Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 04, 1897, Sonntags-Blatt., Image 13

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    t .. .
gtn Nenn-net tm Gebirge
.«ctsithlt von etneinOisirter der Bundesarnier.
W. d. Schierbrand.
»Wißt Ihr, was ein Cuguar ist?
Na, ich konnte mir's denken, daß Ihn
nicht wißt, denn diese Bestien sind
heutzutage etwas seltener geworden,
-- als sie damals waren, zur Zeit da mei
ne Geschichte spielt«, sagte der alte
Oberst Druden, indem er seine Cigarre
Brand setzte und einen neuen ;
Schluck »heißen Stosf" zu sich nahm. ;
Um ihn herum war ein Kreis jüngerer s
« Officiere des 10. Cavallerie - Regt- »
ments in Fort Bladensbury. »Ich
war damals in den CascadoBergem
und zwar in jenem Theile des jetzigen
Staates Washington, wo das prächti
sp ar, romantische Simcoe - Thal sich er
- streckt und das danach benannte tleine
Fort sich erhebt. Jetzt ist das zum
Theil schon angebaut, aber damals
- war es noch die«reine Wildniß. Als
» junger Officier und eifriger Sportg
mann gefiel mir’S dort sehr gut, ob
wohl wir häufig Scharmiitzel und re
aelrechte Kriegsziige mit den Nex Per
ces und Wyandottes durchzulämpsen
hatten und der Scalp eines weißen
Mannes auch noch nicht so hoch im
Markte stand wie dies heute der Fall
ist. Aber das Wild, das massenweise
in den dichten, herrlichen Wäldern dor
handen war, entschädigte mich sttr die
häufigen Gefahren, die auch meine da
mals noch mit dichtem, dunklem Haar
bewachsene Kopshaut von den verd
Nothhäuten auszustehen hatte. Der
Dienst war im Allgemeinen leicht, und
meine Mußezeit verbrachte ich regelmä
ßig mit einsamen Jagden im Gebirge.
Die Wälder waren voll von Roth
wild, aber auch Raubzeug gab«s viel,
worunter vor Allem den Cuguar, der
auch fälschlich in Calisornien, Oregon
und Washington Panther und Berg
lötve genannt wird. Es ist eine mäch
, tjae Katze, sulch’ ein Cuguar, das ein
zqu einqerrrmqe Gerne-r urqer zeu,
das nördlich vom 30. Grad auf dem
amerikanischen Continent angetroffen
wird. Sein Name Berglöwe (Moun
tain Lion oder California Lion) hat
er wobl von der Farbe feines Fells,
das wie das des wirklichen Löwen ein
rnaites gelbbraun oder goldgelb ist,
und von seinem Körperbau, der ge
drungener und mugtulöier ifi als der
der übrigen Tigerarten. Aber der Cu
guar wird weder so hoch wie der Löwe
noch bai er die Mädne, die jenen aus
zeichnet. Ein sehr starkes-, wildes
Thier ist er aber doch, und wenn vom
hunger oder Zorn getrieben, ist er
selbst fiir den bewaffneten Menschen
ein sehr gefährlicher-Gegner, denn er
springt sicher und weit, und reißt dann
durch sein Körpergewicht den Feind
niester. wo er ihn mit einigen Wichti
gen Schlägen seiner furchtbaren Pran
ten tödtet oder betäubt. Aus den Er- I
zäblungen alter Trapper wußte ich i
schon soviel von dem Cuguar und daß
er in der Wuth auch den Menschen an- (
fällt, aber erblickt hatte ich trotz meiner
fortwährenden Streifziige doch noch
leine- dieser Bestim, denn für gewöhn- »
lich hält fich der Cuguar, der famos 4
klettert, im Dickicht der Wälder auf, .
wo er auf einem der starten niedrigen
Aeite der Bäume langbingestreckt ruht
und auf Beute lauert. Junge Oirfche
lind ihm das liebste, und diese erreicht
er dann. wenn sie ihm nahe genug
kommen, durch einen einzigen mächti- »
gen Sprung· «
i
it O
»Es war eines Morgens im Spät- :
fomrner, als ich den Austrag erhielt,
einiae Devefchen nach Fort Grunth
M Meilen entfernt jenseits der Cas
cade-Berge, zu bringen. Jch sattelte
selbst meine Lieblingsftute, ein kohl
fchwarzes Jndianerpony, dem ich den
Namen Pocahontas gegeben, und
machte mich dann schleunigst auf den
Wen, denn ich hatte einen angestreng
ten Nitt vor mir, ehe ich am Abend in
dem Schutzblockhaus am Deer Creel
ankommen würde. Straßen gab’s da
mais noch nicht« sondern nur Pfade,
die von Jndianern, Händlern und
Thieren ausgetreten waren und die ge
wöhnlich iin Zickzack über den Rücken
der Berge liefen, da der gerade Weg zu
fteil fiir Mann und Pferd war. Das
Reisen war unter folchen Umständen,
wie Sie sich denlen, ziemlich beschwer
lich, und doch war es ein Genuß fiir
mich, denn die Gegend, durch die man
lam, zeigte alle Reize einer jungfräu
lichcn Natur. Staubende, fchäumende
Wasserfälle, die in allen Farben des
Regenbogens glänzten, wechselten ab
mit lieblichen Thalern voll saftigen
Grüns und Sonnenscheins und diese
wieder mit Wäldern, in denen die
Bäume wie Maften ragten und das
Licht nur gedämpft durch die dichtve
laubten Kronen fiel. Dazu die pracht
vollen Effecte der Beleuchtung auf den
kahlen Felsenriiclen, vorn rosigen
Schimmer am Morgen bis zum Blut
roth beim Sonnenuntergang —- wahr
lich, meine Herren, das Herz ging Ei
nem auf bei dieser erhabenen Schön
beit der Natur, und bei einer Pfeife
aromatischen Tabalö von dem mir die
Woche vorher ein Neuanlömmling aus
»den Staaten« einen Vorrath mitge
bracht hatte, und meine zuverlässige,
wackere Poeahontas zwischen den
Schenkeln —- waö fehlte mirs
»So ritt ich dann tapfer darauf
los, nur mit einem Mantelsaa und ;
meinem «ole1 wiladle«, d. h. meinem ;
schon oft erprobten Eolt’fchen Revol- ’
ver beschwert, und das Weit-er blieb
den san-en Baader-lieb- sllerdinas
—
war es heiß, dieSonne brannte manch
mal ganz gehörig hernieder, aber ein
den Wäldern und-Schluchten war es
wieder kühl und mehrmals machten
wir kurze Rast, mein Thier und ich.
Aber gegen Abend hatten wir den äu
ßerst beschwerlichen Zickzack-Pfad über
den Rücken des Madisonberges zu
überschreiten, und der war thatsächlich
so halsbrechend und steil, daß ich ab
sasi, den Zügel in die Hand nahm und
meinen Gaul führen mußte. Nach Z
stiindigem Klettern hatten wir dann
endlich den Berg hinter uns und unten
iin Thal erspähte ich eine weiche, saf
Mit Wiese, wo wir uns gut ausruhen
konnten. Ermüdet streckte ich die Glie
der auf das kühle Gras und setzte mein
Pfeiichen wieder in Brand mit dem
wohligen Gefühl, daß für diesen Tag
der schlimmste Theil des Weges hinter
uns lag, denn es waren von jenem
Thaltessel aus nur noch tnappe süns
Meilen nach dem Schutzbloclhaus hin,
wo stets ein paar Mann vom Fort auf
Wache waren und ich für die Nacht ein
Unterkommen nebst Mahlzeit finden
würde, welches, wenn auch nicht ge
rade luxuriös, immerhin sür meine be
scheidenen Bedürfnisse mehr als ge
nügte. Ich fühlte mich sehr behaglich.
Ich hatte den Pflock mit der langen
Leine in’s Erdreich eingeschlagen, und
hatte es Poeahontas überlassen, sich
selbst ihr Futter zu suchen, was sie
auch that. Das Zermalnien der safti
aen Grasspitzen zwischen ihren Zähnen
tonnte ich in der stillenAbendlust deut
lich hören, und das Pferd schien sich
gerade wie ich äußerst wohl zu fühlen.
Der Mond war ausgegangen und goß
sein silbernes Licht aus über die Steue,
daß es glänzte wie feine Silberfiideii.
Der Himmel war tiesblau über uns,
und die Sterne leuchteten in der rei
nen, dünnen Luft wie Millionen von
Laternen. Dicht vor uns erstreckte sich
ein Gehölz, und das Buschwert, das
bis auf wenige Schritte von uns sich
hinzog, lag im Dunkel des Schattens
fus- snsncssn FDerms FHIHHHFÄ nnb NA
cahontas einen fürchterlichen Ruck, so
daß die Leine beinahe gebrochen wäre.
Jch ergriff die Leine, die im Bereiche
meiner Hand war, schnell und zog das
Pferd zu mir heran. Pocahontas zit
terte an allen Gliedern, augenscheinlich
aus Furcht. Jch streichelte das sam
metweiche Fell meines Pserdes und
sprach beruhigende Worte. Pocahon
tas rieb ihre Nase an meinen Aermel,
aber ihte Nüstern blähten sich in Erre
aung. Was gab’s? Jch blickte um
mich. Alles still. Kein lebendes We
sen sichtbar. Sollte sie ihr Jnstinct
aetäuscht haben. Hat Dort in dem
Dunkel desGebiifches erblickte ich plötz
lich etwas, das mein Blut gerinnen
machte. Zwei mächtige grünliche Au
aen starrten auf uns und ein feines
Knistern wie von brechenden Zweig
lein. wurde hörbar· Augenblicklich
dachte ich an die Erzählungen, die ich
gehöri. War's ein Cuguar?
»Mein Thier zitterte noch immer,
aber mein Entschluß war schnell ge
faßt. Festen Schrittes trat ich auf,
riß den Pflock heraus, nahm die Leine
ab, zog den Sattelgurt etwas fester,
und saß im Sattel. Das hatte nur
wenige Secunden genommen. Dann,
ohne daß ich Pocahontas angetrieben
hatte, rannte das Thier dann, den
Pfad entlang, der nach dem Blockhaus
führte. Der Weg dahin führte zuerst
am Saume eines Waldes dahin, aber
durchschnitt dann eine enge, ziemlich
dunkle Schlucht, wie ich mich erinnerte.
Würden wir dem Cuguar entrinnen?
Folgte er uns? Hatte er’s nur auf
mein Pferd oder auch auf mich abgese
hen? Das waren Fragen, die mir das
fu«-Ihm »Im-winden Nnmfmntaä lief
so schnell sie lausen konnte, aber im
mer noch glitt dieses nervöse Zittern
über ihren glänzenden Leib. Jch
drehte mich rasch im Sattel um und
blickte zurück. Da, mitten auf dem
von Mondschein tlar erhellten Pfad,
taum einen Steinwurs hinter ung,
aaloppirte der Cuguar, und seine
Flanlen wurden gepeitscht im Laufe
von seinem großen Schweif. Seine
grünen Augen glühten in phosphores
cirenden Feuer. Er verfolgte uns.
Ein eiskalter Schauer des Entsegens
ersaszie mich. Was thun? Daß wir
ihm durch schnelle Flucht nicht entkom
men würden, das sah ich jetzt, denn
Pocahontas lonnte diese rasende Eile
nicht mehr lange aushalten und es
kamen bald Stellen auf unserem Psa
de, loo das Laufen ausgeschlossen war.
Der Cuguar aber schien im Stande zu
sein« die ganze Nacht in demselben
Tempo weiter zu galoppiren. Nein,
unsere Rettung, wenn sie möglich war,
lag allein darin, dasz wir Schritt gin
gen und ich meinen Revolver parat
hielt, im Falle die Bestie uns doch at
tactiren sollte. So riß ich dann plötz
lich mächtig in die Zügel und zwang
das Pferd, langsam zu gehen. Sosort
auch, wie ich merkte, hielt der Cuguar
an und solgte uns nun ebenso bedäch
tigerrSchrittes. Hatte er Furcht vor
uns? Oder war es nur eine Kriegs
list von ihm? Jch wußte es nicht, aber
hinter uns her, immer in derselben
Entfernung, gerade außerhalb Schuß
weite, hörte ich das weiche Pet! Pet!
seines Zotteltrabes.
Doch bier ist die Schlucht. Langsam
und-vorsichtig ritten wir in dieselbe.
Als ich mich umbliclte, erblickte ich die
grünen Angenlichter des Raubthier-s
Dann wurde der Pfad so enge, und
die Dunkelheit um uns herum wurde
su groß, als daß ich hätte etwas
wahrnehmen tönnen. Plötzlich hörte
Ich libe- uns isr Gebüsch ein Krachen
—
und Fauchen, und das Pferd machte
einen verzweifelten Sah vorwärts —
doch zu spät. Denn im selben Mo
ment sauste etwas Schweres durch die
Luft und fiel dicht hinter meinen
Rücken nieder — der Cuguar, der das
Pferd an der Kruppe gepackt hatte
und seine Pranten in das zuckende
Fleisch schlug, wobei er ein rollendes,
tnurrendes Gebrüll ausstieß. Was
dann folgte, das geschah so geschwind,
daß ich selbst mir hinterher keine Re
chenschaft darüber ablegen konnte. Jch
weiß nur, daß ich mich instinktiv um
drehte und alle fünf Kammern meines
Revolvers auf das Ungethier abge
feuert habe, ohne zu zielen, ganz un
ftinctiv. Und dann auf einmal hielt
Pocahontas von selbst und blieb stehen.
Der Cuguar war verschwunden. Das
Pferd drehte mir den klugen Kopf
zu und wieherte. Jch wandte das Pferd
und ritt eine kurze Stecke zurück.
Da lag das Unthier im Staube —
alle vier von sich gestreckt und schon
verendet.
si- Ik it ·
»Nun, Oberst, und das Ende der
Geschichte —— denn wie die meisten Ge
schichten hat doch wohl auch diese ein
Ende?« frug Capt. Somers.
»Ja -—— viel ist da nicht mehr zu er
zählen. Doch kommen Sie, ich will
Jhnen den Cuguar zeigen.« Und er
schritt voran. Jn seinem Zimmer,
über den Schreibtisch, war ein mächti
ges Fell ausgespannt. »Das ist e’r«,
sagte der alte Oberst, indem ein Lä
cheln seine strengen Züge überflog.
»Und Pocahontas?«
»Ist im Feldzug gegen Sitting
Bull gefallen. Denn die Schrammen,
die der Cuguar ihr beigebracht, heilten
alle wieder. Schade um das Thier.
Es war mir lieber als mancher
Mensch.«
Herzliönig
Eine heitere Liebesgeichichte ron E. Vettel
t,enn.
Zwischen dem Besitzer des in. dem
Stadtchen X. seit Menschengedenken
existirenden Gasthofe-s zur blauen
a.i-iu..-..r ...,.«-. k-;-.».. Harm- ium Ehr
WSIIOUBPO III-, lhbssksss I , s Is- »v
jur. Eugen Möllenbach, kam es zu fol
gendem Abkommem Der Junge Rechts
freund sollte auf seinen Lieblings
wunsch, sich in Berlin alsRechtsanwalt
niederzulassen, zu Gunsten seiner Hei
mathsstadt verzichten, wogegen ihm
der alte Möllenbach einen Theil feines
väterlichen Erbes sofort ausfolgen und
seine sämmtlichen in der Hauptstadt
hinterlassenen Schulden begleichen
wollte. Nach einigem Widerstreben ging
der »Herr Doktor« auf des Vaters
Vorschläge ein und erzielte dadurch ein
vorläufiges Taschengeld von monatlich
zweihundert Mart, das ihm der Alte
in der ersten Aufwallung seiner Freude
über die Nachgiebigteit feines Sohnes
aussetztr.
»Aber nun kommen wir auf einen
anderen Punkt«, fuhr der alte Möllens
bach fort, indem er mit einer Federpose
das Mundstück seiner Tabakspfeife
säuberte.
Sein Sohn blickte ihm fragend in’3
Antlitz.
»Um hier als Rechtsanwalt durchzu
dringen, ist es·vor allem nöthig, Dich
zu verheirathen. Du kennst doch meinen
Freund, den Großgrundbesitzer Grim
mel? Mit dem habe ich bereits Rück
sprache gepflogen. Er wäre nicht abge
neigt, Dir seine Tochter Adele zur
Frau zu geben. Sie soll ungefähr 100,
000 Thaler Mitgift erhalten ——— was
meinst Du dazu?«
Sein Sohn verzog die Lippen:
»Lieber Papa, da wir auf dieses
Thema geriethen, so will ich Dir ein of
fenes Geständniß ablegen. Während
meines hiesigen Ferienaufenthaltes
habe ich sowohl Fräulein Adele Grim
mel als deren Freundin Louise, die
Kasse-s- hsz Natikipeäccspmnkrähnrf emf
--»
dem Balle in der Ressource kennen ge
lernt, und mein Herz hat sich fiir die
Letztgenannte entschieden.«
,,Sempersdorf«t Hin, hm! Du weifzt
wohl nicht, daß er bei den letzten Wah
len einem Liberalen seine Stimme ge
geben ?«
,,Ofsen gestanden, Papa, ist mir das
gleichgiltig, und kurz und gut, ich
liebe Louise und weiß, daß ich von ihr
keinen Korb erhalten werde, wenn ihr
Vater sich mit unserer Verbindung ein
verstanden erklärt.«
»Ach so! So weit seid ihr also
schon?« brummte der Alte. »Hättest
mir aber auch eher etwas davon sagen
können, bevor ich bei meinem Freunde
Grimm-l anklopfte!«
Eugen gab hierauf zurAntwori, rnfz
er es ja nicht errathen konnte, dass. sein
Vater sitt ihn auf die Brautsuche geh-sc
werde.
Nachdem der alte Möllenbach das
Mundjtiick seiner Tabakspfeife wieder
an das Rohr befestigt hatte, stellte er
dieses bei Seite und versicherte seinem
Sohne, daß er in Gottes Namen auch
in den sauren Apfel beißen und bei dem
liberalen Bankier Anfrage halten wolle.
Und noch an selben Tage sprach er
bei Herrn Sempersdorf vor und hatte
dort um so leichteres Spiel, als dieser
von den zarten Beziehungen, welche sich
zwischen seiner Tochter und dem Sohn
des Gasthofbesitzers angesponnen, be
reits durch seine Frau Kenntniß erhal
ten hatte. Nachdem zwischen den bei
den Vätern die Mitgiftfrage zur gegen
seitigen Zufriedenheit erledigt war,
entfernte sich der alte Möllenbach, um
seinem Sohne die freudige Botschaft zu
überbringen, während derBankier seine
Tochter auf sein Zimmer rief und ihr
von der aetroffenen VereinbarungMit
theiiung machte. Doch wer beschreibt
sein Erstaunen, als ithouise mitEnt
schiedenheit erklärte, nimmer die Frau
des jungen Rechtsanwalts werden zu»
wollen!
»Aber Kind, Du liebst ihn doch! Du
hast es ja Deiner Mutter gestanden!«
»Ich iann nicht die Seine werden,
Papa! Jch kann es nicht!« wiederholte
sie unter Schluchzen.
»So gieb mir doch wenigstens den
Grund Deiner Ablehnung anl«
»Ich kann nicht, Papal«
»Habt Jhr Euch etwa gezankt?«
Sie verneinte.
,,Hach Du Uebleö von ihm gehört?«
»Nein, Papa —- ach, bitte, frage mich
nicht, —- ich bin ja schon unglücklich ge
nug!« Damit stürzte sie aus dem Zim
mer«
Dem Bankier blieb, da Louise auch
ihrer Mutter gegenüber sich in Schwei
gen hüllte, nicht anderes übrig, als den
Wirth von der blauen Weltkugel mit
der Sachlage bekannt zu machen. Die
ser nahm natürlich seinen Sohn vor:
»Siehst Du, in welche Verlegenheit
Du mich gebracht hast! Mit meinem
alten Freunde Grimmel habe ich mich
nun überworfen, weil er mir alles an
dere eher vergeben hätte, als daß ich
Dich mit der Tochter eines Liberalen
vermähle, und nun erfahre ich, daß
Dich das dumme Ding, diese Louise,
gar nicht haben will?«
»Wie!« rief Euaen verwundert aus,
,,sie will mich nicht?«
»Ihr Vater hat mir eben angekün
digt, daß er seine Tochter nicht zwin
gen könne, Dir ihre Hand zu geben,
und daß sie von Dir nicht-I- wissen
wolle!«
»Aber das ist ja ganz unmöglich!«
rief Eugen, am·ganzen Leibe zitternd,
aus«
»Nun, dann sieh selbst, wo dieSache
ihren Haken hat, —- ich habe genug da
von, mich um Deine Liebesgeschichten
bekümmert zu haben!«
Eugen suchte und fand bald Gele
genheit, mit Louise zu sprechen. Sie
betrachtete ihn voller Zärtlichkeit, be
stätigte aber mit thränenden Augen,
das-, sie nie seine Frau werden könne.
Als er, nach langen vergeblichenVer
]uu)ell, von ihr uufiiucuiig zu eruuiircy
in düsterer Seelenstimmung von ihr
ging, drückte sie ihm mit leidenschaftli
cher Jnnigkeit die Hand.
Eugen stand nun vor einem Räthfel,
das er um jeden Preis lösen wollte.
Dieser unerwartete Widerstand sachte
seine Zuneigung zu Louise zur hellen
Flamme an und schärste in ihm den
Vorsatz, nicht abzulassen, bis er hinter
das Geheimniß ihrer sonderbarenWei
gerung gekommen.
Stundenlang patrouillirte er am
nächsten Abend an ihrem Hause vorbei
und blickte zu ihren Fenstern empor,
glücklich, hier und da ihren Schatten an
demselben bemerkt zu haben. "
So traf er zwei Tage später auf das
Stubenmädehen desBantierhaufes und
suchte es zum Reden zu bringen, indem
er ihm ein Zwanzigmarlstiick in die
Hand schob.
,,Wissen Sie denn nicht, Marie, was
in den letzten Tagen vorgefallen, und
was Jhre junge Herrin zum dem Ent
schlusse trieb, mir alle Hoffnung auf
ihre Hand zu rauben?« fragte er sie.
Marie schien erst verlegen, dann ant
wortete sie ihm:
»Geben Sie sich gar keine weitere
Mühe, Herr Möllenbach —- es ist gar
nichts mehr an der Sache zu ändern!«
Als Eugen aus diesen Worten ent
nahm, daß Marie mehr wisse, als sie zu
verrathen entschlossen schien, drang er
mit dem Aufgebot all seinerBeredtfam
leit in sie:
»Sie sollen es nie nie zu bereuen ha
ben, wenn Sie mir den Grund mitthei
len, liebe Marie, —- glauben Sie mir,
es ist ja auch in Fräulein Louisen’an
teresse, daß ich es erfahre, was sie plötz
lich gegen diese Heirath einzuwenden
hat; denn daß sie mich immer noch
(;-lJ cskbk Isb vian Inan «
blos-» soc-YOU ·s«, ----«, ----,·.
»Versprechen Sie mir mit Jhrem i
Ehrenwort, mich niemals zu verra
then?« Eugen schwur natürlich sofort
hoch und theuer, sie niemals bloßzustel
len. Sie traten beide in ein Hausthor,
um unbeobachtet zu bleiben, und da be
gann sie:
»Ja, Sie haben wohl Recht, Herr
Möllenbach — Fräulein Louise liebt
- Sie abgöttisch und weint ganze Nächte
hindurch um Sie — aber sie kann Sie
nicht heirathen«
»Aber warum denn!«
»Mein Gott — weil sie Sie verlore
l1at.«
»Verloren!«
»Ja, mein Herr, —- oerioren, richtig
verloren, im Kartenspiel!«
»Was sagen Sie da?«
,,Gel)en Sie Acht, ich werde Jhnen
das erklären: Sie können sich keine
Jdee von der Freundschaft machen,
welche Fräulein Louise mit Fräulein
Adele Grimmel seit ihrer frühesten
Kindheit verbindet. Trotzdem sich die
beiden äter nie leiden mochten, trafen
deren Töchter fast täglich auf ihren
Spaziergängen zusammen und tausch
ten alle ihre kleinen, unschuldigen Ge
heimnisfe mit einander aus. Als Sie
nun vor einigen Monaten aus Berlin
hier eintrafen und auf dem Resfource
ball mit den Fräuleins getanzt hatten,
waren Beide mit einem Male sterblich
in Sie verschossen.«
»Was sagen Sie — Fräulein Adele
liebt mich auch?«
»J, wie eine Wahnsinnige! Und ———
zum Beweise —- sie war es, die meinem
Fräulein, als sie bemerkte, daß Sie nur
Augen für die Letztere hatten, den
Vorschlag machte, um Sie zu spielen.«
»Was Sie fagen!«
—
»Jawohl — sie trafen sogar ein
schriftliches Abtommen, das Beide mit
ihrem Blute un-terzeichneten, nachdem
sie sich vorher zu diesem Zwecke mit ei
ner Nadel in den Finger gestochen. Und
Fun begann das Spiel um Jhren Be
ltz.«
»Ein wirklichesSpiel?« sragteEugen
verwundert.
»Jawohl. Ein Spiel Karten wurde i
gemischt, auf den Tisch gelegt, und »
dann mußte Eine nach derAnderen eine «
Karte abheben, bis derHerzlönig an die ;
Reihe käme; wer den zöge, dem sollten H
Sie zufallen. —- Ach, wenn Sie gese
hen hätten, mit welcher Angst, mit wel
cher Aufregung Karte um Karte abge
hoben wurde, und wie mein Fräulein
in Ohnmacht sanl, als sie den Herzkö
nig in der Hand ihrer Freundin sah,—
ich sage Jhnen, es war eine furchtbare
Scene! Mir nahmen dann die beiden
Fräulein das Wort ab, sie niemals zu
verrathen.«
Eugen wußte nun genug; er dankte
der mittheilsamen Kammerzofe und
versprach ihr nochmals unverbrüchli
ches Schweigen nebst sonstigen Bewei
sen seiner Dankbarkeit
Nachdem er seinen Plan gefaßt hat
te, suchte er das Fräulein Adele Grim
mel im Stadtwäldchen auf, wo sie täg
lich Nachmittags mit ihrem jüngsten
Brüderchen zu spaziren pflegte.
Sie freute sich sichtlich, als er auf sie
zutrat und einige Höflichkeiten mit ihr
tauschte.
»Haben Sie schon lange nicht Fräu
lein Louise gesehen?« fragte sie ihn
dann mit listigem Ausdruck.
,,Doch, gestern!« gab er zur Ant
wort.
»So gestern——und heute noch nicht?«
forschte sie weiter.
»Nein, mein Fräulein! Jch besuchte
sie gestern zum letzten Mal, denn ich
mußte leider erfahren, daß sie mich
gar nicht liebt; ich glaube sogar, daß
mich Jhre Freundin nicht ausstehen
mag. Meinen Sie nicht auch, Fräulein
Adele?«
»Nicht ausstehen, wäre zu viel ge
sagt, — ich glaube aber, daß Sie ihr
vounanoig gleichgung 1ino."
»So —- nun, da ist es wohl am be
sten, daß ich auf ihren Besitz verzichte.
Reden wir nicht mehr davon! — Jch
theile Jhnen bei dieser Gelegenheit
übrigens mit, mein Fräulein, daß ich
in den nächsten Tagen Deutschland den
Rücken lehre.«
»Wie?« antwortete ste, indem sie sich
verfärbte, »Sie wollen verreisen?«
»Ja, mein Fräulein!«
»Sie wollen sich nicht bei uns etabli
ren?«
»Nein — noch nicht! Jch will mir
vorerst ein bischen die Welt ansehen
sogar über den Ocean nach New York
segeln, wo sich ein Studiengenosse von
mir befindet, dessen reizende Schwester
ich in Berlin kennen lernte.«
»Ach so!« versetzte Adele, während sie
zu Boden blickte.
»Gestatten Sie mir also, mich bei
dieser Gelegenheit von Jhnen zu ver
abschieden, — ich gedenke schon morgen
oder übermorgen meine Reise anzutre
ten.«
Wortlos legte sie ihre Hand in die
seinige und sah ihm in tiefster Bewe
gung nach, als er seine Schritte der
Stadt zulenlte
Eine Stunde später erhielt Louise
Seinpersdorf den Besuch ihrer Freun
din Adele, die ihr mittheilte, was sie
von dem jungen Rechtsanwalt soeben
erfahren.
»Ehe ihn eine Amerilanerin angeln
soll, gönne ich ihn lieber Dir!« rief sie
mit Emphase aus. »Eine: Freundin zu
Liebe soll mir kein Opfer zu groß sein.«
Bei diesen Worten holte sie den an ih
rem Busen verwahrten Herztönig her
vor und riß ihn in Stücke. Dann holte
sie auch den mit Blut unterzeichneten
Vertrag aus ihrer Kleidertasche und
verbrannte ihn an dem Lichte einer
Kerze.
Louise beeilte sich nun, ihrem Vater
mitzutheilen, daß die geheimnißvollen
Hindernisse, die sich ihrer Vermählung
mit dem jungen Rechtsamvalt entge
gensetzten, behoben seien, Und so konnte,
dank der Geschicklichkeit und Schlau
heit des jungen Rechtsanwalts, der
Hochzeitstag der beiden Liebenden ohne
weitere Schwierigkeiten festgesetzt wer
den«
Fräulein Adele GrimmeL welche sich
ihrer Freundin als Brautjungser an
bot, erhielt von Louise ein kühle-s
Schreiben, in welchem sie der Ersteren
erklärte, daß ihr Bräutigam fürchte,
durch die Erfüllung ihres Wunsches
kaum bernarbte Wunden wieder aufzu
reißen, und sie ihr daher keine Einla
dung zu ihrer Hochzeitsfeier zugeben
lassen könne.
Dieser Abfagebrief ersiillteAdele mit
solcher Bitterkeit, daß sie ihren Vater
veranlaßte, dem kleinstädtischen Ge
triebe in X. den Rücken zu kehren und
nach Berlin zu übersiedeln, und sie rich
tete es so ein« daß sie just einen Tag
vor der mit großem Gepränge vorbe
reiteten Hochzeitsfeier ihrer Jugend
freundin nach der Residenzstadt ab
dampste.
— W a r n u n g. Vater (zur Gat
tin, die den kleinen Fritz züchtigt):
»Aber hör’ doch auf, Fritz hat schon
genug Hiebe gekriegt!« Fritz: »Papa,
schweig’ lieber, sonst kriegst Du auch
noch welche!«
— Der Allesverschlinger.
zunger Ehemann (im zoologischen
arten das Straußenmiinnchen neben
seinem Weibchen betrachtend): »Ja, du
— mit deinem Magen —- du hast gut
heirathen.«
W
Der Hirt-arme
Ein trübes Stimmungsblld ,
Dort oben aus dem Berge ·
Dasteht der Hirtenknab’
Und blickt von tiefster Trübniß
Jn's tiefste Thal hinab.
Denn in dem Thal dort unten
Ein kleines Häuschen steht,
Dorthin sehnt sich der Knabe
Von Früh bis Abends spät.
Ach, in dem kleinen Häuschen
Geht’s hcut’ gar lustig zu,
Drum packt die herbste Wehmuth
Den armen Hirtenbu. ·
Schier möchte er verzweifeln «
Und in den Abgrund jäh
Vor Schmerz hinunterstijrzen,
So thut das Herz ihm weh.
Das Häuschen ist die Waldschenk’,
Dort gibt’s heut’ Hirsebrei
Und bombengroße Knödel —
Doch er — ist nicht dabei!
Dte Tcntoburger Schlacht.
Von Fr. W.
»Als die Römer frech geworden,
zogen sie«, wie es in dem bekannten
Liede heißt, ,,nach Deutschlands Nor
den«. Natürlich konnten sie dies nicht
thun, ohne einen General dabei zu ha
ben, und darum gab der Kaiser Au
gustus ihnen den Varus mit, der be
reits den Militärverdienstorden besaß.
Als nun Arminius eines Tages in
der Zeitung las, daß drei Legionen
,,behuss größerer Uebungen im Ge
lände« nach dem Rheine zogen, da
sprang er mit einem ahnungsvollen
»Ah-a!« auf und eilte zu seinen Freun
den, die gerade auf ihren Bärenhäuten
lagen und ihm lustig ihre Humpen
«entgegenschwanaen.
»Komm, Bruder, trink’ mitl« riesen
fis ihn-n In hnckj stminilla hkffkhfk !
,,Nichts da, jetzt ist keine Zeit zum
Trinken. Laßt uns erst die Römer·
aus dem Lande jagen, sonst können
wir keine Maß mehr in Ruhe trinken!'«
Mit einem heftigen»Donnerwetter!««
sprang die ganze Gesellschaft auf.
Dann hoben sie die Humpen in die
Höhe und riefen: »Arminius soll le
ben! Hurrah!« und tranken aus.
Hurtig eilten sie dann von Stamm zu
Stamm, überall rufend: »Die Römer
kommen!« —- und überall klang ihnen
die Antwort: »Werft’s ’naus!« —
Jn kurzer Zeit war die deutsche
Landwehr einberufen; bald stand der
deutsche Heerbann in guten Verstecken
im Teutoburger Walde. Auch die
Römer ließen nicht lange auf sich
warten, und nun handelte es sich um
die bekannte Frage: »Wer hat dich,
du schöner Wald?« —- Aber die Ger
manen machten wenig Umstände ; sie
sangen: »Sie sollen ihn nicht haben!"
und Steine, Pfeile und Wurfspeere
flogen von oben herab auf die Römer,
die in dem vom Regen aufgeweichten
Waldboden ihren ganzen Drill ver
loren. "
Als die Germanen genug geworfen
hatten, erscholl das Commando: «Fällt
das Gewehr, marsch, marsch!« und mit
betäubendcm ,,.Hurrah!« rannten die
Haufen des Arminius in die gelichte
ten Legionen, die gerne ausgerissen
wären, wenn es nur in dem Walde
recht gegangen wäre.
Varus sah dem Ding nicht lang zu;
denn pensionirt wäre er doch geworden.
»"5utsch sind wir einmal«, sagte er
blasirt, »also Schluß!« rief er laut
und stürzte sich in sein Schwert.
Die Sieger aber säuberten den
Wald, und während in Rom die
Kammer stürmische Sitzungen hielt
über Neubildung von Legionen«,
schwangen die Germanen in ihren
Wäldern unter dem fröhlichen Gesan
der »Macht am Rhein« und des »Hei
Dir im Siegerkranz« ihre vollen Hum
pen, die einen bestimmten den Platz
für das später-: HermannsdenkmaL
andere gründeten einen Kriegerverein,
und einer, der von den Römern einige
lateinische Brocken aufgeschnappt hatte,
meinte: »Er-km itidsmms!«
—DasWichtigste. A.: »Was
war denn die erste Arbeit von Deiner
jungen Frau?« B.: »Auf-Z Mode
journal hat sie sich abonnirt.«
—EineEvastochier. »Mei
netwegen, wir lassen uns scheiden, aber
die Scheidungstoilette mußt noch Du
bezahlen!«
— Erklärts Sie: »Du gähnst
jetzt in einem fort — das war doch
früher nicht« Er: »Da war ich auch
noch nicht verheirathet.«
— Neckisch. Junge Dame:
»Sind Sie noch frei, Kutscher?« Kut
scher: »Jck nich, mein Putechen —
aberst die Droichke!«
— Neue Krankheit. Ser-«
geant: »Kerl, Sie sehen ja so versof
fen aus als hätten Sie das »galop
pirende Destillirium« !«
—- Bei der Schmiere. Herr:
,,Jhre Schauspieler sprechen aber un
deutlich, da versteht man ja kaum ein
Wort!« Director: »Passen S’ nur
auf den Sduffleur auf, den verstehen
sie sicher!«
— R a ch e. Glu: »Tu, Paula,
Dein gefchiedenck Mann oll ganz »
glücklich sein, daß er wieder frei isi!«
—- Paula: »Das soll er mir btißent
Jch werde ihn wieder heirathen!« -
—- Bosltaft A.: »Was sagen
Sie zu den Gedictzten die Herr Feder-I
im »Morgenblatt« veröffentlicht·s« -—"
B.: »J vermisse sie im «Abendklati«
—- mit esondeter Botliebei«