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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 11, 1897)
Zonntags-Wlatt. Beilage des ,,Anzeiger und Herold» zu No. 40, Jahrgang 17. f I. P. Windolph, Herausgehen GratZd Island, Nebr» den 12. Juni 1397. Zremdei Leid. Von Dermine Jilllnger. « Sie war Wittwe; der Mann, der sit Zwanzig Jahre lang auf Händen ge -tragen, hatte sie allein zurückgelassen «— allein, nachdem sie einander Alles — ewesen. Jm Anfang ihrer Ehe hatte se sich wohl ein Kind gewünscht, aber schließlich sieh ganz gut hineingefunden, s- fiir den geliebten Mann Weib und .. Kind in einer Person zu sein. Nie fah rnan die beiden großgewachsenen fchlanten Menschen anders als lachend « :und plaudernd, denn wo sie gingen und , anben, sie entdeckten immer etwas-· ber das sie sich gottvoll amiisirten. Vielleicht hatte sich diese Eigenschaft· « . iefer Sinn für’s Komifche bei ihnen '-mit der Zeit etwas zu stark entwickelt; f in ihrem Uebermuth, ihrem gegenseiti « en Genügen, brauchten sie die Men chen nur zu ihrer Unterhaltung, nah men an Riemandem ein wärmeres Jn teresse und waren nie froher, als wenn sie allein beisammen saßen. Da ge schah’s, daß der Major, der ein leiden schaftlicher Reiter und Pferdezüchter war, eines Tages von einem Hengst« den er zuritt und der anderer Mei nung war als er, abgeworfen wurde ; der Reiter blieb todt auf dem Platze .liegen. Die Wittwe begab sich gleich nach dem Begräbniß an einen stillen, wenig besuchtenOrt im bayerischen Hochge birge, wo sie sich ein Bauernhaus mie thete und im Uebrigen ihre Diener schait warten netz, die das rieme Haus chen binnen Kurzem mit all dem Be hagen und Luxus ausstattete, dessen die Dame bedurfte. Sie saß in dum pfer Verzweiflung hinter ihren verhüll ten Fenstern, unfähig ihr Schicksal zu begreifen, sich in dasselbe zu finden. Früher, wenn sie zufällig von Unglück gehört hatte von Trennung und Tod« ses war, als ginge sie das Alles nichts an, als seien das Dinge ganz außer halb ihres Schicksals. Und nun hatte das Unglück auch bei ihr angellopft und ihr das größte, das jammervollste Leid angethan, das sie aus Erden hatte treffen können. Aber nicht eine Thriine lam ihrer Qual zu Hilfe; sie war wie erstarrt bis ins Jnnerste ihrer Seele. »Für mich ist Alles todt«, murmelte sie fröftelnd in sich hinein, »mit ihm ist Alles todt, ich weiß nicht, was ich noch auf Erden soll.« Eines Morgens —- dieJungfer hatte wie immer die Beileidsbriefe auf den «Ftiihfttirtstisch gelegt — blieb der Blick der Majorin mit einem Mal an einem der Briefe hängen; er war so ganz an ders als all die übrigen, deren Jnhali sie im Voraus kannte, denn von all diesen Menschen, die ihr pflichtschul 'digft schrieben, stand ihr Niemand nah, und es waren meistens nur Redens arten. die man ihr in die Einsamkeit nachsandte. Der Brief« den sie in die Hand nahm, und langsam mit dem Falzbein öffnete, machte mit seinen großen, undeholfenen Buchstaben und der fehlerhaften Adresse ganz den Ein druck eines Kinderbriefes, denn auch «"d’ie Klexe fehlten nicht. Sein Jnhalt Taume .Gniidige Frau, »Mit großem Schmerze habe ich «vernommen, daß ihr Herr Gemahl, der so gar oft an Sie geschrieben, leider mit dem Tod eingegangen ist. Mein gerz ist fast gebrochen zu denken, daß ie einen Schmerz haben, wie es im mer schon gebrochen ist, wenn Sie nicht zoer nügt waren. Und von der Familie l ich, alle haben sie geweint mit ketnander. Jhr getreuer . Franz Faden Dorfschmied.« Der Franzlt sie hat ihn ganz der sgessent Das war ja nicht weit von ihrem jetzigen Aufenthalt, das kleine, Thochgelegene Dorf, in dem sie als blut junge überzarte Frau Kräftigung ge sucht hatte, während ihr Mann im « növer war. Wie ihr das plötzlich -.allet wieder kam, diese völlig verges sene Zeit vor ihr aufstund! Zwanzig Jahre waren's her; der Major hatte damals selbst im Hochgebirge den ge --eignetsten Platz, die beste Luft fiir seine junge Gemahlin ausgesucht Und Idann brachte er sie in das tleine Dorf »ian der Höhe, mit seinem schattigen .Liirchenwald, den würzigen Wiesen in ·«tnitten der schneegetrönten Berghäup ster. Er hatte ein Haus gemiethet, das ’der Dorfschmied, der vornehmsteBauer Des Ortes, stir seinen Sohn, den '—Franzl, gebaut· Ein Haus mit gro ßen niedrigen Stuben, in denen’s «wunderb«ar nach frischem holz roch, »und um die sich eine Gallerie zog, vom weit vor pringenden Dach gegen Son «ne tmd egen geschützt hier hatte sie tagelang gesessen, die junge Frau, mit ihren Büchern oder einer handarbeit ; oft auch, ließ sie die Augen hinüber schwetsen, zur Dorsschmiede, wo der satte Schmied danttrte, eine gar möch ti e Gestalt; der Sohn, der schon ein III e war vie der Vater und »t gisanzig Jahre zählte, hals bei der Ar e t. Jm Ansan wollte die junge Frau sast verkweife n iiber den Liirrn in der schwörz ichen Schmiede mit dem fla ckernden Feuer. Mit der Zeit aber ge wöhnte sie sich daran, ja, sie ging förm lich aus sich heraus, indem sie zum er sten Mal einiges Interesse an dem Thun und Treiben Anderer nahm; das Leben der Dorsschmiedleuie war ja auch ihre einzige Unterhaltung, und sie schrieb lange Briese an ihren Gatten, wie erstaunlich stolz diese Bauern seien, wie kindlich und weltsremd ihr Reden und Denken; sie müsse immer an sich halten, um nicht hell aufzuta chen über ihre Fragen, denn vom Stadtleben hatten sie nichtxden leise sten Begriff; daß man in gepflasterien Straßen wohne und nicht.zwischen Aeckern und Wiesen, sei ihnen ganz er staunlich, und daß die reichen Leute in der Stadt nicht einmal einen Stall voll Vieh hätten, erregte ihr tiefstes Mitleid. »Wärst Du hier«, schrieb sie an den Gatten, »wir müßten den ganzen Tag lachen, ja wir kämen gar nicht aus dem Lachen heraus-. Allein, freilich, kommt mich manchmal, so lustig es um mich her zugeht, ein schreckliches Heimweh nach Dir an, daß ich mich todtweinen möchte· Aber solltest Du glauben, es ist mir hier nicht erlaubt, mit rothen Augen hesimzugehem gleich ist der Franzl da und schaut mich gar ängstlich an mit der Frage: Was fehlt denn der Gnädigen? und läßt den Kopf hängen, bis ich wieder lache. Dann ist er ganz außer sich vor Freu fi- nnh III-»F hsn Spinn- biniikss haft man s die ganze Gasse entlang hört: sist wieder vergnügt! Und so macht er’s des Morgens, wenn er von der Jungfer erfahren hat, daß ich wohl ge ruht habe. G’schlafen hat’s! schreit er schon auf meiner Treppe. Er läßt es sich nicht nehmen, für gangbare Wege zu sorgen, damit ich ohne Mühe das Wäldchen erreichen und mich darin er gehen tann.« Und die junge Frau verlangte Bü cher für ihren getreuen Ritter, der nie etwas Anderes gelesen als was in sei nen Schulbiichern stand. Sie beschrieb das Glück der Leute, wenn der Franzl des Abends vor dem Hause ihnen et was vorlese, was das für Feiertags sreuden seien, und wie es sie amüsire, alle diese Gesichter während des Lesens zu beobachten. Und dann jener Sonntag Nachmit tag, wie die Dorfschmiedleute bei ihr in der Stube saßen, um sie singen und spielen zu hören. Ernsthaft, beinahe furchtsam sahen sie nach dem Klavier hin, das sich die junge Frau aus der Stadt hatte kommen lassen, und dem sie nun zu aller Erstaunen die wunder barsten Töne entlocktr. ·Der stattliche Schmied im Sonn tagsgewand rückte vor Respekt bis an die äußerfte Kante seines Stuhles, in dem er mit einer beinah bedenklichen Miene den Kopf über den wunderbaren Klimpertasten schüttelte, dessen Con struttion über sein Begriffsvermögen ging. Seine Ehehälsie nahm die Sache von der heitern Seite, brach alle paarTaite in ein unbändiges Gelächter aus und schaukelte dabei ihr jüngstes Mädel auf den Knieem das sich dermaßen ge nirte, daß es der Mutter Brusttuch mit feinen Thränen viillig durchnäszte. Bier größere Mädchen standen unschie rig an den Wänden herum, und der blöde Franzl lungerte untrr der Thür s-!.-.·- Ol UUU IUUII ull ch Its-aus sIUIcV IJIIJJ hutes. Dann, nachdem die Majorin noch ein paar Lieder gesungen, hielt sich die Bäuerin nicht länger und sprang mit den Worten von ihrem Stuhl: · ,,A so eine, a das wär a Frau für unsern Franzl!« ,,Jefses, so a Glück!« murmelte der Bursche hinter seinem Hut hervor. Die Majorin wandte sich nach ihm um: »Das wäre lein Glück sür Sie, FranzL Sie müssen eine tüchtigeHaus frau haben.« Er schüttelte heftig den Kopf »J mag gar kein Kuchlmenschz wann i so a Frau hätt’ und i hät» in der Kuchl g ’,seh ich sagt' ihr gleich: marsch aus der sucht-« Die Maiorin bewegt von all diesen Erinnerungen an eine glückliche Zeit, säumte nicht, die herzlichen Worte des Franzl mit ein paar freundlichen Zei len zu beantworten und ihm zu danken, dasz er und die Seinen sich ihrer noch erinnert hatten. Jn der That, ei feste sie in Erstau nen; was hatte sie denn diefen Men sehen besonderes erwiesen? ein wenig mehr Freundlichkeit, als ei sonst in ihrer Art lag, und dafür diese Treue, diefe Anhänglichkeit. Einige Besuche kamen, ein Bekann ier ihres Mannes, eine entfernte Ver wandte von ihr; das sollte nun ein Trbft sein, diese kühlen Beileidsvm sicherungen. dieser hinweis auf die Zeit, dte aue Wunden heite! Sie hatte recht gut verstanden, als die Cousine ihr zum Abschied, unter der Thür, noch schnell die Worte sagte: »Du warst die Glücklichste von uns Allen, aber es ist immer eine bedenk liche Sache, Alles aus zwei Augen zu setzen.« Man hatte ihr und dem Gat ten die Zurückgezogenheit, m der sie gelebt, ihr Selbstgenügs«, und daß sie sich so rücksichtslos über ihre gesell schaftlichen Pflichten hinwegseytem stets zum Vorwurf gemacht. Aber sie wollte es ihnen zeigen, den Menschen, daß sie sie auch fernerhin nicht brauch te, daß es für sie überhaupt nichts mehr gab aus der Welt als die Vergan genheit. —- Die Dienerschast bekam strenge Weisung, Niemand mehr, wer es auch sei, bei ihr vorzulassen. Da hörte sie eines Tages ein lautes Reden aus der Treppe, ein Durcheinander von Stimmen, die immer dringender wur den und das stille Trauerhaus mit unschönen Lärm erfüllten. Ganz roth vor Erregung stürzte die Jungfer her ein und berichtete von einer Bäuerin, die nicht zu bewegen sei, das Haus zu verlassen, sondern daraus bestehe, die quädiae Frau zu lvrechen. Bevor diese oen Mund aufgewan, stand die Per son, von der die Rede war, auch schon auf der Schwelle, tnixte bis auf die Erde und fragte: »Die gnädige Frau werden mich nit kennen?« ,,Nein«, sagte die Majorin. ,,’s wär auch unmöglich, denn wir haben uns nie gesehen; ich bin damals schon aus dein Haus gewesen und ver heirath’; ich bin die ältest’ Schwester vom Franzl Faber, und der hat gesagt, jetzt um jeden Preis will er herkom men; drunten steht er." Die große corpulente Frau mit dem rothglänzenden Gesicht und den laut krachenden Schuhen war ebenso schnell draußen, wie sie hereingelommen war, und die Majorin, die nicht den Muth hatte, den Franzl abweisen zu lassen, beauftragte die Jungfer, schnell sür ei nen Nachmittagsimbiß zu sorgen, da mit sich die Leute nicht lange aufhiel ten. Draußen, die schmale Holztreppe schien Lust zu haben, aus ihren Fugen zu gehen unter den wuchtigen Schrit ten, die sich langsam heraufbewegten. Dann trat der Franzl über die Schwelle, an der Hand der Schwester, noch gleich schüchtern und blöd wie da mals, aber das einst so glänzende schwarze Haar des Burschen war an den Spitzen ergraut, und das leuch tende Noth seiner Gesichtsfarbe hatte sich in ein dunkles Braun verwandelt· Er hob zögernd den Blick zu der blas sen Frau im Trauergewande, riß sich im nächsten Augenblick von der Schwe ster los und ging auf die Majorin zu. deren Rechte er mit seinen beiden Hän den umfaszte und wortlos drückte ; dabei standen ihm die Augen voll Thriinen. Die Dame bat ihre Gäste Platz zu nehmen, aber der Franzl blieb stehen« wo er stand, und die Schwester, die sich vor Verlegenheit nicht zu fassen wußte, wischte sich immerfort mit ihrem gro ben, eng zusammengerollten Taschen tuch den Mund. Die Majorin erkun digte sich nach den Eltern des Paares, nach den Schwestern, die damals halb wüchsig waren, als sie der Schmiede ge genüber wohnte. »Die Eltern liegen auf dem Fried hof«, berichtete die Frau, »und die Mädeln sind alle verheirathet — nur er, der Franzl« —- Sie sah ihn an, un terdrückte schnell, was sie hatte sagen Pollen, und suhr eifrig zu sprechen ort: »Die Gnadige mocht sich nimmer auserkennen bei uns. Jch und der Mann sind in’s Dorf gezogen und ha ven ein schönes Wirthshaus gebaut, oben am Wald, denn es kommen jetzt viele Freunde wegen der schönen Lust, die sie entdeckt haben, und wir sind seit dem recht gebildete Leui’ worden her oben.'· Es ioar siir die Majorin eine Erlö sung, als dieJungser kam und die Thür in’s Speisezimmer öffnete. ,,A schau daher«, schrie die Bäuerin und schlug beim Anblick des schönge deckten Kasseetisches die Hände zusam men, »das wird doch nit alles wegen uns sein, so was könnt« ich ja der Gnädigen gar nicht zurückgeben!« Diese hatte viel zu reden, bis die beiden sich endlich entschlossen, rechts und links vom Tische Platz zu nehmen; sie selbst setzte sich oben hin und bat ihre Gäste, sich zu bedienen. Aber erst nachdem die Bäuerin min destens ein Dutzendmal versichert hatte, sie nähme nichts und brauche nichts und danke für alles, schien sie dem An stand genug gethan zu haben und ließ sich die Tasse vollschenken· Hieran nahm sie mit der Sicherheit einer Per son, die weiß, was der Brauch ist, gleich vier Brödchen aus einmal, brach sie mit Behendigkeit in lauter kleine Stückchen und hauste sie zu veinem schönen Vers neben ihrer Tasse auf; sodann war sie die kleinen Stückchen mit außerordentlicher Gewandtheitin ihrer Kaffeetasse, trank schnell vom Rande ab, so oft dieser überlaufen wollte, und rührte sich mit dem Löffel einen dicken festen Brei zusammen, den sie mit einem Behagen, einem Genuß aß, daß es um die früher so lachbe reiten Lippen der trauernden Frau un willkürlich wieder zucken begann. Sie nöthigt-e die Bäuerin zu einer zweiten Taffe, sie gab sich alle Mühe ein Ge spräch in Gang zu bringen, allein spre chen während des Essens war nicht der Brauch bei diesen Leuten. Endlich aber legte die Bäuerin ihren Löffel quer über die Tasse, schob diese in die Mitte des Tische-Z wischte sich mit dem zusammengerollten Ta fchentuch fein sorgsam’ den Mund und fing an zu erzählen — von Mann und Kindern, ihren Freuden und Leiden, und wie viel sie zu thun habe. »Aber trotzdem, allein hätt’ ich den Bruder nit um die Welt hergehen las sen, denn wissen’s, gnädig’ Frau, der Franzl steht halt den ganzen Tag in seiner Schmied und kommt nit mit die Fremden zufammen, da fehlt’s ihm halt an der Lebensart, und doch möcht« ich nit, daß er darum ver iannt werden möcht’, und so bin ich mit, damit ichs gleich gut machen kann, wenn er was sagt, was sich nit gehört.« Der Bruder erhob den Blick, es war offenbar, er rang mit seiner Verlegen heii und wollte sprechen, allein die Schwester sah ihn mit ein paar fo angsterfiillten Augen an, sie wischte und wischte mit solcher Aufregung in ihrem Gesicht herum, daß er sein Vor yaocll Illcl ccllclu Ocusdcl UUIZUU UUU wieder vor sich hinblickte. Was mochte er nur haben? Die Majorin hatte Mitleid mit seiner Ber kegenheit; sie sagte ihm, daß sie immer noch mit Freude an die kleine Schmie de mit dem flackernden Feuer zurück denke, sie schenkte ihm selbst Wein ein und forderte ihn auf, mit der Schwe ster auf das Wohl ihrer Nachkommen schaft zu trinken. Die Freundlichkeit der Dame machte den Franzl zusehen-s zuversichtlicher, ja, er warf, nachdem er sein Glas aus getrunken hatte und die Majorin eben bei sich selber dachte: nun werden sie doch gehen —, geradezu triumphirende Blicke nach seiner Schwester hin, die dadurch immer unruhiger und aufge regter wurde und so laut zu schnaufen anfing, daß die Majorin sie mit ei niger Besorgnisz fragte, ob ihr ei was fehle. Aber bevor sie eine Ant wort erhalten, schlug der Franzl auf den Tisch. ,,’s muß außer!« Und obwohl die Schwester vor Ent setzen aufschrie und dem Bruder die gefalieten Hände entgegenhiclt: »Franzl, ich bitt’ Dich, Franzl —« Er erklärte von Neuem: ,,’s muß außer! Wissen’s, gnädig’ Frau, we gen Jhnen hab ich nit geheirath’; ich hab’ einen Schatz gehabt damals, wie Sie vor zwanzig Jahren kommen sind und so zart waren, so blaß und so schlank —- da sind Sie mir halt im Vergleich zu meiner Dirn wie’s Mond licht vorkommen, und ich hab’ meinen Schat; nimmer mögen. ’s war frei lich schad’ um’s Mädel und’s hat mich erbarmt, aber hätt’s ichs anlügen sollen und sagen, das; inir’3 gefällt, wo mir’5 völlig zuwider geworden ist2« »Jesses, FranzL so hör doch auf ——« Die Schwester stand schon eine gCllzc Bellt llcUcll Will ultu uU irsu um Aermel und gab sich die erdenklichstc Mühe, ihn am Weiterreden zu verhin vern. Er erhob sich, packte die Frau mit seiner kräftigen Rechten beim Arm und führte sie aus ihren Platz zurück. Er schien durchaus gesonnen, endlich ein mal von der Seele herunter zu reden, was da jahrelang aufgespeichert gele gen hatte. Seine breite Brust arbeitete heftig, seine Stimme klang heiser, aber er sprach gehalten, beinahe trocken, als schäme er sich, irgend ein Gefühl zu zeigen. »Sie haben uns damals Bücher ge geben -—— mit schönen Versen, und ich hab Tag und Nacht drin gelesen, denn die andern Leut’, die gebildeten, die thun ja auch nix anders als lesen, daß sie gescheidt werden, und da hab’ ich denkt, einmal werd’ ich gewiß auch ge scheidt. Oft bin ich wohl desperat wor den, und hab geglaubt, 's nützt nixj aber ich hab’ immer wieder angefangen und keine Nachtruh’ mir gegönnt. Und einmal wie ich hinauf zu Jhnen gehen will, mit einem Briefe, da haben’s ge sungen —- eine Musik geht mir über alles, ich bleib stehen und hör zu -— und was muß ich hören — Jesses, Jes ses, was haben’s gesungen! was ha ben’s gesungen! Mein Liebster ist im Dorf der Schmied, Und ich bin sein Braut — Mir ist fast ’s Herz brochen.« Ein Schluchzen erstickte die Stimme des Mannes. ,,Mei Gott, mei Gott, hör’ auf, Franzl, ger nit weiter.« Die Schwe ster stand schon wieder neben ihm und hielt trampfhaft seinen Arm umfaßt. »Schau, ’s gehört sich nit und’s schickt sich nit, Du bist ja nur ein einfälti ger Bauer, wir sind ja nur geringe Leut’.« Der Bruder hörte nicht auf sie, schwer athmend hielt er sich den Kon mit beiden Händen: »Herum gangen bin ich wie ein Geist —— mir das —- mir hat’s das gesungen —- ich bin’s ja, ich bin der Schmied, aber wie soll’s denn meine Braut sein, wenn’s einen andern hat!« Die Majorin war ganz bleich ge worden: »Was denken Sie, Franzl, das war ja aber ——— das ——« Nun stand die Bäuerin vor ihr, ganz nah, daß es- der blassen Frau fast den Athem nahm: »Ich bitt, ich bitt, gnä dig’ Frau, hören’s nit, was er sagt, schauen’s, so hat die Mutter selig immer die Händ’ zusammengefchla nen: »Jesse5, Jesses, daß der Franzl nit heirath’, daß der Franzl nit hei rath’!« Er sah auf: ,,’s hat mir halt kein Dirndl mehr gefallen; ich bin ja wohl der Mutter zu lieb drauf ausgangen, eins zu nehmen; aber so ein Jahr um’s andere ist herumgangen, und ich bin halt ledig geblieben. Jm Frühjahr bab’ ich’s in der Zeitung gelesen vom Tod vom Herrn Gemahl und’5 hat mich recht geschmerzt; wie aber dann letzthin das Briefl kommen ist, und Sie haben so freundlich und gut ge schrieben, da hab’ ich mich nimmer hal ten lassen. Sehen muß ich’s wenig stens, hab’ ich zur Schwester gesagt.« Diese rannte von der Seite des Bruders wieder an die der Dame: ,,Scha«uen’s, gnädig’ Frau, ich hab’ immer zum Franzl gesagt: sperr Dich nit ab von die Fremden, sonst lernst den Abstand nit kennen zwischen ihnen und uns; es ist ja so eine andere Mode: sie essen anders, sie tragen sich anders-, gehen spät in’s Bett und schlafen in den Tag hinein, vom Ausschauen will ich schon gar nit reden. — Mei Gott, anädia’ Frau, ich weiß nit, wir sin« doch alle so gescheidt, wo gerad der Franzl den schweren Begriff her hat; ich bitt’, seiens nit bös aus ihn, ha ben’B ein Erbarmen mit dem einfälti gen Menschen, gnädig Frau.« »Ja, freilich«, sagte er, ohne der Majorin Zeit zu einem Wort zu las sen, »ich seh’s jetzt freilich ein, daß ich nur ein Bauer bin, nix als ein Bauer, Und Sie sind eine Dame; da wird’s wohl so sein, daß Sie einen wie mich verachten.« « ,.Sagen Sie das nicht, Franzl.« Die Majorin streckte dem zitternden Mann, der sie ansah, als erwarte er aus ihrem Munde sein TodesnrtheiL die Hand hin. »Wie sollte ich einen so guten, einen so treuen Menschen ver achten!« « »So hätt’ ich eine Hoffnung?« fragte er, während ihm alles Blut in die Stirn schoß, »so wären’s nit zu stolz, weil ich ein Bauer bin?« Er war so rührend in seiner Ein falt, das-, das Herz der blassen Frau vom tiefsten Erbarmen überfloß. Aber die Bäuerin sing schon wieder an, auf sie los zu schwatzen, iwinem Athein den Bruder tadelnd und ent schuldigend; sie bemerkte in ihrer Auf regung ga; nicht, daß sie niit ihrem Redesluß den Franzl förmlich auf die Folter spannte, denn die Majorin hatte den Mund zu einer Antwort ge öffnet, und von dieser Antwort hing ja sein Lebensglück ab. Aber die Schwester schien es fiir ihre Aufgabe zu halten, keinen Menschen zu Wort kommen zu lassen, und vor Aufregung und Eifer wurde ihre Stimme wie eine Trompete. Da sprang der Franzl mit einem Mal auf, beugte sich iiber den Tisch und legte die Hand mit festem Griff um den breiten Hals der Schwester. Sie verschluckte sich,« wurde blauroth und rang nach Athem. »Mein Gott!« stammelte die Majo rin and fuhr im nächsten Augenblick mit ihrem Tascheniuch nach dem Mund, während eine dunkle Röthe ihr in’s Gesicht stieg; ganz verzweifelt sah sie von den Beiden weg, deren Anblick eine unbeschreibliche, kaum zu bewäl tigende Lachlust in ihr erweckte. War das denkbar, war das möglich, so kurz nach dem Tode ihres Mannes, eine solche Anwandlung, sie, die in ihrem Leben nicht mehr lachen zu können glaubte? Und der Franzl wie sah er sie an. »Ich wart’ auf eineAntwort«, sprach er in bittendem Ton. Sie faßte sich schnell: ,,Lieber . Franzh wer seinen Mann sso lieb ge- - habt, wie ich den meinen, der kann nicht wieder an’s Heiratben denken.« H Er wurde tief blaß und gab die Schwester frei. Die Hand, mit der er sich über die Stirne fuhr, zitterte hef tig, und er athmete schwer, vergeblich die Lippen bewegend, aus denen kein Wort hervorkam. »Mei Gott, Franzl«, jammerte die Schwester auf, Jetzt verfchlagt’s ihm gar die Red’!« Er schüttelte den Kopf: »Hab’ ich Dir nit gesagt, s’veracht’ mich nit, weil ich nur ein Bauer bin —- hast’s jetzt gesehen — s’nimmt auch keinen andern nit —- und das ift schon ein Glück — ja, ja, das ist ein Glück.« » Und der große breitschultrigeMensch zog sein rothgebliimtes Tafchentuch aus der Tasche und weinte wie ein Kind; die Bäuerin aber nahm, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, an der Seite ihresBruders Platz und schluchzs te aus Leibe-straften in ihre ·beiden Hände hinein. Sie, um derentwillen diese Thränen flossen, wußte nicht, wie ihr geschah, sie athmete ein paar Mal auf, sucht-. nach einem Wort des Trostes, fand die Sprache nicht und plötzlich —- ja. sie weinte, weinte die ersten Irlöfendeii Thränen seit dem Tode ihres Mannes — und seltsam, sie flossen nicht um ihn, fremdes Leid hatte dies erstarrte Herz mit neuem Leben erfüllt, und durch die Seele der weinenden Frau zog’s wie eine trostreiche Ahnung: es ift nicht alles todt — die Welt um dich her lebt und kann dir noch Freuden und Schmerzen geben, wenn du nur . ,·«t·t Iurujk Duell;uth. Die meisten Duelle inEuropa wer den von deutschen Studenten ausge tragen. Um die zweifelhafte Ehre, der günstigste Boden für das Duellunwe sen zu sein, wetteifern die deutschen Universitätsstädte Göttingen und Jena. Jn Göttingen vergeht kein Tag, an dem Cartellträger nicht ihres miß lichen Amtes walteten. Jm Jahre 1888 sind einmal binnen 24 Stunden in Göttingen 12 Duelle mit ernstem Ausgang ausgefochten worden, wäh rend in Jena ein Jahr vorher einmal binnen 24 Stunden 21 Duelle regi strirt wurden, die ausschließlich zwi schen Studenten stattfanden. Jn Frankreich, das in zweiter Linie kommt und wo die Duellanten eine auffallende Geschicklichkeit darin ent wickeln, sich gegenseitig —- nicht zu verletzen. nimmt man es mit demDuell glücklicherweise nicht sehr ernst, sonst müßte die Zahl der ernsten Unsälle das Zehnfache der thatsächlich vorkommen den Verletzungen erreichen, da man in Frankreich bekanntlich wegen jeder Kleinigkeit duellirt. Die ungezählten harmlosen Zusammenstöße, die ganz unschuldigerweise Duelle genannt wer den, ungerechnet, kommen in Frank reich jährlich ungefähr 1000 ernste Duelle vor. Die Mehrzahl findet zwi schen Officieren statt. Jtalien hat im Laufe von 10 Jahren nur 2759 Duelle zu verzeichnen gehabt, welche 50 Men schen das Leben kosteten. Von diesen 759 Duellen wurden 2489 mit Sä beln, 179 mit Pistolen, 88 mit Rap pieren und ein Duell mit Revolvern ausgetragen. Jn 974 Fällen war das Motiv in Beleidigungen durch Zeitun gen und in literarischen Streitigkeiten zu suchen. Durch mündliche Streite reien fühlten sich 730 so beleidigt, daß sie »die Schmach nur mit Blut abwa schen konnten«. 559 wurden durch politische Meinungsverschiedenheiten entzweit, und in 278 Fällen war vor bedachte Jnsultirung der Grund des Duell-T 188 Fälle wurden wegen in timer Auseinandersetmngen, und 29 durch religiöseDiscussionen verursacht. Spiekverluste hatten 19 Duelle zur Folge, während 187 in ihrer Ursache unaufaeklärt blieben· ——-« M e n o m m a g? ,,Haben Sie Glück bei den Damen?« »Ich sage Ihnen, so wie ich iInRegen einer Dame mit meinem Schirm nahe, wirft sie ihren weg!« —DerFrauena1-zt. »...Mich fröstelt’s immer so, und mein Mann lacht dazu!« Arzt: »Ach, Sie haben aewisz die modernen Pelztragen ge schen!?« —- Guter Rath. Mann (är gerlich): »Ich möchte aus der Haut sahren.« Frau: ,,Laß das nur so kurz vor dem Mittagessen nachher kannst Du nicht wieder hinein!« —Unerhört. DteFrau Rech nungsrath (aus dem Balle, zur Frau Stadtrath, giftig): »Wie diese Person, die Frau Architekt dort, Einen täu schen kann! Denken Sie nur« der ihr wundervolles Haar und ihr herrliches Zahngebiß sind beide —- echt!« —Gutmüthig., Richter-»F dies der Mann, den Sie am 5. Augu Morgens 9 Uhr mit 4000 Mark ue Bank schickten?« Kaufmann: « a! (mit leisem Vorwurf zu dem Ange klagten) Sind Sie aber lange ausge blieben, Müllers«