Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 12, 1897, Sonntags-Blatt., Image 14

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    —
Eise sindsahrkr-Lievesgkfchichte.j
Aus dem Engkischim ibesarbcijet Von S.
S p i e g e l.
Es ist seh-ww, sich einen verliebte-n
Menschen vorzustellen, dir plötzlich von
der Redfahretmawipe, wie von dem er
stem MassrnanfaT ergriffen work-an
ist.
Bett-im iisnMann sesm Herz, so ver
mischt sich seine Individualität -— das
sag-en Migftsesns die Rotn«J-nschriftsjels
let — et bijßt seine-n Witz um sein-In
Eikrgeiz ein, uswd wäkckmd er sich die
ernstdwfdestrn Godantsen über die ihn
am besten tleisdewde Haarstisur mach-t.
verkürzt und vernachlässigf er s-.inaGe
schäfxsstrmstsn auf die beklagenswen
Neste Weise. s
Die Radsastfremansie ist beinah-e noch
schlsmser als die Liebesmanie. densn
erstens fängt sce furchtbar technisch an,
zweitens Versetzt sie den Fahsrenden fast
fortwährend in ein-In Zustand höchst
uingenrüthlicher Transspiratison drit
tens hält sie ihn vom Hause entfernt.
und keine dieser Thsatsachen trägt Dazu
b·3i, ikn in seiner Familie oder in s ri
nem Bekannt;rntreis bselI’-:bt·er zu ma
chen. Aus selnse Unterkaltungsgabe usw
sein-en Gestchtskrris iilet sise eistisen höchst
m-onoton-In-, einseitigen Einfluß aus,
dan fiir ils-i eristiresn nur z-w;i Men
schen-Kassen-, die-, »die fahren, und die,
die nicht fasten könn-::sn; Alles tosas er
aus dem Rad vollbringt und erlebt, er
zählt er in ungefähr derselben egoisti
sch-In Weise, in der RobinsVU Crusoe
sein-e Erlebnisse niedergeschrieben hat,
um se größer sich seine Manie aus
wäcksst, desto tlseirer schsknt sei-n Geist
zu werden. Nichts als Mechianismus,
Parmtsischerbxeitslasmpom Bremsen und
Peoale interessiren ist-n mithrz man
sieht ihn höchst ernst-hast mit einem
Freund-e reden, und Beide stecken die
Köpf-e zusammen ihre Augen scheinen
aus den Höhlen tret-m zu wollen, ihr
Asdent aeht rascher urd rascher, sie be
finden sich in fieberhaster Erregung
und sind allem Anscheine nach ein-er
Frau wagen in Streit gerathen und
wan sich fordern-; —- nsichts davon,
sie ftrxiten sich nur über tsEe besonderen
Vorzüge ihrer gegenseits-gen Räder
Der Held meiner Erzählung besaß
Seeerng genug, um stch zu glei
cher Zeit in Stin- Mäsdckjesn und in ein
Rad zu verlieben, iin Zeichen, daß er
irdensalls ein« prächtigry arcß an
leater Mensch war; aber gerade durch
seine Doppekncsigwrvg wurde er etwas
Ewgireilig term- fiir ihn gab es nur
strski Gesmächsstosse. entweder »Mit-T«
oder »Mäsbchen«. Er shisesz Hans-, war
keine hervorragende Persönlichkeit und
bildet-e also darin eine Ausnahme von
unsere-r sent-gen, glänzendem selbst
bewußten Jugend.
Um Nrlly, das Mädchen, schwebte
jener unbeschreibliche Reiz, dxr so an
zisahserid wirkt und sich so schwer erklä
ren läßt; nicht daß sie häßlich gewe
sen wäre, aber is gab tausendmal schö
nsrrse als sie; urs) doch mußte in ihren
nachtschwarzen Augen und ihrem lau
nischen roth-en Mut-d Etwas liegen,
was die Männer widirstanidslos zu ihr
hinzog Denn Hans war nicht ihr
einzigevBetousndsrrer. und es gab außer
Shsm noch untere, kluge und geistreiche
und nicht von der Radsalkremanie be
fallen-e Verehrer-, die sich um ishr Herz
und ihre hart-d Nimman
Aber die Liebe läßt sich nun einmal
nicht gebieten; mochten sdie Männer
auch noch so liebenswüvdia schön und
gut sein, Nella zog ihren Hans, trotz
dem er toxszgser hiibsch aussah, in der
tiefster-Ra«d-sahremsanie steckte usnto schon
eian verfiel-i gewesen war, doch alle-n
anderen Bewerbern vor.
Besonders der letzte Punkt aus s ei
ner-Vergangenheit war ihr höchst ange
nehm, denn nicht um all-es in dar Welt
hätte sie seine erste Liebe sein mögen,
selbst nicht um den schönsten n:-u-est·en
französischen Stimme-ehrst von- Ma
dame Virort.
Die erste Liebe« war ein länigst
übnwunbmscr Standpunkt bei Hans,
abn- als gefüshlvoller Mgcxsch konnte
er die Erinnerung an sie nicht aus fei
nem Gedächckniß deshaan und hier
und dia, mcistcns zu ungeleqener Zeit,
überließ et sich feinen Iris-Texng
nnd erzählte —- mehst zu f-:Tr.:m als
sei-wer Wkörer Ersgößen ——— von Furt
erst-m Eroksemipig Leiter muß ich ein
gesteht-m daß die Herren -d:tSchöpf11n-g
main-schmal sehr lästig werd-en kämen,
skesoskers aber dannk wem sie ihre
Wassers-neuen immer mit ekmem u-. dam
selben Ustma M zu Tode langwei
im. Es giebt Man-eh »die nm übe-r
WILL-UT nend andere, die Inm- über
zweit-M zu tot-da sim Stud- sind,
wieder andere unterhalten sich stetsl
von Kunst und Wissenschqu manch-Z
machen nur den- Mund aus wenn von
der lenken neumodU schen Sünde, den?
»Rädern«, gesprochen wird, aber die
Schlimmsten sinid vie, dir immer wit
der von »dem anderen Mädchen« an
san-gen
Ich habe sehr-n einmal gesagt daßs
Hans Its der ein- hervorragend Ver ,
sönlickfkw t noch ei. gesptäckigx r Gesell
schaster war, denn Mrsnschen die es
mit der Wahrheiternst nehmen sind
selten seh-e l.bk:-Jst beanlagr Wenn er
seiner Nelly beim Esan gnzeinüsbcrsitzenj
und in ihre dann-In Augen sehen kenn-» :
,fiihlte er sich schon vonständrg be- «
sriekigt, und seine ganze Unterhaltung
beschränkt-e sich gewösanslich auss esinige
B tue-klungen über sein Rasd und die
Verbesserungen die er daran anbrins ,
gen wollw Sein Bräutchen fächelte;
nachsichtig zu Allem was er sagte, und z
wenn er gar zu monotvn wurde vers -
sucht e sie, das Gespräch unbemerkt in
andere BalCZFe zu lenken. »
An ernemungkuagayem acer Hei es
ihm ein, von »dem anderen Mäidchen«;
anzufangen i
»Eig-enstlich möcht ich roch gxrn wiss !
sen, was aus Anna geworden ist!« be- ;
gann er, während er die Gläser füllte. Z
Nelly nahm sofort eine etwas gesk
langweiltis Miene an, gab vor. es nicht ,
zu wissen, und bemächtigte sich zweier
Zahnstocher, die sixe plötzlich sehr zu in- «
terfsirsen schien-am und die sie miteinan
der zu vergleichen anfing.
»Sie tansn sich nicht«-S ausk- dem Kerl
machen-, mit dem sie jetzt ras):lt." fuhr
Hans fort und sah sden Meßdersuchen
mit der größten Gemiithsruie zu; »ich
weiß, daß er nicht itxr Geschmack ist,
den-n seines Beine sind viel zu schlapp,
und er kam die sinke nichr ordentlich
durchdriiclen. chr Frauen seid doch
komisches Geschöpfe; wie ist es- nur
möglich, daß sich ein solch’ Geschöpf
wie Anna an einen Mensch-In wie Paul
Brmnmer magsquer vermag«?
UnterIdessen date Nelly herausgefuni
in, daß der einesahnstocher bereut-end
kürzer als der andere war, umd brach
ein Stück von sdem längeren ab, um sie
aneinander anzupassen
s Seufzend fuhr Hans in seinem Mo
nolog fort:
s »Wir haben schöneZeiten zusammen
verlebi, Anna unsd ich, wie genau erin
nere ich mich an den Tag. wo wir aus
fuhren, und ich seibst tutschirte; es
war etwas windig, und sie trug eines
von den runden grauen Dinge-m die
mit ein-er Menge kleiner Kragen besetzt
set-D, wie heißen sie doch nur?«
»Ich weiß es nicht«-T erwiderte Nelly
und betradJsgetz date Fiktaernägel die
allerdings set-r hübsch, aber gar nicht
interessant waren-·
»Oh. Du mußt ei kcch nisf;-:!« erst
gegnete er gereizt. »Sie fliegen immer
tin der Luft herum Nun, wie sie auch
heißen mögen-, wir waren cnoch nicht
weit gefahren als uns Brumrner, der
furchtbar eisersiichstig war, zu Pferde
begegnete Nein, das Gefecht hättest
Du sehen sollen, es war so weiß wie
Dein Kleid; ich glaube, wenn er ge
tcnnt hätte, hätte er mich am liebsten
auf ider Stelle in’sJ-enseists befördert!«
Und Hans lachte vor selbstzrrsrietener
Eitelkeit über das ganze Gesicht.
Einige Augenblicke herrschte Still
schweigen, dann wiedirholte er noch
einmal in bedaunndemTom »Sie war»
ein süß-es Geschöka- i
. Jetzt hob Nella dieAugen zu ihm auf;
und legt-- die Zorns-sche- bei Seit-J
und hart-s bemerkst-e mm zum erste-nE
Mal, daß ihr gewöhnlich blasses-, pli
vsnsarsking Gesicht-Anna’s war im
mer rosig ausgehaucht gewesen — glit
hmd gerötitxet war und ihre Augen
Blitztze schossem
,,Wmn sie fo süß ist daß Du nIch
imer den Geschmack von ihr im Munde
haft, « sagte sie, ohne m ihrer Enegmgi
auf die Auswahl ilyret Worte zu ach-!
ten »so te ll ich ilfn Tit nickt läraeri
verderben-! Es ist heute nicht das erstes
Mal, daß Dir die Vergangenheit besi;
fer als die Gegenwart zu g fallen
scheint ich gebe Dir aber m n Wort
daran-L daß es das letzte Mal gewesen
ist. Laß uns nach Hause g: hen!« z
Hans starrte sise fassungslos an ers
hatte sie für ein hocklssetziges Mädch: n
gehauen, das über kleinlickke Eifersucht«
what-en sein mußte und konnte nicht
s:s-.tftelfien« warum sie auf esse-mal so er
ziirwt war; der arme Junge wußte
reiwcht sdaß es in diesem Punkt über
basupst teine Hochh: Tzigteit bei den
Frauen giebt.
WANT Liebe« stellt-e et ihr vor, »e es
ist ja Alles vorübet!«
»Das ist es auch mit uns!« erwi
Qnte sie heftig. Bring mich wach
hat-id«
Nun bog-wire erst-h doch etwas unbe
daglich zu flibten und m feiner M
F 1
genheit pfiff er leife vor sich hin; vor
der entgiltigen Berlöhnmvg war ihm
asilerdings nicht bange, aber sie war ein
schweres Stück Arbeit, und sie würde
ist-m herzlich san-er gemacht werden.
Selbst der thun-er, dessen Gefähle noch
nicht vollständig abgestumpft waren-.
sah ihn bestürzt und theilnahinsvoll
an und hätte ihm gern sein Beile-to
ausgedrückt als er das Trinkgeld in
Empfang nahm.
Sobald sie auf Der Straße wart-er,
Begann Hans-, rer wußte, daß Nelly
gern- fubr, usnd der sich eine Beispika
nun-g im Wagen leichter als wo and-ers
vorstellte: »Wollen wir eine Drofchte
nehmen?«
»Nein, ich gehe lieber!« erwiderte sie
kurz und bog in »die Linden« ein.
Die Straße »Untir den Lin-den« ist
sehr breit, und wen-n zwei Menschen in
gehöriger Entfernung von einander
geh-en wollen. steht ihnen nichts im
Wege: das thaten idem-m auch LdLe Bei
den, und bis vor Nellifs Hausthiir
warte kein Wort miteinander gewech
selt. Nachdem sie mit ihrem Schlüssel
geöffnet hatte, deutete sie ihr-in Ge
liebt en nur durch eine Handan
an, daß er ihr folgen solle, und ging
sofort in das Wohnzimmer, wo sit ihre
Winter-, ei ne stattljche wohlbeleibte
Dame, die fortwährer in taufen-d
Aenasten über den Eigeniwillm ihrer
Tochter schwebt-, vorfand. Sie hatte
sich einstweilen das Warten auf das
Brautpaar im Schautelstushl Vertrie
tsstn und fikefi ein«-i Seufzer Der Er
leichterung aus-. als Tje Bei-den eintra
ten: aber ihr Gesicht zog sich bedeutend
in die Länge, als Nelly ihr die Hand
auf die Scknlt r legte mII sie bat sie
für einige Minuten mit Hans allein
zu la -ssen, und mit gemischten Gefühlen
sah Usein feian iutirnftaen Tini-vie
qermutti r nach wie sise gehorsam zum
Zimmer binaustoatschdlte
Q-J- .L«:.... « ,» « s - -
»oui«-» qvcc unu- u««t, chucrzl Icllxc
Bretti, sobald sich »die Thür geschlossen
hatte, und warf ihren neuen the-irren
Frühjahråhut achtlos aus das Saphir-;
»zwischen uns ist Alles vorbei, sbenn ich
hab-.- keine Lust, däe zweite Gxige zu
spi;len, selbst nicht für bas- schönste,
»siißest«e'« Märchen ausder Welt. Wenn
Du mich liebst, muß ich Dir recht sein«
tri- ich bin, rsket Du hast mich liber
lxsaupt nicht gern; auf kein-en Fall aber
setze ich mich wirrer hin, um Dei-ne
gefühlvollen Erinan mit anzu
hören. Es ist mir vollständig gleich
gilt-ig, wie eine Andere aussieht, mild
wer sie ist, ich lasse mich doch nicht von
ihr in ten Hinter-Freund MZVSMJ Du
hast mich heute nicht »das erst-e Mal cnrf
diese Weise beleidigt um getränkt, sei
aber versichert, daß es das letzt-e Msal
gewesen ist!«
Sie shatte die Worte so hastig unt
überstiirzt hervorgesprutzelt, daß sie
jetzt athinrlos aufhören mußte, und
Hans bonutzte sofort wie Gelegenheit,
um flu- tnist vollständig ruhiger Stim
me zu erwidern: «
»Ich habe nur gaoacht daß Dich
Alleg, was mich ern-betrifft interzssiren
würde —- selbsst eine alte Liebe.«
Mit einem verächtliche-r Blicks, der so
sdeutlich wie möglich sagte-: »Wie we
nig verstehst Du die Frwuen!« sit-h silyn
Nelley an, ihren Lippen aber ent
schlüvste nur eine einzige Silbe-:
»Narr!«
Zu jeder anderen Zeit hätte ihn dies
gewöhnliche Wort von ihr nur unan
genotkm berührt, ttr verächtliche Ton
jedoch, in dem sie es heut-e aussprach,
teizte ihn dermaßen-, daß er seumoth
im Gesicht war-de und zornig erwi
derte: «
»Wenn Du schon so srüh nrit ver
Eise-sucht Mängst —«
»An-gefangen und beendet,« entgeg
nete sie hitzig, »ich schicke Dir morgrsn
Dein Bicvcle zurück,« —- -denn in un
serer modernen Zeit nimmt sdas Zwei
rad jetzt öfters die Stelle des Verlo
bungsringes ein«
Hans nat-in seinen Hut: »Du willst
es, usnh es ist Deine Schuld —«
»Ich weiß es, und nun ach-S«
Die Haustlkitr fiel ins Schloß. und
das erregte Mädchen stürzte qui dem
Zimmer, um mit Gerva stiie hervor
brechenden Thrärsrn zu unterdrsiickenx
sder Mann aber. Eber sdcn »so-ne pas-«
aemacht l:-atte, ging langsam und nach
donllich siinsszs Werkes und murmelte
,,Sie bitt ganz Rscht Mhtkbn tmd ich
war ein Narr, ich tät-te nur von »Mi
dern« unrs nicht von »An-nas« sprechen
sollen!« -
Radfahkers Kriegslisä
Die Radfahkermanie ist ein Segen
für verckbfchiedate Liebhaber-: das em
pfand auch Hans und verfuschckh die
Legt-.- in seinem Herzens und Man msLck
mdkoien FIWU mtid WZW
auszufüllen· Trovdem bemalt-n sec
s
ne Freund-, daß er raising vcsn Ermi
kser zu spielen, dasß er sich nickt mehr
um sein-e Fris Irr titmmerte usnsrx die Ge
schäft-stunden pünktlich einhirslt, ja,
daß er sogar nmnchmal länger als nö
thig auf dem Woir blieb unfo mit
seinem verwilderten Hamruchs bei-—
Ialxe toie ein Fußballspieler aussah-.
Jnsnerlich aber trug er sich mit r-·:r.:r
Idee, und da sie bei seinem etwas
schweren Denke-mögen nur langsame
Fortschritte machte, idauerte es keins-he
zwei Mo satte, bis sie vollständig zur
Reise gelangt war. Das-m aber lauft-e
er sich ein Tand-m und ließ es sich ans
sein Zimmer schicken, und mindestens
ein-e halbe Stunde betrachtete er es dort
in iiesstem Stillschweigen Ausgeregt
girg er in rer Stube hin unsd her,
tauchte verschiedene Cigarren nur hat-b
zu Ende, zwickte seinen Hund in den
Schwanz und in die Ohr-on und wars
»die Zeitungen um sich herum. Als fei
ne Ungeduld ihren Höhepunit erreicht
hatte, trat sein Freund Werner ein, der
sich ebenfalls für Räder interessirie«
aber nicht von der Mir-nie für sie be
herrscht war. uind sofort wurde er vor
die neue Maschine geführt, die Beide
nun auf das Emgehensdste untersuchten
und tritisirtm Warten als der Arl
ti,re verstand schon besser, mit den
Frauen umzugehen, und-Hans die Ge
leqenhcit benutzen-T ergriff ilxn am
Arm und schüttelte ihm sein ganzes
Herz aus-. Er erzähisie ihm von seine-m
Zerroiirfniß Ins-i Nelln und beschwor
ihn, ihm zu Iiyelsem alt-er der Freund,
der ihm zwar angelegenstliQ doch mit
etwas gelangweiltism Auårdrucl zu
hört-e. brachte seinemLiebesschmerz nur
wenig Sympathie entgegen Je weiter
er indessen in sein-er Erzählung fort-—
schrästi, desto interessirter uner gespann
zrir folgte Werner seinen Worten, und
salH er geendet hatte, konnte Jener nur
mit Mühe ein leiseå Lächeln unter
drücken
»Eigentlich ist Dir ganz recht gl
scheh-en.« bemerkte er, als Harz geen
det hatt-; »Die konntest Du nur so
dumm sein und ihr« von ein-er »An-ve
ren« vorjammern? Das lasse-n sich die
Weiker nssemalsgefallen, und Du trägst
ganz allein die Schuld an Eurem
Bruch. Jch will mich damit nicht zum
Vertheidiger tlseinlicher Eifersucht-:
leien aufwerfen, aber das merke Dir,
alter Kerl: komm Du mit Frauen gut
entglomm-en willst, so sasse sie mir
Handschuhen an! Bei Nella wirst Du
wohl ausgespielt haben armer Junge
mxlo das thut mir aufrichtig leid um
Dich, desan sie ist ein virteufeli hüb
sches Mädchmk«
»Ich verlange keine philosophischen
Abhandlungen von Dir, ich verlange
Deine Hälse, und Du kannst mir hel
fen, wenn Du willst,« erwiderte Hans
flehend und hielt ihn- noch immer am
Arm fest. »Aber wie?"
Während der nun folgenden Erklä
rung öffneten sich Werner’s grün-lich
grause Augen immer weiter und weiter
vor Erstaunen, und als ter ungleich
liche Liebhaber endlich mit ziemlich be
schämter Miene lxrsvorstotterte, um
was es sich eigentlich handelte brach
sein Freund in ein- nicht melyr enden
wollend-T schallen-des Gelächter aus.
»Hanss!«"sagte er stöhnt-nd »ich habe
Dich immer für einen Einsaltspinsel
gehalten, aber heute thue ich Dir feier
lich Abbitte den-us Dein Plan ist ein«
sach großartig. Die Jsoee ist zwar nicht
ganz originell, dafür ist es jedoch das
Mittel zur Ausführung. und da wir
Alles daser besehen-, gieb Deiner ge
wöhnlichen Lammsaerlullo einen Stoß
und gehe are-f das Ganze Nur mit
Gewalt gewinnt man die Frauen, also
vomärts, tapferer hell-l'« -
»Willst Du mir «kelfe!i?« sragte
Hans kurz.
»Ja «-— und wann ?«
»Morgen.«
Der Friedensstifter und
das Takt-dem·
Es ist eine weit-verbreitete Ansich
dcxß großgewachsene, schlau-ie, schwarz
äugiqe Frau-en mehr Msuih als kleine,
zierliche, blauäugiae besitzen: bei Nelly
war das ask-I nicht der Fall, denn sie
gehörte zu den ängstlichen Rat-sahns
eins-In und hatte fich, seitdem sie das
Verlobungsbirvcle asn Hans zurückge
schickt bat-te, fast gar nicht mehr auf ein
anderes hinwfaewagL Jht stahl
graues Spoktsostiim hing am Napel
im Sei-krank, use-d so oft sie es ersah
mußte sie an Hans den-ten, W Ton-m
men Hans und seine nennst-e Manie.
Wen-Ei sie sich aber an das leütes Ge
spräch und an »die Andere« erinnerte
wies sie jedes sanfte-re Gefühl mit Ent
püfiunq von- siszdmn sie hasm wcht ge
handelt nnd würde ei Niemals kreisen
Dmmä versuchte sie Mus, sich
ihres hewisamö zu usw« sich ebn
l 1
Herreden Haß sie weine-r ihn- noch ihre
köstlichen Anssliige zu Zweit-n aus dem
Rad vermisse, und daß ihr Musik, Let
tiire tin-d Handarbeit bedeutend besser
ais sder Sport gefielen; nnd in recht
traurige Gedanken versunken, saß sie
eines Nachmittags vor dcm geöffneten
Flügel im Wohnziminer. als das
Mädchen eintrat und Herrn Werner
anmeldete.
Wer-net war der verzogencs Liebling
der Damen, weil er gegen alle gleich
galsant war und man sich ksrimlsich die
schrecklichsten Gkschichten von seian
stürmischen Vergansgenskrt zuflüsterte
Da er den Frauen und Mädchen er
lau-bie, sich in seiner Geg rnvart stets
so egoistisch wie möglich zu zeigen, und
« sie von diesem Recht, dass sie sofort in
die beste Laune versetzte, auch den aus«
"giebigsien Gebrauch machten, war et
ihnen zu jeder Zeit ein Dei-willkomme
ner Gesellschaften Den Geistreichen
sagte er Komplimenie über ihre Schön
heit, bei den Schönen bewunderte er
ihren Verstand. und Denen, die i bn in
teressirtem dichiete er alle möglichen
»Tai-enden und Vorzüge an, mochten
sie sie nusn besitzen oder nicht. Nelly
war von jelcer einer sein-er besonderen
Lieblinne gewesen, und anch si: hatte]
in der letzten Z-ii, seit der Trennungl
von prsz öfters an ihn aedacht. (
E Also haben Sie das Radsahrenl
Ewitllich ausgegvben?« fragte er anschei- I
znend bestürzt, nachdem sie sich einig-II
HDVJZEnuten unterhalten hatten. i
, ,Far.·;(en Sie jetzt auch schon wie all j
l
xdie dumm«-n Männir an, nur von Rä
stern in sprechen-. "·
E »Ich danke Ihnen fürr is versteckte
EKonipliment, « erwiderte er init let sein
iLächss ln »aber wenn ich das jetzt thue, !
kbabe ich eine ganz besondere Ursache
kdazu. Meiner Meinung !« ch ist dasj
i;Bici)cle, das ganz und gar i·.« chi siir
zuns civi lisirte Menschen daß-i, von et
Eneni alten MS santbropt n erfunden
EtvoiI.-n. Jch radle grundsätzlich nie
gmals allein denn es macht inir keine
E Freude, mich stundenlang iii meiner ei
nensn Gesellschaft zu laiiawesz len: ich
thvill meinen Mund zu dem akbraii
; chen, zu dein ihn mir der Schöpfer ge
Egeben bat, zum Lachen urd Plaudern, ’
Zitnd iiichi nur-, um ihn cill zwanz: a
kMiiiuten einmal zu öffn: n-, damit ich
Ici n Glas Bier die durstiae Kehle bkii
iunteraieszen kann. Wenn diese Manie
so weiter um sici creifi, arteii wir noch
zuletzt in eine Nation arti-sitt »Schtvri
ger«. Misantbropeii und Säufer auss«
i Während sich Werner sei nein Rode- «
jstroin ibbirließ, und dabei sei-ne Auaen
tforttväbrend ans Nelln s Gesicht hafte
Eim, fiel es ishr auf, daß er allerdings
bedeutan besser als Hans zu sprechen
Zverstand —— aibr wie dannen-d waren
Eseine Schultern, fast so abscrlleiisv wie
«e:ne Champagnerflaschet
»Ich stimme mit Ihnen überein,«»
ierii gegnete sie lebhaft, »und wenn auch:
jdie entbusiastischsteii Radfalbrer dar-.
EGegenstbeil behaupten so bliiebe ich doch
bei meiner Ansicht, daß jeder laiid »
Ischaftliche Reiz dein Auge Desieniaenz
; Intarbrn iiiiiß, der nur daraus bedachtE
Iist, die größte Kilometerzabl zurückzu
leSM- «
. »Es giebt kein Vergnügen sür sichj
allein es muß zui Qweien genossen wer- i
den« fubr Wer-nie fort, »und darin
liegt der größte Fehler des Bicncles.
iDagegens Ist das Tandem. als das- ge
tdde Gegen-theil, eine bedeutend schö
nere Erfindung, und erst auf ihm
nimmt die Frau rie richtige Stellung
ein« die sie im Leben ausfüllen soll.«
»Wteso2«
»Sie gereicht ihn zur Zierde und
Ibat so gut wie nichts zu thun-« Und
Beide brachen iw ein herzliches Geläch
Etck MS.
E »Ich habe ins-in Tandiin unten
sie-den« loa Wer-net aus-s »die unver
schämteste Weise wettet, »und kam nut
thraus imi Sie zu fragen, ob Sie sich
Iniir anvertrauen wollen. jetzt aleich?«
Als er aber sah wie Nelln über ihr
ganges liebliches Gesicht trröttete, be
lwutr er beinahe das Versprechen da
er dem Freunde aeaeben hatt-e und
wünschte, daß das Rad wirklich ibm
sie-hörte
»Ich bin eine sehr furchtsaiiie Raid
Ton-ist«
(
,T«—esiv Hoff-ff Merer er fsfwclL
,,wollen Sie sich fertig waschen?«
Erst seht fab- fse. hfz er im Rad
fahrerkostiim zu ihr gekommen war,
its-w daß sein-: etwas umntmickklfitn
Bei» In written Siriiwfen steckten,
mw sie erklärte sich sofort bereit, ihm
zu folqm
Das Tau-dem stand auf einer whi
qen, etwas abfchiissigenStellie der Gar
kens, und ais Wem-er ihr Humdfbapb
smfzte er leise und lächelte eigen-Mänt
ksäch few-erbot vor sich hsm, dann aber
sprang et mit wichnnEnHchktsß Hacke-r
ihr auf. und in ziemlich schnellem
Tempo ficht-m Bett-e sdawsn
l J
Jm tiefsten Stillschweigen vergingen
einigt Minuten, und Nelly, die » IF
reits wunidertn daß ihr Begleiter
doch im Salon und can-f wem R de
gleich zu Hause war, sich so stumm ver
hielt, begann als die Erfl:e, über die
Schulter sprechend, die U«n-ier«hI-ltuwg:
Es ist ein sehr angenehmes Gefühl »
für mich, Daß ich-einen so guten Rad- i
fahrer hinter mir habe."
»Ist es das, Nelln?« frag-de ein-e s
Stimme, teren tiefer Baß nur Hans
angehören konnte; denn Werner sprach
in bedeuten-d hölxerin Fisteltönen
,,T-u?« rief sie zitternd aus und wen
cete sich um, »was soll cis-s heißen-?
Wo ist WAer Laß mich herimstser!«
,.Springe nicht ab!« erwiderte hans
mit gebieterischer Stimme-, während er
in fieberhafter Erregunsg weiter fuhr:
»Jetzt, wo ich Dich endlich einmal für
mich hab-, lasse ich Dich nicht eher Us,
als bis ich mein Herz vor Dir möge
fchütiet habe, und wenn ich bis nach
Hinsierindien fahren sollte. Nenn-e es
einen UeberfalL ein-en Schrlmenstteich.
nenne ei, rrie Du willst; in ider Liebe
und im erieg sind alle Mittel erlaubt.
Wer-net hat mir geholfen, »denn Du
haft mir nicht auf meine Brsiefe geant- .
wert-en seiteni wir uns gezankt Ihn-ben,
Nelln, und meine verschieden-en Besuche f
hast Du nicht angenommen Aber ich
habe es mir in den Kopf gefest, daß
ich Dich mif irgend ein-e Weise spr »in
müsse, —- versuche nicht, abzuspr Jen,
es ist gefährlich! und Du mußt
mich bis zu Ende hören. Du hast mich f
einen Narren gefcholien, Nc»lly, und
Tssu lxasi vielleicht Recht gehn-ht, aber
Tn vEst auch nicht klüger als ich, denn
Du ireifii txt-z qui, Das-, ich nur Dich
liede, Daß mir die Andere nicht halb so —
rkkel irtrtly ist wie Tu, um daß sie ab
ziettzn um tor: Und begraben ist, und
um —im1:.«-.n »Ur nicht rules to
saaen urtI ai uedriictem tvie ich es; gern »
möcht-, Intedl wie ich es empfinde, aber
diese-:- aanzc »ertviirfnis!, ist Unsinn
nnd stirrerseL Wenn Du mich wirl «
lich nicht liebst, Dann sage es mir frei ,
ter; r-, dann saae mir: »Hast-L ich sz
liste D rch nicht, « nnd ich weist-e fort- ’
att- :n nnd Tiair nie wieder be lästigen
Aber wenr Tit mich liebst « und ich
glaub-e, Du tltust eis, s- so vergiß. dass;
ich ein Dummtcspf und ein Narr war
und Dir eine »An-dere« airftischtse, die
lebet-sit wahrsckqeinlich jetzt schon verlobt
oder verlieiratliet ist, und aus der ich
mir nicht Dass l.5teringste mache. Sag’
ei-» rnir Nelly. sag« seg mir, das Leben
is: so ls.:rz, und wir wollen nicht seine
schönste Heit Verpassen, sage mir, ob -
Dir mich noch immer hassest ich werde
rn: ch nicht zn Tode trinken oder ansiere «
Tu inrnheite n i.ad;en, aber ich werde
Partien unr morgen Berlin fiir immer »
verlassen! Jetzt gielz mir Deine Ant
wort u O trlaulse mir, »sir berunterzu
helfe-is«
Diese leidenschaftlicheAnsprache war
zwischen Piifsen und Stößen, als er
einen kleinen, ziemlich steilen Ali-bang
lieruntersirhn dicht an Nelltfs Obst aei
sprachen trorden, und sie tonnte an der
Aufrichtigkeit seiner Worte nicht län
aer zweifeln, Und als Hans ils-r jetzt
mit der höflichen, etwas entfernte-n Ar
tigleit »eines Radfahrerlehrers herun
terhals, sal) fiel-aß sein sonnvetdranni
th Gesicht tief erblaßt war, und daß
sie seine Augen tritr und angstvoll an- ;
schauten. «
Jn einer Selunre durchkreuzt-ten Tie -
verschiede Gedanken eiEsr Gehirn "« »
Welch’ prächtig-en lrastvoller Mann «
war er doch, und wie einfach imd gra
reaus sein Wesen. wie rasch hatt-e er
seinen Fehler erkannt, und um wie viel
höher stand er als alle die geistvollen
Köpfe, die so geschickt zu lügen ver
stehen, und die es nie rnit der Wahr
teit ernst nehmen!
,Las3 uns rie ,,Andere« vergessen
Hansl« war Alles, was sie sagte, u ,
sie leqte ihre Hand in seine zittern
braune, und aus dem Tandam fitr
Puin tlxaten sie das auch bald. « «
Oe se :- j I «
««Tp
»Der Plan ist vortrefflich gelu«meii,
alter Junge!« lachte Hans, als er Wer
ner miesoerfatix »sie hat eingewålligt,
daß wir unk im nächsten Monat heim
then wollen; haft Du uns fortfahren
set;en?«
»Ja, ich sagtu »Gott segne Euch,
meint Kind-ri« und schluig mich in die
Büsche, denn ich wußte, daß ich über
flüssig war.« ; »
»Ich werde es Dir nie vergessen, und
wem Du auch Einmal in »der Vatsche
stecken solltest, helfe ich Dir heraus-.
Einstweilen lade ich Dich hiermit zur
Hochzeit ein.«
Werkes gähnte used steckte sich eine
Cigarte an ——— die Liebeöangelegmchei
ten Andern interesfmn W nicht be
sonders, selbst nicht« wenn wtt bei der
glücklichen Lösung die M im Spiel -
gehabt haben. «