Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 24, 1897, Sonntags-Blatt., Image 14

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    ——--.—— —
Piraten.
purem von Williatn Clarkk Rassen
j
(12. Fortsetzung.) E
Akt-dorten Sie mir « fuhr Masters «
Ikticher werdend fort; ,,hat man
Fixier gewaltsam aus dem Wege
J avenires Augen funkelte es wie
I Wetterle! chten, als sprühe eine
aus seinem erhitzten, blutiibet
m Gehirn. Bei den stärkeren Be
mgen oeg Schiffes stackerte er nach
«s nnd nach rechts.
Was auch geschehen ist,« stieß er
c hervor »Sie hatten davon Jhr
»e- -— Sie werden Jhren Antheil
tt Beute empfangen, ohne gezwun
sen zu fein Jhr Gewissen zu
—- ohne Blut an dem Golde
Izu müssen. Genügt Jhnen das
seine ragende Gestalt schwankte so
; , lich, als wolle er über Masters
en.
hat die Unthat begangenem
dieser. »Caldwell?«
«.; tagen Sie ihn doch selber, Sie
verschluckte ein Schimpfwort,
te dasselbe jedoch durch einen
enden Blick Dann schwankte
THOSE hinten, stellte sich neben Wil
t und that, als laufhe er dem Ges
in der Cajüte
fters folgte ihm mit den Augen
Stf schritt er zum Oberlichtfenfter
schaute hinab aus die an der Ta
; nden Männer; sein Gesicht war »
- aber nicht vor Furcht. Der erst-,
'H Eben sein Blick fiel, war Dike Cald
sIz der schwarze Mann sang aus
.Ist Kehle und schwang sein Glas Im
zki dazu. Masters ging die Treppe
Mater und trat in den Salon.
tquotz erade im Begriff sich zu er
seu, rie:
»Hier kommt Sampfon; er sieht so
åniigt aus, wie ein Todtenschädel!«
astrts stellte sich dicht vor Calb
»Was stieren Sie mich so an?«
We dieser. »Was wollen Sie von
lyzFShe wir uns auf dieses Abenteuer
stießenf entgegnete der junge Mann
K gewaltsam erzwungener Ruhe,
zitkde ausgemacht, daß kein Blutdu
ehen dabei stattfinden sollte. Trotz
Jst-haben Sie, Caldwell, ein Mädchen
Ähordet Jch erfuhr es von Dahe
»ve, Burn,« rief er dem letzteren zu.
das war das Geheimnißx alle andern
jin darum! Dieser Schurke hat ein
«M.« wehrloses Mädchen umge
;·Vhsne ein Wort zu erwidern, sprang
frjidwell auf und führte einen tücki
Hsfu Faustschlag gegen die Schläfe fei
P Unkliigersq getroffen taumelte die
H zur Seite.
· fxsrvllop trat dazwischen.
.Iriede!« rief er. »Das schickt sich
zieht in einer Gesellschaft von Gentle
»Jen! Der verwünschte Wein! Legen
sie sich nieder und schlafen Sie’s ausz,
Meisters. Sie sind dem Schwarzen
sicht gewachsen, der in seiner Wutle
Jehn Teufel im Leibe hat.«
, »Wir sind hier nicht im Busch,
MU« schrie Cavendish dem mit er
- bener Faust und einem Ausdruck
ifcher Bosheit auf seinem verzerr
's" Gesicht daftehenden Caldwell zu.
« »Gibt’s hier etwas auszufechten,
»Dann laßt uns nicht vergessen, daß wir
Pentlemen sind,« meinte Hankey.
z» »Unser Sampson ist auf einmal
Exsetkwiirdig heikel,« kam Davenires
aunenftimme durch das Oberlicht
b; »und doch war er der Mann.
zu Ballarat fein Messer im Leibe
, Bäckers stecken ließ und es nicht
skriickfordertek
sum hatte sich inzwischen an
k-« v ldwell herangewacht und den Wil
Fen»zuriiklgedrängt.
USE-A
.Er ist in das Mädchen verliebt ge
Jibesem « sagte er dabei. ,,Lassen Sie
ihn jetzt in Ruh, Dike; er wird Ihnen
Jscenugthuung geben —- nicht wahr,
Isami Wir sind hier Männer von
schief
»Ich will mich mit ihm schlag 11,'
gkief Masters in unbändigem Zorn in
gdem er sich gegen die Hände sträuhkiy
k The ihn festhielten, ,,mit den Fausten
g Ps- rnit Handspeichen —- mit Revnlvern
»V-— ich will diese wilde, mörderische
Z ie umbringen mit jeder Waffe-, die
- ii mir nennen wird!«
« · Das kam wie ein Sturzbad über
«— » erhitzten Köpfe; man stand plötzlich
- üchtett vor einer tragischen, tödt
ZII Thatsache, und die Dünst: des
IS verflogen vor dieser Erkennt
ivie Rauch vor dem Winde
«Sam soll in das Mädchen verliebt
fen fein?« rief Trollop. »Er hat
vorher doch gar nicht getan-it und
an Bord kaum dreimal mit ihr
PW Er hätte seine Zunge b Fee biiten
assen,« saatehankey gelassen. »Wikde
ie ist allerwegen eine B leidignng,
Norden. wie im Süden. "
»Er ist eine wilde. blutige Bestre,
- Macht«-name ich wiederhole es
· hufendmaiP schrie Masters.
«-. Mädchen, das sich nicht weil-ewi
'« H Ins-, iibee Bord zu werfen! S«ellt
» M M nur vor, Leute! Ein zun
»- « n hilflos en den Krallen die
Mem- — —- D du Völlenbund. i«
»Ur-Iow- M Gall-weil und dse
Lamm ihm mit halb verständlich
JWM schle- sich will diesen
M which thing-u et soll
s-iiy werde
»Es waren ihrer zwei bei dem Stuct
Arbeit, Sampson,'« riefDaoeuire dröh
nend durch das Fenster herab. »Der
andre bin ich!«
»Dann sollst auch du feiger Schurke
vor die Pistole, wenn ich mit dem hier
fertig bin!« antwortete der Junge
Mann.
Davenire stiefi ein wiederndes Ge
lächtet aus« Matters aber ging, ohne
noch ein Wort zu verlieren in seine
Kammer, deren Thür er hinter sich
zuschlug—
Caldwell stand keuchend am Tische,
die plumpen Fäuste aus die Platte ge
stützt. Er sah zu Davenire hinaus.
»Ich möchte wissen,« sagte er, »was
dem Menschen einfiel —- gerade mit
mir Streit anzufangen. Was wär ge
than haben, geschah zum Besten aller-,
selbstverständlich auch zu seinem Be
sten. Was ging ihn das Frauenzim
mer an?«
Er redete noch, als Masters wieder
aus seiner Kammer trat.» Der junge
Mann hielt den schweren Revolver in
der Rechten, die Mündungen gegen den
Fußboden gekehrt. Kalt und ruhig
sah er Caldtvell an.
»Ich bin bereit und stehe Jhnen zu
Diensten,« sagte er.
»Di« stieß der schwarze Mann un
willkürlich hervor, während eine grün
liche Blässe sein Gesicht überflog.
»Wenn Sie also mit Gewalt ......
Trollop, ich bitte Sie, die Vorberei
tungen zu treffen, ich gehe inzwischen,
meine Pistole zu laden.«
, Er schritt seiner Kammer zu, aber
keineswegs mit der Festigteit, die man
bei einem Manne seines Charakters
hätte erwarten sollen.
»Sie müssen’s an Deck miteinander
ausmachen, sagte Trollop zu den un
betheiligten Anwesenden »Aber Ma
i stets, warum in aller Welt mußten Sie
diesen ganz überflüssigen Streit begin
) nen? Jch gebej a zu, es war eine
i schreckliche, schauderhafte That, aber sie
J war nicht zu umgehen. Das Mädch: n
hatte durch Zufall unsern Plan er
I lauscht — was blieb da übrig? Nicht
jeder hätte sich zu diesem Schritt ver
standen und sein ganzes Leben durch
solch’ eine Erinnerung verdunkelt. Jch
würde die Waffe nicht gegen den erhe
ben, der uns allen diesen Freundes
dienst erwies und uns damit zu der
reichen Beute verhals.«
»Ich aber thue dies,« versetzte Ma
siers, »und einer von uns soll aus
dem Flecke bleiben. Großer Gott !'«
fuhr er mit leidenschaftlicher Heiligkeit
fort, »hat die Welt jemals einen sei
aeren, schnöderen Mord gesehen? Zwei
solche Kerle dringe-« in die Kammer
eines schutzlosen Mädchens, reißen sie
aus dem Bett und —- und —- haben
Sie sie erwürgt?« schrie er Davenire
su. »Ich bewundere den männlichen
Gebrauch, den Sie von Jbrer Hünen
irast aemacht haben,« schloß er mit
» dem Ausdruck verachtunqsvollsien
s Hosan aus seinen verwüsteten, aber
noch immer schönen Zügen.
; Schweigend trat Davenire von dem
I Oberiichtsenster zurück; auch die an
dern schwiegen, bis Calowell wieder im
Salon erschien. Seine Waffe war der
Masters ganz ähnlich; zog man den
Abzug, dann drehte sich die eiserne
Walze, welche die sechs Bohrlöcher alH
Kugelläufe enthielt; an ein rechtes
Zielen war bei diesen schwersälligen
Maschinen nicht zu denken.
»Wo soll es sein« T;ollop?« fragte
er dumpf. ,»
»Mitschisss, beim Großmasi,« ant
wortete der Gesragte mißmuthia.
»Zwöls Schritt Distanz7 geschossen
wird, wenn ich das Taschentuch fallen
lasse. Jst’s so rechts«
Die Gegner waren damit einve:
standen, und die ganze Schaar begab j
sich hinaus an Deck.
»Ist-g nicht jammekschave,« rief
Burn, als alle draußen im hellen
Sonnenschein und umweht von dem
frischen Winde standen. »ist's nicht
jammerschade, daß zwei Kameraden
jegt einander todtschießen wollen, nach
dem unser Plan so ganz nach Wunsch
gelungen ist?« ,
Masters sah ihn an, sagte aber kein
Wort.«
-« c —---- — u
Trollop zog mit einem Stück Kresde
einen Strich auf der Luvseite des
Deck5, ging zwölf Schritt nach hinten
und zog vor seinen Fußspitzen einen
zweiten Strich. Dann trat er zur
Seite an die Reeling. Die Gegner
nahmen ihre Plätze ein.
»Wieviel Schuß?« fragte der neben
Masters stehende Burn.
,,Soviel, als nöthig sind, den da zu
tödten,« zischte Caldwell zwischen den
zusammengetrampften Kinnbacken her
vor.
»O nicht doch!« rief Shannon. »Wir
wollen hier keine Schlächtereil Jch
schlage vor, nur einen Schuß. Geht der
fehl, dann mögen sie sich wieder ver
tragen.«
»Sei-n Sie aus dem Wege, Burn,«
sagt-e Caldwell, mit dem Revolver seit
wärts winkend.
Die Zuschauer gruppirten sich aus
der Großlute, die inzwischen wieder
zugedeckt worden war. Trollop nahm
ein weißes Tuch aus der Tasche und
hielt es empor.
«Fertig?« fragte er.
,, ertig!« anworieten die Gegner zu
gleich.
Mafiets warf einen Blick gen him- T
mel, dann richtete er das Ast-se feft auf
den Feind. Der ftand mit gesenktem
Nacken und ta enatiig emporgezoge
nem Mitten; ord lag in feiner gan
zen halt-ing, Mord funkelte aus fei
nem rothen Aug-, grinfte aus dem
miissenem Zuge mn feinen Mund
Wer ihn beobachtete, in dem mußte dte
Befürchtung aufsteigen, daß dieser
Mann meuchlerische Tücke im Schilde
führe, daß er die Kugel noch vor dem
Zeichen entsenden würde. Diese Be
fürchtung wäre allerdings grundlos
gewesen.
Trollop ließ das Tuch fallen; die;
Schüsse trachten gleichzeitig. Meisters «
trat einen Sprung rückwärts, der Sie-T
voloer entfiel seiner Hand. Er griff »
nach dem Herzen, schaute sich nachBurn «
um, lächelte ihm zu und stürzte dann
nieder auf fein Angesicht.
l Caldwell stand wie zuvor, unver
est
»Jst er todt?" forschte Davenire be
klommen.
Burn war herzuaeeilt und hatte den
Freund mit schonender Hand auf den
Rücken gelegt. Zweimal noch entrang
’ sich ein leises Stöhnen den Lippen des
hGefallenen dann war seine Seele ent
flohen.
i »Ein guter Schuß,« sagte Trollop
s zu CaldwelL neben dem Todten nie
! derknieend. »Sel:en Sie her.«
) Er wies auf ein kleines Loch in Ma
i stets Rock; dasselbe befand sich genau
I über dem Herzen.
17. Capitel.
Der Name der Insel.
Ein stiller, nebelvoller Abend lag
über der Sec. Die Brigg »Wellesley'«
lag auf südweftlichem Kurse, oder rich
tiger, sie würde einen südwestlichen
» Kurs verfolgt haben, wenn sie nicht
mit schlaffen Segeln einfach sacht nach
Lee abgetrieben wäre.
Mr. Hardy hatte die Wache an Deck.
Commander Boldock, Mr. Matthews
und Mis; Mansel saßen in der Ca
jüte am Tisch unter der tleinen Hänge
lampe.
Die junge Dame war noch immer
sehr blaß, und wenn sie gedankenvoll
vor sich hinblickt:. dann lag es noch wie
ein leiser, zögernder Schatten bon
Furcht auf ihren feinen Zügen und in
den dunkeln Augen. Jm allgemeinen
aber sah sie fiir jemand. der erst
kürzlich einer so grausigen Gefahr ent
-rissen wurde und der so schlimme Er
innerungen im Herzen trägt, recht
wohl und munter aus. Der Schlafrock
verlieh ihrem Aeußeren eine gewisse
bequeme Behaglichteit, und ihr reiches,
schwarzes Haar ichmmerte in tadello
ser Frisur im Scheine der Lampe. Die
Augen des Commanders ruhten oft
mit Wohlgefallen auf ihr, und Mr.
Matthews, der ihr gegenüber saß. be
trachtete sie mit den Blicken eines al
ten, guten Freundes
Auf dem Tische, der mit einem gro
ben Leinwandtuche bedeckt war, dessen
Gewebe von Salzcrystallen glitzerte, die
von der letzten Wäsche im Seewasser
daran hafteten, fand ein frugales
Abendbrot: Hartbrot, Schinken, ein
Stück kaltes Salzfleisch dazu Wein
und Rum. Der Schiffer und Mr. Mat
tbews tranken Rum und Wasser, vor
Miß Mansel aber stand ein Glas Ma
deira.
,,Glauben Sie. Capiiän Boldock,«
sagte di-: junge Dame, »daß die armen
Passagiere in ihren Booten Aussicht
auf Rettung haben ?«
»Das glaube ich wohl, um so mehr,
als man die Matrolen unter sie ver
theilt hat,« antwortete der Comman
der. »Eins oder das andere der Aus
wandrerschiffe, die des Weges kommen,
wird sie sicher aufsammeln.«
»Es muß aber doch schrecklich sein,
die ganze lange Nacht im offenen Boot
» aus dem weiten, finster-en Meere zuzu
k bringen,« meinte Miß Manfel, sich ein
wenig schüttelnd. »Und wenn es dann
windig wird und die See hohl geht,j
oder wenn der dichte Nebel kommt —H
hul«
»Junge Männer, die nach wochen
langem Umhertreiben in Booten geret
tet wurden, sind von ihren eigenen
Müttern nicht mehr erkannt worden«
so greisenhaft alt "ahen sie aus,« be
merkte Mr. Matthews, düster in fein
Glas schauend.
»Das kann ich sehr wohl verstehen,«
niclte das Mädchen gedankenvoll »Jn
solcher langen Todesnoth altert man
schnell.«
»So ist es,« bestätigte der Steuer
mann. »Jede Stunde gräbt eine tiefe
Linie in das Gesicht solch eines Schiff
brüchigen.«
»Und Gespenster ziehen in dem heu
lenden Nachtwind über das Boot und
färben dem Aermsten das Haar grau,«
lachte der Commander. »Machen Sie
unsere Miß doch nicht graulich, Mr.
Matthews!«
»Wie wird Mrs. Peacock jammern
und klagen,« seufzte das junge Mäd
chen mitleidig, »die doch die Reise nur
zur Kräftigung ihrer Gesundheit un
ternommen hatte!«
»Ohne den Willen dessen, der die
See in seiner hohlen Hand hält, wird
keinem von ihnen ein Haar getrümnä
werden,« sagte der Commander. »Das
mag Sie beruhigen, Miß ManseL Was
mir aber Kopfzerbrechen macht, ist die
Frage, wie die Piraten all das Gold,
die Nuggets und den Staub, schließlich
wegschaffen wollen. Ein Goldtlumpen
im Werthe von hundert Pfund Ster
ling hat schon ein tüchtigeö Gewicht.
Nun sind da aber zehn Kerle, oon denen
jeder rnit einem Beuteantheil von acht
undzwanzigtausend Pfund Sterling in
rohem Golde an Land gehen will. Wie
werden sie das nur fertig bringen?«
Matthews schüttelte ernst den Kopf.
»Jn einem Hasen, wo Zollbehiirden
jede Landunq überwachen, ist daran
nicht zu denken,« sagte er. «Schade,
daß Mansei von diesem Theil des
Planes nichts hören konnte-«
»Wenn ich mich nur des Namen der
—
Insel erinnern tonnte,'· verseyte das
Mädchen sinnend. »Zuweilen schwebt
er mir aus der Spise der Zunge.«
Man plauderte noch eine lleine Wei
le, dann erhob sich der Commander,
machte der jungen Dame eine Verbeu
gung und begab sich an Deck.
Die beiden Wachabtheilungen an
Bord des »Wellesley« unterstanden
dem Steuermann Hardh und dem
Bootsmann Stuhl-ins Mr. Mat
thews hatte den Schiffer um die Er
laubniß gebeten, mit Stubbins die
Wache theilen zu dürfen, ein Ansuchen,
dem Boldock sehr gern entsprach, da
ihm die Dienste eines so bewährten Of
ficiers hoch willkommen waren. Jedoch
hatte er darauf gedrungen, daß Mat
tbews wenigstens die erste Nacht unter
Decl bleiben und sich erholen und aus
ruhen solle; dieser empfahl sich daher
sehr bald und zog sich in die ihm an
gewiesene Kammer zurück. Ein gleiches
that Miß Mansel.
Draußen brütete eine pechschwatze
Nacht iiber der See. Um so heller leuch(
tete das Wasser rings um das Schiff.
Die in ftreifiaen Webilden die Tiefe
ourchzcehenden Feuerneoet strahlten
ein solches Licht empor. daß nicht nur
die iiber Bord schauenden Gesichter der
Seeleute, sozidetn auch die Talelung
und die Segel gespenstiseh erschimmev
ten.
Boldock stand, seine große Meer
schaurnpfeife raud,end, neben Hardy an
der Reeling.
»Ich habe nicht oft eine so finstete
Nacht erlebt, wie die heutige,« sagte der
Commander.
»Auch ich nicht," sagte der Steuer
mann.'«
»Ich denke, das wird nichts weiter
bedeuten, als Nebel,« setzte Boldock
hinzu.
»Ganz richtig,« pflichtete Hardh bei.
»Wenn wir etwas Wind hätten, wür
den wir den Nebel bald riechen.«
Der Commander saugte einige Mi
nuten mit hörbarem Geräusch an sei
ner lange nicht gereinigten Pfeife.
»Hardy«, begann er dann ganz un
vermittelt, »haben Sie jemals ans Hei- J
rathen gedacht?«
Des Steuermanns Antwort war ein
lautes Auflachen. «
»Mertwürdig,« sagte Boldock in sei
nen tiefsten Basztönen, »daß diese
Frage stets eine gewisse Heiterkeit her
vorruft, namentlich, wenn sie an al
ternde Junggesellen gerichtet wird. Jch
verstehe aber durchaus nicht« was dabei
so lächerlich sein sollte. Eine Heirath ist
doch die ernsteste Sache, die es geben
iann.«
»Man lacht zuweilen zur Unzeit,«
versetzte Hardy entschuldigend. »Ich
habe sogar in der Kirche gelacht; frei
lich war ich damals noch ein gedanken
loser Mensch.«
»Ich denke mir, es muß sehr ange
nehm sein, eine nette Frau zu haben,«
suhr Boldock fort.
»Eine nette Frau —- ei ja!'« sagte
Hardh.
»Natürlich, nur eine nette Frau.
Eine Frau, die dein Manne eine
schöne, behagliche Häuslichteit schafft.
Solch eine Häuslichieit, wie ich sie mir
stets wünsche, wenn ich auf See bin,
die ich aber kn Lande niemals finde.
Das Einwohnen bei fremden Leuten
ist mir längst gründlich zuwider, ebenso
das Logiren in Gasthäusern. Man hat
doch auch seine Neigungen, seine Lieb
habereien, seine Empfindungen und
Gefühle, möchte ich sagen —- daraus
aber nehmen srenide Leute nicht die
geringste Rücksicht."
»Ich halte nicht viel vom Heirathen,«
entgegnete der Steuermann tiefsinnig.
»Das beste dabei, das Küssen und
Schönthun, das dauert nicht lange.
Hernach kommen die Kinder, und
dann ist’s mit der Ruhe und Behag
lichkeit auch vorbei.«
»Jeder Mann braucht nothwendig
ein Heim,« erklärte der Commander
mit großer Bestimmtheit.
»Was das anbelangt, so braucht
man manches sehr nothwendig und
kriegt’s doch nicht,« versetzte Darm-.
«Ei ja, eine hübsche Häuslichkeit
möchte ich auch wohl haben; das Ding
» aber würde zu kostspielig werden, da
» rurn muß ich daraus verzichten.«
Boldock stieß einen tiefen Seufzer
; aus; oben schlug ein Segel gegen den
;Mast, und irgendwo quietschte eine
s rostige Blockscheibe wie eine Natte.
. »Jedensalls habe ich das Seefahren
i satt, Hardh,« sagte er, »und bei der
ers-en passenden Gelegenheit geb’ ich’s
au ."
»Ich wollte, ich könnte auch so te
den,« nickie der Steuermann, in das
funkelnde, brennende Wasser hinabse
heut-.
»Von jeher kannte ich aus See leinen
angenehmeren Zeitvertreib, als mir
eine hübsche Heimstätte am Lande aus
zumalen,« fuhr der Commander fort.
»Ein weißes, freundliches häuschen
xnit rothem Dach. Rings herum grüne i
Bäume. Schon ganz von weitem lanni
man das Häuschen sehen. Dahinter ein j
Garten. Jm Geiste stehe ich in demt
Garten und tieche den Duft der Blu-;
men und höre das Geplätscher der
lleinen Wasserlunst. Jetzt gehe ich in's
haus. An den Wänden hängen Schil
dereien von Schiffen und Seegefechten,
Waffen und Curiositiiten aus allen
Weltgegendenz und ein großer leder
bezogener Lehnstuhl steht da, in dem
site ich in Hemdiirmeln und Pantof
feln, die Pfeife im Munde, ein Buch
auf dem Schooß, und lausche dem Ge
summe der Bienen und Hummeln
draußen im Sonnenschein.«
»Dort sich gut an,« brummte Hardy
«losiet aber einen Haufen Geld.«
Dein Eommander war die Pfeife
ausgegangen; nach einigen vergeblichen
Ziigen gin er unter Deci. Die Cajüte
war leer. Er setzte fich an den Tisch,
und gleich daraus erschien ein Matrofe
mit einem Theetessel voll heißen Was
sers, den er vor den Schiffe- auf eine
Art Dreifuß stellte. Darauf brachte
der Matrole aus einem Wandschrant
eine lasche Rum, eine Citrone und
eine chale voll Zuckerftüclchen herbei,
griff salutirend an feine Stirnlocle
und stieg, nach einem fehnfüchtig zö
gernden Blick aus die Rumflasche, wie
der an Dect hinauf.
I Der Commander griff nach den Jn
Feredienzien und mischte sich seinen
achtpunsch, dessen würziger Duft
bald die tleine Cajüte füllte. Er lä
chelte und trank, und lächelte wieder. .
iSo saß er lange. Dreimal füllte er «
jdas Glas. Der Mann am Ruder
schlug acht Glasen. Es war Mitter
nacht. Eben wollte er sich die Pfeife
füllen und noch einmal an Deck gehen,
um mit seinem Steuermann zu plan
oern, als die Thür der Nebencajüte sich
aufthat und Miß Manfel hereintrat.
Jm ersten Augenblick erschrak der
Schiffer, wie vor einer Erscheinung.
Die junge Dame befand sich erst so
iurze Zeit an Bord. daß ihr Anblick
ihm noch nicht zur Gewohnheit ge
worden war, obgleich seine Gedanken
sich viel mit ihr beschäftigten
»Habe ich Sie durch ein Geräusch
erweckt« fragie er. »Das sollte mir
aufrichtig leid thun.«
»Nein, Caritän Boldock.« verietite
das Lucaochen in großer Aufregung,
»nein, mich hat ein Traum aus dem
Schlafe gestört, ein Traum, der mir
den Namen der otnscl ins Gedächtniß
zurückrief. Jch erwachte, indem ich
ihn laut ausrief!'«
»So sagen Sie ihn doch, schnell!
Fonft könnten Sie ihn wieder verges
en «
»Die Jnsel heißt Halloran —- Hal
loran — jetzt weiß ich s ganz genau.
Halloran heißt- sie. Sie tennen sie,
nicht wahr? Sagen Sie nicht nein«
denn dort finden Sie das Schiff und
alles, was man mir genommen hat«
»Halloran!« rief der Schiffer. »Daß
ich darauf nicht gekommen bin! Ge
wiß tenne ich das Eiland, liegt es doch
kaum eine Tagesfahrt von den Rissen
entfernt, die ich zu vermessen habet«
,,Welch eine Fügunal Und wie
weit ist es noch bis dorthin?« A
»Ungesähr siebenhundert Seewei
len. Jch will Ihnen das Eiland auf
der Karte zeigen.«
Er räumte hastig das Punschge
ichirr vom Tisch und breitete eine See
tarte darauf aus-.
»Sehen Sie —- hier befinden wir
uns gegenwärtig, und da liegt Hallo
ran. Die Piraten konnten sich gar
seinen passenderen Ort auswählen.
Die Jnsel ist unbewohnt, sie liegt ab
seits von der Fahrstraße der Schiffe
und wird überdies durch jene Riffe ge
deckt, deren Lage noch so wenig be
stimmt ist, daß die Fahrzeuge ihnen
gern weit aus dem Wege gehen. Har
dn!'« rief er durch das Oberlichtfenster
hinauf.
Ter Steuermann kam eilfertia die
enge Treppe herab.
»hier ist die Insel, zu der die Pira
ten die Bart zu bringen gedenken,«
sagte der Commander, seinen dicten
Zeigefinger auf die Karte pflanzend.
«Halloran!« rief Hardy. »Beinahe
auf unserm Wege! Das nenne ich ei
nen Zufall!«
»Wahrscheinlich wollen die Schur
ken das Schiff auf eins der Risfe
setzen, nachdem sie das Gold in die
Brigantine verladen haben, —- »Ni
val" war ja wohl derName derselben."
Voldoct verschränkte die Arme über
der Brust, lehnte sich an den Tisch und
sah mit großem Ernste den Steuer
mann an. »Ich werde den Kurs der
Brigg unverzüglich auf Halloran rich
ten,« fuhr er fort. .,hoffentlich haben
wir Glück und treffen die »Queen«
Jdaselbst.«
; »Der »Welle5lev« ist ein langsames J
anhrzeug.« versetzte Hardh. »Wenn
die Bonditen uns kommen sehen, dann J
gehen sie mit dem Golde auf und da- ;
von und wir können ihnen nachflöten. »
Denn die ,,Queen« holen wir nicht ein
und wenn wir auch hundertJahre hin
ter ihr drein schlichen.«
»Der Fall erfordert Ueberlegung
und strategische Kunst,« sagte Boldock,
den großen Kon würdevoll und
selbstbewußt zwischen seinen beiden
Zuhörern hin und her drehend. »Zu
niichst steht fest, daß wir diese zehn
Banditen fassen und ihnen den Raub
abnehmen müssen. Das bringt uns
Ehre und Prisengclder. Wie das
Ding auszuführen ist, muß ich noch
überdenten. Mr. hardy, ich gehe mit
Ihnen an Dest«
Die junge Dame zog sich zurück; der
Schiffer lud feine Pfeife voll. und
beide Männer verließen die Cajüir.
18. Capitel.
»L a n d ho !«
Zehn Tage waren vergangen, feit
die Piraten sich des Schiffes bemäch
tigt hatten. Es war ein wundervol
ler, fonnenrother.Nachrnittag; Jnfeln
von schneeweißern Dampf strichen ain
blauen Firmarnent dahin. fiidwärts,
hoch über ihren eignen Schatten auf
der See.
Und fiidwärts zog auch die«Queen«
ihre Straße durch die unbegrenzte
Weite des Oceans, die Segel von einer
leichten Brise geschwellt. Sie tvar je
doch nicht mehr ganz das raciiife
Fahrzeug, das einst des alten senfonö
Stolz gewesen; fie fah etwas zerzauft
sind verwahrloft ans. Ein SeemanIM
1uae würde auf den ersten Blick er
W
tannt hab:n, das sie sahn-ere- Wetter
u überwinden gehabt hatte; die Vor
ramstenge fehl e, und da sie infolge
dessen vorn kein Bram- und Ober
brarnsegel und auch den Außenlliiver
nicht mehr führen konnte, so fah sie sich
! selber kaum noch ähnlich.
: Es war fünf Uhr Nachmittags.
I Shannon ftand am Ruder; derbaupts
mann Trollop kam, Bensons Teleflop
unter dem Arm, die Achterdeclstreppe
herab, ging eine Strecte nach vorn und
blieb dann, um Vorbramfaling em
porblictend, Ziehen Dort saß Dike
Caldwell, mit des verstorbenen Schif
Leersd Opernglas nach Land ausspei
n
1 »Noch nichts in Sicht?« rief Trol
op.
«Doch,« antwortete Caldwell, sich
langsam umwendend und hinabschan
end. »Land ift in Sicht."
»Land hat« schrie Trollop über das
Schiff.
»Wo?" riefen sieben Stimmen eifrig
durcheinander, und die Gentlemen eil
ten in Ueberstürzung nach vorn auf die
Back.
Caldwell streckte seinen Arm aus;
nach dieser Angabe mußte das Land
etwa drei Strich voraus im Lee- lie
gen.
»Sollte der nicht eine Wolke fiir
Land halten?« meinte Weston. »Dein
fchwarzen Maulwurf traue ich nicht,
weder als Ausguckmann, noch auch
fons .«
Schnell und gewandt sprang jetzt
Hanseh in die Takelung hinauf. Calb
well händigte ibm das Glas ein und
trat dann schwerfällig wie ein Bär den
Rückzug an.
»Nichts von der Brigantine zu fe
hen?« rief Trollop nach einer lleinen
Weile.
Hanteh stand frei auf dem Saling,
hielt sich mit der Linken am Stumpf
der Bramstenae und ließ das Glas
über den Horizont schweifen.
»Nichts in Sicht, was einem Segel
ähnlich wäre,« kerichtete er. »Freilich,
Wolkenfpitzen in Menge rings an der
Stimmung, und da kann man in der
That nicht wissen, ob nicht ein Segel
darunter ift.«
Caldwell sprang wie eine Kröte von
der Reeling an Deck
,,Mein Compliment, Trollop,« sag
te er. »Das Land ist die Insel, die
wir suchen. Sie sind ein Navigator
erster klasse."
Trollop legte die Hand an den Hut
und drehte lächelnd seinen Schnur
bart.
»Von der Brigantine aber keine
Spur,« fuhr der Schwarze fort.
»Wenn Saunders nicht schon unter
Land zu Anker gegangen ist, dann
fürchte ich, dasz der letzte Sturm ihn
verschlagen hat. Kann auch zu Grun
de gegangen sein.«
»Solch ein Unglück zu befürchten.
wäre etwas verfriiht,« entgegnete
Trollop. »Wir sehen hier vom Deck
aus noch nicht (inmal die Insel; war
um sollen wir da bot-aussetzen, daß
Saunders nicht zur Stelle sein wird?"
nzwischen war auch Hantey wieder
herabgekommen.
»Ich bewundere Ihre nautische Ge
schicklichkeit, Trollov,« sagte er, das
Glas auf das Oberlichtfenster legend
—- die Gesellschaft hatte das Achterdeck
wieder ausgesucht —- »es stimmt alles
auf ein Haar.«
Trollop dankte mit einer kurzen
Verbeugung. »Jetzt fehlt also nur
noch Saunders,« sagte er. »Sollte der
ausbleiben — man musz ja alle Mög
lichkeiten in Betracht ziehen —- dann
bleibt uns nichts übrig, als den Plan
auszuführen, den ich Jhnen allen be
reits andeutete —- der Noth gehorchend
wie der Affe sagte, als er seinen
Schwanz zu Mittag verspeiste. Das
Gold wird an Land geschafft; ein
Theil von uns bleibt als Wache dabei
und die andern machen sich im Groß
boot auf die Fahrt, um mit List oder
Gewalt ein Fahrzeug zu kapern, dasz
dann die Stelle der Brigantine vertre
ten muß. Das Loos bestimmt dieRolle,
die jedem zufallen soll.'«
»Ich bin ge en das Vergraben des
Goldes,« war Weston ein, »und auch
dagegen, daß es bewacht werden soll,
ganz gleich-, von «wens.«
s
»Die Kisten wiegen zusammen unge
fähr vierzig Centner,« entgegnete
Trollop ruhig· »Meinen Sie, We
ston, daß die Wächter während der
Abwesenheit des Großboots ein Floß
oder sonst ein Fahrzeug construiren
könnten, das solch’ eine Last zu tragen
vermöchte?«
»Das nicht,« antwortete der Ge
sragte. »Aber mein Antheil ist dabei,
an sich allein schon ein großes Vermö
gen, und ich will nicht, daß ein andrer
Mann darüber Gewalt haben soll.«
Caldwell, der an der Nerling lehnte,
. grunzte Beifall; auch andre gaben ihre
Zustimmung zu erkennen.
»Ja, mein lieber Freund,« erwiderte
Trollop gelassen, ,,denlen Sie denn
das Großboot mit dem Golde zu be
laden, wenn die Brigantine ausbleiben
sollte?«
»Es würde unter der Last bis zum
Dollbord wegsinten,« bemerkte Da
venire.
»Ich habe es ausgemessen,« ent
gegnete Weston; »es trägt vierzig Tent
ner, gehörig vertheilt, mit Bequem
lichleit.«
Entsetzung solgt.)
—Ein böserMensch. »Wa
rum vertehrst Du gar nicht mehr mit
Deinem Vetter?« —- »«Ach. der nieder
trächtige Mensch vssertrt mir ja jedes
mal eine von den Ttgarren, die ich ihm
tu Weihnachten aetchentt habet«