Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 06, 1896, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags -Blatt.
Beilage des »Anzcigcr nnd Her-old« zu No. S, Jahrgang l7.
T
o P Windolpl1, Herausgehen
Grund Island, Nebr» dcn (3. November 1896.
Damian
Time von tfmtt Pefchtam
Draußen heult der Sturm und vor
iden Fenstern wirbeln die dichten
Schneeslocken vorüber. Der alte Herr
wendet sich um nnd blickt fragend auf
seine Frau. Diese schlägt ihr Auge
voll auf zu ihm, ein glückliches Lächeln
fliegt iiber ihr sultenreiches und doch
frisches Gesicht, und mit einem ent
schiedenen, festen Tone, den man sonst
mir selten bei ihr trifft, sagt sie, wäh
ren-d sie sich wieder in der Sophaecke
niederläßa: »Und sie kommen doch!«
Der alte Herr sieht wieder zwei
felnd nach dem Fenster und ein Fie
bekschauer überfällt ihn bei dem Ge
danten an das abscheuliche Unwetter
Plötzlich aber tommt es wie eine Ein
gebung über ihn und aller Zweifel
schwindet. »Freilich, wenn er.. .«
Er wendet sich abermals um, und
jetzt ist es, als ob die volle Sonne auf
dem Gesicht der Frau läge. Sie scheint
zu lachen, und doch schleichen sich leise
die Thränen aus ihren Augen, und da
bei nickt sie heftig mit dem Kopfe und
ihre zitternde Hand tastet nach einem
Telegramm, das auf dem Tische liegt.
Aber sie kann es nicht fassen, dieKraft
versagt ihr, und ihre Hände vor’s Ge
sichi oruaeno, nnrr sie ichtuchzend auf
das Sopha zurück.
Mit der-Hast eines jugendlichenLieb
habers eilt der Graulops zu ihr,
bers eilt der Grautopf zu ihr,
nimmt ihre Hände, küßt sie und dann
das alte Gesicht. Und dabei drängt es
ihm heiß, leidenschaftlich nach demHer
zen, -—- fast wie an jenem Tage, an
dem er sie zum ersten Male umarmte.
Und wieder quillt ihm der Jubel über
die Lippe: »Wie glücklich wir sind!"
Die alte Frau aber sieht ernst aus
ihn, mit jenem tiefen Herzensblich der
einst das Feuer in seiner Seele entzün
dete: »Und wem verdanken wir alles?"
fragt sie in halblautem, sinnendem
Tone.
,,Unserer Liebes« ruft der Grautops
und drückt etwas stürmisch einen Kuß
aus den Hals der Frau, so daß ein lei
ses Noth über ihre Wangen gleitet und
sie ihn fortdriingt, beinahe so unwillig
wie damals, —- nicht ganz so heftig,
aber doch mit demselben Zornblitz. Ge
wiß mit demselben, er leuchtet noch ge
rade so wie vor dreißig Jahren und
ebenso wenig wie damals wird er heu
te ernst genommen.
Die Frau schmollt. Aber er ver
steht sich auf's Schmeicheln. »Wenn
ich übermüthig bin-, bist du nicht schuld
daran? Jst Uebermuth nicht dieSpra
che des Glücks, nicht wahr? Darum
drängt es ja die Kinder, die Liebenden
zur Tollheit und Schelmerei, zu Scherz
und zu Geneck. Und wer ist mein Glück,
wer anders als du?«
Die Frau scheint versöhnt zu sein
und schüttelt lächelnd den Kopf. »Noch
immer derAlte, noch immer derSturm
wind!«
sL »san«-Co Nr -- s«
»als UUV Rllplclll chcUllil Uhu-.
»Glaudst du wirklich an eine solche
Zauberlrast der Liebe? Auch dann—
wenn die Rose verwellt ist?'«
»Was hast du? So ernst so bitter,
Und gerade heute! Was sehlt dir, An
na? Du, meine lliuge Frau, mit dem
immer llaren Kopf und ——-Eisersucht?«
Die Frau lacht. »Nein, Stephan,
du verstehst mich nicht. Das hat dir
die Eitelkeit eingegeben.«
»Ah -——— das ist stark. Eitel eitel
sind nur die Frauen. Aennchen, du
beleidigst mich. Aber ich will dir ver
zeihem wenn du mir sagst, was du
hast, was du meinst?«
»J meine, das es nicht die Liebe ist,
die das Glück des Lebens macht, nicht
« das, was ihr Liebe nennt. Auch unser
Glück, Stephan —«
»Du sprichst in Räthseln. Jetzt
verstehe ich dich wirklich nicht meht.«
»Man denkt viel nach an diesen lan-(
gen Wintetabenden. Wenn du dort
am Ofen mhst und deine Zeitung liest
nnd ich hier in meiner Ecke sitze und
stricke —- lach' nicht Stepham Man!
kann iiber dem Strickstrmnpf oft bes
sere Gedanken haben. als über dicken
Büchern.«
»Am Ende wirst du mich noch isn
Imeinen alten Tagen zum Stricken an
halte-M «
»Es könnte siir manchen Tolllops
ganz heilsam sein. Wenn du aber dei
nem Uebermuth nicht endlich Einhalt
thust —«
»Du hast recht. Jch bitte zum letz
tenmal um Verzeihung Nun sage mir
aber auch,wem wir unserGliick verdan
ten wenn du schon von der Liebe nichts
wissen willst. «
»Unserm Haus«
Um Gotteswillen still! Wenn das
der Hausherr hört, steigert er uns den
Zins. «
»Wenn du nicht ernst sein sannst-s«
,,Doch, ich verspreche es Nur laß
ein wenig von diesem schrecklichenErnsL
Heiterkeit steht dir besser.«
»Die Thränen steigen mir in die
Augen, wenn ich alles iiberdente. Wenn
ich alles so vor mir sehe — mein Le
ben, dein Leben, die Kinder —-- wie sich
das so gestaltet hat, wie es verwebt ist
mit geheimnißvollen Fäden, verknüpft
mit dem und jenem — Siehst du, Ste
phan, der Silberschranl dort —«
. »Was hat der mit unserm Glücke zu
thun?-s l
»Mehr als du denkst. Stelle dir
eininal vor, ei stünde nicht mehrs
dort « t
I »Was dann?«
I »Wiirde dir nicht etwas fehlen?
IWiirde dich die leere Wand nicht stö
ren? Thäte es dir nicht weh, wenn
Idort etwas anderes stünde, wenn das
Ialte Ding mit all dem unnützen Krani
Iplötzlich verschwunden wäre, wenn du
I nicht mehr die chinesische Pagode nicken
Isähest und der Palmzweig nicht mehr
Idahinter stäte?«
. »Du hast nicht ganz unrecht. Aber
was soll das?«
» ,,Siehst du, jetzt wirst du mich auchf
"verstehen. Kannst du denken, daß es?
dir möglich wäre, deine Zeitung irgend
wo anders zu lesen, als in dem ge
» bliimten Fauteuil neben dem Kamin?"
»Es ist wahr — da wird es mir so
recht behaglich. Da so einen Schlacht
bericht aus China oder Bulgarien zu
lesen, wenn das Feuerchen tnistert, der
Kassee dustet, und ein Blick nach der«
Ecke mit nicht stürmende Kriege, Pul
verdampf und lohende Flammen zeigt,
sondern eine allerliebste, strickendeFrau
——— na, nur nicht gleich böse sein. Jch
spreche in vollem Ernst. Es geht mir
nichts über das Plätzchem und da
mals-, als du die Karoline Pflegen
mußtest, als ich eine ganze Woche lang
allein war — ich hätte es nicht länger
ausgehalten. Jch sage dir, im Kas
feehaus —- du kannst dir gar nicht vor
stellen, wie das alles kalt, nüchtern,
langweilig ist. Der Kassee schmeckt
dir nicht, bei der schönsten Schlacht
wird dir’s nicht gemüthlich, die Zei
tung ist leer und einfältig, die Gäste er
scheinen dir wie zudringliche Affen und
die Kellner wie lauernde Raubthiere
I- k-II-kc Ls2 M«s·-- ZU ---.- -k.k-f.--.
lich fad und widerlich, und wenn du
dir auch zehnmal sagst, es ist dasselbe
vortreffliche Hochauellwasser, das zu
Hause aus deinem Brunnen strömt —
deine Zunge bleibt eigensinnig bei ihrer
Meinung, als wäre sie weiblichen Ge
schlechts. Pardon, das ist sie ja. Aber
was ba du nun schon wieder? Du
starrst mich ja ganz satanifch-ironisch
an.«
»Deine Erinnerunng unterhalten
mich. Fahre nur fort. Wie ist es dir
im Gasthaus ergangen?«
daß man in der Kochlunst dort weiter
»Im allgemeinen muß ich sagen,
daß man in der Kochkunst dort weiter »
vor-geschritten zu sein scheint, als —--«
»Ich danle dir, das genügt.«
»Jetzt werde ich anfangen, mich über
den Sturmwind zu beklagen. Watte
doch, bis ich fertig bin! Wem es an
entgegenlommender Stimmung fehlt,
was ift dem das schönste Gedicht-—das
blutigste Beefsteatt Diese mafchinen
mäßige Abfiittekung, diese steife Förm- «
lichkeit, -—— einen Hühnertnochen mußt I
du behandeln, als ob es ein Hofrath -
wäre, — und dann, wenn du dir’s so
recht behaglich machen möchtest, wenn
dich die Lust anwandelt, deine Füße «
auf einen Stuhl zu legen, blaue Wölk
chen in die Luft zu blasen, zu sinnen
und zu träumen, da schallt es rechts
und links: »Zahlen, Jean7 zahlen,
Schorsche,« Trinkgelde-: - Physiogno
mien umgaukeln dich, und eins, zwei,
drei! mußt du hinein in den nassen
Ueberroel, hinaus in den kalten Regen.
Nein, Aennchen, lieber deine Kuchen,
wenn sie auch manchmal ihren Beruf
verfehlt haben, nnd —- zu Hause, zu
Hause!«
»Du bist also wirklich am liebsten
daheim? Und das Theater, die Kon
zerte? Du bist doch Musiifreund?«
»Ach, höre mir damit auf! Jch lie
be die Musik, ja, wenn ich da auf mei
nem Gebliimten geborgen bin und du
auf dem Piano spielst. Da höre ich,
wonach meine Seele verlangt; niemand
stört mich, ich kann mich ganz versen
len in den Zauber der Töne. Aber im
Konzert, zwischen dieser gepuiztem par
fümirten Gesellschaft wie ein armer
Sünder am Pranger sitzen, —- ach, am
Pranger standen siewenigstens noch al
lein und stießen nicht mit demEllbogen
an Nachbar und Nachbarin. Und die
ses ewige halblaute Geilatsch anhören:
.,Hat der aber einen großen Mund!«——
»Ein hübscher Mensch!« —- ,,Gott, wie
mager!« —- »Und so tief ausgeschnit
ten!« «- Brtr, mich schaudert’s! Und«
dann noch, wenn es dich nach eineri
weichen Walzermelodie, nach einems
lieblichen Liedchen dürstet, bei einer;
endlosen Etüde —— viele Fingerverren-;I
kungen unid wenig Musik —- aushar-’
ren müssen! Hör’ mir nur mit denl
Konzerten auf, Mama!«
»Aber am Stammtisch, bei den
Freunden —« I
»Ja, der Gedanke tröstete mich, da-.
mit glaubte ich über die Abende hin-.
weg zu kommen. Acht Tage warst dui
fort; vier Abende habe ich im Wirch-j
hause verbracht Es war mehr als zu- «
viel. Arn letzten, da geriethen wir in
Streit. Sie vertheidigten dasWirths-z
haus, ich die Familie Mit Freunden
nach der Arbeit beim Biere zu sitzen, I
das sei alte deutsche Gepflogenheit unds
gute deutsche Sitte Und ich sagte ih
nen, daß es Unsitte sei, daß dieses ge
wohnheitsmäßige Trinken und Tabak- «
tauchen ein Diebstahl an der Familie,«
daß dieses Behagen an faulen Spii z
ßen, Anekdoten und Witzen ein Dieb- I
stahl an ihrer eigenen Seele sei. Sie
meinten, so eine tüchtige Bierfreund
schast habe so manchen befördert, sei so
manchem zum Nutzen geworden«
,,Ganz-recht,« entgegenete ich, »ganzi
recht. Auch das Volk, den Staat besj
stehlt ihr.« Da wurden sie grob und«
ich stand aus und ging. Nein, Anna.
— nichts vom Wirthshaus! Das ist
der Fluch unseres Lebens! Wenn ich·
mich dagegen zurückträume, wie wir
Abends am Bettchen unserer Karoline
saßen und scherzten mit ihr, bis sie ent
schlummerte, und wie süß das war,.
Ivmn sie nnrb -inmnl »macht- nnä mit
i
großen Augen anschaute und dann la
the-nd befahl: »Mama, gieb Papa einen
Kuß, er hat das so gern« und;
wenn wir dann dlauderten bis lange in z
die Nacht hinein, oder zusammen la-l
sen, zusammen unsere Bilder, unsere
Kun suchen, unsere kleinen Schätze bes
trach eteni, Erinnerungen daraus-Z auf-«
tauchen ließen, u. Zukunftspläne span
nen: wie schön war das, wie glücklich
Daten wir da! Und doch, ich kann esJ
nicht begreifen, aber essgiebt Leute, die
für all das keine Empfindung haben,
Ienen der Qualm der Bierstube iiber
rlles geht. Aber warum siehst du mich
io seltsam an? Bist du nicht meiner
Neinung2«
»Ich denke an vergangene Zeiten.
War das immer deine 11eberzeugung2«
»Natürlich. Doch —--— selbstverständ
lich war es einmal anders. Als ich
Junggeselle war — ·j
»Da gefiel dirs im Konzert, iml
Theater, im Kasseehaus?«
»Nun ja, ich vermißle nichts ich s- »F
»Und am Stammtisch??« I
»Womit soll man seine Zeit todt
chlagen? Was weist du vom Jungge-!
ellenlebeni Einmal, da versuchte ich’
—- das Geld war mir nämlich ausge
kangen —- mit dem Zuhausebleibm
Ich sauft-e Brod und Butter und brau
e mir meinen T«hee. Entsetztichl sa
xe ich dir, — ich-wurde ganz melan
holisch.«
»Und doch stirte dich niemand, keine
Redensarten verdrossen dich und keinel
Trinkgelder - Physiognomien, du
konntest träumen, sinnen, blaue Rin
gel blasen, die Füße auf einen Stuhl
legm—si
»Du hast recht, es fehlte mir etwas.
Jch weiß nicht was. Das ist ja lange
her, so lange her. Man wird mit der
Zeit ein anderer Mensch.«
Die alte Frau faßte seine Hand und
sagte mit zitternderStimme: »Ich will
dir sagen, was dir fehlte, was dich än
derte. Es ist dasselbe, was unserGlück
gemacht hat: unser Haus, unser Heim·
Wenn ich dichten könnte, würde ich ein
Märchen schreiben von einem seltsamen
Geiste, der die Stuben erfüllt, um alte.
Schranke und Truhen weht, in hundert
kleinen Dingen sich einnistei. Von ei
nem stillen Geiste, der dir alles hei
misch, traut und wohnlich macht, der
dir den mißlungenen Kuchen versüßt,
den Lehnstuhl, für den niemand mehr
einen Groschen giebt, zu einem liebenä
Freunde macht, und der alten Frau.
die nichts mehr hat als Runzeln und
graue Haare, noch ein bischen Zauber
lrast giebt, um Sausewinde festzuhal
ten.«
»Du weinst!« Er zieht sie zärtlich
an seine Brust und schjingt seinen Arm
um sie. »Glaubst du nicht an meine
Liebe?«
s1«»-«-l m.-c .!.-... M.’C, !
Olc IUHUIUJL LLUUJ llllck WILL Ic
doch erhebt sie sich und blickt ihn ruhig
an. »Erinnerst du dich an die welsche
Signora?«
»Der alte Herr wird böse. »Wozu
solche Dinge ausrühren!«
»Ich will dir keinen Vorwurf ma
chen, Stephan. Was ihr Liebe nennt,
ist nun einmal so; es will Jugend,
Schönheit, Reiz. Du sollst diese Lie
be nur nicht mit einem Heiligenschein
schmücken, den sie nicht verdient und
den ihr freilich die Phrasenmacher und
Bücherschreiber geben. Die Liebe,
Stephan, hätte dich mir nicht erhalten.
Jch war ein einfaches-, schmuckloses
Weib, früh gealtert, weil ich mich für
die Kinder geopfert hatte, und selbst in
meiner besten Zeit-—was hätte ich dir
bieten können gegen den üppigen Reiz,
die blühende Schönheit, den blenden
den Geist der Signora! Und doch,
Stephan, —— obwohl kein Wort der
Klage über meine Lippen kam, —- du
rasftest dich auf, etwas zog dich zurück
zu mir, zu deinen Kindern, eine ge
heimnißoolle. gewaltige Kraft kämpfte
siir uns-, Zauber gegen Zauber, nicht
wahr-, ich habe recht? Du besiegtest
jene Liebe und was sie besiegen half,
das war jener Geist, jener liebe, gute
Geist, dem allein wir unser Glück ver
oanken.«
Sie schweigen. Draußen heult der
Sturm und Dämmerung erfüllt das
Gemach. Da hdrt man aus weiter
:- ..... M-·-c«-- kxm«--—
kabuc qu Mut-Ich Ost-you- los-seku»
Schritte Frau Ansnsa lächelt. »Das
ist Hermann. Jch kenne seinen Schritt·
Er tappt drein, wie ein Goliath, aber
er ist zahm wie ein Kanarienvogel.'·
Der alte Herr springt aus. »Auch
die Kinder sind da. Jch höre ihre
Stimmen.« l
»Sagte ich dir’s nicht, daß sie kam-·
men werden? Und wenn es Pech und;
Schwesel regnet, sie kommen. Der?
Geist zaubert sie her.« I
Der alte Herr horcht an der Thür
,Auch Karoline kommt. «
»Das hätte sie nicht thun sollen — »
bei ihrem Zustand! Zwei Stunden;
fahren --—- bei diesem Unwetter! AherE
Zuch ihr läßt es keine Ruhe —— sie inijs I
sen alle nach Hause Auch unser ar
ner Heinrich, trotz der wilden Sees-«
sie faßt das-J Telegramm und driictt es
m ihre Lippen —« er koinn1t,erj!
kommt!«
Da packt den alten Herrn wieder dass
jugendliche Ungestüm, er eilt aus seine!
Frau zu und umarmt sie: »Du hasts
recht « sagt er, »der tolle Junge! Jetzt
begreife ich erst, warum er kein Weil-) .
nachtssest vergehen läßt, ohne die Neid
se über den Ocean zu machen. Jg,!
Alennchem er ist stark, dieser Geist des
Qaheirns —«
Jn diesem Augenblick öffnet sich die
Thür, ein Rudel Kinder springt ju
selnd herein und hinter ihnen sieht man
Iwei große, bättige Männer unsd eine
Iarte, kränklich aussehende Dame. I
Stephan aber hält seine Frau noch
fest, beugt sich zu ihr nieder, uwd wäh
ren-d seine Kinder ,,Großpapa, Groß
mam-a!« rufen-, flüstert er ihr in’s
Ohr-: »Ich glaube an diesen Geist und
weiß auch, wer ihn in Haus bringt.
Habe Dank dafür!«
- p—--«. —
Verrückte Wahlwettcu.
Dies ist die Zeit der Weiten.
Jn den vier oder siinf Wochen vor
der Wahl werden mehr Wetten in den
Bet. Staaten abgeschlossen, als im
ganzen übrigen Jahr.
Es giebt eben sehr wenige Amerika
nser die nicht auf den Ausgang einer
Wahl wetten. Leute, die sonst abge
sagte Gegner alles Spiel-ens und Wet
tens sind — wenn einie Wahl in Sicht
kommt, dann werden auch sie von dem
Wettfieber ergriffen.
Viele der Wette-n sind seltsamer Na
tur. Jn Buffalo wettete vor einigen
Jahren ein bekannter Demokrat, daß
er in dem ersten Schneesturm eine
«Peanut« mit einem Zahnstocher eine
Meile weit rollen würde, falls Stern
nicht Mayor würde, und hielt auch die
Bedingungen der Wette treulich ein.
Die Schubkarrenwetten sind so häufig
geworden, daß sie kaum noch Aufmerk
samkeit erregen, und selbst das Schau
spiel. ein-en woblaekleideten Demokra
ten oder Republikaner barfuß gehen zu
sehen, vermag höchstens noch die liebe
Straßenjungensd anzulocken.
an Wall Street wurden während
der Clevelan-d-Harrison-Campagne so
viel Weiten auf den Ausgang der
Wahl abgeslossen, daß man die Namen
Clevelaind und Harris on sehr wohl in
die Liste der courssähigen Papiere
hätte eintragen lön—nen.
Jn Harlem wohnt ein Mann, der
Republikaner ist, während sich seine
Frau zum demokratischen Glauben be
kenrnt. Kurz vor der letzten Präsiden
tenwahl geriethen sie iiber die Vorzüge
der beiden Kandidaten in Streit und
der häusliche Friede war gestört.
Schließlich machte der Gatte folgenden
Vorschlag: ,,Falls Cleveland erwählt
wird, will ich ein Jahr lang jeden
Abend den Tisch abräumen und das
Geschirr spülen; andernfalls mußt Du
mich rasiren usnd mir jeden Morgen die
Schuhe vutzen.« Seine bessere Hälfte
ging dar-auf ein- und — der überzeu
gungstreue Republikaner hatte das
zweifelhafte Vergnügen, allabendlich
Dienstmagd spielen zu müssen.
Ein Bürger von Kansas City wet
tete einmal, daß David B. Hill zum
Gouverneur des Staates New York
erwählt werden würde. Er hatte sich
verpflichten müssen, im Falle sein-es
Verliserens eine Vonne Kohlen zu titu
chen, unsd im Schausenster eines Klei
derlnhenä bezahlte » spin- Most
Morgens um 6 Uhr begann er. Den
ganzen Tag über war er mit einem
kleinen Pinsel thätig, Unbekümmert um
die Hunderte, die sich draußen auf dem
Trottoir drängten. Auf einem Schild
stand zu lesen: »Ich habe aus Hill ge
wettet.«
Um nun auf kürzlich erst abgeschlbs
sene Wahlwetten zu kommen: Jn Ri
pley, Ohio, haben sich zwei prominenie
Bürger namens Leggett und Dr. Ty
lesr dahin verstiänsdigt, daß im Falle der
erählung McKinileW Dr. Tyler
seinen Kopf rasiren uns-d ver-golden las
sen und unbedeckten Hauptes die Mai-n
Straße abspazieren soll, während im
Falle der Erwählung BryanZ Leggett
ein Gleiches zu thun hat, nur mit dem
Unterschied-,e daß er den Schädel ver
silbern lassen muß. Jn Montgomerhsp
Ala» hat ein Demokrat 16 Silberdol »
lars gegen einen Golddollar aufBryarM
gewettet, ein Republiksaner 32 Silber-;
unzen gegen eine Goldunze auf Mc-!
Kinsley. Ein-e andere seltsame Wette
windi aus Louisville, Ky» berichtet.
Dort haben Hollowah Bros. einem
Herrn. Wm. M. Wallace »ein Fällen
verkauft, das seinen Werth von 8750
hat. Wier Brhan erwählt, so muß
Wlallace 32000 für das Fällen erlegen,
wemv dagegen McKinley aus dem
Kampfe als Sieger hervorgeht mir
8500.- Jm Perry, Va» haben« zwei
Verlobte namens Alice Youinger und
MS Stanton mit etmanM eine
Werts Mchlossenz derzufolge, im
eFalle, daß Stantson gewinnt, Fräulein
Younger die Hochzeitskosten zu tragen
t
Zwei Philadelphiaer sind überein
gekommen, daß der Vierliiever von der
Quälerstadt bis Wilmington auf den
Händen gehen muß. Die Strecke ist
30 Meilen lang und die Reise wde
mindestens 8 Tag-e in Anspruch neh
men.
Eine der eigenartigsten Wette-n ist
zwischen zwei Kaufleuten einer kleinen
Stadt Connecticuts abgeschlossen wose
den. Die beiden Kaufleute sind Kont
kurrenten und das Uebereinckommen
lautet dahin, dsaß im Falle vonBryanB
Erwählung der McKinley - Mann 8
Stunden täglich während einer Woche
als ,,Sandwichman«« durch »die Stricc
ßen der Stadt wandeln unsd für die
Waaren seiner Rivalen Reklame ma
jchen solle. Umgekehrt der Bryan
sMamp falls McKinrey erwählt wivd.
;Gefährlicher ist eine Wetie, die John
.Walch unld Tom Carberry in Masse-n
burg, Col., ein-gegangen Walch unsd
Carberry sind Bergleute und der Ver
lierer hcat sich in einen 200 Fuß tiefen
Schacht hinieinzubegebem hat dorst ein
Seil zwischen die Zähne zu nehmen
und wird von dem Gewinner hinauf
an's Licht gezogen. Aber Vielleicht die
originellste Wette haben zwei Chicagoser
Kellner abgeschlossen Der Verlierer
ist« gehalten, hundert Austern zu kau
fen usnd zu öffnen, wähnend der Ge
winsner die schmackhaftens Schalthiere
verspeist. Wer dabei besser wegkommt,
ist nioch die Frage Kaum wenig-er osri«
ginell ist eine andere Wette, die in
Dodge City, Kan., F. K. Powers und
E. R. Prowers eingegangen- sind.
Powers ist ein überzeugungstreuerPo
pulift, während sich Prowers zum Res
publikanerthum beten-nd Der Gewin
ner darf das Privileg für sich in An
spruch nehmen, einen Kimkderwagein
durchs die Hauptstraßeni der Staidt
schieben zu dürfen, während der Ver
lierer das Kinderwägelchen zu occupi
ren hat, in der einen Hand eine Saug
slasche, in der andern eine Kisnderklap
per. Die Saugflasche wird mit sau
rer Milch gefüllt und der Verliever hat
sie auf das Wohl des Giewiinners zu
leeren.
Jn Colovaido stimmen auch die
Frauen »dieses Jahr und viel-e sind die
politischen Gegner ihrer Gatten. Kürz
lich gerieth ein Ehepaar in Denver
über den Ausgang der Wahl in Streit
miteinander. » Zuletzt beschlossen die
Beiden, den Gegenstand fallen zu las
sen, uInsd die Frau schlug dem Mann
folgende Wette vor: »Wenn Bryam er
wählt wird, werde ich seine-n Monat
lang alles Holz hacken, andernfalls
mußt Du für einen gleichen Zeitraum
oass Waschen oer jzsamtsnenwaicye uoser
nehmen« Die Wette kam zum Ab
sch«luß.
Jn Dallas, Texas, giebt es zwei
Männer, deren sein-er klein umd dick ist,
während der andere dünn unsd lang.
Wird McKinley gewählt, so muß der
Dicke vier Wochen lang einen Anzug
des Dünnen tragen, im Falle der Er
wählung Bryan’s wird sich der Dünne
vor OdIie Nothwendigeit gestellt sehen,
ein-en Anzug des Dicken zu tragen.
Eine junge Bostonerin, die 178 Pfd.
wiegt, wettete gelegentlich der letzten
Kampagne auf Harrison und mußte
drei Monat-e lang ohne Korsett gehen.
Ein Bostoner sal) sich gezwungen, 6
Stunden lang Init ein-ern hsalben Voll
bart die lzweite Hälfte hatte er sich
abrasiren lassen müssen, - — in ein-er der
Hauptstraßen auf und ab zu gehen.
Origenell war auch ein-e Wahlwettse,
die in Germantown, Pa» abgeschlossen
wurde. Ein gewisser Corwell hatte zu
fest auf Harrison gewettet und muß-te
infolgedessen in einem Schaufenster zu
Bett liegen.
Und nun noch eine Wette, lotie 1884
von einem hübschen jungen Mädchen
in Meadville, Pa, verloren wurde.
Das Wahlobjekt waren 50 Küsse gegen
einen Winsbermantel
-. ...,-. —
,,Höchst merkwürdig, Jean! bei mei
nem früheren Diener veichten meine
Cigarrens immer viel länger!«
»Hm, der wird wohl Nichtmucher
gewesen sein, Herr Barmi«