Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 16, 1897, Sonntags-Blatt., Image 13

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    i
Gestank-Mode
"» Roman von Josef Treumqmu
( Fortsetzung.)
»Warum hast Du mich geheirathet,
Robert?« stieß Iris unter Schluchzen
hervor. »Es war ein entsetzlicher Miß
griff! Du lernteft mich verachten, und
ich — ich —- verabscheue Dich! Unsere
troftlose Armuth allein reicht hin, die
ses Leben unerträglich zu machen.
Warum schreibst Du nicht noch einmal
an Deinen Vater, oder an Deine Tante l
Pamela, deren Liebling Du als Knabe
warst? Sie könnte ihn vielleicht bewe
gen, uns ein anständiges Auskommen
zu sichern.« — —
Seenen dieser Art hatten sich wäh
rend der achtzehn Monate des ehelichen
Zufammenlebens der beiden jungen
Leute sehr oft abgespielt. -
Beim Anblick der Thriinen begannen
die strengen Züge Noberts milder zu
werden.
»Meine Seibstaehtung verbietet es
mir, mich abermals an meinen Vater
zu wenden,« sagte er in sanfterem
Tone; ,er hat mir meinen letzten Brief
uneröffnet zurückgefchickt. Und was
meine Tantc Paniela anbetrifft, so ist
sie meinem Vater gegenüber nur eine
Null. Jch habe mich bereits an sie ge
wandt, jedoch.vergebens. Ohne Zwei
fel verbietet mein Vater ihr jeden Ver
kehr mit dem verlorenen Sohne, und
sie wagt es nicht, seinem Verbote zu
trotzen. Jch setze fortan meine Hoff
nung nur auf mich selbst!«
Robert näherte sich seiner Gattin
und fuhr mit liebevollem Tone fort:
»Es sind genug der bitteren Worte
gefallen —- lafz uns Frieden schließen.
Warum verbittern wir einander das
Leben? Sei wieder gut, liebes Weib
chen —- es wird dann besser werden!«
Wsns msvxnssosnsO «;n- ;- sssmä «·--.
ins V ---------- stU ou »du- aus
» - v v
nenden Gesichtchen der Tänzerin vor.
Robert sah so schön, so hingebend aus,
es lag etwas so Sympathisches in
dem Klange seiner Stimme; seine tief
blauen Augen blickten sie mit so un
endlicher Zärtlichteit ern, daß das Eis-,
das sich um ihr Herz gelegt, plötzlich zu
schmelzen begann. Ein mattes Lä
cheln spielte um ihre Lippen; schon war
sie im Begrif«, sich in die Arme des
Gatten zu werfen, als die Stubenihiir
plötzlich ausging. .
Der strnppige Kopf der Hausmagd
blickte herein.
»Für Mrs. Greylocl!« ries sie mit
gellender Stimme; »mit Mr. Kenyons
Empfehlung; sein Diener hat es ge
bracht.«
Mit diesen Worten wollte die Un
glücksbotin ihrer Herrin ein aus den
theuersten Blumen gebundenes kostba
tes Bouquet reichen. Sobald Robert
Greylock des Bouquets ansichtig wurde,
stieß er einen Fluch ans und riß die
Blumen aus den Händen der Magd.
Indem er dies that, fiel ein glänzender
Gegenstand ans der dustenden Tiefe;
es toar ein goldenes Armband in Ge
stalt einer Schlange, mit Augen von
Diamanten. «
»Ob, wie herrlich!« ries Iris, indem
sie aus ihren Gatten zustiirzte; ,,gib
her, Robert, es ist ja für mich!«
Robert schleuderte die Blumen aus
den Boden und stampste mit den Fil
ßen daraus. Während er dabei mit der
einen Hand sich Iris vom Leibe hielt,
hob er mit der anderen das Armband
empor und rief mit donnernder
Stimme:
»So weit ist es also schon gekom
men?! —— Du nimmst von einem
Manne wie Kenyon so kostbare Ge
schenke an? Zurück! Eber wollte ich
Deine Hand im Feuer verbrennen. als
diese seine Juwelen beriihren sehen!
Er soll das glänzende Ding zurücker
IIAICIII uan Dass-I sZns cis-OFan Ists-sm
men, die er nicht so bald vergessen
wird!«
Dahin war die weiche Stimmung,
welche die Tänzerin fiir einen Moment
beherrscht hatte; mit writhbebender
Stimme rief sie:
»Wie kannst Du es wagen?! Das
Armband wurde mir geschickt, und ich
will es haben! Wann hast Du mir
Blumen oder Diamanten gegeben ?«
Auf einen zornigen Blick von Gren
lock entfernte sich die struppige Magd,
wie sehr sie auch gewünscht hätte, Zeu
gin des Ausganges dieser Scene sein
zu können.
Als Robert sich mit seiner Gattin
allein satt, nahm sein Gesicht einen
Ausdruck nn, den Iris noch nie be
merlt hatte·
»Wann ich Dir Blumen oder Dia
manten gegeben habe?« wiederholte er
streng; »es ist schon lange her. Wenn
Dein Gotte aber auch jetzt nicht ini
Stande ist, Dich mit solchen Dingen zu
versehen, so kann und darf er es nicht
dulden, daß Du Schmucksachen trägst,
die mit anderer Männer Geld getauft
wurden. Hast Du denn bereits alles
Selbstachtung verloren?«
Jris fühlte zwar, daß Robert Recht
hatte, aber sie setzte ihrem Gatten eine
llihne Stirn entgegen.
»Artl)nr Kenyon ist ein alter Freund
von mir; ich kannte ihn lange, ehe ich
Dich kennen lernte!« rief sie. »Mein
armer Vater war, wie ichDir oft sagte,
Tanzlehrer und unterrichtete einst ne
ben anderen Zöglingen den Sohn einer
spanischen Creolin und eines amerika
nischen Vaters, den Erben einer gro
en tvesiindischen Plantage. Es war
iei Kenyom ber zum Zwecke seiner
Erziehung nach dem Norden gesandt
worden war. Ich war damals nacht
ein Kind, u»o mein Vater ließ mich
oft mit dem Knaben tanzen, da er von
mir weit leichter zu lernen schien, als
von ihm. Schon zu jener Zeit war er
mir aut! Er nannte mich scherzend
seine Braut und machte uns eine
Menge kostbarer Geschenke, die wir
niemals ausfchlugen. Später kam er
uns aus den Augen; fein Vormund
; sandte ihn nach Europa; ich sah ihn
erst wieder, als er mich vor einigen
Wochen hinter den Coulissen aufsuchte;
er hatte mich auf der Bühne sofort er
kannt. Er ist ein guter, harmloser
Mensch; ich kann jetzt gerade so gut ein
Geschenk von ihm annehmen, wie frü
her; gib mir mein Armband, Robert!«
»Du irrst, mein Täubchen,« entgeg
nete Robert spöttisch; ,,damals warst
Du. wie Du sagst, noch ein Kind — ;
die Tochter eines Tanzmeisters; jetzt
bist Du das Weib eines Ehrenmannes
—- Robert Grehlocks, dessen Familie
zur amerikanischen Aristolratie ar
hört!«
»Du bist übertrieben streng, Ro
bert,« entgegnete Iris-, auf die die
Worte des Gatten nun doch Einfluß
ausiibten.
»Dies- kann jedenfalls von meiner
Gattin nicht gesagt werden,« war die s
beigende Antwort.
ie junge Frau erröthete.
»Ich maa Deine Thrannei nicht län
ger ertragen!« rief sie, wieder heftig
werdend. »Alle-Z hat ein Ende, selbst
meine Geduld. Ich bin nun erst recht
entschlossen, meinen eigenen Pfad zu
wandeln — Du sollst mich nicht länger
daran hindern! Jch bin es müde, in
diesem elenden Hause zu leben; ich
habe die erbärmliche Existenz, die ich
als Dein Weib führe, sowie Deine un
aufhörliche Eifersucht satt! Jch wollte,
ich brauchte Dein Gesicht nie wieder zu
erblicken! Willst Du mir jetzt mein
Armband geben2«
Sie suchte es ihm mit einer schnellen
Bewegung aus der Hand zu reißen.
Robert ftiefr die ickmrächlikkte Gestalt
heftig zurüc« und hielt den Schmuckge
genstand hcih in die Höhe.
»Du wünschest mein Gesicht nie wie
der zu erblicken?« fragte er mit beding
stigender Ruhe. »Ist das Dein Ernst,
Jris?«
»Mein vollständiger Ernst!« rief sie
wüthend. »Und noch mehr —- noch
weit mehr! —- Gehe nach Colorado —
gehe bis zum äußersten Ende der Erde
—- geh’ und komme nie, nie, nie wieder
zurückt« T
Der junge Mann wandte sich ums
und schritt auf die Thitr zu; an der ’
Schwelle blieb er stehen« um noch einen
letzten Blick auf das Zimmer zu wer
fen, in dem die zerstampften Blumen
zerstreut umherlagen — auf Iris, die
blaß vor Wuth, an das alte Sopha
«gelehnt stand. Noch hätten ein Lächeln
ihres Mundes, ein inniges Wort ihn
versöhnt und wieder zu ihr hingezogen;
aber vergebens wartete er darauf. An
das sterbende Kind in der Wiege dachte
er in diesem, dem traurigsten Moment
seines Lebens nicht.
»Dein Wunsch soll erfiillt werden,
JriS,« sagte er; »Du siehst mich zum i
letzten Male — lebe wohl —- fiir im
mer!«
Jm nächsten Augenblicke schloß sich i
die Thür und Jris befand sich allein. s
2. C a p i t e l.
Der Marmor - Palast, genannt;
,,Fifth Avenue Hotel«, zu New York, .
ist eines der vornehmsten und elegan- »
test eingerichteten Gebäude. Abweichend
von den meisten ameritanischen Hotelg,
die dem Gaste nur ein kleines, spärlich
möblirtes Zimmer zur Verfügung stel
len, enthält das ,,Fifth Avenue Hotel« .
eine Anzahl Privaträume, die, aller-;
dings für einen sehr hohen Preis, mit
anstoßendem Schlafzimmer, eine höchst J
comfortable, elegante, in sich abge-"
ichlossene. mit raffinirtem Lurug ans- «
gestattete Wohnung bieten.
Jn einem dieser Privaträume liegt
ein junger Mann der Länge nach ans
einem schwellenden Sopha ausgestreckt
— ein Bild des Ethüszigganges. Der
Kopf des Tagediebes ruht auf einem
gestickten Kissen von purpurrother
Seide, zwischen seinen Lippen hält er
die Vernsteinspitze eines türkischen
Nargileh. s
Es war schon völlig Mittag; allein
dieses Schooßlind des Glückes hatte
eben erst sein Frühstück eingenommen
Und pflegte nun der ihm nach dieser
Anstrengung so nöthigen Ruhe. Auf
einem Malachit - Tische neben ihm
stand ein muschelförmiges, silbernes
Gefäß, mit unerbrochenen Briefen ge
füllt. Die prächtigen Gardinen waren
über die stronglasscheiben der Fenster
gezogen, um das grelle Tageslicht zu
dämpfen. Die Temperatur des Ge
maches stand etwas über achtzig Grad
Fahrenheit, die Luft war mit Par
fümg geschwängert.
Diese für gesunde Lungen so uner
trägliche Atmosphäre war ganz nach.
Arthur Kenyons Geschmack. Von sei
ner rreolischen Mutter hatte er den
Reichthum und die noblen Passionen
geerbt. Er liebte es, sich iin Sonnen
licht und bei starler Ofengluth süßem
Nichtsthun hinzugeben und die betäu
benden Düfte einzuathmen, die ihn an
die Pracht der ewig blühenden Gärten
des Südens erinnerten.
Von Gestalt war Mr. Kenyon lang
und geschmeidig, mit einer pantherähn
lichen Grazie in allen seinen Bewegun
gen; er war noch jung, fast tnabenhaft,
mit olivenfarbenem Teint, scharfge
schnittenenr Profil, trägen, schwarzen
Augen und einem llassisch schönen
Kopfe, der von rabenschwarzem Locken
»un- umgeben war.
Eine Zeit lang lag der verwöhnte
Liebling des Reichthums fast regungs
los da; sein Blick folgte durch halbge
schlossene Wimpern den bläulichen
Rauchwolken, die in zarten Ringeln
aus dem Nargileh emporstiegen, das er
aus dem Orient mitgebracht hatte.
Endlich ließ er den Schlauch mit der
Bernsteinspitze auf den Teppich nieder
gleiten, wandte sich auf dem seidenen
Kissen um, gegen dessen Purpurfarbe
sein Gesicht wie Bronze abstach, und
streckte träge seine Hand nach dem Ma
lachit - Tische aus. »Wie langweilig!«
murmelte er por sich hin, indem er die
silberne Muschel mit dem Jnhalt zu
sich heranzog.
Mit halbverdrossener Miene begann
der junge Mann jetzt die eingegangenen
Briefe zu lesen; es waren größtentheils
Einladungen zu Diners und Soupers,
fashionablen Abendgesellschaften und
Privatbällen.
»Zu viel der Süßigkeiten,« murmelte
er, »man wird solcher Dinge bald
überdrüssig!«
Er warf die Briefe in die Muschel
zurück, ergriff eine kleine mailändische
Mandoline, die auf einem Tigerfell
neben ihm lag, und zog sachte das
elfenbeinerne Stäbchen über die Sai
ten des Instruments-. ,
Arthur machte m diesem Moment
entschieden den Eindruck eines spani
schen Cavaliers. Eine Tanzmelodie,
die er am Abend zuvor in einem Thea
ter untergeordneten Ranges gehört
hatte, war ihm durch den Kopf gegan
gen und die kleine Mandoline gab sie
jetzt mit größter Genauigkeit wieder.
Der Mandolinenspieler lächelte; im
Geiste sah er die Bühne mit ihren
Lichtern und wechselnden Seenen, nebst
den hübschen Gestalten der Ballettänze
rinnen, vor seinen matten. halbgeschlos
fenen Augen; er spielte die Melodie
ganz durch; er war ein leidenschaftli
cher Freund der Musik und hatte sie
unter den besten Lehrern in Europa
betrieben. Ohne Zweifel hätte er durch
die Ausübung dieser Kunst feinen Un
terhalt erwerben können, wenn das
Schicksal ihn nicht mit Reichthum
überschüttet hätte.
Noch lange, nachdem er die Melodie
zu Ende gespielt hatte, ließ er die linke «
Hand, an deren kleinem Finger eins
großer Edelstein blitzte, durch die Sai- ,
ten schwirren; gedankenvoll sprach ersl
vor sich hin: »Bei Gott! Wie unans-;
sprechlich schön Jris gestern ausfath
das Töchterchcn des alten Tanzlehrers I
hat die Verheißungen ihrer Kindheit
mehr als erfüllt; jainmerschade, daß
sie sich an jenen Burschen wegwarf —i,
an den halbverhungerten Scribenten
mit seinem ariftolratischen Gebahren.i
Er ist eiferfiichtig auf mich. Ob ers
wohl weiß, daß ich sein reizendest
Weibchen hätte haben können, wenn ich i·
gewollt hätte? Jhr Herz brach fast, als i
ich auf Befehl des ttezannifchen Vor-;
mundes nach Europa mußte; sie;
schluchzte an meiner Brust; sie küßte!
mich und weinte, bis ihre Aeuglein«
roth waren! Das arme Ding hat mich
nicht Vergessen; ich erhielt die Ueber
zeugung davon, als ich hinter den Cou- —
lissen zum ersten Male wieder mit ihri
zusammentraf. Sie wurde abwechselnd
blaß und roth. Soll ich sie meiden oder!
ihrem eifersiichtigen Manne zum TrotzE
hier bleiben?«
Er ließ seine Mandolkne wieder aufE
das Tigerfell hinabgleiten und grub
seinen dunklen Kopf in das seideneE
Kissen, um mit Ruhe über das nachzu-!
denken, was ihn jetzt am meisten be-E
schafugte Ein Diener klopfte an die
Thür, trat ein und meldete: E
»Ein Herr wiinfcht Sie zu sprechens« i
,,Sein Name?«
»Er wollte ihn nicht nennen.«
»Nun, so fiihre ihn herein.«
Jm nächsten Augenblick trat RobertE
Greylock über die Schwelle des Ge-!
maches; sein Gesicht war bleicher alss
gewohnt ich, seine butchigen Brauen zo-;
gen sich drohend über seinen Augen zu- T
sammen.
»Ah ——« stieß Kenhon überrascht
aus« ohne sich nur zu erheben, ja, ohne
auch nur seine bequemeLage zu ändern.
«Guten Morgen, Greyloctz nehmen Sie
Platz! Jhr Besuch ist mir ein Vergnü- -
gen; womit tann ich dienen?«
Robert näherte sich dem Sopha; er
athmete tief, verrieth jedoch nicht, was »
in ihm vorging. Sobald der Diener,
die Thitr hinter sich zugemacht und;
die beiden Männer allein waren, zog’
der Gast ein goldeneg Armband in
Gestalt einer Schlange, mit Diaman-«
ten und Smaragden besetzt, aus dxk
Tasche.
»Sind Sie der Schurke, der meiner ;
Frau dieses Ding geschickt hat?!« riesi
Ok.
Jetzt erhob sich Ftenhon vom Sopha. ?
»Dieses Ding da, mein werther ;
Herr,« antwortete er nachliissig, ;
»schickte ich nicht Ihrer Frau, sondern ;
meiner alten Freundin — der Künstle
rin, als ein Zeichen meiner Bewunde- .
rung und Werthschiitzung.«
,,Jhre Unterscheidungen sind recht
spitzsindig,« höhnte Robert.
Kenyon zuckte die Achseln und ent
gegnete:
»Sie sind, wie es scheint eifersiich
tig; ich bedauere es. Weigert die rei
zende Jris sich, mein Geschenk anzu-.
nehmen, daß Sie es mir in dieser(
Weise zurückbringen? Jn früheren Zei
ten war dies nicht der Fall.«
»Ich — ihr Gakte, verbiete es Ihnen,
meiner Frau Geschenke zu machen,«
erwiderte Greylock; ,,es ist dies eine
Frechheit von Ihnen, die ich nicht dul
den werdet«
Kenyon lehnte sich an den Malachit
Tisch; er blickte den zornigen Gatten
zeringschätzend an und sagte:
»Mein Herr,« ich muß Sie bitten,
Ihre Worte etwas sorgfältiger zu
vählenz ich kannte die kleine Iris ja
schon vor Jahren; wir waren damals
Iie besten Freunde. Es thut mir leid
im sie — verteufelt leid; ihr Mißge
schick in der Ehe ist für ihre vielen Be
vunderer lein Geheimnißz sie hätte
ich nicht wegwerfen sollen. Es ist
Jhnen vielleicht nicht bekannt, daß ich
:hr Gatte hätte sein können?«
Die düsteren Augen Greylocks fielen
.n diesem Augenblick auf einen Ecktisch,
ruf dem ein dünner Stock lag. Sich
ruf diesen stürzen, das Rohr erfassen,
nit der anderen Hand Arthur am
Kragen packen und den Stock mithcht
:n Bewegung setzen, war das Wert ei
iiger Sekunden. Kein Wort wurde
Zesprochen — kein Ausruf erscholl —
fchnell wuchtig und unbarmherzig sie
Ien die Hiebe des empörten Gatten
iuf seinen Nebenbuhler nieder.
Jn wenigen Minuten war Alles vor
iber. Das mit Diamanten und Sma
«agden besetzte Armband lag zerbrochen
ins dem Teppich, Kenyon daneben am
Boden.
Robert stand wie ein Rachegott ne
ben dem Creolen.
Fortsetzung folgt.)
—Jn Cavallese feuerte der
Gutsbesitzer Defloriani gegen seine
Braut, das schönste Mädchen des Or
erz, aus Eifersucht drei Revolben
schiisse ab. Die Kugeln durchbdhrtcn
den Hals und den Arm des Mädcheng
und Verletzten dasselbe tUdtlich
—— Jni DorfeCampoRealc
bei Usilermo hat die Bäuerin Rosalia
Jlalio mit Hilfe ihres Geliebten Gin
seppe Grosfu ein Grab hergestellt und
darin ihren Gatten, um ihn so au:
in Wcae zu räumen, in disselbe hin
stkidrfsijfsrn NR hin VTXPYIIZHUVY nas
zwei Tagen das Grab öffneten, war
der Arme todt.
— Ein sonderbarer
Streit ist in Hagelloch bei Tübingen
ausgebrochen Dort forderten die
Wirtbe fiir den Schoppen (ein halb
Liter) Vier 12 Pf» welchen Preis die
Viertrinker als- zu hoch nicht anneh
Men wollten« Die Wirthe bestanden
auf ihrer Forderung, die Trinter bezo
gen auf eiaene Rechnung Bier und
schänlten eg in einerGartenwirthschaft
aus um den Anlatifspreis. Das Ober
amt entschied auf eine Eingabe der
Wirthe, daß das Streikcontite nur an
Einwohner Bier abgeben darf, nicht
aber an Musik«-artige Wer wird wohl
nun nachgebenkk
« In Straubing haben
der Batermördee Ahle, sowie sein Hel
feig-heiser Girnahuber ihre furchtbare
cBlutschuld mit dem Tode gebiifzt.
(?)’ir1:szlzuber, welcher als- Erster das
Blutgerüst betrat, legte anfangs noch
einige Fassung an den Tagi, bei Verle
sung des Todesnrtheils wich jedoch der
letzte Blutstropfen aus seinem Gesichte
Rasch wurde der Delinquent auf das
Brett geschnallt und unter die Ma
schine geschoben und im nächsten Au
genblicke trennte das Fallbeil den Kopf
Vom Rumpfe. Die gleiche Procedur
wiederholte sich bei Ahle, der, vollstän
dig gebrochen, die Hände wie flehend
erhob und das Sterbekrenz stampf
haft in den blutleerensHänden hielt.
— Bei der Abreise der
Epsiaiserin Eugenie von Athen hat
sich folgender bemerkenswerther Zwi
schenfall ereignet. Einige Franzosen
von der philhellenischen Legion standen
vor dem Gasthofe und entblößten beim
Vor-übergehen der Ex-Kaiferin das
Haupt, während Einer von ihnen vor
tretend folgende Worte an sie richtete:
,,Madame, wir kommen aus einem
Kriege zurück, der ebenso unglücklich
ausgesallen ist, wie der Jhrige.« Die
Kaiserin war tief bewegt und liefr an
ihre Landsleute einige Goldstücke ver
theilen. Damit wao vermuthlich der
Hauptzweck der Jnterpellation von
Seiten der »unglijeklichen« Griechen
sreunde erreicht und die Kaiserin
schiffte sich fernerhin unbelästigt am
Bord ihrer Yacht ,,Tl)istle« ein.
— Jnfolge eines starken
Wolkenoruches, der auf den Berg des
Mouilles bei den Abhiingen des Grand
Are niedergegangen ist, überflutheten
die hochangeschwollenen Bergbäche von
Perry und La Fabriqne das Gebiet
der Gemeinden Randeng und Mont:
fort. Geloaltige Steinblöcke und große
gefiillte Tannen wurden von den dunk
len, gurgelnden Wassermassen Wie
Strohhalme mit fortgerissen. Ein
furchtbare-J Geräusch ersehiitterte dir
Lust nnd der Erdboden bebte unt
drijhnte unter den herabsiiirzenden
Waise-o- nnd Felsinasfen Der
Schlammstrom, der sich oberhalb des-«
Dorfes, Randeng und der Fabri«
Orange gebildet hatte, riß die Mauer-.
Tier Gärten ein, drang in die Keller,
überfluthete die Häuser des niederen
Theile-H der Ortschaft Und bedeckte die
Straßen und Wege mit einer meterho
hendeicht allermijglichen Materialien
Trotz der aufopfernden Anstrengung
der Gendarmen und Bürger wurden
mehrere Personen von den plötzlich
hereinbrechenden Wasser-maser fortges
risien und ertranken. Um das Dorf
vor dem sicheren Untergange zu retten,
mußte man den Damm des Arc an
zwei Punkten durchbrechen, um den
wild aufschäumcnden dunklen Fluthen
einen Abfluß zu verschaffen. Der an
gerichteteSchaden beläust sich nach vor
läufiger Schätzung auf mehrere hun
derttausend Franks.
Wein Bat-ersanne- Schreibebrieiä
Mein lieber Edithork
Do werd immer gekickt, daß es se
viele Vereine un Ladsches un Sasseie
tes hat, sell is dett rong. Jch klehme.
daß es noch viel zu w e n i g Vereine
bot. Einiger diesente deitsche Mann
belangt doch wenigstens zu sechs Sas
seietes. Die miete alle vierzehn Dag
odder gar alle vier Woche. Wenn mer
also alle Mietunge ettende will, do hot
mer nor ebaut sechsmol e Tschehns in
en Monat, Owends aus das Haus Zu
komme. For en geheirathe Mann muß
das jo fierful sei. En Bätscheller, wie
ich, der kann off Kohrs duhn was er
will, awwer dieselwe Zeit will mer sich
doch nit alle Owend in de Sathn
hocke. Mer will doch auch ebbes frrs
allgemeine Wohl duhn un for sei Ett
jukehschen. Do sin for Jnstenz die
Lahdsches. Wann do eens von die
Members sei Händ rehst un sagt:
,,Bruder Schief Schennerell Schicht
mann, ich mache die Mohschen, daß
mer en kleine Rieseß nemme, for rtns e
Riefreschment zu täekele,« do srei ich
mich immer, daß ich en Deitscher sin un
fiele sarrie for die Jenkies, die unser
schöne Muttersproch nit verstehn. Jes
ser, wann mer nit als emal in e Ladsch
oder Vereins-Mietung geht, dann Ver
lernt mer sei ganzes Deitsch. Awwer
mer kann noch mehr in die Ladsches
lerne. Jch hen for Jnsienz immer on
ner die Jmpreschen gelebt, daß mer
erscht die Nos ioische muß un dann die
Händ-s wehfe, wann mer een von die
hohe Supriem Affissers seluhte will.
Jetzt hen ich erscht ausgefunne, daß
mer erseht die Nos totsche, dann mit die
rechte Händ iwwer die Schnut fahre
un dann erscht mit die linke Händ
wehfe muß Sehn Se, so ebbes lernt
mer nit, man-n mer immer heim steht
un fell is doch arig impohrtent. Jch
belange auch zu e Singen Sasseiete,
mer heiße ’s »Die verrostete Stimm
gabel.« Ei tell jah, do hots Singersch,
die brauche gar kei Note, die singe aus
die freie Händ. Jch hen e arig gute
Stimm, nor mach ich immer den Mis
tehl, daß ich instett in die Höh un in
die Dies, in die Lang un in die Breit
singe duhn. Der Singlehrer hot mich
schon oft gesagt, ich sollt nit so hart
singe, ich deht sonst mei ganze Weus
speule, awwer ich sin emol so, ich losse
gern mei Meitmensche von dem mitge
nieße, was ich im waerfluß hen. Jch
delange auch zu den Kriegerverein
,,Ladstoct.«f Der Verein ist ahlrecht,
nor gleich ich nit, daß so viele Mem
bersch dazu belange, wo in ihr Lewe
noch nit bei das Militär gestanne hen
un die doch das ganze Vißneß ronne
wolle. Bei Galle, ich warn fünf Woche
beim stehende Heer un hen in die Bud
dik Schuhs ripehrt. Wie mei Haupt
mann ausgesunne hot, daß ich die
sitzende Stellung nit stende konnt un
daß die Schuh, die ich heit gesickst ge
habt hen, morje widder uff sin gange,
do sin ich ehrenvoll distschartscht
worde. Awwer en Mann wie ich, der
kann doch enihau etwas mitspreche un
hot eniweg mehr Elspierienz wie so en
sekkendhendiger Kommisbruder, wo
nicks gedahn hot, wie e halwes Dotzend
Bättels mitgemacht. Well, ich hen kee
Lust, in die Mietunge ebbes zu spreche,
awwer wann die Mietunge aus sin,
dann gleich ich gern, dene Fellersch e
Pies von mei Meind zu gewwe. Wie
ich schon rimarkt heu, hot’s viel zu
wenig Vereine. Wo ich nor von en
neie Verein ebbes höre, do tscheun ich
un ich hen mich sor den Riesen auch
arig gesreit, wie ich de annere Dag e
anitehschen kriegt hen, zu e Mietung
zu komme, wo en neier Verein gestart
sollt werde. Off Kohrs sen ich hin
gange und die Mietung hot schon ge
start gehatt, wie ich in den Saluhn
komme sin. Se hen grad drum gefeit,
was der Name von den neie Verein sein
sollt un wer for Prescdent elektet sollt
werde. Eener hot gesagt, er wär da
sor, daß sich all die Membersch be
nknms lnssp sollte hpnn fes-nn- hnn si
wär enni gut. Es hätt enihau keiner
e Bißnes uff die Welt zu sein. Jch
hen gedenkt, fell wär en arig toffer
Feller, awwer ich hen noch mehr höre
gesollt. So en fetter Butscher hot sich
«uff de Stuhl gestellt un sagt, er wär
dafor, daß mer nach e annereMietung
platz umgucke dehte. Das Vier, was
der Saluhnkieper verkaufe deht, das
wär nicks wie Schlapp un es derft ihm
einer noch Geld derbei gcwtoe, dann
deht er noch teen Droppe von den Stoff
totsche. Der Saluhnkieper hot kee
Wort gesagt, er hot nor geschmeilt.
Cn Dritter is an die Bahr acsteppt un
hot dabei e paar Wißkie Battele umge
worfe. Er sagt: »Von das Bier wolle
mer gar nit rede, ich will nor dem
Lonsch,«lvo er ausdifche duht, men
schene. Wei, is- das auch e Futter for
en Mensch? Jch dehts noch nit meint
Hund offere, bikahs ich wär’n effrel)d,
er deht mich mein ganzes Miet ab
tschuhe. Awwer der Saluhnkiepcr
denkt, sein Platz dchte doch nor Loh
fersch frickwente un for die wär das
Futter plentie gut. Jch will in e
diese n d e s Lalahl gehn un nit bei
so en stinschie Feller.« Jetzt hen ich
awwer schuhr gedenkt, der Saluhnkie
per deht die Fellerfch mit e Vruhmstict
aus sein Platz tschehse, awwer er hot
immer noch gefchmeilt. Jeder von die
Gäng hot en Spietsch gemacht un hot
den Saluhntieper, die städtifche Vlffis
sersch, den Prefident, un in Schort,
alles wo se nor dran denke konnte, tw
wcr die Kohle gezoge. Keener hat en
Drink genomme, un ich hen im Stille
gewunnert, das-, der Saluh7«kieper das
so ruhig stende konnt. Jsch l;:n bei die
Geschicht Doricht krieat Un hen ge
- H
W«
denkt, du nimmst emol en Drini im
findst aus, ob das Bier werklich so
schlecht is. Jch sin an die Bahr, has
mich en Drink geordert un hen gesagte
»Schentelmänner, nehmt Jhr eins tm
mich?« Do hätte Se emol sehn solle,
wie se all komme sin! Wie die hun
grige Wölf sin se an die Bahr geste s
un jeder hot en Drink genomme. ge
hen ordentlich mit dieZunge geschnalzi.
so gut hot en das Bier getehst. Do hen
ich awwer doch e Wuth kriegt, wie
alles. »Schentelmänner, oder wie mer
Eich heißt,« hen ich gesagt, »ich hen
Aclehschen gehabt, schon mit alle
Keinds Leit bekannt zu werde! So
Sockersch, wie Jhr se?1, hen ich awwet
in mein ganzes Lewe noch nii gesehn.
Erscht macht Jhr dem Mann sein
Stoff schlecht un speult ihm sei ganzes
Bißnes un wann dann Jemand trieie
duht, dann seit Jhr nor zu froh, daß
Jhr eins mithawwe könnt. Schehm
an Juh, so e Gäng von Lohfersch, die
biet einiges-. Jhr seit nit m eht
werth, als daß mer Eich in die Lehk
schmeißt, wo se am diefste is. Jch geb
verdollt nicks um e Paar Cent, awwet
wann ich so e dreckige Drickerei sehe
von Feuersch, wo nor Bier drinte
könne, wann’s nicks koste duht, sell set
tels sor mich!« Jch wollt schnell aus
den Saluhn konne, bikahs ich hen ge
denkt, ich deht e gehörige Licking kriege,
awwer, denke Se nor emai, die Fel
lersch hen all Hurrah gehallert. Dann
hot Eener sors Wort gefragt. Er hot
gesagt: »Freinde un Kupperstecher, es
is uns gelunge, mir hen en President,
der Mister Habersack is unser Pasi
dent.« Dann hen se widder gehalleri
wie alles un ich hen ausgefunne, daß
se beschlosse hatte, den Verein »Kicker
Verein« zu kristene un d en for«en
President zu elette, wo am Beste irrte
kann. Jch hen de Preis kriegt un die
Eidie hot mich gefalle. So is es
komme. daß ich jetzt auch en President
fin.
Mit allerhand Achtung
MeikHaberfacL
—- Jn Wien erschoß sichdet
Professor an der Hochschule für Bo
dencultur, Dr. Martin Willens, ge
boren in Hamburg 1834, ein hervorra
gender Begründer der wissenschaftli
chen Thierzuchtlehre und anerkannte
landwirthschaftliche Autorität. El
lebte bis 1859 als praktischer Arzt in
seiner Vaterstadt Hamburg, bewirth
schaftete von 1861 bis 1871 das Rit
tergut Gogarth in Schlefien und wurd
1872 an die Wiener Hochschule sitt
Bodencultur berufen, wo er eine seh
fruchtbare fachwifsenfchaftliche Thätig
keit entwickelte. Gleichwohl wurde et
bei den Auszeichnungen, dise anläßlick
der Eröffnung des neuen Hochschulpai
lastes den Professoren jüngst verliehet
wurden, völlig übergangen, weil er frei
durch eine Schrift gegen die Uebertrei
bungen der Wettrennerei und Diftanz
reiterei die Ungunst ariftokratische
Sportkreife zugezogen hatte. Zu die
ser Kränkung kam die Furcht vor eine
Gehirnkrankheit, welche die Abnahrn
feines Gedächtnisfes und seiner geisti
aen Fähigkeiten in ihm erweckte.
—— Seit eKurzem befinde
sich im Amsterdamer Dvcl ein Minia
turdampfer von nur 3 Metern Läng
nnd einer Breite von 105 Centimeterr
snit einer vollkommenen Schrauben
nxaschine und vorzüglichen äußer
widerstandsfähiger Montirung. E
bietet nur einer Person Raum, un
diese vertritt selbstverständlich Cap
tän, Steuermann und Heizer. Die G«
schwindigleit des Dampfers ist fix
diese zwergbafien Dimensionen außer
ordentlich groß, denn er macht ad
Seemeilen in der Stunde. Sein Gc
wicht beträgt rund 100 Kilogramn
ist also unter Umständen von eine-.
starken Hafenarbeiter unfchwer zu tr(
gen. Ein vrnktischer Nunen ist ib
freilich nicht 11ach3usageri, aber a’
Schaustück zieht er Massen von Az
sterdamern an.
—- Einen neuen Triump
hat die preußische Bureaukratie zu ve
zeichnen. Dieser Tage langte in Zü)
chow eine Posttarte an, die gegen ner
Jahre gebraucht hat, um ihren Bestir
munasort zu erreichen· Jin Mai 18E
in Stettin zur Post gegeben, war
nach Penkun gerichtet, wo sich i
Adressatin damals befand. Da die
inzwischen ihren Wohnort nach ZE
chow verlegt hatte, so gelangte i
Karte im Juni 1897 in deren Häni
und da die Postmarte inzwischen Ve
altet«. also ungiltia geworden wc
so mußte die Empfängerin den je
gänzlich werthlos gewordenen Ink?
mit 20 Pfennig Strasaeld bezah
— »Strafe« siir ein »Vergehen«. l:
nicht sie, sondern der »strasende« Tit
selbst begangen, denn nicht franli
Postkarten —— nnd eine solche war
aus der Post verspätete Karte — sol
Liberhanvt nicht befördert werden.
— Dreier Tage erhielt
elfjähoige Prinz Alexander von B
tenberg von seiner Mutter einen C
vereigu. Er hatte ihn schnell Jrs
braucht und bat um einen neuen.
feine Mutter ihm die Bitte abschlug
wandte er sich keck an seine Großn
ter, die Königin Viktoria. Diese ls
wahrscheinlich aus die Epistel gefaßt
macht worden und schickte statt des
wünschten Sovereigns eine kleine O
mahnung. Die Antwort des jun
Prinzen Alexander lautete: «Lie
Großmamal Jch habe Deinen Brief
halten und hasse, dass Du mich glau
daß ich enttiiuscht worden bin, weil
mir kein Geld schicken konntest. Es
sehr nett, daß Du mir einen a
Rath gabst. Jch habe Deinen
für 4 Pfd. 10 Si. verkauft.«