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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Dec. 18, 1896)
M Stojan Miletic. Von Manni- Stier-ex Ein ärger-es etter hatte mich noch niemals im Fr en überrascht, wie da mals, als ich in einer mir ganz frem den Gegen-d, mitten im Gebirge, bei Stojan Miletic Zuflucht suchte, der sein Haus fern vom Getriebe der Welt aus einer bewaldeten Bergkuppe, die von den Leuten Sveti Jvan genannt wurde, aufgerichtet hatte. Es war ein steinernes Haus, dessen Wettersetite außerdem mit Schiesertaseln beschuppt war, ein roher, massiver Bau, wie von Zytioipenhänsden für die Ewigkeit er richtet Die Rückseite des Daches wurde schon von den riesigen Buchen überschattet, aus denen der Urwald bestand, der sich über den ganzen nörd lichen-s Abhang der Kappe ausdehnte, bis tties in’s Thal hinab und dann; wieder hinaus auf den Schwesterbergz der der kleine Jvan heißt. Ein Wetter; in diesen Bergen mochte etwas Schreck- ; haftes haben; aber so schlimm, wies harte, hatte es Stojans Miletic selbstz noch nicht erlebt. Er war ein merk- I würdiger Geselle! Hauste da oben al lein mit einem dumm d’reinschauenden Menschen, dem die Soldatenrnütze, dies er trug, an den Kopf angewachsen; schien, ohne jeden Verkehr. Die näch-! sie Ortschasst lag anderthalb Stundeni entfernt hinter dem kleinen Jvan; da; wohnten kaum hundert Menschen bei-E samtnen, Holzschläger und Holzhänd-; ler, die nie aus den Berg heraufiamenH in dtie nächste Stadt war es gar vier Stunden weit Welch ein Glück für mich, baß Sto-; jan Meletic die Marotte gehabt hatte,? sich gerade hier oiben anzusiedeln Ens freilich, schien über den Besuch einesk wildfremden Menschen, oder eines Menschen überhaupt noch dazu eines solchen, von dein das Waiser trosf nicht sonderlich erbaut zu sein. Jch hatte das GesühL daß er mir bei jeden anderen Wetter sein Haus verschlossen haben würde. »Das Wetter hängt schon seit zwei; Tagen über den Bergen, wer kann so" unvorsichtig sein!« sagte er erkürt-sichs indem er sich mit dem Zeigesinger hin- « ter die Militürtrabatte subt, die zu dem verschossenen schwarzen Lüster roch den er trug, nichts recht passen, wullte. »Tbaddei", wandte er sich dann an vdens Menschen mit der Soldaten noiitze, »bringe eine Flasche; aber nicht die angebrochene, und meinen blauen« Wzllanzug.« E »s- . . -,«.. Ququ erst Dstlele et eme Duft-UT und hieß mich aus dem mit Stein fließen belegten Vorraum in ein Zim mer treten. Jch folgte der Einladung, nachdem ich meinen durchwoichten Wet termantel abgeworfen hatte. Er klatsch-te nsur so aus die Steinsließen wieder. Stojan Miletic knurrte: »Solch ein Wetterl« Wie komisch der Mann aussah! Jch glaube, ein so kahl-es Haupt hatte ich vorher noch nie gesehen. Nur rechts und linsls, gerade über den Ohren, stand je ein Büschel wirren braunroihen Haares und rück wärts, dort, wo schon das Genick be ginnt, zog sich ein dünnes Kränzchen hin. Unsd der Bart! Der Schnurr barb, der nach Tscherlessenweise tief über das Kinn hinabreichie, wäre noch angegangen, aber der Backenbartl Er sah nicht anders aus, als wenn Thad dei ihn von Zeit zu Zeit mit einer Lichtputgscheere bearbeitete, ungleich unsd ausgestanst und struppig. Jch mußte, trsotz der peinlichen Situation, ins der ich mich als ein unwillkomme ner Gast befand, das Lachen verbeißen. Da trat Thaddei ein« Er brachte eine große Stein-gutslasche, die er nebst zwei irdenen glasierten kleinen Bechern aus den Tisch stellte. Dieser Tisch bestand aus einem rohen nur der Rin de entäußerten Baumllotz, über dem oine massive Platte lag. Dem ent sprach die ganze übrige Einrichtung des Zimmers; auch das Beit, dessenv Säulen vier große mäßige Baum-» stimme bian. So etwa mag es in den Wohnungen der Psahlbauten aus geschen haben. Stojan Miletir schenkte einen Becher voll und leerte ihn- auf ei nen Zug. Dann- schenckte er wieder ein tin-d reichte mir den Becher. Jch trank. Es war Slivovid Danach ersst j nannte Sipjan Miletie sei-new Name-H spähn-end ich mich schon beim Eintritt-H is das han« dargestellt hatte. Dem-n viei er aus die Kleide-, die That-bei Sucht hatt-, und sagte, während er —— j obsaschtet worden: Da hing in breitem « Mattg-oldrahmen das Portrait einer « jungen schönen Frau. Sie mußte im Leben noch viel schöner sein, als sie ei ner jener Auch-Malen die zum Preise von zehn bis fünfzehn Gulden nach Photographien tlexen,da ans die Lein wand gebannt hatte. Eine üppige smnsliche Schönheit Man kennt diese Frauen mit dem milchweißem stellenweise rosa ange hauchten Teint; mit dem leicht ver schleierten Blick, der immer Sehnsucht betundetz mit dem blonden Haar, das srch gegen den«-Zwang der Frlisur sträu ben-d, stets einen nachliisstgen Eindruck macht. Unter diesem Bilde hing die Photographie eines jungen Soldaten, der kaum den Anflug eines Schwun bartes hatte, und unter diesem, in ei nem kleinen schwarzen Holzrahmem eine blaßblau gedruckte Geldnsote. Während ich mir in Gedanken Mühe gab, einen Zusammenhang zwischen diesem Hause auf dem Sveti Joan, seinem Eigen thümer und den Bildern zu finden trat Thaddei ein u. sagte: »Der Kapi tän erwartet Sie zumNachtmahl.« Der Lapi-tän? Also Soldat, dachte ich, nnd jene Photographie stellte Stojan Miletic in seiner Jugend vor. Das erste Glied hätte isch also gefunden Thaddei führte mich durch den Vor ramn in ein anderes Gemach, in dem mich Stojan Mitetic erwartete ««Verzeihen Sie, Herr Hauptmann«. sagte ich; doch Stojans Miletic ließ mich nicht weiter reden-. Zuerst sah er Thaddei mit einemvernichtenden Blicke an und sagte: »Du Esel!« Und dann schnarrte er mir zu: »Ich bin nicht Hauptmann! Miletic heiß’ ich, Mik tic, Miletic, nicht anders-; gar nichts bin ich, rein gar nichts! Was dieser Dummtops sagt, ist eins Unsinn!« Thaddei schien Luift zu haben, seine angegriffen-e Ehre zu oeriheidigenz doch sein Herr schrie ihn- an: .Pacte Dich hinausl« — Eine Weile blieb Stojan Miletir stumm, er machte sein finsteres Gesicht. Auch ich wagte nicht, meine angefan gene Entschuldigung wegen der Stö rung, die ich verursachte, zu wollen-den Nach etwa fünf Minuten stand mein Wirth auf unsd öffnete die Thür. »Tha-ddei, so bringe doch das Es sen«, rief er mit fast weicher Stimme hinaus-. Bald daraus trat Thaddei ein und brachte das Nachtmahl: Pötel fleisch mit Rüben. »Frisches Fleisch bekommen wir nur einmal in der Woche heraus«, entschul digte sich Stoian Miletic, als wenn das einer Entschuldigung bedurfi hät te. Thaddei kämpfte sichtlich mit sich selbst, man merkte deutlich, daß er et was sagen wollte. Plöhlich schon als er wieder an der Thitr stand, sagte er, indem er mit den Händ-en den Takt dazu schlug: L.1 A,,«,« « »aus er Hi you-, Haupt-nume Jch chefiirchteie einen neuerlichen Wukbausbruch Siojan Miletic’s, und schlug die Augen zu Boden· Aber das gerade Gegen-Weil erfolgte Er hieb mit den Händen auf den Tisch, dasß Teller und Schüsseln tanzten, und lachte unbänidig und stieß während des Pustens Und Trompetews ein iiber das andere Mal aus: ,,Thaddei, Du bistT ein großer Dummtops!« Thaddei aber stemmte die Hände in die Hüften, neigte den Oberkörper weit vor und sagte grinsend zu mir: »Seben Sie, daß ich recht hatte!« Die Scene war so brollig, daß ich mit lachen mußte. Als Stojan Miletic sich beruhigt hatte, legte er mir von dem Pölelsleisch vor. »Er ist ein großer Dummtops, mein Thaddd«, sagte ex; »aber er hat ein goldenes Herz. Er kann sich in die Verhältnisse noch immer nicht finden . . . . Sie sind in keinem Jrrenbause,« warf er plötzlich, mich fixirend, dazwi schen: »Ich bin nicht Hauptmann, nein,'« fuhr et dann fort und wach ei ner Weile setzte er mit furchtbarem Hohne dazu: »Die haben gefunden, daß ich mich ehrlos benommen babe.« Jch blickte Stojan Mileiie fragend an; aber er sagte nichts, nicht ein Wort mehr, so lange wir bei Tische saßen. Nach einer Stunde ries er Thoddei und sagte: »Führe den heern aus sein Zimmer. —- Gwie Macht« Er «giwg- mich Thoddei überlassenid, der sich, die Soldatemniitze immer noch aus dem Haupte, vor mir aufs-pflanzte als wünsche er von mir ais-gefragt zu werden. Ali ich dieser stummen Aus ivwewug nicht Folge leistete sing et ums-gesondert an: »Ich sag- Jhm Stojcm Mir-sie in » em Ehrenmann ja ein Ehrenmann-P Oder bot man- Ihnen schu- MM Noth das er nicht » I ] mehr werth gewesen-, den Ofsiziersrock Fu tragen? Jch weiß Alles, Herr, Al les weiß ich.« Er hätte gewiß gerne weiter gere det, der treue Thaddei7 aber ich basse die Zudringlichkeit don- Dienst-boten Jch erfuchte ihn, mich auf mein Zim mer zu führen-. Jch fand keinen Schlaf. Die sem derbare Umgebung, in der ich mich be fand, Stojan Miletic in seiner sonder baren Art, Thaddei; und dazu das Gewitter, das in gleicher Stärke an dauerte. die Schwüle in dem engen Raum, der mir als Schlaszinrmer an gewiesen war, das Alles zusammen hatte mich aufgeregt. Jch wälzte mich ruhelos umher, am liebsten wäre ich ausgestanden; aber ich fand. wie ich auch herumtappte, tein Feuerzeug So blieb ich denn- liegen und zählte die Blitze und bestimmte die Dauer der Dannerschlägr. Jch erschrak heftig als an meine Thiir gedacht und sieI gleich darauf geöffnet wurde. Es war Stojan Miletic, der, vollständig ange kleidet, eine Lampe in der Rechten, vor mir stand. »Können Sie schlafen?« fragte er. »Nein-", antwortete ich, »Sie, wie ich sehe, auch nicht« »Ich hatte mir’s gedacht. Es be unruhigt Sie, daß Sie tdielleicht unter dem Dache eines Schurken Whnem n·icht?« Jch wollte dies nicht zugeben, denn gerade hierüber hatte ich wahrhaftig teinen Augenblick nachgedacht; allein Stojan Miletic war davon überzeugt. Er hatte ja übrigens das Recht, sich für den Mittelpunkt seiner kleinen, ab gefchlossenen Welt zu halten. : »Natürlich geben Sie das nicht zu« weil Sie mein Gast sind und keineni Grund haben, mich zu kundig-m abeki in meiner Bärenhäle in die ich mich» zurückgezogen habe, foll mich Niemand verachten, Nimmde Der Mann war in diesem Augen blicke sichtlich bewegt, die Worte kamen nur stossweise hervor. Mir war ganz eigenthiimlich zu Mut-he »Sie tauchen doch?« fragte er. Jch bemerkte jetzt erst, daß er einen Bund Cigarren in der Hand hielt. »Die Zeit vergeht besser und es spricht sich leich ter«, fuhr er fort, indem er mir die braunen Stengel reichte und sich selbst einen anbrannte. Er s eyte sich auf den Rand meines Lagers, weil aus demi ein-zisng Baumtlotz, der als Stuhl! diente, meine Kleider lagen. l »Sind Sie Offizicw I »Ich war überhaupt nicht beim Mi-! »san« ( »Das macht nichts-C sagte Stosan Militic, »man kann schließlich auch in einem anderen Berufe ein Ehrenmann sein.« Er blies eine Weile schweres Rauchwollen Von sich und überlegte. ! »Waru! Sie in · . ·. nein, der Orts thut nichts zur Sache. Sie sind nichtj aus der Gegen-d, was? Ein Deut scher?« »Ich lebe in Wim« »Jn Wien? Und da haben Sie diese verrückte Partie hierher gemacht, zu mir, was, damit ich nach fiisnf Jal ren wieder einmal einen Menschen sehe, was?" Jch sah ihn verwundet-i an: »Seit fünf . . . .« »Na, ja, der Thaddei ist doch nicht zu rechnen, der ist ein gutes Haus-Wien oder der alte taubsturntne Gospir, der die Lebensmittel herausbringt Seit fünf Jahren, ja.« Danach war Sjotan Miletic wieder eine geraume Zeit still und passie, ich that dasselbe. Jch wollte durchaus wicht den Anschein erwecken, als sei es meine Absicht ihn auszuholen Der Mann rang offenbar noch rnit sich, es war ihm ein Bedürfnis, sich einmal zu entlasten, das merkte ich längst; aber dann scheute er plötlich«zwieder zurück. »Mir-en Sie«, preßte er auf einmal wieder lxrvotz »ich war hauptmann, wissen-Sie; aber zuerst wollen wir einmal trinken.« Er holte aus einem; Winkel des Gemaches eineFlasche, wie-s der so ein Steingutungethiim und zog: aus der Tasche einen Becher, den ers füllte und austrank und wieder füllte,i mn ihn dann mir zu reichen. »Mein alter Kamerad, der Major Grglovic, sagte einmal im Kasmo zu mir-: «Stojan, Du sollst Dich mehr um Deine Frau beliimmern, anstatt den san-zerr- Tag im Kasmv zu liegen, Kar ten spielend und trinkend!« Ich lachte ihm ins Gesicht und sagte ««Aber Grab-via meiner Mist-a gehe ich ja gar nicht ab. Sie liest den gan IM TM französische W, malt- — was, wie MS fsk Dsch gemalt hat — spssct Mcvkeh empfängt Les-JA. Mr macht das Spaß, mich W . »Das ist eith recht«. Graf-Mc .I-enn man einmal ver rat-et ist« l — - M dann muß man auch nach seiner Frau sehen, sonst . . . ." er brach ab. »Na, sonst? Was sonsti« »Bist Du denn taub, Stoja-n? Hörst Du nicht, was die Leute reden?" »Welche Leute?« fragte ich. -»Alle!" erwiderte Grglovic, »und·.ich als Dein ältester Kamerad mußte es Dir enidlich sagen. Es ist ja wohl nur Gerede; aber man darf solchen Tratsch nicht selbst veranlassen!" Das ist doch zu dumm, was die Leute wohl reden mögen-? Da tam un ser jüngster Lieutenant heran, ein lie ber Kerl. den ich gut leiden konnte, weil er immer so feine Geschichten wußte. » »Dannto« — fragte ich —- »l)ast Du schon etwas von meiner Frau ge hört?« »Daß sie die schönste Osfiziersfrau in der ganzen Armee sei«, erwiderte er lachen-d, »aber verzeihe, Stojan, ich bin eine Revanche schuldig.« Jch ging nach Hause. Meiner Mir-s la sagt-e ich nichts von dem GeredeJ aber ich hanc eine schtastose Nacht Jchi dachte immer daran, daß an dem Ge-: rede doch etwas sein könne, und fragtel mich, wie ich mich dann zu verhalten-I haben würde. Jch setzte mich im Bettes aus und blickte meine Mirla an....z Darenlo hatte recht, sie ist die schönstes Frau in der ganzen Armee. Sie» schlief so ruhig, so siiß . . . . Nein, neinJ sagte ich zu mir, das ist ja Alles ein; Unsinn. ; Etwas Mißtrauen hatten die Wortes des Majors do«ch in mir erweckt. Jchs nahm mir vor, zunächst einmal dem; Gerede nachzugehen; aber ich muß zu; fo was lein Talent haben, ich erfuhri gar nichts-. Das machte mich formlichj newiis. Ich versuchte es, mehr zu Hause zu bleiben; allein es ging n-iicht.l Es hätte ja auch meiner Mirta auf-s fallen müssen, sie hätte am Ende ge glaubt, daß ich Spielverluste im Ka-. sino gehabt, und das war nicht deri Fall, ich gewann ja immer. . . .« i Ueber diesen Ausbruch der Naivetiits mußte ich herzlich lachen. Stojans Miletsie sah mich verwundert an, stießt sich aber sonst nicht daran. Er schenktes wieder einmal seinen Becher voll, tranli und ließ mich trinten; und branntei sich eine neue Cigarre an. i »Es-mai dacht-e ich«, — fuhr es fortJ — »wenn ich Mirta aus einer Untreuej ertasppe. dann erschiesze ich sie; aber. dann- sagt-e ich mir, das ist ein Un-; sinn: Jch habe sie ungezwungen zu meinem Weibe gemacht, mußte wissen,’ wen ich heirathe. Wenn- ich eine unss treue Frau geheirathet habe, so ist das meine Schuld, nicht die ihre. . .. Jch weiß nicht, was ich machen werde, was denke ich an solchen- Unsinn. Wie ich einmal beim Frübschoppen im Kasino mit Datento beisammen sitze, gebt es» mir plötlich durch den Kopf: Was thue ich, wenn Darento meine Ehe ge-; lHMPkthki Ich M Osmi- Mit-its use-. uiqeu Uummcll Øcvalllcll Unle at-! gerte mich, dadurch die Pointe über-i hört zu haben, mit der Darento einej Anetdote geschlossen hatte. Aber ders gleiche Gedanke tauchte immer wiederx aus und schließlich lonnte ich ihn gari nicht mehr abweisen. Dann würde ichs mich mit Darenio schießen müssen,i dachte ich weite-, tiivie ihn am Ende....i Mit welchem Rechte? Jst es seine1 Schuld, wenn ich eine Frau habe, deri er gesällti Und ich mußte mir sagen:i Nein, es ist nicht seine Schuld. Eines Frau, die einen betrügen kann, heim-! ihet man viehi, weit die Ehe etwas-! Heiliges ist. Solche Frauen dars mani lieben, man darf sich von ihnen hinter- I gehen, martern lassen --— aber nicht le-; gitim. Habe ich wirklich solch eines Frau dann« bin ich der Schuldige; dann darf ich auch nicht tödten....z Diese Ungewißheit machte mich ganzi trank. Wenn man schon betrogenj wird, dann möchte man es doch wenig-l sienö wissen. Mir machte das Kasinoz keine Freude mehr und im Kartenspiel verlor ich jetzt auch häufig. Es über-« lam mich förmlich eine Muth mir Ge- z wißheit zu verschaffen. Jch fand sie mir zu bald.« ; Stojan Miletic machte eine Pause,i ich glaube, weil ihm die Erregung die» Kehle zuschnürte. »Ich kam zu einer ungewöhnlichen Stunde nach Hause — da finde ich Darenko zu den Füßen meiner Mitta Er kniete vor ihr, sie hielt seinen Kops umschlungen und küßt-e ihn aus seine schönen Ausgen. Ich blieb sprachlos an der Thür stehen. Mein erster Gedanke war: Warum haben sie die Thür nicht verschlossen!.... Daten-to iarn aus mich zu und sagte: «Kapitiin, tödie mich. ich «bin zu Deiner Verfü gungs« Mir klingt das heute noch im Ohre. Meine Miria war ais-f dem Sosa sidm geblieben und sah lächelnd el- mie herüber Meine Mitta, Gott himmel! sie war so schön; aber t— — q lachen mußte sie jetzt nicht, jetzt nicht! Mir ftieg das Blut zu Kopfe, ich woll te schon auf sie zustiirzem um sie zu er wiirgenz aber da- schon es mir plötzlich durch den- Kops: Du haft sie freiwillig zu Deinem Weibe gemacht unsd hättest sie hüten sollen wie Deinen Augapfel Jch faßte Darento beim Arme und fragte: » ft Du Dich unterhal ten, Kamerad? Aber jeht tommi — Du hast doch schon bezahlt? Was?« Er sah mich ungewiß an, meine Mirta warf mir einen slehenden Blick zu, der mich beinahe um meine Mannheit ge bracht hätte, bei-nahe; aber schon im nächsten Augenblicke donnerte ich Da rento an: »Man bezahlt doch! Du sollst bezahlen!« Er stand in diesem Augenblicke gewiß unter meinem Banne er würde mit keiner Wimper gezuckt haben, wenn ich ihn getödtet hätte. Mechanisch griff er in die Ta sche und legte dann eine blaue Note auf den Tisch. Jch nahm sie an mich und warf dafür Mirta meinen Geldbeutel vor die Füße» Stojan Miletir mußte innehalten, er bebte am ganzen Leibe, die Stimme bersagte ihm, aus seinen Augen quol len Thränen Jch war erschüttert. Jm Geiste sah ich die drei Bilder aus dem unteren Zimmer: Die schöne Mirta, den jungen Darento die blaue Note s—— die Trogödie eines Lebens . . . »Als ich«, fuhr Miletic mit sheiseter Stimme fort, »mit Darento aus die Straße trat, hatten sich Leute vor meinem Hause angesammelt, auch Ka meraden standen dabei, die der Lärm herbeigelockt. Jetzt war ich ganz ruhig, ganz ruhig. Als sich mir zwei Kameraden ais-Zeugen anboten, fragte ich erstaunt: »Was wollt Ihr? wer-de ich Jemanden fordern?« Jch betrat mein Haus nicht mehr. Am nächsten Morgen stürzte Darenlo in mein Ho telzimmer. Er fiel vor mir auf die Knie und beschwor mich, ihn zu for der »Ich iann Dich nicht tödten we gen einer Dirne«, sagte ich zu ihm. »Mein Unglück ist schon groß genug. Dir lann es nicht schaden, daß eines Andern Weib Dich liebte, das kommt ja leider oft genug vor. Lasse Dich zu einem andern Regimente versetzen; ich nehme meinen Abschied«. Jch weiß nicht, ob er es gethan- hat, ob er noch lebt, ich weiß gar n-ichts,ich mag nichts wissen. Bald, nachdem Darento sort war, kam der Major Grglovir zu mir. Er fluchte; und weil ich nicht nach gab, nannte er mich einen Hundsfott und weigerte sich dann, mir Satisfak tion zu geben. Keiner meiner Kame raden wollte sich zu meinem Kartellc trage-r hergeben. Jch forderte Grgto vie noch einmal selbst, auf offener Straße· Er erklärte mich öffentlich für satisfactionssunsiihig »s- da schoß ich ihn über den Haufen, öffenstlicht Daraufhin wurde ich schmählich tas siert und tam für drei Jahre auf die Festung. ts— tx-: — ..»L txt-, « Ut swlplcg UUU IUJITII zu cllUUllcll, daß ich etwas sagen würde· Jch war aber in dem Augenblick unfähig, ein Wort über die Lippen zu bringen. »Habe ich unehrenhaft gehandelt?« schrie Stojan Miletic wie in Verzweif lung, »bin ich ein Schutte?« »Nein«, sagte ich; »aber ein Phi losoph sind Sie, Herr Miletic; und Jhre Philosophie taugt nicht allen.« Seitdem bin ich alljährlich Gast bei Stojan Miletic. Jch habe ihm ver sprochen, seine Geschichte zu erzählen. Jsch habe es gethan. « .-—---sO.-s- . — Geschminkte Lippen. Die Cigaeette im MundwinkeL das Monocle im Auge, mit der nachlässi gen Eleganz gekleidet, die nach dem Ausspruch der Romanschriststeller das Kennzeichen der wahren Vornehmheit bildet, slanirte in den Nachmittags stunsdens eines sonnedurchwärmten herbsttages ein junger Mann durch die Straßen der schönen Donaustadt. Gas bräunlich angehauchte Gesicht, die schwarzen, lebhaften Augen, der ganze Typus verriethden Südlander und das Interesse, mit welchem er die ihm be gegnenden Frauen einer kritischen Be achtung unterzog, den abenteuerlusti gen und suchenden Lebemann. Es war das erste Mal, daß er sich in der Kaiserstadt befand. Familienverhältnisse, ein in ziemlich zerriittetem Zustand übernommenes Gut an den Usern des Arno hatten es ihm bisher versagt, sich in- den Strudel der Bergniigungm zu stürzen, aber nun lagen- einige Jahre strengster Zu rückgezogenheit und Sparsamkeit hin æ ihm M erer feist KMWÆFW T ver e t mi · — z en einst-bei en. sei den Mienen wollte er innen, jenem reisenden Ge IUsch m sW W- sur-IM — J W schem Chic und österreichischer Schel merei, gewiß, kein anderer Frauen typus war wie dieser im Stande, ihm , den Eintritt in die Welt in der man sich amiisirt begehrenswerth erscheinen zu lassen. Mit ungeheucheltem Interesse fixirte er die blonden, braun-en unsd röthliche-r eleganten Gestalten,denen er begegnete, ein moderner Paris, angesichts so viel Reiz und Anmuth schwankend welcher der Göttinnen er »den Preis der Schön heit zuerkennen sollte. Gegenüber der Oper trat, während er einen Augenblick unschliissig zögerte, wohin seine Schritte zu wen-den« eine Dame aus einem der eleganten Liiden und blieb noch in Betrachtung der glänzend deiorirten Auslage einige Schritte von ihm entfernt stehen. Er musterste sie. Eine schlanke Ge stalt, eine von denen, für die der Franzose das Wort ,,Fausse maigre« erfunden hat, ein beinahe abstoßend häßliches Gesicht, mit Augen — nein, sie war mit einem Male nicht mehr häßlich, von dem Augenblick an, da diese Augen seiunkdenlang die spinen trafen. Waren site dunkel oder hell? Es war etwas Unsdefinirbares in ih nen, Geist, Feuer, Schelmerei, ein gan zes Arsenal von allen Waffen-, die dem Weibe gegeben sind, um den Männern die Köpfe zu verdrehen, benedt, lebhaft und geistvoll, und verliehen dem häß lichen Gesicht einen unsagbaren Reiz.. Dunkles Haar, in duftige Wellen ge ordnet, ein bleicher Teint und ein Mund -(-— der Mund war es, der ihn veranlaßte ihr zu folgen. Es war keines jener reisenden Mäulchen, die zum Küssen und Schmollens geschaffen scheinen, breite, etwas ausgeworfee Lippen, prachtvolle Zähne, ein leiser moquanter Zug über dem ganzen, durch seine teuflische Schönheit fesselnden Antlitz und vor Allem gefchminlt — geschmintt mit einer bis an’s Un-" glawbliche grenzenden Kühnheit Ge gen die Röthe dieser Lippen verblaß ten selbst dieGranatblüthen seiner Hei math. is «- "A — Liege - A -AA Uns war eine v»Frau wie er ne sich gedacht hatte, als er noch daheim von zukünftigen genußreichen Abenteuer-n träumte! Originell, das sah er, geist voll, das schien sie ihm, elegant mit je nem Rassinem«enst, fürdas er schwärm te —- nun denn, der Zutunsistraum war Wahrheit geworden und die Ge genwart wollte er, ehe sie entschwand, bei der Stirnlocke fassen. Nur zu! Sie wmdet sich nach der Ringstraße, er folgt ihr, distret zuerst, etwas küh ner dann. Sie tritt in einen Blumen laden, nimmt eine Tuberose und steckt sie koiett in das Knopsloch ihres eng lischen Jaquets, er ebenfalls. Beim herausgeben öffnet er ihr die Thitr — ein kleines moquantes Lächeln, das »danle« heißen soll, und sie verfolgt ihren Weg, der ihm nichts Anderes scheint als eine Flanerie, denn sis bleibt alle Augenblicke bei irgend einer Aus lage stehen, streift fliichtig mit einem Kollektivblick die ausgelegten Gegen stände und bummelt dann ruhig wei ter. An der Ecke des Kolowratringes wendet sie sich so unvermittelt um, daß. sue sich plötzlich einander gegenüber be finden. Er greift an den Hut — ihr moquantes Lächeln wird noch mo guaniter, und ehe er sich tlar geworden, was er eigentlich thun wollte, ift sie mit ihrer ruhigen Sicherheit, die ihn anzieht und doch verwirrt, wieder wei tergeschritten Per dio! Man ist ein Lebemann oder man ist es nicht! Mit einein kühnen Entschluß folgt er ihr und — spricht sie an. Einen Augenblick rö thm sich die blafsen Wangen, die Au gen werden talt unsd abweifend und et fragt sich, ob er da nicht eine tapitale Dummheit begangen. Nur einen Au genblick. Das moquante Lächeln ge winnt die Oberhand, aus den Augen funkelt es wie leiser Spott und mit tlangvoll hiibscher Stimme erwidert sie seine Frage mit der neugierigen: »Wer Lsmd Sie?« " «.««LL Darauf,zum Teufel,war er nicht ge faßt! Na, »enfin"—----was verschlögt’s!, Er nennt iln seinen Namen « Grcf Sauf Asvetno aus Florenz, und an kniüpfend daran erzählt et ihr, daß et, seit gestern zum ersten Male in Wien, fest entschlossen sei, aus eigener Anschauung kennen zu lernen, ob die Donautveibchen mit Recht ihren Ruf verdienten, nächst denFranzösinnen die verfühmtschsten Sirenen des Weltalls zu sein. »Und lete Landsmänninnen?« fragt sie Ihn spöttisch, »die Stzilianh rinnen, denen ich in Taormtna begeg net bin —« ««,Sie waren in Sizilien-W unter bricht er ste erstaunt. »Mehr« »Ah, in Begleitung? —- —« «Ja, natürlich in Mittwoch be pa