Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 15, 1897, Sonntags-Blatt., Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    W
Unsre Leute im Tenemeuthanxkl
Meistenkheiks smid Flanigares drei
Jungen- daheim, manchmal aber bat
Eimer oder der Andere ein-en ,,Job«;
ja« es kommt vor, daß alle Drei zu
gleicher Zeit auMwig beschäftigt sind
und wen-n das der Fall ist, dann geht
Mein Flanigan in der Nachbarschaft
txt-um untd drückt sich ins ihrem Muts-z
terstolz dathin aus, daß es ein Segen?
des Herrn sei, Buben zu besitzen, die,
nachdem sie ihr zehntes Jahr zurückge
legt, schon im Schweiße ihres Ange
sichts ihr Brod zu verdienen im Stan
de seien-, gerade wie es die heilige
Schrift besagt —- und man wisse doch,
daß man auf seine alten Tage einmal
gut ab sein werde.
Freilich. wetm es aus die geschäft
lichen Erfolge ihres Mannes-. des Mr.
Flcmigan ankommt, wird dieses Ziel
kaum je erreicht werden« densn da der
"sel’be. wie er sag-t, schon in Jsrland
daheim Fu einem New Yorker Polier
mawn »geraiset« worden ist und ihm
anstrengendes Arbeiten total »aus dem
Wege« liegt, so wird er kaum jemals
sich nnd seine Familie auf einen grü
nen Zweig bringe-m
Für den Fall, daß die deutsche Ja
nitreß, Frau PölzeL dsie im Basement
zwei halbdunskele Zimmer inne hat,
gerade zufällig in der Backyard Wäsche
aufhängt, schiebt Mrs. Flanigan
"bche«nde ihr Küchenfenster auf und
stimmt aus vollem Halse jenen wohl
bekannctm Straßen-gefang; an, in wel
chem gefragt wird, wo Moses gewesen
sei, als das Licht ausging, und die
zwei-te Sttophe bepicht-et daß er unten
war im Keller uswd Sauerkraut aß.
Frau Pölzel weiß schon, was dass zu
bedeuten hat und da sie jung und hei
term Temperamenies ist, lachst sie in
sich hinein unsd denskt: »Warte nur, ich
will Dir den Moses mit dem Sauer
kvaut schon einreiben-.«
Es dauert auch gar wicht lang-e, so»
Mdelt die Gehnde dnan doä M
ges daher-. Die san-bete Hausverwalq
mirs fegt gerade zum sechste-n Male fürl
dieer Tag das Pflaster vor der Haus
Wüte.
»Sie halten den Platz doch wenig-i
fis-us so ziemlich inN Oedumkgx sagt dte
herantretewde Häuser-agent, Herr Mc-l
fes, ein kleiner, grautöpfiger Mann,
der vor ihr stehen bleibt nnd mit fei
nen scharfen Augen in jeden Winkel zu
dringen scheint.
»Oh ja, Wn klein BisseL Herr Mo
ses,«' versetzte Frau Pölzeh den Besen;
gegen die Thür lehnen-d und sich rnit:
der Schürze iiber das- lyiibsche roth
bäckige Gesicht streichend. i
»Wissm-s, Hm Moses, bei achtzehka
Familien da will’s was heißen, mits
dem Rein-halten« ?
»Weiß ich,« antworte-i bedächtig der
W, »aber dafür habe-n Sie auch»
lece hübsche kühle Wohnung ganz frei
nnd können noch ’n! Bis-schen für die.
Leute waschen unid Jhr Mann hat im-;
mer-fort Arbeit unid kann etwa-s zu-H
väckleges., Mit der Zeit können Stiel
weh ’rnal ganz gut ab werden. Wenns
Sie aber Mietlye bezahlen müßten, Ihr;
Mann meinetwegen faul wäre und Sie f
vielleicht gar ein halbes Dutzenid Bin-H
der ernähren müßten —«
»Ach, Herr Moses, wenns man lau-(
tet Buben wären, dann —« fällt Frau
Pölzel mit listige-m Lächeln ein —
»die Flanigan’sche is ja arg gut ab mit
ihre drei Jungen-, wo nun schm- alle
Tage OW- und ihr schönes Geld
ver-dienen Jeder hat’n« »Joh« und die
Alte is unbändig hochnäsig seitdem.
Na, ich lbin blos froh, daß sie nicht
W voeki früh bis Abends hier her
unrbriillm —- wenn’s nur immer so
»Als-) die haben Geld —« bemerkt
der Agznt- mit bedächtigem Nachdruck
—- »un-d stwd mir noch zwei Monate
MMhe schuldig! Warte, da will ich
doch ’mal sehen —«
Er kramt ein-en Streifen Papier und
einen- Yfeistist aus seiner Westmtaschk
und geht in’s Haus, usm gemesseneri
Schrittes dkre Treppen hinaufzustrk
gen.
Hier und da thut sich ebne Thür auf,
? aber der Kopf, der sich hervorstreckt,
fährt sofort wieder zurück, sobald Herr
;- « Moses in Sicht kommt, und wetm ein
»F- Meihwwhmk etwa zufällig die Stie
s « gen Wust und nicht mehr zur-litt
s Ham, so drückt et sich so düstm als
« lich an der Wand entbang bis der
f Mute-Wer an bhm
will-et M.
. MADE-et folgt auf den« Strüm
. , Schuh- in der Hart-d tra
« · PHMM M« MAX-·
- « se , als Troß
M in der M Macht M haus
Oss m m sak- wessay im m
J
J
I
Mermi- hm Moses vie dont-!
Treppe hinwiitsigsd befindet sie sich«
noch ern-f der zweiten unt-als er in Fla
nigan’s Wohnstube verschwänden sieht
sie dicht vor derselben nnd neigt ishr
Ohr wißbegierig der großen Spalte
zu, welche Zeit, Fenchtigteit und
schlechtes Holz gemeinsam in Flansi
garss Thüre eingegraben haben.
Sie hört »das näielnde: »Haustedsu,
Mr. Moses,« womit drinnen der
Agent begrüßt wird unsd nun ver
nimmt sie auch, wie er höflich nach der
riickständsigen Miethe fragt. Er er
hält eine Antwort, die ihm nicht zu be
hagen scheint, denn er schlägt auf ein
mal um und wir-d dringen-d. Ja, Frau
Pölzel kennt seine Art, ,,er is’n wahres
Pian»oforte,« pflegt sie zu ihrem Mann
zu sagen, »erst kommt er Piano, und
wenn das nichts hilft, dann kommt er
For-te und dann sha1t’s geschellt.«
Plötzlich, als dieHorchserin noch dar
auf hofft, ein recht deknüthsigendes Be
kenntniß derSchuldnerimu vernehmen
driwgt ein vielftimmiges, entletzliches
Geschrei, Geheul, Gejohle alle drei
Treppen herauf, i Revolution muß
unten ausgebrochen sein und mit
Blitzesschnelle läuft sie hinab.
Während sie hinwnsterjagt, dringen
aus allen Thüren Erwachsene und
Kinder, die ebenfalls wissen wollen,
was los ist. Unten angelangt, be
merkt sie mit Genugthuung daß we
nigstens ihr Hausflur nicht als Stätte
des Aufruhrs dient. Eine Stimme
aus dem Schwarm, der dsie Treppen
heradftolspert, läßt sich vernehmen:
»Ich wette, das sind Flanigams Jun
gen-l«
ch--»L ----- F s-- esvkses »Du-III ist«
Uhu-unser uup »Es Vveiuos -------
der Stelle die sie noch vorhin so sorg
sältig gesäwbert bat, sieht sie die Be
scheetung vor sich, Flanigan s Patrict
balgt sich mit seinem Bruder Mike unsd
der dritte Bruder-, der schlaue Thomas-,
stellt Bei-den ein Bein, so daß sie nie
derstürzen und am Boden sich wälzend,
einander die Haare taufen und die Ge
sichter zerlratzen Sämmtliche Jungen
der ganzen- Nachbarschaft bilden die
Zuschimen sie treischen, brüllen und
schreien: »Halt fest, Patie!«, ,,Hau ihm
eins ’nein, Mike!«
Auf einmal giebks einen furchtba
ren, erschütternden Schmerzensschrei
Und die Jungen ringsumher fahren
»Mut-! Blut!« schreiend auseinander-.
Die Hausverwaltetin, die sich eben
mit ihrem Besen bewaffnet, thätlsich
eintmischen will, erblickt Patrick Flam
gan todtblaß, mit geschlossenen Augen
am Boden liegen, unter seinem Kopf
hervor quillt das warme Lebensblut
und färbt sein strohblondes Haar roth.
Sein Bruder Mike tniet neben ihm
und heult, wobei er den Getroffenen
beständig rüttelt und fiel-endlich bet
telt: »Komm aus, Patie!«
Tomass stürzt in’s Haus-, die drei
Treppen bibnauf und kommt in weni
gen Augenblicken mit seiner Mutter
und dem Herrn Moses wieder un
ten an.
kDas ist also der Job, in welchem
Jhre Sishne interessirt sind, Mrs. Fla
nigans?« fragt Letzterer in pathetischern
Tone, tin-dem er auf die beiden Jungen
am Boden mit ausgestrecktem Finger
zeigt.
Die Frau, an welche diese Wort-e ge
richtet sind, vernimmt sie nicht, mit
lautem Jarnmergeschrei ist sie bei ih
rem Aeltesten m die Ame gesunken und
klagt: »Mei Patie, met Patie wer bat
Dich getillt?«
»Macht keinen Stand-at hier auss der
Straße,« gebietet der Agenst. »der-i
ämämäelschM kenlauzock mit dem
p W wich
btnein und Sie Janitreß, gießen’ n
Kübel Wasser iiber die Blutlache, da
mit miser Hans nicht in schlechtes Ge
rede tmnmt.«
Irotzoem Das er lich lehr zornig
anstellt, legt sich auf das faltige Antlitz
des kleinen, ergrauten Mannes doch
ein Zug des Mitleides, als er sieht, wie
die trostlofe Mutter ihren schwerver
wunsdeten Buben von der Straße auf
zuraffen versucht, wobei sie ihm bestän
dig« die zärilsichsten Namen geiebi.
Thomas und Mike fassen laut heulend
miii an ualo so tragen sie ihn gemeins
fchafilich in’s Haus-, die drei Treppen
hinauf und legen ihn- auf das große
Familiewbett, welch-es außer dem eiser
nen Kochofm dmhaupibestandiheil der
armseligen Einrichtung bildet.
Sämmtliche Tmanis, die zur Zeit
daheim sind, drängen sich mit herein
und obgleich Mes. Flansigan bisher we
nlkg MW gewesen ist- sp öffsvms sich
ihr doch im Augenblick der Noth alle
hat Moses ist ans das Bett gelteien,j
um den Man-delet- zu besichiligen !
»Mit Mem hat die Brut nichi hast-»
sit-if murmelt et, eifrig beflissen, fein
W MW Me- esu schroff-s
H
Wesen zu verstecken »Wie mir’s scheint
ist der Lümmel ans einen spitzen Stern
oder Glassplitter aufgeschlagen da
»unpsz’n Wundarzt her, und das gleich
iNa — was steht Jhr hier und halte
Man-lassen seit? Sie, Lina Starken
Sie laufen gleich ’mal urn die Ecke zun
Doktor Stifter, der esin Freund vor
mir ist, und geben im hier das Papier
chen und er soll gleich kommen!«
Line Starken trocknet ihre rinnen
den Mitleidsihränen und folgt den
Befehl des Mannes, den- sie von aller
. Männern, die sie je gekannt —- unsd de
Tren giebt es viele —— am meisten fürch
tet und rennt die Treppe hinab.
Das Renomme dieser mit zwei tlei
nen Kindern im Topsloor wohnenden
Lin-e begründet sich zwar nicht auf Tu
gend und Si"ttsamkeit, doch da sie ihr
Rente stets piintilich entrichtet, ihr
Wohnung äwßersi sauber hält und it)
ren Lebensunterhalt durch Waschen
und Vögeln der Sonntagswäsche un
beweibter Männer verdient, so kam
ihr Niemand etwas Unrechtes nachwei
sen, um so weniger, als sie allgemei!
für ein »gutes Schaf« gilt, das vo«
lauter Gesälligteit »das Hemsd von
Leibe« weggiebt.
Als sie richtig mit dem Doktor ans
langt und der große Moment erscheint
wo dieser den verwundet-en Jungen be
sichtigt, nehmen alle Anwesende eine s
zerkntirschste Miene an, als ob sie sicl
bereits zu einem Begräbnis versarn
melt hätten, selbst als Flanigan’s Pa
trick die Augen ausschlägt und seine
Bruder Mike getde, mit halb er
loschener Stimme murmelt: »J- knor
Ehe — — out of -——« regt sich kein
aut.
Der Doktor verlangt den Herganx
der Begebenheit zu erfahren, was MVS
Flanigan veranlaßt, das Wort zu er
greifen:
»So’n brave-s, frommes, liebes Kinit
—- und immerfort gut zu rniir und je
den Niciel heimgebracht: »Hier Ma
das is for Dich!« Und alle drei jede1
seinen schönen Job seit zwei Tag-en
aber Patrick hattet-en besten. zwei Dol
lars siins und zwanzig Cents di(
Woche. Aber nun —«
»Das gehört ja gar nicht hierher,'
,siillt der Doktor ungeduldig ein. Er
that sich bereits über den Verwundeter
sgebeugt, seinen Kopf in die Hand ge
nommen und die Untersuchung began
nen.
»Nein, das gehört nicht hier-her,«
wiederholte Herr Moses, »so ein Aus
ibuird von einem Muster ist Jhr Jung
Iiiberhaupt gar nicht, Ihre Jungen alli
sdrei sind die ungezogensten Range-r in
Ider ganzen Straße, das ist es eben
kDoktor, sie haben sich gebalgt und dabe
iist s geschehen«
»Ohne Messer, « —— bemerkte der
IDottor.
I »Jeses Maria, werden sie Messer ge
habt hat-ein« schreit Mrs. Fiaruigan
»Liebe Du Mike ——«
; Lesterer macht ein trotziges Gesich
und schüttelt den dicken Kopf »Tmnai
weiß —-« brummte er.
»Tbomie? Wo ist Tbmnie —- rede
Du, Thomie —«
Aber keine Antwort erfolgt, alle An
wesenden beginnen zu suchen, einigt
schienen Thomie unter dem Bett, an
dere an der Zimmerdecke zu vermuthen
aber es ist Verlorene Mühe, der Ver
mißte kommt nicht zum Vorschein.
»Ich weiß jetzt,« sagt der Doktor
»ein spitziger Wand stekkt Ihm M
shjntertopse Bringt mir ein Wasch
tbeeken mit Wasser, einen Schwamm
fein paar Handtiicher und etwas weicht
Halte Leinwand Alle sollen das Zim
;mer verlassen, nur die Mutter de!
Knaben soll hier bleiben. Herr Moses
lann auch da bleiben, wenn er will.
Mrs. Flanigan blickt rathlos nack«
ihrer Sind, wo sämmtliche Gesrchte1
und Hände der Familie« sowie Kartof
feln, Gemüse, Geschirr und Lappen al
ler Art den- Neinigungsprozeß durchzu
machen pflegen, bis zu einem Wasclk
becken unid nun gar zu einemSchstvamm
hat sie es ihr Lebtag nicht gebracht.
»Ich borge mein Waschbecken,« trö
stet Frau PölzeL die, nach erfolgter
Reinigung des Straßenpflasters, sich
selbstverständlich eingefunden hat und
recht gut die Mängel von Flanigan’s
Enkrichtung kennt.
»Und ich hole meinen- schönen
Schwa-msm,« sagt Lina Starken, »ich
habe einen- siir die Herrmhemden zum
Art-feuchten beim Bügeln, aber in sol
cher Noth —- riein, da geb’ ich alles
w «
Sie geht und holt den Schwamm
und bringt auch gleich zwei andere,
weiße Wild-eh sowie ein titckchen
parsiimärsse Soise mät während Frau
Pölzel ihr neues blaugeblllmtses Wasch
·
f
draußen derhausverivalterin den Aus
trag, in der Apotheke an der Ecke die
Rezepte machen zu lassen, die der Dot
. tor während des Jwgen Krankheit
: verschreiben wiirde und dein Apotheke-r
. zu sagen, Herr Moses sei gut dafür
. Als et die Treppe hinab geht, zupft
. ihn der Miether, der im ersten Floor
: vorn hinaus wohnt, am Aermel und
raunt ihm zu: »Mr. Moses, Sie wer
- den die armen, geprüften Leute nicht
wegen der rückständigen Rente hinaus
setzesn —— wie?«
- Der Agent betrachtet sich den Mann
s von der Seite —- ,,Na,'« schreit er ihn
an, »bezahlt muß werden und ioenn ich
- die Leute nicht heute oder morgen hin
aus setze, so ——«
- »Ach, Mr. Moses, um Gottes Wil
, len, nnid das sterbende Kind, ich habeI
. selbst vier —- ehe Sie das than, tomsj
: inen Sie erst zu mir, Sie wissen, ich
habe mein eigenes Geschäftchen «
- »Al! right, « nickt der Agent und.
schreitet ernsthaft an dein Fürbitter
- vorüber, wobei er denkt: »Halt niichi
denn der Mann fiir einen Barbaren?«
: Aber etwas geschmeichelt fühlt er sich
doch als Mann, dessen Macht nnd Ein
fluß jeder Hausbeivohner anerkennt E
: Gegen Abend erfahren sämmtliche
Hausbeivohner, daß der Doktor einen;
- spitzen Stein aus Patvick s Hirn-schale
geschnitten habe und daß der Zustand
des Knaben Vielleicht kritisch werden
: könne. Mrs. Flaniganis Wehklagen
: erfüllen das Haus und Mite, sowie der
wiedergefundene Thomie leeren ihre
: Taschen in der Mutter Schürze aus, J
. wobei sie mit gesenkten Köpfen beich
i ten, daß alle Drei ani Mittag vbn ih
ren Arbeitgebern entlassen worden
seien, weil sie sich nicht hatten »be-;
, ven» ioninem Meng genig nt als-z
. les, was sie als Lohn ihrer kurzen
Thätigkeit mit heimgebrachthaben J
Das Herz der armen Frau wird
- noch um eine Last schwerer unld ihrel
Thriinen fließen reichlicher-. Die zwei
- Jungen kauern sich in einen Winkel
und verhalten sich so still, wie nie zu-Z
vor ihrem ganzen Leben. s
- Wie es dwnkel wird, kommt die
französische Kleidermacherin vom drit
ten Floor hinten hinaus, zu Mis. Fla- z
nigan herein-, nimmt sie zutraulich beis
der Hand u. obwohl Bei-de noch nie in j
geschäftlichem Verkehr gestanden haben,s
so bringt das Unglück sie doch in nahe?
Berührung.
«Mrs. Flanigan, wenn etwas passi
ren sollte,« sagt die kleine Französm in;
ihrem Weichen Englisch- »ich helfe Jh-T
nen- mii den Trauersachen aus, einiges
kann ich Jhnen leihen und was sonst
noch ist-»auf Kredit, für unbestimmte
Zei-t.« !
Die ges-rüste Mutter schreit laut aus
unid fällt der neugewonnenen FreundinF
um den Hals. !
»Wir Armen müssen zusammen hol-s
ten," sagt Letztere, wobei sie der Frau,3
deren scharer Mundwerk sie mehr als-4
einmal verletzt hat, die rinnen-den
Thränen von den Wangen wischt und «
mit zitternder Stimme versichert, daß;
sie selbst auch wisse, was Ttubel sei.
Als es Nacht wird, kommt Mr. Fla
wigan heim, wie immer »bökt er
- schwer«, d. h. wenn er seine Wbiskey
bottte nur einmal,asnstatt zweimal über
Tag hätte füllen lassen, würde er eben
so leicht hören, wie andere Leute. Nur
halb verwimant er, was geschehen ist, in
seinen staubigen Arbeitskleidern wirst
er sich aufs Bett, neben- seinen tobt
iranken Buben unsd schläft so fest ein,
daß er nicht gewahr wird, wie er von
seiner Frau von einer Seite auf die an
dere gewälzt with, um zu seinen- Ta
schen zu gelange-m wo frei-lich, nicht viel
zu suche-n ist. .
Lin-a Starken hat zwar den Tag
über hat geschafft und ift zum Umsta
ken müde, aber trotzdem will sie Iich
mit der Frau Pöfzel in der Nacht
wache bei Flaniaan’s theilen. So stellt
sie sich gegen Mitternacht eisn und setzt
sich an das große Familienbett, wo
Vater Flanigan schnarcht, fein Sohn
im Delirium des Wundfiebers vor sich
hin redet und Mutter Ftanigam am
Fußmde lauer-ird, ebenfalls einge
fchcummert ifi. Gewisse braune und
schwarze Käfer, welche mir die äußerstet
Rein-lichteit fmi zu halten vermag, kom
men aus der Sink heraus-, laufen übe-r
den Tisch, an der Wand empor, fogsar
über die Bebtleiften und die Leiber und
Gesichter der beiden-, am Boden liegen
den Brüder des Markte-d
, Arm Starke-n giebt dem Leidensden
i feine Medizin und macht ihm alle zehn
Minuten frische Umfchläge iiber die
Stirn, genau wie der Arzt befohlen
hat. Dabei erinnert fie sich irr-it
keinem Gedanken an die garsti
ges Schimpfworte die ihr die
Familie ZW, befanden aber
der tratst-te IM, fo an
gen, treu unverbro en — sie
Ohre PM als W Is.
ein paar Stunden später, Frau Pölzel
erscheint und sie abliist. Dieselbe hat
müde vermeinte Augen, da ihr Mann
sie ansgezanlt hat« weil sie sich für
fremde Leute —- noch dazu die schlechte
sten im ganzen Haus — ausopferr.
»Der niederträchtigm Bande die Faul
W stärken und selber lrsaint wert-ein«
hat Herr Pölzel gesagt, den-n er selbst
ist ein äußerst straffer Mann-, ehemali
ger preußischer Soldat, und hält etwas
auf die Disciplin, wovon die Familiej
Flanigan leinens Begriff hat· »Wenn!
sie halb so tätig wären, wie ich wwdt
Du« hat er zu seiner Frau gesagt, »da»
wollte ich noch Mitleid haben-, aberT
diese träge, schmutzige, lappige ———«
Das ist wahr« einen besseren Arbei
ter als Herrn Pölzel kann es nicht ge
ben, aber dafür hat er auch seinen
Stolz, ,,einen reguläreni Jnjansterix
stolz,« sagt seine Frau, die sich von
dannen gelchlichen hat, nachdem er die
halbe Nacht räsonnirt hat und endlich
eingeschlafen ist.
Es sieht genau so aus-, als ob nicht
der trante Patrirl allein sondern die
ganze Familie Flanigan von den an
deren Tenants in Pflege genommm
worden sei, denn am Morgen erscheint
Eins nach dem Anderen mit »etwas
zum Frühstück« das ihnen selbst nur
zu gut geschmeckt haben würde, das sie
sich axber einziehen um er den- noch Arr
meren in ihrer Heimsnchung ange
deihen zu lassen. So gut hat die Fa
milie Flanigan noch nie gespeist, wie
ans diesem Morgen, ern-e solche Man
nigfaltigleit von guten Gerichten hat
noch nie aus ihrem Tische gestanden
und doch kann der Kranke, um den sich
alles handelt. keinen Bissen davon ge
nießen. ;
Aber besser wird’s mit ihm —«zu-T
seh-us besser —- uswd ais acht Tage um?
sind, zeigt er sich rnsit berburrdenemå
Kopf, zum ersten Mal wieder unteni
auf der Straße. Herr Moses, der zu
fällig daher kommt beehrt ihn mit ei
ner langen, eindringlichen und wohl-l
verdienten Strafpkedigt, die mit der!
Ueberreichung eines Quarters errdet,!
des er aber nicht etwa gar »berjubeln«i
o- .
—--—------« o - i --— —---«—
Zustix im Youarlande.
Der Unterschied in der Behandlung
reicher Spitzbusben und armer, hierzu
lande bat schon des Oesteren ein dank- l
bares Thema fiir Possendichter gegeben ;
— so ernst und zum Nachdenten anre- Z
gend dieses Thema auch ist. Drastischer ;
ist derselbe augenblicklich wohl schwer- «
lich zum Ausdruck gekommen, als am
Weihnachtstage im Manhattan - Klub
in New York. Dort saß Richter Mc-!
Mahon gerade beim Diner« als ihmi
ein Justizftiichning vorgesiihrt wurde,!
der in sicherer Hut aus Denver sit-I
riickgebracht worden war, weil er an-l
geblich eine geschäftliche Transaktion
mit einem Reingewinn von 850,000
gemacht hatte, die ihn in’s Zuchthausi
bringen dürfte. Vorläufig stand dem
Ehrenmann-—Armftead ist sein Name
— bevor, daß er Weihnachten ins den
Tom-bis verbringen mußte. Das wäre
schrecklich gewesen siir einen Gentleman
wie Amstead. Bedenke man doch blos,
er, der gewohnt ist, in« Glaces sein
.Geichöfte« zu machen, sein Weih
nachtsdiner mit obkigatem Champag
ner in heiterer Damengesellschaft zu
verspeisen, hinter Gitteer auf einer
hölzernen Pritsche, an einer Tafel mit
gewöhnlichen Dieben und Hqllimtent
»Fi donc!« Da weiß man Rath hier
zulande! Man hat nicht umsonst den
Distriltöamvalt zum Freunde und Ge
neral« Tracy zum Wsdiger. So
verrate-v dann wer etegant gekleidete
Herren den ManhattansKluh Richter
McMahon wurde auf einen Augenblick
in’s Nebenzimmet gerufen; man be
grüßt sich lächelnd, schüttelt sich die
Hände, im Haut-umdrehen ist die
Bürgschast aus 810,000 festgesetzt und
nachdem ein Fläschchen Wein getrun
ken, verläßt Herr Armstead, Arm in
Arm mit dem Vertreter des Distrilts
Anwatts und dem Detettive den Klub
——- ein freier Mann! Welckf beruhi
gsendes Gefühl muß alle reichen Spitz
buben ergreifen, wenn sie hiervon lesen!
Wie nett und anerkennenswerth seitens
des Richter-Z und des Disttiitsanwaliö,
die einen Gentieman nicht unnöthiget
Weise sein-er Freiheit berauben, son
dern ihn aktommodsirem sekbsi wenn
sie Padei ihr Diner unterbrechen müs
en.
Welch’ altmodische Anschauung doch
baß Themis, die Göttin der Gerechtig
keit, innner noch mit einer Binde vor
den Augen sich vorstellt! Dem-riet mit
dem Federn weg mit dem Lappen!
helle musß man sein-, wie vie Sachsen
sagen, sehe helle, drum kamt man- Di
striktsamvult und Richter wert-m und
-—- tpie here Wunsch-w mit dem Rock
iivmek das Mystik streismi
Deutschland als Weben-z
butjler »Im-ritter
in Japan.
Nach dem »Asa«bi« beabsichtigen deut
sche Kaufleute in Japan großartige
Pläne durchzuführen. Es wird berich
tet, daß eiwa zwanzig Firmen, be
stehend aus Schsss- und Eisen-bahn
bau-Gesellschasien, sowie anderen gro
ßen industriellen Compagnien sich zu
einem Syndikat vereinigt haben,
sämmtliche Aufträge der japanischen
Regierung, welche sich durch den Krieg
mit China als nothwendig erwiesen
haben, sowie überhaupt die ganze Ein
fuihr Japan’s an sich zu ziehen·
Die Artikel, welche bisher von Eng
land, eFrankreich und Amerika gelie
fert wurden, will das Syndikat all
zumal importiren und zu diesem Zwecke
Vereinbarungen mit deutschen Firmen
in verschiedenen Städten treffen. Die
Vertreter dieses Synditats befinden
sich bereits in Yokohoma und es heißt,
daß mehrere prominente japanische
Kaufleute an dem Plane Interesse neh
men. Sollte derselbe zur Ausführung
gelangen, so würden Amerika, Groß
britannien und Frankreich von den ja
panischen Märkten verdrängt werden.
—. —..-.«-.. .. .- «
th merkwürdiger 4
Fund-.
Ein Apotheter Tourlet in Chinon
fand jüngst ein mit Pergament ver
schlossenes Glasgefiiß, worin sich laut
der Jnfchrift »Restes trouves sous le
bucher de Jeane d’Are, purelle d’Or
law-B« Ueberrefte der Heldin befinden
sollen. .
Alterthumsfosrfcher und Chenriter
untersuchten das Gefäß. Sie fanden
in grober Hanfleinwand, die unzwei
felhaft aus dem 15. Jahrhundert
stammt, eingewickelt: ein Knochenstiick
eines kleinen Vierfiißlersz ein kleines
Knochenstiick zweifelhaften aber tei
nesfalls menschlicher Herkunft; das
Stück einer menschlichen Rippe, die mit
einem harzigem Stoffe bedeckt ist, unsd
zwei Stücke Holz. Das eine Holz be
stand aus mehreren runden Scheiben,
die durch eine schwarze, harzige Masse
zusasmmengehalten werden« Diese
Holzscheiben waren noch besonders von
einem groben Hanfgewebe umgeben.
Der Ausschuß erkannte in diesem
Holz den Kon einer Fackel, wie solche
im fünfzehn-ten Jahrhundert üblich
waren und jedenfalls auch zum An
ziinden des Scheiterhaufens gebraucht
worden sind· Die Rippe war jeden
falls ganz ausgegsliiht, bevor sie von
dem harzigen Stoffe umgeben wurde.
Dieser ist ganz derselbe wie der harzige
Stoff des Fackelrestes.
Nach der von Tourlet berichteten
Ueberlieferung bat ein Einwohner von
Rouen Abends spät auf dem Altmarkt
lvieur marche), wo die Jungfrau« ver
brannt worden war, nach Resten von
ihr gesucht, seine Ausbeute isn Lein
wand gewickelt und in einem Ton ver
schlossen, den er bis zu seinem Tode
verwahrte und seinen Kindern unem
pfaihl Der Ton vererbte sich in der
Nachkommenschaft, wurde im siebzehw
ten Jahr-inmitten zerbrochen und durch
das Jetzige Glas ersetzt. Der Finder
tote seine Nachkommen hielten ihren
Schatz stets sehr geheim.
»Das Auffinden der Reste aucf der
Richt- oder Brandstätte ift ja möglich.
trotzdem daß die Englander die Asche
in die Sei-ne geworfen haben. Einige
Kleinigkeiten können ihnen wohl ent
gangen sein. Befremdend bleibt die
Verhennlichung des Fundes seit 460
Jahren.
-I-· - .-»—.
« S ch w « i z
St. Gatten. Der große Rath
hat seinen die katholische Minderheit
verletzenden Beschluß betreffend Ein-«
fühtung der fakultativen Jena-bestei
tung unter Umgebung der Volkstät
stimmung in Wiederetwögung gezogen
und einen Vermittlungsantrag Hei-n
Iich Scheren-'s angenommen.
Tessin. Das tonservative Ko
mite hat zum Parteickräsidenten im
Nationalkath Filippo Bonzanigo ge
wählt. Die von Respini beschlags
nahmte ,,Liberta« wird nicht mehr als
Parteioegan anerkannt,sondeen die bis
auf Weiteres vom bisherigen Verleget
Pedrazzini herausgegebene
Aargau. Vom Voll wurde ein
Biehzuchtgeset verworfen
S o lo t h u e n. Der Kantonsrath
ist am 2. Dezember auf die Berathung
eines neuen Schulgeseßes eingetreten
L it beck. Die auif der Tshiel’schen
Fabrik arbeitenden Leute ten-even aus
dem« Wege zur Arbeit von einer Rotte
Streife-e überfallean sie mit Mitteln
und Steinen bearbeitete DIei Leute
wurden set-ver verleit.