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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Dec. 10, 1897)
Das geübt Von Dietrtch Thedcrr. l Edmund Althaller hatte auf dem weinumrantten Balton seiner Braut gegenüber Platz genommen, fuhr mit dem Taschentuche ein paarrnal über das erhinte Gesicht und begann eil fertig: » lso, Lieb’, seh’ Dich recht fest hin und paß aus. Jn sechs Wochen soll unsere Hochzeit sein, dann sind wir vereinigt fiir’S Leben — vorher aber —- leider — die Firma hat mir heute friih erst die Mittheilung davon ge macht —- ein Blitz aus heiterem him mel —- ganz plötzlich —- —— Jch bin schier confus, — Du kannst Dir den ken, Marie — na, kurz heraus: ich muß heute noch abreisen, muß noch einmal aus die Tour — nicht lange, aus drei Wochen bloß, das letzte Mal — —« »Aber Edmund, von Muß kann doch nicht die Rede sein, habt Jhr doch Eure drei Reisenden und bist Du doch selbst setzt Mitinhaber der Firma, der eben sogut bestimmen kann, wie Herr Maß mann — —« Er zuckte die Achseln und schiittelte lebhaft den runden Kopf ,,Geschöfte!« stieß er hervor und setzte belehrend hinzu: »Gewiß bin ich Theilhaber und tann als solcher so gut bestimmen, was geschehen und un terbleiben soll, mie Freund Mafzrnann Aber aerade meine jetzige Stellung in der Firma legt mir neben geioichtigen Rechten auch ganz besondere Pflichten auf, und mährend man friiher noch einmal, bildlich gesprochen, ein bischen iiber die Stränae schlagen, das heißt, seine einenen Interessen ein tlein wenig über die der Firma gehen lassen konnte, muß man jetzt, wo man selbst zur Firma gehört, alles Persönliche zurücktreten und das Geschäft allein den Ausschlag geben lassen. . . .« »Ja. ja; aber Eure Reisenden — Du sagtest doch friiher selbst, diePrin zipale könnten ruhig daheim bleiben, Jhr Reisenden seiet mit den Kunden vertrauter, als die Chef-T die mit ihrem »steifpeteriaen« und »hochna«si·qen« Auftreten eher zum Schaden, als zum Vortheil wirlten —'« »Stimmt ja Alles, Mieze — ist ganz recht so, das heißt, die Chef-J sind sich aber doch nicht alle gleich —- ich zum Beispiel —« »Ju, Du —-" »Na, siehst DU. Ich bin del Alte geblieben. Mich lennen die Kunden, bei mir liegen die Chancen also ganz anders. Jch besestiae die Verbindun gen, mache einen äußerst vortbeilhasten Eindruck, wenn ich mich auch jetzt noch birasräberniibe Das ist Maßmanns Ansicht auch —« , »Ach der!« »Na, liebes Kind, ein tüchtiaer Ge schäftsmann ist er unter allen Umstän den. Er bat einen Scharsblick —— —« »Natürlich, bleibt aber selbst hübsch zwischen seinen vier Wänden und miß braucht seinen Compagnon. . . .« »Mis;braucht, ich bitte Dich! Jch — weißt Du, ich lann Dir ja nicht Alles erklären, aber wir wollen unserer Fa brikation einen ganz neuen Zweig ein siigen —-—- die Idee stammt von mir — großartiges Geschäft, sage ich Dir — da will ich noch einmal selbst hinaus, selbst horchen, selbst einsiibren —- es geht nicht anderb, zum Voribeil des Geschäsles muß ich das Opfer bringen. Ein schweres Opfer, Mieze, drei Wo chen Trennung —« »Und so kurz vor unserer Hoch seit —« »Mehr als ich kannst Du das auch « nicht bedauern. Wahrhaftig nicht, Miezr. Komm, sei wieder gut. Jch verspreche Dir auch —« »Was denn —?'« »Na ja, ich meine, wenn ich die Reise abliirzen tann —- Du tannst Dich doch daraus verlassen, daß ich eile, — flieae — —« »Weniastens bei der Abreise —-'« »Na, hör mal — —« »Kommst Du auch nach Verlin7« »Einen Anaenblict, ich liabe den Kö nig zu mir gesteckt und will Dir gleich die Route angeben· Also zunächst Leipzig. Zwei Tage. Dann Halle. Einen Tag. Maadebura. Höchstens zwei Taae. Stendal und Wittenberg je einen Taa -— -« »Für die Nester?« »Bitte sehr — einige Firmen dort, hochsein, gerade siir uns-. Dann Var - chim, Neu - Brandenburg Stettin-- -« »Ich weiß schon genun, lfdinund Immer so zwei Stunden um Berlin herum ------ « » »Von Stettin Anaeriniinde, Freien — walde, Cüstrin Frankfurt ——« »Und Berlin?« Er schüttelte energisch den Kopf. »Gebt mich diesmal gar nichts an. Kannst ganz ruhig sein, ich versichere Dich. « « »Wie lange warst Du das letzte Mal dorti« »Das war, Schan. Das ist nun --««orbei. I »Drei Wort en nicht wahr?« suhr sie nbeirrt fort. Er wehrte ungeduldig ab i »Aber Du mußt doch vernünftig ein, Miezet Du weißt doch welche ustriige tch gerade dort gesammelt be. Maßmann selbst hat aner nnt —« »Daß Dein Conto während des sliner Aufenthalts bedenklich bela t wurde.« t " »Mit er gesagt? Na warte Mut-H « Mein Compagnon —-« l . ssns holten?" »Mit Dir ist nicht zu reden.« ,.So! Jch weiß aber, daß Jhr schöne Streiche gemacht habt." »Ach so! Also Bummelcompag non —« , »So sagst Dul« »Ich werde Hans austlären, welches vortheilhasten Rufes er sich bei seiner Duzsreundin erfreut.« »Dann brauchst Du mich nicht zu erinnern· Daran warst Du überhaupt Schuld. Hast Du nicht selbst verlangt, daß wir Brüderschast trinken sollten, Deine ,,beiden besten Freunde«?« »Gewiß, und es war auch recht so!« »Ich danle für einen solchen Freund« »Na wirW Tag! So ein kleiner Kopf und so voll Motten! Aber aus Hans laß ich nichts lommen.'« »Natürlich nicht« »Er ist der prächtigste Mensch.« »O gewiß.« »Eine Goldseele.« »Eine Perle —« - »Jatvohl, mein Schon-J »Fährst Du nach Berlin?« »Nein —« »Trissst Du ihn sonstwo?« »Bewahre —·' »Du, Edmund,« —- ihr rosigeg Ge sicht zeigte wieder ein Lächeln und ihre f Stimme klang schmeichtekisch—»weißt j Du was? Du schreibst mir jeden Abend einen Brief, nicht wahr, damit ich weiß, wo Du Dich aushältst. Ja, - Schatz?« ! Er suchte zu handeln. l »Alle zwei Tage —« »Nein, nein, jeden Abend. Einen H an mich, einen an’s Geschäft, aber mei »nen zuerst. Ja?« » Er sügte sich. : ,,Eigentlich hast Du ganz Recht. So kann ich auch aus der dummen Reise stets mit Dir plaudern. Und Du wirst sehen: Berlin ist nicht.« Sie schmiegte sich zuthunlich an ihn. »Den Hang können wir ja auch hierher einladen, Schatz. Nach unserer Hochzeit. Es thut ihm gut, wenn ich ihn unter meine Obhut nehme. Und hier ist er auch ganz anders. Wirklich ganz nett.« »Yak- ul em Wort, Mieze. Du bitt doch ein kluges, reizendes Frauch v«!« » lobte er vergnügt. Er verabschiedete i sich zärtlich und eilte in seine Woh nuna. Auf dem Schreibtifch lag eine Depesche. Er öffnete sie und las-: «Wann kommst Du? Hans.« Er überlegte. Fast hatte er sich schon vorgenommen, die Metropole nicht zu berühren. Aber diese grund lose Eifersucht des hübschen bräutli chen Blondkopfes, der schon vor der Hochzeit alle Anlagen zu einer kleinen Tyrannin entwickelte, konnte ihn doch nicht abhalten. —- Er rechnete. Ab fahrt Donnerstag Abend —— Leipzig und Halle Freitag — Magdeburg Sonnabend — Sonnabend Abend Ab stecher Berlin — natürlich, das paßte wie ausgesucht Er wiirde sich freilich sputen müssen, um fertig zu werden — aber er hatte es schon manchmal ge than, es ging aus diesmal. · . . »VoraussichtlichSonn-sbend Abend,« depeschirte er an Hans Halten. II. Edmund Althaller erfreute sich bei seinen Kunden, die er fast ausnahms los durch lange Jahre kannte, einer Beliebtheit, deren sich nur wenige Rei sende in gleichem Maße rühmen konn ten. Wo der kleine, etwas beleibte, all zeit joviale Neisende eintrat, flogen ihm lebhafte Begrüfzungsroorte entge gen, fast spielend ging er vom Persön lichen zum Geschäftlichen über, und auch bei einem noch so kurzen Besuche zeigte sein Notizbuch stets eine ganze Reihe höchst ansehnlicher Bestellungen. Der Chef Edmund Althaller wurde noch liebenswürdiger empfangen und trotz seiner Eile noch reichlicher mit Aufträgen bedacht, als der frühereRei sende; der neue Artikel fand lebhaften Anklang und Absatz — der Erfolg war der denkbar beste, die Perspektive . für die Zukunft großartig —- der neu- s gebackene Chef schwamm in Wonne. Aber nach Berlin kam er zu der an aesaaten Zeit doch nicht. Das slotte Geschäft riß ihn fort und ließ ihn ganz in Eifer aufgehen. Piinttlich berichtete er Abend fiir Abend an Braut und Firma, immer wieder Verfchob er den Abltecher nach der Neiehshauptftadt. beruhigte er den nnaeduldiqen Freund --— bis er nach Ciiftrin kam, eines größeren Geschäf tes wegen einen Tag rasten mußte,noch dazu einen Sonnabend, und diesen dann benutzte, die lange verschobene Fahrt endlich einzutreten Bevor er in aller Friihe sich nach dem Bahnhof bemühte, lief; er den Ho telier zu sich bitten und übergab ihm zwei Briefe »Lieber Freund, Sie wissen, ich bin verlobt. Vielleicht sind Sie mit mir der Ansicht, daß das tein Grund ist, immer fo dicht um Berlin herumzutut fchiren, ohne ’rnal einzutehren? Also ich dumpfe hin. Zu Haufe braucht man das aber nicht nothwendia zu wissen, alfo thun Sie mir den Gefal len, aeben Sie den einen Brief —- die fen hier —- heute Abend, den zweiten morgen Abend auf, auf daß sie daheim glauben follen —- — Sie verstehen. . . . Verwechfeln werden Sie sie hoffentlich nicht: rnit Marie für heute, der ohne Marke fiir moraen, kleben Sie dann einen Zehnvfenniafchein darauf. . .« ..Wird Alles besorgt, herr Alt haller.« . Und wurde beforgt, pünktlich und ohne Verfehen. »Seht amlifant war es hier nicht,« schloß der Sonntagsbrief an die iiber das bünltliche Eintreffen der Briefe glückliche Braut. »Von drei bis sechs Slat gespielt, eine halbe Krone einge heimst, aber doch langweilig, dieseDre scherei. Jch werde überzufrieden sein, wenn ich erst wieder nach Dresden und zu meiner Mieze eilen kann. Morgen fahre ich nach Frankfurt. Abends er hältst Du schon von dort aus einen Brief Tausend Grüße und Küsse. i Allzeit Dein getreuer Edmund « » Hans Halten, durch eine erneute De- ! Pesche benachrichtigt, war auf dem. Bahnhof, den alten Freund zu empfan gen. Die Begriißung war herzlich —; der Tag verlief köstlich Am Abend besuchten sie die Neue Oper. Der »Ver- » schwender« wurde gegeben. »Die Che riftane,« sagte Edmund beim Austre ten der Fee, ,,sieht auf ein Haar aus wie meine Mieze — wirklich« Nach der Vorstellung wurde das Wohin be rathen. »Ich bin für das Reelle,« er klärte der Bräutigam würdig; »das Herumziehen in zweifelhaften Kneipen sagt mir nicht mehr zu. Jch schlage Hiller vor.« Also Hiller. Halten stimmte lachend zu. Mit einer Tasse Malta im »Bauer« schloß der Abend. Zum Mittagztisch am folgenden Tage hatte Holten verschiedene gemein same Freunde mit ihren Damen einge laden. Die Frauen gratulirten dem glücklichen Chef und Bräutigam. Ed mund strahlte und bestellte einige Fla schen Sillery. Die Pfropfen tnallten, die Stim mung wurde immer animirter. Alt haller reihte Schnurre an Schnurre. Jn vorgerückter Nachmittagsftunde brachen die Verheiratheten auf, Ed mund und Hans schritten nach des-s Letzteren Wohnung, um ein wenig aus zufchnaufen. Edmund seufzte vernehmlich. »Nat« stieß Halten fragend aus. »Zu dumm,« brummte der Erstere. »Was denn, Edfchnauz?« Sie waren unter sich. Halten wandte die vertrauliche Anrede an, in die er den wohltlingenden Namen des Freundes ungeziemend vergröbert hatte. Der Verfübrer errieth, was den Seufzenden plagte ,,Bleib’ morgen noch hier,« lud er freundlich ein. »Du haft gut reden,« erwiderte der Andere unwirsch, ,,aeht es denn?« »Aber selbstverständlich« »So —? Willst Du vielleicht die Güte haben, Dich meinem Begriffs vermögen etwas verftiindlicher zu ma chen?« »Nichts leichter als das, mein Sohn. Du willst morgen Abend in Frankfurt sein, um Deinem zukünftigen Haus treuz untertbänigst zu vermelden —« »Las; die faulen Witze.« »Mir auch recht. Aber das machen wir --— m. w. sagt der Berliner-. Wir schaffen Dir ein Alibi, ganz wie Du es brauchst. Du bleibst in Berlin und bist nachweislich in Frankfurt. — Bitte, wir sind zu Hause. Eine Treppe rechts-. — Meine elfte oder zwölfte Junaaefellenbudc —- FeudaL was-? Hier, setz’ Dich an den Schreibtifch — Papier, Feder, Tinte — Alles H. Nu paß mal auf! Dein Hotel im schönen Oder - Frantfurt7« »Sag’ mir erft, wo Du hinaus willst —--« »Antworte!« »Ja — -- —,« Edmund fuhr sich über die Stirn, »das- ist so ’ne Sache. Jm alten will ich nicht wieder absteigen — war zu miserabel das letzte Mal —, und ein neues habe ich noch nicht ———« »Nimm irgend eins ——« »Hm. Weißt Du teinS?« »Lieber Edschnauz, ich zweifle an Deiner Intelligenz Hast Du keinen ,,König« bei Dir? Na also!« Altballer schlug den Jnseraten-An hana auf und las: »Gott-euer Adler, Fiedler, Kronprinz ——« ,,Kronprinz,« fiel Halten ein. — »Recht?« »Meinettvegen —. Besitzer Elsner —- tenne ich nicht —« »Ist Wurft,« entschied Hans. »So, fest schreib: ,,Geehrter Herr Elsnert Aus besonderen Gründen — Gründen —— habe ich den Wunsch —- meiner Braut ——- hast Du? — morgen, Mon tag, von Frankfurt aus « Franlfürt aus —- eine Nachricht zukommen zu lassen. Jch bitte Sie — den mitfol genden Brief — Brief —- ——« Edmund unterbrach das Schreiben und schmunzeltr. »Mir geht ein Licht auf!« — Er tauchte die Feder mit einem Ruck wieder ein. «——- Brief,« fuhr Halten fort, ,,also morgen Abend freundlichst —-—-- fiir mich aufgeben —--— aufgeben — und sich meines Dankes — versichert — halten —-- zu wollen. Jch selbst komme Dienstag ——-—- oder Mittwoch. . . So, die nöthige Hochachtung — Namen — Schluß!« Der Schreiber ließ das ,,vder Mitt woch« weg, malte seinen Namen und klexte einen dicken Punkt. »Hans, Genie -— bravst« lobte Alt haller. »Die Mieze magst Du selbst anflun kern -—,« sagte Halten lachend und warf sich aufs Sopha. Nach einer Viertelstunde war auch der zweite Brief fertig. Er wanderte in Nummer eins und so wohlverwahrt alsbald zur Post. Edmund fühlte sich einem Theil sei ner alten Freiheit zurückgegeben und durchaus nicht mehr erhaben genug, Hiller abermals allerlei lustigen und von sriiher ziemlich vertrauten Stätten vorzuziehem Die Ausgabe von ei1 paar blauen Scheinen konnte er sich als Chef und in Anbetracht der gute-« »Geschäf« gestatten, andere Sünden sollte die tleine Komödie nicht im Ge folge haben. »Dosten - Hans,« lallte der Bräu tigam in oorgeriickter Stunde, ,,noch eins —- zum Abgewöhnen und — und —- auf’s Wohl meiner M — Mieze!« Er hatte den hübschen Blondlopf doch nicht vergessen. lII Ein zweites Mal das Manöoer mit dem künstlichen« Alibi zu wiederholen, ließ Althaller sich nicht verführen. Er dampste, aller Ueberredungslunst des Freundes zum Trotz, am Dienstag früh nach Cüstrin zurück, erledigte das ausgesetzte Geschäft und war, vom Be wußtsein wieder aufgenommener Pflichterfüllung gehoben, bereits am Nachmittag in Frankfurt an der Oder. Neugierig musterte er beim Einsah ten den Bahnhof. Jm Berliner Freundeskreise war behauptet worden, er sei einer der schönsten im ganzen Reiche. »Kann schon sein,« monologi sirte Althaller beim Ueberblielen der stattlichen Anlage. Dann haftete sein scharfer Blick auf der Reihe der am Perron aufgcpflanzten Hoteldiener. Er stieß die Coupeethür auf und rief mit Stentorstiinme: «Hotel Kronprinz!« Niemand rührte sich. »Kron — prinz ——!« wiederholte Edtnund ungeduldig. Kein Erfolg. ,,Hote« Elsner —,« schrie er. Die Reihe blieb unbeweglich und stumm. Mit einem Fluche griff Althaller nach seinem Handtoffer, schwenkte den Gepäckzettel in der Rechten und stiefz ein empörtes »Stoclfische« heraus. »Zum Denner, wo ist denn der Kronprinz?« rief er in nächster Nähe vor den amiisirten Hausdienern. Einstimmig klang es zurück: »Gibt’s hier nicht« »Was-? Kronprinz —- Elsner!« wie derholte der Reisende etwas unsicher. Die Leute zuckten die Achseln. »Elsner auch nicht. « Edmund setzte den Koffer unsanst nieder griff nach dem ,,König« und blätterte. ,,Hotel Kronprinz, Frankfurt a.M-, links amHauptbahnhof,« las er, tupfte sich vor die Stirn und gab sich einen Passenden Liebesnamem Aber er faßte sich doch rasch, übergab dem ersten der belustigten Diener Koffer und Gepack schein und stürzte vorwärts nach der Post. »Kronprinz ist nicht,« lalkulirte er, »solglich ist der Brief unbestellbar, liegt er vielleicht noch hier, ist er schlimmsten Fall-J nach Berlin zurück gegangen. Jst er hier, hab' ich ihn zu rück, — wenn nicht, schnell Depesche an Holten und ebenso schnell neuen Ergufz an die wartende Mieze daheim. . . . »Versehentlich Oder mit Main ver wechselt'i« fragte l»-r Schalterbeamte liebenswürdig »Das kommt oft vor,« setzte er erklärend hinzu, und dann mit bestechender Verbindlichkeit: »Sie kön nen aber beruhigt sein, Herr s. Wir haben hier ein Adreszbuch von Frank furt am Main, natürlich sofort nach geschlagen und den Brief gleich weiter gesandt. Er ist mit nur geringer Ver spätung an die richtige Adresse ge sandt. »So — danke, danke -—« sagte Ed mund mit höflicher Verbeugung »O, —— ob er gestern Abend noch bestellt ist?« ,,Zuverlässig,« bestätigte der Be amte. »Dante — dante verbindlichst!« Edmund machte mechanisch Kehrt« und schwankte hinaus. ; ,,Kreuzdonner —— Kreuzbomben ——«, prustete er draußen, »so ’ne Patschet Dieser Unheilsmensch dieser Verfüh rer von Holten! Und ich -— Döstopp, » aus-gesuchter, schon mehr quadratigert Na, die Augen von der Miezet Him-» melschocki So ne selbstgelegte Fallej — einfach gründlich blamirt. So viel ; war der ganze Ulk bei Leibe nicht; werth —- —. O, hätte ich doch lie-: ber —- —« f Er wurde weich. » »Meine gute Mieze! Wie soll ich Dir unter die Augen treten? Wie magst Du Dich sorgen uin den leicht-« sinnigen, unverbesserlichen Menschen! O ich schlechter Kerl!« Dann befiel ihn wieder ein Zorn gegen Holteik »Wart’, Dir streich ichs nn, Du sollst es bekommen, Du sollst an mich denken. Dir will ich aus dem Wege gehen tiinstighin, Bruder Leichtsinn Du ——— Dich werd’ ich grad’ noch ber tbeidigen bei der Mieze, fällt mir ein! Die Augen öffnen werde ich ihr, recht geben werde ich ihr ---— laß Dich nicht Fnefhr blicken bei uns, Musjöh Leicht u — —!« Er war iniHotel angelangt und eilte auf sein Zimmer. Er schritt ruhelos aus und ab und überlegte. Endlich atbmete er aus. Er wollte seine Reise beschleunigen, ab iiirzetn wollte beimeilen zu seinerMieze und ihr seine schändliche Liige reuig beichten. Und es sollte die letzte sein -—— auf Ehr’ und Gewissen. XV. Mieze goß den Wein aus dem Bal ton, ihre Lieblingsbeschästigung am Morgen und beim Scheiben des Ta ges. Cdmund sah ihr helles Kleid durch das dunkle Weinlaub leuchten, und das Herz klopfte ihm. Langsam stieg er die Treppen em por, holte auf der zweiten Etage tief Athem und tlingelte. — cin Mädchen öffnete ihm. ,,’n Abend, Herr Althaller. Das Fräulein ist auf dem Balkon.« Er eilte, ohne erst die Eltern zu be grüßen, durch das Speisezimmer auf den Ballen. »Edmund!« jauchzte die Braut und flog ihm entgegen. Er drängte sie auf den Balton zu rück, nahm sich zusammen und ließ den ersten Freudenausbruch verrauschen. »Wie gut von ihr. das Wiedersehen durch keinen Vorwurf zu trüben,« dachte er im Stillen gerührt. Er griff in die Rocktasche, holte ein kleines Packet hervor und reichte es ihr. Sie öffnete es begierig und stieß einen Ruf freudiger Ueberraschung aus. Aus zierlichem Karton blitzte ihr ein Armband entgegen, wie es lange schon der Gegenstand tief gehei mer Wiinsche gewesen war. Ein ge » diegenes, massives, kunstvoll gearbeite H tes Kabinetstiick. 3 »Du —,« sagte fie und drohte schel misch mit dem Finger, »baft Du viel leicht etwas auf dem Gewissen, dafz Du Dich so fplendid zeigst? Soll das etwa so ein kleines Reugeld sein? Beichte nur schnell — ·——« »He-in Zweifel,« dachte er, ,,sie weiß Alles, bat Alles durchschaut." Aber es beruhigte ihn, daf; sie es sichtlich harmlos aufzunehmen schien. Das ver fchaffte ihm den Muth, sofort der Wahrheit die Ehre zu geben. »Liebe Mieze, es ist wahrhaftig nichts Unrechtes vorgekommen —,« begann er im Tone der Entschuldi gung. Jhr Gesichtchen wurde rasch ernst. »Nicht?« fragte sie befangen. »Willst Du mir verzeihen, mein Liebs-« ,,Erst beichte —.« Sie sah ihn groß und forschend an. Jhm wurde unbe l)aglich. »Mit dem Brief, meine ich,« stotterte er verlegen. »Ja, aber erst erklärst Du mir ——« »Der Gedanke stammt natürlich von Hans —« »Natürlich,« bestätigte sie Unheimlich ruhig. »Ich war nur drei Tage bei ibm,« bekannte er, »Sonnabend, Sonntag und Montag·——Er ist doch mein Freund, mein bester. Und es war ja nichts dabei. Den Brief schlug er vor, mein Alibi zu beweisen. Es war ja ganz harmlos, wirklich, Mieze. Bist Du mir böse?« Sie ließ das Armband auf den klei nen Baltontisch gleiten, ohne zu ant worten. Jhr Schweigen ängstiate ihn. »Ich will Dir das Näthsel lösen,« redete er demüthig, ,,sei nur wieder lieb. Der dumme Brief! Hast Du den Poststempel Frankfurt am Main gleich bemerkt? Nl)er ich brauche wohl nicht su sraaen - hu, mir arault vor Deinem finstern Gesicht. Jch saae tief zerknirscht: mit-si- Ismscsnvi. Und daß Du Alle-J weißt, kein Tiipfelchen will ich Dir verschweigen —- ——« Und er berichtete ausführlich und aewissenhast, suchte sogar den Freund zu schonen, soweit es, ohne sich selbst zu belasten, ir«end anaing. Mariens Mienen hellten sich etwas aus. Als er zu Ende war, ging sie tillschweigend in’s Zimmer, kehrte mit einem Partei Briese zurück und stu dirte die Poststempel. ,,Wahrhastia,'« sagte sie und zog eines der Schreiben hervor. ,,Frant surt a. M. Und innen Deine Angabe: a. O...« Sie lachte herzlich aus »Das hatte ich noch gar nicht be merkt!« Edmund fuhr ungläubig, ob er recht gehört habe, empor. »Was, nicht gesehen?« schrie er. »Ich hätte also gar nichts zu bekennen brauchen? — O Mieze, was beksmmst Du für einen ausrichtiaen Mann! Kein Falsch ist in und an ihm! —- Und nun:« ist Alles verziehen und verges sen?« »Nur Dir —-— dem Bruder Verfüh rer noch lange nicht.« Er umarmte sie innig. Jhm war ein Mühlstein vom Herzen gefallen. — Oditen bekam seine Standpredigt, als er nach der Hochzeit bei dem jun gen Ehepaar, das sich die Hochzeits reise schenkte, zu Gast blieb »Ich weiß nicht, was Jhr wollt.« antwortete er seelenriihia. »Ich bin ein aesiilliaer Mensch, wollte dem Bräutiaam helfen nnd der eiferfiichti aen Braut die Sorae ersparen. Er hatte sein Alibi. sie ihren Brief ..... Kann ich dafür, wenn der dumme Kerl nachher hinaeht und sich selbst verräth? Im Ilebriaen, meine werthe Frau Alt baller, kannst Du mir nur dankbar sein· Ohne sein schlechtes Gewissen hätte er mindestens noch einen Monat herumgehandeit. -—— —-- Die Bowle ist wieder ’mal ausaezieichnei. Vrost, Frau Mieze! Prost, Edschnauz!« —— H u m a n. »Herr Consul, wird Fräulein Tochter singen?« —- ,,Ja . .. aber ich lass' serviren dazu Sekt!« — Aus der guten alten Zeit. Bürgergardist: ,,·Hauptmann, tönntscht ini l)eut’ auf Wache schtell’n beim Etschertschiere.«——»Hoscht wieder Dei Reiße?« —- ,,Das g’rad nit, aber schau: Da könnt’ i fein aufs Kinder wägle auspasse —- mei Alte hat d’ Wäscht!« . ——HöchsteBelohnung. Bür germeister (in der Gemeindtausschuß Siyung): »Unser Polizeidiener ver diente eigentlich für seine zwanzig-jäh rige, treue Amtsthätigteit eine Beloh nung.« —- Bauer: »Da n:ein’ i’, er dürft’ bei der nächsten Kirchweih amal von Amtswegen mitraufen!« , .W-OI--I W I tor war Feuer und Flamme fiir ein Zintaugkich zum Htatistei Aus meiner Komödiantenzeit. An vielen größeren Hof- un Stadttheatern Deutschland’s mu-« das Schauspiclerpersonal in der gt ßen Oper als stumme Personen mi « wirken. Auch bei uns, mir aber war das i höchsten Grade langweilig und a . liebsten hätte ich gestreift. « f Zunächst versucht ich, mich aus de « Probe zu drücken. Jch kam nicht zu Vorschein. Doch mein liebenswürdiger Direk reiche, glanzvolle Ausstattung und rechnete mit jeder verfügbaren Kraft. »Wo ist denn Herr E.?« hörte ich ihn in der Lohengrin - Probe rufen. Er brauchte mich für eine Rittergruppe am Ufer der Scheide im ersten Akt. Dabei spähte er in die Coulissen und hatte mich bald entdeckt. »Bitte,. bitte,« sagte er spöttisch »Sie sind feierlich geladen, näher zu treten und: mitzuwirken.« ! Mißvergniigt trat ich hervor. Die Collegen machten sich darübetk lustig. ,,Alter Drückeberger,« rief mir der jugendliche Komiker zu, ,,immer ’ran! N Nicht Müdiakeit vorschiitzen!« X Als wir jungen Leute nach der . Probe beim Frühschoppen saßen, neck- ’ ten mich die Anderen; da kam mir eine Jdee und ich rief: »Um was wol len toir wetten, daß ich heute Abend im Lolzengrin nicht 1nitthue?« »Mensch, bist Du toll?« rief der ju gendliche Komiker. »Der Direktor läßt in diesem Vunkt nicht mit sich spaßen. Weigerung, in der Oper mitzuwirken, ist in seinen Augen Contractbruch.« »Weigerc ich mich denn?« erwiderte ich. »Nochn1ais: Was gilt die Wette, · daß ich heute Abend von der Stati sterie befreit bin?« »Du rotust Dich trank meldenlf sagte der Charakterspieler. »Faulet Zauber.« »Nein, ich komme in’s Theater und wirte trotzdem nicht mit.« »Die Wette halte ich!« rief der ju gendliche Komiker. »Eine Runde Bier nach der Vorstellung. Einverftanden?· ,,Genehmigt.« Am Abend kam ich etwas später als meine Collegen zum Ankleiden in den Garderoberaum. Jn zehn Minuten war ich zum Ritter umgewandelt und eilte auf die Bühne. Der Direktor war damit befchiiftiat, die letzte besseinde Hand an die«Aufftel lung des Gefolges des Königs Hein rich zu legen. Meine Collegen standen bereits sämmtlich Modell, nur ich war noch nicht eingereiht. Ohne viel Geräusch faßte ich neben dem Direktor Postv. Ein auffälliges Tuscheln und La chen ging durch die Reihen der edlen Damen und Herren, als sie mich er blickt hatten. Jch verzog keine Miene. Plötzlich wendete der Direktor sich nach mir um. Mit Entsetzen auf den Zügen mu fterte er mich. Dann runzelte er die Brauen und schaute mir prüfend in die Augen· Jch that so unschuldig wie möglich. Die Anderen begannen laut zu lachen. »Ich danke für Jhre gütige Mitwir kung,« sagte der Direktor halb ärger lich, halb belustigt zu mir. »Ich ver zichte gern darauf.« »So wünschen Sie meine Dienste heute Abend nicht?« fragte ich unbe fangen. »Nicht einmal als Füllsel im Hin tergrund hinter den Soldaten,« sagte er. »Durchaus untauglich zum Sta tiften.« »Aber, Herr Direktor —« »Bitte, kleiden Sie sich aus. Geben Sie spazieren oder schauen Sie zu, nur wirken Sie nicht mit,« fagte et entschieden. Das ließ ich mir nicht zweimal sa gen. Jsch verbeugte mich und ver schwand von der Bildfläche. Die List war gelungen, die Wette war gewonnen. Und worin hatte meine List bestanden? Jch hatte mir den Csoeur - Buben ungeschminkt. Eine semmelblonde Verrücke mit wulstigem, abstehendem Haar bedeckte den Kopf; auf die Wan gen hatte ich mir kreisrunde, rothe Aepfelchen aeschminkt, auf die Lippen hatte ich tiefsteg Roth gelegt; das längste Schwert baumelte mir vor dem Bauch, und durch einen himmelblauen Seidenanzug hatte ich zwei burgundet rothe Beine gesteckt, Jn diesem Aufzua hätte ich auf je dem Karneval Aufsehen erregt. Der jugendliche Komiker zahlte an standslos die Runde Bier. Mein gu ter Direktor aber bekam mich höllisch auf den Strich. Als Statisten hat man mich jedoch trotzdem nicht wieder mitwirken lassen. — Einfache Erklärung. »Du, Male, was ist das für Zeug’s. das hier angezeigt ist: Fonds-« de« tsiz?« »Damit kleben sich die Stadt damen die Ritze in der Visage zu.« —- S e h r w a h r. Dame: »Unsere Tochter singt nicht, spielt nicht Clavier, betreibt überhaupt keine Kunst!« Herr: »Da könnte man sie ja als Wunder kind ausstellen!« — Der tritische Tag. Hut macher: »Was soll ’s für ein Hut sein; etwas Besseres?« Bauer: »Nein, ein billiger, für Sonntags!« hutmachen »Ein billiger, für Sonntags?« Bauer-: »Na ja, Sonntags giebt’s immer Prü gelei und da ist er doch bald hint« sp-··-«-«---» - xs » »k« ,.