Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 21, 1898, Page 6, Image 6

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    Das Familien-stunk
s N
sollte nur mit den besten Photographien
gefüllt sein, die besten sind zu jeder Zeit
die dilligsten. DerZweckist total verfehlt,
fernen Verwandten, und Freunden, Pho
tographien xu senden, wenn Leute welche
Sie jeden Tag sehen, nicht erratlsen kön
nen, daß das Bild Ihr Portmit sein soll.
Unsere Photographien haben des Ge
präge der Großftadt, und können mit?
Zuversicht den Arbeiten der Hosphotm s
grnpben Deutschlands zur Seite gestelltl
werden Rücksichtlich unserer mäßigen»
Preisens sollte Niemand im Zweifel sein, !
wo er sich photographieren lassen soll I
Ein Blick aus unsere AusstellimgsbilderI
wird Jedem sofort die Ueberkeugung ab- I
gewinnen, daß Obiges nur richtig ist. i
Ergebenft ’
J. LEsclssllIsKY,
Photograph
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Heu-I J Fuss,
Sigm-ten - Fabrikant;
und Händler in ?
Rauch- und KamTahah
Cigikrrempttzen und Rauchenlltcnsiues
überhaupt
Mzabrikant der altbervährten A
U. D· Cigarren, die beste 5c-·Cigarre.
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Monumenth Grabsteine;
ans Marmor und Granit .
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keine Bestellunacn ehe Ihr unsJ qesezsssz
Unsere Preise into Im« x1ivdr:g»;c3:. ;
Seht uns und spart Held z
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k Luxus-. .
Inn. muntre Gesellen,
Geld alle zur Handl
Mit Inn-senden Schellen
Zieht Einer in's Land
Pnn Zentner-at heißt er,
Ein trölzllcher Meisters
Der ist Zu der Geister
Belebung gesandt.
Nun bleibe, was trocken
Und ernst lit, uns fernl
Geringelten Locken
Jetzt folgt-n wir gern,
Und Augen« die winken,
Und Bechern« die blinkenl
wer schwach ift lnt Trlnlen,
Seh’ zu, daß er’0 lern’.
Wie locken die Gel en
Und laden zum an l
Es schlingt sich der Reigen,
Ein blühende-: Kranz,
Ein Kranz voller Rosenl
Die geben, die lesen,
Geschaffen zum Kalen,
Dem Ganzen ersl Glanz.
Jtn Mazlengewimmel
Treibt Amor leln Spiel,
Jm lntnten Getümmel
Ansrichlet er viel.
Er lauscht zwischen Bechern,
Gefährllch den echern,
Er sncht hinter ächern
Hervor sich sein Ziel.
Und stimmten uns heiter
Die Neben des Rhein-,
So glbt'0, am uns weiter
Zu fördern, noch eine
Champagner laßt bringet-,
Der Pfropfen maß springen,
Das Glas muß erklingen
Voll perlenden Weins.
Ach, all die Geläuqe,
Die eben erschallt,
Die fröhlichen Klänge,
Rasch sind sie verhallt
Stnmm werden die Geigen,
·:- J Un lich der Reigen,
Dem Jubel folgt Schweigen,
Ach, leider zn bald!
Das Bonliei. «
——-—-—— i
Humoreglra non War Kennizp
»Nein, in Berlin bleibe ich uichti
läuger,« hatte der Provisor Reichel
wiederholt seinen Bekannten erklärt.
»Was bedeutet man denn hier in dieser «
unendlichen MenschenfluthP —- Gar
nichts. Was siir Damenbetanntschasten I
macht man denn hier?—Kellnerinnen, l
Fabrilmädchen, Verläuserinnen. Na,i
ist das was?
Jn kleinen Orten dagegen ist man
ein großes Thier. Da bildet man mit
dem Amtsrichter und dem Doktor zu
sammen die bunte wirkt-. Und auch in
etwas größeren zahlt mau immer noch
zur Gesellschaft. Also ’rau5 aus Ber
lin! und zwar nach dem reichen Westen,
wo die Millionijrstorlner nur so auf
der Straße herumlaufen; denn hei
rathen will ich. Jan-»oui! heirathen
und mir selber ’ne Aucihrle kansen.'·
Der Provisor hatte Wort gehalten;
denn kurze Zeit daran-i rnhrte er in den
Salbeutöpsen der Pelikanapotheke, die
an der Hauptstraße einer großen west
sälischen Industrie-findt lag.
Einige Häuser weiter lenkte das
Reichshallenthenter durch große rathe
Plakate die Aufmerksamkeit der Pas
santen auf sich.
Die Sterne der Berliner Spezia
litätenbiihnen waren dem Provisor trotz
all’ seiner Sehnsucht stets unerreichbar
geblieben. Hier aber kamen die Lieder
siingerinnen, die Tropezkiinstlerinnen
und all’ die anderen Damen, die in
den Reichshallen austraten, und laus
ten sich in der Pelilauapotheke Fett
puder, Teint, Lippenstift und was sie
sonst noch nöthig hatten
Um sich diesen Damen gegenüber
ein air zu geben, berlinerte Reichel
und spielte den Blasirten, dem nichts
mehr importiren konnte. Wenn aber
die »Zillerthaler Nachtigall« über die
Schwelle trat, versagten alle seine
Verstellungskiinstr. Dann wuchs ihm
das Herz so sehnsnchtsoall, daß ihm der
Mit-ern knapp wurde.
Tie Kleine that immer sehr unschul
dig. Sie duldete ed wohl, daß er ihr
die Hand drückte, und nahm auch dansl
lend das Tutchen Pfessettninzplntzchenp
an, das er ihr unter schmachtendentl
Lächeln mit graziois gespreizten Fins
gern regelmäßig verehrte. Dabei machte
sie aber immer ein so harmlose-z Ge
sicht, als ob sie nicht die geringstei
Ahnung von der grausamen Verwüstung.
hätte, die ihr bloßer Anblick in seinentl
Herzen anrichtete.
Einigerntaßen gemildert wurde aller
dings des Provisors Liebespein durch
den Umstand, daß die Tachter«der vor
nehmsten und reichsten Familien per
sönlich ihre Einkaufe in der Apotheke
besorgten und sich dabei recht liebend
würdig mit ihm unterhielten. Viel
liebenswürdigen als er es von ein
und mehrfachen Millionärstöchtern er
wartet hatte, so daß ihm seine geheime
Absicht, unter diesen Damen seine
Lebensgesiihrtin zu iviihlen, ganz natür
lich und selbstverständlich vorkam.
Um sich nicht nach irgend einer
Seite hin vorzeitig zu engagiren, be
obachtete er gegen alle die jungen
Damen ein gleich höfliched Benehmen.
Mit besonderer Vorliebe schwärmte er
ihnen etwas von den BerlinerTheatern
vor. Er citirte aber auch Verse nnd
suchte den Eindruck seiner Persönlichkeit
durch einen schwarzen Kneiser nnd
einen phantasievol geschlungenen,
lnnllrothen Bindeschlipi zu heben.
Dabei vergaß er aber durchaus nicht
den geschtt tlichen Vertheil. Si ganz
unvermittelt rief er wohl mitten im
Gespräche
·Gm, Fräulein, was seh’n Sie aber
elend out Sie sind ja bleichsktchtig
im höchsten Ende. Wie Sie eben Jl
.-«- Dis-—
Gesicht dem Fenster zuwandten, erschrak
ich ordentlich.«
Und nach dieser Einleitung fchioaste
er der Dame, die vielleicht ein Stück
Lilienmilchseife oder ein Sei-schleichen
Coldcream taufen wollte, eine große
Flasche Cisenlilör, Pensinesfeuz,China
wein oder andere schline Dinge aus,
von denen er seine fünf Prozent Tan
tieme bezog.
Fräulein Wandu, die älteste Tochter
des reichen Bierbrauerei iBefinere
Wigand, machte ihm diesen Ueberver-’
dienst besonders leicht. Trotz ihres
blühenden Auesedens behauptete sie,
entsetzlich schwach zu sein, und kaufte
i Alles, was ihr Herr Reichel empfahl.
, Alil sie ihm wieder einmal ihr Leid
fllagte, trat zufällig auch die «Ziller
Ethaler Nachtigall« ein. Um sich in den
Augen der Sängerin wichtig zu machen
und ihr Zu zeigen, wie er mit den vor
nehmften Damen der Stadt verlehrte,
wurde der Provisor in seinem Tone;
I eine Niiance vertraulicher. !
; Fräulein Wando wollte einen Ver-J
; such mit Somatose machen. Herr
jReichel machte fie auf den Vortheilr
Haufrnertfam der ihr erwüchse, wennf
sie ftatt des kleinen Probepackets gleich
eine Tofe zu fünf Mart laufte Alter«
die junge Dame wollte ’nral erst sehen,
ob ihr der Geschmack zusagte, und ver
sprach ln diesem Falle bestimmt auch
noch eine große Büchse holen zu lassen.
Dabei lächelte sie den Provisor hold
I selig an. Er machte einen Buckel wie
Iein gestreicheiter Kater und geleitete
! die junge Dame zur Thür.
» GanzseliglehrteerhinterdenLadens
ftisch zurück, lehnte sich iiber die Mut-z
lmorplatte und faßte die kleinen, rund-z
» lichen Hände der Sängerin. ;
! »Na mein sußee, liebee Nachtigall-?
" chen wie geht e uns denn ««
» Die Chansonette sah-ihn ernsthaftF
»an und fragte in ihrem Münchener
Vorstadtdialeltt «
Somatose haifzt de e Zaig.«« :
»Jatvohl, mein herztrautiges Schätz- E
chen!'« antwortete der Apotheler. »Sei
sollten das nur ebenfalls gebrauchenJ I
Sie find auch bleichfiichtig. Viel bleich-«
fiichtrger als die Dame, die eben fortj
ging«
»Jao; tpcnnUI mi holt schenken tha
ten-«
lieber das Gesicht der bleichen Lieder
fangerin huschte es dabei wie Früh
lingsionnenichein Schon langte er
nach einer Büchfe Somatose. Aber da
regte sich in seinem Herzen die Kaid
rigleit.
»Hä. h1,« lächelte er, daß es fast
wie Meckern klang. »Das ist sa blos
wag fiir Leute, die ihr Geld mit aller
Gewalt los werden wallen. Und helfen
thut-I gar nichts. Da gebe ich Ihnen
doch lieber was Reelles, was auch wirk
lich hilft.«
Ilnd er fiillte ein winziges Fläschchen
mit einer schwarzen Flüssigkeit
»Da! Nehmen Sie nur davon drei
mal täglich dreißig Tropfen gleich nach
dem Eisen, so werden Sie schon ein
paar rothe Backen betomnien.«
»Ach, Sie !« rief neckisch lachend die
Liederfijngerim «Wenn’o mi frozeln
woll’n, nacha bin i a garstig.«
Dabei sah sie ihn io an, daß es ihm
unter dem Gluthblick ihrer schwarzen
Augen ganz warm wurde. Sie aber
klopfte ihm gar nicht allzu sanft auf
die Finger nnd war wie der Sturm
wind zur Thiir hinaus.
..Meine liebe, fiisze, kleine Nachti
gall l« rief Herr Reichel, wars ihr mit
beier Händen Flußsinger nach und
rie :
»Ich habe sie, ich habe fiel-Und
das kostet mich nur fiir fünf Pfennige
Eisentropsen, hahaha!«
Als er des Nachmittags im Neben
zinnner bei feinem Kassee saß nnd Zei
tung las, tönte die Schelle. Herr
Reichel war fehr nngniidig in Folge der
Störung und trat oerdrießlich in die
Apotheke
Ein hübscher, bleicher, junger Mann
in dunklem Anzug mit ausfallend weit
andgeschnittener Weste trat ihm ent
gegen.
»Sie find doch wohl der Herr Pro
visor·.-«
Auf die bejahendc Antwort Neichele
Zog er hinter feinem Rucken ein Bouket
hervor, dao noch in der Zeidenpapier
tiiille steckte, lächelte geheimnißoollund
hielt es ihm entgegen.
»Von einer jungen Dante. die Sie
sehr wohl kennen.«
Dass war Herrn Reichel in feinem
gansen Leben noch nicht passirt.
»Von einer jungen Turms-« fragte
er, wankend in feinem Herzen eine
stnrniifche Jubelouvertiire zu brausen
begann. »Ja, von welcher Dame denn?
Ich lenne fein viele Damen. O, sehr
viele!«
»Ja, das darf ich nicht fogen,« ant
wartete mit verichniitztem Lächeln der
Fremde. »Besinnen Sie iich nur;
Sie werdend schon wiifen!«
»Ja, aber-—abcr,« ftannnelte der
Prooifor etwas beschämt; denn er
dachte an feine Nachtigall und die
Cisentropfen iiie fünf Pfennige. Dabei
schaute er auf die Popierhiille, bie fich
zu entfalten begann. Und die ganz
bunteltothen Rosen, die da zum Vor
schein kamen, packten ihn bei seiner
Eitelkeit, fo daß er mit plöslichem
Entschluß nach dein Bautet langte.
» - ch werde denken: es ift von ihr.«
,. a wird schon richtig fein, was Sie
denken,« bemerkte fretmbtich der junge
Mann und fah ihn«babei vertraulich
wie einen alten Bekannten a·n. lAußer
Iein ioll ich aus- etwai mitbringen,«
fügte er dann in gefchilftemäiigem
Tone hinzu. »Sie fasten ja dacht-aß
ro einesrsfere Pack-us Somatofe gäbe
—zu flinf Mart Wollen Sie mie,
bitte, eine Dofe in dieser Größe
gebenl«
Der Provisor horchte auf.
«thl Das holen Sie wohl fiir Frau
lein Wanda Wi and?'· fragte er und
riß die Augen auf
Der junge Herr lächelte ihn freund
lich an und nictte ein ganz llein wenig
mit dem Kopfe.
»Und Sie find wohl der Bruder
dieser Dame?«
Wieder sein freundliches Lächeln und
ein leises Nicken.
»Das freut mich aber sehr, Sie ten
nen zu lernen,« rief ganz begeistert
Herr Reichel und driickte dem jungen
Manne die Hand. »So, bitte sehr!
hier ist die Sornatose, und eine schöne
Emufehlung an Ihr Fräulein Schwe
ster.«
Dankend nahm der junge Herr das
kleine Packet in Empfang.
.Den Betrag wollen Sie, bitte,
vorläufig anfchreiben. Ich habe soeben
einige Sachen getauft und all’ mein
Geld ausgegeben."
»Aber, bitte sehr,« unterbrach ihn
der Provifor, »das hat doch gar nichts
, auf fich!«
»Ja, das sagen Zie,« entgegnete
heiter lächelnd der junge Herr. »Aber
s ich sollte noch zwei Photographien obs
;holen. Meine Schwester in Boudoir
ssormatz sehr gut getroffen. Würden
Sie tnir wohl mit dem Betrage aus
) helfen? Es sind nur sechs Mart. Jch
schicke Ihnen das Geld. sowie ich nach
Hause komme. Sie wissen ja: wir
wohnen so weit draußen.«
»Selbstoerstiindlich, Herr Wigand!«
sagte der Provisor, ganz entzückt, deut
Bruder Wandad gefällig sein zu kon
nen. »Selbstverstiindlich!«
Und er drückte dem jungen Herrn
zwei harte Thaler in die Hand. Mit
einer Verbeugung, fast wie ein Kell
ner, der sein Trinkgeld einsteckt, ließ
Herr Wigand die Silberlinge schnell
in seine Tasche gleiten und empfahl
sich, hoflich grüßend.
Den Blumenstrauß in der Hand
stand der Provisor mitten in der Apo
theke stumm und staunend eine ganze
Weile da und blickte mit verklärten
Augen auf die Stelle hin, wo derjun e
Herr soeben verschwunden wor. Don
brach er in den Jubelruf aud:
»Dent reichen Bierbrauer Wigand
seine Tochter!« lind er sprang in der
Apotheke herum, daß die Büchsen aus»
dem etwas wackligen Regale am Fenster;
tanzten.
Dann steckte er das Vouket in eine
Meditinslasche, die er vorher mit Was
set gefüllt hatte, und stellte ed im
Nebenzinmter aus den Tisch unter dem
Spiegel. !
»Jianu, da steht sa son hübscherJ
Blumenstrauß « sagte Herr verrntanms
der Besitzer der Apotheke als er von
seinem Spaziergange heimkehrte.
Ter Provisor lächelte selig.
»Den hat mir eine Dante geschickt:
Fräulein Wigand. «
»Ach, nicht tnoglich. « erwiderte Herr
Herrntann »Ich denke doch, die olltes
sich in diesen Tagen mit dem As essor
sirause verloben'.-«
Der Provisor beachtete gar nichts
diesen Einwand.
»Ihr Benehmen war mirschon lange!
ausgesallen, « sagte er. »Nein über
laufen hat sie mich. Jeden Tag, den
Gott werden ließ, lam sie in die Apo
theke gerannt undkanste dies und kaufteY
due-I
»Das that sie immer schon,« be
merkte leichthin Herr Herrmantu
»Aber sie hat mir doch das Bouket
geichickt,«· entgegnete ganz ungeduldig
der Provisor.
.Das ist freilich was anderes!«
lenkte Herr Herrtnann ein. »Wenn
Sie die wirklich triegen, können Sie
lachen. Der Alte ist kloyig reich.«
Am selben Abend nach erzählte Rei
chel sein Abenteuer am Biertisch, that
sich sehr wichtig und nahm huldvoll
die bewundernden Gliicktvünsche der
Stammgäste entgegen.
An seinem nächsten freien Sonntag
wollte er der Familie Wigand seinen
Besuch machen Um dort recht würdig
zu erscheinen, bestellte er sich ein Paar
Lackstiesel, sauste sich einen sehr ele
ganten Eylinder und gab seinen Geh
rockanzug einem bewährten Schneider
zum Ausbiigeltn
i
s
j
Vorher ader gedachte er noch seinen
Erfolgsbei der »Ztllerthaler Nachtigall«
auszunutzen und begab sich einesAdende
in das Reichehallentheater. Da er von
Berlin ans größere Sensationen ge
wohnt war, verließ er seht bald den
Zuschauettanrn und ging in das Weins
zimrner, wo die Kunstlerinnen nach
Schluß der Vorstellung Cerele hieltens
sent war ed noch sehr leer, dort.«
Stumm und gelangweilt saß hier und
da ein einzelner Gast und nippte an
seinem Glase. Nur aus der letzten
Nische llang verhaltenes sichern.
Der großen, frei herabhängenden
Partlere wegen konnte der Provisor die
dahinter Sitzenden nicht sehen. Aber
er glaubte ganz deutlich die tiefe Alt
ftimrne seiner lleinen Nachtigall zu
erkennen. Und als er sich im Zimmer
nmfchaute, traf fein Blick den Wand
spiegel, der gerade gegenüber dieser
Nische hing, und er sah darin den
jungen Wigand, dessen weingecdthetee
Gesicht an der Schulter der kleinen
Nachtigall lehnte.
Herr Reichel zuate ordentlich zufam
men. Ader auch das Gesicht des jungen
Menschen starrte pldslich so erfchrocken
nnd verschwand langsam ans dem brei
tett Viereck des Entnahmen-.
Elias doch 'mal sehen, m der stell
aer denn eigentlich fteckt,« tdnte seine
Stimme anssder Nische heraus.
Ein Mitten van Stühlen, nnd dann
tauchte er« hinter ber Hortiere hervor,
ichritt rnit wichtiger Miene an dein
Unotbeier vorbei, ebne ans dessen
-Gnten Abean gn achten, nnd ver
schwan im Zufchanerrnnrn.
Reichel wollte iich um keinen Preie
ben günstigen Augenblick entgehen lei
ien. Er setzte sich nn denTifrtz in der
Niiche nnd bot der Nachtiall einen
guten Abend.
Die drehte iich aber entrüstet um
nnd hob verächtlich die linke Schulter.
»Aber, meine liebe, kleine-« be
gaan ber Provisor.
»O bin gar net Ihre lloane!« ent
gegnete ieiir scharf die Sängerin
.Tropfen nahm« nii schenkt, die
schmecken wie Tinte! Weggegafien hab
i den Kraonil Un wenn i halt Zerna
toie brauch, nacha weiß i wohl, wolrer
; i die krieg.·«
.Aber, erlauben Zie boch!« begann
wieder der Proviiok und Veriuchte, die
Erznrnte zu beinnftigen
; Am tiiachbartische hatte soeben eine
fileinc lfseiellichnft Plan genommen,
und eine felrr erregte Stimme tante
: scharf schnell-end durch das Zimmer-.
»Da wagt ed nun so’n hergelaufener
Apothelergehilse, zu behaupten, meine
Braut hiitte ihm einen Strauß ge
schickt, und besitzt die Frechheit, das an
allen Biertischen zu erzählen l«
Das war Herrn Reichel denn doch zu
viel. Mit drei Schritten hatte er den
Sprecher erreicht und stellte sich in sei
ner ganren Größe vor ihn hin.
»Mein Herr! Jst hier die Rede von
dem Bauten dao mit Fräulein Wigand
geschickt hats-« lind ohne eine Antwort
abzuwarten, sprach er weiter: »Der
junge Herr Wigand, der soeben einen
Augenblick nur hinausgegangen ist,
wird es mir bestätigen, denn er selbst
ist der lieberbringcr gewesen« Jch for
dere Sie hiermit aus, Ohre belei
digende Bemerkung Zu revo;iren!··
j Der Assessor war nun ebenfalls
; ausgestanden.
; »Frnulein Wigands Bruder?« fragte
i er und lachte höhnisch auf, »der ist ja
Hin Bremenl Kommen Sie mir doch
; mit so ’nem Unsinn nicht!«
Die Jluseinandersetzung der Beiden
nahm nun einen sehr bedrohlichen Cha
. kalter an.
i Da stiirzte Jemand aus dem Zu
l schauerraum herein:
»Sie, Asiessorchenl Sie kriegen zu
thun. Eben haben sie Einen verhaftet,
einen ’rausgesrhmissenen Kellnen der
unter falschem Namen die halbe Stadt
begannert hat« Der Gartner Zuhlle
hat ihn einsuerren lassen. Dem hat er
wohl so sur dreißig Mark Bouletö abge
schwindelt, die er den Artiitinnen ver
ehrte.«
Eine bange Ahnung stieg lähmend in
des Provisoro Brust auf.
Da lam auch noch der siellner jam
mernd und wehklagend an. Auch ihn
hatte der Hochsrapler angeoumpt und
heute Abend allein ichon mit der »Sit
lerthaler Nachtigall« on acht Mart ver
zehrt.
Herrn Reichel war es, als ob er
einen Schlag vor den Kopf erhielte.
Nachdem er den ersten Schreck liber
wuuden, sagte er in weinerlichem Tone:
»Herr Assesior, ich bin auch einer
von den Neingeiallenen! Dieser Gau
ner ist ed gewesen, der mir das Boulet
brachte. Wollen wir uns doch vers
tragen-«
lind er streckte ihm seine Rechte ent
ge en.
Der Asiessor aber barg beide Hände
aui dem Rucken. Er richtete sich hoch
anf, hüllte sich in eine Würde, die die
Temperatur eines Eislellers um ihn
her verbreitete, nnd entfernte sich, ohne
ein Wort zu verlieren, mit majestäi
tischen Schritten.
Am Nachmittage des nächsten Tagee
saß Reichel in sehr gedruckter Stim
niung in einem Loupe dritter Klasse.
»Mein werther Herrl« hatte sein
Chef gesagt, »Sie sind ja ein ganztiich
tiger Geschäftsmann, aber nach dem,
road vorgesallen, müssen wir uns tren«
nen. So lange Sie in meiner Apotheke
sind, setzt von den besseren Damenleine
einzige ihren Fuß iiber meine
Schwelle.«
Da hatte er denn seine Sachen ge
packt. Beim Anblick des Cnlindero und
der Lackschuhe, die ia nun ihren Zweck
verfehlt hatten, wurde ihm ganz weh
zu Muth. Und als er an die seche
Mart baar und die siins Mart siir
Somatose dachte, die er nun auch noch
bezahlen mußte, da konnte er nicht an
sich halten.
»Der Gauner liat an ilirer Schulter
geruht, « rief er in tragischein Schmerze,
»und ich lialfs bezahlen iniissen l«
Sturz darauf traf ihn ein Belannter
in Berlin in der Friedriclistrasze.
»Nami? Schon wieder hier? Ich
dachte, Sie wollten sich da draußen
irgendwo ’ne Frau huan
Herr Neid-et blies die Backen ani
nnd Znckte mit den Zchnlterit.
»Wenn ich’6 gewollt hätte, nnirde ich
nur zuzugreiien gebraucht haben. Aber
—diese engherzige, iteinliche Gelin
nnng. diese Vor-urtheile, mit denen
die Provinzialen bis zur Schadeldecke
opllgestopft find, wiegt eine Million
nicht auf. Nein, verlanien thne ich
mich nicht. Da bleib’ ich lieber hier in
Berlin. Wenn man auch hier nicht io
zur Geltung kommt-aber man ist doch
fein freier Herr nnd kann machen nnd
thun und denken, was man will-ja l«
Die grinst des Fahl-aus«
Lehrer-: »Sage mir ein Zeitwort
milder Borllllie ,ver.' «-Schli l er:
.Verschten. «—L e h r e r: .Nnn bitt-e
mir einen Sen mit vielem Zeitwort.«
—Schliler: »Wir müssen schon fiinf
Minuten ver achten in der Schule sein. «
Täter-irre Damen der Gesellschaft
In Paris scheint das Tittowiren
thatsilchlich Mode» zu werden. »Bei
einiger Zeit hörte man, dafz sich junge
Männer das farbige Bildnis ihrer An
gebeteten unterhalb des Halses auf der
Brust einbrennen ließen und schon aus
diesem Grunde der ersten Herzens
ldnigin nicht wohl untreu werden durf
ten; doch dn Männer einmal nicht das
Zeug dazu haben, eine Sache wirklich
in Mode zu bringen, lassen es sich seht
die Damen angelegen sein, dem alten
indianischen Gebrauche ntehr Eingang
zu verschaffen. Die bunten eigenartige-n
Figuren, durch die also in Zuluntt
jede ntoderne Parisertn anf Schulter
oder Oberamt gekennzeichnet sein wird,
nennt man »Tatographe.« Wer schon
jemals eines dieser wundersanten Ge
bilde, die oft einen Drachen rin minnt
turc oder sonst ein vhantastisches Wesen
vorstellen, auf einer weißen Schulter
gesehen hat, muß jedenfalls die sinnst
bewundern, mit der es ausgeführt ist.
Prinzessin Waldentar Von Dänetnark
trägt, wie die »L. N. N.« berichten,
einen tiitotrsirten Anker und eine Krone
auf dem Oberamt, was natürlich sehr
in’s Auge fällt, sobald sie in Abend
toilette erscheint. Weniger bemerkbar
macht sich ein Tatograph, das die ein
zige tatowirte Dante der englischen
Ariftokratie, Lady Randoiph Churchill,
aufweisen kamt. Während ihres Aufent
haltes in Indien hatte die vornehme
Englanderin Gelegenheit, die Opera
tion des Tätowirens an einem bri
tischen Matroien zu beobachten. Sie
ließ den betreffenden »Kiinstler« zu
sich kommen und wählte von den ihr
vorgelegten Enttviirsen das Symbol der
Ewigkeit-—-eine Schlange-, die ihren
Schwanz im Rachen hält. Das wunder
bar ausgesiihrte Reptil schlangelt sich
um das zarte Handgelenk der Ladu,
wird aber gewöhnlich von einem breiten
goldenen Armband profanen Blicken
entzogen.
Ueber den Gönendlenst in Littbauen
wird dem »Ment. isobe geschrieben:
Im Mitlelalter wurde der Götzendienst
in unserer engeren Heintath niit Feuer
und Schwert verfolgt, ohne daß es ge
lang, ihn vollständig zu unterdrücken
Im Geheimen bestand er weiter bis
in unsere Zeit hinein. So erzählt die
Kirchenrhtonik zu Zuse, dasz zur Zeit
Friedrich Willlelnld des Ersten die
susener dem Donnergotte Persunos
unter einer Eiche nächtliche Opfer dar
, brachten. Ter Pfarrer sagte den Baum
i ab, mußte aber vor den empörten
; Fischern die Flucht ergreifen. Der
JKönig verlegte zur Strafe die Kirche
[ von Jnse nach Flallninglenz später
- erhielt Jnse nieder eine Kirche. Vor
l etwa 50 Jahren gelangte ein Fall and
Edeln Flreise Menlel zur Kenntniß des
I Gerichten Zu einem abgelegenen Ge
f biiude hatten siciit-ittl)auer in der Nacht
! unter Mitnahnie eines Bootes nnd
s einer Quantität Mehl versammeln
Man machte ein Feuer an, bereitete
- einen Teig und setzte sich um das Feuer
I herum. Die Gegeniibersitzenden warfen
; dann Stücke von Teig durch das Feuer
H einander zu, bis die Teigtheile ziemlich
»gar waren. Zu ähnlicher Weise ver
.suhr man mit dem Fleische des ge
s schlachteten Bocke-L Taran folgte das
lEssen. Ein alter Mann war der Prie
ster. Diesem rnuszten die Anwesenden
ihre Vergehen bekennen, silr die er sie
dUkch Plsfse, Backenstreiche u. s. w.
strafte. Hieraus mußte der Priester
gleichfalls ein Vetenntnisz ablegen,
wosiir er in ähnlicher Weise von der
Gesellschaft bestraft wurde. Man ver
suhr mit dem alten Manne so unbarm
herzig, das; er seinen Tod dabei sand
Bancrischcr Pofiltnmor. Ein
fideles Miinchner Haus gab dieser
Tage in Pasfatt eine sogenannte An
sichtelarte an seine Miinclmer Stamm
tifchgcnosicn auf. welche statt einer
kurzen, bilndigen Adresse einen lan
geren Ver-«- ales Lluifcljrift trug, dessen
letzte Strovlien folgendermafzen one
llangen: »An der Isar- Strand-—Wo
Herr After, gewandt-mit lundiget
Hand-das Szepter schwingt-quil
frölslich man singt-—in den großen ges
weinten Hallen-Wo der Hunipen
winkt-—nnd der Stiefel blinkt-dort
liin foll die Flarte jetzt wallen!«—
Ter expedirende Poftbeainte klebte nun
auf die Adresse einen Zettel, versehen
mit dem ordnttngsgemiifzen Annahme
ftempeh welcher das Ziel der Karte in
folgendem Poem näher präzifirtn
»Als Donati, Inn nnd le sich küßt-—
Hat die Post nicht Zeit, daß Adreser
sie Held-Wie diese hier. Gott ver
geb’o Euch Jlir Dichter-Ihr fadeo
AnsirlstelartensGeliiister—-fdew thue
ich Euch noelmial den Ge allen und
adressire: München, Pschorkbriiultal
len l«—crl;on am nächsten Tage befand
sich die starre im Belitze der iiber die
sen Posthunior höchlichst ergötzten
PschoorbriiuiTafelrunde.
Kostbare Briefmarten. Die
bekannte Briefmartensammlnng deo
Dr. Legrand wurde von Th. Lemoine
in Paris fiir 300,000 Francs erwor
ben ; die beiden Mauritins Post-Visite
daraus wurden bereits fiir 48,000
France an einen Sainrnler verkauft.
Einen nicht ganz fo hohen Preis er
zielte ein Brief von BritifchsGuayana
mit zwei Stück 2sEenlsrnarten, schwarz
auf rosa Papier- die ein Berliner
Briefrnarlenhöndler flik 20,000 Mark
verkaufte.
Einen elektrischen Wagen,
der ttt lich in London verkehrt, hat die
lllnftr rte englische Wochenfchrift »Gen
odie« fllr ihre Mitarbeiter angefchasft.
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