Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, August 14, 1896, Sonntags-Blatt., Image 12

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    — «
Die Liebe ans Stelzen
sen It v. sodann
q.
«Doch lebe sdie kleine Hellrnuth und
sein-Urahn Wut Doch! . . . ."
Wir hatten gerade die Gläser nieder
geletn mit dass-c wir auf das Wohl
mrseres greifen Wirthes und seines am
Morgen getausten Urenkelchens ange
npßea han«-; das leise serv-gern dest»
Krhstalls schwirrte noch durch sdent
Saal. iDer rüstige Siebziger Ehatte’
nnsstvacker Bescheid gethan; jetzt ließ er
Einen langen, eisgrsamen Bart durch die
« er gleiten und dlsinzelte schelnrisch
vor ich hin.
» , ja, liebe Freunde, hoch lebe der
kleine Hellmuth!« nahm er msit seiner
etmas greisenhaft dünnen Stimme das
Wort, »und idaß er überhaupt lebt, ist
das logisch falsche und das einzig rich
tige Resultat ein-es Experi·ments, bei
dem ich mein und anderer Glück einst
freventlich ristirt habe. . . .«
Wir saßen ganz still. Der Diener
hatt-e Idas Obst und Dessert fortgeräumt
und das kleine dunkelgetäfelte Speise
zinnner verlassen Nur noch die Bur
gunderslasche in ihrem Korbe ruhte zur
rechten rdes Hausherrn. und vor uns
standen unsere halb leeren Potale. Un
ser Wirt-h ließ die rubinrothe Flüssig
keit nachdenklich in seinem Glase rund
mn sausen itan fuhr dann ernster fort:
»Meine einzig-e Tochter heirathete
sriish unsd wurde unglücklich; — ihr
Mann sbsrach ihr sast das herz. End
. lich gebang es mir, »die Scheidung für sie
Er enwirlen und sie und ihr einziges
öchterchen zu mir zu nehmen. Lan-g
satn erholte sie sich von dem erlittenen
Kummer; sie wurde wieder frisch und
rosig, und eines schönen Morgens war
ihr Rest leer, —- sre war davon geflo
en mit einem Anderen: die trüben Er
fahrungen ihrer Ehe hatten ihr keinen
Finden gebracht. Sie ist bald danach
gestorben und das war gut so, denn
wer weiß . . . .« Er brach trübselig ab
und blickte zum Fenster hinaus in die
grüne ungelichtete Wildniß, die das
le’ne Haus rings einschloß.
,,Also, die kleine Vertha hatte ich zu
rückbehalten und ein verbittettes, alt
gegrämtes Herz dazu, das trotzdem
nicht an den Leichtsinn des eigenen
Blutes glauben wollte, sondern meinte,
nur die Welt und die Fremden hätten
· Versuchung und Sünde ein schleppt
unter meinarmesDach. So chloß ich
denn, die Welt und die Fremden aus
- zuschließen und floh mit dem Kinde,
;- einetn Knecht und einer Magd hierher
in’s Jagdschlößchen, mitten in die
- Waldeinsamieit. Sie haben mir ge
« klagt, meine lieben Gäste, daß es Jhnen
» noch heute schwer würde, den Weg hier
her in meine Klausur zu finden, und
E doch habe ich in letzter Zeit vielGestriipp
ausroden lassen, und die große Scheere
hat gewaltig unter meinen Schling
« pflanzen gewüthet. Damals sah es
hier aber noch ganz anders aus. Ein
paar Jahrhunderte mochten vergangen
sein, seit mein Ahn dieses Versteck für
seine Schäferstiindchen zum letzten
Mal betreten und seitdem hatte Nie
mand die eichene Thür geöffnet; eine
alte dunkle Sage hatte es den zaghaf
ien Nachkommen jenes ritterlichen Don
Junns hier unheimlich gemacht. Doch
mochte er’s immerhin mit der Treue in
der Liebe leicht genommen haben-ge
baut hatte er ein massibes Haus, und
zwei Jahrhunderte voll Sturm und
liegen hatten nur dem äußeren Anputz
,"chaden können. So hatten wir es uns
«sald in dem alten Neste behaglich ge
nacht.
Wie eine Dornröschenhecke begann
as kräftige, nie gestutzte Buschwerk
:ns zu umschließen; aus dem rings
mliegenden Sumpf, der ehemals die
Dildsäue meiner jagdlustigen Ahnen
eherbergt haben mag, wucherte üppi
es Unkraut. Ein Knecht und eine
Taäd berwalteten schweigend das klei
nwesen, versahen unsere Kuh, der
sit einen einfachen hölzernen Stall ge
irrt hatten, und besorgten die seltenen
Jsotengiingr.
So lebten wir auf meinem eigenen
rund und Boden, zwei Stunden
s en herrenbesitze an der großen Ber
TM entfernt, ohne daß Hertha
sie Ahnung von seiner Existenz hatte
» in sie endete die Welt mit den Wiesen
hiuHier unserm Pavillon lagen und
Wirt rings von Wald einge
waren; der Sumpf bildete die
W Wie die Welt siir uns so wa
Ei Mr ttzdt fiir die Welt; unsere
lten uns siir verschollen
und Magd plauderten nicht
-,. Sie lacheln ungläubig? Ja 1
tage, wo die Polizei in jeden!
s· -"-bsguctt, wäre so etwas im!
Preußen nicht mehr mög
WMXI Ste, Häng wirddicht
eenze n un hier
isation noch lange nicht so
- k- - ist. wie man im deut-!
» » «.» Mirimmii . . . .
"« i ten uns gegenseiti ver
einen kleinen eiten
. YM isches Regiment ging es;
»
is)
Asso- ris
»Es-;ij )- IUV ht
L
bei dem alten Polen nun einmal
nicht ab.
»Jene Jahre absoluter Einsamkeit«
fuhr er fort, »sind für mich Jahre hohen
Genusses und feelischer Läuterung ge
wesen. » ch lehrte hertha, was ich
selber wusz e, und im Lehren erwachte
auch in mir wieder die Luft zum Ler
nen. Hertha wuchs auf zwischen Blu
men und Vögeln, in freier Waldesluft,
unbeengt von modi chen Sitten: sie ift
nie auch nur eine tunde trank gewe
sen; sie hat auch nie Sehnsucht nach
dem Draußen empfunden. Jch tannte
jeden ihrer Gedantm, nnd sie verstand
nicht zu lügen. Wenigstens bildete ich»
mir das damals ein und pries mein
Erziehungsfhstem glücklich, wenn ich sie
mi ihren siebzehn Jahren so unschul
dig und so strahlend von ihren alltäg
lichen Spaziergängen durch den Wald
zurücktominen sah, die sie jetzt länger
wie früher aus udehnen pflegte. Und
dann kam der Lag, — der entsesliche
Tag, an dem ich die Arbeit meines hal
ben Lebens zusammenstürzen fühlte.
Es war ein schwüler Nachmittag im
Juli; ein Gewitter stand am Himmel,
und ich hatte mich aufgemacht, um
mein Kind zu warnen. Jch kannte
wohl ihren Lieblingsplatz, einen quer
gestiirzten, moosbehan enen Waldes
riesen, dessen Krone tief in den Sumpf
gebohrt war und drinnen neue Wurzel
getrieben zu haben schien. Schon hatte
ich vorsichtig den etwas fchlüpfrigen
Baumftamm zu beschreiten begonnen,
als mein Fuß plötzlich wie gebannt
stehen blieb; dor mir in der griin um
buschten Gabelung des Baumes, frei
schwebend über dem schillernden
Sumpfwasser, saß meine Hertha und
neben ihr — ein junger Kerl, und Bei
de zwitscherten mit einander und schnö
belten sich so harmlos, als seien sie mit
ihrem lustigen Sitz auch wirklich zu
Vögeln geworden.
Das gab einen Schrecll
»Herr,—wie kommen Sie hierher?!«
»Ueber den Sumpf, Herr Baron!«
»Unsinn, das ist unmöglich!«
»Doch möglich, ich habe einen Stel
zenlauf versucht!«
Wahrhaftig, da lehnten so ein paar
hohe Dinger bis zur zweiten Sprosse
mit Schlamm beschmutzt, neben ihm an
einem Flsh »
ps- Peq «- k,.» k
»s3u»ku Ol- Iugy uus v Quem-sung
dem neuen Sport gewidmet?« fuhr ich
barsch fort.
»O nein, Herr Baron, die Stelzen
holte ich mir erst beim zweiten Male,
als ich sah, so käme ich nicht herüber!«
» weiten Male? . . . . Also Sie wa
ren chon öfters hier?!«
»3ehnmat im Ganzen!'· antwortete
stramm und ofsen der junge Sünder.
Nun wendete ich mich an meine En
kelin. »Warum hast Du mir nie etwas
erzählt?« herrschte ich sie an·
Aber sie —- that das, was alle Wei
ber in solchem Moment thun, seien sie
im Geräusch der Weltstadt oder in
Waldeinsamteit ausgewachsen: sie
schluchzte zum Herzbrechem ohne zu
antworten. Jhre Antwort hätte ja auch
nichts gebessert. Jch dachte einen Au
genblick nach. Die Situation auf dem
Baumstamm begann sich zum Komi
schen zu wenden. Jn der Gabelung
kdas schluchzende Mädchen, daneben
ghocb aufgerichtet, mit weitgespreitzten
ZBeinen sich mühsam in der Balance
k haltend, der hübsche Bursche, und am
s andern Ende ich, auf meinen Stock ge
s stützt den Weg versperrend. Etwas
; milder begann ich die Unterhaltung
s aufs Neue.
»Komm Beide ’mal erstiaufs feste
H Land.« Damit machte ich Vorsichtig
kehrt, und das Paar folgte mir.
»So —- und nun, Herr, wer sind Sie
eigentlich?«
»Kurt von Ebers-buch, Sohn des
Herrn von Ebersbach und zu Gund
« ried!«« Die Harten llappten militärilch
zusammen.
Unwillkiirlich athmete ich aus. Es
hätte schlimmer ausfallen können!
»So, so, des alten Ebersbach Sohn!
Freund von mir, Jhr Vaters Würde
Zeigt» solche Dummheiten gemacht ha
,,O doch, Herr Baron,« kam es re
[ speitvoll zurück, »der Vater hat mir ost
»von Jhnen gesprochen. Und da Sie«
« uns nun doch ’mal abgefaßt haben, die
hertha und mich,« er richtete seine
blauen Au n sreimiithig aus mich,
umschlang tha mit dem linken 5llrm
und streckte mir die Rechte hin — »so
eben Sie uns auch in Gotteznamen
Zhren Segen; wir haben uns sehr lieb
und wollen uns heirathen!"
Jch sah, wie meiner hertha Thriinen
plö lich oersiegteu und oldiger Son-»
ne chein über ihr Qesr tchen huschtexj
Ich sah dkn frischen Jungen Mmschm.;
dessen Kinderaugen so ernst blickenl
konnten, und sah seine ausgestreckte
Hand, und da .....
Nun ja, meine Herrschaften, soeben
haben wir aus das Wohl des kleinen
hellrnutb angestoßen, des ältesten Soh
nes von Kurt und herthcn ch habe
mich nicht mehr von meiner wein
samleit trennen können, aber ich habe
ertennen gelernt, daß sie mehr siir »le
benömiide Weltfliichti e als fiir frisches
junges Blut ta t. nd was die Liebe
betrifft: sperrtuge ab durch den tiefsten
Sumpf, sie tornrnt doch, und sei es auch
—- auf Stelzen2«
Die leste Burgunderflasche mußte
ihr Strohbett verlassen und unsere
Gläser füllen. Unser greiser Wirth
brachte den Toast selber aus. Sich rit
terlich gegen die Damen der Tafel
runde neigend, sprach er schmunzelnd:
»Ein-im l’amore!«
W—
»Jakob.«
Von Wilh Weder.
Der Buchhalter Reichel war nicht
nur ein trockener Zahlenmensch, fon
dern auch ein eisriger Natursreund. M
» solcher streifte er oft in der Umgebung
E der Stadt umher, wo er jeden Steg und
Weg kannte. Daß ihm da hin und wie
der Abenteuer zustießen, war nicht eben
verwunderlich, und Herr Reichel konnte
hiervon »was erzählen«, obgleich er noch
keine große Reise gemacht hatte. Ci
ner der schändlichsten Streiche aber, der
ihm je gespielt worden war, war der
folgende:
Reichel kehrte bei einbrechender Däm
merung von einem seiner Spaziergänge
durch den Stadtpark nach Hause zu
rück. Er schritt gemächlich die Pappel
allee entlang, als aus einem der Bäume
ein dogelartiges Geschöpf herunterge
flattert kam und gerade vor den Füßen
des Spaziergängerö zappelnd liegen
blieb. Jn einein Anfalle von Mitleid
hob Reichel das Thier auf: es war ein
junger Rabe, der aus dem Neste gefal
len war und sich beim Sturze den Flü
gel verrenkt hatte. Das Thierchen
konnte während der Nacht nicht hilflos
arn Wege liegen bleiben, es wäre sicher
eine Beute der Katzen geworden. Rei
chel saltete sein Taschentuch auseinan
der und wickelte die Carricatur von ei
nein Vogel sorgfältig hinein. Dann
trottete er weiter und überlegte die Si
tuation.
— !.Lt m-k!L-- -!...-- : ----- «
St tvuk jkpr MIIVIS unt-- Henker-u
Raben, das war klar; also so eine Art
Rabenvater. Da er sich der grbßten
Unverheirathetheit erfreute, war das
ein ganz stilooller Anfang. Außerdem
hatte er nur die Auöeinandersehnng
mit seiner alten Wirthin zu überstehen,
und das würde er schon fertig kriegen.
So befestigte sich sein Muth mit jedem
Schritt und das behagliche Gefühl
überkam ihn, ein gutes Werk gethan zu
haben.
Nach der Ankunft in seiner Woh
nung ging er zunächst daran, den ver
letzten Flügel des Thieres zu curiren
Das gelang iiber Ermatten glücklich
und »?akob«, so hatte Reichel den Ra
ben so ort getauft, unternahm die er
sten täppischen Hüpfversuche, die seinen
Besiser veranlaßten, sämmtliche frei
stehende Gegenstände in die tiefsten Tie
fen der Schränke zu versenken. Sonst
verlief die Nacht ziemlich ruhig. Aller
dings wurde Reichel durch ein arges
Gestöhn und Geplätscher bald geweckt
und kam eben noch zeitig genug, um
Jakob aus dem Waschbecken vom Tode
des Ertrintens zu retten. Das geäng
stigte Thier stolperte hieraus in den Ei
mer und das Rettungswert mußte von
Neuem begonnen werden. Endlich fand
Jakob in einer Sophaecke Ruhe. in wel
cher er sich aber derart unanständig be
trug, daß er aus einen alten Schlafrock
ausauartiert werden mußte.
Am nächsten Morgen kam der Kampf
mit der Wirtbin, welche mit dem ,,sck)ä
bigen Beest" der Großmama des Sa
tans ein Geschenk machen wollte. Mit
ruhiger Wurde verwies Reichel der zür
nenden Frau die lästerlichen Reden,
während Jakob auf seinem Schlafrock
hockte und die Wirthin tiickisch anblin
elte.- Schließlich kam es zu einem
Friedensfchluß: Jakob blieb das-haus
thier seines Beschützerå und die Wir
thin sorgte siir angemessene Verpfle
gung.
Nach wenigen Tagen ging mit der
Vogel-Carieatur eine wesentliche Ver
änderung vor: die Brust wölbte sich,
der unfätrnliche Leib trat zurück, die
Beine begannen fest und sicher aufzu
kreten und an Stelle der ruppigen Kiele
traten echte und rechte Federchm Als
einige Wochen in’s Land ge angen wa
ren, war Jakob zu einem chtexem
plar seiner Rate ausgewachsen. Das
» Gefieder war von glänzender Schwär
;ze, es knisterte ordentlich, wenn man
darüber hinstrich. Man hatte ihm die
liigel etwas gestutzt, aber das hinderte
eine Bewegungsfreiheit durchaus nicht.
Mit seinem n verband ihn eine in-»
ni e Freund chaft, auch das Verhält
ni zur Wirthin hatte sich erträslich ge- »
staltet, obgleich er dieser mit orliebe
allerhand Possen spielte. Jn der Rach- I
barschaft kannte man Jakob auch chonl
und wenn er auf der Fensterer ng
saß und sich sonnte, wurde er ohne Un
terlaß gerufen. Hakobtk tönte es von
rechtsund links, von oben und unten.
Das ließ aber Jakob sehr kalt, er rührte
sich nicht von der Stelle und nur wenn
l AI
ein fürwihi er Bengel ihm den Finger
hinhielt, t ilte er einen kräftigen
Schnabelhieh aus.
So wuchs Jakob in allen Ehren her
an und zeigte immer bessere Laune.
Das letztere konnte man von seinem
Besitzer leider nicht sagen, der schien
immer grämlicher zu werden. Jeder
ahgetissene Knopf, jeder schlecht gepliit
tete Kragen gab ihm Anlaß zu einer
langen Predigt. Neichel schien nervös
werden zu wollen, denn es ärgerte ihn
die Fliege an der Wand. Als er nun
ar eines Tages über das »schauher
gaftesliirthshausessenn und das «lang
weilige Kneipenleben« zu raisonniren
begann, wußte die Wirthin, was die
Glocke geschlagen hatte.
»zakob«, meinte sie zu dem schwar
zen esellen, »dein herr ist krank, er ist
augenscheinlich verliebt und das ist
» schlimm«. Jakob nickte und ließ ein zu
fftimmendes Gekrächz ertönen.
Inzwischen hatte Reichel schwere
Sorgen. Das Junggesellenleben be
hagie ihm wirklich nicht mehr, und als
er gar einen Anfall des Zipperleins zu
überstehen hatte, galt ihm das als eine
Warnun , um nicht mehr län er zu zö
gern, fon ern Ernst mit dem irathen
zu machen. Ueber die Petsonenfrage
existirte bei ihm längst kein Zweifel
mehr: die blonde Grete, des gegenüber
wohnenden Kaufmanns Grbhard Töch
terlein, konnte et sich ganz ausschließ
lich als seine Hausfrau denken. Leider
aber war der Beiden Bekanntschaft nur
eine sehr oberfliichliche. Man grüßte sich
höflich, wobei er ein wenig, sie sehr roth
wurde, wünschte sich guten Tag und
guten Weg — damit war’s aber auch
vorbei.
n.,--c c-41- L-- t::f.l- M--I.«-·Il--:I.
Juli-U UUUC UUI sub-u »k·qusesuo
schon längst mit stillem Verdrusse be
merkt. Jn philosophischer Ruhe saß er
auf seiner Fensterbriistung und blinlte
hinüber zu Gerhard’s. Die blonde
Grethe saß am Fenster und stickte und
der alte Herr ging im Laden auf und zu.
und die Lehrlinge hantirten in einer
finsteren Ladeneele an einem gewalti
gen Fasse herum. Der eine hatte eine
ampe in der Hand und der andere
klopfte mit einem Holzhammer einen
Spund in's Faß· Da schlug es gerade
wölsx Grethe stand aus, öffnete das
nster und deckte im Nebenzinrmer den
Tisch. Es wurde zum Mittagessen
aufgetragen, Papa gerufen, der wieder
den Lehrlingen llingelte. Der eine
that noch einen kräftigen Schlag, der
andere stellte eilsertig die Lampe aus
den Boden und bald saß Alles beim
Essen.
Noch einmal warfJakob einen schläf
rigen Blick in den Laden. Da fah er
zu seinem Staunen, daß aus dem
Spund des Fasses eine llare Flüssig
teit herauslies, der unachtsame Lehr
ling mußte das Schließen des Spundes
oerabsäumt haben. Wenn ein solches
Tröpfchen vom Boden emporsprißte
und das Lampenlicht erreichte, leuchtete
Zes immer hoch aus. Jakob stutzte ob
jdieser außergewbhnlichen Erscheinung
! Er ließ ein warnendes Gelröchz erth
s nen. Niemand hörte es. Das unaus
gesetzte Aufleuchten blendete das Thier,
J es wurde immer unruhiger und immer
ierregter. Plötzlich war es mit einem
Satz auf der Straße, über welche es
Ischreiend und krächzend hüpfte. Nun
« ein rascher Anlauf und hopp war Ja
z tob in Grete’s Zimmer. Mit furchtba
Hrem Geschrei und mächtigem Flügel
schlag alarmitte er die kauende Gesell
schaft und erreichte mit elegantem
I Sprug die Ladenthiir, als ihn Papa
zGevhard greifen wollte· Kaum aber
x hatte dieser die Schwelle überschritten,
Z als er mit gellendem Angstschrei vor
wärts stürzte: aus dem mächtigen.Pe
troleumfaß schoß ein Strahl auf den
j Boden . . . . wurde der Spund noch et
was vorwärts gedrückt, dann erreichte
der Strahl das offene Licht der Lampe
und dann . . . . Papa Gebhard riß mit
Blitzesschnelle die Lampe empor und
drehte den Spund ab. Inzwischen
waren Grete und die Lehrlinge herbei
gelommen, und es brach über die Letz
teren ein böses Strafgericht herein.
Jakob aber saß auf dem Ladentisch,
aröhlte vergnügt und hüpfte von einem
Bein auf das andere. Er wurde später
wieder in’s Eßzimmer hineineornpli
mentirt und hörte, wie Papa Gebhard
ein Langes und ein Breites von ihm
erzählte. Als dann Grete erklärte:
»Buchhalter Neicheks Jakob,« sprang
er auf deren Schulter und zu te sie am
Ohr. Da sah er zu seinem taunen,
? daß eine heiße Blutwelle Gesicht und
J Nacken des Mädchens mit brennendem
Rath überåoß
» Gegen bend wurde Jakob wieder
uber die Straße transportirt, zugleich
aber für seinen Herrn ein zierlichess
Briefchen aufgegeben. Als er das ge
lesen hatte, that er sehr zärtlich gegen
Jakob, der mit einem geradezu opulen
ten Nachtmahl bedacht wurde.
Seitdem konnte lob vom Fenster
aus sehr oft bemer en, daß sein herr
den Papa Gebhard sehr oft besuchte
und sich mit Grete unterhielt. Die
schlechte Laune schien zudem von Herrn
Reichel gewichen zu sein, er lachte und
ang, daß es nur so eine Art hatte und
eine Wirthin hätte sicher kein böses
Wort gehört-selbst wenn alle Kniipse
von den Bleinlleidern abgerissen gewe
sen wären. »Na ia,'« meinte diese beim
Abstüuben einmal, »ich hab’s ja gleich -
esagt —- verliebt war der Herr. Nun
scheint ja die Sache in Zu zu kommen.
Du wirst bald ’ne Hausfrau stiegen,
Jakob.« Der blinzelte vergnügt, denn
er bildete sich ein, dass die b ondr Grete
die-Hausfrau sein werde und mit der
würde er sich schon vertragen.
Wenige Wochen später brachte herr
Reichel in seiner Westentasche zwei
Etuis mit nach Hause. die er vorsichtig
. öffnete und aus den Schreibtisch stellte
Als ein Sonnenstrahl ins Zimmer fiel,
blitzte s hell auf aus dem Etuis, so
daß Jakob unwillkürlich die schwarzen
Augen schließen mußte. Dann aber zog
es ihn mit unwiderstehlicher Gewalt
Napoleon der Erste über das
menschliche Glück.
In sden vor Kur-zum von F. Mas
son «herausgegabenen, ibis dahin unbe
tannten Schriften Napoieon’s l. «Na—
poleon inconnu. papier-s inedits
1786—1793’ (2 Bldr. Paris, Ollen
dorsf) ist die im Jahre 1786 Von dem
damals 17jiihrigen Premierlieutenant
Bonaparte verfaßte untd praisgekriinte
Beantwortung Eder von der Astademie
zu Lyon gestellten Frage: »Welche
IWahkheiten und welche Cmpfindunizen
muß man den Menschen szu ihrem Glück
arm meisten eingrägansTizusm ersten Male
vollständig veröffentlicht worden. Etwa
nur der Idritte Theil dieser Schrift, die
wegen ihres Verfassers wohl der Ver
gessenheit entrissen zu werden verdiente,
ist seit dem Jahre 1821 bekannt gewe
sen. Vom nsychologisfchen Gasichts
puntt aber erwecken die Weg-weisen
»welche der spätere geavckltige Erd-derer
für das Ziel Edes menschlichen Glückes
in seiner Abhandlung aus-gepflan«zt hat,
um so größeres Interesse, sweil ssie alle
nach der Nichtun des inneren Frie
dens, der Genüg« amteit und der ge
heimnißvollen Frei-den inniger Natur
anschauung, sowie des häuslichen
Glückes hindeuten.-- Fiir unsere Zeit
besonders bemertenswerth ist die Art
und Weise, swie der Verfasser die über
triebenen sozialen hoffnungem die am
Vorabend der großen franzötsischm Ne
4tpotlution wie heute die Köpfe der unte
ren Klassen vertoirrten, an einem tref
fenden Beispiel hell beleuchtetr.
n it
m».
Slll Jung-l Mlqeirurqeiri —;i·iiuiiii,
dem es nveder an Aal-eit, noch an Kraft
Tons-u tin-d deshalb auch nicht an dem
Nötlyigen fiir sich und die Seinen fehlt
wird eines Tages vonNeid ergriffen,
ais er darüber nachdentt, daß der
Grund und Boter rings um ihn her
nur wenigen Nichtsthuern gehört, wich
rend Diejenigen, welche ivie er selbst die
Erde im Schweiße ihres Angesichts »de
bauen, nur wenige Quadratsuß Land
ihr eigen nennen, oder gar völlig besitz
los sind. Jn dem Zwiespalt seiner Em
pfindungen und Grübeleien eilt er zu
dem Priester seines Dorfes, um ihm
gegenüber sein Herz auszzsuschiitten.
Der Geistliche such-i seine Begebrlichteii
zu dämpsen, indem er ilim sagt: »Gott
lenkt Alles, beuge Dich vor seiner Vor
sehung. Dieses Leben ist nur eine Reise,
und die Dinge hienieden sind nach einer
Gerechtigkeit geordnet, die imir Men
schen ohne Prüfung anerkennen müssen.
Glaube«gehorche, murre niemals und
arbeite: das sind Deine Pflichten« —
Unhesriedigt von diesem Rath sur Ge
niiigsamskeit und Ergedung in sdie gött
liche Ordnung des menschlichen Lebens
eilt der junge Arbeiter zum Notar, dein
klügsten Manne des Ortes, um auch
ihm seine Zweifel an der Gerechtigteit
ider Vertheilung des Grund und Bo
dens zu offenbaren Statt ihm eine
Antwort zu geben-, legt ihm »der Rechts
geelehrte sdie Testamente und sonstigen
glaubiigten Schriststiicke vor, irast
deren der Besitz in jedem einzelnen Falle
rechtmäßig und unantastbar sei. Vom -
revolutionären Geist der Gleichheit Ebe
iierrscht, troill jedoch der smit seinem Loos
unzufriedene Arbeiter nichts von der
Giltigteit dieser Ansprüche wissen und
ritst entrüstet aus: »Wie! dastsiird also
die einzigen Rechtstitel dieser herren?
Die meinigens lsind heiliger, unbestreit
baren alkgeineiner. Sie erneuern sich
mit meinem Schweiße kreisen mit mei
nem Blut, isinsd in meine Rennen, in
meinherz ein-geschrieben und unent
behrlich siir Meine Existmm Besonders
aber ssiir mein M« Dann ergreift
er voll Wirth die sUrtkundem schleu-dert
sie in’s Feuer und eilt enttiiuscht in
seine hütte zurück, iiooer seinem greisen
und blinden Vater, den der Tod ver
gessen zu Ihr-den scheint, Alles enthüllt,
was sein Jnneres so tief erregt. Bei
ihm dosst er aus Verständnis-, insdeni er
aus-ask »O mein Vater-, so slrin ich
atfo zu immer mischten-der Arbeit, zur
erniedrigeivdsden Unteriochung ver
Idamsniti In der Augustini-ne iwie in
»der Kälte U Januar stnird es also nie
L
mais Ruhe fürnnich geben! Als Preis
einer sfolchens Arbeit Yeinesen Andere die
Erntrn ein« die-sie dem Schweiße meiner
Stirn verdanken.« Mr der Greis,
dem die wahre Weisheit unrd idas rechte
Stück des Leidens im Laufe seiner lan
gen Fahre nicht fresmsd geblieben Ein-d,
ltlßt Ich Von M M feines Soh
nes gegen das Schick , kdqs ihm stein
höhere Stufe auf Ider Leiter sdei wen-sch
lichen Dafeing angewiesen W, nicht
bethören, sonst-ern weist ihn mit miider
Mahnung auf den M der Zufrieden
heit zurück. Was lfehle ihm denn, mn
giiiellsich Zu Iseini Weder ldie nothwen
digen Dinge zum Leben- noch die seine
Arbeit verschönernde häusliche Liebe.
»Sinsd die Reichen glücklich? Gewiß,
mein Sohn, sie können es fein, aber fel
ten smsd isie es. Das Glück findet sich
am häufigIsien in Deiner Lage, in Dei
nem Stande, wo Vernunft und Gefühl
sich gesund erhalten. Der Reiche dage
gen lebt im Reiche mahiofer Ein-bil
dungsckraft, der Eitelkeit, der Sinnes
geniisse und phantastifcher Launen. Be
neisde ihn niemals, und wenn man Dir
auch alle Reichthümer unserer ganzen
Gegend anböte, weise see weit von Dit,
es ·sei denn, daß Du sie nur annehmen
iwsiindessh sum sie mit Deinen Mich-lit
gern zu theilen. Eine solche Handlung
; der Groß-much aber kann man nur von
)einem Gott erxvakten.«
spzln dieses weqpiei »der unzufrieden
-heit in den niederen Klassen Xniidste der
junge Artillerie-Lieutenant sdie drin
ende Mahnung für die Gesetzgeber-,
äorge dafür zu tragen, daß sich am un
teren Ende der sozialen Kette keine ganz
Glentden, ganz Besitlosem sondern klet
ne Eigenthümer, tsleine händler und
Handwerker hefändem die iniit nicht
übertriebener Arbeit ihre Familien er
nähren und lleisden könnten. Die ober
ste Pflicht des Staates müßte daraus
gerichtet sein, daß jeder Bürger Etwas
habe. Von der allgemeinen lGleichheit
stoiire bei der Verwirklichung dieses so
zialen Grundsatzes keine Rede, sda die
Lbeiden Enden sder Kette troßldetn so weit
auseinander blieben, daß in der Mitte
zwischen ihnen die unvermeidliche Un
gleichheit unter den Menschen Platz ge
nug habe. Jn der lHütte tvie im Palast,
mit Fellen oder Seide bei-leiden an dem
frsugalen Tische Ides Cincinnatus wie
an der üppig besetzten Tufvl des Vital
lius könne der Mensch glLicllich sein,
aber nicht, wenn es ihm san den unent
behrlichsten Dingen des Lebens seh-le.
Wir haben schon «heworgehoben, daß
der spätere Croberer in dieser Abhand
lung aus die innigen Freuden, die aus
tiefer Naturanschauung und häuslicher
Liebe entspringen,alsaus die am sicher
sten szuim wahren Glück siihrenden Wege
hinweist. Aber noch hemeritenseverther
erscheint es uns, daß ei unter iden Lei
tdenschcsftem welche der Mensch nach sei
nem Dafürhalten ain meisten fliehen
muß, sden Ehrgeiz ais shesonders der
shiingnißvoll bezeichnet. Als warnendes
Beispiel führt er an erster Stelle Aller
ander den Großen an, den seine wahn
isinnige Ruhm- und sEroberunigssucht
denn-stiftend durch so cviele Länder ge
trieben habe, bis er sich selbst für den
Sohn EJupiters hielt. »Der Ehrgeiz,
welcher fiir Karl V» Philipp li. unsd
Ludwig XlX". die Triebfeder war, ist
wie alle maßlosen Leidenschaften, einem
heftigen Delirinm gleich, Idas erst mit
dem Leben endet: gleich einer vom un
erbittlichen Sturm angefochten Feuers
brunst hört es erst dann auf, nachdem
es Alles verzehrt hat. «—— Ob wohl ähn
liche Gedanken das Gehirn des Korsen
durchstürmten, als er inmitten der elen
den Trümmer seines geschlagenen Hee
res als völlig Bosiegter in eiliger Flucht
das Schlochtfeld von Waterloo verließ?
»Ein -Doppelbrenner.
Amtmanm »Was itsar Jshr Manni«
Frau: «Brenner.«
»Am-th: »Was ihrannte e; ?«
Frau: Jni ersten Jahre suwserer
Fuhr dran-nie er Spiritus, lim zweiten
r .«
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chöchsterGrad
r THE-her haben Sie denn die Neuig
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Wer Herr Notar hat sie mir er
zählt«
»Was, ider Notar? sJch sage hnen,
tder Mensch-lügt so, tdaß manni t ein
mal das Gegen-then von Idem glauben
dann, was er sagt!'«
Rückewinnerung
Baum »Aslso wie war-die l t
spieada mi macht-ww- Schach«
Beurlau ter: »Fürchterlich! Unsere
Kompagnie evar in einein Dickicht inr
fis-Mit Alle flin Minuten hat un
er Gautmann g’-sagt: »Minder, jeßt
kommt asn uns die Neiht« unld da ha
lben wir immer einen Zug aus »der
Schnapssflasche gefhan urin uns zu Tod
vorbereitet- tDas hat gedauert von
Friiih eins Abends. Dann ist auf ein
masl ein« Adfutant soc-her getoinrnm
Mvhat g’sagt, daß·m·rr’s gMMrn ha