Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, April 29, 1898, Sonntags-Blatt., Image 11

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    —
Z a a e m.
Ging als Kind einst durch der Baden
Rechn.
Dur-tu cusgeputztet Jahrmaritsbudem
! Tra befangen in die schönste ein,
Als ie Leute mich zum Kaufen luden.
Meine Sehnsucht war ein Zucker-herz,
« Mk gespart dazu aar manchenDreier,
« t ermißt jedoch des Kindes
Schmerz?
Das bemalte Herz war viel zu them-.
Irautig schlich «ich mich nach Hause
inn.
Wollte nichts von Luft und Freude
wissen.
Hatte nur das schöne Herz im Sinn,
Und noch lang: meins ich in die stif
en.
Später bat die Mutter mir geschenkt
vaetherzen rasentranzunnvunden,
ach ich liab’ mit Thränen sie ge
tränkt.
Und darunter jenes nicht aefunden. —
Bhrs gingen Und ich war erblüht,
nrmeltrdes Geistes schönste Gaben,
Alles. was im Liebes-stählan -liii)t,
Bat ich einem lieben, stolzen aben.
Aber ach, sein Herz errang ich nicht«
Nicht mit Weinen. nicht mit heißem
Beten.
Meine Liebe, reich und heiß und licht,
Ward von seinem Fuße jäh sei-treten
Tkränen hatte ich dafitt nicht mehr,
Als mein Glück zerbrochen lag ir.
Scherben.
Doch das Leben war mir bitter schwer,
Und wollte weiter nicht-s als sterben.
Ob auch herzen mit ietzt viel gebracht,
Lieb’ ich ernte. wo ich Liebe säte;
Oft tcmmt doch die Sehnsucht über
Nacht
Nach dem einen. welches mich ver
fchmäbte.
Johanna Ambrosius.
i
i
Amerika-Uebersetzung aus den Frass
zoscschen von et. freien-ein«
Unsere-hindert, voll und klar slntlzete
das Licht in das Krankenzimmer!
Wenn dies allein schon einen scharfen
Gegensatz zu fder sonstigen Vorstellung
ten einem Krankenzimmer ergiebt, so
war auch die ursprünglicheBestimrsung
des Baumes eine ganz andre gewesen,
und erst bieUnsbill ver-Krieges hatte den
hübschen kleinen Salon des Schlosses
von Lonsgueoal, in derNiihe von Beau
genctx zum Krankenzimmer umgewan
lt. Sechs veriwtnbete Ofiiiiere waren
in diesem imvrovisirtenLazareth unters
bracht. Alle sechs waren wir bei
Gntlmiers vertvunldet worden, jedoch
Zwien keiner von uns in Lebensgesahr;
eitbem das erste Wurst-siebet vorüber
war und dieSchmerzen nicht mehr an
bauerten, sondern nur siir Augenblicke
sich fühlbar machten, newann die Le
bensle bei allen wieder die Oberhand
Einer dem Andern noch vor kurzem
srernkv, hatten wir uns geaenseitia vor
gestellt und waren auch alle sechs gleich
ans vertrautemFust mit ein-ander denn
Alle. wie wir da lagen, hatten fiir das
Vaterland unser Blut veroossen und
dasselbe Geschick hatte uns hier zusam
men geführt. So vereiniate uns aleich
spm ein Unsichtbares Band ver Wahl
verwarrdtsckmit mit einander.
Man mußte, daß die Preußen zu
rückgedrängt und Orleans wieder von
unseren Truvven besetzt war, nnd un
sere Unterhaltungen, so von einegnBett
zum andern, hatten in diesem Bewußt-f
sein sast etwas Fröhliches, Siegessichei
res anaenomrnen. ««««« s
Drei oon uns waren in Saht-Cur
aetvesen und obgleich aus sebr verschie
benen Semestern, waren wir doch durch
all’ die Schulerinnerunaen bald ganzt
vertraut mit einander-. Wir wiren wie
dieKinden durchlebten im Geist wieder
manchen lustigenStreich· den wir unse
ren Lehrern gespielt und ließen diese
selbst in ihren tleinen Schwächen und;
Eigenthümlichteiten an uns Revue pas
stren. Wie zur Schulzeit in Samt-Chr
nannten wir uns einfach nur beim Va
ternarnen, ohne jede Niiisicbt ans die
Ranaabzetchem welche untere arr. Tosk
ende der Betten liegenden Uniirrtnen
trugen. -—
Einer von uns, noch nan; jung wir
schon Major: lustio und von irr-Zinsn
Leni Win riß er in der llnterbaltsinri
Alles mit sich irrt: er hatte Juei Fu:
neln im FJEiftqelenL doch war es tein
schwerer Fall. isin Anderer, and-· aus
der Tiltilitiirschuie entlassen, war gleich
is-« ktftcki sseuer durch einen Monat
spiiiter prmsundet worden« Ich selbst
war erst vor nimi turzer Zeit ins Afri
ta zuriickaetelnt; mir war ein Arm
durch einen Etreiffehnfk von der Hnnd
bis zur Schulter nufnerissen Man kat
te die Anmut-man vorn-wen wollen,
nie-. ich hatte mich den« mi« Wer siners
in wideioesrt, denn li-e")«: nulkte ich
sterben, innn cic Ktüvzec weiser le-:
L-«-·. Mein Einnan bat n ·r Gut sei
cic. ntt, Miit-: —- ich Leb- noch heute
und mit aeiunden Gliedern.
Von den drei Anderen war einer
Danptmann von der Beiwerk-; dieser
wollte uns lange wissenschaftlich-« Ani
eincnderiedunnen halten« di: wir ssns
jedoch stets verboten. ein Offi ier vom
unin, mit einem Kindern ·tb, der
aber lrinen Sah ohne einen derben
Fluch zu Ende drinnen konnte. und
endlich noch mein Bettnachbat, ein noch
Meinungen fast bartloser Offiiien der
entschieden von Find Allen am ttöntflen
par. Er hatte irren Schuß in die But
Mitm. doch wisse-: bitte edierenThe «
Insel-it worden
I
Es ging wirllich lustig bei uns zu
zund wer von den Sechs noch am Leben,
swird sicherlich nicht ohne ein Gefühl
sder Rilhrung an ,,unlere Billegiatur,«
’wie wir sagten, zurückdenlen tönnen.
Ich wenigstens sehe greifbar deutlich
das schön-e, lustige Zimmer mit den
treifiseidenen Gardinem den getäfeltem
Wänden und der Decke vor mir! Wie(
oft habe ich miclk an den lleineu Ame-;
iretten erfreut, welche da zwischen rosas
Titölichen am Vlafond bin und derj
Ilsuskdtenvund wohl auf anderes als aufs
);1nsere sechs Betten lserab gesehen bat
’ en.
L Durch drei breite Fenster lonntent
wir die Bäume des Paris- erblicken,
kwelche ganz mit Reif bedeckt waren,
und es überlam uns ein egoistischesGe
siihl des Geboraenseins in nnseremz
schönen Salon und in unseren weiche-H
bequemen Betten; dies-Gefühl irnr dop
»pelt groß, wenn wir der Entbehrun eins
»der Kälte und Strapazen gedach enW
)welche wir durchgemacht hatten. (
» Aber eigentlich ging all’ dies Weilst-s
Lbebagen von der barmherzigen Schien-s
b
ster aus, welche uns pflegte. Sie ver
lsebiinte und verklärte Alles um uns he
krum. Ach, die liebe, treue Schwester!
ISie hatte gar leine Ahnung, wie hübsch
sie war und welch« licoreiiendes Bild
sie darbot mit ihrer weißen Kot-finde
ckung, deren lange Bänder wie Flügel
zu beiden Seiten herabhingm Es sah
wie Engelssliigel aus! Und dann —
diese klaren, blauen und doch so tiefen
Au en und dass blonde, soraiizllig zu
iü Jestrichene Haar. welches aber doch
an den Seiten trotz der weißen Stirn
dinde hervoraucktel Mit ihre-re sanften
Lächeln und der jugendlichen Erschei
nung war sie ein heiiliäftizieis Mittel
sue-unsere Leiden.
e schlicht nnd einfach toar ne,
nern Ti- so leis-« ten Ealon mer-, tisi
mtn ilrc Schritte asi: nicht harte nnd
nur tliitzlich ihre ’sil"beri!ar: Etisnrne
vern( lin, welche sagte: »Nun wohl iric
geht-Z Euch, Kinder?« Dies Wer
,..0.inder" aus dem lieblichen Wende
an uns sechs Soldaten aerichtet die
wir neistenp iiber I Jahre älter wa
un. als «·:e lot-e einen riihr iden
Klang-! Als-r Irre crtiae und ioli asne
Kinder waren wir auch! Wie schnell
schwiegen wir, wenn sie saatef »Seit
nicht so laut.« Wie gehorsarn waren
wir, wenn sie befahl: »Hanvtmann La
roumiere, wollen Sie wohl die Arme
unter die Decke stecken —- Sie dürfen
sich nicht eriälten.« »Den F ubard,
trenn ich noch einmal Ihre der n Re
densarten höre, so spreche ich während
des ganzen Tages tein Wort mehr mit
Ihnen« -—— »es ist nicht nett von Ihnen·
Lieutenant, da lieaen Sie nun wieder
aus der Seite und der Doktor will
doch. daß Sie ans dem Rücken ausge
streckt bleiben.«
Ob sie wohl ahnte, welche zästliche
Zuneiauna wir Alle fiir sie empfinden?
Ob sie vermuthete, daß wir manchmal
ganz heimlich unsere Decken in Unord
nung brachten, einzig und allein, damit
sie sich dem Bette nähere? Ob sie wohl
ncch daran denkt, wie wir flehten. wenn
sie das Zimmer verlassen wollte: »Ach
bleib doch noch. Schwester Samm
vfötchen!«
Wie herzlich sie lachte-—in Musik
llana dies Lachen-»als wir ihr diesen
Namen beileaten, welcher so qnt fiir sie
paßte, jedenfalls viel besser, ais der
häßliche. ofsizielle Name »Schwester
Anastasia!« llnd wie qnt verstand sie
unsere Neckereien aufzunehmenl Mit
welcher Nachsicht brachte sie uns dieRoi
mane, von denen sie nicht eintn-.1l den
Titel wissen mochte, nnr damit wir
uns die Zeit vertreiben konnten.
Und eines Tages-»inn« sie da nicht
den Einfall, uns zu saqen: .-,Kinder,
wollt Jhr mir eine rechte Freude ma
chen?« »Oh, are-wiss Bitt-weiter Sammts
pfotchen!« »Nun wohl. dann werde ich
Euch ganz lant vorsvrechen ,,Vater nn
ser" und sehr sprecht mir leise nach."
Dann kniete sie in der Mitte des
Zimrners nieder nnd mit aani versin
terter, feierlich ernst tlinaender Stin
rne sprach sie das Gebet aller Gebete
und wir sechs rauhen Krieaer tlieber-.
tkolten: »Dein Wille aeichebe,« während
unsere Gedanken zur atiicklichen blind
heit zurückkehrten An jenem Tage war
sie nicht mehr hübsch zu nennen die
treue Schwester Samsmtvfiitchem nein,
sie war schön, von über-irdischer Schön
heit. als sie sick erhob nntd dass Gesicht
vor innerer Freude strahlte! Gottes
Seaen iiber Dich, liebe, treue Schwester-i
»Sammtvsötchen. ,
Aber vie trüben Taste kamen wieder. ’
Trotz aller Anstrenqnnnem toetchcl
Schwester Sammtpfiitchen machte, uml
dir Wahrheit vor uns zu verbergen»
drangen die schlechten Nachrichten doch
bis in unsern Seiten Es hatten neue
Kämpfe stattgefunden und eines Mor
neng, alcs Schwester Satnmtpfötctxen zu
uns hereinti«at, da war ihr Gesichtss
ausdruck so tief trauria, daß wir Alle
wie aus- einem Munde riesen: »Was;
ist passirtk« I
Zwei große Thränen rollten übers
ihre Wangen und während sie die Hän
de sattete, saqte sie: ;
«Orleans ist uns wieder entrissen —
sie werden bald hier sein, mein GotiF
erbarme Dich unser!«
Von dieser Stund’ an war ais-Freu
digkeit vorbei! Wir sahen Schivestef
Sammtpsötchen nicht wieder lächeln.
Am nächsten ane hörten wir Sä
belrasseln in der Halle. Die Thitr des
Satans wurde scharf geös net und
mehrere deutsche Ossiziere raten ge
räuschvoll herein. während die Schwe
ster bleich und betrübt ihnen folgte.
,,Wieviel Uertmdete sind hieri«
fragte ver Ches der Abtheilung.
«S , mein herr.«
«Osi Hierei«
«Jatvohl, mein han«
»qu sehn diese-ne —- und mei
Pot jener da? Sie mitssen uns eine Li-(
te geben mit Namen, Rang und An
gabe der Verwundunaen der hier An
wesenden.«
»Hier ist sie.«
»Es ist hier entschieden zu wartn,«j
saate der deutsche Arzt, welcher die Of
fiziere begleitete.
Und rasch öffnete er, sich das Recht
dazu anmaszend, eins der Fenster. Ein
Strom kalter Luft strömte herein und
traf direkt das Bett des jungen Offi-«
Hiers, welcher hustete ;
Schwester Sammtpfötchen trat voi»
nnsd schloß mit ruhiger Entschiedenheit
das Fenster: »
»Ich Bitte um Verzeihung, meine
Herren,« saate sie. »aber ich habe die
Beranttvortuna fiir meineKranten und
eine veränderte Temperatur tönnte ih-;
nen schaden«
" Die Deutschen antworteten nichts
Und verließen den Salvm
Arn Abend hustete der j unoHe Offi
zier mehr. Die Schwester wa te wäh
rend der Nacht im Salom in einem
großen Lehnstuhl sitzend, ließ sie un
ausgesetzt die Perlen ihres Rosenhau
zes durch die Finger gleiten und erhob
sich ost, um auf den Fußspigen bis
um Bette des Kranken zu schleichen,
essen Athmung immer unregelmäßi
aer und schwerer wurde. Am anderen
Tage war eine heftiae Lunge-umzust
idung mit starkem Fieber eingetretn
; tlls unser Arzt kam, deutete sein
ernstes Gesicht nichts Gutes. Nach knir
ibingetoandn saatc er ganz leise zu der
frommen Schwester:
»Schlim-rn, sehr schlimm! Mit der
jSchußwunde eine böse Romplikation
Es ist ern schwerer Fall " « ·
i Dennoch atng oer Jfau ziemlich gut
Fvoriiber. Ader am Abend wurde das
TFieber heftiaer. Als vder Arzt uns
zverließ, schüttelte er bedenklich den
Kopf. Was war das siir eine Nacht!
jAls Soldat halbe ich so manch' schwere
idnrchlebh aber dies ist doch die schreck
llichste von allen gewesen.
i Gegen Mitternacht sing der Kranke
an zu phantastren Inmitten der ver
worrenen und abgebrochenen Worte
wiederholte der arme Verwundete wie
einen Hülferus immer wieder: ,,Mam·a
— —- Mcrtna —- — ich sterbe, lrmitt’
sdoch und giesb mir noch einen Kuß,
einen einzigen. nur einen einzi· en!«
Aufrecht an seinem Bette tehend,
blaß bis in die Lippen. aber unermüd
lich, bewachte die Sols-weiter den Kran
ien, sich nur auf Selunden entfernend,
um die beruhigende Arznei zu holen,
von welcher sie mit großer Mühe dem
Kranken einige Tropfen zwischen die
brennenden Lippen brachte. Und wir
Anderen, wir waren an das Bett ge
sesselt Und musiten uns in obnmiichtiger
Angst verzehren, se hilflos da liegen,
ohne Unserem Kameraden heisen zu
iiinnen und der lieben und fürsorgli
then Pflecketin die Nachtwache zu er
leichtern!
Gegen ?- Uhr Morgens-, nachdem sie
sich lanae über ten Kranken aeneigt,
rerließ sie leise das Zimmer, ohne ein
Wort zu sprechen und lehrte gleich
daraus mit dein Geistlichen «inriici, wel
chen sie arbolt hatte.
Der Priester gale dein Sterbenden
Idie heiliaen Salramenie. Wir lausch
ten. ohne sie In verstehen, den Meini
srhen Gebeten, aber da die Schwester
von Zeit zu Zext .,?ltnen« saqte. so wie
derholten auch wir mit ihr »An-en« und
immer wieder stöhnte der Ofiizier mit
schwächer nnd schwächer werdender
Stimme: »Mama —- Mama — -———
iiisse mich doch noch cimnal.«
Als es vollends Tag war, sagte der
Doktor:
f»An einer Stunde wird es vorbei
em.«
Es war nur noch ein t.rum vernehm
licher Hauch, der sagte:
.,Fiijsse mich. Matna.«
Da näherte sich Schwester Samm
psötchen dein Bette. schob den Arm un
ter den Kopf des Sterbenden, richtete
ihn ein wenia aus und driictte einen
langen, lanan Kuß ans seine bleiche
Stirn. Ein qliicklicktcs, verliarendes
Lächeln dreitete sich iiber das Gesicht
des jungen Ofsiziers und mit dem letz
ten Seufzer, den er augbauctste« sagte
er noch:
«Danle. Maina.«
-.A4-—- —- . i
U
f 1
Das System. ·
Her: Kopf, Gelehrter von Berqu :
Ein complicir « System erschu ,
Worin (kvas er genau begründet)
Jedwedes Ding fein Bläschen findet.
Und wenn er voll Gelehrsamkeit,
Was neu entsteht im Lauf der Zeit,
an sein Systemchen bringen kann,
Wie freut sich da der Biedermann!
Kommt aber ’was. das. wie er's dreht,
Partout in sein System nicht geht,
So sann es » das sieht Jeder rin! —
Nichi existenzberechtigt sein. «
Kur-L wenn auch Alles biegt und
bricht
So fällt doch sein Systemchen nicht;
Ja s« mag die Welt selbst untergeh’n,
Bleibt fein Systemchen doch besteh’n!
O. E. Wantalowicz.
Sptüsstlm
Für Alks qibU a’ Spriichl.
An’ Reim und a' Red’:
Wer nix terms-, sagt: »Ja, iak
Und rerred’t si’ oft net.
O If
»Wo Drei amal essen.
Da ißt aa’ der Viert’;«
So winkt v’ Familie —
Ds’ anders sber Wirth.
f
Drei Lilien
Eine deutsch - chinesische Novelle von
Gustav Lössei.
»Die Königin des- Tnges steigt von
ihrem Thron. Siehe, schon schleiset
ihr langwallendeg Purpurgewand iiber
Höhen und Thaler von Schantung!
Blumen sind darin eingewirlt: Lilien
tnd Chrysanthemum Wohin schrei
test Du, Weib, mit dem flammenden
Herzens Und sie steigt weiter hinab
tsnd schweigt. Ihre goldene Haarfiuth.
durchwirtt von dem köstlichsten Strah
len-Diadem, verschwindet hinter dem
Scheitel der Berge. Es wird Nacht.
Leise folgt auf ihren Spuren der
Mond, sich berauschend an dem Glanze
ihrer Schönheit. Warum folgt mir
der bleiche Fremde, wenn ich seine Kös
nigin nicht bin? Warum- tommt er,
nsein Brautgemach mit der Fackel des
Krieges zu erhellen? Liebe wohnt
nicht im gepanzerten Busen. Gürte
Dein Schwert ab und poche leise an
meine Thür! Das Lied ver Nachtigall
klingt nicht so siisz wie Deine Stimme,
wenn sie um Liebe wirbt. Kommt«
Die Geisha Li-li war es, welche oben
im Theehaus des alten Chang-tseng
diese Worte mit schmelzender Stimme
sang. Jhre Lilienfinger tasieten sich
leise, wie suchend, über die Saiten derl
Mandoline. Wie ein Seufzer ver-s
klang das mehrmals wiederholteH
»Komm!« !
» Als die Sängerin geendet, brach nn-s
ter den anwesenden Fremden ein Bei
fallssturm los-.
Nur einer saß da stumm und starr,
ein junger deutscher Lieutenant zur
See. Seine Augen hingen wie gebannt
an der schönen Erscheinung. llnd als
die Geisha nun mit anmuthigem Lä
Tcheln ihren Sängerlohn einsammelte,
Htrarf er ihr drei Lilien di: ihm gerade.
gar Hand lagen, aus den Teller Jhre
lngen begegnetcn sich. Sie lächelte undj
n: ette. Und dann rauschte sie vorüberl
in einer Wolke von Dust, um gleich
darauf im Hause zu verschwinden.
Jerdinandt Ferdinandt Ob er
nicht hört!« rief lachend ein älterer Ka
ngerad des MarineiLieutenant3. Und
als dieser ausblickte, fügte er scheltend
hinin »Na, weißt Du, wenn Alle so
eiwpsänden, wie Du, dann würden jene
idie Erobercr und wir die Gefangenen
ein.«
»O, ist sie nicht göttlich schön?« rief
Graf Ferdinand von Waldanan ent
zückt aus. »Bist Du blind, Freund,
daß Du die Sonne nicht siehst?«
»Nein, ich sehe nur, daß sie unterge-.
gangen und daß es Zeit ist, hinter die’
Grenzpsiihle zurückzukehren Am Tage
ist es hier oben auf dem Tivoli von
Riaotschau, wie ich es nennen möchte,
ja ganz geniüthlich. Aber Nachtg?
Sieh’ nur diese gelben Kerle, wie sie
mit ihren Schlitzaugen jede unserer Be
wegungen bewachen! Sie möchten unLJ
wohl gern noch länger verweilen seh-en,
um uns dann im Dunkeln auf dein
Heimweg ausznlauern und uns einen
aus chinesischem Stein geschliffenen
Kris in s Herz zu stoßen.«
»Du siehst Gespenster!« lachte der
junae Graf. »Diese Leute sehnen sich
nur darnach, unter unsere Flaage zu
kommen. Nur einen Augendl ict!« (
Er schritt rasch hinweg« dem Hause
zu.
»Verblendeter!« murmelte Baron
Selden.
Die letzten Worte ihres Liedes hat
ten einen Sinn, der um so deutlicher
war, als Geigha, während sie sie sang«
den deutschen Marine Lieutenant an »
gesehen hatte.
Als Graf Ferdinand bei ihr eintrat»
saß sie aus einem Tabonret und über-i
zählte die tleine i tiinze, welche sie ein:
gesammelt hatte. Die drei Lilien hatte
sie sich in’s Haar geflochten, ein weite
rer Betvei3, daß die persönliche An
fpielung in ihrem Liede dem Grasen
qegolten
Dieser stand einen Auaenblick vor«
der listig lächelnden Li li, in seliges
Scshauen versunken. Dann sagte er
tei e »
»Ich liebe Dich --— ich liebe Dicht
lind wenn Deine Worte von vorhin
mir gegolten, dann nenne mir Ort nnd
Stunde, geleinv genug, urn Dir Alles-.
sagenz u können, was ich Dir hier« wo
an den Wänden Späherohren liegen,
nicht sagen dars. Thenerste, schönste
Li li wann dars ich beseligt Dir zu
Fitßen sinken nnd Dir die kleinen
uHände tiissen -3«
»Dein vFreund wird ungehindin
sagte Li-li hinausspähend »Wenn
Du den Muth hast, dessen Du Dich
riihmst, dann komm in der Stunde
zwischen 12 und 1 Uhr Nachts an das
lcubencirtige Theehiiuszchen unten am
Fuße des Berges. Da ivird Lisli Dir
ihr Ohr leihen· Nur bring’ Deine
Waffe nicht mit. Jsht Klirren und
Rasseln könnte einen sctilaflofen Chine
sen vom Lager scheuchen und zu den
anderen eilen lassen. Dein Schicksal
nlg Spion kennst Tu. Jch möchte Dich
nicht todt, sondern lächelnd zu meinen
Füßen fehen.«
Und dabei lächelte sie selbst so der-—
fiihrerisch, daß der junge Mann am
liebsten gleich zu ihr lxtnabneftiirzt wä
re. um ihre zierliche Gestalt mit feinen
Armen zu umfangen.
»Ich louitne s-— unbetvnssnet!« sagte
er mit von Leidenschaft erstickter Stirn
nie. Leb’ wohl, mein süßes Kind!«
Noch einmal umschloß er die blu
mengefchmiickte Geiz-hu mit einein lie
betrunlenen Blick. Dann qing er rein-,
hinaus. Für den vorwurfssvollen Blick
seines älteren Freundes hatte er nur
ein versöhnlichez Lächeln. Sein Herz
war zu voll von Glück. —
Jn schlaflofer Unruhe verbrachte
Graf Fetdinand die Stunden bis 11
Uhr Nachts. Dann verließ er heimlich
und leise sein Lager. Dem Posten ging
er aus dem Wege. Sein Offiziers
Mantel —- denn weiter sahen jene
nichts von ihm — genügte, um ihm
kiberall freien Durchgang zu verschaf
en.
Nun war er draußen in der schwei
genden, dunklenNacht, und rasch schritt
er nach dem Kiaotfchau beherrschenden
Hügel, von welchem das Theehaus des
alten Chang-tseng einporragte.
Wie er jenes Häuschen so tief im
Schatten seines Daches stehen sah und
eine Todtenstille um ihn her war, wan
delte ihn zum ersten Male ein Gefühl
von Mifzbehagen an.
Wenn nun jenes Mädchen im Bunde
knit seinen Feinden stand?
O pfui!
,Sein ehrlicher deutscher Sinn em
pörte sich gegen einen solchen Verdacht.
Dennoch ging er jetzt langsamer, und
kurz vor dem dunklen, kleinen Tha
haus blieb er stehen, als erwartete er
von dort ein Zeichen.
Ein solches wurde gegeben.
Ein weißes Tuch flatterte auf einen
Augenblick in der dunklenThüröffnung,
winkend und grüßend. Dann ver
schwand es wieder.
EgelilZe nach dem offenen Hause.
» 1-10«
Mit diesem leisen Freudenruf auf
den Lippen trat er tastend, nur ausge
breiteten Armen über die Schwelle. —
Ein ganstschlag von hinten gegen
seinen ops geführt, streckge ihn be
wußtlos zu Boden.
Als Graf Ferdinand aus seiner Be
täubung erwachte, sah er sich in einer
matt erleuchteten alle, deren Angel
l
Gestaltung vermut Jen ließ, daß es ein
ruinenhafter Tempelbau war
Um ihn her hockten eins Menge ke
wafsneter Chinesen, deren Schlitzaugen
drohend auf ihn blickten.
Der Gefangene, dem das Bewußt
sein des Geschehenen eben erst dämmer
te, richtete sich starr empor, trotzdem
ihm die Hände aus dem Rücken zusam
mengebunden waren. Doch bald soll
te er zur Erlenntniß feiner gefährli
chen Lage kommen.
Ein Dolmetsch war zur Stelle, und
so lernte er verstehen und begreifen,
daß es sich für ihn hier um Leben und·
Sterben handelte. Denn was der»
Sprecher der Gesellschaft ihm hier
»auseinanderseszte, war nichts anderes,
als ein TodesurtheiL
Man befragte ihn über die Kriegs-»
ftärte der angetommenen und der noch
erwarteten deutschen Truppen, iiber
Idie Operationspläne, besonders in Be
;zug auf das den Forts zunächst gele
gene Kiaotschau u. f. w. und es machte
ioanz den Eindruck, als wenn ein von
Ldeutschen Jnftrukteuren gebildet-r Mi
Ilitär die Fragen that und als ob man
lplane, auf Grund der erwarteten Jn
kformationen einen nächtlichen Angriff
xzur See und zu Lande in s Wert zu
Usetzen
I Des jungen Offiziers ständige Ant
wort lautete:
I »Ihr werdet mich zum Tode bereit
sfinden.«
) ,,:L33ir lassen Dir eine Stunde-Bedenk
zeit. «
Hieran verließen sämmtliche Anwe
senden den Raum, die wenigen, bunten
Vapierlatcrnen mit sich nehmend.
Wahrlich, zum Nachdenken hatte der
Gefangene nun Zeit in dieser Finster
nis; und großen Stille, in wel er das
Rauschen des nahen Stromes eutlich
vernehmbar war. Er ging also einem
aualvollen Tode entgegen. Und wa
rum? Um eines schönes Weibes wil
len, das ihn mit ihrer süßen Larve be
hext hatte und deren Blicke ebenso falsch
waren wie das Noth ihrer Wangen.
O, dasz er sich hätte sagen dürfen, er
sei auf einem gefährlichen Streifzuge
begriffen gewesen und ftiirbe im Dien
ste! Aber so —- .Und wenn man nun
Hat-, daß er feine Waffen zurückgelas
sen nnd keine Spur von ihm sand,
smußte man nicht glauben, er hatte sich
,verdorgen und diene den Feinden —
um eines Weibes willen? Und dieses
Weib eine Geisha! Scham und Zorn
trieben ihm das Blut zu stopf. Baron
YSelden würde nicht schweigen Dann
tam Alles zu Tage, nur nicht, was er
»in dieser Stunde gelitten
I Der Gefangenc zerrte an seinen Fes
seln, die er vergebens zu lösen suchte
jMit einem dumpfen Ausftöbnen fant
er zur Seite, ein Opfer seelischer und
physischer Schmerzen, von denen ihn
inur der Tod befreien konnte.
st- sss si
I Li-li war, nachdem der Graf sie neu-i
,te Abend verlassen hatte, Unter dies
iVeranda getreten und hatte ihm nachj
Zacblieth fo lange sie ihn sehen tonnteJ
Ja, sic liebte diesen schönen, jungen
Offizier wahr und innig von demj
Augenblicke an, wo er zum ersten Male»
shier heraufgetommen war.
I Mit der gleichen Ungeduld wie er«
Ihatte sie der verabredeten Nachistundel
Eentgegen gesehen.
i Als sie dann heimlich ihre Kammer
sverlasfen wollte, fand sie dieselbe vonf
außen verschlossen. s
Sie erkannte sofort, daß hier Ver-t
rat im Spiele war, daß man sie be-«
lauecht hatte. Unbetvuszt hatte sie den
Geliebten in’å Verderben gelockt, und
7statt ihrer empfingen ilnr nnn da un
ten die Mörder; denn ohne Zweifel»
waren es solche, welche sich zur Ver-;
nichiung der fremden Erobeter ver-;
schworen hatten- «
Von furchtbarer Angst erfaßt, be-«
mühte sie sich auf jede Weise, aus iky
rem zeitweiligen Kerker zu entweichen.
Lärm durfte sie nicht machen. »
i Eine geraume Zeit verging, ehe sie
·an den Gedanken verfiel aus Decken
und Kleidern. die sie zerschniii, einen
Strick zu drehen und an diesem sich
aus dem Fenster hinabzulafsern »
—
Er reichte nicht ganz.
Nicht im Stande, wieder nach oben
zu klettern, um den Strick zu verlän
gern, mu te sie abspringen.
Es ga ihr eine arge Erschiitierung
und dann fand sie, daß sie ich den lin
ken Fuß etwas verstaucht hatte. Den
noch eilte sie fort, froh, ihrem Kerker
entronnen zu sein.
Jm Begriff, von dem Hügel hinab
zusteigen, bemerkte sie mit scharfem
Späherblick, daß unten verdächtige Ge
stalten um das einsam gelegene kleine
Theehaus herum sich bewegten.
Sie kam zu spät!
Ein erstickterSchrei und ein dumpfes
Voltern tönte aus der Tiefe herau .
Halb ohnniiichtig vor Schreck sank ie
zu Boden.
Wenige Minuten später kamen eine
Anzahl Männer aus dem kleinen Thu
haus heraus, einen scheinbar leblosen
Körper zwischen sich tragend.
Sie folgte in angemessener Ent
fernung.
Der verenkte Fuß begann bereits
anzuschwellen u. war äußerst schmerz
»haft. Zum Glück konnten auch die
fMänner mit ihrer schweren Last nicht
»so schnell von der Stelle.
Li-li kannte die ganze Umgegend
genau, sie ersah alsbald. wohin man
den Gefangenen brachte und konnte
nun langsamer folgen. So langte sie
gerade bei der außerhalb Kiaotschaus
gelegenen Tempelruine an, als drinnen
das Verliör des Gefangenen stattfand.
Alle Verschworenen hatten sich zu die
sem Zweck in’s Jnnere begeben. Li-li
kannte die Anlage und vermochte so
bis an eine offene Jnnenthiir zu F
langen, von wo aus sie Alles -
lauschte.
Welch ein eld war dieser Mann!
—- Sie war est entschlossen ihn zu
befreien.
Nachdem jene hinaus-, und ihre
Schritte und Stimmen verhallt waren,
tastete sie sich mit äußerster Vorsicht
nach dem Gefangenen hin, und als ie
ner aus halber Betäubung auffuhr,
fliisterte sie ihm auf Englisch ein paar
Worte zu, die ihm den Mund verschlos
Isen.
Sie tru« ein Dolchmesser dei sich.
Mit dem loste sie seine Fesseln. Dann
erhoben sich beide. Sie erfaßte seine
Hand und führte ihn durch Säle und
Gänge leise hinaus-.
Bei jedem Schritt rhätte sitt ems
schreien mögen vor Schmerz, aber iem
leisester Wehlaut kam ülber ihre zucken
den Lippen.
Endlich standen sie draußen ins
Schatten einiger Büsche.
»Jetzt müssen wir uns trennen!««
hauchte sie, »Eile voran und ruhe nich«
eher. als bis Du in Eurem Lager an
gelangt dist. Ich kenne hier jeden
Schritt und werde mich auf einem an
deren Wege nach dem Theehsaus zurück
beaeben. Komme in der nächsten Zeit
nicht wieder dorthin! Nur soviel wisse:
Ich liebe Dich und habe Dich nicht ver
rathtn! Alles weitere später. Fort!
Leb’ weslhll Küsse mich zum Abschied!
Und so leb’ wohl!«
Er wollte noch etwas saaen, aber sie
drängte ihn von sich. Sie vermochte
sich kaum noch aufrecht zu erhalten. Er
sollte nicht wissen, daß sie verwundet
war. Sonst, das sagte sie sich, würde
er sie nicht verlassen haben. und trug er
sie fert, so war seine Flucht dereitelt.
Er skina lautlos fort und verschwand
im Dunkel der Nacht.
Nur war es zu Ende msit ihrer
Kraft· Mit einem dumpfen Wehlaut
sank sie zu Erden
Vcsn irgend woher rief man sie an.
Dann kamen Schritte daher, viele, ha
ftende. Sie fal) sich um«drönsgt, mit
Fragen bestürmt. Man schleppte sie
nach dem Hause zurück. Dann wurde
eiss dunkel rsor ihren Ausgen.
si- P di
,,Hast Du es- schon gehört?« fragte
am solaenden Abend der eben heim
kelkrcnde Baron Seiden seinen Freund.
»Nein, was denn?«
,Die Geiilkir mit der Du gestern
cimrmiertcit, bat man innerhalb einer
alten Tenwelnxine ermordet ausgesun
den, von rielcn Dolchen durchbohrt
Au ibren dleicken Lippen gepreßt, hielt
sie Deine drei Lilieu.«
Jneogntwh sürstticher Persönliche
reiten.
Die häufigen Reisen der Sonderäne
und die damit verbundene Last offi
cieller Eindsänge hat ein siirmtiches
System von ganzen und halben Jncog
nitosz ausgebildet, das nach ganz be
stimmten internationalen Re«eln ge
handhabt wird. Jn einem sol en hal
ben Jncognito sind tiirW « der Kaiser
von Oesterreicb und die Königin von
England nach dem schönen Littorale
gereist, und sie haben sich dadurch eine
:iiberinäfzi»ae Last erspart, ohne doch
ganz aus die ihnen znioinmenden Eh
runaen du verzichten. Bei diesem An
lasse dürfte es von Interesse sein« wenn
Jivir die Jncognitos, unter denen die
europäischen Fürstlichleiten zu reisen
ipslegem ansü ren. Die Königin von
sEngland heißt aus Reisen Gräfin von
jBaimoraL während der Prinz von
sWales unter dem Namen eines Grasen
»von Chester reist. Die Kaiserin von
iOkstemich in imoiusiande nur aisGkäs
isin von Hohenenis bekannt. Ex-Fkaise
Hin Eugenie, nennt sich Gräsin von
Pierresonds, der König von Belgien
Gras von Ravenstein, der Fürst von
Butgarien Gras Murann, die Ex
’.5tönigin von Neapel Herzogin von Ca
istro, der König von Portugal Gras
IBarelloS, Königin Aineiie von Portu
,gal Marquise de Villacosa, der Kron
svrin von Schweden Gras Carlsborg,
lvie egentin von Spanien Gräsin von
lToledm die Kaiserin Friedrich Gräan
von Linsen.