Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 11, 1896, Sonntags-Blatt., Image 11

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    XI
-tauchten,
Wicht-i waren! Er lebnte sich in die
nk zurück und zog die weißen Man
chetten vor, die die Aermel seines Ta
larö verdeckt hatten. Dann neigte er
sich vor, giiittete mit den aussallend
weißen Händen seinen verwühlten
- schwarzen Bart und wendete nach einer
Weile das Gesicht dem Publikum voll
u· Seine Augen gingen jetzt langsam
«ber die Reihen der Frauentöpfe, bis
sie auf dem anmuthigen Antlitz der jun
gen Frau des Staatsanwaltes wie ge
bannt hasten blieben. Es war in den
Blicken dieses Weibes etwas Sonder
bares, das ihn anzog und seltsam er
regte. Es war nicht die brütende Neu
gier, mit der man einen Mörder an
starrt. Er las in diesen itrahlenden
Augen mit den erweiterten Papillen et
was wie Mitleid, wie Erbarmen. Und
nun, während ihre Blicke ineinander
Iog sogar, kaum merklich, ein
wehmütlyiges Lächeln um ihren Mund.
Da war es ihm als erwachte er aus s ei
ner dumpsen Betäubung. Der läh
mende Druck, der seit Wochen auf set
nem Hirne lastete, schwand. Ein neuer
Lebensdrang durchglühte ihn. Von
diesen zwölf Männern, die über ihn zu
Gericht saßen, durste er nichts hoffen.
Darum hatte er sich vorgenommen, auch
hier ebenso verschlossen und einsilbig zu
verharren, wie während der Unter
suchung. Jetzt aber blitzte ein anderer
« Entschluß in ihm auf. Es trieb ihn,
sich zu rechtfertigen, nachzuweisen, daß
er unter den Krallen eines wühlenden
·Schmerzes, der ihm jede Besinnung gre
raubt, jene That veriibt hatte. Er wollte
dies nicht wegen der Geschworenen
thun. Wie auch immer die zwölf Män
ner darüber denken mochten, das war
ihm völlig gleich. Er hatte ja bereits
mit seinem Leben abgeschlossen! Aber
diese Frauen, deren Blicke ihn umkrei
sten, die sollten anders über ihn deuten,
anders über ihn urtheilen. Und vor
Allen jenes schöne Weib, das ihn so
wehmiiihig anlächeltek . . . .
Der Staatsanwalt war denn auch
sehr erstaunt, als bald darauf Pope
Damastin sich erhob und zu sprechen
anfing. Das war nicht der gebrochene
Mann, den er bis nun gekannt. Er war
wie umgewandelt. Ausrecht stand er
da, das Haupt stolz erhoben. Seine
Stimme hörte sich nicht dumpf und hei
ser wie sonst an. Sie tlang voll und
weich. »Ganz wie einstmals im Dorf
tirchlein,« dachte Helene, die, den
Mund halb geöffnet und das Haupt
vorgestreckt« gierig jedes Wort einsog.
Er erzählte, wie er vor einem Jahre
eine jun Wittwe tennen gelernt, wie
allgema seine Liebe fiir sie zu lodern-"
der Leidenschaft aufschiiumte, wie er,’
fest entschlossen war, den geistlichen
Stand, der ihm als Mönch glänzende
Aussichten bot« zu verlassen, um sie zu
heirathen, und wie er sie an dem Abend,
da er ihr diesen Entschluß vertiinden
wollte. in den Armen eines Anderen
überraschte. Nun trat er einige Schritte
vor. Die mächtige Gestalt schien sicht
lich zu wachsen, die Stimme schlug um,
sie tönte wie der fchrillestlang einer ris
sigen Glocke, die Adern an seiner Stir-l
ne schmollen an. sein Gesicht wurde
ialtroeiß, während aus seinen Augen«
die mit einem ftieren Ausdruck ins
Leere starrten ein duntles Feuer glühte.
»Der Elende,« brach es aus ihm her
vor, «hatte sich feig gefliichtet. Sie aber
blieb. Mit aufgelösten Haaren lag sie
vor mir. Da zerrte ich sie empor· Mit
dieser Faust. Und wie sie Vor mir stand,
da sah ich tein Weib mehr in ihr, tein
menschliches Wesen, sondern nur eine
wilde Katze, die man vernichten muß.
Mein Revolver lag auf dem Tisch. Aber
dieses Weib war teine ehrliche Kugel
werth. Mit diesen Händen umklam
merte ich sie, so . . . . wie und was wei
ter geschah, ich weiß es nicht« Er hielt
inne· Todtenftille herrschte im Saale.
helene starrte bebend und ängstlich ge
duett auf den Mann. der in seiner
Wucht, mit den unheimlich blitzenden
Augen, mit den gewaltigen Fäusten, die
er geballt hielt, wie die Vertörperung
einer furchtbaren Elementargewalt vor
ihr stand. Und bebend, angstvoll
lauschte sie dein weiteren Verlauf der
Verhandlung, bis endlich nach langen,
bangen Stunden der Wahripruch der
Geschtoorenen verkündet wurde. Er
war freigesprochen! Das Plaidoyer
des Vertigeidigers, der»die,Th-": als
Ausfluß einer Sinnesverwirrung dar
gestellt, hatte gewirkt. Die jungeFrau
athmete tief auf. Eingliictlicheg Stacheln
umspielte ihren Mund
Iit It- II
Da saß er nun wieder in dem Stub
chen, in dem sich jenes Ereigniß zuge
tragen. Aus dem Tisch, darauf eine
Lampe brannte, lag ein Blättchen, das
ihm irgend Jemand in die Hand ge
drückt, als er den Gerichtsfaal verlas
sen. Es enthielt nur wenige Zeilen
,,Eine alte Jugendfreundin wird Sie
heute noch besuchen.«' Er hatte diese
Zeilen überslogen,etnigeMomentenach
gesonnen, wer diese Jugendfreundin
wohl sein mäge, und dann das Blätt
chen eingesteckt Er dachte ieht nicht
mehr daran. Seine Blicke ruhten auf
einem Bilde, das in goldigem Rahmen
vor ihm an der Wand hing. Und in
dieses Bild kam, während er sich in des
sen Betrachtung verlor, Leben und Be
wegung. Es wuchs und wuchs, bis es
in leuchtender Klarheit vor ihm schweb«
te; ein junges, lebenspriihendes Weib
mit aufgelösten goldblonden Haaren.
Und nun wurde wieder jene Scene in
ihm lebendig, die er heute vor den Ge
schworenen geschildert. Er sah das
junge Wejb vor sich, das einstmal so
reizende Gesicht grausig verzerrt. Er
stöhnte auf wie unter einem unerträg
lichen körperlichen Schmerz. Dann
schob er mit einem jähen Ruck die
Schublade auf, holte eine lleine blin
lende Waffe hervor, und und schaute
auf die Wanduhr. Es fehlten noch zehn
j Minuten auf Acht. Um Acht, dachte er,
) wird die Haushälterim die er ausge
fschiclt hatte, um Wein zu holen, wieder
jzurück sein und dann ist Alles schon
i vorüber. — Als der Zeiger auf die achte
« Stunde wies, klopfte es auch leise, ein
mal und dann wieder. Es war aber
nicht die Haushälterin. Eine junge ele
gante Frau trat lächelnd ein. Sie blieb
zögernd an der Thiir stehen. »Der
Arme, er schläft,« murmelte sie, als sie
ihn, das Haupt zur Brust gebeugt, mit
dem Rücken gegen die Thiir auf dem
Stuhle sitzen sah. »Wie er staunen
wird,« dachte sie, »wenn er hört, daß ich
jenes junge Mädchen war, das er schon
vor Jahren einmal geläßt.«
Sie rief seinen Namen. Er regte
sich noch immer nicht. Da iiberlam sie
ein kindlicher Uebermuth. Sie lachte
laut auf, trat dicht an ihn heran und.
stieß dann plötzlich einen Schrei aus«
Sie sah in seiner lrampfhaft geschlosse-j
nen Rechten einen Revolver und an sei- ;
ner Schläfe rothe Tropfen herabrinnen.i
Eine Weile noch stand sie wie erstarrt
dan, dann wendete sie sich um und eilte
hinaus. todtenbleich, bebend, ein Vater
unser murmelnd und mit der Rechten
lmstige Kreuze schlagend . . ..
Blond oder braun Z
Original iFeuilleton des »kleinen Prsier
Jouanal.«
Von Hugo Kleien.
Welche ist schöner, die Blonde oder
die Braune? Müßige Frage, fo wird
man einwenden, sie sind Beide schön.
Aber eine solche Antwort läßt Niemand
gelten, weder die Blonde, noch die
Bräune, am allerwenigsten stimmt ihr
der Areopag der Herren der Schöpfung
zu, welche das Urtheil sprechen wollen
Jn allem Ernste wird die Frage seit ei
niger seit in Paris behandelt, und der
intere ante Streit kommt nicht, zur
Ruhe. Er tobt in den Spalten der Zei
tungen und wird in jedem Cirlel erör
tert. Und da die Prüfungsobjette, die
sich den gestrengen Richtern bieten, stets
sehr anziehend sind, so lohnt es wohl
die MüheI den Streit weiterzufpinnen
Hatirgend ein schöner Blondkopf die
leidenschaftlichsten Anhänger der Brü
netten überzeugt, daß dieGoldsarbe des
langen Frauenhaares die fchönere ist,
so steht es natürlich auch den anmuthi
gen Damen mit nachtdunklen Locken
frei, die begeisterten Lobsinger der blon
den Schönheit durch erlaubte und uner
laubte Mittel zu überführen, daß sie
bislang von einem schweren Jrrthum
befangen waren. So können die Strei
tenden die Rollen wechseln und der
Streit nimmt kein Ende. Wie wäre
eine Beweisführung möglich? Die
blonden Beautes müßten dunkle, die
brünetten Blondhaarperriielen anlegen.
Und auch dann wäre nochnichts bewie
sen. Denn einer blonden Schönheit
tönnte das schwarze Haar besser zu
Gesichte stehen, die Brünette könn-.
te neuen Reiz durch goldene Locken
könnte neuen Reiz durch goldene Locken
gewinnen. Und bei alledem muß es
doch sichere Grundsätze der Schönheit
geben. Welcher ist also der Apfel des
Paris zu reichen, der Blonden oder der
Braunen2
Jahrtausende lang war die Herr
schast der Brünetten unbestritten. Es
ist ganz zweifellos, daß das dunkle
Haar dem Schönheitsideal der alt-asia
tischen Völker mehr entsprach, als das
lichte, was sich dort vielleicht bis heute
nicht geändert hat. Alle Gesänge der
alten Inder preisen das fchwarze Haar.
Mann, der altindische, sagenhafte
Noah, der nach den dortigen Ueberliese
rungen bei der Sintfluth ganz allein
übrig geblieben sein soll, gab in feinem
»Buch der Gesetze« die folgenden Vor
lschkiftm siik den König: »Laßi ihn
[ nicht ein Mädchen heirathen mit brau
nem Haar oder dessen Körper sonst ei
i nen Makel aufweist; er nehme ein wohl
gebildetes Weib, dessen Namen einen
süßen Klang hat, das die Anmuth des
Schwans im Gange besitzt, das sich
durch schwarzes Haar, kleine Zähne
und Glieder von vollkommener Schön
heit auszeichnet.« Jn den Ramagana
ruft Nala bei dem Anblick der Dana
manti aus: »O Weib mit dem Haar
so schwarz wie die Nachtt« Und bei
der Schilderung der jungfräulichen
Ieise der Draopadt heißt es im Ma
i
i
’I
habsaratm ,,Jhre Gestalt war weder
zu klein, noch zu groß; aus ihrem
Munde kam der Duft der Lotosblume;
ihre Augen waren blau, ihre Haare
lockig und sehr schwarz.« Bei den Chi
nesen bildete tiefschwarzes Haar stets
einen Gegenstand besonderer Bewunde
rung, nicht minder bei den Eghptern.
Unter den Mumien des Pariser Louvre
befindet sich auch die einer schönen Kö
nigin von Theben Namens Mutaris.
FEine Inschrift in Hieroglhphen tündet,
s »daß sie in der Kunst der Liebe alle an
s deren Frauen ihrer Zeit übertraf. Die
ISchwärze ihres Haares war die
Schwärze der Nacht.« Es gab tein
schmeichelhasteres Kompliment im alt
Ijüdischen Reiche, als wenn man einer
zSchönen sagte, dasz sie das »schwarze
’Haar der Sulamith« besitze. Auch bei
den Assyrern, Medern und Persern
galt schwarzes Frauenhaar als das
schönste. Die orientalischen Beautes
pflegten es sehr mit wohlduftenden
dSalden und schlangen Perlenschnüre
arern.
Das erste unter den alten Völkern,
welches das lichte Haar bewunderte,
war das der Griechen. Das Haar Apol
lo’s glich den Strahlen der Sonne,
Bachus wird mitgoldrothem Haar dar
gestellt, Ganymed dantte seine Erhe
bung in den Olymp dem goldigen Haar
und Paris reichte den Apfel der Schön
heit der blonden Venus. Man ersieht
daraus, welchen besonderen Schön
heitsreiz die Griechen in dem hellen
Haar erblickten. Aber sie waren zu
feine Schönheitstenner, daß sie darum
das schwarze Haar verachtet hätten.
Pindar singt von den «Musen mit
schwarzem Haar,« Simonides klagt,
daß die schönen griechischen Frauen ihre
rabenschwarzen Locken in Tüchern ver
bergen, und Anakreon beschwört den
Maler ihm ein Bild der abwesenden
Geliebten zu entwerfen »mit ihrem
schwarzen Haare, wellig wie die Wogen
D «
der scec . . ..
Der höhere Werth der blonden
Schönheit wurde übermächtig erst durch
die römische Mode proklamirt, welche
die Weltinode war. Die blondhaari
aen Frauen, die Germaniens in seinem
Triumphzuge nach Rom brachte, erreg
ten die höchste Bewunderung der Rö
mer, und so wollten dann alle Röme
rinnen Haar besitzen, wie die Weiber
aus Germanien. »Spetulative Kaus
leute machten sich sofort auf die Reise
nach dem deutschen Norden und brach
ten viele blonde Flechten nach der Sie
benhiigelstadt, die hier geschickt zu Per
riicken verarbeitet wurden und für wel
che man riesige Summen zahlte. Allein
den Luxus solcher Locken konnte sich
nicht Jede gönnen, davon abgesehen,
daß die Perriicken nicht dem allgemei
nen Geschmacle entsprachen. So dachte
möchte die schöne Frau den Gatten über
man denn daran, das Haar zu färben
oder, besser, zu entsiirben. Man wusch
es mit Soda, unterzog es einer Be
handlung mit Salben und setzte es so
Tage lang der Sonne aus, indem man
es durch eine Art Strohtranz zog, der
auf den Kopf gelegt wurde, und dann
über Schultern Rücken und Arme frei
ausbreitete. Das Haar wurde wohl
nicht blond, erhielt jedoch die entzückende
ins Rothe spielende Farbe der braunen
Bronze, welche sowunderbar zum Teint
der Frauen sich fügt. Diese mühevolle
Entsärbung des Haares überdauerte.
wie alle kleinen Künste der Weiber, die
Werke der indischen Größe, das römi
sche Weltteich. Es gehörte längst der
Geschichte an, da setzten italienische
Schönheiten ihr feuchtes Haar noch der
Sonne aus, besonders die Venetianes
rinnen brachten es durch die tunstvoll
erzielte Farbe des reichen, welliaen
Haärmantels zu hohem Ruf. Jm Mit
telalter puderte man die Flechten mit
Goldstaub, wie es die Jiidinnen in Pa
lästina gethan. Der Goldstan oererbt
sich leider nicht swie es sehr viele Leute
eidlich bezeugen töiinten), aber dac
rotl)-braune Haar der Frauen vererbte
sich mit der Zeit Von selbst auf die sein
der. Ebenso tann heute schon auf
Grund eingehender Untersuchungen
festgestellt werden,daf7, das blonde Haar
der nordischen Frauen ursprünglich
auch nur durch lünstliche Entfärbung
herbeigesiihrt wurde. Zu diesem Zwecke
gebrauchen die Germaneu, Männer und
Frauen, eine Salbe aus Ziegenfett, die
sie mit Asche der Rothbuche iversetzten
Lateinische Schriftsteller beschreiben die
Pomade und nennen sie den »batavi
schen Schaum«, der »dem Haar der
Teutonen die Flammen leiht«. Der
Name des ,,batavischen Schaumes«
stammt davon, daß ihn römische Kaufs
leute zuerst zu Schiffe aus Bataoien,
den heutigen Niederlanden, holten. So
weit Völker germanischer Hertunft leb
ten, war der Gebrauch dieser Pomade
allgemein durch viele Jahrhunderte und
schließlich kamen die Kinder schon
blond zur Welt, blond in allen
Nuaneen bis zu dem ,,imperti
nentesten« Blond der Unterthanen Ih
.rer graziösen Masestät, das man an
ders ,,brennroth« nennt und welches bei
Frauen auch einen entzückenden Reiz
bilden kann, wie wir alle Tage sehen.
Alle altdeutschen Malerschulen malten
ihre Madonnen, Heiligen und Evas
blond; besonders berühmt wurden die
Blondlöpfe von Albert Dürer und Ru
bens. Die altitalienischen Malerschu
len blieben bei den braunen und schwar
zen Köpfen ihrerMuttergottesgestalten,
etwa ausgenommen Titian, der roth
blondem Haar so wunderbare Effekte
abgewann, und Hannibal Caracci, des -
sen blonde Engelsköpfe berühmt wur
den. Nun nehmen Sie eine blonde Eva
Dürer’s, eine braune Muttergottes von
Rafael, eine rothe Venus von Titian
und eine schwarze Madonna svon Mu
rillo —- betrachten Sie ste lange, prüfen
und wägen Sie, dann sagen Sie mir
schließlich: Welche ist schöner?
Ach, schwierigeWahll Fontanelle
s agte, eine schöneVlonde ist wie der Tag
von Sonnenglanz, aber eine schöne
Schwarze ist wie die Nacht voll Ge
heimniß und entzückender Pikanterie.
Wenn man ein-e schwierige Frage mit
einem Vergleich entscheiden darf, so ist
er hier geboten. Aber Viele werden ihn «
nicht gelten lassen. Der Vergleich wäre
auch trefflich bezüglich der Charakter
eigenschaften, welche mit der verschiede
nen Haarfarbe verbunden sein sollen.
Jm Allgemeinen gelten die Blondinen
für treu und zärtlich, die Brünetten für
feurig und pikant. Jch habe aber man
che pitante und treulose Blondine ge
kannt, und wenn ich nur ein Bischen
nachdenke, so tauchen in meinen Erin
nerungen auch schöne Schwarzköpfchen
auf, die so kalt waren, daß ihnen eine
Treulostgkeit nicht einmal in den Sinn
kam Thatsächlich kennt die Geschichte
auch viele schöne blonde Ungeheuer,
trotzdem man den Blondinen gewöhn
lich Sanftmuth, Herzensgüte und alle
möglichen zarten Qualitäten zuschreibt
Erst jüngst las ich ein Buch über eine
sschöne Blondine, Giulia Gonzaga,
s Gräfin von Fondi, die tn der religiösen
Bewegung des 16. Jahrhunderts eine
Rolle spielte Sie stand, wie es scheint,
l seinerzeit in iiblem Rufe; ein gelehrter
; komischer Autor laßt nun dieser
; F altengestalt aus dem bösen Zeitalter
i der italienischen Renaissance eine späte
i Ehrenrettung zu Theil werden Nur
Egegen eine Geschichte die man von ihr
erzählt, wehrt er sich nicht, offenbar,
weil sie auch tn riihmenswerthem Sinne
i gedeutet werden kann. Man kann aber
iverschiedener Meinung darüber sein.
’ Utn sich nämlich vor den Verfolgungen
’ eines lüsternen Admirals zu retten, der
ste gefangen hielt ließ sich Giulia zu
inächtlicher Stunde im tiefsten Negligee
: von einem Edelmann entführen Den
» galanten Ritter aber ließ ste erdolchen
weil er sie im Hemde gesehen Man
wird zugeben, daß solche Keuschheit
über die Begriffe Vieler geht Selbst
die Frau des GygeS war gegen diesen«
Tugenddraehen ein Pappenstiel denn
Jene wurde wirklich in ihrer Frauen i
ehre getränlt, und zwar vom eigeneni
Gatten. Da nimmt die moderne Mit-,
Helyett an dem Maler, der sie unfrei
willig in heiller Lage gesehen, eine ans
genehtnere und gründlichen Rache: er
muß sie heirathen So andern sichZ
ten und Sitten, ohne etwas von ihreer
Grausamkeit zu verlieren -
Unter den modernen Erzahlern hat
ein französischer Autor, Andre Thea
riet, eine tragische und pshchologisch in
teressante Geschichte geschrieben, deren
Heldin er die »Schöne mit dem Gold
haar« nennt. Die schöne Sascha Ra
sielisf, eine arme Russin, die in Paris
lebt, macht die ganze Welt verrückt mit
ihrem herrlichen blondrothen Haar, das
so reich ist, daß es sie umhüllt wie ein
MdnteL und so lang, daß es ihr bis zu
den Füßen reicht. Ein junger franzö
sischer Edelmann verliebt sieh in dieses
Haar und heirathet die nordische
Schönheit. Aber das Haar ist nur eine
Perrücke, die gar lunstvoll auf dem
Haupte angebracht und mit dem eigenen
Haar der Russin verflochten ist. Gerne
den Betrug austlären, aber sie wagt es
nicht. Sie liebt ihn nämlich leiden
schaftlich und fürchtet, seine Neigung zu
Verlieren, wenn sie ihm die Wahrheit
.sagt. Sie möchte ihn umso lieber auf
? klären, als das Tragen dieser schweren
T Perrücke mit besischen Schmerzen son
ldergleichen verbunden ist, welche das
zganze Nervensystem des schönen Wei
s bes zerriitten. Die Perriicte führt
sfchließlich ihren Tod herbei und der ver
szweifelte Gotte schließt sich mit dem
ientseelten Körper ein, um noch einmal
in der entzitelenden Fluth goldblonder
s Haare zu wühlen. die ihn so sehr ent
l zückte. Da entdeckt er den Betrag. Ein
wahnsinniger Zorn erfaßt ihn gegen die
Todte, die ihn getäuscht, und in seinem
Wuthanfall überhäuft er den leblosen
Körper mitVorwürsen,und seine Hand
greift schon nach dem goldenen Haare,
um es der Entseelten vorn Kopfe zu
reißen und mit Füßen zu treten. Aber
da taumelt er zurück, und in bangen
Stunden stiller Verzweiflung bedenkt
er, wie ihn dieses Weib geliebt und wie
die Täuschung, die sie an ihm begangen,
so entzückend gewesen. Und er verzeiht
ihr, und er hütet ihr Geheimniß bis
zum Grabe, Niemand darf sie berühren
l l
außer einer kleinrussischen Magd, die
Alles wußte; «mit dieser bettet er sie in
J den Sarg, und die herrliche Fluth gold
; blonder Haare umwogt die Verstorbene
« auch in der stillen Erde, in die sie gebet
; tet wird . . . .
« Jch habe diese Geschichte wiederer
zählt, weil in sie etwas hineinspielt von
dem Zauber, den goldiges Haar auf den
Kulturmenschen unserer Zeit ausübt.
Dieser Zauber ist zweifelles, er macht
die goldtöpfige Sirene zur Loreley, de
rentwillen die Schiffer im Kahn noch
immer so gerne untergehen. Natürlich
ist der Zauber nicht bei Allen wirksam,
aber doch bei den Meisten, und selbst
Jene können sich ihm nicht ganz ent
ziehen, die auch an den Brünetten viel
Geschmack zu finden wissen und es, wie
ich, mit Goethe halten, der da sang:
»Nein, hier hat es keine Noth,
Weiße Mädchen, schwarzes Brod!
Morgen in einand’res Städtchen »
Weißes Brod und schwarze Mädchen!«;
Dieser Zauber ist vielleicht allein dies
Schuld daran, daß die Frage ausge-s
worsen wurde, welche schöner ist: diei
Blonde oder die Braune? Denn schön
sind sie ja Beide, und wie unter den
Blonden giebt es auch unter den Brü
netten so Manche, die man von einem
speziellen Gesichtspunktefür die Schön
ste hält, was aber gewöhnlich ein über
eiltes, von toller Neigung eingegebenes
Urtheil ist, da man mit der Zeit immer
noch Einige findet, die man schließlich
die Allerschönsten nennen muß. Jn der
Zukunft wird man sich freilich mit sol- s
chen tollen Fragen nicht placken müssen,»
welche die Schönere ist, die Blonde oder
die Schwarze. Die amerikanischen
Aerzte haben ja neuestens entdeckt, daß
die Kahltöpsigkeit eine Folge der gei
stigen Arbeit ist, welche die LebenskrafP
der Haarwurzeln ertödtet und sich nach- H
gerade schon vererbt, wie das rothe
Haar der Venetianerinnen und das
blonde der nordischen Frauen. Ergeben
sich erst alle Frauen den gelehrten Stu
dien, hocken sie erst die ganzen Nächte,
statt sie fröhlich durchzutanzen, in der
schönsten Zeit des Daseins über Loga
rithmen und griechischen Bokalen, ar
beiten sie erst selbst das ganze Leben
lang in gelehrten Disziplinen, statt froh
zu genießen und Andere für sich arbei
ten zu lassen, die das so glücklich machte,
so wird keine blonde und keine braune
Lockenfiille auf die Schultern der Hol
den mehr herabwallen. Kein Dichter
mehr die »goldigen Fluthen« besingen
oder von »nachtschwarzen Haaren«
schwärmen. Blanke Glatzen dürf
ten nur in der Mitte durch ein lockenge
brannte-s Schöpfchen und an den Schlä
fen durch einige Härchen unterbrochen
werden. Angenehme Aussichten! Wie
gut, daß wir nicht unsere Enkel sind!....
--——-0-.—-—-——
Im Zuchthaus.
Der Großherzog besucht das Zucht
haus seines Landes. Er wird von dem
Direktor und s einen Beamten empfan
gen und herumgeführt Schließlich
nachdem er alle Einrichtungen besichtigt
hat, bleibt er stehen.
Großherzog: M . . . m . . m .. jä,
mein lieber Direktor, Alles sehr schön,
sehr schön . · Aber sagen Sie mir, mein
lieber Direktor, wo, wo . . . wo find
nur eigentlich die Herren Strafgefange
nen?
Direktor Jn den einzelnen Zellen,
königliche Hoheit.
Großherzog: M»...m so. Jn
den einzelnen Zellen. Sehr schön. —
Sagen Sie mein lieber Direktor .....
mä . . es wiirde mich sehr interessiren,
die Bekanntschaft des Einen oder des
Andern dieser Herren zu machen. Wäre
das möglich? »
Direktor: Gewiß, tönigliche HoheitJ
Wünschen iöniglicheHoheit einen schwe-«
ren oder einen leichten Verbrecher zu
sehen?
Großherzog: M . . . ä . . . wenn ich
biten darf, einen schweren, lieber Di
rettor.
lHierauf wird dem Großherzog der
gewünschte Verbrecher vorgefiihrt.«)
Großherzog: lbetrachtet ihn durch die
Lorqnette)M..m»jä. Sehr schön·
---— Sagen Sie mir, mein Lieber: wie
lange halten Sie sich hier schon auf,
wenn ich fragen daer
Verbrecher (mijrrisch): Fufzehn
Jahr.
Großherzog: Fünf-Zehn Jahre .....
sieh, sieh . . . eine schöne Zeit. Und
was . . . weswegen, wenn ich fragen
darf . . ä . . haben Sie Ihren Aufent
halt hier genommen?
Verbrechen Weg-en Mord.
Großherzog: M . . m .. mii . .-we
gen Mordes. So, sehr interessant. —
Und . . und . . sagen Sie mir, mein Lie
ber: wen, wenn ich fragen dars, wen
ben Sie. . ii . . gemordet?
f Verbrechen Meine Mutter.
! Großherzog: O, Jhre Frau Mutter?
F—Hn1. Jä. Sehr schön.———Und..·ci
; . . . wie lang-e also . . gedenken Sie sich
hier noch aufzuhalten?
Verbrechen Lebenstänglich
Großherzog: Hm, lebenslänglich
So, s o. Dante sehr. Jch will Sie nicht
l
länger aufhalten. —- — Als o, mein lie
ber Direktor: dem Mann sind die letz
ten fünf Jahre seiner Strafe in Gna
l den erlassen.
! -—- ---0- - - —
De weiblichen Aerzte in Bos
Mcil.
Einen Bericht über die Thätigleit der
weiblichen Aerzte in Bosnien bringt die
»Wien med. Wochenschr.« in ihrer neue
sten Nummer auf Grund amtlicher
Mittheilungen. Die bosnisch-herzego
winischie Landesregierung hat seit eini
gen Jahren zwei Aerztinnen amtlich
angestellt (Frau Dr. Theodara Kra
jevska und Frau Dr. Bohuslava Keck),
welche jährlich 1000 Gulden Gehalt,
200 Gulden Quartiergeld und 400
Gulden Zulage erhalten. Die Veran
lassung dazu gab die Erfahrungsthat
sache, daß die Mohamsedanerinnen sich
nur selten in die Behandlung eines
männlichen Arztes begeben, und wegen
eben dieser Zurückhaltung der Frauen
hygienische Maßregeln in, den Häusern
und Wohnungen in jenen Landstrichen
nur sehr schwierig durchzuführen sind.
Da die Mohamedsaner 35 Proz. der
Bevölkerung Bosniens und er Herzego
wina ausmachen so war ein reich-es Feld
der Thätigleit für weibliche Aerzie vor
auszusehen. Das ist denn auch so ge
kommen. Seit 1893 hat die eine Anz
tin jährlich 558, 618 und 686 Personen
behandelt, die andere 700, 769 und 829
Personen. Davon gehörte immer fast
die Hälfte der mohamedanischen Reli
gion an die übrigen den verschiedenen
christlichen Religionen. Die Mehrzahl
bildeten Frauen, daneben Kinder, ver
einzelt auch Männer, deren Frauen bei
der Aerztin in Behandlung standen. Es.
kamen alle Arten Erkrankungen zur
Behandlung, auch chirurgifche Fälle,
sehr häufig wurde bei Entbindungen,
Wochenbettsertrankungen und Frauen
leiden Hilf-e verlangt. Die Mohameda
nerinnen widersetzten sich Anfangs un
ter religiösen Vorwänden der sachge
mäßen Behandlung, zusehends aber
schwindet ihr Widerspruch mehr, nach
dem sie sich in jedem Falle zuvor die
Einwilligung ihres Ehemannes einho
len. Auch bei den Jnspeltionen der
Wohnungen haben die Aerztinnen in
letzter Zeit eine wohlwollendere Auf
nahme gefunden, als Anfangs, und in
den Bezirksstädten, wo es nur ein-en
männlichen Arzt gab, oft Frauen mit
weit oorgeschrittsenen Leiden gesundem
die noch keinen ärztlichen Rath eingeholt
hatten. Jetzt wird die Amtsärztin von
den Mohamedanerinnen häufig schon
bei leichten Krankheitsfällen im Beginn
gerufen. Drei Uebelstände werden in
dem Amtsbericht dieser Aerztin beson
ders hervorgehoven, die sie beobachtet
hat: Das vieljährige Stillen der Kin
der durch die Mutter, wodurch beide
Theile an der Gesundheit Schaden lei
den, die falsche Ernährung dser Situa
linge, welche die hohe Mortalität dersel
ben bedingt, und die schlechte Ventila
tion der Wohnunaen, welche die haupt
sächlich-e Ursache der häufigen Blutar
muLh der Mohamedanerinnen ist.
A---A --.
Ein Hort der Ehrlichkeit.
M. Lagasfe, einer der eifrigsten Rad
fahrer unter den Pariser Anwälten,
pflegt seine Kunden in den Gefängnis
sen auf seinem Fahrrad zu besuchen.
Neulich traf er laut »M. N. N« hoch zu
Stahlroß in Mazas ein und richtete an
den Gesängnißportier die Frage, ob er
sein Rad in der Einsahrt stehen lassen
könnte.
»Seien Sie unbesorgt,« erwiderte der
brave Mann, »wir haben keine Diebe
hier.«
M. Lagasfe schüttelte dazu bedenklich
den Kopf.
»O » ---- --
Genitasam
Haaert »Aber, Herr MaaerL das
Fischen nuisz doch recht langweilig sein!
Was der-sen S« denn eigentlich, wenn
Sie so den lieben langen Tag am Was
ser dasitzen?«
Magerl: »Ich denk’ mir halit Wenn
nur Einer aiibeißen thät!«
Haaerlt »So, und wenn nun Einer
Ingebisseii hat — was denken S Ih
nen dann?«
Magerk: ,,Al)a!«
-OO
Verungliicktesskosunl i
ment.
Fräulein: Herr Meier, niie haben
- Sie mich denn so schnell erkannt?«
Herr: »Ach, mein Fräulein, Sie
sehen ja Ihrer Frau Mama — — schau
derhaft ähnlich.«
—-——-O
Kathederbliiihe.
»Der Zahn der Zeit, der so manche
Thräne trocknet, wird wohl auch iiber
sdiese Wunde Gras wachsen lassen.«