Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, August 12, 1898, Sonntags-Blatt., Image 9

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    M
Des deutschen Reiches Gründen
Ote paupemomenee aus dem Leer Bis-·
sur-P tut-L mismmeuqeteeut.
Wenn die deutche Muttererde in
erfter Frühe noch acht umfängt, ha
ben wohl schon oft deutsche Kicle im
Licht der Sonne jene Jn eln im fernen
Osten umkreuzt, welche Bismarckg Na
men tragen. Und wenn auf dem wald
einfamen Schlosse Friedrichsruh dei
abendliche Lichtetglanz feinen Schein
auf die ehrwürdigen Riesen des Sachs
senwaldes wirft, schwebt der Sonnen
ball noch hoch iiber den Häuptern Tau
scnder von deutschen Ansiedlern Nord
amerilas, die im fernen Westen mehr
als eine deutsche Stadt auf Bismarckcz
Namen getauft haben· Der Ruhm
Bismarckg strahlt über ein Gebiet, in
welchem die Sonne nicht untergeht,
wäre also eine berechtigte Phrase, um
dem getreuen Ellehard des deutschen
Reiches ein Lberschivänglicheg Loblied
sit-Zagen
och dazu ist der heutige Tag nicht
angethan. Fürst Bismarel kann nur
geehrt werden durch eine schlichte Schil
derun, im Gewande der historisch-n
Wahr eit, fern ad von aller Partei
se cht, von allem Sondergeist und jeder
kleinlichen Leidenschaft. Darüber ist
je heute die gan e Welt einig, daß der
Alte vom Sa enwald, cvie man ihn
in le ter Zeit so gern nannte, als er
sein xil im Herzen Deutschlands be
xgen hatte, dem Partitularismus den
odesstoß versetzte, um das verlorene
Triimmerseld Deutschlands zu einein
blühenden, einheitlichen Gebiete zu ge
stalten. Er nsar der Gründer des neuen
deutschen Reiche-Z. Daß dieses Riexens
nett ihm auch viele Feinde derscha fte,
isi selbstverständlich, ebenso wie es
selbstverständlich ist, daß er von seinem
Standpunkte aug, nur ein neues deut
sches Reich unter dem Schutze der
Hohenzolleerlagge errichten konnte
und wollte. Hier gilt es nur, ein Bild
des größten historischen Charakters tin
serer seit zu entwickeln, ohne jede m»r
teifär ung, so verlangt es das- Anden
ten eines Mannes, der von sich sagen
konnte: »Ich habe auch als Tsiplomat
nie gelogen.«
Einem historischen Werte iibek Bis
marcks Leben und Witten entnehmen
wir folgende lt·«:)auptmomente:
Der Minister-« Präsident.
Als Bis-ward 1862 vom Fed
nig nach Berlin berufen wur
de, befand sich das Land in
so tiefer Erregung, daß der Aus
bruch einer Revolution vielfach fiir un
vermeidlich gehalten wurde. Der König
glaubte sich vor die Wahl aestellt, ent
weder auf dem Entschluß, Preußen
groß und stark zu machen, zu verzichten.
oder ihn, koste es was es wolle, durch
zuführen. Er hatte durch die Berufung
Bismarcks das Letztere aetvählt. Nie
mand zweifelte daran, daß die Regie
rung durch Einsetzuna einer- Ministe
riuing Bist-tara die Parole ,,Biegen
oder Brechen« ausgegeben hatte. Man
muß sich vergegentviirtiaen, daß der
Glaube an Bismarcks Größe sich da
malcs auf sehr kleine Kreise befchriinlte
und daß nur sehr wenige Personen
von einen Plänen und von der bereits
von Ihm geleisteten Arbeit eine Ahnung
hatten.9?ni Volke und in der Kammer
wußte jemand, daß die Gestaltung
der Dinge in den letzten Jahren bereits
vielfach durch sein diplomatische-is Wir
ken beeinflußt worden war und die
iele der Regierung thatsächlich den
tempel seines Geistes trugen. Erst
nachdem das deutsche Reich langst be
gründet und Bismarcts Größe län st
durch seine weltgeschichtlichen Erfofge
anerkannt worden war, durften die
Schriftstiicke veröffentlicht werden, die
einen Blick in das zielbewußte Wirken
des Gesandten am Frankfurter Bun
destage erlaubten. Der Bismarek aber,
der 1862 aus den Porenäen nach Vers
lin tam, wurde immer noch als der
»burschikose Junker« und der «t)ol)le
Großprahler« beurtlieilt und empfan
gen, während ihm obendrein noch seine
diplomatische Thötiateit weiter nichts
als den bitteren Vorwurf eingebracht
hatte, er sei ein ,,Nadoleonsverksötte
rer«.
Bismarck trat bei seinem ersten
Erscheinen versöhnlich auf. Nicht durch
Reden und Ajiajoritätsbeschliisse, sagte
er, werden die großen Fraaen der Jeit
entschieden das ist der Fehl-Er oon
1849 und 1849 gewesen -- - sondern
durch Eisen und Blut. -- Die nam
mer verstand ihn nicht, wäh
rend man in Wien und Bari- den
Sinn dieser berühmten Worte sehr
schnell begriff. Die Regierung sah sich
ge wungen, wi-: Bismarck am 13. Oc
to er am Schlusse des Landtages ers
llärte, nach eigenem Ermessen den
Staatsldaushalt ohne die in der Ver
xassung oorauggesehte Grundlage zu
iihren und die nachträgliche Genehmi
aunq des Landtages abzuwarten. Die
Ausiritte in der Kammer wurden im
mer heftiger aber Bismarcl blieb uner
"chiitterlich in seinenfforderungen Eine
elt von ß stand ihm entgegen,
doch nichts onnte ihn von seinemZiele,
Preußens Armee zu stärken. abwendig
machen. »Was liegt daran,« sagte er zu
dem Kronprinzen »wenn man mich
auch hängt, wenn nur der Strick Ih
ren Thron Zest an das geeinte Deutiihv
land leitet.
Es blieb vor der band weiter nichts
übrig, als den Landtag zu s ließen,
was am27. Mai 1863 gescha . Vier
Zahn wuthete dieser Confliet zwischen
rone undKammer, und hätte vielleicht
u einer thatsiichlichm Revolution ge
tzhrn wenn nicht plötzlich durch den
od des Königs Friedrich des Sieben
ten von Dänenrart die schleswigchols
steinische Frage brennend geworden
wäre. —
Am 161 November 1863 war sein
Honntagg Blatt
Beilage des ,,21nzeiger und Herold«.
k ’-’-1 Windvlpll Herausgeber Grund Bestand, Nebr- den 12 August IZLLZ Jio SI. Jahrgang 18· «
Tod eingetreten. Sein Nachfolger Her-«
zog Christian von Glücksburg unter
zeichnete B Tage später jenes verhäng
nißvolle Geseg, die Einverleihung von
Schleswig - olstein in Dänemart.
Damit war dem deutschen Volke end
lich dieGeduld ausgegangen, und durch
ganz Deutschland gan der Ausruf, den
verrathenen Bruderstamm an der Elbe
vom dänischen Joche zu befreien. Als
sich der Bund weigerte, Truppen egen
Dämmark in Bereitschaft zu etzen,
übernahm Preußen undOesterreich den
Kam s selbstständig, während Bis
mar seine äußerst schwierige Aufgabe,
die Einmischung der fremden Mächte
Fern zu halten, mit wahrem Meister
chast erledigte. Unter Wrangel nahm
der Feldng einen raschen Fortgang.
Am 18. April erstiirmte PrinzFeiedrich
Karl die Diippeler Schanzem und am
29. Juni erfol· te die alorreiche Ein-—
nahme ron Al en, sodaß durch den
Miene-r Frieden Dänemart Schkescvi -
Holstein abtreten mußte. Bei dieser e
legenheit scierteBismarcks Staatskunst
den ersten grundlegenden Triumph.
Köni, Wilhelm verlieh ihm den schwar
«en dlerorden, das höchste preußische
Hhrenzeichem und die europäischen
Cahinete wußten jetzt, daß es in Berlin
einen Minister gab, mit dem sie in Zu
tunst sehr ernst zu rechnen haben war
den.
Am 14. August 1865 wurde dann
mischen Oesterreich und Preußen der
« ertrag zu Gastein abgeschlossen
Preußen übernchm in Schleswig, Oe
sterreich in Holstein die Regierung und
Verwaltung Lauenburg wurde gegen
Zahlung von 21s2 Millionen Thalern
an Preußen abgetreten. Am Tage der
Besiyergreifung Lauenburgg durch
Preußen, wurde Bismarel in den erkli
chen Grasenstand erhoben·
Dee Meister ver Diptera-Mk
Niemals zeigte sich Bismakck ais ein
größerer Meister der Diplomatie und
Staatswissenschaft, als in den Tagen,
da er das erste Band mit Bitt-deutsch
land tniipstr. Bei den Frieden-zunich
gen von 1866 wurden die ein
elnen Staaten aufs schonenhfte
et)andelt. Die preußische Mcnav
chie hatte durch die Einvecleii
bung .Hannovers, Kurlxssens, Nassaiis,
Echlegwigsholsteins und der freien
Stadt Frankfurt einen erheblichen
Länderzutvachs erhalten. Die Vereini
gung Norddeutschlands bis an die
Mainlinie unter preußischer Führung
war gesichert und durch s isrnarcl
wurde ver Mart-deutsche Bunde«, dem
auch Sachsen beitreten mußte, eqriin
dec. Am 20. September 1866 ielt die
siegreiche preußische Armee ihren trium
rhirenden Einzug in Berlin. Dem
Könige voran ritten Moltte, Roon und
—-— Bismarch umiubelt vom Volke.
König Wilhelm besörderte ihn am
Lrinzugsta e zum Generalmajor und
crnannte ign zum Chef des schweren,
sxelienten Landwehr - Reiterregimente5.
Als Nationaldant wurde ihm später
eine ansehnliche Donation verliehen,
Zie er zum Antan eines ausgedehnten
Grundbesitzes in Pommern verwandte.
Hierher stammt die Ertverhung von
Var-sin, welches nun für die nächsten
lJahre der Lieblinggausenthalt Bis
marctg wurde
Mit dem Neuorganisiren der preußi
schen Monarchie ging der politische
Ausbau des norddeutschen Bundes
Hand in Hand. Es galt 22 Staaten,
rson denen alle ihre Vonderbestrelsum
xen hatten, unter einen Hut zu brin
gen. Am IT December 1866 eröffnete
Bismarct die Eonfercnz mit den 82
f Regierung:bevollmächtigten, indem er
ihnen den bereits fertig ausgearbeite
ten Verfassungsentwurf vorlegte. Der
Entwurf war in feinen Grundgedanken
l das eigenste Wert Bismarcks und es
s gelang ihm vergleicht-weise schnell, den
kVufassungsentwurf bei den Bevoll
mächtigten zur Annahme zu bringen.
I Eine glänzende Rede. in welcher
Graf Bismarck den Reichsta mahnte,
chne Zeitverlust den Grund tein zum
lsinigungswerte zu legen, schloß mir
den berühmten geflitgelten Worten:
l Arbeiten wir rasch! Setzen wir
Deutschland in den Sattel, reiten wird
l es schon können. Seine Mahnung war
leine vergebliche. Am 16. April wurde
der Verfassungsentwurf mit 230 gegen
53 Stimmen angenommen und am l.
s Juli trat hierauf die Verfassung in
, Kraft.
l
Der Omideäranzlee Vtoma et.
Graf Bismarck wurde zum Bundes
s tanzler ernannt und Deutschland saß
l im Sattel. Die Thätigteit des nord
’ deutschen Reichstags gestaltete sich zu
einer ersprießlichen Der nationale
Geist beberrschte die Stimmung um so
stärker, je mehr die Franzosen ihrem
Groll über die Erstarkung Deutsch
lards Luft machten. Konnte auch ein
Anschluß Süddeutschlands an den
Rotddeutsschen Bund noch nicht erzielt
werden« o wußte Bismarcl doch aus
wirthschastlichem Gebiete zwischen dein
Norden und Süden engere Bande zu
lnlivfen. so trat im Avril 1868 das
Zrllparlament zum ersten Mal zusam
t: en.
WIBTiIEFkIEEJdkni Iksigkijkiikuhttpsiintiijga
Die Siege Pieußeng und seine neue
Machtstellung waren dem französischen
Volke ein Dorn im Auge. ,,Rache fiir
Sadowa« war in Frankreich das Lo
sunaswort und Kaiser Napoleon ver
nirchie dem Dan en nach dem Kriege
gegen Preußen ni t länger Widerstand
u leisten. Ein nnvorhergesehener Zwi
schensall genügte, um die längst Unter
der Asche glimmendc Kriegsgesahr in
hellen Flammen auflodern u lassen
s— eg war die Hohenzollern-.eandida
tue für den spanischen Thron. Arn Z.
Juli 1870 seszte der Telegraph die eu
rrpäischen Hdse davon in Kenntniß.
Jn Paris wirkte die Nachricht wie ein
rothes Tuch aus den Stier, und der
Herzog von Gramont beeilte sich, die
lang ersehnte Gelegenheit beim Schopf s
,u packen, nachdem der unentschlossene -
schwankende nnd körperlich leidende
Napoleon sich-durch seine zum Kriege
drängend-: Umgebung zur rbeiskiip l
rnng des Brucheg hatte estrminen s
lassen.
Bismarck hatte sich bis am 9. Juli
im intergrund gehalten. Am 12 rief
ihn er König telegraphisch nach Em«:«.
Er glaubte, daß jetzt der entscheiden-de
Augenblick gekommen sei. Friedlich
seine Pfeife rauchend stand der Dorf
geistliche von Varzin vor seiner Thür
und bot dem Kanzler einen nacht-erli
chen ,,Guten Morgen«, als dieser schnell
an ihm vorübersuhr. Bismarcl sagte
nichts-, machte jedoch einen Lusthieb und
wollte weiter, um noch rechtzeitig zu
dem nach Berlin gehenden Exprefzzuq
einzutressen Jn Berlin angekommen,
pflog er mit Moltle und Roon, die
gleichfalls beide hastig nach der Haupt
stadt zurückgekehrt waren, einen Rath,
dem eine Unterreduna mit dem gerade
durchreisend-en Fürsten Gortschatoss
folgte. Jm Begriff, nach Eins weiter
zu reife-i, tras ihn vom preußischen
Betschafter in Paris die Nachricht, daf;
dir Hohenzollern-Prinz Leopold von
der Kandidatur zurückqetreten sei. Ta
raushin blieb er in Berlin. Am 1:3.
Juli fand die Begegnung zwischen Be
nedetti und Köniq Wilhelm aus der
Brunnenpromenade von Ems statt.
Die Wnchtam Rhein ertönt.
König Wilhelm sollte sich fijr alle
Zeiten verpflichten, niemals seine spzns
stimmunq zu geben, wenn die Hohen
zrllern oder Spanier jemals aus die
Kandidatur zuriicktornmen sollten. Der
Köni lesknte das Verlanaen der fran
zösis n egieruna entschieden av. Der-.
ganze Volk durchzuckte dag Gefühl, daß
der Krieg unvermeidlich geworden sei.
und allerwärtg ertönte die Wacht um
Rhein mit ihrem zündenden Ausrufe
zum Kriege. Der preußische Botschaf
ter wurde aus Paris abberuien Jn
Paris brach ein getvaltiger Tuniutt
aus und der Ministerraih beschlo den
Krieg. Am 15. Juli verließ önia
Wilhelm Ems und trat die Reise nach
Berlin an. Der Kronvrinz Bis
marck, Moltle Und Roon waren
dem König bis Brandenburg entgegen
gefahren, und bei ihrer Antunst in
Berlin war dort die Nachricht von dexu
Beschluß der sranzösischen Kammer,
den Krieg zu erklären, einaetrofsem
Eine unabsehbare Menschenmenge
harrte deg- KZnigs und gab ihm unter
dem Gesange patrietischer Lieder das
Geleit zum Palais. Dort hielt der
Könia bis ties in die Nacht hinein mit
seinen Paladinen den ersten Kriealisi
rath, dessen erstes Ergebniß die sofor
tige Mobilmachuna der qesammten
Armee des Norddeutschen Bandes war.
Die Beqeisierung, mit welcher sich in
DIEStadt Gadiz Und Umgebung.
jenen Tagen las deutsche Voll zum I
Kampfe gegen den Erbfeind erhob, I
steht einzig in der Geschichte Entom
da
Am 19. Juli trat der zu außeror
dentlicher Sitzunq berufene norddeut
sche Reichstag zufamn en Der König
etcsfnete ihn dutchVeklefunq seiner
Thionkede, in welcher er von dem Vor
lrand, den Frankreich zum Kriege ge
funden herbe, sprach. ,
Nachdem er so den Reichstag eronner
hatte, begab er sich nach der Grabstatte
seiner unvergeszlichen Mutter, der stö
nigin Luise, deren Herz einst in Gram
über die Erniedrigung des Vaterlande-Z
durch Napoleon den Ersten gebrochen
war. Während der königliche Greis
sch für die bevorstehende große Zeit
durch ernste Erinnerunan weihte,
überreichte der sranzösische Geschäfts
träger in Berlin dem Kanzler die
Kriegsertlärung Frankreichs-. Softh
nach Eröffnung der Nachmittags-Sitz :
rng des Neichstags ertheilte Präsident -
Simton das Wort «3U einer Mitthei
Ung« dem Kanzler. Bismarck yatte i
den Sitzungssaal erhobenen Hauptes
und leuchtenden Auges betreten. Unter
lautloser Stille ergriff er das Wort
und sagte:
»Ich theile dem hohen ause mit,
daß mir der sranzösische Ge chäftdträ
get heute die Kriegsertlärung Frank
reichs überreicht hat.« Der Protokoll
bericht der Sitzung verzeichnet hier:
Stürmisches, nicht enden tvollendes
Bravo, Hochrusen und Händetlatschen
Von allen Seiten des Hauses und der
Tribünen Visrnarcl fuhr fort: ,,":Ita:l)
ten Worten, die Sr. Majestät der
König soeben an den Reichstag gerich
tet hat, füge ich der YJiitttseilung dieser
Thatsache nichts weiter hinzu!«, wo
rauf ein erneuter Sturm des Beifall-Z
losbrach.
Wenn der König in seiner Throneede
und der Neichsta in seiner Adresse auf
elciche Bereitscha t des Siidens wie des
Nordens Deutschlands hinwiesen, so
hatten sie ein Recht dazu, und Napoi
lcon hatte sich in seiner großen Hoff:
nung, es- würde nicht so sein, getäuscht.
Der patriotische König Ludwiq der
Zweite, der schon am 16. die Armee
mobil gemacht hatte, stellte letztere da
rauf unter den Oberbefehl des Königs
Wilhelm und erwiderte das Dant
schreiben desselben in herzlichster Weise-.
Baden, Wiirtternberg und Hesseng
Darmstadt folgten dem Beispiele
Bayerns und so standen am 21. Juli
die Heere Nord- und Süddentschlnnds
rsnter dem Befehl des Königs von
Preußen als Bundegfeldlierrn
Das neue demimc Reich.
Es lag in den Thatsachen beqriinket,
dasz aus den Siequ aus den Schlacht
seldern Frankreichs dieEinlieit Deutsch
landg hervorgehen mußte Der Wunsch
einer Erneuerung der deutschen Kaiser
würde war in Folge der durch die der
einigten deutschen Stämme errungenen
Siege lebhafter als je geworIen und
m chKönig Wilhelm theilte ilm von
ganzem Herzen. wollte aber die Kaiser
krone nur aus den Händen der verbün
deten deutschen Fürsten annehmen.
W—
Dies« zu erreichen, war nun Bismarcks
fchwierrge Aufgabe. Auf seinen Wunsch
richtete König Ludwig von Bayern an
alle» deutschen Fürsten und freien
Stadte ein Schreiben, in welchen-. er
diesen den Antrag unterbreitete, dem
Konig Wilhelm für sich und seineNach
folger auf dem Thron Preußens die
deutsche Kaiserkrone anzubieten. Der
Norddeutsche Bundesrath stellte infolge
dessen bei dem Reichstag den Antrag,
daß der neu gegründete Bund den Nu
men »Deutfches Reich« und das Ober
haupt desselben den Titel ,,Deutscher
Kaiser« führen sollte. Fürsten und
Volk stimmten freudig zu.
Der 18. Januar wurde für die feier
liche Proclamation des Deutschen Kai
serreichs im Spiegelsaale des Schlosses
Ludwigg des Vierzehnten in Versailles
festgesetzt, und dort wickelte sich dann
das großartigste Ereigniß der neuen
Geschichte unter friegerischer Musik und
Dankeshymnen in der erhabenstenWeise
ab. Nach Abhaltung eines Gottes
dienstes und Singen des mächtig wir
kenden »Nun danket Alle Gott« verlas
König Wilhelm, vor den Fahnen der
siegreichen Regimenter stehend, die r
kunde der Verkündigung des Kaiser
reichs und « ab dann dem Bundeslamk
ler, Graf Bismarch den Befehl, die
,,Proclamation an das deutsche Voll«
zu verlesen. Bisinarck stand zur Lin
ken des Königs. Er sah bleich, aber
ruhig und gefaßt aus. Mit lauter
Stimme Verlas er die weltgeschichtliche
Prrclamation, die da schließt mit den
Worten: »Uni; aber und unseren Nach
folgern an der Kaiserkrone wolle Gott
verleihen, allezeit Mehrer des Deut
schen Reichs- zu sein, nicht an kriegeri
schen Eroberungen, sondern an den
Gütern und Gaben des Friedens aus
dem Gebiete nationaler Wohlfahrt,
Freiheit und Gesittung.
Gegeben Hauptquartier Versailles,
den 18. Januar 1871. Will)elm.«
Es war der stolzeste Augenblick im
Leben Bismarcks. Ganz Deutsch
land feierte das große Ereig
niß der Wiedererstehung des Rei
ches am 18. Januar 1871. Bismarek
trar am 9. März 1871 in Berlin ein
getroffen und am 21. März wurde der
Erste Deutsche Reichstag eröffnet.
Am nächsten Tage, am 22. März,
seinem Geburtstage, erhob Kaiser Wil
helm den Bundeskanzler Graf Bis
ircarck zum Fürsten. Der Titel Bun
deslanzler wurde erst später in Reichs
kanzler umgewandelt Der definitide
Friede mit Frankreich erfolgte alsdann
am 10. Mai in Frankfurt am Main
und am 16. Juni fand der Einzug der
aus Frankreich heimlehrenden Truppen
in die Hauptstadt des Reiches statt,
voran Kaiser Wilhelm mit seinen drei
Paladinen: Moltke, Roon und Bis
niarck. Es war der glänzendste Tag,
den Berlin je erlebt hat. Die Frout
des Universitätsgebäudeg an der Sie
gegstrafze Unter den Linden zeigte
neben den Bildniffen der deutschen
Heerführer auch das von Adolph Men
zel gemalte deg Fürsten Bis-much Da
neben lag man die Inschrift:
Eisengeschmiedet erwuchs, mit Blut ge
kittet, die Einheit,
Trotzend den Stürmen der Zeit. Mei
ster, Du lösteft Dein Wort.
Denk nunmehrigen Fürsten wurde
der Sachsenwald bei Hamburg als erb:
licher Grundbesitz verliehen. Hier rich
tete er sich sein behagliches »Friedrich5
ruh« ein, welches bald zu seinem Lied
lirsggsitz wurde.
Der eiserne Kanzler Weiden
Das Scheiden des Gründers des
deutschen Reiches aus seinem Amte
war das größte politische Ereigniß seit
der Kaiserkrönung in Versailles.
Am 26. März machte Bismarck sei
nen Abschiedsbesuchs beim Kaiser. Auf
dem Wege zu und von dem königlichen
Schlosse wurden ihm großartige über
ivältigende uldigungen dargebracht
Als Fürst isniarcL der die Unisorm
dei- Magdeburgischen Ciirassier : Re
gimenies und das Band des Schwarzen
Aolerordens trug, kurz nach 10 1sz
Uhr in seinem von vier berittenen
Schutzleuten begleiteten Wagen die
Linden entlang um Schlosse fuhr, so
berichtete eine erliner Zeitung, da
strömte das Volk im Sturmlaufe von
allen Seiten herbei, um ihm zu huldii
gen, wie es aus freiem Antriebe gewal
tiger und ergreifender noch nie gesehen
imrden ist. Auf dem Opernplatze und
:m Lustgarten erwartete ihn bereit-H
eine vicltausendtöpfige Menge und
empfing ihn mit nicht endenwollenden
fulrmischen Hoch- und Hurrahruiem
mit Hiiteschwenlen und Tücherwehen.
Blumen und Bouquetå ohne Zahl wur
den in und aus den Wagen geworfen.
Erst nachdem der Wagen längst in den
Schloszhos eingesahren war, legte sich
rag Sturmgebrause unbeschreiblicher
Begeijterung
Dck Einakdlck IM Sasfchwllldb
Vier Jahre waren vergangen, nnd
immer lauter wnrde der Wunsch, den
jr ngen Kaiser mit dem alten Kanzler
versohnt zu wissen Jm Sommer 1893
erlranite Fürst Bisniarck während sei
nes Badeaufenthalts in Kissinqen sehr
ernstlich. Man darf annehmen, dass der
Kaiser selbst den Gedanken nie ertra
gen konnte den einst schwärmerisch ver
ehrten Kanzler sterben zu sehen, ohne
sich vorher mit ihm versöhnt zu haben.
Er bekundete von Ungarn ans, tvo er
mit Kaiser Franz Joseph bei einem
Mandver weilte, durch telegraphische
Ansragen den größten Antheil an dem
Befinden Bismarclg und stellte demscl
ben schließlich für die Genesung eine-Z
seiner Schlösser zur Verfügung. Bis
marck lehnte das Anerbieten aus den
Rath seines Arztes dankend ab. Der
Kaiser hatte den ersten Schritt zur
Versöhnung gethan, doch er that nach
mehreren Monaten noch einen zweiten,
insRiechTiiTåfSiiifnjt SITING FOR rH£ -RELIEF*
on 'outpost;