Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 15, 1897, Sonntags-Blatt., Image 8

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    »M- Smrin degksodtenY
Von Jul. Mag
(Fovtietzung-)
Der Anblick des Goldstückes, das
Montmayeur inzwischen aus seiner
Börse genommen hatte, schien die letz
ten Bedenllichleiten des Boten zu besie
gen-. Er drehte den Brief noch einige
Male hin und her und reichte ihn dann
dem Versuche-r mit den Worten:
»Nun- wen-n es so steht, dann kann
man es ja wohl riskiren.« -
Der neue Briesumschlag trug zum
Glück keine Adresse; Montmayeur zers
riß ihn daher kurz entschlossen mit sie
berhast zittern-der Hand und las den
darin befindlichen Brief, welcher lau
tete:
»Meine liebe KlaudineL Ame-T was
Du mir schreibst, habe ich mir ja selbst
schon tausendmal gesagt. Jch weiß es,
daß diese Liebe wider die Natur, daß
site entsetzlich ist, aber ich vermag nicht
gegen sie anzutiimpsen, sie ist stärker
als ich. Daran werden also alle Deine
Vorstellungen und Beschwörungen
nichts ändern können, aber ich freue
mich trotzdem, daß Du kommen willst,
und erwarteDich morgen gegen Abend.
Ich liebe Dich und werde Dich immer
lieben, darum vergib mir!«
Eine namenlose Wonne, sich so ge
liebt zu sehen, durchsluthete die Brust
des Mörders. ErstCourlawde’s Frage
»Run steht etwas Gutes siir Sie
darin?« ließ ihn aus seinen Gedanken
auffuhr-en
,,Jawohl, jawohl!« versicherte er
Hang- .
»Ura, oaS ireur mich. Bin ja auch
’mal juna »ewesen. Aber Sie haben
den Umschlsg zerrissen, was sang’ ich
mm mit dem Briese an?«
»Damit habe ich schon gedacht.«
Montmaheur nahm aus seiner Brief
basche ein neues Kommt, steckte den
Brief hinein und klebte es wieder zu.
»Eine Adresse hat nicht daraus gestan
den-; Fräulein Klaudine kann also
nichts davon merken, daß ich ihn ge
sehm hab-X
Der Bauer schob den Brief nebst
dem so leicht verdienten Goldstück ein
und ging vergnügt nach Les Bernadet
tes weiter-, während der Chemiker nach
der Fabrik zurückkehrte, wo er sich in
sein Arbeitszimmer einschloß.
«Sie weiß Alles!« murmelte er.
.Deshalb also bebte sie damals vor
meinem Kusse zurückl«
Die ganze Nacht schloß er kein Au
ge, sondern überlegte, wie er es mög
lich machen könne, die Unterredung der
beiden Schwestern zu belauschen. Wenn
Luzie, was wohl ziemlich sicher anzus
nehmen war, die Schwester aus ihrem
Zimmer empfing. dann bot sich ihm
ohne alle Mühe die Gelegenheit dazu.
Neben diesem Zimmer hatte sich näm
lich dasjenige befunden, in dem die alte
Frau v. Mmrtmayeur gewohnt hatte,
und das seit ihrem Tode leer stand.
Jedes der beiden Gemächer hatte eine
Thür nach dem Gange, außerdem aber
waren sie ursprünglich auch miteinan
der noch durch eine Thür Verbunden
gewesen. Die alte Frau hatte jedoch,
wohl um ihre nächtlichen Gänge un
entdeckt aussiishren zu können. daraus
bestanden, daß diese Verbindungstbiir
verschlossen und» ihr Schrank davor
gestellt werde. f «
Am anderen Morgen, als Luzie un
ten in der Küche beschäftigt war, schlich
Johann sich in das Zimmer seiner
Mutter, schloß hintersich ab und rückte
nun möglichst geräuschlos den Schrank
so weit von derThiir ab, daß er hohnl
terschliipfen tun-nie Bei seiner Kör
perkraft war ihm das ein Leichtes,
mild er konnte sich nun davon überzeu
gen. daß es ihm möglich sein werde, je
des Wort zu verstehen, wenn in dem
Nebengemach nicht allzu leise gespro
chen würde.
Was wohl die beiden miteinander
reden würden? Jhm war es, als ob
sein Geschick von dieser Zusammen
kunft abhinge, aber auch. als ob ihm
irgend eine unbestimmte Gefahr drohe.
Indessen, was vermochte Klaudine ge
gen- ihn?
Er»beobachiete Luzie den ganzen
Tag usber.schars, sie schien aber ganz
singen univ- tin-verändert
Jm Laufe des Nachmittags ver
steh-« Wsss zwi- s- »a
me n— —- ez gewa
M, in dem Zimmer seiner Midi
ier, schloß die Thür von innen zu
M starrte nur-mit fieberhastet Span
nung aus Klaudinmi Kommen. Es
Mein bereiis zu- dsmkkeln, mvd sie war
sub immer W erschienen- soss daß et
M W, sie habe- mchdm sie den
W m- M ges-sm- mf das
MQ ww, sie anbete- M
it W sit-se befand sich seht auch
nebenan; er hörte sie einige Male un
ruhig auf und nieder gehen. Endlich
glaubte er aus dem Hofe Schritte zu
und fah Klaudine in das Haus gehen.
ESie begab sich geraden Weges in das
Zimmer der Schwester und klopfte
zweimal leise an die Thür·
Luzie, und als von draußen ein »Ja«
vernebmbar wurde, ging sie zur Thiir
und öffnete
Das Alles konnte der Lauscher ganz
deutlich vernehmen; zum Glück fiir die
Schwestern aber vermochte er nur zu
Vhören und nicht auch zu sehen, was
nebenan vorging.
Sobald Luzie nach dem Oefan
der Thür ihrer Schwester gegenüber
!stand, die vor Erregung blaß war und
Isitterte legte sie schnell einen Finger «
tan die Lippen und machte eine bezeich
nende Kopsbetoegung nach der Tbiir
shin hinter der Monttnayeur lauschte.
Sie war dessen ganz sicher, denn sie
hatte ihn den ganzen Nachmittag nicht
aus den Augen gelassen und wohl ge
;merlt, wie er in jenem Zimmer ver
ischtvand Einen Augenblick verharr
’ten die beiden Mädchen schweigend,
»wie um Muth und Kraft zu sammeln.
idann begann Klaudine nachdem sie
Jdurch Nicken dargetban, daß sie den
Wink ibrerSchwefter verstanden hatte:
»Hast Du in diesem Briese mirtlich
Dein lestes Wort gesprochen, Luzie?«
R«
»Du liebst Montniayeur?«
»Mus; ich Dir das noch einmal wie
derholen?«
»Trotzdein glaube ich es nicht. Du
begtesi den lebhafteste-i Abscheu gegen «
ihn. als Du zuerst hierher gingest, um
zihn zu überfäbren und dem Gericht zu
überliefern. Und heute solltest Du den
’Md·oder meines Pflegevaters, siir den
der Deinige unschuldig sterben soll, lie
ben?'
schon geraume Zeit in dem Zimmer l
’vmpehmm, schiiipfte leise zum Fenster z
»Bist Du es, Klaudine? « fragte 3
»Trotz alledem liebe ich ihn.«
»Das ist undenkbar und unmöglich,
Schwester das wäre ja der Gipfel der «
Verworfenhrit!« entgegnete Klaudine
»Ach. Du kennst die Liebe nicht.
Die Neigung welche Du für Georg
empfindest, ist still und ruhig, und
bringt Dein Herz nicht in Aufruhr«
Ebenso erging es mir mit meiner der
Emeintlichen Liebe zu Walterx es war
IKinderei. Jugeiidfreundschaft weiter
inichts Jetzt aber liebe ich, ich mag
wollen oder nicht; es ist als ob eine ge
Iwaltige Strömung mich fortrisse ge
gen die ich nicht anznkämpfen vermag
IGlaubst Du daß ich nicht vor mir sel
ber schauderte, daß ich mich nicht selbst
lich sei, diesen Mann zu lieben, nach
Allein, was ich von ihm weiß- Viel
leicht iommt es daher, weil er mich so
wahnsinnig liebt ein solches Gefühl
mag wohl auch ansteckend wirken. Und
nim lass’ uns scheiden, Schwester, Du
stehst ja, dsk Vorstellungen bei mir
nichts feuchten Jch bin in Deinen
das tragen. Aber ich und er, wir ge
hören nun einmal zusammen Es ist
gegen alle Gefahren die ihn bedrohen
tönnenf
»Luzie! Luzie! Bist Du es wirklich,
die das sagt?«
oft mit Entsetzen fragte, wie es mög- »
Augen eine Verworfene und ich muß ;
meine Bestimmung sein Geschick zu «
theilen und ich will treu zu ihm stehen »
»Yrmge nicht weiter m mich,Schwe-Z
ster. Du bereitesi mir grausamej
Schmerzen, und doch ift alles weiteres
Reden zwecklos. Vergiß mich, für Dichi
darf ich fernerhin nicht mehr existi-;
ren. Lebe wohl, Klaudine, laffe mich!«T
Jetzt konnte der Horcher nichts mehr i
shören. Er vernahm weder den krampf- s
haften Händedruck und den Kuß, den?
die Beiden austaufchien noch daß Lu-;
zie dabei ihrer Schwester in’s Ohrz
flüstert1e: »Ich halte es doch nicht fürs
recht, was wir jetzt gethan haben, mirs
isi, als ob wir dafür bestraft werden;
müßten.« i
»Courlande bestand unbedingt da-?
rauf,« gab Klaudine, ebenso unhörbar, !
zurück. i
Luzie war allein. Draußen dunkelie i
es bereits. Sie fiiitzie ihre brennendek
Stirn- gegen die Fensierscheiben und?
blickie ohne ein bestimmtes Ziel in diei
Dämmerung hinaus. Sie mußte ihren!
Nerven Zeit gönnen, fich zu beruhigen. I
Plötzlich fuhr sie zusammen uns-d ftiesz
einen Schrei aus. Johann v. Mont
mayeur war von ihr ungehört, einge
ireten und legte jehi die hand auf ihre
Schulter.
»Sie hier, Johann, was wollen Sie
von mirs« rief sie, als sie ihn bleich
und verstört vor sich stehen sah. Er
antwortete nicht, aber seine Augen
Wen unheimlich, gleich denen ei
nes wilden Thiere-, als ee nun feinen
Immer legte imdsieiwtihrei
W - I an feine W zog. Er
taki- ihm M unt sei-m- heiße-i
I 1
Lippen so krampfhaft sie sich ihm auch
Iu entziehen suchte, und sliisterte ihr
Dann mit heiserer Stimme in’ö Ohr:
»Ich habe Alles gehört . . . . Alles!
Ich war dort, nebenan. Ach, wie Du
nich liebst, mein herrliches Mädchen,
:rotzdem Du mein Geheimniß kennst!«
Und so redete er noch weiter in ab-!
zerifsenen Säden auf sie ein und schil
Ierte ihr seine wahnsinnige Leiden
chaft während das sonst so energischei
ind kräftige Mädchen wie gebrochen,
viderftandslos in seinen Armen lag.;
Zlber als er sie jetzt von Neuem küssen
vollte da schrie sie laut auf Jn dem-F
elben Augenblick erschien ein Schatten«
:n der Thiir und eine ernste Stimme.
Fragte: s
»Johann was thust Du hier?" .
Es war Georg. Während Luzie
hoch aufathmend die häwde gegen ihr«
Herz preßte, das zum Zerspringen
tlofte, machte Johann zuerst Miene,
als ob er sich auf den Bruder stürzen
volle, dann aber besann er sich und
verließ rasch das Zimmer.
Der Kranke aber sagte mahnend zu
dem jungen Mädchen, bevor er ihm
folgte: »Ich habe es Jhnen gesagt: !
es ruht ein Fluch aus diesem Hause;
und Allen die darin sind! bäten Sieg
sich!« ;
18. s
Am anderen Morgen stand Johanns
o. Montmayeur an dem offenen Fen
ster seines Zimemrs und athmete mit.
Iollen Zügen die eindringen-de frische
Luft Er befand sich in fieberhafter
Aufregung, et hatte die ganze Nacht
iicht geschlafen, sondern fortwährend
jberlegt und nachgedacht.
Das Geschützfeuer war seit einigen
Tagen besonders lebhaft. Die Deut-v
’chen waren darauf gefaßt, daß die
Zarnison von Paris noch einen letzten
xrzweifelten Durchbruchsversuch in
--- m: Les-. -- -...«c mx-k -:fl-- »-.L---- f
»Hm-W w, »..,.«...-, .«..«.·«,
nen würde. Jn einem fort wurde die
Zuft von- dem Krachen der Feuer
chliinde hüben und drüben erschüttert
Zum-Cl der Mont Valerien war heute
ehr eifrig im Schleudern seiner riesi
Ien Granaten, von den Deutschen
,Zuckerhiite« genannt, die meist gegen
)en Park von Saint-Cloud und die»
Nontretoutschanze gerichtet waren,;
nitunter aber auch in Garches ein
chlwgen, und dort Feuersbrünste ver
irsachten. 7
Montrnayeur achtete nicht auf das,
Das draußen vorging. Er stand un
beweglich, auf die Fensterbriiftung.,
xestiitztV und finstere Entschlossen-heit
nägte sich in seinem Gesichte aus·Ä
oährend seine Lippen murmelten:
,Sie soll sterben —- es muß fein!« ?
Galt diese Drohung Luzie oder
Felaudinecck Beide Schwestern iannten
ein Geheimniß, aber die Erfiere liebte
:hn, und von ihr hatte er nichts zu
Türchtenx Wie aber konnte et Klaudine
hindern, sein Gebeimniß zu verra
then? Ohne Zweifel hatte sie es schon
vFett-san, den-n es erschien ihm jetzt
kweifellos, daß nur dadurch der Auf-»
l·chub von Doriat’3 Hinrichtung her-T
öeigefiihrr worden sei. Dann war zu;
seinem Glück der Krieg dazwischen ge-«
kommen; wenn dieser aber zu Endev
par, dann würde dasGericht den Fall
natürlich von Neuem aufnehmen« undE
dann hatte er zu gewärtigen, daß
Klaudine als Antlägerin gegen ihn
ruftrai. Wie das verhindern? I
Darüber hatte er die ganze Nacht
nachgedacht, und das beschäftigte ihn«
auch seht wieder, während er zu dein«
blauen himmel aufschnitte an dem
kieine Wollen wie weiße Fläckchen hin-«
zogen, und nur mit halbem Ohre auf
den längst gewohnten Lärm der Ge
schützt horchte i
»Mir dieTodten allein reden nicht!"
Diese Worte glaubte er immer wie
der zu hören, lauter als Kanonen. Zu
erst freilich hatte er den Gedanken mit
Schaudern von sich gewiesen. Er hatte
Bourreille getödtet, weil es nicht an
ders ging, aber nun noch einen zweiten
Mord begehen zu sollen, um die Ent-!
deckung des ersten zu verhüten, das
war ja entfehliebl «
Und dennoch gab es keinen anderen
Ausweg, wie sehr er fein Gehirn auch
anstrengen mochte, und deswegen wars
er zu dem Ergebniß gelangt: »Sie soll,
sterben —— es muß setnl« ,
Aber wie? Ein neues Verbrecheestl
würde zwar wohl nicht augenblicklich
die Aufmerksamkeit des Gerichtet er-,
reget-, daran war hier inmitten derj
butanv CAN-Mc - Trade-ern .
wä er eh e nnd der fast
täglich Wer Kämpfe nasz
türltch nicht zu denken-. Aber nacht-eins
vielleicht schon nahe bevorstehenan
Friedensfchluß witrden die Behördsrj
rsachfotschm, was aus Klaudtne ge-;
tot-oben sei, daran mßte er gefaßt»
fein. Unsre-der- hatte er um jeden
M zuberhllterh das tu Luzie ein
J
Ahnung davon ausdämmere, KlaudineI
sei von ihm getödtet worden, denn in ·
diesem Falle war ertibekzeugt, daß ihn
dann selbst ihre Liebe nicht vor ihrer
Rache schiitzeni könne.
Gräbelnd ging er in dem Zimmer;
auf und nieder. Mit einer Wasse;
durste er sie nicht umbringen, das wars
zu gefährlich, auch schauderie er vorz«
dem Anblick des Blutes zurück. Das;
mußte ihn zudem sofort Luzien ver-!
dächtig machen. und wie sollte er dies
Leiche beseitigen?
Er mußte Klaudine vielmehr ver-i
gisten —-— wozu war er den ChemilerH
Das Gift mußte ihr allmälig in ganzs
kleinen Dosen beigebracht werden, so;
daß der Anschein einer Krankheit her-s
vorgerusen wurde, dem das junge
Mädchen erlag. Dann konnte kein
Verdacht ihn treffen.
Aber auch so war die Ausführung
nichts weniger als leicht. Klaudine be
sand sich in Les Bernadette3, und et
konnte sich ihr nicht nähern, ohne Arg
wohn zu erregen. Ihm blieb nur üb
rig, sich Georg’s zu bedienen, um sie
wieder nach der Fabrik zu locken. Aber
was dann weiter?
Es war nicht leicht, daraus eine
Antwort zu sinden,un-dauch am Nach
mittage grübelte er in seinem Zimmer
wieder vergeblich dariiber nach. Plätz
lich vernahm er draußen Lärm und
Geschrei, die Soldaten liefen aus der
Fabrik nach der Richtung von Les
Bernadettes hin, wo ein dichter
schwarzer Qualm emporstieg. Jest -
schlugen auch schon die hellen Flam
men empor, —- das Gehöft mußte
brennen.
Schon eilte auch Luzie von Angst
um Klaudine getrieben,ebensalls dort
hin; Georg wollte ihr folgen, woran -
bei seiner Schwäche aber natürlich -
nicht zu denken war. Sein Bruder ·
fand ilm bebend im Hofe und«siih·rtei"
wn in oas yaug zurua, wo er oei ihm
blieb, während er den Gedanken ver
folgte, daß ihm dieses unerwartete )
Ereigniß die Ausführung seines fin- «
steten Borhabens wesentlich erleichtern-.
müsse. War das Gehösi ein Raub der
Flammen geworden, dann würde sich ·
Klaudine wohl nicht länger weigern,
zu ihrer Schwester iiberzusiedeln. «
Etwa eine halbe Stunde später sah »
er zwei Soldaten, die eine Bahre tru
gen, über den Hof kommen. Luzie
ging weinend daneben, und auf der
Bahre lag der Körper eines todten,
oder verwundeten Weibes.
Namen Sie von Les Bernadettek «
war das KlaudineT Dann hatte ihm
das Schicksal vielleicht einen zweiten
Mord erspart. Jetzt setzten sie die
Bahre nieder, und nun sah er, dasz es
wirklich Klaudine war. Er eilte hin
aus und zwang sich, ein trauriges Ge
sicht zu machen, aber trotzdem klang
sein Ruf: »Ist sie todt?« beinahe freu
di
»Gottlob nein, sie ist nur verwun
dei,« gab Luzie Auskunft »Helst nur,
sie in mein Zimmer tragen. Es isi
schon Jemand nach Garches geeikt, um
den deutschen Siabsarzt zu holen.«
Wenige Minuten nachher lag die
Verwundeie, die sich augenscheinlich in
tiefer Ohnmacht befand, aus dem Bettj
ihrer Schwester, die sich beeilte, die;
tiefe Kopswunde, die Klaudine oder-s
halb der Stirn erhalten hatte. auszu
waschen und mit einem vorläufigen
Verband zu versehen. Johann von
Montmaheur that sehr beeisert, um
ihr behilflich zu sein, während er in
nerlich nur den einen Wunsch hegte,
LIC- III-.
uns- wunw uiuujtc swtucx gcuug sein«
um ihn ohne sein Zuthun von feiner
verhaßten Gegnetin zu befreien. Auch
Georg war heraufgekommen, aber er«
war vollständig außer sich, saß auf eisI
nein Stuhle an der Wand und harrtev
mit Bangen auf die Ankunft der Arz-;
tes. Inzwischen berichtete Luzie denl
Hergang des Unglücks, wie sie ihn vonk
dem alten Knechte, der mit Klaudine
in Les Betnadetiesgeblieben war, ver-I
nommen hatte.
Das Gehöft war kurz hintereinan
der von zwei Granatem die von Mont«
Valetien kamen, getroffen worden.
Die erste war im Hofe geplatzi, und ein
Sprengfiiick hatte Klaudinr. die ge
rade in das Wohnhaus gehen wollte,
am Kopfe gestreift Von den Soba
ten. die dort lagen-, war keiner daheim,
aber der alte Knecht hatte aus der
Siallthük geschaut und gesehm, wie
VCS fWgc Mädchen getroffen zu Bo
den fiel. Gleich batan kam die zweite,(
Gen-date, welche in eineScheuet Müss
imd beim Platzen die dort lagernden «
Strohvottiithe in Flammen fette.
Dai- Fem uchm rasch aber-»d, das41
keine Hilfe zur Stelle war, und alt ·
Ue Søkdaten aus Garchei zum Lö- s
schen hetbeieklten-, stand auch das i
Wohnt-out schon in- hellen Flammen. i
Les Mete- war fast völlig nie- 1
vergeht-M, und Luzie hatte dann «
F s
veranlaßt, daß man ihre Schwester i
iach der Fabrik brachte
Jest erschien auch der Stabsarzt
Jus Garches, von einem Lazarethge
hilfen begleitet. Er begrüßte Luzie,
feine ehemalige Patientin, freundlichH
und sagte ihr einige tröstende Worte,— ·
um dann seine ganze Aufmerksamkeit z
ver Verwundeten zuzuwenden Er 1
schnitt erst ein Theil der Haare weg,:t
um die Wunde besser besichtigen zu t
können Sie war tief, und die Unter- 1
suchung dauerte lange. Dann sagte«.(
er: »Die Wunde ist nicht unbedenk- H
lich, doch dürfen wir bei der Jugend ·
und kräftigen Konstitution der Ver-It
wundeten das Beste hoffen.« Fast I
gleichzeitig drang ein Freudenrusiiber .·
Luziens und Georg s Lippen. Zu der t
Ersteren gewendet fuhr der Arzt fort: !
Wenn Sie Jhre Schwesier ebenso i
sorgfaltig und treulich pflegen, wie
diese Sie gepflegt hat, dann werden l
wir sie hoffentlich durchs-ringen Doch l
muß ich Sie gleich daran vorbereiten, (
daß die Heilung eine ziemlich lang- l
wierige sein wird. 1
Dann legte er mit geschickter Hand s
einen Verband an, allein so zart und !
vorsichtig er auch dabei zu Werte ging, (
so schien Klaudine doch heftige. «
Schmerzen zu empfinden. Sie stöhnte, i
bewegte sich und schlug die Augen aus« ·
schien aber Niemand zu erkennen. i
(
l
i
(
r
j
1
!
l
i
»So. für den Augenblick ist weiter
nichts zu thun,« sagte der Stabsarzt
»Ich werde Jhnen nur noch eine Me
Iizin aus Garches herüberschicken, von
der Sie Jhret Schwester alle Stunden
einen Eßlöffel geben müssen. Morgen
sriih komme ich wieder.«
Luziens Dank freundlich abweh
rend, ging er mit dem Lazarethgehibs
Fen wieder fort, wobei ihm Johann v.
Nontmayeur das Geleit gab Vorberxj
Hat-te dieser sich aber doch verpflichtet 1
:esiihlt, einigeWorte an Luzie zu rich- sx
en, um sie zu trösten. i
t
· ·
»Sie ooren sa, was oerYottor sagt, H
Zuzie. Jetzt ist Jhre Schwester so gut HT
vie gerettet, denn an der sorgsamsten;
Uslege soll es ihr nicht fehlen. Also«
"eien Sie nur wieder guten Maniele
So sehr er sich auch bemühte, denT
Ausdruck der innigsten Theilnahme in
"eine erte zu legen, so klangen sie.
wch gezwungen und unaustichtig Bei.
ich dachte et in demselben Augenblick:3
,Das Schicksal selbst hat Klaudine in ;
neine band gegeben. Nun mag es Hi
lonrmen, wie es will —-— lebendig soll I
sie nicht wieder von hinnen gehen!« i
-.-. — —- — — — —- — —l
Fast um diesen-c Stunde ais das IT
Behöst Les Betnadettes bei GarcheZU
niederbrannte, sand in dem nicht all-E1
zuweit entfernt-en Vetsailles ein welt- I1
Zeschichtlicher Vorgang statt: die Ber- i1
iiindigung des neuen Deutschen Kai-?
sen-ichs in ums-then stolzen Königs- «1
sehn-sie wo seit Nicheneusg Tagen so«
oiele schändliche Pläne zur-Erniedri-·
zung Deutschlandsgesaßt worden wa- Ei
ren. «
Als herrlichstet Preis siir die un- T
säglichen Strapazen und Entbehrum «
gen der deutschen Heere, für das Blut, Hi
das so viele Tapsete aus den Siege5-"1
seidern vergossen hatten, wurde nun T
dem geeinigten deutschen Volke das
neubegründete Kaiserthum zu Theil, t
dessen seierliche Verkündigung im gtos 1
ßen Spiegelsaale des Vetsaillet i
-·-—---k·-s.-.
Schlosses Mittags zwölf Uhr vor sich
ging.
. me Les- '- ·
otuc Puuzrch Uulslelh UcllcMth
Minister und Abgesandte der rings-il
menter waren anwesend, als der vier-i
undsiebziqjäbrige König Wilhelm mit
der Rüstigkeit eines Jünglings dies«
Tribiine bestieg, um mit bewegt-er H
Stimme zu verkünden, daß er die ihm It
angebotene Kaiserlrone annehme.i·
Dann ertheilte er dem Kanzler Grafen j·
Bismarel den Befehl, die Proklamm J
tion an das deutsche Volk zu verlefenJ1
Ein Armeebefehl gab gleichzeitig den s
im Felde stehenden Schaaren KundezI
von diesem großen Ereigniß, das diesi
alte Sage vom Barbarossa im Kissqu
häuser zur Wahrheit werden ließ und ji
den Traum aller echten Patrioten ersi
füllte. Es hieß in diesem Befehl an 1
das Heer: (·
»Eure Tapferkeit und Ausdauer in I
biete-n Kriege, fitr welche Ich euch I
wiederholt meine vollste Anerken- I
trung aussprach, hat das Wert der in
neren EinignngDeutschlands beschleu
nigt, ein Erfolg, den ihr mit Einsep
und eures Blutes und eures Lebens
rrtänrpft ba-bt.«
Aber noch immer war die blutige
Arbeit nicht ganz gethan. denn vor
Paris wie vor Belfort stand die Ent
·cheidung noch bevor. In Paris schalt
Illes den-Obertvm·rnandanten Trachte«
mß er bisher immer nur kleine Aus
7iille unternommen habe. Es sei ieht
der geeignete Augenblick, alle vorhan
Ienen Stwitlriiste zu einem Riesen
sutfall zusammrznraffen. um den
—--v«-—
Ists-»- wes- Ist
I —
pon Gambetta in's Feld gerufenen
Ieeren die Hand zum gemeinsamen
Dauptschlag gegen die deutschen Ein
-ringlinge zu reichen. -
Trochu wagte sich nicht länger dem
Ingestiimen Verlangen zu widersegem s
r hielt mit Zuziebung der Maires der »
wanzig PariserBezirte einen Kriegs- «
satb ab, in dem dieser große Ausfall
ins den 19. Januar festgesetzt wurde.
Eine bochtönende Protlamation ries
sie gesammte Wehrmannschaft der
Hauptstadt unter die Waffen, und be-:
seits in der Nacht vom 18. zum 19.»»
Januar begannen auf französischer »
Zeite die vorbereitenden Bewegungen «:
iir den entscheidenden Kampf, dessen
Zauptrichtung gerade nach jener Rich
ung hin geplant war, wo die arme ·
ilaudine gegenwärtig zwischen Leben s.
cnd Tod schwebte. «
Die Bewegungen vollzogen sich !
sauptsächlich auf jenem Gelände west
ich von Paris nnd dem Boulogner :
sehölz, vor und hinter dem Alles be
serrschenden Mont Balerien, das aus«
niden Seiten von der Seine um
chlossen wird, die hier die große
trümmung nach Nordosten über .
Zaint-Denis und Argenteuil machi. "
Die Stellung der deutschen Ein
chließungstruppn reichte hier von
Zaint-Ctoud auf dem rechten Flügel
its Bougival auf dem linken. Bei ,
Zaint-Cloud und Garches waren ne
)en der Montretoutschanze besonders
oichtige Stellungen La Bergerie,
Schloß Buzenval mit seinem Pakt
md La "Fouilleuse. Weiter folgten T
BoiS-Preau und der Pakt von Mal
naison, an die sich der bis nach Ber
ailles reichende Wald schließt; das
Tbal von Eucusa verbindet die Stel
ung Von Buzenval mit der von La .
Zonchere es wargewissermafzen eine "
iesenstarte. eiserne Kette über den -.
tanzen Eingang zu der Seine-Halb- J
nsel gelegt, welche die Franzosen zu —
prengen hatten, wenn sie auf diesem »
Buntte durchbrechen wollten.
man smcfsskoi«-IZO »so SI---oi KI- m
sog-Yo us - -»-«-vs »i» pu
iser Truppentheile auf die ihnen an
segebenen Plätze gerückt, von denen
ins sie am nächsten Morgen gegen die
ieutfchen Linien vorriicken sollten. Ge
valtia ragte am nächtlichen Himmel
per Mont Balerien empor, dessen Bat
erien seit dem Nachmittag schwiegen,
Im nicht dieAufmerlsamleit des Fein
des nach dieser Seite hinzulenken.
Am weitesten draußen streiften die
Franctireurs gegenüber den deutschen
Borpostem Weiter zurück folgten die —
Narschbataillone der Nationalgarde,
zum erstenmale mit den Bataillonen
)er Mobilgarde und den Linienregi
nentern zusammen in Schlacht-Ird
iung stehend.
Bei einer Schaar von Franctireurs,
die am«Fufze des Mont Balerien la
serte, stand Walter Bontreille. Seit
sinigen Tagen fühlte er sich wunder
bar beglückt; er hatte nämlich durch -
einen von den Port-often kommenden -
Kameraden einen Brief eingehiinsdigt
rhalten, der aus seinem Herzen plötz
ich die dumpfeBerzweiflung und Bit
etleit wieder verscheuchte, die sich sei
ier seit dem vermeintlichen Bermthe T
Euziens bemächtigt hatte. Er kannte
Die Handschrift des Briefes nicht, ein «
tnbelannter Bauer hatte ihn jenem
ieameraden draußen zugesteckt und .
var dann wieder entschwunden; aber
Das machte nichts, er glaubte ja nut.
tu gern, was darin stand. Der Brief
«autete:
»Ich bin Ihnen ganz fremd, hege
rber dennoch freundschaftliche Gesin
iung für Sie. Glauben Sie mir:
Zie haben Jhrer Braut, Fräulein Lu
sie, schweres Unrecht gethan, indem;
Zie, ebenso, wie Frau Doriat, vor
"chnell nach dem Scheine über sie ur- --»
-heilten. Letztere ist iiber ihren Jrr
bunt bereits aufgeklärt Fräulei
Zuzie hat sich opfern wollen, um ihre
Inschuldig verurtheilten Pflegevater
Doriat zu rettet. Sehr bald werden
Sie die Beweise dafür erhalten; bist
)ahin denken Sie nur immer daran
)aß Alles-, was Luzie seit sechs Mona-.
en gethan hat, sich immer nsur aus den
ben genannten Zweck bezog. Sie ha,
mmer nur Sie geliebt und ist Jbre «
Siebe keinen Augenblick unwiirdig g
vesen. "
Jch will zum Schlusse nur noch er
viihnen daß ich Beamter der Sicher
Ieitspolizei bin und seiner Zei
Michael Doriat nachBourges gebrach
iabe. Bald sollen Sie Weiteres er
abren.«
Den Namen Courlande mit
Iieser Brief unterzeichmt war,
malter nie vorher gehört, aber wa
trachte dass Der Verwth Luzien
var ihm ja von jeher so unbegreisl .
em geheimen Motiv gesucht hatte, u —
bn zu erklären. Jeßt war er nur
mit, Alles zu glauben wag da