Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 06, 1896, Sonntags-Blatt., Image 12

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    m t
Dsscsrück des Zufausj
Von Theodor Lange.
Unter den fischbliitigen Ebenbildern
«M, in denen die nüchternste Prosa
verkörpert zu sein scheint, muß wohl
tragt-nein die Ansicht verbreitet sein,
Idaß die erste Liebe die einzig wahre,
Sieht-e Liebe sei; aber auch der gottve
gnadete Dichter süßslicher Liebeslieder
verkündet Unis im Brusttone hehrer Be
geisterung: »Der Mensch liebt nur
einmal und dann nimntermehr!« Viele
Menschenkinder jedoch, denen in ande
ren- Angelegenheiten wenigstens ein ge
sundes Urtheil nicht abzusprechen ist,
sind mit derselben Gewißheit vom Ge
genst-heil überzeugt und halten jene
Auslassunsgen sentimentaler Schwär
mer für das, was sie wirklich sind —
fiir leere, nichtssagende Phrasen.
Zwar möchte ich mir keineswegs an
maßen, mit diesen Bemerkungen jene
unendlich schwerwiegende Streitfrage
zur allgemeinsten Befriedigung erle
digt zu haben-; mit einem gewissen
M aber darf ich wohl die Behaup
tung wagen, tdiaß der »Herr der Schö
pfusng« schon »von dieser erstens Liebe ge
fesselt gewesen- sein muß, ehe ihn eine
zweite gefangen zu nehmen drohen
kann-. Sollte es ihm aber bis-lang ges
langen sein-, sich gegen den stund-erwir
rmden Einfluß jener ersten mit eisiger
Umgürtung zu wiappnem so bleibt ishm
sicherlich noch die Hoffnuna. daß ihn
über kurz oder lang ihre Allgetvalt wie s
ein Feuerbad oder gar ins Gestalt eines ;
goldenen Himmelsregens überrieselnj
werde. Ohne Zweifel ist deshalb auch ;
meine Annahme berechtigt, daß der an
gezogene Gegenstand von mehr als ge- s
wöhnskischem Interesse ist und Mittheiq
lustigen gänzlich neuer Erfahrungen»
ans Odem Gebiete dieser berzehrendenj
Leidenschaft vom Publikums mit wach-«
rem Heißhunger verschlungen werdens
Es heißt auch hier: ,,Varietas delet-l
tat!'« Novitäten sind es, nach denen
unsere Zeitungen, unsere UnterhaH
1
stungsblätter haschen, die sie mit Gold,
mit »Laubfröschen« aufwiegen Aben
teuer im Lustsballon stehen hoch in der
Gunst des kritischen und natürlich stets
verständigen Lesers und telephonirte
Berichte aus der Tiefe des Kraters ei
nes thätigen Vulkans verbeißen nie
versieaenden Goldstrom den tiefen Ta
schen der Romanlünstler, welche dieses
Gebiet zu betreten wagen. i
Welche unsagbare Anziehungsirafti
aber-mußte eine solche BultanvesteH
gung ausüben, wenn eine Episode je-(
ner zärtlich-en, galanten Leidenschasti
mit ihr verknüpft wäre! Eine Liebes- ?
scene in einem»Krater zum Beispiel!;
heiße Liebesschwüre mit glühendeni
Lavaströmen abwechselnd, währends
der seuerhauchende Berg riesige Leucht- s
kugekn hoch über die Häupter des un-i
erschroclenen Paares schleudert undj
sbeim matten Schein der nmsswen Ra-;
keten lder liebesbrünstige Jüngling dem I
züchtiglich erröthenden Mägdelein mit!
flammendem Kusse das süße Siegel je- I
net ersten Liebe ausdrückt! Das wäret
nicht nur neu, das wäre auch packen-d! I
Hätte John Forrest seine Luise wirt-!
Ach unter solch absonderlichen, großar
tigen, erhabenen Umständen zum ersten
Male getroffen, der Berleger würde
mir sicherlich eine unausgefüllte Bank
antveisung überfenden und es mir
überlassen, dieselbe selbst auszufüllen
ten-d meinen eigenen Preis für das
Opus zu bestimmen. Nicht wahr?
Nu, das wußte ich ja! und daher be
friedigt mich denn auch der Gedanke
außerordentlich daß John Forrest s ei
sne Lwise zum ersten Male an einem
Orte erblickte, der bezüglich seiner Un
qewöhnlichkeit dem Boden eines Kra
ters nicht im geringsten nachsteht und
Mein viel, viel tiefer liegt. Die
W Leim — Eis-se sei-z sitze si- is
Mc — lu«lls llull UUHclllllaJ IIIUII occ
muthen, ich hätte in zarter Weise auf
eine Kohlenimine oder auf eine Expedi
sei-on in eine Tropfsteinböble anspielen
wollen, bei der vie reizenden Exemplate
des schwachen Geschlechtes in wasser
dichte Männerkleider gehüllt, mehrere
hundert Fuß tief unter die Erd-Idee
flliche himbrwischen und auf allen Vie
ten vorwärts kriechen. Das Thema
ift verbraucht unsd alltäglich geworden
und ich hätte dann ebenso gut eine
Scene aus dem Ballsaal beschreiben
können, wo die umsochstige Mamu ih
rem pensimisverbildetem aiber leidlich
häbschen Wachen einen enorm rei
chen aber beschränkten Bräutigam zu
tun-gelie- sucht, während bet unglück
Uche Liebhaber in einem entfernten
Winkel des Simses fei- Aebesleid m
Meter Der Nr in schnödem
Schopf-s Osu ersäufen beniiihtisi. So
Miso-U Modena dvmgekpmmen
«Mistcbex’dweith so MINI
MII M W es heut- miss
nicht mehr zieht und in die Rumpel
kammer gehört.
Ungewöhnlich aber darf ich es wohl
nennen, daß Gott Arn-or John wwd
Luise zuerst unter Wasser zu
sammenführte und zwar unter der
Oberfläche des mächtigen East Rinden
Am Dantfagiungstage wandelte
John Forrest das Flußufer entlang,
um sich am bunten Treiben der Menge
Zu ergötzen uwd seinen mit Truthahkn
überladenen Magen zu energischer
Thätigkeit anzuspornetr. Die Maiw
sen begin-gen den Nationalfeiertag mit
allerlei Späßen unid sder Manhattam
Ruderrlub hatte eine große Regatta
veranstaltet, der auch Forrest anfangs
seine ganze Aufmerksamkeit zuwandte.
Da bemerkte er, wie eine dichte Volks
mewge sich am Ufer tin-sammelte unid
als er näher lam, gewahrte er einen
glockenartigen Gegenstand. der mit al
lerlei Schläuchen und Tauen behangen
war. Ein-« großer, robuster Jrländer
mit kriegerischem Schnurrbart ging
davor auif und ab und rief mit weit
vernehtnbarer Stimme: »Meine Da
men than Herren, Versuche mit der
Taucherglocle! Eintritt nur fünqu
zwanszig Cents!« Niemand aber schien
rechte Lust zu verspüren, an den Ver
suchen Theil zu nehmen, und wieder
und wieder ertönte die Stimme: »Ein
steigen, meine Herrschaften! Die Fahrt
geht gleich losl« Unserem Freunde
Forrest lag das Herz auf der Zunge
und schien ihm dann im Halse stecken
zu bleiben; dann über-lief es ihn wie
der eiskaslt, endlich aber trat er kühn
entschlossen vor und rief: »Warten Sie
einen Auaenblick! Nehmen Sie mich
mit!" Die Menge bildete sogleich
Spalier, Forrest opferte den verlangten
Obolus und kroch unter dem lauten
Beifall derUmstehendenunterdas große
Ungethüm mit den funkelnlden Glas
augen Ringsum an der Jnnenseite
entlang lief ein schmales Sitzbrett;
die Atmosphäre war dumpf und drück
end und mattes Licht erhellte den
Raum. Forrest gegenüber befand sich
ein schillernder, glitzernder Gegenstand,
der sich bei näherer Bestchtigunsg als
ein über und über mit Perlmuttertnö
psen besäter Junge entpuppte, unter
dessen Qberaussvcht die Liebhaber un
terseeischser Fahrten irr die Tiefe stie
gen. Jn der Hand hielt er ein von der
Krone der Glocke herabhängendes Tau,
das ihn wahrscheinlich mit der Ober
welt verbinden sollte, um aus ein
Zeichen sogleich ans Tageslicht beför
dert zu wenden.
Forrest, der sich aus seinem schmalen
Sitze fest gegens die Wand drückte, be
reute bereits sein voreiliges Beginnen
und wäre sicherlich sogleich wieder sei
nem freiwilligen Gefängniß entstiegen,
wenn er den Muth gehabt hätte, sich
dem Gelächter der Menge auszusetzen,
die ihm noch soeben seiner Uner
schrockenheit halber Beifall geklatsscht
hatte. Als sich aber nach und nach der
Raum mit neuen Passagieren füllte,
verlor er seine Zaghaftigkeit und dem
Rathe des Jungen folgend, drängten
sich alle fest zusammen und verschränk
ten die Beine netzartig ineinander
Plötzlich rief der Führer: »Erlauben
Sie, meine Herren, es kommt eine
Darau«
Grade wollte Forrest wegen Raum
mangels Protest erheben, da ertönte es
mit süßer, einschmeichelnder Stimme:
»Ist noch Platz für mich?·· Das Blut
rollte ihm schneller durch die Adern und
ais nun gar ern pur uno Darunter em
Gesicht von unbeschreiblichstem Lieb
reiz sichtbar wurde, da war sein Wi
derstand vollends gebrochen. Dicht
rückte er akn den Jungen her-an und mit
einladender Hawdbewegung ermuthigte
er das junge Miide sich zu seiner
Linken niederzulassen i
»Es ist wohl recht gefährlich?« fragte
sie in weichem Flüstertons, während sie
Farrest’s Arm erfaßte, um sich so bes
ser stützen umsd bequemer zurechtsetzen
zu können.
»O, durchaus nicht!«entgegnete For
rest. »Stützen Sie sich fest auf mich,
damit Sie nicht heruntersallen.«
Bei diesen Worten huschte flüchtiges
Roth über ihre zarten Wangen, sie aber
befolgte seinen Rath umd John’s Herz
M tm mächtig zu schlag-M
»Mir ist so bange,« fuhr sie fort,
»mein Herz pocht hörbar und ein un
angenehmer Druck auf der Stirn macht
sich fühlbar Das soll aber bei mit-er
seeischen Expexditionen stets der Fall
sein.«
»Wir sind noch nicht unter Wasser,«
bemerkte spöttischder W dem For
rest jeder-sum seiner Unterbrechung
halber eine derbe Zuwchtweisung bät-te
zu Theil werden lassen, wenn nicht im
selbe-us Augenblick die Glocke »dem
fix-mer« verhier und unter ihm-v die
blit- ttWchc Welle Muts-E hätte
Imgstttch drückte sich das vreizen-e
Geschöpf tm Zweit wie Ew«
aber zitterte sie, als vor dem Trommel
fell ein Kanonendomier ähnliches Ge
räusch sich hörbar machte. Die Luft
pumpe arbeitete mit aller Macht und as
erhob sich ein Latini als ob von Außen
kmit einem Hammer an sdie Glocke ge
Zschlagen wer-de; die junge Dame wur
Ode immer furchtsamer und erst als man
Iin vie uksachc des Getöses ekktäkte,
zlelynste sie auf Forrest’s Bitten ihren
EKopf an seine Schulter Wd beruhigte
xstch allmälig. Forreft erklärte ihr All
jles, unid sie belohnte ihn mit den Wor
Iten: »Es ist doch wirklich hübsch, über
Alles Auskunft geben zu tönnien.«
I »Ja, freilich!« entgegnete er. »Sie
Ewerden es daher begreiflich finden.
Ewenn ich Sie um ihren Namen bitte,
Fden Sie auf der Oberwelt führ-ein«
! -,,Luise Morton," antwortete sie ohne
EZögern »Ich wohne in Hoboten, wo
fmeine Eltern eine tleine Gärtnerei be
streibm während ich in einem·Wei«ß
jwaarengeschäft am Broadwan meinen
ELebensunterhalt verdiene.«
herr Forrest Mtte verbindlich,
stellte sich gleichfalls vor und verband
Edamit die Bitte, sie bis an ihre Woh
inung begleiten zu dürfen. Das Aner
ibieten wurde danker angenommen
jurw als Forrest sich verabschiedete
xfiihlte er nur zu deutlich, daß während
isder wenigen Augen-blicke unter Wasser
Heim wnstäuvigk umwawvmng mit ihm
vorgegangen sei — frei war er hinab
gestiegen unsd gefesselt in Banden einer
jliebt-eizenden Jungfrau tam er wieder
lan die Oberfläche
1 Die Werbung nahm wie alle übri
gen idren Vertaus, Lune gav ihm ihr
Jawort und Forrest beeilte sich, die
Einwillgung seiner Eltern zu erlangen
und sie zu bitten, ihnen ihre zukünftige
Schwiegertochter zuführen zu dürfen.
Der Vater Forrestüs aber, ein stein
reicher Bau-tin der Stadt New Yort,
polterte und wetterte in allen möglichen
Tonarten; er wollte von dieser
Schwiegertvchter nichts wissen, sein
zSohn solle keine Betteldirm zur Frau
1nehmen, er werde ihm solche romanti
sche Mücken schon austreiben und wenn
Lek nicht gutwillig sich den Gedanken an
idiese Heirath aus dem Kopf schlage,
werde er schon Mittel und Wege sin
den, seine väterliche Autorität zur Gel
tung zu bringen« Alles Bitten und
Flehen von Seiten Jolm’s half nichts
und selbst als er endlich zornig seinen
Entschluß verkündete, nur Luise, die
er aufrichtig und innig liebe« werde
seine Gattin werden, antwortete ibm
seine Frau Mama mit hölznischem Ach
selzucken, er solle lieber sogleich mit
seinem zukünftigen Schwiegervater in
Geschäftsverbindung treten unsd Theil
baber an der Gärtner-ei werden; als
Gärtnerbursche müsse er sich ganz vor
trefflich ausmachen.
John theilte seiner Braut den Ent
schluß seiner Eltern mit und Luise er
klärte sich bereit, ihn unter diesen Um
ständen wieder frei zu geben. Davon
wollte Forrest natürlich nichts wissen ;
sie solle sich nur gedulden, der Wider
stand seiner Eltern werde sich schon
brechen, sollten sie aber hartnäckig auf
ihren Willen bestehen, so werde er sich
von ihnen lossagen und mit seiner
Hände Arbeit seiner süßen Luise ein
Heim schaffen-. dessen sie sich nicht wes
de zu schämen haben. Sie gelobten sich
gegenseitig underbrüchliche Treue und
Jow trat beruhigt den Heimweg an
mit idem beseligenden Gefühle, daß sei
ne geliebte Braut ausharren werde und
schließlich doch seine Frau werden
müsse.
; Bange, unruytge Wochen folgten
Ejetzt John machte noch mehrfache
EVersuche, seine hartherzigen Eltern
umzustimmen; als er aher schließlich
Edie Ersolglosigleit seiner Bemühungen
Eertannte, nahm er auch davon Abstand
Eund fügte sich scheinbar in- has Unver
meidliche. Der alte Forrest hatte mitt
lerweile einen Plan ausgearbeitet her
Eseiner Ansicht nach sicher zum Ziele
führen mußte. Eines Abends heim
EEssen theilte er seinem Sohne mit, er
Ehahe den Beschluß gefaßt, zur Ausbrei
Etung seines Geschäftes rn London Ver
Ebinhungen anzutniipfen, und zu dem
EEnde solle sich John sogleich zur Reise
Eriisten, um schon morgen mit dem, um«
EMittag in See stechenhen Dampser
nach England abreisen zu können John
Eversuchte Einspruch zu erheben; er habe
noch Berschiedenes zu ordnen. außer
dem müsse er wenigstens seiner Braut
Lehewohl sagen und einige Tage Aus
schuh würden dem Unternehmen auch
weiter keinen Abbruch thun. Der Alte
erklärte, idasz M nicht mehr zu ermög
lichen sei da er bereits auss dem tags
daraus ahgehenhenDamhfer einenPlatz
belegt hohe nnd keineswegs gesonnen
sei, das Geld so leichtsinnigesk Weise
zum Fenster hinausz ums-sen Was
den Abschied anlange so könne ja
John unter Angabe der dringliche-i
Umstände seine Braut von seiner Wh
P J
reife schriftlich benachrichtigen; er
werde den Brief persönlich überbrin
gen außerdem mündlich die nöthige
Entschuldigung übermitteln. Der
junge Forrest war zwar anfangs da
mit nicht einverstanden gab aber
schließlich idem vielen Drängen nach
und ließ sich bewegen, den Brief an
seine Braut seinem Vater zu überge
ben
Um elf Uhr Vormittags verließ das
Fahrzeug den Hasen- Jobn winkte mit
dem Taschentuch ein lehtes Lebewobl
und seine Eltern suchten befriedigt ob
den gelungenen List ihren Palast an
der Fünften Avenue auf.«I
e «
Det junge Fortest schwamm bereits
mehrere Tage auf dem Wasser, als sich
sein Erzeuger anschickte, sein so fein
angelegtes Plänchen, das bereits theil
weise vertvirttlicht war, vollends zur
Durchführung zu bringen« Die Tasche
wohl mit Bantnoten ges pickt machte er
sich auf den Weg zu Luise Worum-s
Eltern, denen er von Ansehen wenig
sten-s bislang unbekannt geblieben war.
Unter dem Verwande, nvebrere Blumen
eintaufen zu wollen, ließ er sich mit
Morton in eine längere Unterhaltung
ein, in deren Verlan er sich nach der
Höhe der in dem Gewächsbause veran
lagten Summe erkundigte, sich über
den Preis des Grundeigenthnms in der
Nachbarschaft unterrichten ließ und
schließlich, nachdem er seinen Namen
genannt hatte, direkt auf's Ziel los
steuerte. Er theilte Luisens Vater mit,
sein Sohn Jobn habe das Unpafsende
einer Verbindung mit einer Gärtners
tochter eingesehen, da es ihm aber pein
I sh, los-Hv- Wssw us Is
lösenk sdlas ihn an Luise fesselte. so habe
er ihn beauftragt, Luise sowohl als
deren Eltern von seinem Entschluß in
Kenntniß zu setzen, ihnen eine nam
hafte Geldsurnme zu til-ermitteln und
überhaupt alle Vorkehrungen zu tref
fen, daß bis zu seiner nach etwa sechs
Monaten stattfindenden Rückkehr aus
Europa alle Schwierigkeiten gehoben
seien und die Verbindung mit Luise
völlig abgebrochen sei.
Der alte Morton wies das Ansmnen
mit Entrüstung zurüd·; seine Tochter
sei ihm nicht um schnödes Gold feil;
wenn der junge Forrest leine Verbin
dung mit Luise wünsche, so werde es
auch ohne eine solche gehen. Luise müs
se sich, so schwer es ihr auch werden
sollte, mit dem Gedanken vertraut ma
chen, daß sie einem Unwiirdigen ihr
Herz geschenkt habe, der es nur aus ei
ne lockere Tändelei abgesehen gehabt,
niemals aber ernstlich an eine Heirath
gedacht habe; er werde übrigens Luise
herbeirufen und dann könne der Herr
Bankier Fortest ihr persönlich mitthei
len, was sein geschätzter Herr Sohn zu
beschließen fiir gut befunden habe.
Luise traute anfangs ihren Ohren
kaum; als aber Forrest Sr. ihr mit
theilte, ihr Geliebter sei schon seit meh
reren Tagen nachEuropa abgereist; als
sie ferner bedachte, daß er auch nicht
mit einem Sterbenswörtchen Von ihr
Abschied genommen und es nicht ein
mal fiir der Mühe werth gehalten hat
te, ihr wenigstens schriftlich von seinem
Entschlusse Mittheilung zu machen,
— den Brief hatt-e der alte Forrest
wohlweislich nicht abgeliefert —- da
brach sie in lrampfhastes Schluchzen
aus, fiel weinend ihrem bestürzien Va
ter um den Hals und brachte nur mith
lam die Worte hervor-. daii sie mit al
lem einverstanden sei und ihm alles
Weitere überlassen werde. John habe
zwar schlecht an ihr gehandelt, für so
herzlos habe sie ihn aber nicht gehalten,
daß er ihr Geld habe anbieten lassen
können als Pslaster für ihre Herzens
wunde.
Der alte Farrest schien ausrichiiges
Mitleid mit dem über alle Maßen hüb
schen, liebreizenden Mädchen zu ern
psinden; aber nur einen Augenblick
dauerte die Anwandlung dann war er
wieder der kalte, berechnende Geschäfts
mann, der es nicht verstehen wollte, wie
man thörichter Weise ein Anerbieten in
den Wind schlagen könne, welches einer
großen Summe baaren Geldes gleich
käme. Da er aber unter keinen Um
änden seinen Mammon los werden
konnte, so empfahl er sich und eilte,
vergnügt sich die hönde reibend, seiner
Wohnung zu, um seinerGemahlin mit
zutheilen, wie billigen Laufes er da
vongetormnen sei.
Luise grämie sich ties über den Ver
lust. Sie hatte mit rührender Initia
keit tm ihrem John gehangen Und fett
brach er ihr in geradezu verleßender
Weise die Treue. Stunde-klang schloß
sie täglich ins ihrem Zimmer ein.
um Schmerz ungestörten Laus
zu lassen. Die Mutter versuchte sie
zwar Zu tröstet-, aber es war alles ver
sehen-. so dass Motten den Entschluß
Miit-. sein Besilithuni zu ver-äußern
used in eine andere Gegend zu ziehen,
damit Luise durch andere Umgebung
auf andere Gedanken komme. Ein
»Käuser war glücklicher Weise auch bald
gefunden unid kaum sechs Wochen nach
«John’s Abreise bestieg Morton miti
seiner Familie den Zug, der ihn gen
«Westen bringen sollte.
Der junge Fortest hatte inzwischen
seine glückliche Ankunft gemeldet und
auch einen Brief an seine Braut beige
legt, der natürlich ebensowenig wie der
erste in ihre Hände gelangte. Er be
klagte sich, daß er von Luise noch lei
nen Brief erhalten habe, da er ihr doch
in dem ersten Schreiben eine Adresse
; angegeben habe, an welche sie Briefe an
ihn richten könne und er ersuchte seinen
Vater, ihm doch darüber Auskunft zu
,geben. Der alte Forrest, der geldstolze
jBörsenlönig, theilte in seinem nächsten
jBriefe seinem Sohne mit, das Aus
zbleiben von Briefen von seiner Braut
jsei nur zu natürlich, da sie mit ihren
Eltern die Stadt verlassen habe, nach
.dem sie ihn bei Ueberreichung des Ab
lsschiedsisybriefes mit der Neuigkeit über-i
! rascht habe, daß sie der Ungleichheit der ;
iVerhältnisse halber das Band zu tren
nen wünsche, das sie mit John ver
Iknüpfe. Sie werde mit ihren Eltern
Iwestwiirts ziehen, unt auf diese Weise
Ileichter vergessen zu können. John
Isolle sich gleichfalls in das Unvermeid
jliche fügen und sie zu vergessen suchen.
Diese Nachricht wirkte natürlich wie
Jein Donnerschlag auf den bislang so
kheiieren Gemüthszustand unseres Hel
Tzden, der sich in wilder Verzweiflung
»das Haar ausraufte und den Tag ver-«
wünschte, an welchem er die Laufplan
le des Dampfers betrat. Er lonnte
kund wollte an die Untreue seiner Ge-j
-(:-i.«... muss -t-...c.-......8J«.·,.i:-. k-2:..- I
OW- III ssssssssssss Its-, U SUB
«te sich ihm mehr und mehr die Ueber- !
zeugung auf, daß zweifellos durch den
chriingenden Einfluß feiner Eltern Lai
Jse zu diesem Schritt getrieben worden
sei; fein Vater habe jedenfalls diretti
J oder indirekteinen Druck ausgeübt nnd;
zschließlich hätten Luifens Eltern ihres
zGärtnerei Vertaufst um vor seinen
Nachstellungen zur Ruhe zu kommen. !
So mußte es gewesen sein und nicht
anders und je mehr Forreft darüber
knachdachta je mehr war er von der
jRichtigleit seiner Vermuthungen über-;
zzeugt Aufgeregt durchmaß er mitl
j langen Schritten sein Zimmer, der ein- i
»mal rege gewordene Verdacht ließ ihml
k keine Ruhe und er beschloß endlich, fei
;ne Geschäfte so schnell als nur irgend
lmöglich abzuwicleln und dann sogleich
Idie Rückreise anzutretem ohne seinen
Vater hiervon weiter zu benachrichti
gekl· j
! Mit siebethafter Hast ertedigte ers
!seine Aufträge, tniipfte die gewünsch
Eten Verbindungen in London an, ließ
Jsich auf das Festland übersetzen, unter
Ehandelte mit mehreren bedeutenden
EJmporthäusern und Banten in Paris,
jsetzte sich brieslich mit Rothschild E
;Co. in Wien in Verbindung und etwa
sacht Wochen nach Empfang des väter
jlichen Briefes war alles so weit geord
Znet, daß John mit dem nächsten Dam
;pfer Antwerpen verlassen konnte.
? Die Ueberfahrt war eine ziemlich
;stiirmisrhe; fast schien es, als sollte das
Fahrzeug niemals den sicheren Hafen
jerreichen, endlich aber legte sich der ra
sende Sturm und nach sechszehntägi
Eger Fahrt ging der Dampf-er bei New
tYort vor Anter. Forreft ltiea eiliait
an’5 Land, miethete die nächste Droschs
le und nach halbstündiger Fahrt hielt
Hdas Fuhrwerk vor der elterlichenWoh
nung. Die Frau Manto lonnte sich
vor Staunen kaum fassen über die so
gänzlich unerwartete Rücklehr ihres
Sohnes und als der Fotrest zum Mit-:
tagessens sich einstellte und seinen!
Stammhalter gewahrte, machte feine
Ueberraschung sehr bald einer ziemlich
ungemüthlichen Stimmung Platz, zu
mal da John die Ursache seiner plötz
lich erfolgten Abreise auseinandersetzte.
Der alte Fortest betheuerte natürlich
seine Unschuld; Luise sei aus freien
Stücken zurückgetreten und die Abreise
Jder Eltern habe er erst erfahren, als er
seines Tages dort kleine Eintäufe habe
»besorgen wollen. Damals aber sei die
jGärtnerei schon reichlich zwei Wochen
fin den Händen des neuen Besitzers ge
;wesen, wohin aber der alte Morton ge
lzogen sei, habe er nicht in Erfahrung
’bringen können. Man habe ihm mit
getheilt, er sei gen Westen gezogen, um
sich in einem der Ackerbaustaaten eine
sue-ne Heimath zu grünt-en John
Ischmne den Worten seines Vaters je
doch keinen rechten Glauben und er war
fest entfchlossen, ganz im Stillen Er
ttmdigungen einzuziehe- über vie
Wahrheit der ihm gemachten Miit-hei
langen.
Und seine Nachforschungen lvaren
keine bergeblichens Jn der Nachbar
schaft in der die Familie Motten th
ver Rechtschasfenheit und Arbeitsams
Fett halber in großem Ansehen- stand,
I—
erfuhr er von den verschiedenfachen
Versuchen, die sein Vater gemacht hat
te, die Eltern Luisens durch Geldsuim
men zum Fortziehen zu bewegen, als
aber alle Anerbietungen abgewiesen
worden seien, habe sich sein Vater be
müht, die auf dem Besitzthum lastende
Hypothek in feine Hände zu bekommen,
um dann die ihm nun verhaßte Fami
lie wenigstens mit einem Schein des
Rechtes von Haus und Hof treiben zu
können. Das sei ihm nun freilich nicht
gelungen, da Morton freiwillig das
Fekd geräumt habe, um den endlosen
Verfolgungen und Nörgeleien des rach
süchtigen Bankiers aus dem Wege zu
gehen. Luise habe an dem ihr zuge
fügten Herzleid fast übermenschlich ge
litten, so daß zu befürchten sei, sie wer
de es nicht mehr sehr lange ertragen
Die Entrüstung des jungen Forrest
bei diesen bösen Nachrichten läßt sich
kaum beschreiben; er war zwar sonst
gerade kein Gefühlsdufeler, aber seine
Liebe zu Luise war eine wirklich auf
richtige und sein Blut gerieth in stür
mische Wallung, nur um so mehr, weil
sein eigener Vater, dessen Plan er jetzt
vollständig durchschaute, ihm in folch’
hinterlistiger unsd heimtiickischer Weise
seine Braut geraubt und sie in seinen
Augen zu verdächtigen versucht hatte.
Die Früchte feines durch Berrath er
rungenen Siegeg sollte er jedoch nicht
genießen, denn John, dessen Thatlraft
durch den ihm entgegengebrachten Wi
derstand ausgestachelt war, war fest
entschlossen, seine Braut aufzusuchen,
und nicht eher mit seinen Forschungen
auszuhören, bis er sein Ziel erreicht
habe, selbst wenn er gezwungen sein
sollte, bis an’s Ende der Welt seine
Olc llvtqlgsll Ousachuusku suukvu
rasch getroffen. Forrest nannte noch
mehrere hundertDollars sein eigen und
sollte diese Summe nicht genügen, so
würden schon seine Freunde ihm mit
den nöthigen Mitteln beistel)eU. Die
Hülfe seines Vaters wollte er unter
keinen Umständen inAnspruch nehmen,
denn die ihm zugesiigte Kränkung
lonnte er niemals vergessen.
Grin«i«rl:e:11:t·e1::.scc lsicilit sei
ne Abr-«fe strit, Ort-at itre Bereit-OF
siir diesen Eis-ritt nnd minnt tin-ti.
daß er nicht anders ::.-.l- taxes-In ton
nen. Er sei es sich selbst und vor al
len Dingen seiner ihm verlobten Braut
schuldig, sich ihr gegen-über wieder in
das richtige Licht zu setzen und wenn
möglich ihr und ihren Eltern alles das
wieder zu vergelten, das sie unschuldi
gerweise hatten dulden müssen
Zwei Tage nach seiner Ankunft aus
Europa saß der 1unge Farreft vereits
auf demSchnellzuge der Pennsylvania
Central-Bahn, der ihn westwärts füh
ren sollte, jenetGegend zu, in der seine
zukünftiger-Schwiegereltern muthmaß
lich ihren Wohnsitz aufgeschlagen hat
ten. Der seinem tiinftigen Verhalten
zu Grunde gelegte Plan war ein sehr
einfacher und mußte seiner Ansicht nach
ganz zweifellos zum Ziele führen. Da
über war er sich selbstredend vollkom
men klar, daß es durchaus teine Klei
nigkeit sein werde, in dem großen wei
ten Gebiet des Æstens eine Familie
ausfindig zu machen, die jedenfalls
nach allem, was vorgefallen war, sei
ner nicht gerade mit Freundlichkeit ge
denken mochte und sich daher jedenfalls
veranlaßt siihlen würde, alle in den
O-:I»--4- --l-.Ik---«- M..cc--h--«
«,«.....,,... W« .«.«»«-«.«.H«
imbeantwortet zu lassen,toenn nur dem
Verdacht Raum gegeben sein sollte,
der betreffende Aufruf möge von einem
Forrest herrühren. Aber der Mensch
in seiner Noth ist bekanntlich stets ge
neigt, sich stets an den zerbrechlichsten
Strohhalm anzullammern und ist er
nun gar verliebt, so genügt oft schon
der- fchwächste Hoffnungchimmey ihn
zu einer immer eifrigeren Thätigleit
anzufpornen. Bald erschien in fast
allen Zeitungen Jndiancks und Ohio’s
eine Anzeige, in der Herr Morton,
früher Besitzer einer Blumengärtnerei
in Hoboten, aufgefordert wurde, be
hufs Erhebung von Erbschaftsanfprü
chen seine Adresse bei Herrn J. Sump
son, St. Louis, Mo» abzugeben. For
resi hatte mit Sampson, einem frühe
ren Schuliameraden, Niickfprache ge
nommen und auf dieJdee mit der Erb
schaft war er deshalb verfallen, weil
Morton früher einmal von einem rei
chen Bruder seiner Frau gesprochen
hatte, der bereits seit Jahren im Westen
verfchollen war.
Wochen vergingen auf Wochen, aber
keine Nachricht lief ein, nicht einmal
den geringsten Anhaltspunlt vermochte
Iorreft finden und auch wochenlang
veröffentlichte Aufrufe in den Zeitung
gen von Illinois, Wisconsin, Iowa,
Mimresota min anderen westlichen
Staaten blieben erfolglos. Iorreft
war der Verzweiflung nahe; seine Er
regusng nahm täglich zu und sein Zu
stand wurde devimßea Iesorgniseerei