Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 12, 1896, Sonntags-Blatt., Image 16

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    Häuschen-erhebe
hamoreske von Marxe Stahl.
.Ada krankt an einem stillen Weh«,
.; schrie-b vsze Regierungstäthin Steknau
CI ihre Jugenfteundim die Frau Ober
»cmtmann Beetbaum »Die dies-jährige
Wintetfaiscm mit den vielen Bällen hat
He auch ewas mit-genommen, ich «schicke
ße zu Dir aufs Luni-d, damit sie in
Eurer lieblichen delle Ruhe und Et
Klung finde.«
« Und so traf an einem der ersten
Ftiihliwgstage Ada mit dem stillen
Weh eine achtzehnjähtige, junge Dame,
seht modern, nach dem neuesten Chic
gekleidet, auf dem großen Pachthof in
Kiekebusch ein.
Sie hatte sich die »liebliche delle« et
was anders vor-gestellt.
Das Landleben erweckte ihr stets die
Vorstellung vvn Flioderlauben, Nach
tigallen und Mondschein von wein
lanbninspvnnenen Hütten mit Schwal
bengezwitscher unter dem Dach
firsi und malerischen Heerden auf blü
henden Wiesen. Wie schön würde es
sich dem Sehnen ihre heimlichen Liebe
nacht-räumen lassen, allein, bei Son
nenaufgang auf stiller Flur, oder bei
»dem Läuten der Abendglocken an der
Mrckfljofsmaue, während der Duft
der ersten Veilchen aus dem Friedhon- »
gras aufstieg.
Ada’s heimliches Sehnen galt dem
jungen Klavier-Virtuosen der unter;
dem interessanten Namen »Hean Laf- J
. teur« im Winter in den Gesellschafts
kreifen der Residenz geglänzt hatte.
Man behauptete, er hieße Heinrich
Löffler und ftanime aus Perleberg, vie »
Männer fanden den hochaufgeschvsse-.
nen Jüngling mit den langen, dünnen
ingern und der gewaltigen Haarniäh
ne gräßlich, aber es war unglaublich,
welche Verheerungen er in Frauen
herzen mit der Macht seiner Töne an
richtete, und vielleicht auch mit der un
gewöhnlichen Art. seinen Etat-atm
knvten zu schlingen.
Auch Ada s Herz war seinen diifteren
Schwärmeraugen und chopin schen
Notturnvs erlegen und nachdem er ihr
auf dein letzen Diner, heim Bankier
Kühnemann zwischen den Starr-gen
fpargeln und dem Hammelrücken mit
Mushrvvms, anvertraut hatte, er wäre
von dein berühmten »Stamrne Achi,
die da sterben-wenn sie lieben,« seit
dem war sie überzeugt, daß ihr das Le
ben nun weiter nichts mehr bieten
könne, daß sie das höchste Glück und
den tiefsten Schmerz erfahren habe und
moralisch verpflichtet sei, Jugend und
Hoffnung zu begraben. «
Am erften Abend in Kietebufeh holte
sie aus der Tiefe ihres Koffers ein ele- ;
gant gebundenes Buch mit leeren Sei- -
ten hervor, und nun schrieb sie jeden.
Abend, sobald lsie allein war auf ihrem
Logirftiihchem Notizen its-her ihre Er-»
lebnisse hinein. ;
. Kiekebusch, den 5 April. ;
Da bin ich auf dem Dorfe, fern vom(
Getümmel der Welt. Fern von ihmli
Onkel Beerbaum holte mich von deri
Bahn ab Außer mir noch fünf Cent- i
net Rapsluchen für die Kühe, die mit!
auf den Wagen geladen wurden. Wirt
konnten nur langsam fahren und fie
len auf der Landstraße von einem
Schau-stockt in das andere.
Nie in meinem Leben habe ich so(
viel Schmutz gesehen. Aus dem Wege
Müden und auf den unabsehbarenl
Aeckern Pfützen.
»Lautet RübenackerC ettliirte On
tel Beerbauin, »was Schöneres hast Du »
nie gesehen, der Boden zieht Dir die
Stiefel auö.«
Ich muß gestehen, ich tann mir et
was Schöneres denken. Der Früh
lings-sind wehte scharf ibbet die Ebene, 1
vie Bäume am Wege waren noch tath
wie Besenreiser und außer Krähen und
gaben scheint es hier keine Vögel zu
Der Pachthos ist gar nicht malerisch,
sondetnan g g,epslajstert alle Gebäude!
sind aus rothaen Backsteinen und schnur
ade gebaut, eine Brennerei und eine
Stärkefabrit machen grünlichen Spei
-,tatei iiberall Maschinen und Maschi
nsnbetrieb und die ganze Witthschast
vie ein Uhrwert
. Onkel und Tante find riesig nett, ,(
aber sie haben so viel zu thun, daß sie;
überhaupt nie Zeit haben.
Jch möchte wissen wann sie sich den
höheren Interessen des Lebens widmen
Mir fchwindelt der Kopf, wenn ichs
denke, was ich heute schon alles Neues
gesehen und gelernt habe !
Onkel nahm mich gleich mit in die
Wirthschast.
ch kann jedt Olbewburger van
. igriezliinder Kühen unterscheiden
;und ambauillet von South-down
Böcken
ch weiß. daß Schlempte mit Raps
t das beste Kuhsuttet ist, und baß
Milchvertaus vortheilhaster ist als
Butten-n usw Käsemachen .
Jet- kkuue vie Milch-. vie Spanne-I
und die Kartoffelpreise und könnte die
Konstruktion des neuen Dampfpflugsl
und der Söemaschine genau Geschrei
den«
Jch habe sogar Vesstäudniß sü: viel
Schweinezucht gewonnen! l
Unter einem Schweinestall stellte ichs
mir immer etwas Jürchierliches vor,
aber hier sind sie so sauber, daß man
mit Tanzfchuhen darin gehen könnte,
und die kleinen Ferkel sind vrdenlich
herzig.
Der erste Wirthschafts-Jnspeltor
heißt Bergen Außerdem ist ein junger
Eleve da, Herr Schlieger. Natürlich
uninteressani. Groß, robust und blond
mit einem unglaublichen Appetit
Er soll aus reicher Familie fein und«
schon ein eigenes Gut haben.
Als Onkel mich frei gab nahm mich
Tante in Beschlag.
Sie hatte kurz vorher großes.
Schlachtfest gehabt und ich mußte hel-.
fen Wärfte sortiren und Wurftlistenx
packen fiir ihre Söhne und verheira-;
theten Kinder. »
Sie war fehr lieb, sagte, sie tönnes
gerade solch’ ein Töchterchen wie michs
gebrauchen und sie ließe mich nicht wie- i
der fort. Das fei alles Unsinn, ange- s
gegriffene Nerven und herzenstummer. j
Das täme blos von Bällen und Mit-s
ßiggang Ein Mädchen in meinem Al- s
ter sei zu ganz etwas Anderem auf derl
Welt, sie wollte-es mir schon beibrin-z
gen. Und rothe Backen und gefundenj
Appetit sollte ich bald bekommen. i
Die gute Tantel sie ift ganz vortreff- s
lich. Aber —- sie weiß nichts von de-s
nen, die da» sterben. wenn sie lieben! —E
Es tommt mir wie ein Unrecht, wie!
ein Treubruch vor, daß ich gar teinei
Zeit fand an »ihn« zu denken. i
Den 8. April. H
Jch komme überhaupt gar nicht znrs
Besinnung. Ganz früh muß ich auf-I
stehen und in den Kuhftall gehen, ums
frischgemolkene Milch zu trinken.!
Dann nimmt mich Onkel mit auf eines
Fahrt über die Felder und nach den
Vortoerten. Jch lerne ordentlich Land-i
wirthfchaft dabei. Zu hause warteti
Tante schon mit unzähligen Aufträge-as
und häuslichen Arbeiten auf mich, und1
fo geht es fort den ganzen Tag. l
Küche, hübnerftalL Garten, Land-J
wirthschaft. Bald steige ich mit derj
Wirthschafterin in die Räuchertammer,i
bald mit Tante in den« Keller zu deni
Pbtelfäffern. Ich helfe in der Brüte-«
stube Hennen setzen, schleppe ausgekro-»
chen Kiiten in meiner Schürze herums
und lerne buttetn im Milchleller. Man !
arbeitet und ißt hier den ganzen Tag.
Abends fällt man todtmiide in sein
Bett und schläft, ehe man bis zwei«
zählen kann.
Den 10. April.
»Ich möchte hingehn wie das Abend
roth« —- Aber es ist merkwürdig was
für Appetit und gefunden Schlaf die
Landluft macht. Jch glaube, ich werde
dicker.
« Den 15. April.
Herr Schlieger begegnet mir überall,
ich weiß nicht, ob absichtlich oder unab
sichtlich. Jm Kirhftnc auf dem hof,
in den Feldern, im Garten und außer
dem im Hause bei tden Mahlzeitm. Am
besten sieht er in feinen hohen Stiefeln
mit der Jagdjoppe aus· Er hat hüb
sche blaue Augen und start ist er wie
ein Riese.
Neulich hat er sich einem durchgehen
den Gespann entgegenngorsen und die
rasenden Pferde mit einem Faultgriss
aus die Knie niedergerissen. Ein paar
Schritte weiter und sie wären mit dem
Wagen in die Lehmgrube gestürzt On
kel und ich sahen es aus dem Felde, mir
wurde schwarz vor den Augen« Ein
«Staatslerl!« sagte Onkel. Aber —
was ist rohe Kraft gegen Genie? —
— Henril ich denke Dein, wo ich auch
sein mag, und jener wunderbar seligen
Stunde, wo unsere Geister sich grüßten
und ihre Stammmwandtichast er
kannten — —- vom Stamme Asral —
»Seit jener Stunde verzehrt sich
mein Leib.« i
f »Die Seele stirbt vor Sehnen« —
Und dabei muß-Ich mir die Gürtel
an allen meinen Kleidern weiter ma
chen, schon um vier Gentitneteri Es ist
erstaunlich, wag eine Milchlur vermag!
Den 17. April.
Gestern pflückte ich Veilchen hinter
der Gartenmauer — es war Sonntag
— ungestört wollt-e ich meinem Sehnen
und Träumen nachhängen. Da störte
mich Herr Schlieger, natürlich sehr
unliebsam. Er kann so lustia sein, mir
war gar nicht darnach zu Muth, aber
ich mußte lachen, es war auch ein herr
licher Frühlings-nagen Wir spielten
hernach stundenlana Croquet zusam
men. Er spielt brillant.
Den 24. April.
Lanae habe ich nicht geschrieben
Schreckliches hat sich ereianet. Ich muß
fort! ich will fort, aber Tante will
nichts davon wissen. Sie saat, ich soll
erst ruhig werden und rnir die Sache
überlegen. Sie weiß eben nicht, die
gute Tante — Acht —
Gestern war Onlels Geburtstag unt
er gab all feinen Arbeitern ein Fest, ein
Frühlingsfeft Es war ein Frühlings
tag, swie ich ihn noch nie erlebt. fo warm
und weich die Luft und fo blaugolben
der Himmel. Die Dorfmusit spielte
auf dem großen Rasen-plus im Garten
und Alles tanzte, selbst vie alten Weiber
uni- die Kinder. Onkel eröffnete den
Neigen mit Taute, Alles jauchzte und
lachte und drehte sich um die alte Linde,
die erft ganz kleine Knospenspitze hatte.
Jch weiß nicht, wie es tam, es lag
folch’ ein Frühlingsjubel in der Luft,
es war ein Rausch, sich vergaß Alles
und tanzte und scherzte mit den An
deren.
Aber wie er auch tanzte! Es war,
als flögen wir und er tanzte immer nur
mit mir.«
Jch meine natürlich herrn Schlie
ger.
Ja, wenn ich nur wüßte, wie es kam!
Hinter der Schlehdornhecke war’s.-- Die
war wie beschneit mit Blüthen und
Primeln und Auriteln standen in Bit
scheln im Grase. Jn der Hecke sang
ein Vogel so süß, ich glanbe eine Am
sel.
Da hielt er mich plötzlich in seinen
riesenstarien Armen, an seiner breiten
Brust und ich — ich ließ mich lüssenl
Wenn nur der Vogel nicht gesungen
hätte! ·
Jch glaube, es war ein Zaubervogel,
ich vergaß Alles darüber, ich konnte
nichts denken, als daß seine Augen so
blau waren wie der Frühlingshirnmel
und daß seine Kiisse heißer brannten,
als die Apritsonnr.
Und dann tanzten wir bis in die
dämmernde Frühlingsnacht hinein, bis
die Schatten unter der Linde schwarz
wurden und er Rasen feucht.
Erst später, als er mich seine lleine
Frau nannte und mit Onslel sprechen
wollte, fiel mir ein, daß ich ihn ja nicht
heirathen konnte, weil mein Herz einem
Anderen gehörte, weil es eigentlich
längst todt ist.
« Jch sagte ihm Alles von Henri und
unseren todten Liebe und vom Stamme
Asra, und nun ist das Unglück da.
Nie habe ich einen solchen Kummer
gesehen, —- ganz anders wie bei henri
—- er sagt gar nichts, aber er geht um
her wie verstört.
Und ich sitze in meinem Zimmer und
weine, ich sehe keinen Ausweg, ich will
fort, nach Hause.
Jch habe Henri betrogen, meine Liebe
verrathen und den guten herrn Schlie
ger unglücklich gemacht.
Onkel ist böse und Tante meint, das
sei alles Unsinn. So lange ein Mensch
jung und gesund sei, brauche er sich
nicht übermäßig zu grämen.
Den 26. April.
Welch eine Wendung das Schicksal
genommen hat!
« heute tam ein Brief von Mama mit
der Nachricht, daß Herr Lasleur sich
miobt hat —- mit Frau Agnes hüb
vet
Sie ist Wittwe, zehn Jahre iilter als
er. wiegt zwei Centner und schielt mit
einem Auge. Aber ihr verstorbener
Gatte, der Bankier hübner..hinterließ
ihr eine halbe Million Vermögen.
Die hochzeit soll in vier Wochen sein,
sie reisen nach der Riviera.
-« Seltsam, wie talt mich das Alles
ließ!
Vom Stamme Asra! Er wollte von
dem Stamme sein derer, pie da sterben,
wenn sie lieben!
Jch konnte mich nicht mehr um ihn
grämen, ich wußte mit einem Mal, was
Komödie und was echter Herzen-tum
mer ist! ·
« Jch saß im Gatten mit meinem
Brief, noch ganz versteinert über diese
unerhörte Wenig-seit da lam Herr
Schlieger. Er fah ganz verändert
aus, gar nicht mehr lustig und ganz
bleich.
»Ich komme, Abschied zu nehmen.«
sagte er, »ich will verreiien, aber ehe ich
gehe, frage ich Sie noch ein Mal, wollen
Sie wirklich Jhre Jugend und Ihr
ganzes Leben vertrauern um einer
hoffnungslosen Liebe willen?«
Ich sah ihn an und plöhlich lam mir
der Gedanle an diese «hofsnungslose
Liebe« wegen der zwei Centner schweren
Wittwe so komisch vor baß ich lachen
mußte.
Jch zeigte ihm den Brief und dann
lachte er auch, es klang wie ein Jubel
schrei, wir lachten beide fröhlich und
dann — und dann —
Die Amsel sang wieder in der Blü
khenhecke, um uns duftete und rauschte
nnd leuchtete der Frühling.
Schnell gesaßi.
Junge Frau: »Was will denn dieser
Soldat hier in der Küche, Anna?«
Anna: »O, gnädige Frau. der isi in
Civil Koch, von dem können wir Beide
—- noch viel lernen!«
Dle Vermittlung
.......,-.
»Den Doliok, bitte zu Tische!« rief
die Beim zur halb geöffneten Ter hi
nein.
»Alle- pack Deine Bücher zusammen,
Emil,« sprach, sich erhebend, der Ange
rufene, ein junges Studentchen mit
großer Brille und leise sprossenbem
fSchurrbarh »und lomrn’ jetzt zum Es
en.«
Der kleine Emil, Schüler der ersten
Vollsschulllasse und unverbesserlicher
Schlingel, that ausnahmsweise einmal
willig wie ihm geheißen ward. Diniren
ging ihm eben noch über Stubirerr.
Wie vie Beiden ins Speisezimmer
traten, saß Frau Ellin, die herrin des
Hauses, schon an der Tafel.
»Bitte here Dotier, nehmen Sieg
Platzf sagte sie tin-d wies ihm dens
Stuhl zu ihrer Rechten —- sie selbst saß«
an dem einen Ende des Tisches —- und
Du, Emil, seh Dich hierher« — sie
schob ihm den Stuhl zu ihrer Linien.
Langsam ließ sich Klein-Emil nieder,
nicht ohne zuvor mit seinen schmuyigen
Stieseletten der Mutter Kleid malträ
tirt zu haben.
»Mein Mann wird heute nicht mit
uns diniren,« fuhr Frau Ellin zu dem
jungen, blonden Hauslehrer gewendet
fort. »Er ist geschäftlich verhindert.
Er wird heut« ausnahmsweise im Re
staurant speisen. Wenigstens wird
ihm da der Unterschied zwischen der
vielgeschmähtm Haustiiche und dem
hochgepriesenen Gasthausgebriiu hof
fentlich wieder einmal klar werden.«
Mit einem leichten, totetten Seufzer
tam’ s heraus: »Ja diese Ehemänner!«
Nicht wahr? . «wandte sich mit
einer so plöylichen bestätigeniden Kopf
bewegung, daß Frau Ellin förmlich er
schrack, der blonde Jüngling ihr zu.
Sie sing an zu lachen: »Was wissen
Sie davon?«
Er wurde ganz roth und verlegen.
»Jch,'· stammelte er, »ich — aber gar
nichts. —- Jch meinte nur so.«
»Na, nai« hegütigte sie mit einem
sreundlichenLächein und drohte ihm ne- »
aisch mit erhobene-n feigesingen Sie
hatte längst herausge unden daß sie sj
diesem lieben stillen Jungen »ange
than'«, und immerhin geschmeichelhi
unternahm sie natürlich nichts. die klei
ne Jugendduselei zu ertödten. I
Nun kam die Suppe. Frau Ellin«
erhob sich und siillte dir Teller. Zuerst
dem Doltor, dann Emil dann sich. s
Der tleine Gourmand besah sich das
das dicke, braune Gebriiu mißtrauischi
von Seiten j
»Was für Suppe ist das, Mama?«:
inguirite er
»Jß nur, Du wirst schon sehen.«
»Nein! Jch will nicht. Das ist
Kartoffelsuppe —- die ess« ich nicht!"
Und er schob den Teller schmollend
sort i
.,,Nun
mein Junge,« sagte Frau Ellin mit
Mtziickender Energie und sthe sich;
ruhig nieder, «dann kriegst Du heute
einfach gar nichts « s
Den kleinen Finger der linten Hand;
im Mundwintel, die Rechte weit vonj
sich aus das Tischtuch gestreckte. mit
rollender Miene blickte der unverbes- I
setliche tleine Trohtops von der SeiteI
zu seiner «Mutter aus. s
Die schien ihn gar nicht mehr zui
sehen, widmete sich ganz der Suppe unds
der Unterhaltung mit dem schwärmeri
schen Philosophen.
»Nun, giebt es etwas Neues in der
Zeitmng?« fragte sie.
»Oh, massenhastt Drei Morde, vier
Kasseneinbriiche urrd von iden Thätern
natürliche teine Spur. Die Reporter
hatten einen guten Tag."
«Was sind das, «Reporter"?« ließ
sich der tleine Emil da mit weinerlicher
Stimme heraus vernehmen.
»Ab, das sind Leute, die von Allem
Notiz nehmen,« lächelte Frau Ellin ver- s
ständniß suchend mehr zu dem Doktor
als zu dem net-gierigen Frager.
Sie wußte nicht, was sie damit an
richtete, die klein-, hübsche, schwarz-,
iiugige Frau. msit diesem häufigeni
«nur für ihn« sprechen, mit dieser ganzi
gedankenlosem harmloj gemeinten,
gliyernden Koletterir. Dieser blasse
»Dritter« verlor darüber sozusagen die
Besinnung, liebte höchst ernstlich und
wähnte sich wieder geliebt, gerieth in
einen förmlichen Taumel. Wie sehnte
er sich nach der Gelegenheit, ihr sagen
zu können, »was sie ihm sei.«
»Was bringt denn die Zeitung sonsti
noch?« unterbrach Frau Ellin seinen
Gedankengang. ·
»Nicht viel. Bälle, Feste, Soireen.«
»Sonst nichts? Ah das ist langweilig:
in »der Beziehung bin ich Socialdemo
tratin. Ich bin zwar teine Feindin
der Gesellschaft, aber um so erbittertere
Feindin der Gesellschaitm.«
Bewundernsd sah der «Dottor« zu
ihr aus· Er wurde fast zornig, als ihn
die Betty jetzt durch ihren Eintritt
störte. Sie räumte die Suppenteller
ah trug mitdet s—
und htå te das Fleisch, - «
Mel-braten. Der hethesss
breitete sich aus stieg ga
ver-lockend dem kleinen E :
se, dem nun seinEeihgetickjt sc .
doch so setn stand. Denn et sic, ,
m: t Mama war nicht gut Messe-Use
sen, wenn man sie geärgekt .
schweige denn Rehriickeni
sternen bitterbösen Blicken folgte der
junae Sünder den Vorgä
nun abspielten: wie der Mm«» aus
Mamas Aufforderung ein recht
angebtäuntes sastiges Bka ck sich
auf den Teller legte, wie Mama selbst
so recht tüchtig einhieb, als wollte sie ihr
Söhnchen schon so statt als möglich
reizen und wie sie nicht die mindesten
Anstalten machte, auch seiner nur zu
gedenken.
Der Doktor fühlte ein menschliches
Rühren.
»Aber Emih so bitte Mama doch um
Verzeihung; dann wirst Du ja gewiß
was belommen.«
»Ach, lassen Sie ihn nur« Herr Dol
tor, bei dem ist Haufen und Malz ver
loren. Dazu hat er ja einen viel zu
grofzen Trotzdpr
Der kleine Emil riihrte sich nicht.
Da befiel den »Doktor« plötzlich ein
Zittern. Es flimmerte ihm vor den
Augen. Er wurde wechselnd blaß und
roth. Denn ein Gedanke hatte ihn jiih
durchzuckt, ein seligen glückverheißem
der Gedante: »Die Gelegenheit . das
ist die Gelegenheit!"
»Emil, nun?'« fragte er mit beben
der Stimme.
»Nein!« wies der energisch mit ei
nem Ver-ziehen des Mundes und einem
unwilligen Zurückwerfen des ganzen
Obertörpers ab.
Da hielt es den Dattor nicht länger.
Schon war er Frau Ellin zu Fäßen
und schon begann er, erst stotternd und
aufgeregt, dann aber in fließenden, lei
denschaftlichen Tönen:
»Einil, Deine Mama willst Du nicht
um Verzeihung bitten? —- Sie zu —
ich will Dir’s zeigen, wie Du’·s zu ma
chen hast — sdann wird’s Dir leichter
fallen, hörst Du? —- Du Liebe, Du
Gute —- mußt Du sagen; sei mir nicht
böse, verzeih mir —- mußt Du sagen;
ich hab’ Dich ja so lieb, so über alle Ma
ßen lieb —- rnufzt Du sagen; ich werde
Dir gehorchen wie ein Sklave und wer
de thun, was ich Dir an den Augen
nur absehe. Aber sei nicht böse und
verzeih mir —- muszt Du sagen; und
gieb mir einen Kuß auf die Stirn —
rnußt Du sagen; zum Zeichen gieh ihn
mir, daß Du mir nicht grollst, Du Lie
be, Du Süße, Du Gute —- mufzt Du
sagen. — Und Du wirst sehen, sie wird
nicht »nein« sagen, sie wivd das Zeichen
Dir gewähren; ich weiß es, ich kenne
sie, sie ist ja so sanft, so gut ist sie, so
herzenö-, herzensgut.«
Der lleine Emil stand mit offenem
Munde und aufgerissenen Augen da
und wußte nicht recht, was der auf den
Boden Hingestreckte von· ihm und von
Marna eigentlich wollte. Frau Ellin
aber hatte den jungen Verführer so
fort durchschaut. Sie war einen Mo
ment lang ganz sprachlos. Rasch aber
fand sie ihre Fassung wieder. Ein selt
sames Zucken ging urn ihren feinen,
sammetweichen, purpurrothen Mund,
untd ·dann erwiderte sie mit einem hellen
Tone, aus dem ein unterdrücktes Ki
chern klang
,,Und was ich ihm darauf anworten
werde? —- Das mag schon Alles sein-—
werde ich ihm sagen; aber den Kuß
kriegst Du doch nicht« mein Junge —
werde ich ihm sagen. Du hast Dir viel
zu viel herausgenommen —- werde ich
ihm sagen (und dabei blickte sie sest in
des Studentchenö schimmernde Blau
Augen); verzeihen swill ich Dir zwar
diesmal noch — werde ich ihm sagen;
weil Du ja sonst ein ganz kluger, bra
ver Jsunge bist, und weil Du mich wirt
lich ein bischen gern zu haben scheinst.
Aber laß es Dir nie wieder beifallen —
werde ich ihm sagen —- noch einmal et
was Aehnliches zu thun. Denn sonst,
weiszt Du —- werde ich ihm sagen
musz ich’s schon dem Papa erzählen —
werde ich ihm sagen —- und der, weißt
Du —- werde ich ihm sagen —- versteht
in solchen Dingen bekanntlich teinen
Spaß. Und so —- nun steh’ aus, mein
Junge und setz’ Dich wieder aus’Dei
nen Platz — werde ich ihm sagen.«
Eine jähe Blässe bedeckte des armen
Doitvrs Gesicht, mit einem scheuen
Blick erhob er sich und während der
ganzen Mahlzeit saß er ganz stumm
und gedrückt. Aiber es waren höchst
sinstere Gedanten, die seine junge Stirn
durchzogen. Gedanken von Frauen
trug und Frauentiicke, von gut-engen
Sirenen, die höhnisch lächelnd, ar o
sen Fischern, die sie angelockt, den Un
tergang bereiten · . . und mählich
reiste in ihm der seste Entschluß, nach
dieser tristen »Ersahrung«, die ihm
sichern Einblick in die teuslichen Ge
heimnisse weiblicher herzlosigteit ge
- r A Nivan
Weib«in·dieÆ n «
s ken. . Rose-f
Tafeln-enden am Kansas-.
Jn den »Katholifchen Missionen et
zählt Pater Detten etwas über die
mannigfaltigen Gaben, welche am
Kongo die Tafel beut: »An eigent
lichem Wild findet man nur Holztam
den« Turteltauben und einige Anti
lopen. Eines Tages hatte ich jedoch
mehr Glück: auf einem Baume saß ein
dicker Affe. welcher seinen Bart gerade
pflegte. Eine Patrone No. 0 holte ihn
herunter. Anfangs zögerte ich, ihn
auj meine Schultern zu laden, so groß
war fein Gewicht, inde ssen dachte ich
als Abwechslung jei er doch nicht zu
verachten bei unferen täglichen Gerich
ten: Huhn und Ziegenfloisch Mit nur
wenigen Ausnahmen thaten die Tisch
Hgiiste der Station dem Braten Ehre an.
Das Ragout stand noch auf dem Ti
sche, als, von der Reise auf langer Ka
rawanenstrasze, ermattet, drei neu von
Europa eingetroffene Asgenten anlang
ten und mit wahrhafter Gier über die
sen »tostbaren hasenpfeffer«, wie sie
es nannten, herstelen. Man ließ sie
gern in ·dr.-m Glauben, als man ihren
Appetit und ihr Behagen sah. Der
Erste, der sich endlich genug gütlich ge
;than, fragte, ob man viele Hasen in der
sEbene habe. Ein homerisches Gelächter
swar die Antwort. Aber um die Her
ren zu überzeugen, daß es wirklich Affe
und nicht Hase gewesen, was sie ver
speist, mußte ihnen erst ’der Kopf des
Wildes vorgezeigt werden. Einer
sprang darauf sofort auf und suchte
das Weite —- aber es wird sich schon
machen mit der Zeit.
So giebt es hier noch mehr Lecker
Ibissem vor denen man anfangs freilich
zurückschreckt. So ist das Flußpferd
beispielsweise ein ungeheuerliches Thier
und von vollendeter Häßlichteit. Aber
sein Fleisch ist vortrefflich, wenn es sich
nicht gerade um ein zu altes Stück han
delt. Selbstverständlich ist so ein Pa
triarch von hundert Jahren zähe was
Thier, das nur langsam wächst, er
reicht ein hohes Alter), aber das Filet
eines jungen Thieres ist so gut, wie das
beste Rindsleisch Die Fuße, erst ge
tocht, dann in Zwiebeln gestovt, ge
ben ein Gericht, das die Neger Matoto
nennen und in welches der Weiße, wenn
er es einmal gekostet, sich oernarrt.
Vom Flußuferd zum Elephanten ist
kein großer Schritt. Auf der fran
zösischen Mission in Brazzaville hatte
ich einmal Gelegenheit Elephantenriis
sel zu essen. Der Gastronom Brillat
Savarin hätte sicher die Reise nach
Afrita gemacht, wenn er »dieses Gericht
gekannt hätte, um dardn einmal nach
Herzenslust sich zu laben. Leider ist die
Vorbereitung des Genusses etwas um
ständlich. Zunächst wird im Boden ein
Graben gemacht, den man nrit Holz
tohlen ausgiiiht. Jn die noch glühende
Grube wir der Rüssel gelegt, mit Ba
nanenbliittern, einer Lage Sand und
Kohlen bedeckt, die rnan vierundzwan
zig Stunden lang in Gluth halten
muß. Auch der Hrolodilschwanz, lan
ge Zeit gekocht und dann in Butter ge
braten, ist —- ich spreche aus Erfahrung
—- nicht zu verachten.« Wen gelit
stets-W
WO ... — .. —
S i a m m b u ch.
Du blühsi wie eine Rose,
Und trinisi sehr gerne Thet,
So daß ich Dich Ihrr-eh
Mehr als Theerofe feh’!
D a s 3 o l la m i.
Mes« Geiirough: »Nein, diese ameri
knssschen Zölle werden ganz unausstelp
i .«
? Mr. Gettrough: »Wiefo, meine
»Thenre?«
J Mrö. Geileough: »Mit haben die
Beamten sogar meine Geduld taxirt.«
.
Vom Kasernenhof.
Korporah »Wie die Kerle wieder
schief und krumm dastehen. Schärnt
ler?.Euch nicht vor Euren Sud-tra
SM s«
A bsw e h r.
Sie: »Ich glaube. Du heirathen mich
nur, damit Du mit meinem Geld Deine
Gläubiger befriedigen sann-fu«
Er: «Un«smn; so sehr liegen mir
meine Gläubiger sur nicht am Her
zen.«
Hühner Schluß.
Junge Frau: »Nun, wie schmecken
die Klöße?«
Mann: »Mir sind «sie nicht locker ge
nu .«
» staut »Daß Du doch Deine Vorliebe
fu« Lockere nie verleugnen lannsti«