Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 31, 1897, Sonntags-Blatt., Image 14

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    . O o
Yre Piraten.
skltotncm von Willjam Clarte Russeu.
(13. Fortsetzung)
«Wie aber, wenn wir während der
hrt auf ein Schiff stoßen, das un5"
-r Schiffbrüchige hält und uns bei
hen wills« fragte Cavendish »Den
stzehr. Kisten sieht man sogleich an,
MS sie enthalten, und wenn die hilf
reiten Leute uns mit Fragen über
n Hals kommen, wag dann?«
« »Solchen Schiffen kann man reich-k
.»» seitig ausweichen,« sagte Weston.
. »Vorausgeset3t, das Großboot trägt
« das Gold und uns, und auch der
«Ocean hat ein Einsehen und läßt uns
ungeschoren, — welchen Hafen geden
:.-; sen die Herren dann anzulaufen?«
« fragte Trollop.
E· »Das ist Jhre Sache," antwortete
Weston schnell. ,,Jn dieser Beziehung
vertrauen wir Ihnen unbedingt.«
- »Aber weshalb bleiben wir nicht ein
fach an Bord dieser Bark, wenn die
Brigantine nicht kommt?« ließ Shan
non sich vom Ruder her vernehmen.
»An Bord dieser Bart ?« wiederholte
Mr. Davenire achselzuckend. »Und
f wenn nun die Passagiere und Mann-i
schaften inzwischen von andern Schif
en aufgenommen wurden und die
Kunde von unsrer That in alle Welt
s getragen habens Wie erginge es uns
wohl, wenn man die »Queen« fände
und uns darauf?«
»Ich denke, wir ersparen uns vor
läufig alles Kopfzerbrechen und war
» ten, bis wir die Insel klar in Sieht
"T- haben,« meinte Cavendish; »dann wird
sich ja herausstellen, ob Saunders da
ist oder nicht«
Der Rath war gut und wurde be
folgt, was aber nicht verhinderte, daß .
man unablässig und scharf auslugte. J
Schon am Tage zuvor hatte man unter J
Anleitung der Mattosen William und i
Hakky beide Anker na: zum Damian ?
sen über den Bug gebracht, um in j:- T
dem Moment im Stande zu sein, dick
Fahrt des Schiffes zu unterbrechen,;j
denn aus der Karte hatte man ersehen, l
l
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daß in dieser Gegend einige gefährliche
Niffe und Klippen lagen, deren Si
tuation und Ausdehnung jedoch noch
nicht genügend festgestellt war.
Endlich kam dieJnsel auch vom Decl L
aus in Sicht; in einer Entfernung von !
etwa vierzehn Seemeilen zeigte sie sich, !
durch die Gläser betrachtet, als ein ?
. niedriges, zwei Meilen langes Stück- !
chen Land, von weißschäumender E
Brandung umkränzt und allenthalben ,
dicht und grün bewaldet. s
Wo aber war die Brigantines ;
Diese Frage dämpfte die Freude, die Z
sich beim Anblick des Eilandes der neun ;
Gentlemen bemächtigt hatte. J
Mit Anbruch der Dunkelheit legteE
sich der Wind, keiner der Neun aber Z
dachte daran, unter Deck zu gehen und Z
sich der Ruhe zu überlassen. Man ;
rathschlagte und überlegte, man stritt :
und zankte sich und gelangte dennoch s
zu keinem Resultat. Die Schaar war ;
zu vielköpfig; jeder bestand auf seiner ;
eignen Meinung, jeder wußte, daß i
seine Genossen sämmtlich Hallunlen, ;
Spitzbuben und noch Schlimmeres wa
ren. So kam die Morgensonne her- i
aus« die wieder eine leichte Brise mit- I
brachte. l
»Der Schust, der Saunders, bat I
uns im Stich gelassen!« tief West-»i, l
die Fäuste in die Hosentaschen schie- 2
bend und grimmig umherstampfend. I
Trollop sah sinsteren Blickes nach i
dem Eiland hinüber; aus seinen Zügen
malte sich Enttäuschung und Rathh
sigkeit. -
»Ich hatte bestimmt gehofft, ihn hier
zu finden,« sagte er. »Alle: Berech
nung und Voraussicht nach mußte er
jetzt auch hier sein. Der »Rival« ist
ein seetiichtiges Fahrzeug und Samt
ders mindestens ein ebenso guter See
mann, als ich. Dem sei nun, wie ihm
wolle — Thatsache ist, er ist nicht hier,
und damit haben wir zu rechnen. Da
liegt die Jnsel Halloran; meine Ansich- H
ten über das, was wir nun zu thun ha- I
ben, sind jedermann bekannt.«
»Lassen Sie uns dieselben noch ein- ;
mal hören,« sagte Davenire heran- «
tretend.
,,J-ch gebe der Brigantine noch eines
Woche Zeit; während derselben treu-s
zen wir hier auf und ab. immer die
Jnsel in Sicht behaltend. Zeigt sich T
der »Rival« bis dahin nicht, dann ge
hen wir dicht unter Land zu Anker,
schaffen das Gold auf die Jnsel und
wählen durch das Los diejenigen, die i
sich im Großboot auszumachen und ein H
andres Fahrzeug zu tapern haben-« «
»Wie aber,« wendete der schwarze ;
Caldwell langsam ein, »wenn der »Ri- k
val« während der Abwesenheit des s
Großboots anlangt? Wer hindert »
dann die zurückgebliebenenWächter des j
Geldes daran, sich mit der ganzen J
Beute aus und davon zu machen?« I
»Ja, Mann, etwas Vertrauen muß
doch vorhanden sein, selbst unter uns,« ;
entgegnete Trollop sarkastische »wic«
sollen wir sonst überhaupt mit deri
Sache vorwärts kommen?« s
»Da wir aus dies Thema gekommen ;
sind, Gentlemen,«' nahm Weston daså
Wort, »so erkläre ich hiermit ganz un-· s
umwunden, daß ich zu keinem einzigen I
sen unt auch nur ein Atem Vertrauen s
We. m allerwenigsten zu mir selber.«
Sinkt-ist« Männer lachten, Gidre
wckten die Achseln. Mark Davenire
M M auf den Rand des III-ersicht
-- s- - und sal- Iath dem Eiland hin
einen Abstecher nach dem Lande ma
chen, um uns über die Oertlichteit zu
l
informiren?« sagte er, zu Trollop ge
wendet.
»Warum nicht?« versetzte dieser.
»Die Jdee gefällt mir.'«
»Sachte, nicht zu voreilig,« wider
fprach Shannon, der platt auf den
erecksblanten sinend an feiner Pfeife
faugte. »Wer btetbt tnzwitchen hier an
Bord? Mich bringt keiner in’s Boot,
es· wäre denn, daß alle Mann mit mi:
gingen.'«
»Gut,« sagte Davenire, »gehen also
alle Mann an Land.«
»Und wer bewacht das Schiff?«
»Die beiden Matrofenf
»Was? Während alle diefe Segel;
stehen?« hohnlachte Shannon
»Trollop hat die beiden Leute aus
drücklich -u diesem Zweck an Bord be
halten,« bemerkte Caldwell. »Sie foll
ten das Schiff beaufsichtigen, während
wir am Lande sein würden.«
»Ganz recht,« fiel der Genannte ein,
,,i-other aber sollten die Segel festge
rnacht und die Bramstengen an Deck ge
geben werden«
Dabenire stand auf
»Es ist außer Fragef begann er,
»daß wir zu einander das Vertrauen
nicht haben, das Trollop, wie es
scheint, fo gern in uns erwecken möchte.
Ebenso unfraglich ist es, meines Er
achtens-, daß wir jene Jnfel besichtigen
müssen; das Wetter ist herrlich und
ganz geeignet zu einem Abstecher nach
dem Lande. Trollop schlägt vor, noch
eine Woche hier herum zu kreuzen; ehe
ich mich damit einverstanden erkläre,
wünsche ich meinen Antheil an der
Beute sicher auf dem Lande zu wissen,
leicht zu erreichen und dabei geborgen
vor allen Zufälligkeiten und Gefahren
der See. Aber wie gesagt, die Jnfel
möchte ich besichtigen. und Sie alle he
gen wohl das gleiche Verlangen. Jch
fcklage daher bor, wir gehen in der
Nähe der Küste zu Anker und begeben
uns dann an Land.«
»Wir alle?" fragte Ccldwell.
»Wir alle,« nickte Davenire.
»Sollen wir das Schiff und all’ das
Gold den beiden Matrosen anver
trauen?« warf Sbannon mit gedämpf
ter Stimme ein.
Dabenire kam näher.
»Wie sollen die beiden den Anker
aus dem Grunde bringen?« fragte er
leise, um von den mittfchiffs herum
lungernden Matrofen nicht gehört zu
werden.
i »Sie können das Kabel schlippstn
lassen,« hauchte Hanieh.
i »Wir müssen natürlich das Schiff
" im Auge behalten,« versetzte Davenire
. nach kurzem Besinnen. »Ehe sie Segel
setzen und das Schiff in Fahrt brin
igen können, haben wir sie mit dem
i Boote längst wieder erreicht. Aber
! solch ein Gedanke kommt ihnen gar
i nicht in den Kopf. Sie wissen genai.,
s was ihnen bevorstiindr. wenn wir sie
! eingeholt haben. Wer also mit mir
» einfverstanden ist, der hebe die Hand
au
R Alle erhoben dieHände, Trollop aus-Z
genommen
! »Wenn Sie auch andrer Meinung
i sind, so werden Sie dennoch mit uns
kommen, nicht wahr?« forschte Calb
; well lauernd
werde mitkommen, weil man
mir ein Zurückbleiben doch nicht gestat
ten wird « antwortete Trollop. Da
mit wendete er den übrigen den Rücken
und schaute über die See hinaus.
Er rührte keine Hand mehr, weder
bei dem Brassen der Raaen, noch bei
den Vorbereitungen zum Ankern, noch
auch bei dem Aussehen des Großboo
tes, des einzigen, das der Bart geblie
ben war. Ehe letzteres geschehen konnte,
war es drei Uhr Nachmittags gewor
den. Das Boot wurde mit einem Sk
gel und sechs langen Reemen ausge
rüstet. Jeder der Männer versah sich
mit Waffen.
«Gefeht den Fall, daß während un
serer Abwesenheit jemand kommt und
das Schiff anruft,« sagte Burn, als
man sich anschickte, über die Fallreep
; Zu gähem »was soll dann die Antwort
ein «
--.·- , to
»Ich mochte wohl wissen. wer dies-er
jemand sein sollte,« entgegnete Dabe
; nire achselzuckend. »Die See liegt wie
; eine Glasplatte, so weit das Auge
T reicht ist nichts in Sicht, und außerdem
s werden wir nur wenige Stunden ab
s wesend sein. Das Schiff kann aiso
E von Niemand angerufen werden, es
J müßte denn gerade ein Komet daher
s tommen.«
J »Seht richtig,« pflichtete Johnson
Z bei. »Und selbst wenn William und
LHarry eine Verrätherei beabsichtigen
sollten, so könnten sie in dieser Stille
mit der Bart nichts anfangen.«
k »Das Wetter wird über Nacht so
E bleiben,« sagte Davenire; ,,morgen
k schaffen wir das Gold an Land und
Z damit haben alle Gefahren, soweit dies
I Schiff in Betracht kommt, ein Ende.
i Das übrige wird sich dann finden, ob
i Saunders nun eintrifft, oder nicht.«
- Damit stiegen alle in das Boot hin
F ab. Trollops Commando schien plötz
j lich sein Ende erreicht zu haben und es
s ließ sich an, als sollte der fernere Ver
! lan dieses Abenteuers sich unter Da
venires Führung vollziehen
19. Capitel.
Saturn-»nur Boldocks An
t r a g.
Nahezu vier Wochen waren vergan
en, seit Miß Margaret Mansel an
ord der Brng »Welleiley« eine ret
tendk Zuflucht gesunden hatte. Ge
ists rollt-what plumpe, breite
—
sengriinen See so schwerfällig nnd nn
beholfen, daß man bei jedem Ueber
neigen meinen konnte, der ganze Ocean
werde an Bord kommen. Unter dein
Firmarnent hingen die Sturmwollen
in weichen, dunkeln Massen, aufgelöst
und im Abzug begriffen. Die Farbe
des durch die Wolkenliicten hervor
schimmernden Himmels war ein ver
blichenes Grünblau, hier und dort am
Horizonte, wo es noch regnete, durch
schräg gezeichnete graue Stellen ver
deckt.
Es war neun Uhr Morgens. Die
Brigg hatte die gerefften Marssegcl
und die Fock stehen und diese Lein
wand schlug ab und an mit solchem
Donneraetön aeaen die Matten, dat
das dunile Himmelsgewiilbe ein grol
lendes Echo zurückzuwerfen schien.
Denn dem Sturme war eine absolute
Windstille gefolgt. Die Brigg schlen
gerte fürchterlich. Es war unmöglich
an Deck auch nur einen Schritt zu
thun, ohne sich dabei mit aller Macht
festzuklammern Wer seinen Halt anf
gab, stürzte und kollerte rettungslos»
nach Lee hinunter-. ;
Aus der Cajiitstreppe tauchte lang
sam die vierschrötige Gestalt des Com- I
manders auf; als er mit den Schul
tern iiber dieselbe emporragte, blieb er!
auf der Treppe stehen und schauth
» Prüfend um sich. Jhm gegenüber stand »
Mr. Hardh an der Reeling, sich
trampfhaft an der Großbram-Par-s
duhne festhaltend. Das Steuerrad
ruckte und zuckte wie ein lebendiges,
widerspenstiges Wesen in dem festen
Griffe des Rudersmannes. Eben
hatte der Commander das rothe Ant
litz luvwärts gedreht, da traf ein blei
cher, wässeriger Sonnenstrahl den.
Messinghut des Eompaßhäuschens und J
ließ denselben auf einige kurze Mo-;
mente blinken und blitzen; Bride
- blickte nach oben, wie in Verwun-!
z derung woher der Strahl wohl käme, J
dann paßteer die Gelegenheit ab,j
; schwang sich aus der Cajiitstappe undj
: fuhr über das Decl an Mr. Hardns l
j Seite, wo er sich mit seinen dicken Fin
? gern gleichfalls an einer Pardubnet
festhaktr. l
»Ein schauderbafter Kasten, wenn
»Ja, wahrhaftig, ein schauderbafter
Kasten,« bestätigte Mr. Hardy. »Wenn
nur ein wenig Wind käme, daß das
? alte Thier einen Halt leiegte.«
»Ich bedanke nur unsre Miß,« sagte
; Boldoet. »Das arme Mädchen ist ganz
außer sich, da sie bei jedem Ueberholen
fürchtet, die alte Tonne müsse nun len
tern und wegsinten. Jch will Ihnen
was sagen, Hardy, es müßte gar nicht
gestattet werden, daß Weibsleute See
reisen machen.«
»Ein Schaden wäre das wenigstens l
nicht,« meinte Hart-y, eine hell-, vie-I
lette Wolkenschattirung betrachtend,
von der das Vormarssegel sich mit
seltsamer Klarheit abbob.
»Ich will nur hoffen,« redete der
Schiffer weiter, ·,daß die zehn Bandi
ten ibr Schiff heil und gesund durch
das schlechte Wetter gebracht haben,
denn es wäre doch sehr ärgerlich, wenn
sich hernach herausstellen sollte, daß es
mit all’ dem Golde aus den Grund ge
sackt ist.«
»Soviel man aus Mr. Matthews
Reden entnehmen konnte, müssen die
Kerle, zum größten Theil wenigstens,
ganz tüchtige Seeleute sein,« versetzte
Hardy. »Mit elf Mann vor dem
Mast lief die »Queen« von Sydney
aus; die Piraten sind zehn, der Unter
schied ist also kaum nennenswertb.«
Sie standen noch eine Weile in ta
meradschastlichem Geplauder, bis der
Steuermann Hardy, dessen wachsame
Augen unablässig bald über dasSchisß
bald über die See schweiften, plößlich
anfing, bald geduclt, bald mit gered
tem Halse nach dem Horizont zu spä
hen; Boldock, dadurch aufmerksam ge
macht, folgte seinem Blicke und ge
wahrte nun am Rande einer jener
schräg gezeichneten grauen Stellen,
einer kleinen Regenbö, das lichtweiße
Schimmern3i»ne»s Segels.
;
er in's Schlenlern kommt!« rief er.
»Ein Schiff, ich sehe e·5,« rief er,
ohne die Meldung des Steuermann-s
abzuwarten. Er ließ die Parduhne
fahren und fteuerte im Schuß auf die
Cajiitslappe zu, dieselbe glücklich ec
fafsend; in dem festen Schutze dieser
Deckung stehend, langte er nach dem
großen Teleslop, und im Laufe einiger
Minuten glückte es ihm auch, den
fernen Segler in sein Gesichtsfeld zu
bringen. Derselbe, eine Bart, befand
sich augenscheinlich in Noth; ihm fehlte
die Borbramstenge, auch hatte er nichzs
weiter als das Fockstagsegel stehen und
von der Gaffel hing schlaff eine nicht
erkennbare Flagge herab. Er mochte
vier oder fünf Seemeilen entfernt sein
und war in dem Schatten der über
ihm hängenden Wolken nur undeutlich
zu sehen· (
Der Commander stieg aus der i
Kappe heraus, in die sich nun, auf sei
nen Wink, der Steuermann hinein- »
schwang.
»Sehen Sie zu, was Sie aus dem
Fremden machen können,« sagte Bol
docl, dem andern das Teleskop einhau
digend. .
Der Steuermann visirte lange. Da
brach die Sonne durch das Gewölk und Z
beschien den Theil der See, wo der ;
fremde Segler sich befand. Hardh liesz I
einen Ruf der Ueberraschung hören.
»Wenn das nicht die »Queen« ist,'«
sagte er, »dann bin ich der Prinz Al
bert von England!«
»Sei-en Sie herl«
Der Commander griff nach dein
Rohr-; er lugte und lu te; Hier-is dur
stig. Die Sonne war ihre or en
.IeIe cui ducken-« mdas lau
zwischen den Wollen wurde klarer und
reiner. Nach einer Weile drehte Bol
dock sich nach dem Steuermann herum.
Sie starrten einander in die Augen.
»Auf mein Wortl« rief der Schiffer
endlich, ich glaube, Sie haben rechtt
Es ist eine grüne Klipperbari —- es
kann nur die »"Queen sein. Wir sind
noch eine Tagessahrt von der Hallo
taki-Insel entfernt; die »Queen« musz
sich daher in diesen Gewässern befin
den. Springen Sie hinunter, Mr.
hardh; ich lasse Mr. Matthews bitten,
sich an Dccl zu bemühen.«
Und von Neuem richtete er das Glas
auf die Bari, bis Mr. Matthews, der
von vier bis acht die Wache gehabt
hatte und eben ein wenig eingeschlafen
war, aus der Treppe erschien.
»Bleiben Sie innerhalb der Kappe.«
sagte der Commander, »sehen Sie sich
das Fahrzeug dort an und sagen Siei
mir dann, was Sie von demselbcns
halten.«
Matthews nahm das Telestop und1
brachte es an s Auge; dreimal setzte er
ab. und dreimal hob er das Rohr wie
der empor.
»Commander Boldock " sagte ers
dann, im Tone festester Ueberzeugung,l
»die Bari dort i, die »Queen«. «
»Und lein Wind, kein Wind!" klagte
der Commander. »Jmmer verkehrtes;
Wetter auf See, immer verkehrtes-T
Wetterl« Vorn dal« rief er mit dröh
nender Stimme. »Die Leute von der
»Queen« sollen hierher tommenl«
Stolpernd, schwankend und gleitend
eilten die fünf Makrosen herbei. Bol
doel ließ jeden einzelnen derselben in
die Cajiitstappe treten und durch das
Teleslop nach dem fremden Seglerz
schauen, und jeder einzelne bestätigte
das Urtheil der Officiere —- es war
die »Queen«.
»Ich möchte wohl wissen, ob die Pi
raten da noch an Bord sind,« sagte
Boldoct, als die Mairosen sich in hei
ler Aufregung wieder nach vorn bego
ben hatten.
»Sie sieht mir so aus« als wäre sie
von ihrem Anierplasz weggetrieven,«
versetzte Mr. Hardv.
»Wo soll sie vor Anker gelegen ha
ben?«' fragte der Schiffen
»Bei Halloron.«
,,Richtig, bei Halloran!« rief Bol
docl. »Das Wetter ist schlecht genug
gewesen. Jch möchte aber wisset-,
warum die Leute an Bord nur dac—
Fockstagsegel gesetzt haben —- wenn
überhaupt alle Leute an Bord sind.«
,,Vielleicht wollen sie erst den Wind
abwarten,« meinte Hardn.
»Sol1 mich wundern, ob sie sich zur
Wehr setzen werden, wenn wir ihnen
auf den Leib rücken,'« fuhr der Com
mander fort, einen Blick auf den Neun
pfiinder werfend. »Na, wollen’5 has
fen. Sagten Sie nicht« Mr. Matthewz,
daß die Hallunien animtlich mit Re
Volvern bewaffnet seien? Die enternde
Mannschaft führe ich selber, Hardn,"
setzte et schnell hinzu.
»Und ich werde nicht der Letzte sein,
wenn’s an Entern geht,« sagte Mat
thetvs. «Alles, was ich aus der Welt
mein eigen nenne, befindet sich dort an
Bord jener Bart. Leider brachte ich ca
nicht weiter; ich schäme mich, es einge
stehen zu müssen. All’ die langen
Jahre meines Seefahrens habe ich ce
lebt wie ein Hund, und wofür? Für
eine Seetiste voll Zeug und Krims
trams.«
Mr. Hardy nickte verständnißinnig.
»Reden Sie da von der »Queen« ?"
kam Miß Mansels melodifche Stimme
vom Fuße der Cajiitstreppe herauf.
»Ja, Miß, von der ,,-Queen«, ant
wortete der Comrnander, sein großes,
rothes Antlitz in die Kappe hinein
fteckend. »Wir haben Jhr Schiff ge
funden und warten nur noch auf ein
wenig Wind. Seien Sie vorsichtig,
Miß, ich beschwöre Sie! Wir schlen
gern fürchterlich. Halten Sie sich fest
mit aller Macht, bis ich bei Jhnen bin.«
Er huschte hinab, legte seinen eiser
nen Arm utn die lchlante Mitte der
jungen Dame und trug sie mehr, als
er sie führte, bis zur Kappenöffnung
hinauf, wo er mit ihr stehen blieb, in
dem er sich so einteilte, daß er ihr bei
den heftigen Bewegungen des Schiffes
als fesie Stüde und Polster diente.
Das Leben an Bord gestattet Situa
tionen, für weiche sich an Land keine
EntschuLdiguYg finden ließe.
s
Misz Mansel trug noch immer ihren
Schlafrock und dazu die weiße, runde
Mütze aus Segeltuch.
Denn die Bemühungen des schnei
dernden Matrosen, ihr ein Costiikn an
zufertigen, hatten in einem klägliche-i
Mißerfolg geendet. Boldock war in
lautes Gelächter ausgebrochen, als die
Dame, eingezwiingt in einen leineneir
Schlauch mit Aermeln daran, die jede
Bewegung unmöglich machten, vor ihm
erschienen war »Der Kerl muß nach
Pari3!« hatte er thränenden Auges ge
rufen »Die Franzosen lieben ja wobl
die Originalität des Zuschniites Der
Damenlleidermacher des« »Welleslen«
wird dort sein Glück mache-W So
war die arme Miß gezwungen geweser:, »
wieder ihre Zuflucht zu dem Schlafrock ’
zu nehmen; es gelang ihr jedoch, aus ’
dem verunglückten Costiim wenigstensi
einige Untergarderobe zu fertigen. !
Der Commander beobachtete iir
Antlitz, um zu sehen, welchen Eindruck
der Anblick der Bart aus sie hervor
bringen werde. Er konnte nicht um-!
hin, dabei den Glanz ihrer Augen zuj
bewundern. Die Erregnng hatte ihre
Wangen gerötheL
»Ist das die »«Queen i« rief sie, da
weiße Segel erspähend.
»Das ist die .,Queen«, Miß Man
sel.« laate Mr. Matthews
—
vEine tleine Weile stand sce sprach
los, dann schaute sie den Normandie
an.
»Was gedenten Sie nun zu thun·i'«z
fragte ste. ;
»Borläusig können wir nur wer
ten, bis der Wind einsetzt und diese
schauderhaste See sich legt,« antwortete
Boldock.
»Wird es dann zu einem Kampfe
kommen?« forschte sie ängstlich.
»Das wäre mir sehr erwiinscht; al
lein, nach dem Aussehen der Bari zu
urtheilen, scheint mir die Bemannung
sticht sehr tampslustig gesonnen zu
etn.«
Sie stellte noch eine Reihe von Fras
gen, dann geleitete der Commander sie
wieder die Treppe hinab und achtete
sorglich daraus, daß sie ohne Fährlich
teit ihre Kammer erreichte.
Jetzt folgten einige Stunden fast uns
erträglicher Spannung und Erwar
tung. Am Nachmittag begann der
hohe Seegang merklich abzunehmen,
und gegen vier Uhr machte sich auch
eine östliche Brise aus. Sogleich ließ
Boldoel alle Segel setzen, das Geschüh
wurde mit Kartätschen geladen, und
die Brigg steuerte geraden Weges auf
die Bart los. «»
Diese trieb noch aus derselben
Stelle, wo sie den ganzen Tag gelegen
hatte. Der Wind wehte die von der
Gasfel hängendeFahne aus, und Hardy
erkannte bald durch das Telesioo. d.:t·i
ne verkehrt, also das Nothsignal, ge
hißt war. Es war nicht schwer, hier
aus zu folgern, daß bewaffneter Wi
derstand nicht erwartet zu werden
brauchte.
Die alte Brigg strich so stetig durch
das ruhig gewordene Wasser, daß es
nicht länger gefährlich war, sich an
! Deck frei zu bewegen; Miß Manicl
war daher wieder erschienen und hatte
aus einen-. vorsorglich am Gottesle
sestgebundenen Stuhl Platz genommern
Neben ihr stand der Commander, das
lange Telestop unter dem Arm
Ueber dem Hcck der Bart wurden
jetzt zweiGettalten wahrnehmbar; Bot
doct musterte diesetben durch sein Glas.
»Matrosen,« sagte er, »soviel ich cr
tennen iann.«
ocaay einer rieinen Werte Dreer um
die steuerlos rollende Bari fo, das-,
rnan den Namen an ihrem Stern »z·.-.
lesen vermochte; »Queen — London«
stand da in großen weißen Buchstaben.
»Das ist Harry!« rief der Matrofc
Tom, der vorn auf der Bad der Vrigg
stand.
»Und William!" fügte ein zweiter
von den Leuten der »Queen« hinzu
Der »Welleåley« passirte langfa n
das Heck der Bari und rundete im
Lee derselben anf; während Mr.
Hardy dies Manöver ausführen lief-«
erhob der Commander seine dröhnende
Stimme.
»Barl ahoh!« schallte es wie ein
Posaunenstoß über das Wasser.
»Hillo, hillo!« rief Harry antwor
tend zurück, indem er auf die Reeling
sprang und winkend seine Kappe
schwenkte. Da aber erblickte er Mtfz
Mansel; der Ruf blieb ihm in der
Kehle stecken, er stand offenen Mundes,
die Hände auf die Knie gestützt, und
ftierte starr und regungslos nach der
Brigg hinüber.
»Sind noch welche von den Barmi
ten, die das Schiff gestohlen haben, an
Bord bei euch?" fragte der Comman
der.
»Nein, Sir, Gott sei Dank!«
»Ihr beide seid also ganz allein?«
»Ganz allein,« antwortete Herren
»Wie lange treibt ihr schon so auf
der See herum?«
«E5 find jeht vier Tage. seit wir bei
der Jnfel Halloran vorn Anier geris
sen wurden,« berichtete der Mattose
William.
Der Cotnrnander wendete sich an
Mr. Matthews.
»Briugen Sie Jhr Boot zu Wasser,«
befahl er, »nehmenSie Jhre fünf Leute
mit und ergreifen Sie wieder Besitz
von der Bari. Lassen Sie Segel setzen,
berichten Sie mir, wie Sie das Fahr
zeug vorgefunden und halten Sie sich
» dann in Rufweite von der Brigg.«
DerObersieuermann griff saluiirend
H an feine-Mühn
» »Zu Befehl, Euer Ehren,« sagte er
I ernst und prompt und machte sich dann
H unverzüglich an die Ausführung der
:Ordre. Das Boot wurde ausgesetzt,
! und die fünf Mattofen sprangen hin
i ein. Entblößten Hauptes drückte
Maithews des Commanders ishm zum
Abschied dargebotene Rechte, wobei er
einerfi fragenden Blick auf Miß Mansel
war .
»Darf ich Mr. Matthews an Bord
der »Queen« begleiten?« wendete diese
sich an den Schiffer.
»Sol)ald die See ruhig geworden ist,
werde ich Sie, mit Ihrer gütigen Er
eubni selber zur Bari begleiten,«
s
war die Antwort.
Sie verbeugte sich mit leichtem Er
röthen.
Matthews erreichie in wenigen Mi
nuten sein altes Schiff, wo et vor al
len Dingen das Boot binnenbordH
schafer ließ, da es das einzige war,
das ihm zur Verfügung stand.
Enden die Schufte das Gold ge
raubt?« fragte er den Matrosen Wil
liam, der mit harry zu feinem Em
pfange herbeigelommen war.
»Bis auf die letzte Un e."
»Wohin sind sie damit «
,.An Land, Sir.«
Nach einer kleinen Pause, willser
welcher er seine innere Erregung nie
derzwan , fuhr der Obersteuermqnu
fort: «A right, Leute. Bellt-tun den
andern das Schilf aufthrenz herrisch
—
sollt ihr mir alles ausstihtlsch sk«
zahlen.«
Damit deqas er sich in den Sols-L
hier glaubte er alles in wilder Ver
wüstung zu sinden und war daher er
staunt, als er außer einigen umherlie
genden Champagnerflaschen, etwas
Stroh aus dem Teppich und einer lee
ren Weintiste keinerlei Unordnung de
merite. Sodann suchte er seine Ram
mer aus. Der erste Rundblitt sagte
ihm, daß hier alles noch so war, wie er
es verlassen hatte. Mit dedender
Hand öffnete er den Wandschrant und
nahm einen Lederhcutel mit Geld her
aus. Er zählte den Inhalt —- zehn
Bantnoten und einige Goldstücke »Sie
haben mir teinen Heller genommen,«
murmelte er bewegt und freudig aus
athmend. Auch seinen Sertanten und
seine sonstige Habe fand er unberührt
vor. »Im Grunde waren die Zehn
doch Gentlemen,« sagte er zu sich selber,
während er kopfschüttelnd in Capitön
Bensons Cajiitc trat. Auch hier sah
alles aus« wie vordem. Jn den Kam
mern der Storrs und der- andern Pas
sagiere hingegen fand er deutliche
Spuren der Räuber. Kossee und Rei
setaschen waren geöffnet, und ihr Jn
halt lag am Fußboden umher. Es
- tte den Anschein, als hätten die Zehn
ier nach Kleidunasstücken gesucht.
vielleichtauch nach Geld, und wieder
regte sich in seinem Herzen das Dant
gefiihl dafür, dan sie ihm seine Er
sparnisse gelassen hatten
An Deci zuriickgetommem unterrich
tete er sich von dem Zustand des Schif
seg, dann stieg er Zum Achter-drei ern
por nnd rief die Vrigg an.
»Alles in Ordnung hier an Barth
Sir," meldete er dem Commander.
»Haben die Kerle das Uold mitge
nommen?" war Boldocks erste Frank.
Mattele berichtete, was er von den
beiden Mattoscn vernommen l;atte.
»Wir dürfen keine Zeit verlieren,«
ries Boldocl zurück. »Ich werde Jhnen
vier von meinen Leuten an Bord
- schicken; lassen Sie dann Segel setzen,
l aber nicht zuviel, damit Sie mit uns
! gleiche Fahrt halten lönnen.'«
»Seht wohl, Sirt« antwortete
» Matthews.
1
j Jetzt sah er, wie Miß Mantel einige
; Worte zu dem Commander redete-.
f »Haben Sie in die Nummern hin
l eingesehen ?« fragte der Letztere darauf.
»Jawohl, Sir.«
; »Wie fanden Sie die von Mi
i Mansel?«
j »Meinem Urtheil nach gänzlich un
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berührt.«
. Diese Kunde schien den braven
; Commander ganz glücklich zu machen,
Hdie junge Dame aber winkte ihren
I Dank herüber. Sie befand sich in ahn
: licher Lage, wie der Locrsteuermannz
3 die Kammer barg ihren gesammten
i irdischen Besitz. Ihre Augen ruhten
s auf der Bart mit jenem gedankenvol
l ten Ausdruck, den wir. Masters so oft
; bewundert hatte. Und wieder stieg die
Erinnerung an die schrecklichen Augen
blicke, die fie zu durchleben verurtheil
; gewesen, in ihr- anf. Sie begann zu
Hzitternz unwillkürlich flüchteten sich -
i ihre Blicke auf das grosse, rothe, gut
Antlitz ihres Retters und Freundes ;
und nun wurde sie wieder ruhig.
! »Sie werden es taum verständli« )
? finden,« sagte sie mit ihrem lieblich -
« Lächeln, »daß ich mich iiber die Ethal ;
i tung meiner armseligen Siebensache
s so freuen kann, besonders acgeniibe
, dem Raube des großen Go dschase
? Aber glauben Sie mir, Cap«tän Bo
! dort, der Verlust des Goldes trifft d· ..
i Eigenthümer desselben sicherli- nicht -'
I schwer, als mich der Verlust met
j ringen Habfeligteiten getroffen
i würde. Wann gedenken Sie mich
» Bord der Bart zu begleiten?«
, »Morgen, so hoffe ich.«
. »O, nicht frühere« rief sie, nach -
lSonne schauend, die bereits nied « i«
mit glührothen Tinten färbte.
»Liegt Jhnen denn soviel data
) dieser Brigg sobald als möglich
; Rücken kehren zu können?« fragte
l Commander.
»Wenn das der Fall wäre,
müßte ich ja das undankbarsteGeschii
auf Gottes Welt sein! Nein, Capif
BoldoeL so etwas dürfen Sie von n X
nicht denkenz« A · .
! Derschiffer schwieg und schien se«
: ganze Aufmerksamkeit der Bart z ,
; wenden. Die vier Mann vom ,,We « ·«
j len« waren an Bord gefetzt worden,
i daß Mk. Matthems jetzt über ei
Mannfchaft von elf Matrofen verfiig .
den Bootsmanri Ver Brigg mitgere »
net, der als zweiter Officier zu fu - ,«
, ren hatte· Als die beiden Schiffe « -
endlich in Bewegung setzten,
am öftlichen Himmel bereits hell . s
Stern, obgleich im Westen die Aben
röthe noch nicht verglommen war.
»Ich werde eine Laterne an m
Gaffel hängen lassen,« rief der Co
manver der Bart zu. «Halten Sie «
in meinem Kielwasser, aber vorsicht
daß Sie mich nicht in den Grund r
nen. Auch Sie tönnen vorn eine !
terne aufbringen.«
Nachdem diefe Verfügungen get - «
fen waren, bot der Schiffer der '
gen Dame die Hand und führte »s«
die Cajitte, wo ein Matrofe ins-U
den Theetifch gedeckt hatte. M
rineoffieier und die Gouve -.««J
fanden lich allein. Miß M « —
thre Segeltuchmittze ab, feste
der und fchentte aus der a , ;
beulten, ztnnernen Theess
Tafer voll, deren eine sie im « j
mander reichte. «
Gortfesung folgy . —
-.i .