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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Nov. 27, 1896)
W Das Ulibi Piychologische Criminal - Novelle von G. von Only. Ein niedriges Parierrezimmer des sen zwei schmale Fenster nach dem Ho fe des Komitathauses gelegen waren, durch die staubigen Fenster konnte man die Gefangenen sehen welche unt-er Be deckrmsg auf dem Hofe den Staub kehr ten. Im Zimmer selbst am Tische sitzt der Untersuchungsrichter Karger, an seiner Seite der Gerichtsfchreiber, vor ihm steht ein hochgetvachsener, blasser Mann mit scharf markirten Gesichts ziigen, ruhig, aber höhnisch blickend; an der Thiir halten zwei Gen-dannen mit gefälltem Bajonnett Wacht. »Wie heißen Sie?« »Bela von Geczy.« »Wie alt sind Sie?«, »so Jahre.« »Waren Sie schon bestraft?« l »Vor zwei Monaten verließ ich denl Kerker in Arad.« »Warum wurden Sie verurtheilt?«! »Weil ich mich an der Revolution! betheiligt habe. « ! ,.JU welches Eigenschaka ? »Als Abgeorsdneter dann als! Soldat. « »Auf wie lange waren Sie verur theilt?« »Sie acht Jahren Kerker.« »Und der Rest Ihrer Strafe wurde Ihnen auf allerhöchsten Befehl gna-J digst erlassen. Sie zeigen sich für diese « Gnade dadurch dankbar, daßSie schonJ nach einigen Wochen der Freiheit wie der gegen den Thron und den Frieden des Reiches konspirirenf . »Damit weiß ich nichts. « ( »Herr Gerichts-schreiben lesen Sie die Anklage vor.« DerGerichtsschreiher nimmt ldie Ak ten zur Hand und beginnt mit amtli-! cherMonotonie zu lesen: »Am 19 Sep tember des laufenden Jahres 1854 Nachts zwischen 1 und 2 Uhr übersie len vier maskirte Männer auf der Chaussee von Radua nach Arad nie-ach lerisch den- Geldpostwagen Die Räu ber fesselten den Postillon und den be gleitenden Soldaten, öffneten dieGeld packete und nachdem sie ein Packet mit 60,000 Gulden, Steuergelder enthal ten-d, zu sich genommen hatten, ent fernten sie sich wieder den Postillon imd den Soldaten ihrem Schicksale til-erlassend, und ohne die an Privat leuie gerichteten Geldbriefe zu berüh ren.« »Nun, Angetbagter, « fragte der Un- s tersuchungsrichter,, ,was sagen Sie z ; diesen Thatsachen?" ! »Nun, ich sage daß ich aus den At- i ten nicht entnehmen kann, wo dieWafsel des tapferm Soldaten geblieben ist. « I »Wie es scheint, belieben-Sie zu scher-! zem ich mache Sie aber darauf auf merksam, daß es sich um Jhre Freiheit, ja sogar um Jhr Leben handelt. « I ,,Jn der That? Und warum, wenn! ich fragen darf. Was hat meine Frei-i beit und mein Leben mit dieser ge-I wöbnlichen Räubergeschichte zu thun?« »Das ist keine einfache Räuberge schichte. Als beim Tagesanbruch Leute von Ider Chaussee denPostillon und den Soldaten von ihren Fesseln befreiten, und die amtliche Untersuchung sofort eröffnet wurde stellte es sich heraus, daß nur das erwähnte Steuergeld ge raubt wurde und man fand an dessen Stelle ein wichtiges Schriftstück. Herr Gerichtschrseiber, lesen Sie die Beilage No. 3 vor: Dieser Blätterte in den Akten und las: »Quian über 60,000 Gusdem wTelche wir aus der Staatskasse behufs Ausführung patriotischer Zwecke ge nommen haben. Jm Namen der pro visorischen Regierung.« —- Unter schrift unleserlich »Nun, können Sie noch immer be haupten, daß es sich um eine gewöhn liche Räubergeschichte handele; wozu hätten- in diesem Falle die Verbrecher das Schreiben hinterlasseri?« »Ich bedaure sehr-, daß ich über die Absicht der herren Diebe keine amtli che Erklärung »geben- kann. Jch ver muthe, daß sie entweder sich iisber die Polizei lustig machen wollten oder sie wollten den Verdacht auf eine faische Spur lenken, um sich um so seichter in Sicherheit zu bringen« Herr von Gerth Sie tbäten in Ih vem Interesse besser danan, wenn Sie hoe ironischen Bemerkungn untertä . Was kann die Polizei dafür-, W in der That überall Verschwö stattfinden! Es sind erst eini msttichem daß die Rebellion Wer-sen nnvs schon wieder er M der seist der siebellion sein Me sÆWsissdeichch W noch immer nicht,warum gerade ich der Posträuber sein muß. Mit demselben Recht könnte man mich beschuldigen, daß ich in diesen Tagen den Juwelier laden unseres Mitbiirgers Karl Leh mann erbrochen hätte.«' »Ja, wenn wir in der Kasse Leh mann’s seinen Schuldschein von der provisorischenRegierung gefunden hät ten, so hätten wir gewiß auch darin keinen einfachen Ein-brach gesehen. Nun, es sei, setzen wir den Fall, daß die Posträuber nur die Untersuchung irre leiten wollten, —- wie konnte es dann geschehen daß Sie in der Nacht aus der Chaussee die Quittung, und noch dazu mit Tinte und, wie Sie hier sehen können,mit wgelmäßingchrist zügen schreiben konnten? Es ist klar, daß das Schriftstiick vorher ausgeseht wunde; aber wie wußten Sie so genau die Summe? Nach der Meldung des Steueramts zu Radua befanden sich in dem Packet in der That rund 60,000 Gulden. Wie hätten das gewöhnliche Spitzbuben vorher wissen können?« »Ich habe es nie in Abrede gestellt daß bei den Steuerbehörsden auch Die be angestellt sein können.« »Noch einmal mache ich Sie in Ih vem eigensten Interesse darauf auf merksam,sich jeder ironischen Bemer kung iiber unsere amtlichen Organe zu enthalten. Was sagen Sie denn dazu, daß die Diebe nur Staatsgelder ge stohlen, das Vermögen der Privatleute aber unberührt gelassen haben? Kann man von gewöhnlichen Dieben voraus sehen, daß sie zwischen Staats- und Privatverrnögen einen so strengen Un terschied machen würden ?« »Ich hatte schon die Ehre zu erklä ren, daß ich weder über die wahren Jn tentionen der Herren Diebe, noch über ihre juridischen Anschauungen authen tische Auftlärungen geben lann.« »Wenn Sie sich an dem nächtlichen Ueberfall nicht betheiligt haben, so wer den Sie mir doch wenigstens sagen können, wo Sie in der Nacht des 19. September zwischen ein und zwei Uhr gewesen sind?« »Seitdem ist mehr als eine Woche verstrichen und ich habe nicht daran gedacht, daß man mich darnach fragen würde; ich lann deshalb nicht mit vol ler Bestimmtheit sagen, in welchem Zimmer ich mich befand, ob ich ging, saß oder lag, ob ich wach war oder schon schlies, ob ich aus der rechten oder linken Seite lag!" st-- « - - -- ,,«.aoer »Sie waren Doch wenigileng zu Hauses« »Da man gewöhnlich in der Nacht zwischen ein undzrveillhr in der Stadt nichts zu thun hat« so glaube ich, daß ich zu Hause war.« ,,Antworten Sie bestimmt: Ja oder weint« »Gewiß war ich zu Hause.« »Sie haben sich gefangen,« rief tri umpbirend der Untersuchungsrichter aus; »der Hausmeiiter bat unter Eid versichert, daß Sie eine Stunde vor Mitternacht das Haus verlassen haben und erst gegen vier Uhr Morgens heimgekehrt sind. Was sagen Sie dazu?« »Nun, ich bewundere das ausge zeichnete Gedächtniß meines Hauswi sters.« »Gestehen Sie also ein« daß Sie nicht zu Hause waren?« »Ich muß mich vor der haussmeisier lichen Autorität beugen.« «Wo waren Sie denn um jene Zeit, wen-n Sie in der That sich am Post raub nicht bedheiligt haben?« »Ich weiß es nicht« »Denken Sie darüber nach; vielleicht haben Sie Jemand besucht, vielleicht sind Sie Jemanden auf der Straße begegnet? Haben Sie Niemand, der bezeugen könnte, daß et Sie um jene Zeit gefehen oder mitIhnens gesprochen habe? Als gewesener Advokat müssen Sie wissen, daß bei einem solchen Ber dacht der Alibibeweis von ausschlag gebender Bedeutung ist.« »Ich danke Ihnen seht fiir die Wie derholung des juridischen Privaiissi mum, aber ich kann in der Praxis kei nen Gebrauch davon machen. Jch weiß nicht, wo ich war, ich weiß nicht, wem ich begegnet bin, ich kann nichts sagen.« »Bedenten Sie, daß Sie mit Ihrem Leben spielen! Die vevolutionären Erscheinungen erfordern die energisch sten Maßregeln-; wir müssen die ganze Strenge des Gesches walten lassen. herbei-fern Sie Jsbre Lage wenigstens durch ein aufrichtiges Geständniß und Mir Sie sich so der Gnade wür Der Angeklagte zuckte leicht die Ach sckn und wandte sich verächtlich ab. M "v i t wer-denb Säuleichter zäm sin n zu ringen , wenn te erfahren, daß man ihre Komplieen schon ver her-if »Mei- ompciceni Ich bin wirk W lich begierig, die tresslichen Herren ten nen zu lernen.« ,,Sie werden schon einen anderen Ton anschlagen, wenn Jhre Genossen ihr Verbrechen eingesteheu werden« Ein mattes Lächeln umspielte die Lippe-n des Herrn von Gecth aber er sprach nichts, sondern zuckte wieder die Achseln und blickte nach dem Fenster, als wenn ihn der überstiissige Wort »wechsel langweilte. j »Noch einmal, mein Herr, überlegen iSie sich’s gut, ich will Jhnen Zeit las tsen. Gendarmen, führen Sie den Ge tsangenen in den Kerker zurück!« so- e si- - Nach etwa zehn Minuten trat der Gerichtsdiener in’s Zimmer und über reichte dem Untersuchungs-richten wel cher in das Studium der Verhörspro tololle vertieft war, eine Visitentartr. »Herr Berthold von Varsani ersucht den Herrn Untersuchungsrichter,« sagte der Amtsdienek, »ihn in einer sehr wichtigen Angelegenheit sofort zu em pfangen.'« »Führen Sie ihns herein.« Ein alter Herr von distinguirtem Aussehen trat herein. Der Untersuchungsrichier eilte ihm entgegen und verbeugte sich ties vor ihm. »Bitte, nehmen Sie Platz, herr von Barsani. Was verschasst mir diese Ehre? Besuchen Sie mich in einer amtlichen Angelegereheit?« »Ich komme wegen des Herrn Bela von Gezh.« »Ah!« »Ich habe gehört, daß er als Kom plice des in voriger Woche geschehenen Postraubes verhaftet sei. Jst’s wahr?« ,,Leider, aber es handelt sich nicht um ein gemeines Verbrechen, vielmehr spielt hier die Politik eine Rolle; mehr dars ich nicht sagen, ohne das Amts geheimniß zu Verletzen.« »Als Bela vor zwei Monaten den Kerker verließ, gelobte er mir auf sein Ehrenwort, daß er an keiner Ver schwörung, keiner revolutionären Be wegung theilnehmen werde. Jch kann mir nicht denken, daß er sein Ehren wort brechen würde.« »Pardon, können Sie positive Da ten betreffs der Unschuld des Herrn »von Geczy beibringen und wollen Sie Tmir dieselben amttlich mittheilen?« ) »Ich bitte, meine Aussagen zu pro totolliren.« ; »Seht wohl,« sagte der Untersuch ungsrichter, dem Gerichtsschreiber winkend, an die Arbeit zu gehen. »Sie erlauben in diesem Falle, daß wir über die vorhergehenden Formalien kurz hinweggehen Also schreiben Sie, HHerr Gerichtsschreiber, Herr Berthold Io. Varsani. pensionirter K. und K. Oberst, 60 Jahre alt, nicht wahr? Verzeihung 62.... darf ich fragen, ob Sie mit dem Angeklagten verwandt sind?«' H »Nein!« J »Das tann sein, soweit die Bande Ides Blutes in Frage kommen; aber ZSie werden es nicht für ungerecht sin Yden, wenn der Gerichtshof in Erwä Jgung zieht, daß Sie gleichsam der HAdoptivvater des Herrn v. Geczy sind fund daß zwischen Jhnen Beiden »sehr sinnige, freundschaftliche Beziehungen jbestehen Es ist bekannt, daß Sie der tintimste Freund des alten Herrn v. FGeezy waren und daß Sie nach s einem jTode des verwaisten Kleinen sich jrnit väterlicher Güte angenommen, ihn terzogem für seine Carriere gesorgt, ihn Imit Geld, Rath und That versehen, stutz, Alles gethan haben, was nur ein Liebender Vater siir seinen eigenen ISohn thun kann. Auch das wissen Jwir, daß Herr v. Geczh Jhnen mit kindlicher Liebe und Zärtlichkeit erge Lben ist« »wenn oas uueg rvayr rn, so vur gt meine Stellung, mein Charakter und meine Vergangenheit genügend dafür, daß Niemand die Wahrheit meiner Aussage in Zweifel ziehen tann.« I »Wer wird so etwas u behaupten lwagen! Jhre Loyalität i viel zu be ,tanni, als daß nur ein Schatten des Berdachts sie trüben könnte. Sie wa iren immer ein treuer Unterthan und dem Herrscher mit Leib und Seele er )geben.« I »So viel ich weiß, hat man die Post räuber bereits ergriffen und sie haben ihr Verbrechen auch eingestanden « s »Ja, es sind exaltirte junge Leute .gewissermaßen noch Kinder, die Luft zum Conspiriren bekommen haben Drei von ihnen sind Schüler und der Vierte ist Diurnift beim Steuerami. sMan kann von diesen unreifen Bur schen nicht voraussehen, daß sie aus ei sgewem Antriebe gehandelt haben· Sie sind nur Metzger-ge m der band eines intelligenter-» ührers gewesen. Und auf diesen Verführer fahnbeu wirk »Aber warum muß es gerade Derr von Geczy feins« W 1 Euer spate et sonst sei-se Wir wis sen wohl, daß alle unzufriean Ele mente der Stadt und des Bezirks ihn siir ihren natürlichen Führer, ewisserg maßen siir ihren zukünftigen äiktator halten. Wenn ihm vor Kurzem durch allerhöchste Gnade der Nest seiner jStrase erlassen wurde, so haben wir )ihn doch stets vorsichtig im Auge be halten und wie es sich jetzt zeigt, nicht’ I ohne Grund. « ! »Das alles ist ja nur Verdacht und ich höre, vier an der Zahl, und alle vier sind verhaften « ,,Allerdings,aber sowohl der Postil lon, als auch der Soldat sagen aus, daß sie hinter den Pappelbäumen auch sandere Gestalten gesehen hätten.« E »Und warum mußte gerade Geczy seiner von diesen gewesen sein 7« s » »Hier das letzte und wichtigste Ver dachtsmoment: Der Angeklagte war jene Nacht nicht zu Hause und tann ;sein Alibi nicht nachweisen« s Der Oberst dachte nach aber in sei Inen strengen Zügen zeigte sich keine ISvur eines inneren Kampfes, und doch; ;tobten in seiner Seele zwei mächtiges Empfindungen, als er mit ruhigen "Worten sich zu dem Untersuchungsrielpj zter wandte: ( ; »Ich habe soeben darüber nachge-; idacht, wie ich selbst über die Nächte derj ;verslossenen Woche mir Rechenschafti Igeben soll Wenn man sich ieinerj Schuid bewußt ist, merkt man sich nicht jede Stunde, um später sich dar- l über auszuweisen. Sie haben alss Richter gewiß schon ost die Wabrnelpl mung gemacht, daß man sich am mei sten vor denen hüten muß, deren Gie dächtniß einem Tagebuche gleicht. Jch mußte mir die Tage und Nächte der letztverflossenen Woche genau in Erin nerung zurücke-uerf aber jetzt ist est mir ganz klar, daß Beia von Geczy die Nacht des 19. September bei mir ver bracht bat-« »Wie!« rief der Untersuchungsrich ter sehr überrascht aus, »bei Jhnen?« »Noch vor Mitternacht tam er zu mir und verließ erst gegen Tagesan-v bruch mein Haus. Wir durchsorschten die Schriften und den Brieswechsel sei nes seligen Vaters, was längere Zeit in Anspruch nahm. Aber, daß er jene Nacht bei mir verbrachte, das steht zweifellos fest.« l »Aber warum hat Geczy das nichts eingestanden und doch habe ich ihn da-! malg aufmerksam gemacht, daß seines einzige Hoffnung der Nachweis desi Alibi sen tönnte.« l »Nur Gott allein kann die Beküm-j mernisse und den Zartsmn großerj Seelen sehen. Vielleicht besijrchtete er auch mich in Verdacht zu bringen. Sie wissen ja selbst, daß wir in Zeiten le ben, wo schon ein Wort, ein Schattens des Verdachts den unschuldigsten Men-! schen kompromttiren kann. Uebri gens kenne ich die Motive seines Still schweigens nicht, sondern konstatire nur die Thatsache, daß er jene Nacht in meinem Hause zugebracht hat." »Sah ihn Jemand aus Ihrem Hause?« ,,Niemand. Meine Frau hatte sich schon vor zehn Uhr in ihr Gemach zu rückgezogen uniddieDienerschast schlies. Jch machte ihm selbst dieThür aus und entließ ihn bei Tagesanbruch« »Wozu bedurfte es dann der großen Geheimnißthuerei, wenn Sie nichts Anderes gethan haben, als die Schrif ten des alten Gerzy durchzusehen, der viele Jahre v·or der Revolution gestor ben ist und stets ein treuer Soldat Sr. Majestät war?« »Wir wollten eben jedes peinliche Aussragen vermeiden.« »Sie bleiben also beiJhrer Behaup tung, daß Bela von Geezy die Nacht des 19. September bei Jhnen verbracht hat, uwd sind auch bereit, daraus einen Schwur zu beisteei?« Vatsansi’s Antliß blieb bewegungs los: seine Stimme zitterte nicht und er senkte nicht seinen Blick. Nur seine Rechte ballte sich zur Faust, als er ruhig antwortete: »Selbstverständlich.« »Und wenn der Angeklagte bei sei nem Leugnen verharrt?« »Wenn er eben erfährt, daß ich be reits Zeugniß abgelegt habe, wird er gar keinen Grund zu einer Scheinriick sicht mehr haben.« »Gut. gut,« sagte der Untersuch ungsrichter, sehr erregt unsd verwirrt an der Feder unend. »Wollen Sie, ich bitte, ein wenig im Berathungöjitns mer warten, bis wir das We fort seßen können. Möglicherweise werde ich Sie dem Angeklagte-r gegen-über stellen.·.. Jch kann in dieser kip lichen Angelegenheit keinenSchrttt vor wärts thun,«' sltisterte er, sich zum Ge richtIschoeibet wendend nachdem Heer von Barsani das Zimmer verlassen hatte. »Ich ums ers mit dem Poli zeiches und dem Staatsanwalt tanseJ riren, da ich nicht allein die Verant wortung trag-en will!« l Während der Untersuchungsrichterf Herr Karger bei der höheren Weisheit und größeren Macht Hiilse in seinerI Nothlage suchte, öffnete der Profoß -—-j wie es der Sitte jener Zeit entsprach, l die Thür des Zeugenzimmers, um« Herrn von Barsani in Z BerathungS-i zimmer zu führen, Der Prosoß, eint alter ausgedienter Soldat, Namens Martin Posa, grüßte militärisch »Hast Du mich noch nicht vergessen, Martin? Weißt Du, wer ich bin?« »O. ich kenne den Herrn Oberst noch sehr gut; ich habe 25 Jahre unter. Euer Gnaden gedient, und als ich den Abschied erhielt, wurde ich hier Pro foß « »Willst Du mir auch jeßt noch ge horchen?" »Gewiß, für meinen Oberst gehe ich sogar in die Hölle.« »Brav, mein Sohn« und der Oberst riß aus seinem Notizbuch ein Blatt heraus und schrieb flüchtig daraus die Worte: »Die fragliche Nacht hast Du bei mir verbracht, die Schriften Deines » Vaters ordnend. Jch besehle es Dir,i daß Du dies betennftz ich habe ein Recht dazu, es Dir zu befehlen«; nach dem er die letzten Worte start unter strichen hatte, unterschrieb er seinen Namen und drückte den zusammenge salteten Zettel in die Hand des Pro foß »Trage diesenZettel sofort zu Herrn Bela v. Geczy· « »Gewiß, aber wenn die Sache her auskommt, wird man mich nicht allein wegjagen, sondern auch füsiliven ’ »Wenn ich in der Schlacht gerufen habe: Mir nach Kameraden! fiel es Dir ein, daß man Dich auch erfchießeni könnte?« »Gewiß nicht; ich bitte um den Brief, was besehlen Sie sonst noch,; Herr Oberst?« »Wenn Herr v. Geczy den Zettel ge lesen, nimm das Blatt sofort an Dich und vernichte es, so daß teine Spur davon übrig bleibt.« » »Ich verstehe, ich werde es ver-« schlucken.« Wiaktlll Pota salutttte milliarlsch vor seinem Oberst und entfernte sich. Nach einer halben Stunde kam er mit der Meldung zurück. Der Herr Un tersuchungsrichter lasse den Herrn Oberst zu sich bitten; er zwinterte da bei bedeutsam und zeigte aus seinen Magen, durch dieses stumme Gebet denspiel bekundend, daß er seine Auf gabe erledigt habe . . .. I Jrn Verhörzimmer befand sich auch der Staatsanwalt Der Untersuch ungsrichter forderte den Gerichts schreiber auf, das Protokoll über die Wussagen des Obersten vorzulegen ; ,,Ertennen Sie, Herr Oberst, die? Richtigkeit Jhrer vorigen Aussagen an?« : ,,Allerdings!« H «Sind Sie bereit, einen Eid zu lei sten?« »Jawohl!« » Die Stimme Varsani’s änderte sich nicht, Und« seine Hand zitterte nicht, als - er seine drei Finger auf das Crucifir legte und dem Richter die schrecklichen Eidesworte nachsprach ’ »Herr Bela von Geczh,« sagte ders Untersuchungsrichter, »hat vor weni gen Minuten beim neuen Verhiir, das-« selbe gestanden und da jetzt durch Jhres beeidigte Aussage sein Alibi zweifellos nachgewiesen wurde, gebe ich ihm so-s fort seine Freiheit wieder.« s »Und ich wünsche,« setzte der Staatsanwalt mit eigenthiimlichenI Lächeln hinzu, daß jeder politi uchel Prozeß einen solch’ glücklichen gang haben mide Geezh wartet be: reits im Nebenzimmer, und wird es ihm gewiß willkommen sein, wenn der Herr Oberst ihm persönlich seine Frei heit ankündigt. « »Und kann ich ihn gleich mit mirj nehmen?" »Unsererseits steht dem nichts im Wege. " s »So wollen wir uns denn gleich ent- ; fernen; mein Wagen wartet ohne-l hin vor dem Thore auf mich. Leben Sie wohl, meine Herren! Empfangen Sie mein-en Dank fitr Jhr unparteii sches und gerechtes Vorgehen« It If If Die geschcpssme Ewiqu des Ober-I sten fuhr rasch dahin mit dem befreitenx Gefangenen und seinen-schreiten beide sahen stumm neben einander; Nie mand brach das Stillschweigen-. Man hörte weder Worte derFreude aus dem Munde des Beseeters, noch den- Uns gsiuch des Dankes von Seiten des Er-« en. Ein Jeder mied vorsichtig den Blick des Anderen und wenn der here Staatsanwalt in das Innere des Wa «" bald überzeugt worden, daß es ni die große Liebe war, die den Oberste Varsani zu einem falschen Zeugni veranlaßt. - . »Wir befinden uns außerhalb der-« -! H Stadt,« sagte nach langer Pause der - Oberst, sieh Dich um, ob uns niemand folgt.« « . »Niemand,« erwiderte leise Gesczy. »Du bist also frei, vorläufig sogar von jedem Verdachte frei; ich wußte, daß die Menschen es nicht wagen wet den, an meinen Worten zu zweifeln.« Geczy blickte den Obersten furchtsam an, doch als er seinem ruhigen, kalten , Auge begegnete, senkte er rasch seinen ( « Blick. »Dir habe ich meine Freiheit zu ver danken, wie überhaupt all’ das, was ich im Leben je erreicht habe,« sagte er mit kaum hörbarem, gebrochenemTon. « . »O, warum hast Du das wieder ge- ? s XI gens hiitte blicken können, wärenan "t than? Warum ließest Du mich nicht umkommen? Warum schlugst Du in mein Herz den letzten, ewig schmerzli chen Dorn, daß Du mein Leben durch eiifieøn falschen Schwur erretten muß tet«« »Du irrst Dich,« antwortete der Oberst kalt, »ich habe nicht falsch ge schworen, als ich beeidete, daf; Du jene Nacht in meinem Hause zubrachtest.«« Bela von Geczh sah mit verstörten Blicken den Oberst an. »Ich weifz Alles,« fuhr dieser in sei nem früheren talten Tone fort, »ich . weiß, daß Du in meinem Hause warst und die ganze Nacht bei meiner Frau verbrachtest. Es bedarf keiner Erklä rung; das Leugnen nützt Dir nichts. Das Weib hat Alles eingestanden. Die treulose Frau ist auch feige! Als sie Deine Gefangennahme erfuhr, verriet-h sie in ihrem Schrecken ihr sündhaftes Geheimnifz und hat seitdem Alles ge beichtet. Jch beschmuße meine Hände nicht mit dem Blute eines Weibes, ich habe sie weggejagt und nach Wien zu ihrer Familie geschickt. Jetzt ist sie be reits dort. Jch habe im Leben nichts mehr mit ihr zu schaffen. Wohl aber mit Dir. Verstehst Du jetzt, warum ich Dich aus dem Kerker befreit habet-» Die Kutsche jagte fort auf der stei nernen Chaussee dahin und nähert-e sieh rasch dem Walde. «—.-!c, L»k- m« ..k1.-.-1--«- tkt »,Lsu) IMIH, UUFJ OU Scsbqluchkll UUIZ F test, und man hatte Tich als Revolu tionär zu schwerem sterter oder sogar zum Tode verurtheilt. Aber Du warst diese-:- schönen Endeg nicht würdig· Du darfst die Pietiit der Nachwelt Dir nicht stehlen, ichwillnicht,dafz man das Andenken dessen als Märtyrer ehre,der die Ehre seines Wohlthäters besudelt hat. Stirb Von meiner Hand oder tödte Du mich, und kröne damit Alles, wag Du gegen mich Verbrochen hast!« Bela von Geczh hielt sich krampfhaft an der Kutschenthiir fest und mit blei chen Lippen sliisterte er: »Die Waffe soll ich erheben, ich? Gegen Dich?" Warum nicht? Es wäre dies doch noch nicht das Allerentsetzlichste, wag Du gegen mich unternommen hast. Sprich nicht! Was Eure Rechtferti gung sein kann, das hat das Weib be reits vorgebracht, ich weiß das auch ohnedie5. Es war mein Fehler, eine so junge Frau geheirathet zu haben, deren Seele meine Liebe nicht zu er füllen vermochte. Auch das habe ich gehört, daß Euer Gehirn vom Wahn smn befallen wurde, daß Jhr verzwei felt gekätnpft habt, daß Dich die un widerstehliche Kraft der Leidenschaft s« hingerissen hat. Jst das aber eine « Rechtfertigung? Kann das eine Rechtfertigung fein? Vor Gott viel leicht, aber nicht vor mir! Bereite Du Dich zum Tode vor, oder tödte Du mich! Einer muß auf dem Kampf platz bleiben!« Jn diesem Augenblick hielt der Wa gen am Rande des Waldes und der Oberst winkte seinem Reisegefährten, der ihm energisch gehorchte. Vorsani nahm zwei Pistolen aus dem Innern des Wagens und der Kutscher jagte, den erhaltenen Anweisungen zufolge, davon. »Wir sind nun allein,« sagte der Oberst. »Diese treue Seele wird nichts verrathen. Folge mir!« Sie drangen etwa hundert Schritte in den Wald und blieben aus einer kleinen Lichtung stehen. Der Oberst nahm sein Notizbuch hervor, risz ein Blatt heraus und reichte es dem jun gen Manne hin. »Schreibe darauf, daß Du durch Selbst-now geendet hast. Meine Er tlarung befindet sich bereits in meiner Tasche. Die Welt soll nichts davon erfahren, daß wir uns duellirt haben.« Geczy schrieb mechanisch den Brief und steckte ihn zu sich. Dann reichte ihm der Oberst die eine Pistole; die Berührung der Waffe riß ihn plöilich