Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 10, 1896, Sonntags-Blatt., Image 11

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    l
Während er sich-so in den Uebertret
btmgen seines Artgeri immer mehr und
mehr verlor, begann die Dunkelheit das
Dau- zu ersitllen und »das Gas mußte
san-gesäumt werden. «Ramona kam wie
gewöhnlich in das hinterstiibchem um
f n hdupthahn zu öffnen. Sie dachte
r nicht an Lotsen-zo, als sie plötzlich
Einen mächtigen Arm um ihren Gürtel
schlie, und während er ihr den Mund
mit einer band zuhielt, sliisterte er ihr
rnit miterdriickter Stimme und mit ver
liebter Betonung in’s Ohr. »Ich muß
Dich sprechen . · . schreie nicht . .. ich
muß Dich sprechen, hörst Du? . .. Usm
drei Uhr enivarte ich Dich an der Thüre
Deines Hauses.«
Ramona, vor Furcht und Lust zit
ternd, hörte ihm lautlos zu, öffnete
dann den Hahn und verschwand in der
Thüre, nachdem ssie sich vorher noch
einmal nach Lorenzo umgedreht und
ein Lächeln voll Gesallsucht aus ihn ge
werfen.
4.
. Seit diesem Tage hing der Friede
Idieser Ehe nur an einem Fädchen. Lo
renszo war Ewie verwandeln ging all
abendlich allein aus, und wiederholte
bei jedem Schritt, daß er Herr seiner
Handlungen sei. Und da er teine pas
sende Ausrede zu einer Weigerung des
Registersiihrens sand, so strändte er sich
thatsächlich dagegen, indem er es Tag
. für Tag mehr vernachlässigte. Dafür
aber hörte er nicht aus, unter den Ar
beiterinnen in der Werkstätte fherumzu
streichen, und in wenigen Tagen arg
wöhnten die Mädchen bereits, für wen
dies alles geschah. Ramona zeigte Isich
gesetzter ais früher, war ordentlicher
gekämmt und angezogen, hatte stets ein
Bändchen mit einer Schleise um den
Hals-, zog sich den ganzen Tag die knap
pen Stiefelchen nicht aus. und ohne es
vielleicht selsbst zu wissen, mach-te sie ab
und zu so schmachtende Bewegungen,
daß sie die allgemeine Aufmerksamkeit
erregte. «
Ohne sich aber gegenseitig ihre Gut-«
deckungen mitzutheilem verlegte-n Osich
die Gefährtinnen aufs Aufpassen· Un- ;
bedingt swaren neue Gefühle und Ge-t
danken in Roma-no gereift, man mußte;
nur ausfindig zu machen suchen, ans
welcher Sonnenshitzr. Von diesem Au-i
gendkick an wurden die Beziehungen Lo-:
renzo’s und Ramoncks von der hinter
listigsten Wachsanrkeit verfolgt. Er
konnte kein Wort sprechen, das nicht in
jedem einzelnen dieser Gehirne geheimi
zergliedert wurde, und weder er noch sie J
konnte einen Schritt thun, der nicht ver- j
folgt wurde. Aus diese Weise gingen
sie auch sehr bald in die Falle, Ramona
wurde dabei ertappt, als sie Loeenzo ei
nen Liedesdlich der mit keinem andern
ver-wechselt werden kann, durch den ;
Spiegel zuwari Ein Lächeln der«
Befriedigung erhellte die Gesichter der;
Spioninnen. Von da an wurden dies
Bewegungen Ramona’s freier, und die
sen selben Abend noch, während sie den
Gasometer öffnete, sahen sie drei Ge
fährtin-im weit ssie nicht mer in vekl
Thüre der hinter-finde Platz hatten, inl
dem sinsteren Winkel in den Armen Lo
renzo’s und sihm etwas in’s Ohr flü
stern. Aber auch an demselben Abend
gaib ihr Anita den Abschied, und an der
Thüre bekam sie noch den Bescheid,l
nicht mehr die Schwelle dieses Hauses
zu betreten. Lorenzo ging während die
ses Vorganges aus und ein und schloß
die Laden.
Anitcks Befehl, den er Wort sitt
Wort vernahm, behagte ihm ganz nnd
gar nicht; und als alle Büglerinnen
draußen waren, stellte er sich mit sun
«teinden Augen vor sie hin nnd drohte
ishr, auch sortsugehem wenn sie die an
dere nicht mehr herein ließe. «
Jett entisud sich die Eifersucht AM- !
in's, die khr schon seit einiger Zeit dasl
oz zernagtr. .
MJAM Du hast alles gesehen. alles ge-!
Gött, ah? Du hast demnach spio-!
nirtii . . . . Ich soll sie wieder aus-neb-;
men!... Nun, wenn Du meinst, sie;
tauae mehr als ich, so sieht Dir ja die;
Mr offen, geh fort nrit ihri« l
Und während Qsie aus einen Sessel
niedersank, siigte sie unter Thriinen
hinzu:
»Wie verändert Ihait Du Dich, Lo
renzoi . . .. Die Elende. Die Scham
kofei . . .. Geh, geh, Du Gott-verlasse
neri Du. ein Verräther und sie eine
Verlorene, ihr werdet tein übles Paar
abgeben!« .
»Nimm sie wieder aus, und alles ist;
in Ordnung,« murmelte er weiter, ohne s
die richtige Antwort auf ihre Worte zu
finden, die wie Peitschenhiebe aus sein
Gesicht sanften-. Jnneriich erkannte er
mit Beschömunq, daß dies alles feiner
Ieits nur eine Passe war; er wollte sieh
atber nicht durchschauert lassen.
Als Anita ihre Würde als Gattin
verletzt fab, da sprana Iiie auf, richtete
ssich »in die Höhe. und indem ihr Gesicht
bleich wie Wachs iwar und die Mut-kein
ihres Gesichtes zitterten, wies sie ihrem
Manne in imvonirender haitung die
Mre und rief mit drohender Stimme:
l.
—
»Geh, geh, Pslichwergessener!....
Möge Gott Dich erleuchten!"
Loren-zo, ohne ein Wort zu seiner
Vertheidigung zu finden, wurde hierauf
ernstlich biise und einzig und allein aus
Gigenssinn smachte er mit dem Kopf eine
verachtende Bewegung und ging hin
aus. Sein Weib lief zur Thüre. unn
Eihn zuzurusen, aber sie sbefann sich,
machte einen Schritt zurück, sperrte ab
und fiel, ein Meer von sThränen »ver
gießend, wieder aus den Sessel.
Uind hier durchlebte ssie in einer hal
ben Stunde zehn Jahre ihres Lebens.
In diesem Stuhl vor der Gasflamme,
die mit ihrem Licht den Hsolztisch be
leuchtete, der die ersten Tropfen ihres
Schweißes gesammelt, die Esie mit so
viel Freude für das Gedeihen dieses
Hauses ver«gossen, saß sie nsun allein,
verrathen, erniedrigt von dem eigenen,
so heiß geliebien Gatten. Mit ihren
vom Weinen getriivten Augen sah sie
nun in sarblosen Bildern alle Ereignisse
ihres Lebens voriilbergleiten, all die
iiißen Erinnerunsgen ihrer Liebe, und
hatte doch nicht die Macht, den Muth
und die Kraft, sie zu ihrem Troste fest
zuhalten. Im Fieber sah sie Gestalten
mit spöttischem Blick vorbeihuschen und
sich wie Dunst ver-flüchtigen: ihr Bild
als Kind, wie sie in den Kasianiewwii«l
der-n von Arbucias, ihrem Geburtsort,
herumsprang und Blumen pflückte,
dann das Bild ihrer Mutter auf dem
Todtenbetie, spitz das Gesicht, die Au
gen eingesunten, die einzigen, die Thra
nen fiir sie hatten. Warum waren die
iMasrquesa und ihre Diener lachend an
iihr vorlbei gegangen? Warum lachten
lgleichfalls der Pfarrer, der sie getraut,
und die Beistände und die Schwieger
eltern und die ganze Hochzeitsgesew
ischasis Warum die Nachbarn auf der
fStraßa die Kinder, mit den Näschen
I
an die Fenster-scheiden gedrückt, die
sSchusterin von nebenan als Ansüherin
sdes ganzen Hausens2 Warum lachten
ischließlich auch die Gehilsinnen und Lo
Erenzo und Ramona so höhnisch:
»Ah ja! Von euch beiden, ihr elenden
Verräther, begreife ich est Dieselbe
Verderbtheit, die euch zum Verbrechen
trieb, läßt euch nun auch die Lage eines
ehrbaren Weibes, das beleidigt uns-d
fchimpflich Gehandelt und von ihrem
Gatten verlassen wurde, lächerlich und
fspottwitrdig erscheinen. Lächerlich und
,spottwitrdia, das Opfer eurer Schlech
Itigteit, ihr infamen Verräther!«
j Und während sie so gänzlich vernich
;tet nachgriisbelte. erregte sie fich immer
Enkel-r und mehr auf ihrem Platze,
Zweinte rbittere, glühende Wirtin-km obne
laber dadurch den Faden jener unae
keimten Voraönae zu verlieren, die ihr
die Brust eufammenfchniirten nnd die
»
j«;--eele vergifteten.
j Schluß folgt.)
i
-.... .,-..-. . - · - · - ...
Probate mir.
Paul von Schöntlknin »
Er saß in der Ecte ein-es stillen Alt-!
Wiener Gartenrestaurants, das ichs
manchmal des Abends auffuche, wenn«
ich lein Verlangen nach Geselligtseit ha
be. Man kann darauf rechnen, teine
Bekannten zsu finden. Das Gärtchen
mit idesn alten, steifen Holzstühlem und
den paar niedrigen Gastaternen ift aus
der Mode, »durch ·die eleganten, elettrisch
beleuchteten Restaurants ver-drängt,
halt-vergessen Wir swaren Beide durch
unser Zusammentreffen ein swenig
Eberrascht Jeder von uns hatte ins
geheim erwartet, hier allein zu fein,
und nun, da »wir die einzigen Gäste wa- f
ren, Beide ohne andere Gesellschaft»
ftonnten wir uns nicht übersehen. l
’ Nach den herkömmlichen begrüßen
den Redensarten sbot er mir einen Platz
an seinem Tische an, und ich fetzte mich
zögernd zu ihm, es ging ja nicht an
ders. Und dann hieß es weiter: Kom
men Sie oft hieher-? —- Waö treiben
Sie immer? ——— Und Sie? ——— Dieses
Frage- und Antwortspiel interefsirte
uns im Grunde Beide nicht« wir merk
tenes nns an,
---«
Uebrigens kam er smir ein bischen
verändert vor, ich möchte sagen, »in
Jerssant vertviskdert«, sund das 1wat er
Fvotdem nicht. der elegante, schöne
sMann Die anatte saß schief, an
ider Weste war auch etwas nicht in Ord
inung nnd verdunkle Filzhut verlangte
I nach einer Bürstr.
) Ich sahjhn von der Seite an. Er
drehte sich eine Cigarette nach der an
deren und tauchte sske schnell, als wenn
ihm darum zu thun wäre, wieder eine
neue anzuziindem Dabei saher mit
trübselisgerNachdenskichteit vor sich
hin, mit einer Melanchoiie, die ihm
eiber qar nicht iisbel stand. Man hätte
blind sein müssen, um nicht zu matt-en
dass den Aermsten etwas drückte, daß es
mit ihm »nicht ganz richtig« sei. Er ist
ein Schwärme-: und ein Idealist ein
Romantiiten ein Poet -—— er bat sogar
einen Band Gesichte veröffenttichi
.Ob ich oft hienberromme, haben Sie
mich Mira-at —- o fa, in der letzten Zeit
H
wenigstens . . . ich glaube, das wird
mein Sainvmsloial cwerden . . . es ist so
schön einsam hier. Ich und die Kellner
bipden eine friedliche Gemeinde. Wenn
man das Haus nicht etwa niederreißt
und dieses Gärtchen nicht verdaut, wer
de ich meine Tage hier beschließen, als
stiller Zecher . . .«
Er verriedh die Wehmuth eines Ge
täuschten, eines Entsasgensden. Da wir
einmal ziemlich intim verkehrt hatten,
durfte ich mir wohl «herauanhmen,
weiter zu for-schen. Und da kam denn
zu Tage, was ich ungefähr verrwuthet
hatte, es konnte nur eine romantiksche
Laune sein, die dem armen Burschen
ssdie Rolle eines relsignisreniden Weit
zsliichilings »auf-gedrungen hatt-e. O es
Jgibt sogar noch Liebesleid in dieser mit
sgemeinen Sorgen erfüllten, von lar
l
menden Klagen und Fragen starrenden
Weit.
i iEk liebte — »pkiaton-isch««, wie man
Izu sagen pflegt. Er hatte nie den Klang
Eihrer Siimm gehört, niemals ihre Hand
?«beriithri und doch war es iihm klar, seit
Hdem sich ihre Blicke zum erstenmale be
sgegnet hatten, und aneinander wurzel
ten; gerade vor zswei Jahren das erste
mal.
»Das war für mich entscheidend,«
gestand er mir, »und seither begegnen
wir uns alle Paar Monate einmal, oft
dauert’s auch länger; dann kommt
der Sommer, der uns viele Wochen
trennt. Aber sie steht immer Vor mei
ner Seele, die schöne, schlanke Mädchen
-gestalt, mit dem klugen Gesicht, in dem
sich liebe, reine Mädchengedanken spie
geln, ich sehe ihr süßes Köpfchen mit
dem hellen Kraushasar, dem feinere
schwungenen Näschen, den merkwürdi
gen hellen Angen, mit denen sie den
ganzen Jammer angerichtet hat« sie
blickt so miid, so keusch und ich ahne
doch das heimlich- - ekker . . . Jch tenne
ihre Kleider, ihre Hüte, an ihrem
Schatten würde ich lsie erkennen.
llnd dann taucht Este plöhlich wieder sel
«ber vor mir auf, -uni)ermiuthet, obwohl
ich nichts Anderes ans ider Straße su
che, als sie, und immer nur sie, dann
steht mein Herz still, ich iwerde roth wie
ein Schüler und möchte davonlaiisfen
und nisich doch sum keinen Preis von der
Erscheinung trennen; swir sehen uns
an, sekundenlang hängen unsere Blicke
aneinander, wie in einer seligen Ver
schnieliuna — ich kann es nicht beschrei
ben, es ist zum Verriickttverden, wenn
ich daran ldenke.
cyDer Seh-wärmet stützte den Kon in
beide Hände »und blickte, ohne mit den
Lidern zu zucken, vor sich hin.
,,Wo sehen Sie sie denn gewöhnlich ?"
»Nein zufällig; in der Stadt, aus
der Rinasirasiex sie ist immer in Be
gleitung der Mama niin Schwester«
So, hm s-—- na, und wohin wird das
fiihren P«
· »Das sehen Sie ja: daß ich lansgsasin
daran bankerott werde ——- sozusagen
von der Liebe besiegt...A-ber das ist
der Fluch des Lebens in der großen
Stadt. Man treibt aneinander vorli
ber, im stoirren Gedräge, sremid und un
bekannt; wir begegnen vielleicht hun
dertsach unserem Schicksal und können
es nicht erfassen unsd festhalten, und
vereinsamen zuletzt mit einem lieb-riech
zenden Herzen. Wäre das in einer klei
nen Stadt, hätte ich keine einzige dieser
banaen Stunden der unstillsbaren
Sehn-sucht erlebt, aber ihier in sdein Ge
swii«hl...Ja, und eines Tages werde
ich ihr wieder begegnen, und sie wird an
der Seite eines Mannes dahingehen,
der nicht bemerken dars, daß ein flüch
tiiger Blick. der so viel sagt, als: Leib’
wohl, Du mein armer, unbekannt-er
Freund, »Du siehst, es hat nicht sollen
sein-«
»Ja, das ist traurig, aber verzeihen
Sie, ich verstehe eigentlich nicht, warum
Sie sich nicht finden sollten?«
»Ja, wie denn? Ich kann sie doch
nicht ansprechen, ich weiß nicht einmal,
wie sie heißt, wo sie wohnt . . . ich tann
doch keine Ungezogentheit ivagentt
»Nein, aber unter ungewöhnlichen
Usnistäniden tönnie ja ein nicht allwa
licher Weg erbaubt sein. Wo Isie wohnt
"und swer sie ist, Idas ist bald ersorscht,i
Sie verfolgen sie das nächstenial und
holen mit diplomatische-m Anstand den
Portier wus. Dann gehen Sie nach
Hause und schreiben einen Brief:
»An eineFreindeif »
—-s- si
»Ja; ich weiß, daß es sich nicht
schickt, aber seien Sie versichert, er wird
so aufgenommen werden« wie Sie es
wünschen.«
«De-n Brief wüßte ich nicht zu sm
lisiren.«
»Nun, ich denle mir, Sie müßten
ungefähr Folgendes schreiben: Hochge
Ielyrte anädae Frau l"
,,Wiets·o?«
»Nun, Sie schreiben doch san die Ma
ma?«
»Ach so . . . .« versetzte er . . . »ja nu
tiielich.«
«Also: Hochaesbete anstdige Frau!
Ich habe das Glück, Ihre Fräulein
Tochter wiederholt auf der Straße in
l-— j
Jhrer Gesellschaft zu sehen ; es ist mir
leider nicht gelungen, diesen freund
lichen Zufall an einem Ort gu erhaschen,
wo es mir möglich gewesen «wär·e, mich
Ihnen sin der vorgeschriebenen Form zu
nähern-, obwohl ich längst sden sehnlich
sten Wunsch hege, Jhr Fväulein Toch
ter meiner innigsten Verehrung zu ver
sichern . . .«
Mein Zuhörer niclte, während er mir
auf den Mund sah, als wollte er sich
die Säne fest ei«nprägen. Jch fushr fort
zu improvisiren:
,,Zürnen Sie nicht, wenn sich ein;
Ahnen Untbekannster allem Herkommens
zu Trotz und nur seinem usnlhezsmin«g
baren Herzensdvang folgend, heraus
nimmst, in dieser Form eine Annäher
ung zu suchen, die er seit wei Jahren
vergeblich vom Zufall erhofst.«
,,Sehr gut! Jch den-ke, man wird
nicht zweifeln können, idaß der Schrei
sber eines ssolchen Briefes kein Unver
ixkchämtev ist, sondern ein ehrlicher
serl . . .«
s »Bitte, Iwir Ist-nd noch nicht fertig.
INsun können Sie »die schönen Worte, die
Sie nsoch viel besser finden werden, als
ich sie Ihnen hier aus-them Stegreis
ivorschlwg, aufgeben, und es kommt die
Hauptsache«
,,«Wieso?« ,
»Ja, die Hauptsache —- -die Sache,
swelche die Merma ivor Allem intresssiren
rwird.«
? »Was imeinen Sie?«
»Nun schreiben Sie ungefähr: »Ehe
Sie mir die ersehnte Gelegenheit geben,
mich Ihnen nor-zustellen, hochgeehrte
gnätdige Frau, gestatte ich mir, Ihnen,
meine Person sbetrefsend, mitzuthei«len,?
daß ich so und so salt bin und die Aus-!
sichten habe, daß ich ein Vermögen von
so und so viel Gulden österreichischer
Währung besitze, und daß mein-e gesi
cherten Einnahmen voll-ständig hinrei
chen, einen Haushalt auf dem Niveau
der besten Gesellschafts-Masse zu führen
und dem innigverehrten Mädchen, des
sen Hand ich von Jshnen enbitte, auch in
materielle-m Sinne ein sorgenloses
Glück zu «hereiten.« . Und so weiter,
und so weiter. Das, mein Freund, ist
der einzig mögliche, Esicherste und kür
zeste Weg, etwas Ansderes sgiht es
nicht.«
,,Ia,« sagte der Schwärmen und er
steckte die Cigarrette, deren Gluth er
loschen «war, umgekehrt in den Mund —
er war völlig tonsternirt —— und be
nöthigte lange«3eit, sum die Asche von
den Lippen zu mischen, »ja, das ist ein
guter Bries.«
,,Passen Sie aus, das hat Erfolg!«
»Ja, es könnte sein!« sagte er ganz
Phlegmatisch
»Wollen Sie ihn schreiben?«
»Ja«
»Aber vergessen Sie nicht den
Schluß, denn darauf kommt’s an.
,,-«»»a.« —
»Und wenn Sie Jhre Göttin wieder
sehen, heften Sie sich an ihre Spur und
lassen Sie sie nicht mehr loss, par Di
st-ance.«
»Ja.
»Es müßte doch wohl mit dem Teu
fel zugehen,«wenn man es nicht möglich
machen könnte, Isich das Mädel zu er
obern, aus das tsich unser Herz fabri
zirt, und nun gar, iwenn schon ein zar
tes Einsverständnsiß existirt. Und Sie
glauben ja, aus ihren Blicken errathen
zu haben, daß sie Ihnen gut sein
tönnte.«
Während ich das sagte, hatte er bei
dem Kellner mit übersliissiger Uni
stiindlichkeit ein Glas Bier bestellt.
»Wie mein-en Sie?« iwandte er sich
an mich. Jch wiederholte die letzten
Sätze. Er antwortete wieder: »; a.«
»Als-o Oor Allem, suchen Sie Namen
und Adresse auszussorschem und dann
geben Sie gleich tjden Brief auf, tell-in
man·dirt, der Sicherheit «wegen.«
»Ja-« !
»Und wenn wir das nächstemal zu
sammentreffen trinken Ewir eine Fla
sche Seit auss das Wohl eines erlösten
Ritter Toggentbursgt«
«
IEs war an dem Abend nicht viel
mehr aus ihm herauszwbringem als
dieses »Ja«. Er war plötzlich so abge
liihlt, als ob er durch eine Douche ge
gangen iwäre. Jch lbegriff ihn nicht.
«Plötz;lich smg er imich, swie ich über die
Bürgermeistersrage «dente?——-Da stockte
das Gespräch balsd und cwir brachen ab.
Mein Heim-weg führte mich an sei
nem Hause vorüber. Wir standen dei
einander, sbis die Schritte des Haus
meisters vernehmbar wurden.
: ,,Æso, was Jhre Herzallerlietbste be
strisft, vergessen fSie nicht, so in sder Art,
«wie ich Ihnen vorschlug, könnt-en Sie
schreiben. Sie werden noch viel bessere
Worte finden . . . ."
»Ja-«
»Und viel Glück dazu! Dem Mu
thigen achöri die Weltt«
ZGute Nacht!«
»Ja gute Bucht-'
»
Bor einige-n Tagen sah ich ihn im
Prater wieder Er ging an Oder Seite
eines jun-gen Mädchens-. Dieses hatte
sweder blondes Kvasusshaar, noch helle
Ausgen, auch war sie nicht schlank, son
dern eher klein und rundlich. Sie lach
te, er schwatzte und fuhr mit seinem
Spaziersiock unternehmungslustig durch
»die Luft. Er sath so pro-per und ele
gant wus, wie früher, die Kravatte saß
gerade, an der Weste Iwar Alles in Ord
nurvg unId anstatt 1des Filzhutes von
neulich trug er einen Strohhut mit ei
nem sduntelblauen Bande
Ich glaube, er hat den Brief, den ich
ihm diktirte, nicht geschrieben; er war
ihm pielleicht nicht poetisch genug, «be
sonders die Stelle, wo es sich um »die
materiellen Awgelegenheiten handelte
Schwärmer uns-d Dichter sehen die
Liebe von einer anderen Seite an, swie
Mütter Und Lebensfundige
Er machte mir übrigens ganz un«d
gar «den Eindruck eines Menschen, sder
von Liebesleid geheilt ist. — .
Ia wenn man ihnen vom Heinathen
spricht! . . . .
-.-.- s-.-. --.—
»Friiulein« oder ,,Frasu«"t i
i
Frau era v. Troll-Borostya-ni ver
öffentlicht im »Neuen Wien-er Tage-?
tblatt« einen Beitrag zur Frauenfrasge
lunter dem Titel ,,Alt«e Jungfern«, wo
rin isie den Vorschlag macht, sdie Anrede
»Frau-lein« gegenüber älteren Dame-n
fallen szu lassen uirid durch den Titel
»Frau« zu ersetzen. »Mit dem gesell
schaftlichen EDruck und der Zurückw
un«g, unter welchem die unverheirathe
te Frau zu leiden hast, steht auch das
unsertige, «u-n-selbstftäntdige Wesen, wel
ches der Mehr-Fahl alternsder Mädchen
eigen ist, in engem Zulsanumenhang
Für ein vorurtheilloses Auge ist es eine
geradezu lächerliche Einrichtung, swenn
unverheirathete Dame-n reifen Alters-;
es für durchaus un'fchicklich halten, al
slein in die Welt zu gehen. Höchft lä-j
cherlich ist es, wenn dreißigjährige;
Mäsdchen sich von einer fünfuntdzwami
zsigjährigen Frau in’s Schlepptsau nah-s
men lassen; lächerlich, wenn dieselsbei
Frau, die gestern noch, sweil «l«edig«,;
nicht ohne Gsardedame in tdas Theater;
gehen idurfte morgen sweil verheirathet, ’
die Gardedaime ein-er anderen vielleicht
ältere Frau abgeben darf; ganz beson-»
ders lächerlich, wen-n sunverheirathetef
Damen durch tdie Erwerbung des Ti-J
tels einer Stiftsdame, mit welchem be-"
lanntlich die Wüude und die gesell
schaftliche Stellung der »Frau« verbun-:
den sind, sich urplötzlich zur freien Be-;
wegqu der verheirathetesn Frau für
berechtigt halt-en unsd auch von der Ge
sellschaft für berechtigt erklärt !iver«den,"
während denselben Damen, so sie nicht
Stiftsdamen sind, die freie, unab
hängige Stellung nicht zukommt, als
ob sie mit »der Verleihung dieses leeren
Titels über Nacht klüger und reisfer ge-«
worden wären, unld »als ob die Würde
desFrauentitels ihnen auf Idie Stirn;
geschrieben swäre untd es nicht ü«berall,!
wo man sie nicht kennt, ganz den-selben
Eindruck machte, swsenn sie sich allein in
der Welt bewegen, ob sie nun verhei
rathet oder Stiftsdamen, oder ob Isise
es nicht sind. Man könnt-e angesichts
dieser gesellschaftlichen Thorheiien in
der That glauben, daß ldie öffentliche
Meinung das spöttische Wort: »Wem
Gott ein Asrnt verleiht, dem giebt er auch
den Verftand,« für lautere Wahrheit
hält, und daß sie glaubt, auch der
,,blof;e Titel ,,"ffrau«, ob nun durch die
Ehe oder »durch einen Stiftsplatz erwor
ben, verleihe besonderen Verstand
Schon in dem Unterschied, daf; man die»
under-heirathete Frau selbst bis in ihr
weiß-haariges,ehrwürdiges Greisenal
ter ,.Fr·cinlein« und nur die verheira
thete »Frau« nennt, liegt eine Unzu
tömsmlichleit. Eine alte Dame, »das«
Fräulein, »das« Mädchen nennen zu
hören, mtacht ein-en geradezu unange-v
nehmen Eindruck. Deshalb, tweil sie
ssich nicht verheirathet hat, ist sie doch
nicht ein Neutrnml Man sollt-e mit
Edieser Unterscheidung ein Ende machen
und idie Einführung treffen, daß msan
alle Personen weiblichen Geschlechte-T
welche ldas Backfischalter hinter sich ha
ben, insgesammt als »Frau« titulirt.
Es wäre-dies viel passender, vernünfti
ger und bequemer. Welches Gelächter
Ewiirde ertönen, wenn Jemanld dafür
plaidirte daß man unverheirathete
Männer ,,Jun1gherr« oder ,,Herrch-en«
nennen sollte, oder nur sdie Ehemänner
»Herr« Sounldso. Undldoch ist die Ge
pflogenheit, unsverheirathete Frauen
reifen Alters-, »Fränlein« und nur ver
«heirathete »Frau« zu betiteln, nicht uim
ein Haar oernünftisger. Jn allen diesen
Beziehungen könnten wir Xuns san ausde
ren Nationen ein Beispiel nehm-en. An
dem Franzosen, der jede erwachsene
Frau, gleichviel osb Gattin, Wittwe
oder Mädchen ,,Madame« «aanpr«icht,
und an den sEngländern sund Amerika
nern, welche den erwachsenen Minderhei
ratheten Frauen keine Beschränkung in
der Unabhängigkeit ihrer Lebensstel
lung untd in der Freiheit ihrer Bewe
gusng in der Oeffentlichleit awfierlegeni.«
—- Wie lvariijber woihsl andere Frauen
denken.
ZusvsieL
»Ist es wahr, Baron, Sie haben
meinetwegen gestern im Klub fünf
Herasusfordernngen er«halt-en.?«
»Gewiß und im Wälbchen sollen sie
ausgetragen werden«
»Nun, unsd habe-n Sie angenom
msen?«
,,Kei«ne Jdee! Ich soll mich todt
schießen lassen? Einmal, zweimal
meinetwegen, aber fünfmal, nein!«
» . .-——,.---..—«..«.—
Schlagfert«ig.
»Mein Fräulein, ich darf Ihnen
wohl meinen Schirm anbieten?«
»Aber mein Herr, ich habe ja selbst
einen«
»Oh, den machen wir dann zu.«
IBu«b«e-nwsit3.
Lehrer: »Warum thun wir Zucker in
den Kassee?«
Schüler (zu seinem -anderns): »Herr
gott, renomirt der heut’ wieder!«
«Schlagf-ertig.
«Glaubst Du an meine Liebe, Al
fred?-«
»Glauben? Gewiß! Glauben heißt
ja Etwas für wahr halten, wofür usns
»die Beweise fehlen!«
Ein Fest.
Miether (an der Treppe): »Was ist
das für ein Lärm in der Wohnung der
Schauspiel«erin?«
Hausbesorger: «Eine Festivität; die
jugendliche Naive unseres Theaters
feiert heute die silberne Hochszeit!«
H
Aus- dem Examen.
Professor: »Herr Kandidat, geben
Sie mir ein mal eine -. Definition über
,,zwei Atmosphäven«!«
Kandidat: »Zwei Atmosphären er
hält man, wenn rechts von uns eine Kä
sebude unsd links ein Härinigsbrsater
ist!«
——--—ss——-——.—0.———————
Beruhigung.
Thieaierdirekton »Sie wollen von
mir als Chansonsette engagsirt sein?
Sie besitzen aber igar nicht die nsöthige
Figur!«
Chansonette: »Noch nicht. Aber sie
ist bereits »als Eilgut aus Paris unter
wegs!«
«--»-... ....»-.
Aus dem medizinischen Ex
amem
Professor: »Was würde-n Sie thun,
wenn Sie bei der Sezirung eines Men
schen wahr·nähmen, daß noch Leben in
dem Körper ist?«
Studirender: »Ich würde den Be
treffenden fraaen, ob er mit der »Fort
setzung der Operation« ein«-verstanden
ist!«
Macht der Gewohnheit.
»Wie, Sie kommen sdoch wieder,
trotz-dem ich Sie vorhin hinauswaer
,,-Gott »der Gerechte! Was haben Sse
for ie’ Gedächtnißi Jch hatt’s schon
wieder vergessen!«
—--p -..--.-—.
Aus der Kinsd«erstube.
Lehrerin Cnachdem sie den Kindern
das Märchen Idom Dorn-rösch-en erzählt
hat): »Womit hat also der Prinz das
Dorntöschen aufgeweckt? —- was gab
er ihr?«
HLieHchen schweigt.)
Lehrerin: »Nun, er gab ihr dasselbe,
womit Dich Dei-ne Mutter immer gleich
beim Erwachen begrüßt —— Was gab
er ihr also?«
Lieschen: »Leberthran!«
- »O -«—-——-« s —
Kühn-e Rhetorik.
; Der Herr Feuerwehrhauptmainn usnsd
Spsezereiwaarenhändler hält eine Rude,
worin er unter Anåderem aus-führt, daß
ein guter Bayer auch ein guter Deut
scher sein kann. »Ju, meine Herren,"
bemerkt er, »Man-weißes Blut rollt in
unseren schmarz-weisz-rothen Adern!«
ROH
Milderunsgsgsrunb
Richter: Waben Sie noch etwas zu
Jhre Bertheidigung beizufügen ?
Angeklagter: »Ich bitte, bei der
Strafausmessung zu berücksichtigen,
daß ich den Diebstahl nicht bei Ihnen
beging!«
Recht wohlwollend.
Ein Geistlicher predigt zum ersten
Male in dem Betsaale eines Gefäng
nisses und beginnt seine Predigt, ·sich
an die versammelt-en ISpitzbuben wen
dend: »Ich freue mich, verehrte Subs
fernen Sie so zahlreich in diesem Hause zu
Ae v«