolution
schon jetzt abzufahren. Stoclmar, wel
cher zu gescheid war, als daß er die
Windbeuteli teit dieser Berliner Rei
volution ni erkannt hätte, rieth auch
seinerseits zu entschlossenem Vorgehen.
Woraus der Kbnig: »Ja, wenn meine
Minister nicht solcheLurnpenhunde wä
ren! Aber mit Ausnahme des einzi
en Schwer-in sind sie lauter ig
- inge«. Eine heitere Probe vom tit
stendank siir märzministerliche Dienst
; beslissenbeit!
Lamms-it Trimnps
«Abdanten, weil er das Va
terland verrathen hätte.«
Wenn nicht versckxviegen werden
dars, daß in der Spreestadt die Lum
prpagie rithrig genug war, so konnte
sie sich an Geltung nnd Gewalt doch
lcnae nicht rnit der Krakehlolratie
messen, welche in der Donaustadt den
Ton angeb. Dort war die so lange
gestreute absolute Bedormunduth
saat als Skandal- und Krawall - -
traut auiaeaanaen. Uebrigens hatte
biese Speltalelsucht auch noch einen
tieseren Grund: sie wurzelte in dem
deutschen Kneipenhutnot, welche mit
unter recht liebenswürdia sein tann,
aber, weil et jahraus jahrein obenaus
sein will, leicht ins-« Triviale und Ab
sizrde fällt. Jn der That, weit mehr,
als eine obetslöchlickmoknehme Be
trachtung der Eteigni e von 1848 an
zunehmen geneigt sein in« te, hat zu
dem jammetsiili en Verlau der deut
schen Bewegung r Umstand beigesta
gen, baß eine Menge von »Kneip
gerne-K sich plötzlich zu Volks-sühnen
rufen fühlte und in dieser Rolle an
. erkannt wurde. Es wirkte das auf der
« einen Seite ebenso unheilvoll wie aus
der andern die Zhatsachh baß sämmt
liche deutsche rosessoren wähnten,
über Nacht zu »Staatstnännern« ge
worden zu sein. . . .
Der Zerfall des-Staates, die Rascia
andetbeöclelun der Regierungsma
schine, die Rat -, Zucht- und Insecto
siqleit war in Wien ohne Frage noch
tötet als in Berlin und in demselben
ethiilinisse auch die Stellun des
Ministeriums Iiesue ment - ert
doiss schwieriger al sie des kniste
—
--—
tiums Kamphausem Dieses hatte es
doch nur mit dek Hoftabale, mit den
Muntletn undheuchietn, mit den mitt
täkischenDaradiridatumdakide en und
mit den demokratischen Hotribilitribi
faxen, sowie allenfalls noch mit den
Däncn und Polen zu thun: aber jenes
mit dem sofe, mit der Hietatchie und
Bureautratie, mit der Firma Wühi
habet wie mit der Firma Heulmaiet,
und außerdem mit Jtalienekm Mn
gyaren, Polen, Czechem Kroaten, Ru
mänen, Ruthenen, Serben. Slovatem
Sie-denen und mit der ,,Atademifchen
! Legion«, welche sich als Hochwächter
! nnd Hauptfetxkin der ,,Errungenschof
; ten« betrachtete und dem Ministerium
; wie eiise Bombe, die von Minute zu
Minute plagen konnte, auf dem Rücken
leis-L
Die ,,’Llula'« war eine aute Weile der
auglchlagaebende Faktor» im öfter-reis
chischen Skaatschaks. das unterliegt
I gar keinem Zweifel und es zeugt von
E iser atenzcnlosenhiililosialeii des ersten
? »verantwortli»chen« Ministerium-s in
T Oefterreich daß es sich die studeniifche
- Diltatur so lange gefallen lassen
mußte oder wenigstens gefallen ließ.
Und wie burschilos fuhren sie drein
und drauf los, die dunkelblauröckigen
Entliusiafien und Phantasien von der
Legions Als Pillerdrrff am 31. März
ein provisorische-J Preßaeletz erließ,
verdonnerte Dr. Gislra dasselbe in der
Aula und der arme Minister des Jn
rern nabm das vervebmte Dan als
bald zuriirl Natürlich trug diese na
menlofe Schwäche der Regierung ihre
Früchte. Der »Studentenausfchuß«.
welchen die aladernische Leaian aus ih
rer Mitte gestellt hatte. war thaifächlich
die oberste Executivbebötde der Haupt
stadt, welche sich um Alles tümrnerte.
M
-——
sichssesier zu stellen, aber cs brachte
nichts weiter zuwege wie den Deren
Doblhvsi. einen vormärzlichiliberalen
Fabrikhertm welcher sich zur Ueber
nahme des Handelkministeriums ver
stand und der dann neben Pillersdorss
siir den Hauptmacher in der Regierung
galt.
Gleichzeitig mit der theilsveisen
Reorganisation des Ministeriuisis gab
sich a er auch der revolutionäre Sturm
nnd Drang eine umfassenden und
tvirlsainere Orqanisation Es geschah
dies mittelst Schossung eines politi
I schen »Centralroinites«, welches, aus
z Abgeordneten des Studentenaugschus
« fes und der Nationalande zusammen
gesetzt, am il. Mai sich constituirte.
Die ungeyeuerucye Neunter-erwir
rung, welche in den Köper rurnorte.
sprang wieder einmal qanz lächerlich
zu Taae, indem das Centraltomite an
den Premierminister sich wandte, um
non diesem die Anerkennung als einer
»legalen« Behörde zu erwirten. Natür
lich mußte Herr von Pillersdorsf dieses
wahnwitzige Gesuch zurückweisen und
natürliche konnte das Ministerium
diese zweite oberste Regierung. welch-:
itjxn zur Seite, ja ihm zu Hägrpten sich
austhun wollte, nicht dulden und ge
währen lassen. Aber freilich fragte es
sich, ob das Ministerium in sich selbst so
kräftig wäre, seinen Widerstand durch
zuführen, und oo es die - materiellen
Mittel besasse, seinem Willen Nach
druel zu geben.
Jn beiderlei Beziehung sah es lng
lich aus. Herr von Pillersrcrff und
eine Kollegen waren nicht die Leute,
m der Presche staut-zuhalten Auch der
Fett Gras und General Latour erwies
rchbei dieser Gelegenheit keineswegs
Bolkgkypen ans dem Jahre 1848.
h Elegaaie Dame· T) Voll-kehrten s) Bürgerin-Mut 4) Mitglied der Studenten
vehk mit der Tritolprr. 5) Frau sag dem Volke. d') Bürgenoehcmams. Td
Conxtsbsxr. S) Schutzdeamte in det- März-agen.
Wurden doch sogar Ehezwisie zur Aus
tragung vor den Studentenaueschuß
gebracht.
Derweil hatte das Ministerium die
versprochene »Konstituticn des Vaters
landes« an die Hand genommen, d. d.
Herr von Pillergborss halte nach origi
schem Muster eine Verfassung zusam:
mengeplätzt, welche« nachdem der miser
liche p tmlienrath sie gutgeheißen, am
25. pril feierlich verkündet wurde.
Dieses Staatsgrundgesetz für Bester
reich ist auch nur eins der vielen lebens
unsähigen Aprillaunenlindlein von
1848 gewesen. Die souveräne Katzen
musil schrie das arrne Ding todt. Sie
schrie auch den Ministervräsioenten
Ficauelmonl von seinem Posten weg
Die Ernennung deg ibm nahe ver
wandten Grasen und Generals- Latour
um Kriegäminister gab ihm den Rest.
er neue Kriegsmimster war als Ari
stolrat von der stritten Observan ge
haßt, als säbiger und energischer ene
ral gefärchtet. Ficguelmont sollte die,
wie es hieß, aus sein Betretben ges
schehene Ernennung büßen. Arn Abend
vorn 2. Mai präludirte die souveräne E
Katzentnusil vor der Wohnung des
Ministerpräsidentem am folgenden
Abend legte sie sortissitno los. Es war
eine unsaglich widerliche Pöbelei, uin
» so widerlicher, als sich auch National
s arden und Studentenlegionäre daran
i getheili ten. Ein paar beliebige Kerle
ernann en sich selber zu «Boltsgesand
ten«, drangen in die Staatslanzlei und
erklärten dem Ministerpriisidenten, baß
er abdanten müßte, »weil er wirksam-·
land verrathen hätte«. Der arme, alte,
geängstigte und erschöpfte Mann that
in der zweiten Stunde nach lfMitter
nacht den angeblichen »Volt3qescmdten«
ihrenWillen, worauf Herr von Villers
dorss am 5. Mai den Vorsitz im Mini
sterrathe und Herr von Lebzeltern die
Leitung der auswärtigen Angelegen
heiten erhielt. Die Auftritie vor lind in
der Wiener Staatgtanzlei in der Nacht
vom Z. auf den 4. Mai gehören zu den
schmählisften des tollen Jahres. Die
Herren ollegen des Grafen FicaueL
mont, die sämmtliche Maaiftrate, end
lich alle besseren Elemente oer Natio
nalgatde und der Aula haben sich durch
ihr unthiitigei Umschauen und jam
merliches Gefchehenlassen dieser
Schmach mitschuldig gemacht.
Jenes »Ceutmltmite«,,
Ei bereitet lich munter
vor, was kommen
mußte.
Das Ministerium glaubte durch
Wirkung mit populären Kräften
als Held, ja sein Gedanken zeigte et
welche Absonderlichteiten aus, welche
argwöhnische Leute auf die «l-.r:nu
thung bringen brinaen könnten, der
Krieqsminister hätte dein Unheil freien
Lauf lassen wollen, tallirlireiro, erst -
müßte es in Wien ganz fchtimm wer
den, bevor es besser werden könnte. Als »
lerdings waren die !Uti!itörträfte, »
worüber der General iu verfügen I
hatte, geringfügig genug.
Nicht in lge der Soralosigteit des
Krie srnini ters. Latone ist wahrlich
tein ässiger Mann gewesen, sondern
im Gegentheil ein sehr ttlirtiger und
ein rveitschanenderxzeine Uelwerzeugimg
war, daß die Nettnna des alten. des
taiferlich-absoluriftifchen -Oefterreichg,
welchem er mit ganzer Zeele angehörte,
auf der Armee beruhte. Die Rettuner
thaten, welche die Armee thun sollte,
mußten aber zunächst in Jta ien, auf
der lombardischenEbene qethan werden.
Gelönge dem Marichall Radetzty ein
grolßer Schlag-to würde derselbe ge
wa tig auf Wien Juni-l und iiber ganz
Oesterreich, ja über ganz Europa hin
wirken. Selbstver«tändlich im Sinne
der Neftauration. « ieser feiner Ansicht
gemäß handelte Latone und zwar mit
höchster Folgerichtiqteit und Energie.
So bereiteten sich denn die Ereignisse
H vor. Arn 13. Mai ließ der Kommen
dant der Nationalaarde von Wien,
Graf Hohes, einen Tagesbefehl aus
ehen, tratt dessen das Centraltpmite
iir mit dem Wesen der Nationslgarde
unvereinbar krtlärt «ouroe.
Sosori eilten Abordnuugen ziin
Ministerprösidenten, um die Zurück
na e dieses Tagegbefel)l», dessen
sel toerfiändliche Konsequenz die Auf
lösung des Centralloinileg war zu
erwitken Pillergdcrff sprach amAbend
des l4. Mai ein elcoas verbrämtes
Rein, wozu ihn wohl hauptsächlich der
Umstand ennulhigte, daß ihm bekannt,
der »ruhige« Bürger sei von der Schaf-—
sung des Nationallomiteg, in welchem
der »ruhige« Bürger eine Art Com
inune oder Wohlfahrigaugfcheß toll
rere, leineeioegg erbaut und überhaupt
fei der »ruhi e« Bürger, welcher den
gewohnten fchäflsganq wie den ge
wohnten Vergnüqungsgonq schmerzlich
vermißie, nachgerade der Freiheit und
Gleichheit, der Revolution und der
Errungenschaften sehe satt und über
drüssig.
Das von Pillekgdorss qesprochene
Nein brachte die Aula alsbald in eine
so wusell e Bewe ung, daß noch am
Abend de elben s ein Ausbtuch
beoor zustehen s shalb General
und Luna der inneren
Sie there durchs tappen und Natio
nalgarde. Wäre nun die Regierung
W
noch in der Nacht thatträstig und türk
sichtelos weiter vorgegangen, nament
lich mit Verhastungen, so würde sie am
folgenden Mor en des Platzes Meister
gewesen sein. D eil sie aber den rechten
Moment zum Drein- und Durchgreisen
ver-paßte, ließ re ihren Gegnern Zeit,
die Massen in ewegung zu setzen, und
nachdem diese einmal auf dem Plan
gebracht waren, konnte das Spiel der
Re ierung siir verloren gelten.
er eigentliche Tanz begann am 15.
Mai in der Aula, wo an die Stelle der
tgriisidentenglocle zur Regelung der
ebatte eine Trommel aetreten war
und die an Hestigteit sich überbletende
Rednerei so zu sagen nach Pulver roch.
Pliitzlich begannen draußen die
Trommeln zu rasseln und es larn die
Nachricht herein, die Truvpen nahmen
abermals, w;e auch am Abend zuvor,
Stellung on den inneren Thoren
Nun schlugen aus dem wildwonsxm
den Wirrsnl wiitliendeWeliri und Was
ienruse anf.
»Das bedeutet einen Vliigrisf!«
Man will uns von unseren Brüdern, i
den Arbeitern in den Vorstadtem ab
schneiden!«-——-»Zur Burg! Zur Burg!«
Die Regierung hatte offenbar durch
ihr Aufgeoot von Truppen der Zwieb
!olratie importiren wollen, wie ihr das,
so schnieichJlte sie sich, am Abend vorher
arlungen war. Aber sie täuschte sich.
Die Ersckeinung der bewaffnetenMacht
gab der im Werden bekrissenen Te
nionstration erst rechtes teben, so viel
Leben, daß die Denmistration nicht
allzu weit davon entfernt war, eine
Revolution zu werden«
Tag Manisest.
KaiserlicheMajestätunter
schrieben unweigerlich
undslink.
I
E
l .
! Gegen den Abend u trug Wien eine
sPhysiognomie, wel -e mit der vom
; Morgen des 15. Mär eine dedenlliche
« Aehnlichkeit hatte. ie acadeinische
I Legion hatte ihre Waffen ausgenom
I iucn und hielt sich niarschsertig. Send
boten eilten nach den Vorstädten, um
I die »Arbeiterbriider« auszurusen Der
ilseneralmarschentbot die National
s ecrden und sie lamen, ob,nvar nicht
; eben in dichten Reihen und leinegwege
; entschlossen, der Regierung eine ver
läszliche Hilieband zu reichen. Der
viellserusene ,,rul«-ige« Bürger olieb ent
n-eder zu Hause oder that selber mit,
nämlich »demonstriren«.
Abend-Z 7 Uhr machte sich eine Ab: T
ordnung Von der Aula nach der Burg
aus, wo der Ministerrath saß, uin die
sesn die »Vollstviinsche« tundzuthun
Tiefelben bestanden vorläufig in der
thxrrtennuna und Bestätigung des
(5entral-Eoinites, in der Modisieirnng
des-— Wahlgesetzeg und der Zuriictberus
sian der Truppen in ihre Quartiere.
Der Ministerprästdent suchte Zeit zu T
retoinnen, indem er, wag freilich unter
den gegebenen Umständen totnisch ae
nua sich anhörte, eine schriftliche Ein
gabe verlangte. Den Vlbsendlingen der
Deputation währte aber das Aus-blei
ben derselben zu lanae. Die Legion
trat an und rückte, Gewehr im Arm
nnd mit ausgestedtem Bajonett. aus
den Hof und aus die Freiung, utn sich
sen Bescheid der Minister selber zu ho
en.
Da und dort flammte arelles Fackel
licht in den Straßen aus. anderwärts
sat) man Anschiaungen linm Barrisa
denbau. In den Gemächern der kaiser
lichen Familie aber arassirte dieselbe
Raths- und Thatlosiateit, wie zwei
Monate sriiner in der Nacht vom 14.
aus den 1.-J. Miit-i. Und int Be
ratlntngs immer des Ministeriums
stand es seines-mag besser. Sollte man
nachqeben? Wollte man widerstehen?
Freilich, wollte man das? aber womit?
Quando? Quibus auriliis?
«- se t
. ,,Excellenz«, sagte der Herr Mini
« ftervräsident zum Krieqäminister,
« »Ihr-e Meinung ist die entscheidende.
Was-, rathen Sie, ist zu thun s«
Der Herr Minister besinnt sich eine
Weile, dann zuckt er die A eln nnd
erwidert; ..Excellenz, Sie wi en, daß
Wien von Truppen entblößt ist und
warnen. Jch habe nicht Leute genug,
rm einen Straßentamps ristiren zu
können« um so weniger, als die Paar
Batai one, die zur Hand, nicht einmal
alle zuverlästia sind.«
I Darauf allgemeines Planet-Zudem
welches einer der Herren in die Worte
irberse te: »Wir können nichts tin-n als
nachge n. Das Volk iit auf dem
Burgplatz, es ist in den Hosen, es ist
schon in den siorridoren nnd Vorzinp
n-ern. Denken Sie an die Sicherheit
Sr. Maiestät des Kaisers und der tai
serlichen Familie. Wir haben wahrlich
teine Zeit zu verlieren«.
»Wahr -——— warf ein Kollege oeg
Sprechers ein aber bedeuten Sie
doch, diese unseligen Lllienschen vertan
gen ja nichts geringeres, als dass, wir
unser eigenes Wert, die Aprilverfaf
sung sammt «3ubehör, vernichten sol
len· Jhre Forderungen haben sich von
Stunde zu Stunde, iast von Minute
zu Minute gesteigert. Wie und wo soll
das alles enden?«
»Jet, wer das wüßte -- gab der Mi
nisterpriisident zur Antwort —- der
dürfte sich einen tlugen Mann nennen.
Uebrigens hat ja neulich einer, der auch
nicht zu den dummen ge ören soll. in s
giten der Bewegung m ’sle man der »
rlin gehegt in Zeiten der Bewegung
miisse man der Bewegung immer um
eine Stunde voraus sein. Versuchen
wir es einmal damit«.
Wenn wirklich, wie berichtet wied, »
here von Pillersdoess diese Schluß
naäme mit ei en »matten Lacheln« be
sgl tet hat, fsff gehörte dieses Lächeln
W
riich nie-di in die Laie orie des sti
vo en, sondern in die de tracnpstzzrst
er
; schmer liZehreiE des sardonisschem
»a«.nie r r war mit einein Wiß
wie nnt seinen physischean zu
Ende. Er wußte nichts mehr zu thun
als mit zitternden Händen ein Blatt
. Papier — die binnen Wir Minu
ten redigirten Gewährungen des Mini
steriums in die wildeinberbratisen
» den Wogen der Ereignisse zu chleudern
nnd mochte dabei denken: Lin Ztiiit
Papier mehr oder weniger, wir-Z hat
das zu bedeuten in solcher Zeit
Aber trüb- und drangsalvolle Au
genblicke hatte der HIrr Ministerpräsi
sjdent zu bestehen, als er gegen Eis-Zitter
nacht das mit Herren und Dirnen
voltgestopste Vorzimnier zum Wirkli
cksen Cadinet durchschritt, nin siifn für
das erwähnte neueste Blatt Papier des
guten Votcinilch Ferdinand Zanc
tion nnd lliiterscl:rist zu boten. Titus
dem Munde von Herren und Damen
die litzteren zjciserten und zeterferi ant
ärgsten -- mußte er Süßigkeiten tvie
,,Echled)terRatl)", ,,L«lustviegler«, »Ver
röth(r«, ,,Verderber des Ilion-Eichen
nnd der Dt)n-1stie« hinnehmen Ge
drongt jedoch von seinen beiden Colle
nen Latour nnd DodllioiL sich ZU be
eilen, durfte et keine Zeit init Rechts-er
tigungen verlieren welche je doch eitel
getreten wein .....
Nun, die toiserliche tönigliche Mak
stiit unterschrieb unweigerlicki und
nöglichit flim. Das also gesettiqteMa
niscst, nielirbesngtes Stiick Papier.
wanderte sofort in die Sta tsdructerei
und -- —- etliche Monate spä er in das
JJiolitlatur - klliagazin der Weltge
scliickste, welche-Z infolge des tollen Jah
res- betriichtliche Erweiterunqen nöthig
hatte und auch erfuhr. Voltshcmsen
kselcqerten die Staatsdruckerei. bis das
lsegliictende Aktenstück um 2 Uhr Mor
gen-L richtig gedruckt war. Damit hatte
der Tpectalel ein Ende, jedoch nicht
ohne den toniischen Epilogschnörleh
daß der arme, bis zum Umfallen miide
Pillersdorsf beim Nnchhatisegelien sich
von einem lärmenden«).l2enschenschivarm
begleiten und ron dein Kneipenisjiirp
dran oder Edstein Danton der Wiener
Beinah-alte dem Zprachletirer Tonse
iian, iiber freie-J Staatswesen ini All
gemeinen und ijiser die lonstitutionellen
Bedürfnisse Leiterreichz im Besendercn
unterrichten lassen mußte.
tsiu nasses-stinkt
Aber mit der Broxlamis
rung dertlterublitrnar
ezlfsiig.
Mit Ta ceanbtuch wurde as ,,tai
fertiche« Ell atiifeft in der Stadt be
kannt. Es lautete der Hauptsache
nach, daß der Tagesbefehl vorn 13.
Mai zurückgenommen fei, daf; von ietzt
an die Wachtpaften an den Thoren und
an der Burg vom 9.Ililit·cir und von der
Nationalgarde aenteinfam besetzt wer
den sollten, daf-, erfiereg nur aus Ver
langen der letzteren aufgeboten werden
sollte.
Wiederum ais-: ein Ynzer Eilet voll
,,Errungenfchaiteu"c «ie guten Wie
iter waren im ersten Augenblick über
diesen »Gut-Ums de Richesseg« ganz
verblüfft. Zell-sit das CentralsEomite
fintzte. Hof und Ministerium waren
ju wahrhaftig der Bewegung unt eine
gute Wegftunde voraus. Die Verblüf
fung wuchs noch, als Abends die amt
liche »Wiener « eitung'« die Nachricht
brachte, da- s tinifterium habe zwar,
um den Thron und die Einheit der
Monarchie zu retten, dem Kaiser das
Patent vorn heutigen Tage angerathen
und übernehme die Verantwortlichleit
dafür; aber es fühle sich außer Stande,
der Krone fernerhin eine Stütze zu
fein, habe deshalb feinen Rücktritt an
geboten und tvude die Gefchäfte nur
noch bis zur Bildung eine-z neuen Ca
binets fortfiihren.
Das Centrattomite betvies jetzt
handgreiflich, daß es beileibe leine
»Commune« und tein «Coruite du falut
public«. Es begann dermaßen zu
fchlottermaiern, daß fein eigener Pra
fident auf Selbftauslöfuug antrus
trelcher Antrag zwar iir heute nocha -
geworfen, drei Tage später aber zur
hatfachr wurde. Dagegen beschsoß
das Centralcvmite mit 100 see-en 10
Stimmen, ein Vertrauenisvotum an
das Ministerium n richten, nnd eine
Petition an den Kaiser-, den Rücktritt
des Kabinettg nicht zu genehmigen.
Jn der Hosbnrg aber sand man nicht
iiir gut, noch serneriveit sich allen mög
lichen Eventualitäten ausznse en und
fes-te in slieaendek Eile den Lntschluß
zur Flucht. Es ist nicht bewiesen, da «
die tkntsiihrung des Kaisers durch feine
Umgebung denn daß es teine selbst
auvollte Flucht, sondern eben eine Ent
ikhrung gewesen, darüber braucht tein
Wort verloren zu werden -- ausGrund
eines tiesantzetheen Planes Der Rück-— s
wärtserei in g D rt gesetzt worden sei,
im GegentheiL es war wohl nur die
baare, blante Furcht die Mutter des
Gedankens gewesen, den Waise-· und die .
kaiserliche Familie aus den Bedrohlicky i
teiten der Hauptstadt hinweg nnd in’s "
,,e-llzeit getreue« Tirol zu retten
Summa: Die Entführung Fett-i
narid’s des Ersten hatte nichts- von dem
planmäßige-r und systematischen der «
llebersiedelung Friedrich Wilhelixrs des
Vierten nach Potsdaw wag freilich
ni t hinderte und auch in Wahrheit -
ni hindern tonnte, daß man inWien
die Entführung-Biber aus bestimmte
Personen zurücksiihrte, ans Per onen »
mit Damenhänden und zwar zur die «
ugierende Kaiserin uer Erzyerzogtn
Sophtr.
Gprtseßuua splat.)