Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 03, 1898, Sonntags-Blatt., Image 12

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    1848
Ein weltgcsäjxidnlkiches Drmm1.
Nun Johannes Drherr
Fortsetzung )
Das neue Vaterland.
Nur eins, das für uns Wichtigste, sei
hier noch erwähnt: Hunderte von In
telligenten Deutschen, Tausende von ge
wissenhaften wohlgeschulten deutschen
Arbeitern mußten Deutschland verlassen
und kamen hierher nach Amerika. Ihr
Wirken und Schafer ist nicht allein den
hier schon ansässrgen Deutschen ein Se
gen gewesen, nein, isie haben nuch. wie
die Geschichte Ameritas lehrt, dem freien
Lande durch ihre Bildung Achtung abge
rungen, haben Schulter an Schulter mit
den Amerilanern im Bürgetlriege für
dsie Freiheit gekämpr shaben das Fundg
ment gelegt zur Würdigung des-Deutsche
thumz das jetzt Anerkennung findet und
fürder finden wird.
Das Jahr 1848 war ein Segen für
die Vereinian Staaten und deshalb
werden die noch folgenden Schilderun
gen der Einzelheiten desselben sicher un
seren deutsch-amerikanischen Lesern von
Interesse sein«
I«..m——!
Mistqu ist-Past-. -
Im Sommerschlosfe zu Neui lly war
es, daß der König Louig hili pp ei nes
Tages, nachdem er ein langes- Zw exze
sptäch mit seinem Oeblingsmi nistet
Guizot geführt hatte, se:nen Kopf in
die Hände preßte und voll Entmutbi
gung und Trauer au: rief: »Welche
Wirrsal! Was fiir Stäntereienl Eine
Maschine die immer auf dem Punkt
ist, auseinander zu fallen! Jn was
fiir ein-er ttaurigen Zeit sind wir zu
leben verdammt !«
Jrchaltsfchrvere Worte, bedeutsame
Gefiänlmisse fürwahr! Aber derselbe
alte Mann, welcher in lichten Augen
blicken so tlar sah, fiel sofor: weder
in eine Verblendung zuruch die cu: ch
siebzehnjährige Erfolge hervorgerufer
worden war, und gefiel sich in einer
Halsstarrigteit, welche durch Verwei
gerung tleiner Zubilligungen das
glimmende Kohlenfeuer zur revoluti:
näresn Flamme angeblasen bat oder ve
nigstens anblasen half. So Sogetva inen
die Angriffsstöße der verein: gten O-vpo
sition an Kraft. Sie setzte über das
ganze Land hin die »Reformb;nteite«
in Scene und fütterte ein heißhungriges
Publikum mit stimulirenden Zikaden
Die Bewegung nahm rasch zu an Um
fang und Energie. Wenige, wenn über
shauvt welche, ahnte-n das Ziel derselben.
Jn der königlichen Familie selber
hatte man das Vorgesiishl einer heran
drohenden Krisis, wenigstens unter den
jüngeren Mitgliedern derselben. »Lie-—
lber Tan«, schrieb Louis Philipp’s drit
ter Sohn. der Prinz von Joinville, in
der Familie vertraulich Hadschi genannt.
vom Bord- seinee Fiaggmschiffes »LeI
Souverain« am 7. November 1847 aus
der Bucht von Spezzia an seinen Bru
der, den herzog von Nemours, mit dem
familiäten Spitznamen Tan — ,,lieber
Tan, ich schreibe dir, sweil die von allen
Seiten Eiereinbrechenden Ereignisse mich
schwer beunruhigen Es scheint mir
unvermeidlich daß der unnatürliche Zu
stand Frankreichs welcher die konstitu
tionellc Fiktion verschwinden machte in
der bevorstehenden Sitzung der Depa
tirtentammer zur Sprache komme. Es
giebt keine Minister mehr, denn ihre j
Verantwortlichkeit ist eine Null. Alles
geht vom Mg aus und fällt auf ihn
zurück. Derselbe ist auf einer Alters- «
stuse angelangt, wo man keinen Bemer
kungen mehr zugänglich Gewohnt, zu l
wußten- liebt er auch zu zeigen, daß er z
regiere- Seine imermeßliche Erfahrung i
sein Muth. all- grosßm Esgmfchsften
verleiten ihn, der Gefahr kühn zu trosenx »
allein d; Gefahruth deshalb nächtigveegts
get gro . n ere Lage l
Zwei Mteund unt-etliche Tage nach
der Niederschveibung dieses Briefes er
sieh ans Anlaß des Todes der Prinzes
Hn Wde Schwester des Königs der «
M Friederich Wilhelman «
»Geister , an»
Mit W eine OeileidöeptsteL aus»
Mich-r das Pariser Blatt »Le« Se
W aIIZL Jamrwnläasdiese
M Mithilfe: —·Site. t Sie sind
MÆ der europäiscksn Monat
. « FIE- Efmd der von der Vorsehung
» W- sinds-Mach
- »Ist-Miende chaft
- alt-I. MØtterten Grundla
vsz W Gott E
Mast-I Geile Masche irrt-;
Viel Geschrei und wenig
Wolle.
Vom 22. Januar bis zum itz. Fe
bruar von MS Worte und rasaunte
im Sitzungssaale der Deputirtmkammet
km Mii Wuchs-n die Adressedebattr.
» « III-Mr Wh! Mc Helden,
— « du Exil-Mk
die Guizotiften um jeden Preis, hielten
besonders darauf, daß in der Antworts
adresse auf die Tshronrede echt-haft ge
sagt würde: »Die Agitationen, weiche
durch feindfelige Leidenschaften oder
durch blinde Begehrlichteiten entfacht
werden« s- und setzte diese der Opposi
tion zugedachte Ohrfeige mit 223 gegen
18 Stimmen durch, weil die Opposi
tions-Deputirten sich in Masse der Ad
ftimmung enthielten. Guizot hatte im
Laufe der Debatten ausdrücklich erklärt,
daß die Regierung die Wahlrefotm ver
werfe und ihre bis-lang etngehaltene
konservative Politik beibehcelten würde.
Der Minister des- Jnnern, Duchakei,
hatte seinerseits angezeigt, daß er auf
Grund eines Gesetzes von 1790 die
Refoumbantette zu verbieten beabsichtigt
Das hieß den parlamentarischen Oppo
sitinnsmachern zwar nicht an die Seeie,
aber an noch theueres greifen, nämlich
an die Zunge Des Schmutze-Z süßer
Gewohnheit sollen sie entraryen r Nim
rnerrnehrk Zroeiunsdzwanzig Deputirte
erklärten am 18. Februar, daß sie die
Einladung zu einem großen Reformdaxk
kette annähmen, welches vom Wahltw
mite des 12. Arrondissements von Paris
anaeorrnet worden tvar und am 22.
Februzr zu Challot jenseits- der elyslii
schen Felder unter einem großen Zelt
statthaben sollte. Also wirklicher und;
wahrhaftiger Widerstand ?- Und nicht :
nur passiven sondern sogar ein Lotljl
vonaktiveni ? Kirhn das- siir parlamen
tarische Schwätzer und Klätscher, über
mäßig kühn. Jedoch Guizot kannte
seine Helden, Halunten und Hanåwurste
der Tribüne sehr gut und lies3 daher den !
Poli zeipräfetten Delessert Namens de:
Ministeriums mittelst Maueranschl Jgå ·
vom 21. Februar das- angesagte Re
formbantett einfach verbieten. Wile
beanttvortete nun die parlamentarische
Opposition die an sie gerichtete Heraus
forderung? Mit Ida-begeben versteht
sich. Die Herren versammelten sich bei
Odilon Barrot. Der erste Redner
Frankreichs, Monsieur Thiers, war aus-)
da. Derselbe lebte bekanntlich der Ue
berzeugung, daß ein großer General in
ihm stecke, und weil er. wie es scheint,
Strateaik und Taktik im Eudibrasf »
ftudirt hatte, dachte er mit dem Heizen «
Butlers : I
,,Wer flieht, kann wieder in’S Gefecht, i
Wer bleibt und fällt, der tann das necht; ·
Drum wer da weicht zur rechten Zeit, s
Jst in derKrieaslunst schon sehr weit-s-«
und beantragte, daß man vom Bauten (
wogt-leihen sollte. Angenommen! Von
den etliclxn 90 anwesenden Deputirten
verweigerten nur 18 ihre Zustimmung;
darunter Dupont de l’Eure, Lamartine
und Marie.
Guizot triumphirte und richtete sich
wieder zur ganzen hohe seiner Stets-l
leinenheit aus , uniso mehr, da Enkel
der Kriegsminister, General TrezeL den «
Nachweis an die Hand gegeben, daß man l
aus alle Vorkommnisse lhin nicht weniger l
als 31,000 Mann Truppen mit 5,370
Pferden in Paris schlagfertig zur Ber
fix-Jung hätte
Un oicsem Uensraa Ven: Z-. He
bruar, gab es allerdings, wie Guizot
bezeugt, vorerst noch mehr nur Ge
lärm«alö Handlung; jedoch war, bei
näherem Zusehen, rer Uebergang der
Bewegung vom Parlamentarifchen
zum Volks-mäßigen schon geschehen.
Ter tonftitutionelle Kammerzank
hatte sich unversehens in eine popu
läre Streitfrage verwandelt und hin
ter dem Oppositiansgaulelspiel tauchte
schon der Ermeute - Ernst auf. Der
Tag war trüb und regnerisch, aber
trotzdem be ann unter den Schädel
decken der völkerung von Paris die
Erinnerung an die Juni-, Juli- und
Augufttagegluth ihrer früheren Revo
lutionen wach zu werden« Massenun
sammlungen auf den Straßen und
Plätzen Umgehen des Gefchreies: »A
bas!« Gegen Abend zu wurde der
Ruf: »Weder mit Guizot!« artituliri
ter und drohender. Um die Madeleine
her ungeheures Gewühl, in der Mee
Marigny und in den Champs - Ely
fees das Abt-rennen in Brand ge
ftectter Wachthönser. Noch nirgends
Kampf zwischen Voll und Truppenz
aber allerwörts eine tiefe und aus
dauernde Gährung.
Im Schlosse war man derweil guter
Dinge, wenigstens war es der König.
Als am Dienstag Vormittag der Mi
nister der öffentlichen Arbeiten, Mon
sieur Jam, in das königliche Kabinet
trat, kam ihm Lunis Philipp mit freu
dehellem Gesicht entgegen. »Ah, Sie
kommen, mir Gliick zu wünschen? Jn
der That. die Sache macht sich gut! Sie
wissen, die herren von der Opposition
haben auf das Bankett verzichtet Sie
sind, freilich ein wenig spät, zur Ein
sicht get-murren daß sie ein gross-S Spiel
spielen wlirden. Die ganze Geschichte
unserer Tanmieemajaritst neue
wegung bedeutend. an Höhe, an Tiefe,
an Umfang Der Faubourg Samt
Antoine, der alte hauptretrutirukrgs
platz der Revolution, war massenhast
. auf den Beinen. Gegen 10 Uhr Por
mittags hatte das Kochen und Siedern
TWallen und Brausen der Gährung
sehr bedrohlich zugenommen, so be
; drohlich, daß das Barorneter der Zu
Jversicht in den Tuilerien schon im
lFallen begriffen war. Auch im Pa
l lnis Vernimm wo Guizot mit etlichen
T seiner Kollegen der Kammersitzuug
anwchnte. Die erfuhr er, was ihn
erschraken muß : nämlich, daß die
HNationalgarde von Paris in ihrer
lMehrheit nicht nur unzuverlässig son
fdem soga: feindlich, v. h. :efokmtustig
l sei und daß diese Stimmung in den
sReihen der Bürgerwebr um so ent
Hchiedener sich iundgäbr. als die ton
[ servativen Elemente derselben » dem
sRufe der Apelltrommeln nur spärlich
Hund verdrossen gehorcht hätten. Der
sPremier hatte den Eindruck dieser
»Neuigteit noch nicht verwunden, als
ssein Amtggenosse Duchatel takti, um
ihn eiligst nach dem Schlosse zu ho
len. Aus der Fahrt dorthin äußerte
TuchateL der König hätte ihm soeben
mitgetheilt, er werde von allen Zeiten
rnit dem Rath angegangen, Das Mini
sterium zu wechseln, um der Kriie ein
Ende zu machen; daß er sich aber dazu
nicht entschließen könne. Guizot aber
hielt sich für das Heil Frankreichs
mindestens ebenso unentbehrlich wie
Louis Philipp selber und machte dem
König bemertlich, daß das Ministe
rium, falls der König fest zu demsel
ben stände, sich wohl getraute, den
Kampf mit dem Aufruhr ersolgreich
durchzuführen Es zog nicht, denn
Louis Philipp stand zu dieser Stunde
ganz unter dem Einflusse seiner Frau,
welche wälznte, mittels einer Aenderung
des Ministeriums könnte und würde der
Sturm beschworen werden. Das ver
legene Hin- und Versprechen endigte
damit, daß der König mit der Erklä
runa herausging er werden den Grasen
Mole rufen lassen, um denselben mit
der Bildung eines neuen Ministerizrntz
zu betrauen.
Das Gewitter eirer Revolution in
vollem Arz- und Losbruch und als
Befchwörer desselben ein Grafe Mole !
Ein wahrhaft lindifcher Einfall
Jwei Stunden später war man in
den Tuiierien dahin gebracht, daß man
es für eine Notwendigkeit ansah, den
verb.rßtefren, aber, wie man wähnte,
entfchlosfensten und unbesiegbarften
der Generale, dem Marsch-all Bugeaud,
den Oberbefebl über fämmtliche in Pa
ris vorhandene Streitlräfte zu ge
ben. Denn im Verlaufe des Tages war
die Aufregung mel;r und mehr zur Er
hebung in Waffen geworden und hatte
unter den Klängen von Rouget de
l’Jsle’S ewigem Zauberliede der Revo
lutionstanz begonnen. Die Leichenernte
des-« Tages war nicht unbeträchtlich Ein
Wachthauc war nach hartnäckiger Ge
genwehr der Soldaten und wiederholtern
Verluftvollen Ansturm durch eine Schaar
von Bluscnleuten genommen worden«
Jn der ersxen Erbitzung wollten die Sie
ger ihre sämmtlichen Gefangenen iiber
die Klinge springen lassen. Doch legte
sich der Kampfzorn rasch und die Bar
barei unterblieb. Einer der Proletarier
jedoch fuhr noch zu toben fort. «Man
hat mir meinen Bruder umgebracht —
schrie er — ich muß dafür wieder einen
umbringen !« Worauf ein Kamerad von
ihm sagte: »Aber Den könntest Du denn
mitbringen, der nicht auch Dein Bruder
wäre ?« Es ist sehr die Frage, ob jemals
unter einem Purpurmantel ein Wort
hervorgegangen, das diesem unter einer
Blufe hervor-gegangenen gleichtäme.
Zur Abendzeit hatte sich dte Nachricht
vom Sturze Guizot’s und seiner Colle
gen in der Stadt verbreitet und allge
meine Freude hervorgerufen. Das alte
und ewige Kind, das Volk, läßt sich ja
: so leicht sit-neigen und fchwichtigen so
gar mit Mondschein im Wasser. Der
Kampf hatte allenthalben aufgehört, Pa
ris illnminirte, lVunderttausende wogten
fröhlich und lachend durch die Straßen
und Bontgeois und Proletarier, Natio
nalgaroe und Linie, Männer und
Frauen tauschten miteinander den ju
belnden Friedenzgruß: Vive la reformet«
Aus den Boulevards wandelt, wimmelt
und wuselt es ameisen-wuselig. Eine Co
lonne von Musen, welche den Tag iibet
die Batritaden im Quartier Stint
Martin vertheidigt hatten, kam vorn
Verbomeplatz her und traf bei der Aus
miindung der Rue de la Paix aus den
Boulevard mit einer andern zusammen.
Bei-einigt zogen die beiden Schauen un
ter Anstimmung der Marseillaise die
Boulevards hinab bis zur Ausmiindung
der Rue Neuve Saint Augustin, wo der
Zug stockte und sich staute, weil ein da
selbst zum Schutze des Ministeriums der
auswärtigen Angelegenheiten im Viereck
ausgestelltes Soldatenbataillon den Wei
tetmarsch hemmte. Hier, vor Guizot’s
Wohnung also, geschah um 9 Uhr-Abends
das Unausgetlärte, welches die Reform
feier in eine iRevolution verwandelte.
Die Spitze der Voltgcolonne, von dem
Bürgerwchrlieutenant Schumacker ge
führt, wird von der nachschiebenden
Masse hart an das Bntaillvn herange
drängt. ,,Commandant« —- sagt Schu
macket zu dem zu Pferde vor der Fwnt
haltenden Oberstlieutenant Courant —
»lassen Sie uns durch; unsere Absichten
sind friedlich. Sie sehst-, Fixer un;
Msz Juki-hegen szwei · »» He tm
durchzutassen.« Das Pferd scheut vor
den wehean Fahnen und sprühenden
Fackeln, sein Reiter lenkt es daher in das
Viereck hinein, und da er sieht, daß die
dort-erste Reihe seiner Leute durch die
anvrängence Masse in Unordnung ge
bracht wird, schreit er: »Grenadiere, fällt
das Bajonnett !« Die Eewebrliiuse sen
ten sick und aus der äußersten Linien der
Linie geht ein Schuß los; ob aus Zusall
oder aus-« Absicht, tein Mensch wußte over
weiß es zu sagen. Aber dieser Schuß
gab das Signal zu einem Votum-nis
feuer, welches 33 Menschen todt und 47
verwundet aus Das Pslaster niederwarf.
zur Verzweiflung :es Commandanten
Courant, zur Bestiirzung der Soldaten,
welche Dem Anreiz eines panischen
Schadens nachgegeben hatten.
Tie furchtbare Wirkung dieser plötz
lichen Meyelei ist tveltbetannt. Von dem
lutbesndelten Boden vor Guizot’s Wob
nung erhob sich ver Rachegeist in sie
Lüste. aus Riesensittigen über Paris sich
hinschwinaend, und von Stund’ an sola
ten sich Iie Ereignisse mit so übertün
zender Hast. daß Ier Julithron bereits
umgestiirzt und ver Bürgertönig schon
auf der Flucht war, als man in diesem
oder jenem Quartier ver Stadt noch von
weiter nichts wußte als von der Bern
sung zeig Grasen Molc.
s Zu den Waffen!
Die Uhr des Padillon de l«.s)orloae
schlägt l Uhr, :ie erste Stunde des 24.
Februar von 1848
Die Wachtvosten find an allen Ecken
, und Enden verdoppelt, verdreisacht. Das
s Gitter des großen Hofes ist geschlossen
s Kriegerische Zurüstungen rings unt
den Palast. Längs der Rue Rivoli eine
Eolonne Jnfanterie unter den Waffen
Jn den Zioisckdenräumen reitende -etrtille
rie mit ihren Stücken. Starle Kavalie
riepiletg in die Nue St. Honore und bis
« zum «1««.rlaiL-iktotial vorgeschoben Bei nä
s herein Zusehen tönnte man in der Hal
s tung :er Trupden eine gewisse Schlafs- ’
heit und Verdrossenheit bemerken: hatten s
s sie doch schon seit nahezu 48 Stunden in I
; Wind und Wetter ermüdenden und un- »
» liebsarnen Dienst gethan. Aber laut unt- -
: lebhaft geht es her Drinnen aus dem Ka
’ rousselviatz. Lodernde Pechflammensener i
werfen ihren rothen Schein über den
weiten Raum, welcher auf allen vieri
« Seiten mit Truppen aller Waffengattnn- (
gen eingesaszt ist. Jn ter Mitte ein dicht
stehender Halbkreis von Stabs- und .
-Subalternossicieren. Vor der Frontes
desselben eine Gruppe von Generzlern
Auf der Sehne des- Bogens ein Mann
Jvon martialischer Figur, Haltung univ
j Gebärde. Sein von den breiten Schul
J tern zurückgeschlagener Mantel läßt eine
I reichgesticlte Unisorm sehen und aus dein
; Kopfe trägt er den mit weißem Federb»
» satze geränberten Hut eines Marschalls
von Frantreich Ihm zur Seite hält sittt
sein schlanter Mann in Generalliente
nantåuniiortn dessen seine, kühle und et
was hoffärtigen Züge den Dur de Ne
mours, Louis Philipps zweitältesten
Sohn, erkennen lassen.
»Messieurs« — spricht der Marschali
Bugeaud kurz und barsch die Ossiziere
an —- ,.der König hat mich soeben mit
dem sterbesehl über die gesammte be
waffnete Macht von Paris Linie und
INationaigardtz beehrt. Man muß einl
i Ende machen mit den Revoluzernt Jhr
wißt, wann ich mich mit ihan ichnxgs
bin ich niemals schlagen wotden.« s
Beisälliges Lächeln belohnt die Prah
lerei des Dur d’Jsly. belannter noch un
ter seinen populären Titeln Kerkermei
ster von Blaue« und »Schlächter von der
Rue Transncnain«. Doch, horch. was
trägt der Nachwind für ein dumpfes
Geräusch den Strom herunter-, von der
Ein-Insel her und herüber aus den
volkreichen Quartieren Ein Rauschen
und Brausen, bald stntend, bald schwel
lend; und horch, jetzt reißen sich aus dem
massenhasten Saus und Brauz einzelne
artitulirte Töne los: —- .Allons en
sants !« und antwortet es drüben : »Le
jour de gloire est arrive i« und wie ein
Bündel seuriger Klangraketen zischt zum
nächtigen Himmel empor der Reswin:
.Aux arme-. eitohens !«
Die Bedingungen des herrn
Thiers.
Unterdessen arbeiten sich zwei Män
ner mühsam und oft angerufen zum
Eingange des Palaithoses und von
dort zur Otnterpsorte des Padillon de
ihorloge durch. Der eine trägt die
Uniform der Adjutanten des Königs,
der andere ist in Civil, ein Mann weit
unter Mittelgrösze Aus dem hinaus
geschlagenei. Kragen seines Pelznike
rocls ragt ein ungewöhnlich großer
Schädel hervor. Nachdem er sich aus
seinen Enthüllungen herausgewickelt.
stellt sich der Kleine dar als ein ziem
lich altes Männchen mit einein entschie
denen Nußnackergesichte, welchem je
doch die Augen viel »Esprit« verleihen
würden, sc sie nicht durch große runde
Brillengläser verdeckt wären. Jm
Vorzimrnex zum königlichen Kabinet
eilt ihm herr de Montalivet entgegen,
Jniendant der Civilliste.
»Ah Monsieur Thiers«, sagt Herr
de Mentalivet »wir sind höchlich er
freut. Sie hier zu sehen· Freilich, Se.
Majestät erwartete nicht weniger von
Ihrer Hingedung Aber schonen Sie
»Den König schonen ? Meine erste
Psl .cht ist, ihm die Wahrheit zu sagen,«
entgegnet der kleine Rothklsey in wel
«M man zu dieser Stunde einen »F
»Mit-eh its-schif
let-zusehen Mythologie in 20 dicken Ban
den. ein ,,Wahrheitssagee !«
Um 21s2 Uhr stand der napvleos
nische Muthograph und orleanistische
Staatsinann vor dem Sohn Egalite’s.
Die Ereignisse der zwei letzten Tage hat
ten zwar dem nahezu Fünfundsiehzigjäk
« rigen körperlich tüchtig zugesetzt —— er
lag übern-acht und schachmatt gan in
T Flanell gewickelt, in seinem Lehnstuhl —
«aber sie hatten ihn Vom Rausche des
; Machtbesitzes keineswegs erniichtert.
» Tit Berufung Thiers. wozu er sich aus
vielseitiges Drangen hin kurz vor Mit
ternacht entschlossen, war ein seinem
- Strlze schwer abgerungenes Zugeständ
. nis!» und als der Gerufene jetzt gemeldet
und eingeführt wurde, gab dem Greise
sein aetränltes Selbstgefiihl und feine
iiksske Laune Mem-ask rasch aufzustehen
unt den tleinen Nothhelfer mit den bar
schen Worten zu empfangen: »Sie ten
net die Sachlage Ich ließ Herrn Male
ruien ; er will nicht. Jch sah mich also
genöthigt, Jhre Dienste in Anspruch zu
nehmen. Haben Sie ein Ministerium bei
der Hand?
Ich muß es aus ver vaosmon
nehmen- Wag siir Leute werden Sie
mir gebeut Jch errathe, daß Sie
Bartot fordern werden, und babe
nichts dagegen. Er ist ein guter
Mensch. rbzwar ein schlechter Musi
t.!.nt, will sagen Polititer. Präsident
des Kabinets jedoch miissen Sie und
darf nicht Varrot sein. Man muß
sesr austreten und dabei ziiliP ich nur
auf Sie.·' --— »Herr de Remusat ?« —
,,Eraverstanden.« -—« »Herr Duvergier
de Hauranne?« »Ah, Tuvergier ?«
— »Der tritt sest aus-« -—— »Ja, aber
aus meine Kosten. Doch ez sei. Die
Herren sind Jhre Freunde, lassen Sie
dieselben kommen Hinsichtlich der
Persönlichen wären wir also im Rei
nen. Was verlangen Sie in Betress
des Sachlichen ?« —-- »Mit der gegen
wärtigen Kammer tönnen ich und
meine Freunde nicht repieren.« --— »Ah
Sie verlangen die Auslösung der
Kammer? Niemals!« Und so spre
chend ging der alte Mann in höchster
Aufregung im Zimmer hin und her.
Miihsam sich beherrschend, äußerte er
dann: »Was ich siir den Augenblick
brauche, sind Minister. Suchen Zie
mir welche! Wir werden uns später
trotl verständigen Jedenfalls will
ich im Mcniteur anzeigen lassen, dass
ich Sie berufen und mit der Mithil
duna des Ministeriumg betraut habe.«
Ehe Thier das Schloß verließ«·
sprach er im Etat-Masor vor, welcher
in dem Pavillon der Tuilerien unter
gelracht war. Der tapsere Marschall
hatte soeben wieder eine Rede an die
versammelten stiziere gehalten und
der eintretende Thiers konnte noch
den Schlußsatz mit anhören: »Wenn
die Nationalgarde mit uns geht, desto
besser; wenn nicht« nun wohl, Mes
sieurs, so marschiren wir über sie hin
wea.« Die bedenkliche Miene von
Thiers lontrastirte gar sehr mit dieser
Fansaronnade.
Barritaden überall.
Bugeaud war in Wahrheit voll Zu
versicht uud tras seine Maßregeln und
Anordnungen mit Sicherheit und Be
stimmtheit. Die Zahl der Streitträfte,
über welche er zunächst verfügen
konnte, betrug in runder Summe
25,000 Mann, die Nationalgarde
nicht mitgerechnet. Der Marschall,
welchem vie Stimmung der Bürger
tvehr von Paris nicht unbekannt war,
rechnete auch gar nicht aus sie. Zur
Stunde war die Hauptniasse der be
waffneten Macht in den bösen und
Umgebungen der Tuilerien und des
Louvre vereinigt. Dagegen besand sich
zu derselben Stunde das ganze Cen
trum der Stadt, der Raum zwischen
der Rue de la Pair, den Boulevards.
Idee Rue St. honore. der RueNaw
; butrau und dem Bastilleplag, schon in
i den blinden des AusruhreL
t Ah, sie waren fleißig am Werte ge
s wesen diese Nacht über, die anstelligem
saltenii igen, slinthiindigen Barritasi
dentiinst r der alten Lutetia; sie hat
ten sich keine Mühe verer lassen,J
der «ultima ratio regurn« die «ultirna.
ratio Wort-« entgegenzustellem —
1512 nach allen Regeln der Kunst er
baute Varritadem wozu andere Mate
rialien ungerechnet. 4013 Baum
stiimrne und 1.277,000 Pslastersteine
verwandt wordenwarerr
»Oh, Voit du von Paris ......
Kühn handhabst du das Schwert und teck
die Pflasterfteinet
I Du Meer. deß sorngebtüll. wenn es im
Z Sturm erwache,
fAut der getrönten Stirn den Gott-reif
zittern macht,
Das himcnelhoch drei Tags emporwirft
seine Massen
Und wieder fällt und träg’ sich binftreckt
« und gelassen;
Bott, einzig in der Welt, tn dem sich
räthfelhaft
Mit Greisensünden mifcht beschwingte
Jugendtraft,
Das mit Gefahren spielt und mit dem
Tode ——- immer
Erstaunt ob dir die Wett, doch sie be
greift dich nimmer!«
Die Riesenarbeit der Nacht hatte,
weit entfernt, die Körper zu ekmäden
und die Geister abzuspnnnem in den
Reihen der Zafurgenten den Argwohn
den Zorn, ie Kampfmsi nur gestei
gert- tsä Erlme yet Moskin
Das Regierungsblatt brachte T
in seinem nichtamtlichen Theil F is
betige Nachricht von der bevoj Cz
den Einteyung eines Minifk .
Thiers - Varrot, in feinem an
dagegen die Anzeige, daß der L
fehl iiber die Linie und die Na,
garde dem Marfchall Tuc dJi
geben worden fei. Was —
die Barritadenniänner — Bu
Der Kartätfcher von der Rue. «— »
nonian, welcher das Blut des Vo. »j;
wie Wasser bergossen hat, der H .
kerstnecht des Systeme-, dessen Sop. "«
und Lenker Guizot ist! Daran erie
nen wir, was an allen den Reformv
heißungen ist Weg damit und ,,a »
armes, citoyens!« Noch nirgends e
hob sich um diese Heit der Ruf: «
Republit!« und es untersteht keine
Zweifel, daß noch an diesem Murg
des 24. Februar die Massen durch etli«
zeitgemäfze nnd ehrliche Reformen zu b
fchwichtigen, zu befriedigen und zu s,
minnen gewesen wären.
Bugeauv hatte unterdessen veschlosse
einen Angrisf von seiten der Jnsurr
tion nicht erst abzuwarten, sondern de
selben durch angrifssweises Vorgehen z
vorzukommen Demzufolge organisi
er vier Marschtolonnen Die Iiih
dieser Angriffstruppen hatten Bef
alle Barritaden auf ihrem Wege
Sturm zu nehmen und jeden ihnen
gegnenden Widerstand energisch niede
zuschlagen. Eine vierte Kolonne behie ·
der Marschall unter seiner eigenen Han.
Von der Nationalgarde glaubte Bugeaus
bei seinen Anordnungen ganz absehen z
dürfen. Ein schwerer Jrrthum! Dem
die Reformbestimmung der Mehrheit
sich selhsi überlassenen Bürgern-e
machte die »Bärennriitzen« mit den
«Blusen« shmpathisiren und das E
scheinen der ersteren an der Seite deå»
letzteren verdoppelte und verdreisachtsek
die Unlusi der Linientruppen, rückJEH
sichtslos und ausdaueend für das Fuss-J
tönigthum sich zu schlagen. Seltsam z.-»,
sagen und doch unzweifelhaft wahr, fiie
dieses Julitönigthum wurden jetzt, wi -
übrigens nicht selten siir stürzende Geå
italien, sogar seine guten und beste-J
Zeiten zu Unterganasmotiven Unt4
diesen guten und besten Seiten liati’
Louig Philipps standhafte Friedens«
liebe die erste Stelle eingenommen. ein
Tugend, in welcher die Gloire-, Beute
und leaiicementsucht der Armee nu
ein Laster sah.
Trotz alledem wiegte sich Bugeau.
etliche Stunden lang in der trügerische "
Hoffnung auf einen Triumph, dessen N
zum Voraus genas-» Denn nachdem est
seine Angrifsstolonnen hatte est-marschi
ren tassen, setzte er sich hin und schr·
an Thiers : »Schon lange habe ich vor-II
hergeseheii, mein Freund, daß wir zwei;
berufen werden würden, die Monat «
tu retten.'« « -
Eine geradezu in’·3 Komische fallend
Probe menschlicher Selbsttiiuschung file
tvahrt Längstens zwei Stunden nacht
Mederschreibung dieser Zeilen war vit»
»Emeute« entschieden obenaus und i.
vollem Fortschritt zum Siegesziel sie-Es
griffen. Mehr und mehr sahen sieh die-H
operirenven Truppentiirper von einander
abgeschnitten und, ermattet, hungrig undi
iampslustig, wie sie waren, immer hilf-«
loser in das ungeheure Strahenneh ver-—
Ferickh dessen Moschentmten Barritas
n.
F.
Zu spät ! Nä
Unterdcssen hatte Herr Thierg- sich
gehörig abgezavpelt, urn mitteis Fin
dung von Ministern das Verhängni
abzuwenden, und eg glücklich dahin geil
bracht, vie Chefs der Linken und den«
linten Zentrums der Deputirteniammen
unt sich zu versammeln und diese Herren
Bartou Remusat, Duvergier de
damaan Beaunront, Tocqueville,
Cousin Lasteyrie, Maleville ——— wie auch
den General Lamoriciere in erster oder·
zweiter Linie zur Anna-inne von Minis
sterposten zu bestimmen Gerade weites
die Ministerschaftsiandidaten übereins
tonrrnen, zwischen 7 und 8 Uhr in das
Schloß sich zu begeben, als Monsieur de
Reinig, der Secretär von Thiers, eilends
eintrat. Er hatte die Neuigkeit der Er
nennung eines Ministeriums Thiers
Barrot aus das Redietionsbureau des
»National« gebracht. »Das
nicht« hatte ihm der Wredaci
Mariaft zur lAntwort gegeben; »wir«
niiissen die Abdantung des Königs -
und zwar vor Mittag! Dazu Aas
würde es zu spät sein«. . . . spät
Das sei-mächtige Wort hat sich in jenes
Stunden und Tagen recht breit ge-4
macht. «
Die urn Thierö versammelte-! Mcla
dore des Liberaliösrnus gtaubten je .
deineswego an« das Marmftische »Hu
spät«. Dudergrer de uremne spo ·
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s predigt für seine heilige«. Ein
« Gedanken einer Möglichkeit der ,
weit wegwerfender Wis, welcher natii
lich Beifall fand. »
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