Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 16, 1896, Sonntags-Blatt., Image 16

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    «W
Ironie des Schicksals
Erzählung von U. J. Wokdtmann.
---.
Auf einer Fußreise durch Thüringen,
wobei ich mich abseits der dielbetrere
nen Touristenpsade hielt, kam ich eines
Nachmittags beim Hinaustreten aus
einer anmuthigen Waldung auf einen
der schönsten Flecken Erde, die mir noch
auf meiner Weltwanderung ausgestoßen
sind. Jn dieser Landschaft schienen sich
alle dem schönen Thüringen eigenthüm
lichen Vorzüge zu einem ganz beson
ders reizvollen Bilde vereinigt, ja ge
wissermaßen verdichtet zu haben, und
Feld und Wiese, sanfttgeschwungene
Hügelreihem klare Bäche und grünende
Laubwiilder vereinigten sich zu einein
Ganzen, wie man es anheimelnder
wohl selten antrisft.
Ein besonders anziehender Punkt m
dem Gesamthldewar ein mehr villen
als schloßartiges Herren-haus, das in
mitten eines schattigen Gartens zu lie
n schien. Ein vorübergehendes
ueknmädchen nannte mir auf meine
Frage nach dem Besitzer den bürger
lichen Namen Obermann; dem Herrn
gehörten auch so sagte ste, die umlie
genden Gefilde, so weit das Auge
reichte. Jch naberte mich dem prächti
gen Gebäude und schaute einige Minu
ten durch das Gitter das den Garten
von- der Landstraße abschloß, hinein,
um mich an dem sorgsam gehaltenen
Blumenbeeten, inbesondere an der Fülle
der herrlichsten Rosen, meiner Lieb
lin sl)lumen, zu ergötzen Auf dem
Rasenplatze spielten einige Kinder,
lustwandelnd sahen ihnen ein etwa
vierzigjähriger Herr und eine um einige
Jahre jüngere Dame zu.
Ich war in den Anblick des reizvol
len Familienbildes so verti-eft, daß ich
nicht bemerkt hatte, wie noch Jemand
zu mir getreten war und ebenfalls die
glücklichen Menschen beobachtete. Erst
eins tiefer Seufzer lenkte meine Auf
merksamkeit auf ihn; es war ein Mann
in mittleren Jahren, aber früh gealiert
und blaß, dem Anschein nach ein Be
amter auf Urlaub. Sorge und Arbeit
hatten tiefe Furchen in sein Gesicht ge
graben.
!
Ich begrüßte ihn höflich und äußer
te: ,,Gliicklich, wer es so haben kann
wie die Herren dieses löstlichen Be
sitzes!«
»Ja, Sie haben rechi," antwortete er,
nnd es zuckte schmerzlich um feine Lip
pen. »Weil-l wenige Menschen können
sich so glücklich preisen wie der Besitzer
von Linsderhöhe. Aber wissen Sie, daß
es Herr Obermann eigentlich gar nicht
von Rechts wegen besitzt, und daß ein
armer Teufel in der Welt herumläuft,
dem es eigentlich gehört?«
»Der muß sehr edelmiithig sein, daß
er seine Ansprüche nicht geltend macht!«
antwortete ich ungläubig
Er lachte höhnisch- »Edelmiithig!«
tief er. »Nein, das ift er nicht! Aber
das ist eine ganz kuriose Geschichte
Whteän es Sie interefsiri, erzähle ich Sie
n.«
»Das würde· mich wirklich interessi
ren.«
»Du-so gut. Wir haben, denke ich,
denselben Weg nach B. Bis wir Hin
kommen, ist die Geschichte erzählt.«
Wir traten von dem Gitter aus die
Landstraße zurück, und mein Reisege
fährte, der mir etwas wunderlich vor
kam, erzählte:
»Das Herrenhaus da drüben gehörte
vor 20 Jahren einem alten halbverrück
ten Filz, der unverheirathet geblieben
war unsd sich von einer alten Dienerin
Haushalten ließ. Sie war treu und
märcherchaft häßlich, aber ihre Tochter
helene war ein auffallend schönes
Mädchen. Der Alte hatte sich in die
fixe Jdee sestgebissen, daß sie nicht hei
rathen sollte, weil er die Ehe für die
Quelle alles Unglücks hielt. Wie schön
das Mädchen war, können Sie noch an
der Frau beurtheilen —- Sie haben sie
ja vorhin gesehen —- es ist die Schloß
Herrin
Seebohm, so hieß der Alte, hatte
« drüben in Austraiien sein Glück ge
macht; heimgetehrt kaufte er Ander
hishe, und dann erinnerte kr· sich seiner
beiden Schwestern, »die» er vormals in
rümrnerlichm Verhältnissen zurückge
lassen hatte. Beide waren verstorben,
jede mit Hinterlassung eines Sohnes;
Iris studirte von Stipendien, Julius
war Zollbeamter mit 20 Thalern An
angsgehalt Seebohm nahm beide zu
, unter der ausdrücklichen Bedin
ng, daß sie sich nicht in die schöne
e zu verlieben hätten; gescheh
diei dennoch, so würden sie enterbt
werden
Das Verbot half natürlich nichts-,
M beide verliebten sich so schleunig
Mk möglich in die holdselige Helene.
Un war Julius schlau genug, es nicht
- sur-u zu Wes-» während Iki so
. Modnsodummsayessnem
. zipäestebend zärt- Alteslåste
«M In : « n,
M,Hsetsiia,vaviesz
Lein wird. Schreibe es Deiner Narr
zu.«
Am anderen Ta e kam der Notar
nach Linderhiihe, Jedermann wuß
te, was das zu bedeuten hatte.
Das war im Spätherbste gewesen-.
und im folgenden Januar starb See
bohm. Man telegraphirte es dem No
tar, und dieser telegraphirte zurück, er
werde am nächsten Morgen zur Testa
mentseröffnung kommen.
Während nun Fris bei Helene fas-,
und das arme Mädchen zu trösten be
müht war, durchsuchte Julius, vom
Teufel habgieriger Neugier geplagt, die «
Papiere des Verstorbenen in dessen Ar- j
beitszimmer. Richtig lam er denn auch ,
auf ein Konvert, dessen Ausschrift:’;
»Mein Testament« ihm nicht geringes-»
Herzllopfen verursachte. Zweimal legte
! er es uneröffnet wieder hin, das drittev
IMal siegte die Neugier im Bunde mit
der Habsucht.
Das Testament war vor Jahresfrist
ganz nach den gesetzlichen- Vorschriften
abgefaßt und vollzogen; es füllte meh
rere Folioseiten mit der umständlichen
Aufzählung aller Grundstücke, Gelder,
Staatspapiere u. s. w. Bei jeder ein-;
zelnen Nummer war der Erbe angege
ben —- immer derselbe Name — Dem
nur die Verpflichtung auferlegt war,
dem Fräulein Helene May bis zu ihrer
» Berheirathung eine Rente von 50 Tha
I lern monatlich auszuzahlen.
Julius war, erdfahl im Gesicht, in
einen Stuhl niedergesunten; der im
mer wiederkehrende Name war der sei- ;
nes Kousins Fritz; er selbst war mits
keiner Silbe erwähnt und also voll-E
ständig enterbt.
Niedergeschmettert von diesem ganzL
unerwarteten Schlage saß er einige
Minuten da; dann erfaßte ihn eine«
unbändige Wust-; er ergriff das unfe-«
lige Testament, riß es mitten durch
und wars es in’s Ofenfruer. Stirren
Auges fah er zu, wie die Flammen das
Schriftstücl ergriffen nnd in Asche ver
wandelten; setundenlcmg glühten die
Buchstaben roth auf, dann verlosch al
les und der Lustng entführte wirbelnd
die»Afchenfloclen. «
st-- ,kk,««
Jetzt exkl wulu Junius mus, uukz cr,
sich eines schweren Vergebens schuldig
gemacht habe; aber das bängliche Ge
fühl. das ibn hierbei überkam, war
rasch beschwichtigt; er beruhigte sein
Gewissen mit dem rröstlichenGedanien.
dasz nun eine ehrliche und gerechte Thei
lung des Erbes zwischen ihm und Fritz
stattfinden müsse, und daß Helene nicht
zu kurz komme, dafür würde Fritz schon
sorgen
Er ging wieder an das Fach des
Schreibtisches, dem er das Testament
entnommen hatte. und sah flüchtig die
anderen Papiere an, die dort noch la
gkm sie boten kein besonderes Inter
e e.
Pliitzlich aber fühlte er sich wie von
einem Schwindel erfaßt: ,,Kodicill zu
meinem Testament«, hieß es da aus ei
nem Konvert Hastig riß er es auf
Und ein greulicher Fluch entrang sich
seinen Lippen. ?
Das- Kodicill, ebenfalls allen Anfor
kurz und bündig:
»Ich bestätigt hierdurch mein Testa
ment vom 2. Dezember 18.. in allen-»
Einzelheiten, mit der einzigen Aug-J
nah-me jedoch, daß überall, wo do:t’
mein Nesfe Fritz Obermann genannt
ist, der Name meines anderen Neffen;
Julius Schmidt an dessen Stelle zug
treten hat« I
Wäre Julius nicht gezwungen gewe- !
sen, sich möglichst ruhig zu verhalten,g
er hätte in toben-der Muth alles im;
Zimmer kurz und klein geschlagen. Er:
baute vie Faust-, daß vie Nägel sich ins
das Fleisch eingruben, kaufte sich dies
Haare und biß sich die Lippen blutig.z
Aber das half alles nichts; seine thö-;
·richte Uebereilung hatte ihn um leinl
; Erbe gebracht.
z Das Kodirill ohne das Testament
swar ganz werthlos; zudem konnte,
wenn es zum Vorschein kam, der Arg
wohn, das fehlende Testament betei
z tigt zu haben, nur auf ihn fallen. Esl
blieb ihm nichts anderes übrig, als es
ebenfalls zu vernichten.
Das Kodsicill wandertesin den Osen
wie das Testament, und Julius sah
der Verbrennung zu, wie er der Ein
äscherung des Testamenis zugesehen
hatte —- tvahnsinwige Muth im Her
zeu. Kaum sand er in dem Gedanten
Trost, daß ihm doch immer die hälste
der Güter bliebe.
Am anderen Tage kam der Notar;
man suchte auf seine Anordnung im
Arbeitszimmer des Todten nach dessen
Zettem Willen, aber es fand sich nichts
vor; der Notar schüttelte verwundert
den Kon und la te:
» ch habe se das Testament ent
wo en und wei , daß es hier aufde
tvahrt wordean. Ich kann mir kaum
denken, daß Den Sees-hin es der-nich
tet hat. Eis findet sich vielleicht doch
noch. Aber · l; Dm Seel-Ihm
here-also serManninszoei
derungen entsprechend, datirte vomNo
vember des vorigen Jahres und lautete;
l
W
Exemplaren ausgefertigt und eins mir
zur Aufbewahrung übergeben. hier
ist es —« er zog es aus der Tasche —
»wenn die Herrschaften erlauben, wer
de ich es vorlesen.'«
Niemand bemerkte, wie leicheniblaß
Julius eworden war.
Das estament, genau dem Jnhalte
des verbrannten entsprechend, ward
verlesem mitleidige Blicke trafen JU
lius, aber den eigentlichen Grund der
fürchterlichen Aufre ung, die das kon
vulsioifche Zucken cfeiner Gesichtszüge
tundgab, errieth doch keiner der Anwe
sen-den.
Als die Verlesung zu Ende war,
blickte der Notar auf und sah Julius
an. »Und das Kodikill?« stammelte
dieser, seiner selbst nicht mächtig.
»Ein Kodicill ist freilich vorhanden
gewesen« sagte der Notar, Julius tnit
eigenihsijmlichen Blicken musternd.
»Aber hier ist es nicht, und ich habe es
auch nicht. Es ist nur in einem Ex
emplar ausgefertigt worden, das im
Besitze des Herrn Seebohrn geblieben
ist. Herr Seebohm muß es nachher
wohl wieder vernichtet haben. Viel
leicht findet es sich noch. Andernfalls
muß es bei den Bestimmunng des Te
ftaments sein Bewenden haben.«
Man suchte noch einmal nach dein
Kodicill, mit besonderm Eifer Herr
Julius Schmidt, obgleich niemand
besser wußte als er, daß alles Suchen
nutzios sein würde. (
Um Tage darauf
spurlos aus dem Schlosse und der
glückli che Erbe Frid, sowie dessenFrau
Helene haben ihn niemals wieder zu
Gesicht bekommen
Mein Reisegefährte schwieg und ich
sah ihn voll aufrichtigen Mitleids an
veqchwano er s
»Armer Julius!« sagte ich. »Er hats
fiir seine Thotheit hart gebüß«t. Ha
ben denn die Besitzer von Lindenhöhei
sich niemals nach Jhuen umgesehen?
Niemals etwas für Sie gethan?"
Er machte keine Miene zu leugnen,
daß er selbst der unglückliche Julius
sei. Wohl haben sie mir nachge
forscht, « antwortete er »und ausfindig
gemacht daß ich in meine frühere Kar
riere ruriickaetreten war Sie haben
mir alle möglichen Anerbietungen ge
Pacht, aber ich habe alles zurückgewie
en
auf, mich nicht anders behandeln zu
lassen, wie ich Fritz behandelt haben
würde, wäre ich im Sinne des Kadi
cills Erbe geworden. Er hätte nichts
von mir zu erwarten gehabt, ich habe
nichts von ihm genommen. Gelt-sen
dungen, Packete, Einladungen —- al
les habe ich zurückgewiefen.«
Er schwieg einige Augenblicke still
und begann dann wieder-: »Ich habe
ein Gehalt. mit dem ich nur eben aus
tommen kann; aber so viel Ersparnisse
mache ich doch, daß ich davon alljähr
lich in meiner Urlaubszeit eine Reise
bestreiten kann. Dann komme ich
hierher, schaue in das irdische Para
dies, das ich mir verschetzt habe, und
verschwinde wieder unerkannt, wie ich
gekommen bin. Das ist meine Buße.«
——— M- --—-—- s— «
Das Gemeindetind.
i
Jch legte mir selbst die StrafeT
Von Illired v. Hedensrjerna.
Da es unser Herrgott nicht so genau
nimmt mit der Etilette, so werden wir
es wohl begreiflich finden, daß der klei
ne Peter weder Mutter noch Vater
kann-is Bevor noch der lleine Peter
seinen ersten Schrei herausbrachte der
der Welt wieder ein armes uneheliches
Kind offenbarte, hatte sein Vater den
kleinen Ort verlassen. Es ist ja in der
Regel so, daß man vor einem Glaubt-»
ger die Flucht ergreift, und ich kenne
keinen strengeren Gläubiger, als so ein
harmloses, unschuldiges Kinsdergesichi.
Diese reinen Augen« haben trotz ihres
milden Blickes etwas so Vorwurssvol
les, daß man es nie wieder vergißt,
und diese kleinen stämmigen Aersnchen
können dem, der vergaß, was er ihnen
schuldet, noch im Augenblicke des To-«
des drohen. Einer armen Mutter aber
ist die Flucht nicht gestattet; die Frau
ist ja dazu berufen, solche Schulden bei
Heller und Pfennig zu bezahlen. Die
arme Mutter Peter’s war nicht reich
an irdischenGiitermnur ihr armes, ar
beitschweres Leben hatte sie zu verge
ben, und so zahlte sie denn die Schul
den unter Qualen. «
Peter war verlassener, als ein jun
ges Kalb, das aus der Wiese herum
springi. Als er zutn ersten Male sein
Dasetn empfand, war er aus dem Felde
unter Bachs vergraben und Mutter.
Anna chiistigte sich damit, die Rück- H
ssite seiner kleinen Person zu bearbei-!
ten. Hatte er sich doch unterstanden,
eine Milchkanne umzustoßent
Mutter Anna war die Frau des
Bauern Masse, und die umgestoszene
M wi? Eis-PMB LET- Bis-«
a r tmg i at
deii zu dienen. Der arme Peter aber
war aus dem Inventar-se von der Go
meinde verkauft werde-, fiir 35 Kro
nen jährlich, und der Bauer hatte den
kleinen vierjährigen Peter übernom
men. Wie wenig blieb doch für das
arme Menschenkind an Liebe und
Zärtlichkeit übrig, wen-n man bedenkt, »
daß er fiir 35 Kronena Bruch Bellei-x
dung, Kost, Wohnung, ufsichtigung
erhielt! Konnte es da zu verwundern
sein, wenn die Ruthe ihre SchuldtgteitZ
that und man die Schreie des armen
Peter s überall hörte? Wie oft in use-s
serem Leben treten uns Bilder bergan-«
gener Zeiten vor die Augen, aber demj
armen Peter war nichts geblieben, als
blauer Flachs und ein wunder Rückean
—- vor ihm aber lag Arbeit und Ent- i
behrung.
Dann wurde Peter größer und der;
Bauer Masse bekam nur noch 15 Kro- -
nen von der Gemeinde, dafür aber
mußte nun der arme Peter arbeiten.Il
Jm Winter jeder Nacht punkt 2 Uhr
kam der Holzpantoffel des Bauern, der !
mit Mutter Anna in dem Zimmer
schlief, nach der Ofenbank geflogen, wo
der arme Peter den Schlaf des Gerech
ten schlief, unter und über fich ein
Bund Stroh und eine armselige Pfer
dedecte. die ihm als Lagerstätte diente.
Dann mußte er aufstehen und dreschen.
Der Bauer wollte ja gewiß nichts Bö
ses mit dem HolzpantoffeL aber da es
früher weder elektrische Klingeln noch
Weckuhren gab, mußiePeter auf solche
Art geweckt werden. Die Hauptsache
war, daß der andere «Holzpantoffel
nicht auch noch geflogen kam.
Peter hatte das bößlichste Gesicht
von der Welt und die befie Sinqstim
me in ziemlich weitem Umkreis. Mußte
der arme Schlinael Kindsmaqd spie
len, und schrieen dieKinder aus Furcht
vor seinem häßlichen Gesichte so sagte
Mutter Anna »Du ariiulicher Bengel,
Du erschreckft die Kinder mit Deiner
garstigen Fraße.«
Der Küster des Dörfchens meinte,
man sollte seine Stimme ausbilden
lassen, denn er würde einen herrlichen
Tenor abgeben.
Dem Lreonrngsueo war das vorn
Bootstnann, der mit der Prinzessm
würfelt. Für den armen Burschen lag
so etwas Berauschmdes in dem Ge
danten an den armen verlassenen
Bootsrnann, der so langemit der Prin
zessin würfelte. bis er Hab und Gut
und zuleyt ihr Herz gewonnen hatte.
Jn seiner Einbildung war er der
Bootsmann selbst, die Prinzessin war
Stina, die Tochter des Bauer-n, der er
ach! so manches liebeMal sanft in den
Schlaf gesungen hatte, und die nun
sein armes kleines herz liebte. Aber
» wer giebt etwas aus das Herz eines ar
men verlassenen Menschen!
; Der alte, einfache Pfarrer, der ihn
stonsirrnirt. hatte ihm viel Lehrreiches
Jvon den Pflichten der Armen- erzählt,
s und wie dankbar sie Gott sein- müßten,
fder die Herzen der Reichen für sie er
sweicha und daß die Armen sich dgurch
IGehorsam ein Stück Himmelreich er
jwerben sollten. Dafür hatte aber der
arme Peter lein Verständniß; er be
griff nur so viel, daß jetzt keine Ge
meinde mehr für ihn etwas zahlen
müsse, sondern daß er frei und unab
hängig sei, und sich verhingen könne«
wo es ihm beliebe.
»Und als der goldene Würfel auf die
Silbertasel fiel.
Verlor die edle Prinzessin, und der
Bootsrnann gewann das Spiel.«
So sang Peter und ging und ver
dingtt sich —- bei dem Bauer Masse.
Natürlich verlangte er dort weniger
Lohn als er sonst voneinern Bauer be
ansprucht hätte. Die Arbeit war jetzt
seinen Kräften angemessen, auch
brauchte er nicht mehr Wolle zu lam
men und Kinderrnädchm zu spielen,
die Kost war freilich noch gleich mager,
aber was schadete es: zwei blaue Au
en sahen freundlich beim Essen- zu ihm
nüber. Ja, es war ein holdes, güti
ges Augenpaar. —- Jhr dürft rnich
aber nicht falsch verstehen-. Nicht ein
mal früher, geschweige denn jetzt, da
der Vater Gerichtsbauer war und ihr
einmal 30,000 Kronen Mitgift bee
sptvchw butte- Abet sie hatte sich mm
einmal an die häßliche Fratze gewöhnt,
fuhr also nicht erschreckt vor seinem
Gesicht zurück und bewunderte seinen
heldentenor. Sie verehrte ihn- so wie
ungefähr ihre Hühner-, ihre Kuh und
ihren Hur-d. Gab sie ihm nur einmal
ein freundliches Wort, wenn sie mit ih
ren Freundinnen aus dem Felde Gar
ben band, so bewahrte er es in seinem
hergen, und sang lauter denn je:
»Und als der goldene Würsel aus die
Silbertafel fiel,
Verlor die edle Prinzessin, und der
« Bootsmann gewann das Spiel.«
Dann ließ Stina die Horte liegen
und saefte zur Magd: «hört doch nur,
wie sl ßts der arme Kerl singt, es
rührt einem ordentlich das herz.«
Aber acht als der Würfel fiel, e
wcmn ein Bauerssohn die Weins-Härte
g- Johmni holte er die Braut bei-.
hieb Peter den Festbaum, schmückte
OR mit bunten Rudern nnd Grün.
grub in der Mitte des Hofes ein- Loch
und schi- den Bauen hinein. Alsdann
W
Eber die htzJliste Lallmen M die schönen
ieder ’ en w ten, chuldigte er
sich mit Brustschrnerzen. Doch Essen,
Trinken und Tanzen-, das konnte er,
ohne daß sein Vers dabei brach. Das
kommt bekanntlich nur in Romanen
vor, doch bei einem snraländi chen
Bauern nicht. Aber wer ihn beo ch
tete, wie sein Gesicht vor Ausregu
glühte, der hätte merken müssen, da
der Bootsmann heute seine Lebens
freude verspielt hatte.
Jm Herbste darauf liindigte er dem
Bauer. Der wollte Gehalt zulegen,
aber Peter wollte nichi. Dann ver
sprach er noch ein Paar nägelbeschla
gene Schuhe, doch Peter meinte, der
Bodensei ihm auch ohne nägelbeschla
gene Schuhe schon heiß genug.
Jn Norrland wurde eine Eisenbahn
ebaut, dort wollte er helsen. Im
Frühjahr daraus wurde erzählt, daß
Peter bei einem Erdrutsch verunglückt
sei, dabei sei ihm ein Bein zerqueischt
und er arbeitsunfähig geworden. Als
Mutter Anna dies erfuhr, sagte sie:
»Warum in aller Welt ging ' der
Bube dahin! Unsere Stan hätte ihn
ewiß nicht sort gelassen, sie verstund
Zch so gut auf ihn-« —- —
Die Julisonne schien heiß aus den
Markt von Bernamo, dorthin fuhr der
Bauer mit Stina in einer Kalesche,
von zwei stolzen Braunen gezogen. Auf
den beiden Gesichtern lagerte jene Zu
friedenheit, die üppigen Feldern und
einem gedeckten Tische eigen ist. Sie
fuhren bis zur Brücke unsd wollten dori
absteigen, als sie einen armen Steh
fuß mit Poetennarben gewahrten. Er
spielte aus einer Drehorgel und sang
fleißig dazu, nur hin und wieder hielt
er ein, um die Silbermünzen in seinen
ausgestreckten Hut auszufangen.
»Schau, das ist ja Schwiegervaters
Knecht!« rief der Bauer. Dann suchte
er in seinem Beutel nach Münzen, doch
die Bäuerin hinderte ihn daran, stieg
aus und fragte: "
- »Du armer Freund, wovon lebst
«(7h»’2«
! »Ich musizire, was sollte ein- armer
KrüSppel sonst thian
j Soll ich Dir ein Glas Branntwein
,und ein Stück Kuchen aus meinem
Wagen holen ?«
I »Gott segne es Euch, Bäuerin!«
Wie schwer ging dem atmen Peter
Ider Schnaps durch die Kehle, unsd wie
Ilange hatte er am Kuchen zu zehren!
jWährend et aß, ließ die Bäuerin un
vermerlt ein Geldstück m den hut glei
ten
I Peter spielte und sang, doch er war
Inicht bei der Sache, manchmal sang er
seinen falschen Text daz u
I »Na solch’ alte Vogelscheuche sollte
sich doch schämen, von einemSchmIpI
so betrunken zu werden, daß er nicht
weiß, was er thut,« lästetten die bösen
zsunaem Doch Peter sah und hörte
Nichts«
I Der Tag ging zur Neige, der Bauer
fuhr wieder nach Hause, unsd die Mün
zen im Hute sammelten sich. Aber al
zlen Lärm iibettiinend klang Peter’s
I Stimme:
»Und als der goldene Würsel auf die
Silbertafel siel,
Verlor die edle Pringessnh und der
Bootsmann gewann das Spiel-«
Diese Melodie paßte gar nicht sur
Idie Dckeborgel aber das macht nichts
IDu lieber Gott. aus diesesr Welt
stimmt es manches Mal nicht!
OOO —
Tit-te
I
I
i
—
i Im Munde von Göttern und Menschen
l
1 «Quc-(1 betet Jovi et licce bovi"«
sagte Jupiter, als er in einen Stier
;verwandelt, Europen entführte.
? »Das Hernd ist mir näher als der
:.Ro«,ck« meinte die schaumgedorene Ve
i nus.
»Auch Golde drängt, am Golde
hängt doch alles«, entschuldigte sich
Danae
»Jetzt gieb mir einen Mensche-h gute
Vorsicht!« brüllte der hungernde Riese
Polyphem
. »Alles ist eitel!« ries, sich im Wasser
·spiegel betrachtend, Narcisz.
»Nun sei bedankt, mein lieber
Schwan«, sang die Leda.
»Von des Lebens Gütern allen
Jst der Ruhm das höchste doch«.
ldeilamirte stolz Derostta-·tui
I »Nimm ist in der kleinsten Hütte«,
specich Diogenes und krochin seine
Tonne
F v bewegt v s« dacht
Tim« ZEAEJMFP wetzen-zi- de:
der dicken
P Madense.
« »Ein jedaMet schreckt den Glück
Jlichen,« stotterte bewirkt der Studio,
da ihm ein seen-s dräsentitt wurde.
M
W ]
Arbeit macht das Leben sltß!« tril
stete sich det arme Sishphus.
.Denn an der Braut, die der Mann sich
erwählt, läßt gleich sich erkennen,
Welches Geiste-s er ist, unt- ob er sich ei
genen Werth siihlt«,
docirte der weise Sokrates, Gatte der
Xauthkppe
»Gehotsam ist des Wegesm Pflicht aus
d
Das hatte Dulden isä ihr schwerstes
aos«,
sagte Xanthippe, des obigen Frau .
»Behiit’ Dich Gatt, es wöt’ zu schön ge
wesen,
Behiit’ Dich Gott, es shatp nicht sollen
ein
tröstete det keusche Joseph die Madame
Potiphar-.
Jch werde Euch schon zu Paaren
treiben«, sagte der Heirathsvekmittler
zu seinen Clienten.
«Det Tod macht Alles gleich«, trö
stete sich der Gast, als et statt eines Ha
sen- einen Katzenbtaten asz.
! Alles in der Welt läßt sich ertragen.
Nur nicht eine Reihe von schönen Ta
gen«,
meinte der Regenschirw Fabrikant.
»Endlich allein!" srohlockte der Ehe
mann, als seine Frau trug Bad abge- .- (
reist war. X
I »Geben ist seliger als nehmen«,
dachte Jötg und gab dem hanz eine
Ohrfeige
»DemMann tann geholfen werden!"
eief der Geizhals und schenkte dem
Bettler einen Psennig.
" »Am-it ist des Bürgers Zierde,
Segen ist der Mühe Preis-C
schmunzelte, Couponö abschneidend,
tdet Rentier.
; —-..-.. .——.. .
Die deutschen Pioniekr.
!
i
l
l
i Von Kara Georg (Vr. BrübM
Wie sinnig »Wein, Lein, Webeschrein«!
Ja Frohsinn, Ackerhau, Gewebe,
Das soll der Deutschen Banner sein,
Das ihr Symbol, ihr stolzes Erbe!
; Sie sollen ihre heit’re Lust
-Jn’ö starre Yanteeleben tragen,
z Froh soll ihr herz in srrier Brust
Nach ächter deutscher Weise schlagen.
;
E Mit Neben soll der hönde Fleiß
- Die waldurnlriinzten hiigel krönen.
z Und kosten sie der Traube Preis,
iJhr Lied das stille Thal durchtiinen.
; Die Axt, ver Spaten und dek Pflug,
s Sie seien ihre Lieblingstoafsem
" Den Urwald, drin der Wilde schlug
Sein Zelt, in Gärten umzuschassen.
Auch in der Werkstatt soll die Hand,
Die erns’ge sich geschäftig rühren,
Und an die Arbeit sesi gebannt
Den Hammer und die Spule siihren7
« Soll leiten der Paläste Bau,
Der Brücken, die das Dampsroß tra
gen,
Der Dorne, die ins Aetherblau
Mit ihren stolzen Thürmen ragen!
Beim-scheue hibsehr. gemiedhliche
Jagd.
Was glänzt dort bei Bärne am Son
nensiein?
heet’sch näher und näher knallen.
Es ziehen de Dreider in dichten Reih’n
Und ileene hunde dellen darein;
De Hasen und Fichse fallen.
Und wenn Jhr die flIesesen Gesellen
tagt:
Das is Bemknchens hibsche, gemiedhs
liche Jagd!
Was ziehd dort rasch durch den Bänk
schen Wald
Und schießt Sie ’naus ngsch den Ber
gen
Se legen sich alle in’n Hinderhali,
here Jeses. nee, wie de linde inalli,
Es fallen de Bärn'schen etchen !
Und wenn Ihr die beesen Jäger fragst
Das is Bemmchens hibsche, gemiedhs
liche Jagd.
De BemmcheniJagd und se Bötn’sche
CI
Aus hasenblud und auf Lerchen!
Und wenn mer ooch schwitzen, ’i wird
nich geklagt
Wer schießen eben, so lang’ es dagt
Und dhun Sie alles ern-Ziegen.
Und von Enkeln zu Enteln sei’s nach
· est-gi
Dai war Baumes-w gidiche gemiedh
llche Ja .
Mk ddos