Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 26, 1897, Sonntags-Blatt., Image 10

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    zeiget nnd Herold.
Z. Wirbel-h Herausgeber
Grund Island, Nebr.
Jssauwieehtchamtchea
GuteKühe.
I ist eine Thatsache und kann gar
oft genug wiederholt werden, daß
Kuh erster Güte mehr Milch und
giebt als zwei gewöhnliche
, Da das Halten einer guten Kuh
- z mehr kostet als der Unterhalt ei
. .« geringen Kuh, so läßt sich sehr leicht
"-» ’fen, daß eine gute Kuh für den
sss er eine Quelle reichen Gewinnes
I « schlechte Kühe dagegen nur Verluste
- - . Eine gewöhnlicheKuh verzehrt
d eines Jahres Futter im Wer
vaon etwa 35 Dollars und giebt da
» jährlich 130 Pfund Butter. Veran
man diese Butter zu 20 Cents
kfund, d. i. also 26 Dollars, so er
das einen Verlust von 9 Dollars.
gute Kuh liefert im Durchschnitt
ch 250 Pfund, zu gleichem Preise
das 50 Dollars. Rechnen wir für
· ltung dieser Kuh 5 Dollars mehr
« futterkostem so bleibt noch immer
.ein Ueberfchuß von 10 Dollars,
bei beiden Kühen die Kälber und
·fsir Arbeitslohn u· s. w. berech
U .
einerMilchwirthschast, wo zwan
gen-ähnliche Kühe gehalten wer
derurfachen nach obiger Berech
dieselben ihrem Besitzer einen
ichen Verlust von 180 Dollars,
« d ein gleiche Anzahl gutzr
ihrem Eigenthümer einen Ge
vvn 200 Dvllars abwerfen; das
t einen Unterschied von 380 Dol
fürs Jahr. Eine Milchwirtbschast
so nur dann einträglich, wenn
erster Güte gehalten werden.
e kann aber eine Heerde guter
angeschafft werden? Es ist kaum
ich, dieselbe durch Kauf zu erlan
da nur einige wenige der rechten
« täuslich sind. Dieselben müssen
" durch Selbstaufziehen angeschafft
. Deshalb muß der Former zu
ein-e bestimmte Art wählen. Jst er
hierüber vollständig klar, so schaffe
- einen Vollhlut - Bullen dieser
an und ziehe von seinen besten
's» s ühen die Kälber auf. Bei einiger
dauer wird man innerhalb süns»
s e im Besitze einer Heerde ausge- «
eter Milchkühe sein, welche dem
« er nicht nur Freude bereitet, son- ;
· sci« auch Gewinn abwirft. Von glei- T
Wichtigkeit für den Erfolg ist eine
fältige Behandlung der Thiere. 1
Kuh gleicht einem Wetterglas, sie
für ihre Umgebung sehr empfindlich. l
Wenn die besten Resultate exzieltl
’ sollen, so muß die Kuh das ;
"glichste Futter und zwar reichlich J
ten; ebenso muß sie vor Sturm J
Kälte geschützt sein. Die Behand- "
sollte gleichmäßig und liebevofl
,, Fütterung regelmäßig; reinest
kwasser ist Hauptsache; die Milch- ;
» sollten öfter getränkt werden als I
stehende Kühe. I
.Klee und Tirnothy.
St isi nicht zu leugnen, daß man
s Timothyheu ernten wird, wenn
TTimothysamen allein gesäet und
mit Kliee vermischt wird. Es
auch schneller als mit Klee im
sich und das Heu verkauft sich bes
.-rcnd zuThöheren Preisen. Auf der
« Seite kann der Former ohne
iche Verluste den Klee nicht auf
« Feldern entbehren Der Klee
s i andern Gräsern und Eis-treibe
gegenüber allein — so weit wir
» wissen —- die Fähigkeit, Stictstoss
der-Luft zu sammeln, nnd auch rei
« seine Wurzeln aus den untern tie
.· Bodenschichtem die von den Wur
Unserer anderen Nutzpslanzen nicht
Ust werden, große Massen anderer
» zennährstosse an die Oberfläche.
einrmelt sich hiervon in den Wur
vIdes Klee so viel an, daß auch nach
ernung einer reichen Heuernte ge
wn diesen Nährstoffen in der obe
yserkzertschicht zurückbleibt, um eine
» Qiinaung zu ersetzen, was jeden
"vpn erheblichen Vortheil und da
sshe billig ist. Man hat berechnet,
Mcf diese Weise Stickstoss für vier
«1-- raten gewonnen wird, und
Ieineralische Nährstofse als drei
Mderfolgende Ernten vonMais,
"»,;Iend Weizen erfordern Sich sol
nagst-allen und billigen Dün
schen-. ist unsraglich von gro
«
Bedeutung .
sie-i würde nicht möglich sein, witt
n reines Timothygras säen. Die
» Iehtete nützt den Boden schnell aus-,
tsxz man müßte, um dessen Fruchtbar
zu erhalten« große Massen theuren
s gebrauchen. Aber Kleehew ist
· bei-käuflich; läßt sich schwer
i· - wegen der Gefahr des Schim
.- Ti nnd wegen des schnellen Trock
» ( E der Blätter im Vergleich mit den
·«.- sastreichen Stengeln. Fügt man
« Dem Klee Timothy bei, so vermin
Et- san die Nachtheile welche beiden
«;» — -s tm alleinigen Anbau anhaf
Pslanzen nähren sich von
« "· nBodenschichten und bedür
--t verschiedener Nahrung. Daz«
sp« d auch schwerer als wenn man
J « Mit gesondert zieht, das ge
« Hm trocknet schneller als Klee
M der Verlust an Kleeblättern
... H. Das gemischte Heu ist oft
·- seziehnng ein besseres Futter
-» Timothyheu, wenn letzterem
eistes Futter deiaernitcht
wird. Gemischtes Veu dringt tinMarite
etwa den Preis der in der Mitte zwi
schen Timothhheu Ro.1 und Kleehen
liegt. Aber dieser Preisunterschied wird
k durch die größere Schwere des gemisch
ten Henes zum Theil aufgewogen, und
Eden Rest des Unterschiedes macht ders
Bottheil mehr als wett, welcher durch
« die Bodenverbesseruna aewonnen wird.
»Greifen«derPserde.
Das Einhauen oder Greifen, wobei ;
die Pferde namentlich wenn sie traben, i
mit dem Zehentheil der Hintereisen an
die Stollenenden oder an die untere
Fläche der Vorderrisen oder an die
Ballen der Vorderhufe
dabei, abgesehen von dem für die Oh
ren höchst lästigen, fortwährenden An- »
tlappen, leicht die Ballen der Vorder- s
süße verletzen, die Zehenwände der
Borderhufe beschädigen, auch wohl die»
Eisen abschlagen und sogar nieder- »
stürzen können, hat seinen Grund ent- -
weder in einem fehlerhasten Bau der
Thieres oder nur in fehlerhaftem Be- ;
schlagen. Jm ersten Falle ist gegen den
Fehler wenig auszurichten. Man tann
höchstens das unangenehme Geräusch !
in Wegfall bringen und die Verletzun
gen der Ballen in etwas mindern in-i
dem man die Hinter- und Vorderhufe
mit den sogenannten Greifeisen be-;
schlägt. Das Hintergreiseisen hat statt
des Aufzuges an der Zehe zwei Seiten
aufziige und einen abgestumpsten Ze
hentheil, indem man die unbedeckteHus
sehe über den letzteren überstehen läßt,
wird der hörbare Ton und Verletzun- .
gen verhütet. Das Vordergreifeisen mit ;
schräg nach vorn gerichteten Stollen «
verhindert bei seiner Sätze, daß die
Zehe des Hinterhuses sich daran ver
letzen kann.
Mehr kann nickt aber zur Beseiti-»
gung thun, wenn schlechtes Beschlagen «
durch den Hufschmied lediglich diestr
anlassung zum Einhalten giebt. Zu
weilen liegt es dann daran, daß an den »
Borderhusen die Eisen und an den
Hinterhufen die Zehen zu lang sind.
Dem läßt sich mit Leichtigkeit abhels n.
Weit häufiger aber tragen zu lange? ze- J
hen und zu niedrige Trachten an den.
Bordethufen die Schuld, indem sie die
Bewegung der Vorderschenkel erschwe
ren und verlangsamen. Pferde mit sol
chen Borderhusen treten zu start durch,
und die lange Zehe hemmt das leichte»
Fortbewegen derGliedmaßen. Jnsolge
dessen bleiben die Hufe länger unter
dem Pferde zurück als erwünscht und
werden von den Hinterhufen eingeholt
und beschädigt. Liegt derFall vor, was «
eine genaue Besichtigung alsbald erge
ben wird, so wird durch stärker-s Ver- z
türzen der Zehe und durch Verhjiten
zu starken Niederschneidens der Trach- ;
ten leicht Abhiilfe geschaffen. j
Jucken und Reihen der s
P f e r d e. l
Es kommt namentlich bei solchen
Pferden, bei denen die Reinigung der ?
Haut versäumt wird, häufig dor, daß
ihnen die Haut juckt und sie sich daher
bei jeder Gelegenheit reiben. Unter
sucht man die Haut und findet an den
geriebenen Stellen klein-: Beulen und
Geschwiire, so reibt man dieselben mit
einer Salbe ein, die zu gleich-en Thei
len aus Schweinefett und Terpentin
besteht, die später mit warmem Seifen
wasser abaewaschen wird. Sind keine
Beulen oder Geschwijre vorhanden, so
genügt wiederholtes, gründliches Wa
tchen mit Seifenwasser.
Am häufigsten findet das Jucken im
Schweife statt, welchen das Pferd dann
so oft und häufig reibt und scheuert,
das kahle Stellen entstehen. Jn diesem
Falle theilt man die Schweifhaare aus
der betreffean Stelle strichweise von
einander und wäscht die Haut gründ
lich mit starkem Seifenwasser, wobei
man sich einer Bürste bedient. Nachdem
dieses geschehen ist, befeuchtet man die
Stelle täglich einige Male mit Salz
wasser. Erforderlichen Falls muß diese
Behandlunq einiae Male wiederholt
werden. Hat das Jucken bereits seit
längerer Zeit stattgefunden und will
dasselbe der obigen Behandlung nicht
weichen, so muß die Haut, nachdem sie
vorher durch Waschen mit warmem
Seifenwasser gründlich gereinigt ist«
kauterisirt werden. Darunter versteht
man flache Einschnitte, die mit der
Spitze eines scharfen Messers derLiinge
des Schweifes nach nebeneinander in
die Haut gemacht werden. Es wird aus
den Einschnitten Blut fließen; wenn
dies vollkommen aufhört, so wird das
Blut sorgfältig abgewaschen. —
Messen und Melkzeii.
Vor allen Dingen muß der Melker I
ein sanfte-s Benehmen an sich haben, die ·
Kuh merkt das bald. Es läßt sich nicht (
erwarten, daß eine Kuh in jenem ruhi
gen Zustande ist, wenn man sich ihr in
roher Weise nähert und eine Person,
vor der sie sich fürchtet, an ihrem Euter
herumarbeiten läßt. Das Thier must
Zutrauen gewinnen, soll sie ihr Bestes
am Milcheimer leisten. Sie musz wissen,
daß der Melker nicht ein gewaltthätiger
Dieb ist, sondern, der sie von etwas
Lästigern schnell und freundlich befreien
will. Reinlichteit ist natürlich für
Milch und Butter von größter Wich- !
tigteit. Es nützt alle spätere Reinlichteit »
nichts, wenn gleich anfangs beim Mel
ken die Milch durch schmutziges Euler i
und Striche derKuh verunreinigt wird. ’
Drei hauptpuntte sind also beim Mel- f
ten zu beobachten. Freundlictie Be- ;
handlung des Thieres, Reinlichkeit und l
schnelle Arbeit. Dann kommt die Melk- Z
sit in Betracht. Es sollte an jedem !
age zur selben Stunde gemolten wer- (
den« Es ift grausam und nachtheilig,
wenn man die Kühe mit gefüllten Eu
tern, die ihnen Schmerzen machen, eine
Stunde über die Zeit warten läßt.
IUIMMI WMUM
Ein herr Rilolajew —- er scheint
nunmehr in Freiheit zu sein —- hat der
Oeffentlichleit seine Erzählungen der
Erlebnisse in den russischen Gefäng
nissen übergeben. Sie wirken ganz
entschieden abfchreckend, und die Re
gierungwiirde gut thun, sie in Tau
senden von Exemplaren zu verbreiten.
Höchst sonderbare Zustände: eine ge
wisse Freiheit geht mit großer Härte
Hand in Hand; wohlwollende Gefäng
nißwärter, die von Verhafteten «zu
Boden geschlagen werden; Beleuchtung
an nihilistischen Gedenltagen und im
mer der heiße Theeteffei. Aber den
noch beileibe nicht fidcle Gefängnisse!
Jn dein Gefängniß von Krasnojarsh
erzählt Nitolajew. hatten die aus po
litischen Gründen Verschiclten einen
längern Aufenthalt· Sie wurden in
drei Zellen vertheilt und durften mit
einander vertehren. Die Verwaltung
des Gefängnisses tiimrnerte sich nicht
um sie. Doch auch hier lief nicht alles
glatt ab. Jm Sommer 1881 zeichnete
fich Krasnojatåt durch besonders ft«ar
l::i Andrang politischer Verbrecher
aus« unter denen die aus dem Charlo
wer Centralgefängniß lonimendenKet
tengefang-nen am zahlreichsten waren.
Unter ihnen befand sich auch der Sohn
des Gouvernementsprocurators von
Jenisseish Namens D. Er hatte den
größten Idol seiner Haft bereits ver
·biißt, und nur noch lz bis 2 Jahre
blieben ihm übrig. Dem Vater war
die unsliidliche Idee gekommen, den
Sohn big zur Krönung Alexander’s
lll. in dem Gefängniß zu Krasnw
jarsl zurückbehalten zu lassen und fo
dann seine Verbannung in das Gou
Vcrnement Jenisseiål zu erbetieln. Für
D. hatte man ei- dessere Zelle ausge
wählt und ils-n dort mit seiner Frau
untergcbracht, was übrigens nicht sel
ten auch mit andern politischen Haft
lirtgen geschah. Als vermögender
Fliensch erfreute sich D. in dein Ge
fängniß einer gewissen Bequemlichkeit,
insbefsntere durfte er Besuche feiner
V-;rwandten, nicht wie die andern, in
der Gefangnißtanzlei empfangen, son
dern in seiner Zelle« also ohne Zeugen.
Seine Nachbarn waren: M» wegen
Theilnahme an dem sogenanntenTschi
girin - Falle zu 20jiihriger Zwang-S
arbeit in Ketten verurtheilt; fener »T,
wegen Theilnahme an dem Anschlage
auf den Zaren Alexander ll. verur
theilt, und TH. ein mehrfach bestrafFer
Politischer Verbrecher, der bei seiner
Ergreifung Widerstand mit der Waffe
geleistet hatte: schließlich noch ein auf
dem Verwaltungswege Verbannter.
Nach dem Abendappell durften die Ge
fangenen unter Bedeckung zwei Stun
den spazieren gehen. Bei schlechter
Witterung verzichteten die Gefangenen
gewöhnlich darauf und versammelt-n
sich zum Thee in einer der Zellen· So
konnte man sich gegenseitig kennen
lernen. Einen solchen Abend wählte
M» um seine Flucht auszuführen. Der
Plan war gut überlegt und ganz nach
dem Brauche Gefangener ausgeführt.
An Stelle des Gefangenen hatte man
eine Puppe gelegt und diese hübsch mit
der Decke ringt-wickelt Die Aufmerk
samkeit der Wache wurde getäuscht,
und M» ein muthiger und gewandter
Mensch, enttam glücklich aus dem Ge
fängnisse· Nach der Flucht ließ man
die fremden 5besucher DIE nicht mehr
in dessen Zelle und gestattete ihm nur
durch xdas Gitter mit seinem zehnjäh
rigen Knaben zu sprechen. Am Abend
lam der Polizeimeister mit dem Auf
seher in die Zelle und theilte dem Ge
fangenen mit, daß der Gouverneur
einwillige, das Gefängniß zu besuchen
und Beschwerden in Empfang zu neh
men, daß aber vorher alle Gefangenen
in ihre Zellen sich zurückbegeben sollten.
Die »politischen« weigerten sich dessen.
Als das Parlamentiren sein Ende er
reicht hatte, ging D. auf den Schlie
ßer zu und fragte ihn in gereiztem To
ne. warum er nur durch das Gitter
heute seinen Knaben sehen durfte. »Sie
hätten ihn überhaupt nicht sehen sol
len«, erwiderte der Schließer. D.
schlug darauf mit solcher Gewalt den
Schließer in’"5 Gesicht, daß dieser zu
Boden stürzte. Der entflohene M.
war bald wieder verhaftet worden. Es
ergab fich, daß er sich einige Kilometer
von dem Gefängnisse entfernt versteckt
hatte, in der Absicht, die Flucht erst
dann fortzusetzen, sobald die Nachfor
schungen eingestellt und die Straßen
stk jhsk stpk k DIE-Orden VALan III-«
Untersuchuna irllte die MS tsbtt ld der
fremden Besucher III fest -eine
Schwester, ein junge-J Mädchen, das
soeben das Gmnnasium beendet hatte,
wurde auf fünf Jahre in Firasnojarest
unt-: Polixei - Aufsicht gestellt; sein
Vater wurde aus dem Dienste entlas
sen; am meisten aber mußten D. und
M. büßen, beider Hast wurde um
fünfzehn Jahre in Ketten erhöht.
Jn der Berbannung, sowie in der
Hast, bilden die politischen Gefangenen
eine gefonderte Gemeinschaft Sie le
ben ein völlig von den andern getrenn
tes Leben, freuen sich an ihren Freu
dentagen und trauern an threnTraueri
tagen. Sie feiern sogar Feste —-— die
Tage, an denen hochstehende Personen
ermordet wurden. Jn der Stadt
Schenlutsl im Gouvernement Archans
gel feierten die »Politischen« den Tag
der Ermordung des Chess der Gent-ar
men, General Mesenzew, durch eine
glänzende Beleuchtung Dasselbe ge
schah in Weltki Uftii im Gouverne
ment Wologda zu E ten des Mord
anschlagk aus den Gendarmengeneral
Dtentelu. Gegen fünf Pfund Stra
,
einsetzen wurden in kleine Stücke ge
fchnitten und diese in mehrern Reihen
an den Fenstern des Hauptquattiereg
der »Politischen« aufgestellt Letztere
;abet spazierten auf der Straße, freu
Iten sich des Glanze-I- und hielten den
sich vor den Fenstern Betsammelnden
aus der Stadt Festkeden. Die Ver
waltung ließ die Kerzen ruhig brennen,
und etft nach einigen Tagen wurden
einige an der Kundgebung betheiligten
Gefangenen in die Nachbarstädte
Ssolwitschegodst und Nitolsi über
führt.
Der entführte Fürst.
Eine Entführungsgeschichte in der
großen Welt macht zur Zeit in Paris
viel von sich reden, wenn es sich auch
nicht um eine junge Dame mit mehre
ren Millionen, sondern um einen voll
ständig »ahgebrannten«, tief verschul
deten alten Herrn von fünfundsechzig
Jahren handelt· Der alte Herr ti:
nämlich der vielberiihmte »Schiedsrich
« ter der Eleganz«, der Fürst Boson von
Sagan, und sein Räuber ist der im
Auftrage seiner Mutter handelnde
zweite Sohn des Fürsten, Graf Bo
son Tallehrand. Die Entführung ist
der letzte Act des seit mehr als dreißig
Jahren dauernden Ehezwistes zwischen
dein Fürsten und seiner Gattin, einer
gebotenen Baronin Seillieksre, welche
zur Zeit des zweiten Kaisetreichs dem
intimen Kreise der Kaiserin Eugenie
angehörte. Sie, die eines reichen Ar
meeliefetanten Tochter war, warf ih
rem Manne namentlich seine Ver
schwendungssucht vor und verschloß
ihm eines Tages ihr Haus und ihre
Tasche. Er, der sein väterliches Erbe
auch heute noch nicht angetreten hat-,
da der 85jährige Herzog von Sagan,
der in Schlesien als Standesherr resi
dirt, noch am Leben ist, fah sich ,chließ
lich genöthigt, wie andere ruinirte
Ledernänner, seineZuflucht zum Joch-n
clnh zu nehmen, der seinen Mitglie
dern zu lurzem Aufenthalt hefcheidenc
Wolinräume bereithält. Für den Fär
sten von Sagan wurde freilich diese
provisorische Beherbergung im Cercle
der Rue Royale zu einem mehr als
zehnjährigen Quartier. Hier traf ihn
denn auch Vor etwa drei Monaten ein
Schlaganfoll, der ihn sowohl körperlich
als geistig lähmtr. Die körperliche
Schwäche verschwand zwar mit der
Zeit wieder, so daß der Patient aus-s
sahren und sich im Freien ergeben
tonnte, aber das geschwundene Perso
nen- und Worigedächtniß wollte sich
nicht wieder einstellen. Er erkannte we
der seinen älteren Sohn Elias voxi
Tallenrand, noch seinen Stiesbruder,
den Herzog Adatbert von Maxime
rencn, die seine hsiusigsten Besuches
waren, noch sonst einen Freund oder
Bekannten. Dies kam nun auch der
Fürstin von Sagan in ihrem pracpr
gen Palaste der Rue Saint-Toininia.xc
zu Ohren und hieraus gründete sie ib
ren Plan einer Entführung durch die
sie der Welt das moralische Bild eine-:
nach ianger Trennung wieder vereinig
ten und versöhnten alten Ehepaarep
vorsiihren wollte. Wäre nämlich der
Fürst bei aesunden Sinnen gewesen, sc
rätte er sich mit seinem jüngeren
Sohne gar nicht in einen Wagen ce
setzt. Boson war von je der Lieblin-:
einer Mutter und sein Vater ging i::·.
Hasse gegen Beide so weit, daß er ös
ter behauptete, Boson sei »nur r.·.
Sohn der Fürstin«. Diese haßte da
siir den vom Vater bevorzugten älteren
Sohn Elias und ließ ihn gerade so,
wie ihren Mann, in den schlimmstm
finanziellen Nöthen im Stich. Unter
dem Vorwande, daß er seinen Vater im
Waan svaiieren fahren wolle, brachte
Bosrn die Dienerschast des Eerrle da
Iu, daß sie den blödsinnigen Greis in
seinen Wagen trug. Statt den Kran
ken jedoch, wie er versprochen, in den
Cerele zurückzubringen ließ er ihn ji«-Z
Haus seiner Mutter führen, die ein
Rimmer siir ihn bereitgemacht hatte.
Der Fürst erkannte seine Frau ebenso
wenig wie die anderen Menschen, und
ließ sich sogar willig von ihr durch den
Port führen. Jhre Freunde behaup
ten, dasr schon am ersten Tage die neue
Pflege irn eigenen Hause den Kranlen
wesentlich gekräftigt habe. Der Herzog
von Montmorency ist dagegen gewal
tig entrüstet iiber die Entführung sei
nes Stiesbruders und versichert, daß
dieser den tiessten Schmerz empfinden
würde, wenn er in der neuen Umge
bung seine Geisteslräste zurücke-gewin
nen sollte. Gras Elias wird ohne
Zweifel ebenso denken, wie sein Stief
ontel, und Paris harrt nun mit Neu
gierde und auch mit einiger-Theilnahme
daraus« ob sie gerichtliche Schritte
einleiten werden« um der Fürstin vor
Sagan den Gatten zu entreißen. Die
Fürstin und Gras Boson tönnen stir
sich: geltend machen. daß die Ehe nie
gerichtlich oder kirchlich getrennt wor
den ist. Die Trennuna war nur eine
vermögensrechtliche In der Gesell
schaft genießt der Fürst trotz seines bit
tn’s hohe Alter fortgesetzten Stett-er
sinnt mehr Sympathie als seine Gat
us
AA
Aus Furcht vor dem gel
ben Fieber hat sich Frant McNulty in
New Orleans, der dortige Kasiirer der
,,American Expreß Co.«, das Leben
genommen. Beim Ausbruch der Seuche
wollte der Mann die Stadt verlassen,
doch mußte er mit Rücksicht auf seine
Stellung davon absehen. Vor einigen
Tagen erkrankte er nun wirklich am
Fieber, und in einem Anfalle von Ver
kweiflung schnitt er sich mit einem
Rasirmesser die Gurgel ab.
Ietmsttsautfche ottettquetth
cofordnung und hofleben bilden
sich an dein französischen Präsidenten
hofe immer riiehr aus-. Der Befehlss
habet deszum Ehrendienft nach Ram
bouillet geschickten 29. Jägerbataillons
bat die monarchifche Ueberliefetung
wieder aufgenommen, indem er die
Fahne des Bataillons in das Schloß
bringen ließ. Die Hofblätter beeilten
sich sofort, den Kriegsminifter aufzu
fordern, zu befeblen, dafz überall, wo
der Präsident seinen Sitz aufschlägt,
die Schloßwache mit der Regiments
oder Bataillonsfabne aufziebe und
diefe im Schlosse aufstelle. So sei ess
bei allen Herrschern Europas, waruink
nicht auch in Frankreich? Man siebt,5
die Befreundung mit dem Zaren ziehts
ihre natürlichen Folgen nach sich. Eine
andere Folge der Ruleandreife ist, daf;
die Hofordnung einer Sichtung und
Umarbeitung unterzogen wird. Sie
hat sich bei dieser Reife, sowie bei demE
Ausflug nach Süd-Westfrantreich,als!
unzulänglich und undurchführbar er
wiesen. Selbst der bisher fiir unfehl
bar gehaltene Oberhofmarfchall — in
Paris teile-f tin pmmpntes genannt —
Crozier, bat die Lücken und Wider-»
sprüche nicht ganz zu überwinden ver
mocht. so daß sogar seine Befähigung
in Zweifel gezogen werden konnte.
Das auf Grund des von Napoleon l.i
erlassenen Messidor - Deiretes übers
die Rangordnung ausgearbeitete Hof
ceremoniell ist nie gedruckt worden.
Dieses Ceremonienbuch besteht ausVe
merlungen, Zufätzen und Erläuterun
gen, die die oerschiedenenHofmarscljiille,
de Barante. de Vereh, de Morny undX
Mollard darin seit 1810 verzeichnet
haben. Jetzt ist Mollard Sohn der
Inhaber des allmälig sehr diet gewor
denen Heftes, in dem sich Crozier öf-.
ters Rath erholt. Mollard Sohn, als·
zweiter Hofmarfchall der Vertreter
und Gehilfe Crozier’s, wirlt durch sei
ne, theilweise fchon am Hofe Nape
leon s lll. geho-. ten Erfahrungen tüch-»
tig mit bei der Umarbeitung und Ver:
vollständigung der Hofordnung Gar
schmerzlich vermissen es mehrere Blät- «
ter, daß Felix Faure bei der Einla-?
dung zu den Hofjagden in Rarnbouilss
let nicht rangweise verfährt, nicht jede
Woche oder halbwoche einen Schuf-»F
Gäste einladet. Aber das kommt noch-i
Felix Faure hat fortwährend eines
günstige Presse, aber schaden würde ei;
sich nicht, wenn er einige ihrer Häup-zs
ter nach Rambouillet laden wollte.;
Gegenwärtig setzen ihm die Vlätter,z
wenn auch mit aller einem Freunde?
des Zaren gebührenden Ehrerbietung,;
etwas zu wegen der in Rußland er-;
haltenen Gefchenle. Die barfchenk
Blätter fordern diese Geschenke fiir die;
Nation, da Felix Faure als deren Ver-;
treter in Veteerurg gewesen sei; er
habe die Geschenke also auch nur aläk
Vertreter der Nation erhalten, die ihm
die Reise bezahlt und deshalb alleini
Recht darauf habe. Die Blätter sanf-;
terer Tonart sind nicht so trämerhastg
und verlangen blos der Präsident solle
die Geschenke öffentlich ausstelletn Die
se werden alg überschwänglich schöns
und mannigfaltig von den wenigen;
Gliiellichm geschildert. die sie sehenc
durften. cie sollen übe r zwei Millio
nen werth sein E
Feuer ohne Rauch.
Das Problem des rauchlosen Feuers,
scheint endlich nach verschiedenen ver-«
angliickten Versuchen zu einem günsti
gen Resultat getommen zu sein. .
Allerdings hatte bereits vor einigeni
Jahren der Cngländer Dobs eine Ma-- »
schine zur Verzehrung desRauches con
struirt, die jedoch den Fehler hatte«
daß sie zu viel kostete und zu geringe
Feuerungsersparniß erzielte; auch an
dere Erfindungen auf diesem Gebiete
haben das Versprechen nicht gehalten.
Nun bat der österreichische Jngrnieur
Fritz Maier ein rauchfreies Verfahren
erfunden, das auch nebenher noch den
Vortheil einer Feuerungserfparniß«
von 20 Procent und verschiedene tech-;
nische Verbesserungen in sich birgt E
Seine Methode, eine Erweiterung
der englischen Erfindung, beruht auf
der Voraussetzung daß ein rauchlosest
Feuer nur zu erzielen ist, wenn die
Feuerungsthiir permanent geschlosseni
bleibt, ferner darf das Heizmaterials
nur in kleinen Quantitäten und stets;
nur von einer bestimmten Stelle demi
Feuer zugeführt werden. Das Schüren«
des Feuers muß sodann unter voll-H
ständigem Lustahichluh geschehen.
Eine sehr geschickt entworfene auto
matische Vorrichtung befördert zu die-—
sem Zwecke den Heizstosf in regelmäßi- »
gen Zwischenräumen und tleinen
Quantitäten unter völligern Ausschluß.
der Luftzufuhr in den Ofen, und zwar
stets von derselben Stelle aus. Die»
ausgelegte Feuerung wird sodann nach
und nach von einern anderen durch
Wasser gelühlten Automaten den Ofen
entlang geschouselt.· Dasselbe Wasser
dient zum Beriorgen des Kessels, und.
da es gewöhnlich, bevor en in den
Kessel gelangt, schon eine Temperatur
von 140 bis 160 Grad Fahrenheit er
langt hat, wird eine bedeutende Er
sparniß erreicht. Mittelst diesIZ Ap
parates wird der an dern einen Ende
des Feuers entstehende Rauch verzehrt,
noch bevor er am andern Ende wieder
herausbringen kann. Als Heizmates
rial dienen sowohl Kohlen als Holz.
Auch können die nöthigen Einrichtun
gen an jedem beliebigen Kessel mit
verhältnismäßig geringen Kosten an
gebracht werden.
Die beschriebene Erfindung ist aus
ihre Brauchbarteit hin bereits von dem
österreichischen Marinemintnerium ge
prüft worden und der Erfinder wurde
auf Grund des abgegebenen Gutach
tens beauftragt, die Schiffe der öfter
reichisch - ungarischen Kriegsmarine
mit dem Apparat zu versehen.
Ferner haben die öffentliche Kessel
Priifungs - Commission, sowie ver
schiedene Professoren des Wiener Tech
nischen Collegiums und schließlich eine
große Wiener Firma, die den Werth
der Erfindung bereits 6 Monate in der
Praxis zu prüfen vermochte, die abso
lute Nauchlosigleit und eine Kohlen
ersparniß von 30 bis 33 Procent con
statirt. Auch wurde festgestellt, daß
der Dienst, zu dem bisher etwa zehn
Heizer erforderlich waren, jetzt von
einem einzigen Mann versehen werden
kann. Die Erfindung scheint in der
That dazu berufen zu sein« eine große
Revolution auf dem Gebiet des Ma
schinenwesens bervorzurnfen. Rauch
lose Locomotiven, Dampffchiffe und
Fabritfchornfteine würden nicht nur
eine sehr in’s Gewicht fallende Erspar
niß, sondern auch für die reisende und
angesesfene Menschheit eine große An
nehmlichkeit bedeuten.
Und wie groß würde nicht der Bor
theil für die Fabritftädte sein, die mit
einem Schlage aus raucherfiillten Höl
len in helle und gesunde Städte ver
wandelt würden, ohne daß der Indu
strie dadurch ein Abbruch geschehen
könnte.
Lauter-ev Tod«
Capitün Lidmann von dem schwebt
fchen Schooner »Archid« und vier
Mann der Befatzung haben ihren Tod
in den Wellen gefunden. Ueber das
Seeunglück liegt eine wahrhaft drama
tifche Schilderung vor: »Lidmann war
33 Jahre alt und Eigenthümer des
schon in feer leckem Zustande befindli
chen 30 Jahre alten Schooners. Jn
Goal bei Hull halte der Sealer eineLa
dung Kohlen nach Lübeck übernommen,
um seine Reife anzutreten, doch hatte
das Schiff unterwegs fehr schwere
Stürme zu bestehen. Tag und Nacht
mußten die Mannfchaften an dcnPum
pen arbeiten. während der Capitän, der
ein großer Verehrer des Whisleys war,
ruhig in der lTajüte blieb und sich be
rauschte. Die Leute gewannen bald
den Eindruck, daß es des CapitänsAb
sicht war, das Schiff mit Mann und
Maus untergehen zu lassen, und erin
nerte sich auch eines Ausspruchs des
Capitiins. Als ihm noch auf demLande
ein Brief des Inhalts zuging, daß sein
Z.reijähriger Sohn Arvid, den er sehr
liebte, gestorben fei, rief er aus: »Dann
macht das Schiff auch die letzte Reises«
Das Schiff drohte zu sinken, doch hal
fen alle Vorstellungen desSteuermanns
bei dem Capitän nichts, er betranl sich
immer mehr. Die Mannschaft hatte in
zwischen das Rettungsboot klar ge
macht; doch der Capitän erschien auf
Ted und machte ein Maniiver mit dein
Schiff, sodaß das Boot zerfplitterte.
Er lachte laut auf und sagte: »Jetzt
müssen sie doch hier bleiben.« Danach
begab er sich wieder zu seiner Flasche
Mittlerweile war es Nacht geworden,
und etwa um 1 Uhr theilte der Steuer
mann dem Capitän mit, das Schiff sei
nicht länger über Wasser zu halten und
würde auf den Strand gesetzt werden«
Alsbald lief es auf Grund und brach
hierbei mitten auseinander. Der Cupi
tiin mit den sechs Mann befand sich auf
der einen Hälfte. Rettunasgürtel wur
den vertheilt, jedoch warf der Capitän
den feinen mit den Worten: ,.ZumTeu
fel mit dir!" in die See. Die ewalti
gen Seen schlugen das Schiff mehr
und mehr auseinander. Nun gab der
Capitän jedem ein Glas Branntwein
und man stieß an. DerCapitän äußerte
hierbei: »Seht fo, jetzt trinken wir das
letzte Glas, bevor wir zu Grunde gehen.
Prosit, Kamerad Tod!'« Schaudernd
stießen die Leute mit ihrem Führer an.
ZumSteuermann sagte er darauf: »Ich
komme nicht lebend an Land, aber ge
linat es Ihnen, dies lebend zu errei
chen, so schreiben Sie ein paar Worte
an meine Frau; auch nehmenSie meine
Börse, die einige Hundert Kronen in
Gold enthält, und geben sie ihr!'« Jn
demselben Auaenblick kam eine gewal
tige Woge über das Schiff und zog
den Cabitän mit in die Tiefe. Nachein
ander sprangen die beiden Seeleute in
die See und es gelang ihnen, glücklich
das Land zu erreichen, während die auf
dem Wrack zurückgebliebenen Leute den
Tod in den Wellen fanden.
Vor kurzem wurde die
Nachricht lolportirt, der beriichtigte
merilanische Bandit Catarina Garcia
habe sich den cubanifchen Redellen an
geschlossen. Jetzt aber wird bekannt,
dasz Gar-ja bereits im Februar oder
März Itzt-Z in Bocas del Toro an der
Chiriqui Lagune getödtet wurde, als
er während einer Revolution in Co
lumbia als Gucrillasührer fun irte.
Gewährsmann hierfür ist ein Officiev
des Bundestreuzers »Atlanta.« Das
Schiff lag damals vor Bocas del
Taro, einem streitigen Gebiete zwischen
Costa Rica und Columbia. Eine
Truppe von 25 Mann, geführt von
Garcia, hatte einen Ansturm auf die
Stadt gemacht und dabei fiel der Ban
dit von wenigstens zehn Kugeln durch
bohrt. Sein Leichnam wurde an Ort
und Stelle beerdigt, nachdem er ge
hörig identifizirt worden war. Linne
nant - Comrnandeur Taussig, gegen
wärtig Jnfpeltor tm hydrographifchen
Bureau des Küsten-Bermessungsdien·
ste3, hat nach dem Scharmünel mit 70
Mann und einem Gatling - Geschüte
die Ruhe wieder hergestellt.