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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 11, 1897)
Yie Hühne. Erzåhiunq von Felix Lillir I. Dicker Rebe» den der slackernde Schein der Straßenlaternen iaum ein wenig zu durchdrin en vermochte, lagerte schwer über Zondon in einer Oltobernaeht des Jahres 1821. Der biebere Nachtwächter in der halbem straße konnte nicht sehen, was in seiner Nähe vorging, aber er hörte plötzlich etwas Verdachtiges, ein llirrendes Ge räusch wie von einem zugeschlagenen Fenster, dann ein Gewimmer. «.Vallo!« brummte er, »was ist denn da los'i« Jm selben Augenblick tam es ihm so vor, als husche im Nebel eine duntle Gestalt an ihm vorüber. »Halt!" schrie er. »He — Jhr da!« «Geht zum Teufel, Dummtopf!" rief eine grobe Stimme. Und in der nächsten Secunde war die Gestalt ver schwanden. Der Nachtwächter machte nun Lärm mittels seiner Schnarre, und einer sei ner Collegen kam dazu, dann auch ein Polizist. Er theilte den beiden seine Beobach tungen mit. Danach hielten sie mit tels einer Blendlaterne sorgsame Um schau, und endlich entdeckten sie nahe bei im hohen Erbgeschoß eines schma len Hauses ein etwas geöffnetes Fen ster, in welchem zwei Scheiben zer . trümmert waren. »Da muß es sein,« sagte der Polizist. »Wer wohnt in diesem ihr-usw« Eine Frau Hatrig ist die Besitzerin,« versetzte der Nachtwächter des Bezirks. .Sie ist Witttve.« »Sie wohnt unten?« »Nein, oben.« »Und wer wohnt unten?« »Das weiß ich nicht« «: Der Polizist klopfte start an die Tbiir des Hauses. Jm oberen Stock wurde hastig ein Fenster geöffnet. »Was giebt’s?« rief eine treischende Frauenstimme. »Wer klopft so fürch terlich? Jst Feuer in der Nachbar schnitt« »Nein, Madame. Es scheint aber, daß ein Einbrecher in diesem Hause tbätig gewesen ist. Das eine Fenster ist zertrümmert, und eben ist vom Wächter im Nebel eine verdächtige Per son bemerkt worden, die leider nicht angehalten werden lonnte." »Ein-echter Himmel! Dann muß es unten bei. meinem Miether gewesen sein. Jch komme sogleich!« Nach einer kleinen Weile wurde die Haustbür aufgeschlossen, die innere Sicherheitssperrlette ausgebalt und daraus die Thiir geöffnet, auf deren Schwelle die Wittwe Harris, eine ält liche Dame, in hastig übergeworfener Kleidung erschien. Der Polizist und die beiden Nacht wächter traten in’S haus. »Wer ist Jbr Miether, Madame?« fragte der erstere. »Ein herr Franeis Tyron,« ant wo ««te die Wittwe. »Er ist Rentier, frii .r war er Kaufmann. »Ist er verbeiratheti« »Nein, er ist Wittwer.« »Mit er Kinder?« »Nur einen Sohn, der jeht in der Kaufmannslehre ist.'« »Sind Dienstboten in seiner Woh nung?« »Nein, er lebt ganz allein für sich. Jeden Morgen kommt eine Aufwarte frau zu ihm, die ich ihm empfohlen dabe. Zum Mitta essen geht er in’s Speiiehaus von Ni ols.«« Der Polizist klopfte an zwei der schlossene Thüren. Vergebens! Nie mand kam, um zu öffnen. Aber lei ses Gewimmer wurde vernehmbar. »h«ort!" rief der Polizist. »Er lebt noch, aber er scheint verwundet zu sein«. cue rour nory. Die Lyur much schneu ausgesprengt werden. Besitzen Sie ein Stemmeisen unt einen Hammeri« »Einen Hammer habe ich und auch einen scharstantigen Eisenleil, der in der Küche zum Holzzerlleinern benutzt wird,« versetzte die Wittwe. »Bitte« holen Sie beides schnell!" Das that die Frau. Mit ihr kam ihre Magd die Treppe herunter, eine verschlasen aussehende Person. Diese sagte aus, es scheine ihr fast so, als rniisse sie kurz zuvor ein Geschrei um hilfe vernommen haben; es sei aber möglich, daß sie das nur geträumt habe. Mit Hilfe des Eisenteilg sprengte der Polizist die Thür aus. Die drei Männer mit der Blendlaterne und die bebende Hauswirthin sowie deren Magd, die ein Licht hielt, traten in die Wohnung des Rentiers ein. Dort sahen sie folgendes-. Ein eiserner, in der Ecke stehender Geldschrant tvar erbrochen und theil weise seines Inhalts beraubt worden. Zweisellos war der Einbrecher durch das Fenster eingestiegen, dessen inne ren. nur schlecht oertvahrten hölzernen Laden er hatte zurückschieben können. Dicht bei dem Schranke lag aus e streett aus dem uszboden der Rost er Thron mit blut bersirönitem Kapse. Ein bluti es Brecheisen, tve ches nahebei lag, eint-L daß dies Instru rnent zuerst zum Ausbrechen des Geld soindes gebraucht, dann als Mord tvafse benust worden sei. Aber das Opfer toar nicht todt — tote der Ruchlose wahrscheinlich e glaubt hatte, all er sich nach gesche e uer That dadonrnachtr. Nein, Fran eis anon lebte noch, athmete und sti- te leise. i- mitleidige rau hart-is bemühte M zunächst um i n, so gut wie sie das vermochte « Der Polizist schicktedie beidenNacht wächter sort. Der eine sollte rasch den in der Nachbarschaft wohnenden Wundarzt Evans holen, der andere den Commissar von der nächsten Poli gelistatiom welcher dort den Nachtdienst tte. Doctor Evang lam nach einer klei nen Viertelstunde. Er untersuchte sorgsam die Wunde und sprach sich da hin aus, daß er dieselbe nicht für lebensgesährlich halte, weil die Schä deldecke zum Glück nicht zertrümmert worden sei. Einen zweckmäßigen Ver band legte er an. Das dazu Erfor derliche hatte er vorsorglich mitge bracht. Es dauerte aber noch bis zum Grauen des Tages bis Franciö Thron sich so weit erholte, daß er verneh mungsfähig wurde. Endlich war er einigermaßen dazu im Stande. Er fing an, verständliche Worte und Sätze zu murmeln. Der inzwischen angelangte Commis sar fragte: ,,Sir, haben Sie den Thä ter deutlich gesehen? Können Sie uns eine Personalbeschreibung des Einbu chers geben?« »Sie müssen lauter sprechen, Herr Commissar,« sagte Frau Harris, die noch immer zugegen war. »Herr Thron ist nämlich sehr schwerhörig.« ,,Aha!« murmelte der Beamte. »Bielleicht hat der Thäter diesen Um stand gekannt, da er es wagte, einen solchen geräuschvollen Einbruch hier zu veriiben.« Dann wiederholte er sehr laut seine Frage. - « Tyron nickte und sprach darauf mit ' schwächer Stimme: »Ja, ich renne ihn. Es ist ein gewisser Thomas Curtis, der früher bei mir Hausknecht war, als ich noch mein Geschäft in der Farrington ftraße hatte. Wo er jetzt wohnt, weiß ich nicht. Trotz meiner Schwethörig teit wurde ich in der Nacht aus dem Schlafe geschreclt durch verdächtiges Geräusch; ich sprang aus dem Bette, fah Curtis bei meinem aufgesprengten Geldschrant und rief um Hilfe. Da wurde ich von ihm niedergeschlagen.« »Er muß Sie fiir todt gehalten ha ben,« sagte der Commissur. »Zu Jhrem Glück hat er sich getäuscht, und nun wird ihn die Strafe rasch ereilen. Jch denke, vor Ablauf von zwei Stun den werden wir ihn dingfest machen iönnen.« Es wurde dann festgestellt, daß aus dem eisernen Schrank eine Summe baaren Geldes in Gold, Silber und Banknoten zum Belaufe von etwa tau send Pfund Sterling geraubt worden seien, außerdem auch eine goldene Uhr, die auf dem Nachttische gelegen hatte. EinigeSchuldobligationen, Aktien und andere Werthpapiere hatte der Räuber nicht mitzunehmen gewagt, sondern sie nur durchgewühlt und dann beiseite geworfen. Unter solchen Umständen machte es in der That der Polizei nur geringe Mühe, den Verbrecher aufzuftöbem Thomas Curtis, ein vierundzwan zigsähriger Mensch, wohnte mit seiner noch jüngeren Frau Hanna, einer hüb schen, aber etwas frech aussehenden Person, in einer elenden Miethswoh nung in einem Gäßchen hinter der Paulskirche. Dort wurde er verhaf tei Zuerst leugnete er. Doch man sagte ihm, daß Francis Thron lebe und ihn genau erkannt habe. Man fand auch bei ihm die geraubte Uhr, aber nicht das geraubte Geld, welches also wahr scheinlich gut versteckt sein mußte, da die umständlichfte und sorgfältigste Hausfuchung ganz vergeblich blieb. Trotzig ergab er sich dann in sein Geschick und wurde abgefithrt. Sei ner Frau, die unter einem Strom heuchlerischer Thränen versicherte, daß sie ganz unschuldig set, daß sie gar nichts von der Sache gewußt habe, konnte man nichts anhaben. Drei Monate später fand die Ge richtssitzung statt, an welcher auch Thron, der gänzlich genesen ivar, als Hauptzeuge theilnahm. Curtis behauptete dreist, dasz er da mals bei seinem hastigen Laus durch den nächtlichen Nebel sein Taschentuch, in welches er das geraubte Geld ge wickelt. verloren habe. Dabei blieb er. Das Urtheil.lautete aus achtjährige Departation nach Neusüdwales. Seine Frau erbat und erhielt die Erlaubniß, drei Tage vor der Absahrt des Sträslingstransports nach Au stralien von ihm Abschied nehmen zu dürfen. Sie besuchte ihn also im Gesän nis3. Da küßten sich die beiden, und rau Hanna slüsterte: »Sei getrost, lieber Thomas! Nach einem halben Jahr solge ich dir nach Australien. Wir können es dort dann so schlau einrich ten, wie es in den Londoiier Zeitungen gestanden hat.« »Sei aber recht vorsichtig!« »Daraus tannst du dich verlassen,« tvisperte fie noch leiser» »Ich nahe die Banlnoten tu meinen Unterrock.« Dann schieden sie voneinander. Franeis Tyroii erhielt nur die Uhr wieder. die tausend Pfund mußte er verloren geben. Zum Glück bildete diese Summe kaum den zehnteln Theil seines Verniö ens. Er konnte also den unangenegmen Verlust verschma sen. 2." Gouverneur der australischen Colo nie Neusüdtvales war damals Sir Thomas Brishane. Die Colonie be sand sich in einem sehr itblen Zustande, denn allerlei Mißbrauche hatten sich ein eschltchen. on den älteren Dewrttrten hatten —-. viele ihre Sirafzeit überstanden, welche dann, frei geworden, sich in Australien ansiedelten, Gärtnerei. Farmerei.sIb scherei, Handel, Schantwirthschast o er irgend ein Handwerk betrieben und da bei meistens gut vorwärts kamen. Auch trafen von Jahr zu Jahr immer mehr freie englische und schottische An siedler ein, später auch deutsche. Die sen strebsamen Leuten, die sich in Au stralien eine neue Heimath gründen wollten, wurden große Vergünstigun gen gewährt. Um billige Arbeits kräfte brauchten sie nicht zu sorgen, die Regierung stellte bereitwilligst zu sol chem Zwecke ihnen Sträslinge zur Ver fügung. Diesen letzteren lonnte die Einrichtung natürlich auch nur ganz angenehm sein. Es war zwar leine ganze Freiheit, aber doch gewisser maßen eine halbe, und gerade die schlauesten und verwegensten Verbre cher wußten daraus den meisten Vor theil zu ziehen. Jn Sydney war ein eigener Com missar angestellt sür die Vermiethung von Sträslingen. Er hieß Jenkins und war ein kleiner dicker Mann mit einer großen rothen Nase, welche seine Lieblingsneigung deutlich kennzeich nete. Jm Bureau dieses Herrn erschien ei nes schönen Vormittags eine junge, hübsche, dreist aussehende und gut ge kleidete Frau. Bitte, nehmen Sie Platz!« sagte der Beamte höflich. »Womit kann ich Jhnen dienen?« »Ich beifa- Fianna Cukiis.« faate die Besucherin, sich auf einen harten höl zernen Stuhl setzend. ,,Habe bei Pen rith eine kleine Besitzung gekauft und will da Schankwirthfchaft, Gärtnerei und ein bischen Kleinhandel betreiben.« »Das kann ich nur loben, gute Frau. Wenn es auch Gott sei Dank an Schankwirthschaften hierzulande nicht fehlt, so kann es- doch nicht schaden, daß noch eine dazu kommt mit einer so hübschen jungen Wirthin.« »Sie sind sehr gütig, Sir! Ach, ich bin eine arme alleinstehende Frau und brauche nothwendig zur Hilfe eine bil lige Arbeitskraft.« »Also wünschen Sie vom Gouverne ment einen Strafgefangenen, den Sie als Arbeiter brauchen wollen?« »So ist mein Wunsch- Sir. Es müßte natürlich eine passende Persön lichkeit sein, kein allzu schrecklicher Gal genftrick, vor dem man sich zu fürchten Ursache hätte. Ach, Sir, die Wahr heit ist, ich habe schon eine Wahl ge trosfen." »Hm, hm,! Wen denn?« »Einen gewissen Thomas Crirtis.« »Oho! Curtis heißen Sie auch.« »Ja, Sir. Seinetwegen bin ich nach Australien übergesiedelt.« Hm! Es handelt sich also um Jhren Mann?« »So ist’s Sir· Auf acht Jahre ist er deportirt wegen einer unglückseligen Dummheit, die er gemacht hat. Be denken Sie, guter Sir, daß es hart ist für eine arme verlassene Frau, so lange den Mann, den natürlichen Beschützer, entbehren zu müssen.« »Ich begreife und billige vollkommen das Richtige in Jhrer Auseinander setzung gute Frau, « sprach kopfnickend der Commissur. »Die Sache hat nur ihr Mißliches. Vor zwei Jahren er hoben die Londoner Zeitungen einen Mordslärm über eine ähnliche Angele genheit, von der ein schniiffelnder Cor respondent in Shdney sie benachrichtigt hatte. Da war nämlich ein Bantdi rector wegen Unterfchlagungen und Wechselfiilschungen zu langjähriger Deportation verurtheilt worden; seine Frau, welche den Raub glücklich in Sicherheit gebracht hatte, folgte ihm nach, wußte auf gute Manier —— hm — ihren eigenen Mann als Arbeiter zu ---------- de In los-O Kinn nun has Pärchen herrlich und in Freuden in ei nem schönen Hause nahe bei Sydneh.« »Die Geschichte von dem deportirten Bantdirector und seiner klugen Frau kannte ich, Sir, und der Gedanke an dieselbe war mir ein schöner Trost aus der langen, gefahrvollen Seereise,« sagte Frau Hanna gefühlvoll. »Nun, ich bin ja gewiß lein Un mensch, sondern habe ein mitleidigcg Gemüth. Das Gesetz, welches solche sonderbare Fälle nicht vorgesehen hat, verbietet sie nicht ausdrücklich. Aber dennoch sollte es ja eigentlich nicht sein —- hm! —- Ei, was haben Sie da in Ihrer Hand?« Frau hanna hatte ein Papierchen zum Vorschein gebracht. »Eine Zehnpfundnote, Sir,« flü sterte sie· »Könnten Sie dafür nicht ein Auge zudriicken? So viel, wie die reiche Gemahlin des Banldirectors ge zahlt haben mag, kann ich arme Frau natürlich unmöglich geben.« »Ein Auge könnte ich dasiir wol u driicken. Doch das genügt nicht. ch müßte auch das andere Auge zudriiclen tönnen.« »Ich verstehe, Sir!« Frau hanna brachte eine zweite Zehnpsundnote zum Vorschein und überreichte dieselbe. »Ja, so is« gut! Hm —- kommen Sie morgen um diese Zeit wieder hier her, dann wird der Deportirte Tho mas Curtis amtlich Jhnen als Arbei ter zugewiesen werden« wonach Sie ihn gileåch mitnehmen können nach Pen rt .« »Ich danke, uter Stri« ries Frau hanna und ent ernte sich vergnügt. Der Commissar steckte die beiden Banlnoten ein, indem er zufrieden murmelte: »Das war wieder so eine nette Nebensportel.« Ein gesegnetez Land ist doch dies Australien!« — banna Eurtis erhielt am anderen Tage richtig ihren Mann, den Stras ling, als Arbeiter zugetheilt. Als beide in dem Häuschen zu Pen rith waren, sagte sie: »So, nun smd wir also glücklich wieder beisammen, ich und du. Fünszig Pfund haben die Reiselosten und meine anderen Aus gaben verschlungen, hundertundsüns zig Pfund hat diese kleine Besitzung ge kostet, da bleiben uns also von dem Gelde, welches ich glücklich mit her übergebracht habe, noch achthundert Pfund, um damit zu wirthschaften. Nun aber wollen wir zunächst bei einer Bowle Punsch das fröhliche Wieder sehen seiernt« Ein altes Sprichwort sagt: »Un recht gut gedeiht nicht!« Das mag ja auch in der Regel so sein. Aber leine Regel ohne Ausnahme! Geradezu erstaunlich gedieh die Schanlwirthschaft der Frau Hanna Curtis, dabei auch der Kleinhandel und die Gärtnerei. Jhr Mann, ob gleich ein ehemaligerHausknecht, offen barte viel praktischen Verstand in Be zug auf geschicktes Speluliren und Gelt-verdienen Er kaufte — oder ließ vielmehr seine Frau Ländereien laufen, die schon nach wenigen Jahren bedeutend im Werthe stiegen; auch ver lieh das Ehepaar zu den hohen landes üblichen Wucherzinsen größere und kleinere Geldsummen. Als Thomas Curtis 1829 seine achtjährige Straf zeit überstanden. die er. mit Ausnahme des ersten halbenJahres, recht gemiith lich als »Arbeiter« bei seiner Frau ver bracht hatte, erhielt er seine gänzliche Freiheit wieder, und nun verließ er Penrith und zog über die Blauen Berge in’s Innere, wo er eine große Schäferei begründete. Auch diese Un ternehmung hatte den allergiinstigsten Erfolg. Kurze Zeit darauf erlag seine Frau Hanna einer tückischen Krankheit. Etwa ein Jahr nach ihrem Tode ver heirathete der erst fünfunddreißigjiih rige Squatter sich in zweiter Ehe mit der Tochter eines armen eingewander ten Schotten, den er als Aufseher in Dienst genommen hatte. Lucy wußte nicht« daß ihr Mann ein ehemaliger Sträfling sei. Jhr Vater ahnte es vielleicht, deutete aber niemals darauf hin. Gab es doch da mals in Australien so manche wohl habende und sogar reiche Leute, deren Vergangenheit eine sehr dunkle war, nach welcher man aber aus Höflichkeit nicht fragte und forschte. Man hatte zu viel Respekt vor dem Reichthum. Aus dieser zweiten Ehe hatte Tho mas Curtis einen Sohn, den er Ralph taufen ließ. Er ließ ihn, als der Knabe heranwachs, zuerst durch einen Haus«-lehret unterrichten, dann auf ei ner theuren Academie in Sydney, wo der junge Mensch eine vorzügliche Bil dung sich erwarb. Später tehrte er auf die Besitzung seines Vaters zurück, die von Jahr zu Jahr sich vergrößerte. Als Ralph zweiundzwanzig Jahre alt war, vermählte er sich mit einer reichen jungen Dame, die ihm ein Töchterchen schenkte, welches den Namen Ella er hielt. —- — Viele Jahre waren vergangen. Mittlerweile hatte die australifche Wollproduttion einen außerordent lichenAufschwung genommen, die Ent deckung der Goldlager stattgefunden, die Bevölkerung infolge dieser günsti gen Umstände sich ganz erstaunlich ver mehrt. Die älteren Ansiedler und Großgrundbesitzer zogen davon natür lich den mei ten Vortheil. Thomas urtis war sehr reich, aber auch alt und schwach geworden. All gemach begann er sich mit dem Gedan ten an den Tod zu beschäftigen, und Gewissensbisse packten ihn. Er tonnte des Nachts nicht ruhig schlafen Im Traume erschien ihm eine blutige Ge ksslt m-4 Efss4:--— D-kc- - k- Pä iy » »»»»» Ha »Hu-· l u:«»Jsch muß gut zu machen versuchen, was ich damals gefrevelt; jenes Cupi tal von tausend Pfund, womit ich so erfolgreich hier Geschäfte gemacht, muß ich mit Zins und Zinseszinfen zurückerstatten, wenn das irgend mög lich ist. Sonst finde ich keine Ruhe im Grabe!« Der Alte schrieb im geheimen an ei nen Agenten in London und beauf tragte ihn, Nachforschungen anzustel len nach Francis Thron oder dessen Nachkommen Nach längerer Zeit er hielt er die Antwort, daß Francis Thron schon vor vielen Jahren gestor ben sei, ebenso dessen Sohn, der ban kerott geworden sei durch oerfehlte große Spekulationen in Getreide. Der letztere aber habe einen Sohn Namens Francig Thron hinterlassen, welcher nach dem Tode seines Vaters vor drei Jahren gänzlich verarmt England ver lassen habe und seitdem verschollen sei. Doch wolle man weitere Nachforschun gen anstellen. Wie seltsam! Der Räuber jener tausend Pfund Sterling hatte damit in Australien sein Glück gemacht, und die Nachkommen des Mannes, dem jene Summe gehörte, waren verstorben, verdorben, in’s bittere Elend gera then. Doch Thomas Curtis hoffte immer noch, der Londoner Agent werde Throns Enkel doch noch ausstöbern Er sollte aber diefe Gewissensberu higung nicht erleben. Jm April 1875 fühlte der Fünfundsiebzigjährige fein Ende herannahen. Da hatte hinter verschlossenen Thü ren der Sterbende noch eine geheim nißvolle Unterredung mit seinem Sohne Ralph. Der Vater beichtete seine Schande dem Sohne und be schwor ihn, daß er diese alte Schuld autzumachen versuchen solle, wenn je noch der Aufenthalt des jungen Bran cis Thron durch den Londoner gen ten oder sonstwie ermittelt würde. Tief erschüttert versprach Ralph dies, nachdem er voller Entsetzen diese Enthüllung angehört hatte. Der alte Curtis starb und wurde feierlich zur Erde bestattet. Sein hinterlassenes Vermögen an Ländereien, Häuserm Herden und Capitalien wurde auf rund eine halbe Million Pfund Sterling geschätzt. Einziger Erbe war Ralph. Aber die ser fühlte sich bedrückt durch die große Erbschaft. Ver-dankte dieser unge heure Reichthum ursprünglich doch ei nem Verbrechen, einem gemeinen Ein bruchsdiebstal)l, seine Entstehung — das wußte er nun. B. Einige Jahre vergingen. Den trüben Gedanken an seines Va ters Schuldbekenntniß auf dem Ster bebette vermochte Ralph Curtis nicht aus seiner Seele zu verbannen, so gern er das auch gewollt hätte; denn was konnte es nützen, darüber zu grübeln, das eigene Gemüth zu quälen? Jhn selbst traf ja doch kein Vorwurf. Aber dennoch empfand er seelische Pein. Eines Morgens an einem schönen Frühling-steige ritt er, begleitet von ei nem Aufseher, nach einem seiner ent fernteren Weidegründe. Sein treuer Hund Pluto lief munter mit. ts ULUW cllclgcll VLUUUTU PUHUJCU Ucc beiden ein Wäldchen von Gummibäu men und niedrigem Gebüsch. Plötz lich stutzte Pluto und begann zu win seln, indem er seitwärts lief. Ralph Curtis und dessen Begleiter wurden darauf aufmerksam; sie folg ten dem Hunde. Da entdeckten sie un ter einem Baume, auf dem Moose lie gend, eine menschliche Gestalt in arm seliger Kleidung. »Ein verunglückter Goldgräber, so scheint’s,« meinte der Aufseher. »Ein Opfer der Wildniß!« rief Ralph. ,,Doch vielleicht ist der Un glückliche noch nicht todt.« Beide stiegen von den Pferden und bemühten sich um den Verungliickten. Es war ein hübscher junger Mann von etwa dreißig Jahren. Aus Hunger und Entträftung war er auf der Wan derung ohnmächiig geworden, und es gelang bald, ihn zur Besinnung zu bringen. Curtis hatte eine Feldflasche mit altem Sherrh bei sich und auch ei nige Biscuits. Damit labte er den Unbekannten. Nach einer Viertelstunde hatte die ser sich so weit erholt, daß er sprechen konnte. Was er berichtete, war sehr kläglich. Er sei ein armer englischer Kaufmannscommis und vor etlichen Jahren nach Australien ausgewandert, um, wie so viele, in dem Goldlande sein Glück zu versuchen. Das sei ihm aber nicht gelungen. Zuletzt, in einem der Goldgriiberlager bei Sofala, sei er trank geworden; er habe infolge da von die rauhe Arbeit nicht mehr aug halten können. Seine Absicht sei, bei einer Schäferei eine bescheidene Anstel lung als Knecht oder Hüttenwächter zu suchen. Unterwegs aber sei er zu sammengebrochen vor Hunger, Mangel und Entträftung »Wie heißen Sie?« fragte Ralph. ,,-«5ranci«5 Thron,« antwortete der junge Mann. Ralph Curtis erbebte. ,,Tyron?« sprach er bedächtig. ,,Dieser etwas ungewöhnliche Name ist mir doch nicht unbekannt. Sind Sie ein Londo ner?« »Ja, Sir.« «Wo wohnten Jhre Eltern dort?« ,,Jn Cheapside·« »Der Thron, welchen ich meine, wohnte vor reichlich einem halbenJahr hundert in der Halbornstraße.« »Das war mein Großvater. der ebenso hieß wie ich: Francis Thron. Er war ein reicher Rentier. Ach, von all den ehemaligen Reichthümern mei ner Familie ift nichts auf mich gekom men.« »Er ift’s,« dachte Ralph. »Da kann kein Zweifel sein!« Und laut sagte er: ,,Seien Sie getroften Muthes, Sir. Jch will für Sie forgen.« ,,Haben Sie eine Schäfer-M Wol len Sie mich in den Dienst nehmen?« »Ja. Aber nicht als Knecht, fon dern als Selretär und Buchhalter. Als ehemaliger junger Kaufmann werden Sie ja wohl geeignet sein für solche Geschäfte. Jch kann gerade eine Persönlichkeit Jhrer Art gut gebrau chen.« Francis Thron war höchst über rascht über solch unverhofftes Glück. Er ftaminelte seinen innigsten Dank. ,,.Können Sie reiten?« fragte Cur tis. »Ja-« »Wohl, so besteigen Sie das eine Pferd. Das andere werden abwech selnd ich und mein Aufseher benutzen« Es geschah nach feiner Weisung Nach einigen Stunden langten sie im Herrenhause der großen Schäferei an. Aufs beste wurde dort fiir den jungen Mann gesorgt. Dieser jähe Glückswechfel kam ihm anfänglich fast wie ein Traum vor. Er begriff das nicht, erhielt auch vor erst keine Aufklärung. Denn Ralph Curtis scheute sich, ihm solche zu geben. Dann aber mischte fich die Liebe da rein und brachte die Sache zur Ent scheidung. Francis Thron war ein schöner gebildeter junger Mann, und Ralphs reizende Tochter verliebte sich in ihn. Gegen feinen Wohlthöter offen zu sein, hielt er für seine Gewis fenspflichh Er bat ihn also eines Tages um eine geheime Unterrcdung unter vier Augen. — »Sit, ich-muß Sie verlassnZ sagt er. »Ich liebe Jhre Tochter Ella, und sie liebt mich wieder. Jch fürchte, nimmermehr werden Sie, der Millio när, die Hand Ihrer Tochter einem armen Buchhalter zur Frau geben, und deshalb muß ich fort von hieri« »Durchaus nicht,« sprach Ralph freundlich. »Verzagen Sie nicht; dazu haben Sie gar keine Ursache. Bester Sir, Sie sind nicht arm; Sie besitzen achtundvierzigtausend Pfund Sterling; die Summe bin ich Ihnen nämlich schuldig.« »Sie belieben zu scherzen, Sir!« »Nein! Vor nunmehr fünsund fünfzig Jahren hat mein Vater einmal von Jhrem Großvater auf eine etwas sonderbare Art tausend Pfund Ster ling — geliehen, und bis auf den heu tigen Tag sind noch keine Zinsen für das Capital gezahlt worden. Nach dem hierzulande geltenden hohen Zins fuß verdoppelt es sich in zehn Jahren, und diese Verdoppelung, fünfundein halbmal gerechnet, ergiebt die von mir genannte große Summe. Hören Sie den Sachverhalt!« Nun erhielt Francis Thron genaue Auskunft Er war darüber aufs äußerste erstaunt und ergriffen. »Ich habe nichts dagegen einzuwen den, daß Sie meine Tochter Ella heim füi)ren,« sagte darauf Ralph Curtis. »Ist doch der ganze Reichthum, den ich besitze, entstanden aus der Grundlage des einst Jhrem Großvater geraubten Knhifnlä Mit tausend eFreuden aebe ich meine Einwilligung, wenn Sie es nicht verschmähen, die Enkelin des Mannes zu heirathen, der einst so fre velte, der aber, bevor er reuig in’s Grab sank, mich beschwor, ich solle seine arge That-gutzumachen versuchen. Nun, das thue ich heute. Sind Sie mit der Sühne zufrieden ?« »Sie sind ein edler Mann, Sirt« rief Francis und reichte ihm die Hand. »Das Vergangene möge vergessen sein. Auf das Grab des Todten soll kein Stein geworfen werden. Seine That ist gesühnt, und kein Schatten davon soll mehr auf die Lebenden fallen.« Francis Thron vermählte sich mit Ella und blieb als Mitbesitzer auf der großen Schäferei. Seine junge Ge mahlin erfuhr niemals den eigentlichen Zusammenhang, ebensowenig ihre Mutter und ihre Großmutter, des ver storbenen Berbrechers Wittwe. Tiefes Schweigen beobachteten darüber Ralph Curtis, von dessen Seele nun die Last genommen war, und dessen glücklicher Schwiegersohn, der die Verkettung des Schicksals pries, die ihn nach Austra lien geführt hatte. Der eopirte König. Als die Schauspielerin Cramer zum Benefiz ihrer fünfzigjöhrigen Bühnen thätigleit aufgetreten war, «- gaben ihr die Collegen im »Grünen Baum«-an der Jsar ein kleines Fest, bei welchem König Ludwig I., wie er es» gern pflegte, die Gesellschaft überraschtr. Da die Heldin des Tages von ihm ab gewandt saß, hielt er zum Scherz ihr rasch die Augen zu und fragte mit sei ner etwas stotternden Stimme: »Wer ist das?« »Ach, das sind Sie wieder, Lang« tberühmter Schauspieler, Comiker, letzter Vertreter des Staberls und ähn licher Localpossencharactere, 1810 bis 1882), rief die greife Künstlerin, »Sie copiren den König prächtig« ,,So,« rief Ludwig erstaunt, indem er die Künstlerin freiließ, ,,er copirt mich? Das möchte ich auch einmal hören. Vorwärts, Lang, copiren Sie mich.« Der Comiker erschrak und sträubte sich, aber der Monarch bestand darauf: »Ich wünsche es, und Jhr König be Lang setzte sich an ein Seitentisch chen und rief unter der angenommenen Manier Seiner Majestät: »Cabinets ratb Riedl soll herauskommen!« ,,Majest·cit wünschen?« fuhr der Künstler im näselnden Tone des Ge rufenen fort. »Ab, bravo! Ausgezeichnet!« ap plaudirte der onwesende König, ,,er copirt meinen Riedl so gut wie mich und ist ein vorzüglicher Menschendar steller, mit stland zu reden.« Aber der Coniiler fuhr fort: ,,Riedl, schicken Sie morgen dem Schauspieler Lang aus meiner Cabinetskasse zwei hundert Gulden.« »Hören Sie aus, Spitzbube!« rief der König lachend. »Brauchen mich nicht weiter zu ropiren; doch diesmal sollen Sie für Jbre Gastrolle das Ho norar erhalten« . —- Kindermund Karlchem »Maina, Du hast doch gesagt, wenn ich den Fiuchen essen, den Du in die Spei sctanimer gestellt hast, dann würde ich krank?« — Mania: »Gewiß, mein Kind!« —- Karlchem »Na, ich fühle mich doch aber gar nicht krant!" ——BedenklicherTrost.Zim mervermietherin: , »Herr Spund, Sie sind mir schon einen Monäst Miethe schuldig.« — Spund: »Sind Sie unbe sorgt, liebe Frau, mit einem Monat Miethsschuldewiicp ich nicht aus.« —Verdächtig. Gast: »Das Beefsteat können Sie wieder mitneh men, Kellner!« — Kellner: »Warum?« — Gast: »Ja wissen Sie, wie eben drü ben auf dem Kasernenhose »Trad« ge-« blasen wurde, da ists mir beinahe vorn Teller ehüpst!« —- öhere Töchterschulr. Lehrerin: »SteigernSie mir dasWortx lustig.«——Schülerin: »Lustig, lustiges-, heirathslustig.«