Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 18, 1897, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags - Platt.
J. P. Windolph, Herausgehen
WBeilage des ,,Anzeiger uthd Herold« —
« Grund Island, Ncbt., dcn M. Juni 1897.
—
No. 41, Jahrgang 17.
I
Diana.
Von M. Camillih
Nun waren sie schließlich in ihrem
Heim angekommen. Was das doch für
eine Freude ist, so einen eigenen kleinen
haushalt zu haben. Käthe empfand
das doppelt, weil sie eine Waise war
und nie auf ein solches Glück hatte
rechnen können, wie es ihr jetzt in so
überreichem Maße zu Theil ward.
Paul war groß und stattlich. Dabei
hielt er seine schlanke, mustulöse Ge
stalt ohne jede Anstrengung letzen
gerade.
Aber das schönste war doch an ihm
sein schmucker, blonder Schnurrhart,
und das allerschönste seine tiefblauen
, Augen, in die sie niemals, ohne zu er
röthen, hineinzusehen vermochte.
»Wenn Du mir heute die Freude
machen wolltest, daheim an meiner
Seite zu bleiben.«
Sie suchte allen Liebrei , der ihr
eigen war und für den er ich keines
wegs als unzugänglich gezeigt hatte,
in diese Worte hineinzulegen. Nun
glaubte sie ihrer Sache sicher zu sein
und sah ihn glückselig, fast triumphi
rend an.
Aber zwischen den sonst so milden
und freundlichen Augen von Paul
zeigte sich heute eine Falte. So hatte
sie ihn noch nie gesehen während ihres
kurzen Ehegliicks; sie begann jetzt ge
linde zu bezweifeln, daß er ihre Bitte
erfüllen wurde.
»Es ist nicht möglich, mein Schatz,«
sagte er denn auch, ihr mit ernster
Miene iiber die Wange streichend.
»Heute geht es aus den Hirsch. Das
ist die vornehmste Beute, der sich ein
Jäger zu erfreuen vermag. Einen schö
neren Abend und eine schönere Nacht
als die kommende tann man sich dazu
nicht wünschen.«
d Sie senkte betrübt den Blick zu Bo
en
Ein tiefer Seufzer verrieth die Em
gfindungem welche sie in ihrem Innern
arg.
Darm schien ein neuer, glücklicher
Gedanke in ihr aufzuleuchten.
»Ich werde Dich begleiten, Paul!«
Es lag etwas eigenthiimlich Rüh
rendes in dem Klange ihrer Stimme.
Und doch war die Antwort wieder
um ablehnend: ,
»Auch das geht nicht, mein liebes
Käthchm Die abgelegene Schutzhiitte
ist fast eine Meile weit entfernt. Da
kannst Du unmöglich bis zum Morgen
bleiben." .
Nun war es aus mit dem Bitten.
Nicht lange und Paul nahm die
Büchse über die Schulter, schritt über
den kleinen Hof der Oberförsterei und
verschwand im Hochwalde, auf den be
reits die ersten Schatten des Herbst
abends sich herabzusenken begannen.
Jhre Blicke folgten ihm, bis er den
selben böllig entschwunden war. Dann
starrte sie einen Augenblick wie abwe
send vor sich hin: es war die erste leise
Disharmonie in ihrem jungen Ehe
gliick. Wie leicht konnte aus diesem
»ein Wenig« eine dunkle Niesenwelle
erstehen, die ihren ganzen süßen Lie
bestraum mit einem einzigen Schlage
zu zerstören vermochte.
»Das Glück ist gar wandelbar,«
hatte die Taute, welche sie erzog, so oft
esagt. »Ich könnte Dir manch’ ein
åtiickchen davon erzählen.«
Jetzt erst empfand sie es, daß sie in
einem viele Meilen weiten, endlosen
Walde wohnten
Ein Gefühl der Unruhe bemächtigte
sich ihrer.
Sie fuhr zusammen.
Es überlief sie eisig kalt.
Hätte sie sich doch noch einmal mit
ihrer Bitte hervorgewagt. Vielleicht
würde Paul ihr schließlich doch Gehör
gegeben haben.
Sie strich, wie aus einem Traum
erwachend, unsicher mit der Hand über
das lange, wellige Haar. Dann eilte
sie in die Wirthfchaftsräume und
fchaffte und wirkte ohne Aufhören
herum, um auf andere Gedanken zu
kommen und die finfteren Schatten, die
ihr zu folgen schienen, zu fliehen.
Wenn sie ihm doch nur noch einmal
recht ihre Liebe hätte beweifen können.
Wie gern würde sie ihr ganzes Sein
fiir den geliebten Mann hingegeben
haben.
Das Mädchen, welches ihre große
Unruhe bemerkte, fah die herrin ver
ftohlen von der Seite an. «
Mithe fühlte fich beobachtet. Sie
eilte in ihr Zimmer, um mit ihren Ge- «
danken allein zu fein, legte ein paar
Bücher ihres Mannes in den Schrank «
und nahm fein Notizbuch zur Hand.
Flüchttg bliitterte fie in demfelben. Da
ftand ihr Name und ein süßer, lieber
Vers darunter.
Sie lachte, weinte, warf Alles bei
seite nnd lief eilends hinaus in's Freie.
Ja, da drinnen war es u enge.
Die tiihle herbftluft würde ihr wohl
thun. Dennoch trat sie gleich darauf,
den kleinen lecken Jagerhut mit der
Reiberfeder auf dem Kopfe, in die«
Stallungem um zu sehen —- zu fragen
—- anzuordnen ——. Sie wußte selbsi
nicht was.
Nun kam sie wiederum auf den Hof.
Da fiel ihr Blick auf Diana, die große
braune Hündin, die an der Kette zwi
schen ihren jungen Hündchen lag.
Die Kleinen waren eigentlich der
mütterlichen Obhut entwachsen. Sie
spielten mit einigen größeren Hasen
inochen und inapperten bereits wohlge
muth an denselben herum.
Diana sah wie flehend zu der jun
gen Herrin empor. Eine arme Gefan
gene inmitten dieser schönen, herbst
lichen Natur, die Bäume und Sträu
cher mit lieblichen bunten Farben
schmückt, so sprach es aus den Aung
des klugen Thieres, das so dringend
um Befreiung von der drückenden
Fessel bat.
Käthe verstand das arme Geschöpf·
Sie trat zu ihm heran und streichelie
sein brauner-, glattes Fell.
Dianas Sprossen ließen die Hasen
inochen einen Augenblick wohlverwahrt
unter ihren Pfötchen ruhen und sahen,
die Köpfe hin und her drehend, halb
belustigt auf den neuen Ankömmling
hin.
»Du gute, liebe Alte,« sagte Käihe,
während die Hündin näher an sie her
aniroch, auch durch ein leises Winseln
nochmals ihr Bittgesuch in Erinne
rung zu bringen suchte.
Die junge Qberförsterin konnte einer
solchen stummen und doch so beredten
Sprache der treuen Gefährtin ihres
Mannes nicht widerstehen. Diana kam
ihr dabei entgegen. Der Hund suchte
an der Herrin empor zu klettern. Käthe
fuhr mit der Hand über das freund
liche braune Gesicht. Sie löste das
Halsband.
Die Kette fiel llirrend zu Boden
s
Diana machte vor Vergnügen ein
paar tolle Sprünge, schnupperte einen
l Moment an ihren Kleinen herum, wie
, um Abschied zu nehmen. Dann ging
es mit riesenhaften Sätzen unter lau
tem Getliisse über den Hof hin.
Genau dort, wo der Oherförster vor
fast zwei Stunden den Wald betreten
» hatte, verschwand auch die Hündin in
» demselben. Käthe stand einen Augen
’ blick wie versteinert da.
Ein Jägerbursche ihres Mannes
trat eilig aus der Thüre eines Seiten
gebäudes heraus. Er hatte den Lärm
vernommen, den der Hund machte, als
er soeben von dannen lies.
»Oh, nun wird es schlimm werden,
gnädige Frau,« ries er einigermaßen
von dem Geschehenen in Erregung ver
setzt. »Der Herr Oberförster hatte
mir auf das Strengste anbesohlen, den
Hund zu überwachen und ihn unter
keinen Umständen von der Kette los
kommen zu lassen.
Jetzt ist die Hirschjagd für unseren
Herrn vorbei, denn Diana läßt sich
hier nicht mehr einsaugen. Sie solgt
der Spur des Herrn Oberförsters un
mittelbar und verscheucht sicherlich das
Rothwild.
Sie ist ein ungezogener und manch
mal auch sehr bösartiger Hund«
»Oh, mein Gott, was habe ich ge
than!« ries die junge Frau.
Ganz gewiß war das der Anfang
von ernsten häuslichen Mißhelligleiten.
Dem Jägerburschen that seine Her
rin leid, da er sie so bewegt sah. Nach
kurzem Ueberlegen erbot er sich, nach
dem hirschstande zu eilen, um mögli
cherweise die Hündin von dort zurück
zu holen und dadurch eventuell dem
Herrn Dortforsler vie weitere Juge- zu
ermöglichen.
Käthe war gewiß einverstanden mit
diesem Vorschlage. Arn liebsten wäre
sie freilich selbst zu ihrem Manne ge
eilt, um ihn über den fatalen Zwischen
sall zu beruhigen. Aber hiermit hätte
sie nochmals, und zwar nun bewußt,
gegen seinen ausdrücklichen Wunsch ge
handelt
So holte denn Fritz Ulrich schleu
nigst seine Waffen und folgte flüchti
gen Fußes seinem Herrn und dem
Hunde nach. —
I
Der Oberfiirster Paul Vollmann
war mit innigem Behagen in den
herbstlich geschmückten Wald eingetre
ten. Welche Abwechslung bot sich jetzt
dem Auge dar!
Auch in seinem Leben war nach der
jahrelangen Monotonie ein lieblicher
Wechsel eingetreten.
CI war nicht wahr gewesen, was
ihm start pessimistisch angehauchte, im
Junggesellenthum vertnöcherteFreunde
und Bekannte hatten weiß machen
wollen.
Frauenliebe und echte. reine Minne
waren doch noch immer reich be
glüclende Kräfte, die über die trübe
Alltiiglichteit und den Egoismus des
äunggesellenthums hinaus Herz und
inne erquickten und dem Leben einen
neuen, unvergleichlichen Reiz zu geben
wußten.
Nach einer Weile führte ein schmaler
Pfad über eine Waldwiese hin, deren
lang hingezogener äußerster Zipfel sich
in der heraus-ziehenden Dämmerung
zwischen vuntlen Kiefern fast dem
Blicke entzog.
Der Oberförfter blieb einen Augen
blick stehen.
Ja dort in der Ecke war es gewesen.
Ein paar Schritte vom Wiesentande
entfernt, im Schatten, hatte er gestan
den und dem Rothwild gelaufcht, das
hier unten nach dem Thale zu vor
überzog. Und dann —- noch im vori
gen Frühjahr konnte man es genau
eriennen, wie die Kugel, die für ihn
bestimmt gewesen, einen starkenStamm
gestreift hatte.
Nun waren zwei Jahre vergangen.
Der schwarze Jochen mußte es hinter
Schloß und Riegel bitter büßen. Der
arme Wicht! Wenn er auch in der
Aufregung schwur, er wolle es ihm
noch vergelten, zu bedauern blieb er
darum doch. Wer wußte es zu sagen,
welche traurigen Verhältnisse ihn auf
diese abschüssige Bahn brachten?
Jetzt mußte übrigens seine Schmer
zenszeit beendet fein. Das war ihm
zu gönnen.
Für eine freie Natur ist der Kerker
mehr als ein Grab.
Der Oberförster war weiter ge
schritten. Eine niedere Tannenscho
nung schloß ihn ein. Es war ein war
mer Herbsttag gewesen. Der aromati
sche harzige Duft stieg in der Däm
merstunde doppelt erquickend aus dem
Dickicht herauf.
Da raschelte es vor ihm in niederem
Gestrüpp.
Er lauschte einen Augenblick.
Ein Hase lief, wie aufgefcheuchi,
quer über den Weg.
Der Oberförster Volkmann huldigte
nicht dem Aberglauben, den man unter
den Grünröcken so viel verbreitet fin
det. Aber merkwürdia war es doch
auch damals, wie er jenes Nencontre
mit dem schwarzen Jochen hatte,
huschte zuvor ein Häschen warnend
über den Weg.
Er dachte an Käthe. Wann er sie
wiedersehen würde? Ob vor Mitter
nacht? Oder gegen Morgen erst?
Oder —- Ein trüber Gedanke durchzog
seinen Kopf. Er hatte Mühe, ihn zu
verscheuchen.
Nach etwa einer Stunde ward die
Wildhiitte erreicht.
Der Oberförster nahm eine Streich-«
hölzerschachtel zur Hand, machte Licht
und unterzog das Jnnere des einfa
chen, aus Tannenstämrnen zusammen
geschlagenen Häuschens einer eingehen
den Revision.
Nichts Auffallendes war zu bewer
ken.
Sodann untersuchte er nochmals die
Büchse, sicherte dieselbe, löschte das
Licht aus und stieg eine kleine rohe
Treppe empor, die oben in einein Loche
ini Dache mit einein Sitzplatze endete.
Nur der Kopf ragte bei einer geducks
ten Stellung über das abgeschrägte
Dach hervor.
Das war ein vortrefflicher »Aus
guck«.
Wenige Schritte von der Hütte ent
fernt, verlor sich der Wald mehr und
mehr, indem niedere kleine Tannen
kufseln sich vereinzelt nach einer sanft
ansteigenden Berghalde zu verliefen.
Drüben, etwas höher gelegen, zog die
Lisiere des Hochwoldes in einer Ent
fernung von wenigen hundert Metern
vorüber.
Gerade wie der Obersörfter oben an
langte und zum ersten Male feineBlicke
sich spähend hinauswandten trat der
Mond hinter einer Anhöhe über den
dunklen Winseln des Hochwaldeg her
vor. Der Wald sah bei dem arellen
Lichte fast noch finsterer aus, während
die sich vor ihm ausbreitende freie
Fläche umso schärfer abgegrenzt und
erhellt ward·
Es regte sich kein Lüftchen. Die ge
fiederten Tagessänger schienen zur
Ruhe gegangen. Nur aus der Ferne
wurde die lautlose Stille durch das
Nöhren eines Hirsches von Zeit zu Zeit
unterbrochen.
Dann war es wieder Todtenstille·
Nach einer Weile ließ sich in der
Nähe der Wildhiitte der Ruf eines
Käuzchens vernehmen.
Der Oberförster wandte feinen Kopf
dorthin, von woher der Ruf vernehm
bar geworden. Seine Augen schweisten
über ein langes Wildgestell, das sich in
fast direkter Richtung aus die Hütte
hinzog. Dann hefteten sie sich, wie
durchbohrend, aus das finstere Dunkel
der rechten seitlichen Einsassung dieser
langen Waldschneise.
Allein es war vor der hand nichts
wahrnehmbar.
Der stille Beobachter dort oben
lauschte mit vorgebeugtem Kopfe, das
eine Ohr etwas höher und oorgeneigt
haltend, um jeden leisesten Laut als
bald schars mit dein Gehör aufzufas
sen.
,,Horch!« Das war die Antwort.
Der Widerruf eines zweiten Käuz
chens.
Der Oberförster Paul Voltmann
hatte ein sehr scharfes Ohr. Er ver
stand sich auch vortrefflich darauf, die
Vogelstirnmen nachzuahmen. deswean
kannte er die Schwierigkeiten, welche tn
dieser Kunst liegen.
Seine Augenbrauen zogen sich finst:r
zusammen. Wie mechanisch langte die
Rechte in die Brusttasche nach dem Re
vvlver, um sich zu überzeugen, daß er
an seiner rechten Stelle sei.
Eine geraume Zeit war verstrichen.
Ein paar Hasen spielten zwischen den
letzten Büschen und Strunken am
Rande der Berghalde.
Drüben unter den großen Bäumen
des Hochwaldes schienen die Schatten
länger, vereinzelt auch beweglich zu
werden. Etwas später konnte man
deutlich Rothwild unterscheiden, das
vorsichtig äugend, allmälig auf Aesung
heraustrat.
Das da wäre in der That ein präch
tiges Bild für Käthe gewesen.
Da knackte es wie von unsicherem
Tritte unweit der Hütte verdächtig im
Gehölz.
Wie ein Blitz fuhr es dem Obersör
ster durch den Sinn, ob er vorhin
wohl die Thüre hinter sich verriegelt
habe?
Lautlos glitt er die Treppe hinab.
Einen Augenblick später war er im
Dunkeln an dem Eingange der Hütte
angelangt.
Gerade jetzt ward dieselbe von un
sichtbarer Hand geöffnet. Ein Licht
flammte aus« Das wilde Gesicht des
schwatzen Jochen sah unmittelbar vor
ihm spähend in die Hütte hinein.
Die Ueberraschung war zu groß ge
wesen. Sie zuckten beide zusammen.
Das Licht war erloschen.
»Teufel,« brüllte draußen der fin
stere Geselle und griff zum Messer.
Aber er prallte zurück. Der Oberför
ster hatte von innen die Thüre zuge
worfen, so daß Jochen sich an derselben
stieß und zurücktaurnelte.
Gleich daraus stürmte er mit erneu
ter Gewalt gegen die Bretterthüre, de
ren völliger Verschluß dem Wertheim
ger nicht gelingen wollte, da irgend ein
Gegenstand, der zwischen die Thüre ge
kommen sein mochte, denselben verhin
dern mußte.
Es war ein gewaltiger Kampf mit
großer Kraftanwendung von beiden
Seiten.
»Wie würde der Ausgang fein?
Da trat einen Augenblick eine Pause
ein. Draußen war es stille geworden.
Dann hörte man ein heiseres Lachen,
gleich daraus die Schritte eines neuen
Ankömmlings.
»Ergebt Euch, Obersörster, wenn
Euch Euer Leben lieb ist; jetzt seid Jbr
in unserer Hand,« klang es gebietend
von außen her.
Mit ruhiger Würde erfolgte von
innen die Antwort: »Wir werden ja
sehen, wer der Herr im Walde ist.«
Das Wort war noch nicht verklun
gen, als eine Kugel durch die Thüre
schlug und dem in etwas gebückter
Haltung sich befindenden Forstmanne
dicht am Kopfe vorbeipfiff.
Der Wilderer hatte seinen Standort
in der Hütte erfahren wollen, um ihn
dann um so leichter treffen zu können.
Er sah nun ein, daß er von der unmit
telbaren Vertheidigung der Thüre Ab
stand nehmen müsse, deshalb zog er
sich mit dem Gewehr im Arm in das
Jnnere weiter zurück.
Es war stocksinster in dedeaumr.
Ein paar Minuten mochten"vergan
gen sein. Da riß der Oberförster wie
instinktiv die Büchse an den Kopf.
Jn demselben Augenblicke trachte ein
Ort-up
Unter wildem Wuthgeschrei brach
der eine der Wilderer in der Thiir zu
sammen· Aber auch unmittelbar da
rauf stürzte sich der zweite des saube
ren Gelichters auf den Forstmann und
umschlang ihn.
Es entspann sich ein wildes Ringen,
ein Kampf um Leben und Tod. Man
sah sich nicht, aber umsomehr empfan
den beiderseits die Gegner die Wucht
ihrer Schläge, den gigantischen Druck
ihrer muslulösen Arme.
Lange konnte die Entscheidung nicht
ausbleiben, dazu wurde von number
ein mit Einsetzung alles Vermögens
gestritten. —- Allmälig fühlte der
Oberförster sich matter und matter
werden. Seine körperlichen und gei
stigen Kräfte begannen zu schwinden.
Die rohe Gewalt des dunklen visit-via
schien den Sieg zu behalten.
Ein toller Jubelschrei des Gegners
sündigte seinerseits diese Wahrneh
mung an.
Da dröhnte plötzlich ein wildes Ge
heul durch den Wald. . ..
Ein furchtbares unsichtbares Etwas
fuhr in die Hütte. Gleich darauf war
der Oberförster von feinem Gegner be
freit, während der letztere wahnsinnige
Schmerzensschreie ausstieß.
,,Hilfe, Hilfe!« rief er einigemal vom
Boden her. Dazwischen hörte man die
halb gurgelnden, halb bellenden Laute
eines wiithend lämpfenden Hundes.
Als der Oberförster einen Moment
später von der Ueberanstrengung zur
Besinnung gekommen, griff er nach
dem Revolver, und denselben mit der
einen Hand haltend. riß er mit der an
deren Feuer an. Gleich daraus war
feine am Feuerzeug befindliche Kerze
entzündet.
Der eine der Wilderer lag, vom
Schusse niedergestreckt, noch wie besin
nungslos in der Thüre. Den anderen
suchte ein brauner Hund auf dem Bo
den der Hütte zu zerfleischen.
Mit großer Mühe nur vermochte
der Oberförster, die wie sinnlos vor
Wuth war, von ihrem Opfer abzubrin
gen. Der schwarze Joch-en lag in sei
nem Blute und konnte sich vor der
Hand nicht mehr wehren.
Gleich darauf waren beiden Wild
dieben die Wafer abgenommen, auch
dem schwarzen Jochen die Hände gefes
selt. Die vor Jngrimm schäumende
Diana ward aus der Hütte ausge
sperrt. Und nun verrichtete der brave
Oberförster an seinen elenden Geg
nern, die ihn gemein hatten hinmorden
wollen, Samariterdienste.
Diana umkreiste heulend und wuth
fchnaubend das Häuschen. Plötzlich
wurde sie stille. Man vernahm Von
draußen her Tritte. Diana begrüßte
den Freund mit einem leichten Ge
winsel.
Gleich darauf sah das erstaunte Ge
sicht von dem Jägerburschen zur Thür
herein. Ein jaher Schrecken fuhr über
seine fahlen Züge, wie er im Eingange
an einen scheinbar leblosen Körper
stieß. Aber nur noch vermehrt wurde
sein Entsetzen, als er den heftig bluten
den, schwarzen Jochen, über den sich
der Oberförster soeben niederbeugte,
mitten in der Hütte liegen sah.
»Sie kommen gerade zur rechten
Zeit, Ulrich,« sagte der Oberförster.
»Gewiß haben Sie etwas brauchbare
Leinewand am Leibe, ein Taschentuch,
oder dergleichen? Wir müssen vorerst
den Doktor spielen, wenn diese Beiden
hier am Boden ihren Uebermuth nicht
mit dem Tode büßen sollen.«
»Das hätten wir verdient um Sie,
Herr Oberförster,« fiel ächzend der
Schwarze ein, dem nun der Großmuth
des Oberförsters gegenüber die Reue
kommen mochte.
»Armer Jochen!« erwiderte der
Obersörster. »Zwei Jahre im Gefäng
nisse und dann zum ersten Mal im
Grünen ein solcher Empfang«
Er suchte ihm einigeTropfen aus
seiner Felvslasche einzuflößen, indeß
sich der Jägerbursche mit dem anderen
Wilddiebe zu schaffen machte.
Wie dieser wieder zu sich kam,
glaubte er den Kampf- bei welchem sein
Denken Vorhin so plötzlich unterbrochen
war, sogleich wieder aufnehmen zu
niuHen. irr schlug mit den Hunden
um sich.
Der Neuling in dem Waidmaiins
werte bekam einen solchen Schreck, daß
er aus seiner hockenden Stellung heftig
von dem dicken Michel, als welcher die
ser nun erkannt war, zurücktaumelte.
»Laß es, Michel,« flüsterte der Jo
chen, ,,es ist schon aus« Der Herr
Oberförster hat uns zu Zweien unter
bekommen.«
Bei einer näheren Untersuchung
schienen die Wunden der beiden Bagn
bunden nicht lebensgefährlich zu sein.
Der Oberförster that für die immerhin
recht Elenden,was den Umständen nach
zunächst möglich war, dann kam Diana
an die Reihe, die in dem heißen Kam
pfe auch eine Wunde davongetragen
hatte und aus der einen Pfote stark
schweißte.
Diana mnllfo holl» Dnnkfmrkpit fiir
die enipsangene Wohlthat nicht aufho
ren, ihrem Herrn die Hände zu lecken.
Darauf brach der Oberförster in der
Richtung nach Hause auf, um Gespann
und Leute zur Fortschasfung und Fest
nahme der Frevler zu besorgen.
Diana hnmpelte auf drei Beinen
hinterher.
Ulrich mußte in der Hütte bleiben,
um den Verwundeten den nöthigen
Beistand zu leisten. Das war auch
eine passendc Gelegenheit, um seinen
Muth auf die Probe zu stellen, oder
um denselben anzufachen, wenn es nö
thig sein sollte, was in der ersten Zeit
seines Dienstes manchmal so scheinen
wollte.
Der schwarze Jochen hatte es auf
den ersten Blick gewittert, daß über
den Forsteleven etwas wie Hasensüszig
teit gekommen, sobald sie allein mit
ihm waren. Er mochte es deshalb für
angezeigt halten, dem Bürschlein dies
beengende Gefühl zu benehmen.
»Sehen Sie,« sagte er, »wenn man
so mit uns umgeht, da braucht kein
Mensch vor dem schwarzen Jochen Be
sorgniß zu haben. Der Obersörster
hätte uns vorhin die Lichter schon aus
blasen können, ohne daß auch nur eine
Maus in ihrem Loche davon etwas zu
wissen bekommen hätte. Allein er hat
es nicht gethan, wiewohl wir es arg
genug mit ihm im Sinne führten. Da
rum werde ich ihm meiner Lebtag nicht
wieder in die Quere tommcn.«
si- -o· si
Mittlerweile war der Obersiirster,
der übrigens wunderbarer Weise völ
lig mit heiler Haut davongekommen,
rüstig ausgeschrittem Auch Diana
—
schien es, trotz der nur drei gebrauchs
fiihigen Beine, eilig zu haben, denn
nun mochten ihr die verlassenen Hünd
lein in der kalten Hütte wehmüthig in
Erinnerung gekommen sein.
Als sie auf dem Hofe der Oberföri
sterei anlangten, ließ sie ein freudiges
Geheule laut werden, um den Kleinen
im Voraus ihre Ankunft oanzuzeigem
Jndeß trottete sie, so schnell es gehen
wollte, auf die heimische Hütte los.
Die Frau Oberförsterin hatte wohl
achtsam in ihrem Zimmer den Lärm
gehört. Sie kam ihrem Manne mit
ausgebreiteten Armen entgegen und
zog ihn in das Wohnzimmer hinein,
wo die große Lampe hell auf dem Ti
sche brannte.
Die Jagd war gestört durch sie. das
wußte sie nun. Aber sie wollte Paul
freundlich zureden, daß er ihr solchen
Borwitz, der ihm sein Vergnügen
raubte, verzeihen möchte. Jeht sah die
junge Frau ihrem Manne voll in’s
Gesicht, und — — nur mühsam un
terdrückte sie einen Schrei des Schre
ckens und Entsetzens — so ernst und
finster waren die Züge, in denen sie zu
lesen versuchte.
Was war geschehen? Grollte er ihr
wirklich so sehr? Kaum hielt sie die
Thränen zurück.
»Oh, mein lieber, einziger Paul,
zürne mir nicht, wenn ich Unrecht ge
handelt habe!«
Er begriff nicht, was das heißen
sollte.
Noch von dem voraufgegangenen
wilden Kampfe und Streit innerlich
erschüttert, sah er unwillig finster auf
»Was hast Du gethan?« fragte er
mit einer rauhen Stimme, die ihm
sonst nicht eigen war.
»Ich? Ach, ich habe Dir ja Deine
ganze Freude zerstört.«
»Ich verstehe Dich nicht,« fuhr er,
trübe blickend, fort.
Da sah sie mit einem Male den zer
H rissenen Aermel seines Rockes und fri
sches rothes Blut an der Leinewand,
das vom Kampfe herrührte.
»Was ist geschehen, mein geliebter
Mann?«
Das arme Weib bebte am ganzen
Leibe. .
»Ja, das war ein harterStrauß mit
den Wilderern. Wäre die Diana nicht
dazuaekommen, nie würde ich wieder
vor Dich getreten sein.«
»Du bist verwundet?« rief sie er
regt.
»Nein, Gott sei Dank, ich kam un
versehrt davon.«
Jetzt weinte Und lachte sie zugleich.
Ungestüm warf sie sich an seine Brust.
»Paul, lieber Herzens - Paul! —
Jch habe ja die Diana von der Kette
losgemacht — Die Jagd habe ich Dir
gestört, aber ich bin damit Dein Retter
geworden. —- Das macht mich so glück
lich!«
Der Obersörster stellte eilends die
Büchse an die Wand, schloß sein jun
ges Weib in seine Arme und drückte
einen innigen Kuß auf ihr lockiges
Haar.
»Heute und immer werde ich in Dei
ner Schuld bleiben.« flüsterte er.
—— Eine amiisante Gesell
sch a f t. »Ist die verwittwete Amts
richterin wirklich eine so vorzügliche
Gesellschafterin, wie man sich erzähli?«
—-—- O ink Die ifi in frbnn arm-i Mnl
wegen verleumderischer Beleidigung be
straft worden!«
—BeimHeirathsvermitt
ler. Dame: »Paßt der Herr auch be
treffs der Größe einigermaßen zu
mir?« — Heirathsvermittler: »Hm,
sonst wäre er ja eigentlich etwas zu
gros; für Sie ..... aber glücklisbcp
weise hat er einen Buckel!«
—- A n z ü g l i ch. Nachbar (mit
seiner Gattin Abends auf Besuch Lom
mend): »Wir sind so frei, uns wieder
einmal nach Jhrem werthen Besindm
zu ertundigen. Weshalb kommen Sie
denn nicht auch manchmal Abends Zu
ung?« —— »Na, wissen S’, ich hab’ mit
halt denkt, am Abend will doch a Je
des sein’ Nuh’ hab’n!«
—- Heiingezahlt. Mann Gr
gerlich): »Ich muß doch schrecklich
dumm gewesen sein, als ich Dich hei
rathete.« — Frau: »Das wollt' ich
meinen —- aber die Dummen haben
immer das arößte Glück!«
—- Ach so. »Sie seufzen ja und
sind doch erst vorige Woche glücklich in
den Hasen der Ehe eingelaufen.n
»Ja, — aber in einen Kriegshasen.«
—- Alle Achtung. Junge
Frau (zum Gatten): »Siehst Du,
Karl, die Würstchen habe ich ganz
allein gewärmt.«
— Seltenes Vergnügen.
Frau: »Diese Woche bin ich fast alle
Tage beimZahnarzt gewesen« Mann:
(gallig): »Du mußt natürlich jedes
Vergnügen auskosten!«
; -— Ein Mißtrauischet.
«...Sie wollen ihre Kinder nicht m
deln lassen? Und es ist doch so e
sund!« »Wenn’s gesund wäre, w r
den’s die Aetzte nicht empieblent«.
-«-·