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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 12, 1896)
«Er lebt noch —- rnsbin ist Rettung Wust-B sagte einer der Zinnen »Müller——Ireunv!« sagte der Schä fer, sich iilrer ihn beugend. »Wie ist'z mit dir?« »Meine mich anfi« erwiderte der Jä ger mit leiser, todesmatter Stimme. Korn, fast weinend vor Schmerz, stützte ihm den Obertörper. »Eh’ ich sterbe, will ich’s dir sagen«, fuhr der Jäger mit letzter Anstrengung sort; »ich -- bin Ludols Brennecke. Nun hab’ ich’s gesiikjnt — ich sterbe — « für bich!« Das waren seine letzten Worte. Er röchelte, ein Blutstrom drang aus sei nem Mund, und mit einem halblauten, marterschiitternden Schrei verhauchte er seine Seele. »AllmächtigerGott, welche Fiigung!« murmelte Korn voll Schrecken und An dacht. »Er war einst im Leben mein bitterer Feind und ist als mein tapferer Freund gestorben!« »Mir-de seiner Seele!« sagte der Oberschäser, und alle sqlteten stumm betend, ihre Hände Jetzt näherte sich, von einem einzel nen Mann geleitet, eine weibliche Ge statt »Oh, da seid Jhr!" rief der Ober fchäfer »Wir konnten so rafch nicht mit«, er widerte der antomrnende Mann. Der Oberxchäfer nahm die Hand fei ner Begleite n und führte sie zu Korn. »Mafter Korn« sagte er, »dieses mu thige Mädchen traf ich auf der Station; sie wollte sich’s nicht nehmen lassen, sich uns anzuschließen, um Euch zu fehen.« Jch vermuthe, sie hat Euch was wichti ges zu bringen.« Der Schäfer fah dem Mädchen in’s Gesicht. « » »Helene!« rief er mit freudiger Be troffenheit »Ja, ich bin s«, erwiderte sie, ihm ihre beiden Hände reichend. »Ich kom-; me als Botin, wie ich es deinem Vater versprochen habe. Er ift voller Freudes gewesen über deinen Brief Nun soll ich dich heimholen, und —- und Vaters still deinem Glück nicht mehr entgegens ein »Unserm Glück?« rief Korn mit Be-s -tonung. s »Ja, unserm Gliiä, « antwortete dass Mädchen leise. s »Gottes Segen iiber ihn!« jubelte Korn. »Endlich, endlich erldfi! Und siehe Oele-ne, hier liegt er, der Dichs einstmals von mir wendete, Ludolfs Brennecke, der sterbend mein Freund geworden ist. So hat Gott alles glück lich und leiddoll zu Ende geführt. Wir müssen uns seinem unerforfchlichen Nathschluß fügen.« helene war durch den Anblick des Todten tief erschüttert aber Wilhelm Korn zog sie hinweg. Drei der Männer wurden von dem Oberfchäfer angewiesen, die Bewachung der Heerde zu übernehmen und den Todten sammt seinem treuen Pluto zu begraben. Die treffliche Waffe und der Inhalt des Rudfackes desselben fie len ihnen zu Mit den übrigen lehrten Wilhelm Korn und seine wiedergefundene Ge liebte nach der Schäferstation zurück, um von dort aus am nächsten Tage die Reise nach der deutschen heimath in sgliicksetiger Stimmung anzutreten Vom Alter gebrochen und verein sammt, hatte Wilhelm’s Vater feinen harten Sinn aufgegeben, und er fühlte sich glücklich, feine letzten Lebenstage dadurch derschiinern zu können, daß er die Liebe seines einzigen Sohnes feg nete. -—— Os Tie Genesung Von It. A. Bei-neun Autorisirte Uebersetzung aus dein diiuiiiichrn von G. Manch Am Ufer eines von Bergen einge schlossenen See’s stand ein schmuckeg Geißhaus-. Die breite Terrasse, die in den Garten hinab führte, das iotette Thürmchen mit der Wetterfahne, der reinliche Hos, wo der goldfarbige Dahn sherunistolzirie, umgeben von etwa zehn Nasschiihnem, ——- alles dies war so friedlich, so einheirnelnin dass der vor übergehende Wanderer unwillkürlich stehen blieb unb, unfähig der Versuch ung zu widerstehen unter diesem fried lichen Dach fein Haupt niederzulegen, nnr Eintaß läutete. Die Besitzerin des Gasthauses, ein junges, hübsches Weib, führte ihn in ein geräumiges Speisezimmer, wo sich ver Geruch der Küche mit dein Duft frisch geschniitener Veilchen mischte Es war ein junger Frühlingstag. Auf ben Bergen lag noch der Schnee. im Thale jedoch lebte unter den Strah len der Frühlingisonne die Natur be reitö wieder aus. Die abgezehrten Sträucher reckten sich nach dein can-gen «Winterschlaf niti ihren zarten Zwei iqen. hier und da sprangen schon die Knof n auf, unid die Blättchen streck ten in der Sonne aus. ,, ie schön ist es doch hieri« DetJ Meiner-Mann konnte es sich nicht ver-’ sagen, der Besitzerin dieses friedlichen! Stückchens Erde sein GlücköempsindenH mitzutheilen. »Ja.« - ; Die es »Ja« kam aus ihrem Munde mit einem Seufzer. Augenscheinlich war das junge Weib, so schön auch die äußere Ausstattung ihres Lebens war. bei Weitem nicht glückt-ich. ; Der Wanderer erfuhr bald die Frau-s rige Geschicht-n Maria war das fänftej Jahr verheiratheL Sie hatte sich ins einen ous demselben Dorfe stammen den jungen, hübschen Menschen ver liebt uwd ihn geheiratshei. Alles auf» der Besitzung war ihr Eigenthum, sie: hatte dieses Gasthaus mit Wiesen und Aeckem ais Mitgift in die Ehe gebracht.4 Sie hatte fröhlich und guter Dinge ie- ! bgn können. s Aber das Schicksal fiigte es anders. i Peter, der Gatte der Maria, hatte zu! früh zu leben angefangen. Die Wir-s tur hatte ihm ein gar zu feuriges Trin- - parament gegeben, ein gar zu lebendiges » Blut. Früh war ihm der Vater ge-; storben; die Vorstellungen und Bit-; ten der Mutter waren fruchtlos; er trank und führte ein ausschweifeirdes Leben. Sein schmuckes Aeußere ver schaffte ihm bei den Frauen große Er folge —- ieht mußte er dafür büßen. : »Wir waren zwei Jahre verheira thet « so erzählte Maria, »ich konnte mich nicht über ihn beklagen —- nie iräntte er mich. . immer war er ruhig und höflich . . . aber trank. Wir gingen zu den Aerzten, man verschrieb ihm Medizin . . . Aber wer hätte das erwartet!« i Das junge Weib wischte sich schnell die niederrollende Thriirie ab. i »Seht hierher, in welchem Zustande er sich befindet! Und so schon drei Jahre lang.« Jm angrenzenden Zimmer lag auf einem Rirhebette der Gotte Marias Das schöne Geiicht war ruhig die gro ßen braunen Augen waren weit geöffnet und blickten theilnahmslos »Was fehlt ihm? Leidet er?« fragte im Flüsterton der Reisen-de, dem das herz brechen wollte, dieses junge, schö ne Wesen in einer so unglückselige-n La ge zu sehen ,:Nein, die Doktoren sagen, er leidet nicht —- er mertt nichts, wie ein Kind . ihm ist sogar, so versichert man mir, wohl . · . aber ich! Berzeihen Sie, wenn ich mir ertaiibte, Ihnen inei )nen Kummer mitzutheilen, aber es ist zu schwer ihn allein zu tragen . . Manchmal fast unmöglich« Sie sehen so gütig aus. « « Der Wanderer war glückselig, daß er der jungen Frau ihr Leid erleichtern konnte. Er wußte aus eigener Erfuhr-» ung, daß nichts den Kummer so mit-s dert wie forschende Fragen, nicht Frei-; gen leerer Neugierde, sondern aufrich-« tiger Theilnahme i Maria erzählte ihm, wie jene Krani- J heit anfing, —- allmälig: »Sie begann mit fürchterlicher Zerstreutheit Schwinden des Gedächtnisses, schliefz »lich tain völlige Entlräftung. die in Geistesverwirriing überging. Als der Fremde in sein Zimmer ging, lächelte Maria ernst und sagte: »Es ist heute seit drei Jahren das ierste Mal, daß mir leichter ist. Jchl ilebte gleichsam wieder auf» leer Hie seufzte tief auf: »Morgen gehen sie »wieder fort und ich bin wieder allein lmit meine-in Kumiiiserf i l »Nein, ich gehe nicht mqrgen fo:i,«; schrie der Fremde sast. »Ich bleibe bei Ihnen, ich werde hier wohnen, ich werde mir Mühe geben, Sie zu trösten . sWir gehen zusammen zum Doktor, in zdiesem und zu jenem . . . Sollte sich bei einem Manne in diesen Jahren ei Gesundheit nicht wielder zurückruien F«lassen?! Wäre er ein Greis, aber in diesem Lebensalter . . .!« Er tonnie lange nicht einschlafen Er dachte darüber nach, swie er das jun- « ge Paar wieder glücklich machen tönne,: wie er im Rothsalle selbst dem Kranken · dienen könnte. Zugleich mit diesem Gedanken tam ihm ein anderer, den ers mit aller Gewalt zu vertreiben suchte.; Der Schlaf hüllie ihn wie in dir Form? einer phantastisehen Vision ein; wein-· derbare Bilder des erwachenden Früh- » lings, der sanstmiithige Blick der dul denden Wirtshin erschienen ihm im Trauene, so daß er beim Erwachen ent- , schlossen war, seine Stelle als Trösters auszugeben und so bald als irgends möglich von dem Gast-hause zu scheisj den« das so sriedlich zwischen den Ber gen lag, von der Terrasse, die aus be quemen Stufen in den Garten hinab siihrte, und von Derjenigen, welche eini hartes Geschick gerade da in Leid ge stürzt hatte, wo man nur unendlich glücklich hätte sein können. »Wie haben Sie geschlafen? «sragte. sie ihn wie einen alten Bekannten aml andern Morgen. , Sein Entschlusz gerieth mit einem sMale in’s Wanken Er nahm sich vor, inoch einen Tag zu bl«.eiben ! ,,Nur bis morgen, « sagte er fich; Inicht länger.« - Es verging eine Woche, die zweite, doch unser Freund dachte durchaus noch nicht an Aufbruch, oder richtiger, er dachte daran, aber konnte sich nicht dazu entschließen - Er besuchte den Doktor, aber mehr ’zur Beruhigung seines Gewissens, als iwie damals infolge ihrer Erzählung. Der Doktor erzäihlte ihm dasselbe, was alle Aierzte schon Maria gesagt hatten: - »Die Krankheit ist unheilbar. Der Kranke befindet sich in einem Zustande völliger Nervenzerriittung Er leidet nicht, weil jede Verbindung zwischen den Nerven und dem Centrum ihrer Thätigkeit, dem Gehirn, unterbrochen ist . »Er ist selbst schuld daran, « dachte er, und dieser Gedanke trug gegen seinen Willen den Charakter der Schaden »freu«dc. - Der Flieder blühte. Jrn Garten, auf den Beeten blühten die Hhazinthen usnd Narzissen, der Schnee schmolz auf »den Bergen, und die grünen Abhange belebten Heerden von Ziegen, vorn Morgen bis zum späten Nachmittag er ftönte auf den Bergen das Konzert ihrer Thelltönenden Glöckchen. I Maria war wieder froh und totett. thre blonden Haare schmückte beständi Iirgnd ein Blümchen, oft ein Strä chen Vergißmeinnicht welche der Haft lfiir sie von den Gartenbeeten zu sam jmeln pflegte. ,,Wollen Sie, daß ich Ihnen irgendl etwas vorlese?« schlug er ihr einess Tages vor. Er war nicht völlig Herr über sich. Das Gespräch stockte . . . Er und Maria waren asn diesem Abend wie gewöhnlich zerstreut. Maria sagte: »Ja«, und er begann aus dem ersten ihm in die Hände kom menden Buche etwas zu lesen. I Sie hörte kaum hin und dachte sogar lau-m daran, daß er überhaupt las. »Nein, ich kann nicht . . . ich weiß nicht, was heute mit «n1ir ist,« unter brach er plöhlich sein Lesen. I Sies wieg. - »Es it so schwül hier; wir wollen aus die Terrasse geben« Er zog sie beinahe mit seinem star ken Arm aus dem Zimmer, wo sie bis jdahin saßen, und wo aus einem Sopha lPeter ruhte I Aus der Terrasse war es entzückend: fEs war eine wunderbare Mondnacht, die Lust swar tiihl und dustig; zum ELichte des Mondes gesellte sich das Flimmern der Sterne sdie weithin sicht ibaren Lichter der Btsghiitten und die shald leuchtenden, bald verschwindenden Feuerpiinltchen der Gliihwiirmchen Z »Mutter . . . i Sie horcht . . . Sie steht wie nn ter der Macht der Hypnose, sie geht nach deb Siena von welcher der Laut kann. i Derselbe Laut immer näher und im-’ ;mer verständlicher siir sie. s »Maria, ich liebe Sie . . .« l » Sie kann sich der starken Umarn.ung nicht entziehen und erwidert den lei denschaftlichen Kuß mit e: nem ebenso feurigen. ; Aber da plötzlich ertönt eine andere Stimme durch die nächtliche Stille: »Maria!" Das konnte nicht sein! Sie mußte sich geirrt haben . . . »Maria, noch bin ich nicht tadt,« hört sie ganz nahe an ihrem Ohre, und ein anderer Arm entreißt ste aus der verbrecherischen Umarmurrg. Blaß, mit vor Zorn entstelltem Ge ficht stand Peter neben ihr Wo sich die Kunst der Aerzte macht los erwiesen hatte, führte die Macht der Natur die Seele-Umwandlung die Heilung herbei. --.-— . .. .. —..—-——— Kein Vergnügen mehr. Der groß-e Chiruvg K. ist Hypochond:r. »Mir macht nichts tnsehr Freude,« san-te er eines Tages zu einem Berussge11-)ss sen, »nicht einmal mehr das DIE-schnei den eines Armes oder Beines." — -- sofo— -———-»»— P e ch Junger Arzt: »Ich habe doch schau derhastes Pech; gestern wurde ich zu ei nem reichen Herrn gerufen, der schtimm erkrankt war . . .'· Bekannten »Und heute stsrbt er schon?« Junger Arzt: »-Bewahre; gesund geworden ist er schon wieder!« — O »O O Mißverstanden Der kleine Ernst ist unarttg gewesen und hat sich, als er Mama mit dem Stocke nahen sieht, unter das Bett ge slüchtet. Der Vater will ihn hervor holen. Vater (unter das Bett kriechend): »Da bist Du ja!« Emtl (slttsternd): »Ja, Papa, will sie Dir auch was?« Das Lachtiiubchen. Da war er nun wieder daheim, nach dem er sich zehn Monate im Orient herumgetrieben. Das war eine neue, herrliche, farbenptächtige Welt, in der sein Künstkerauge geschwelgt und die er auch jetzt in bunten Bildern an sich ooriibergauieln sah, während er auf dem Didan lässig hingestreckt lag und in die kleinen Rauchringe seiner CigarJ rette starrte, die sich zur Decke empor träuselten. Nun wollte er doch eine Zeit lasng rasten, seine Skizzen unsd Entwijrfe sichten und dann wie-der mit frischer Kraft an die Arbeit gehen Mit frischer Kraft! sagte er halblaut er hob sich, wandelte eine Weile im Atelsier aus und ab und blieb endlich vor einem benetianischen Spiegel stehen, der iiber dem Disvan hing. Er musterte sein Ebenbild mit prüfenden Blicken: eine schlanke, kräftige Gestalt, das Gesicht ein wenig verlebt, aber immerhin von ferner interessanten Blässe, die den Frauen so ausnehmen-d gefälli, ldie dunklen Augen noch jugendlich sprüh end und gar erst der Bart! So schön gewellt, so glänzen-d schwarz, so weich! lEin echt orientalischer Prophetenbart! »Für einen alten Knaben von nahezu vierzig Jahren,« sagte er selbstzufrieden lächelnd, ,,siehst Du ja noch merkwür dig jugendlich und wohllonservirt aus mein lieber Fritz, tin-d da es Dir bist nun Gottlob an Glück bei den Weibern nicht gefehlt hat, so dürfen wir wohl hoffen, daß dieses Glück noch eine ge-’ raume Weile vorhalten werde. Frei-» lich Er hielt in seinem Selbst-) gespriich inne. Eine Falte furchte seine .3tirne. Er wendete sich hastig um und Itoars sich muthig auf einen Lehnstuhl jliin Seine gute Laune war jählings verflogen. ,,’5reilich«, klang es weiter in ihim,« »waren es lauter brüchige Tugenden, die Du erobert, es waren lauter leicht geschiirzte und leicht gelöste Liebeleien, wie sie der Tag brachte. Das erste Mal aber, da wirklich etwas von jener Liebe in Dir auskeimte, von der die Dichter singen und sagen, ließ Dich Dein Stern im Stich. Ob sie wohl während Dei ner Abwesenheit an Dich gedacht hat?« Er stützte das Haupt auf die Stuhl lehne und blickte sinnend in’s Leere. Ein Bild taucht, licht unld klar, vor ihm auf. Ein junges Weib! Es war ein Jahr her, daß er sie kannte. Er hatte sie auf der Straße gesehen und ihr Anblick hatte ihn srasppirt. Sie war nicht auf sallend schön, aber es lag etwas Weiches, Mildes, Verträumtes aus ih ren bleichen edlen Zügen. Und dann ihre Augen! Diese blauen, tiefen, leuchtenden Sterne! »Wenn ich dieses Antlitz«, so slog es ihm durch den Sinn, »ein wenig idealisire, dann habe ich ja jene Masdonna, die ich malen wil .« Es war also zunächst ein künstlerisches Motiv, das ihn bewog, ihr zu folgen. Und während er einige Schritte hinter ihr dahin wanderte, musterte er sie mit wägenden Blicken: eine schlau-le Ge stalt, die Formen von jugendlicher Fülle, die Kleidung von ärmlicher Ele »ganz, das Schuhwerl sogar etwas de erci. Also eine arme Frau! Vielleicht jgar noch ein Mädchen, eine Verläuse irin, Kassiererim Probirmamsell oder dergleichen! Da durfte man ja wagen, sdurch irgend eine banale Frage sofort kein Gespräch anzutnüpfem Er wagte es auch, erhielt jedoch keine Antwort. Das schreckte ihn nicht ab. Er folgte ihr aus Schritt und Tritt, bis sie in ei nem Hause verschwand. Nun wußte er, wo sie wohnte. Er wußte bald noch mehr. Ein Gulden löste die Zunge desl Hattssmeisters. Da erfuhr er, daß dies junge Frau Marise Huber heiße, ims vierten Stock wohne, daß sie seit zwei Jahren oerwitiwet sei, daß ihr Mann ein Privatbeamter gewesen, daß sie ein vierjährige-; Töchterlein besitze und daß sie sich als Klavierlehrerin ehrlich und kümmerlich durchs Leben schlage. Und ein glücklich-er Zufall sügte es, daß ge rade im vierten Stock ein Atelier zu vermuthen war. Das bezog er einige Tage später. Und so kam es, daß Fritz Berg-er der Nachbar einer jungen, stil len, scheuen Wittwe wurde. se sc Il· Er begann sogleich seine Künste spielen zu lassen. Schon am ersten Tage, sdsa er sein neues Heim bezogf stellte er sich der jungen Frau, als er sie im Gange traf, vor und bekundete in überschwenglichen Worten seine Freude darüber, daß es ihm nunmehr gegönnt sei, unter demselben Dache mit der schö nen Unbekansnten zu shausen, sdeden An blick ein lang nachhallendes Echo in sei nem Herzen geweckt. Diese Süßholz raspelei versng zwar nicht. Die junge Frau beantwortele seine enthusisastische Vegriißung mit einigen kühlen Worten, aus denen soqar eine leise Jronie her vorklang. Aber die Bekanntschaft war eingeleitet, die indeß, so sehr er sich auch in der Folge sdurch liebenswürdige Zuvorkommenheit und zarte Aufmerk samkeiten mühte, zu keiner wärmeren Freundschaft gedeihen wollte. Da suchte er fich durch ein neues und, wie er glaubte, unfehlbar-es Mittel den Weg zum Herzen der sprö'den Frau zu.bah nen. Er begsann ihr Lottchen an sich zu locken: ein frisches, rosiges, stets lachen des Mäderl Ein iwahres Liachtäuh chen, der verhätschelte Lieblin des gan zen Hauses-. Er errang Lottchen’s ;Gunft. Das Lachtäubchen erschien so .ga-r hin und nzieder in seinem Atelier. zDann mußteersdem KinsdeHäuschen aus JPapier bauen otder aus Teig Kätzchen modelliren oderMärchen aus einemBil derhuche vorlesen und wunderbare Ge schichten vom Schneiderlein Fips, die er eigens für das Lachtäubchen ersann, zum Besten geben. Mitunter brachte Lottchen ihr Hottopferdchen ins Atelier. Dann gab es ein rechtes Halloh und der alte Knabe lachte und ultte mit dem ;Kinde um die Wette Nachdem die Be wziehungen zu Lottchen so weit gediehen jwaren, hielt er den Zeitpunkt gekom ;men, um mit einer freundlichen Bitte san die junge Frau herausriicken zu dür ;er Ob sie nicht zu einer Madonna, »die er zu malen beabsichtige, in allen Ehren und gegen ein reichliches Hono "tar Modell stehen wolle? Da kam er Iasber schön an! Die junge Frau war iiber diesen Antrag förmlich entrüstet. ; Sie schaute ihn mit einem Ilansgen Blicke tan, nahm Lottchen bei der Hand und teilte mit dem Kinde »aus dem Atelier ihinauz Seither erschien sauch das lLachtäubchen nicht mehr bei ihm. Also eine Frau, die sbei allem Elend herbe, streng-e Grundsätze besaß, dachte er. Ein tusgendhastes Weib! Dasschien ihm unfaß"bar. Er wollte nicht daran glau ben. Es war Verstellung, Kotettevise, kühl rechnende Klugheit! Dieses Weib merkte sicherlich seine geheime Absicht. Sie ahnte wohl, daßer auf eine Liebelei rechnete. Daher ihr starrer Tugend stolzl Sie wollte am Ende gar durch ihre abwehrende Sprödigteit ernstlich ködern; Dazu gab er sich nicht her. Nein! Die dummen Liebesgedanlen, die in seinem Kopfe rumorten, konnte er ja leicht vertreiben. Einige Monate im Orient herumbummeln, neue Bil der, neues farbiges Leben in sich ein saugen, unjd er thiioichte Johannistriseh, der ihn beunruhigte, quält-e, seisne Schaffensfreude trübte, war erstickt. Und der Zauber des Orients hatte in der That diese beruhigende Wirkung aus ihn geübt! Nun-war es ihm wieder leicht und froh um’s Herz. Und doch hatte es so seltsam in ihm aufgezuckt, als er sie heute begrüßte! Wie roth sie wurde, als er ihr fröhlich lachend die Hand reichte! Und dieses vibrirende Spiel um ihre Mundwinleli · . . . Da pochte es leise an der Thür. Ein Besuch? Es wird wohl meine Wirth schafterin sein, dachte er. Es war nicht die Wirthschafterin. Es war die junge Wittwe, die einirat, und still, scheu, die Blicke gesenkt, an der Thüre stehen blieb. Er sah empor. ,,"’«ch bin freudig Liber ra—scht«, sagte er lächelnd, »woll-en Sie nicht Platz n-ehmen?« Sie riihrte sich nicht von der Stelle. ,,(Sntschuldigen Sie, wenn sich Sie vielleicht-störe«, begann sie schwer ath mend, »ich wollte blos fragen, ob Sie ein Modell benöthigen Jch wäre jetzt dazu bereit. Jch brauche Geld, hundert Gulden unbedingt! . . . .« Sie ver stummte. Er starrte sie an. Wollte sie sich über ihn lustig machen? Aber sie sah nicht darnach aus, als ob sie zu ei Scherz gekannt sei. Ein Gedanke blitzte in ihm auf, während sein-e Blicke die jugendliche Gestalt mit einem gierigen Ausdruck umlreisten »Ich könnte allerdings«, sagte er, »ein Modell brauchen, aber diesmal Inicht siir eine Madonna, sondern fiir ’einen mythologischen Stoff, für eine Venns Ansadyoniene.« Sie hob die Lider. Der Glanz ihrer Augen Iwar gedämpft. Man sah eg ihnen an: sise hatte viel geweint. »Für eine VenusC fuhr er nachdriick lich fort, »in dem-Moment, da sie in hül lenloser Schönheit dem Meere entsteigt. Verstehen Sie?« Sie fuhr zusammen. Eine flam men-de Röthe übergoß ihr Antlitz, das dann jählings wieder bleich wurde. »Ich verstehe«, murmelte sie. »Dann können Ewir gleich morgen Früh anfangen«, sagt er. ,,Gut«, preßte sie hervor unzd huschte hin-aus. Er blieb eine Weile nachdenklich stehen, dann lachte er laut auf »Da wären wir also am Ziele«, sagte er, »und viel rascher, als ich zu hoffen gewagt. Morgen Früh . . .« Er hielt inne. Eine wilde Gluth lo derte in ihm auf. Er sah ein Bild vor sich in leuchtender Klarheit, hol-d, süß, lockend, die edlen Glieder in blühen-der Lebenssrischr. Da pochte es wieder an der Thüre. Seine Wirthschaftetin er schien. ,,Morgen Früh«, rief er ihr zu, ,,muß es im Attelier warm sei-n. Sie heizen rechtzeitig ein. »Ich erwarte ein Mo dell, Frau Haber . . .« »Das arme Weib,« murmelte die Wirthschafterin. »Warum dieser bedauernsde Ton?« fragte er befremdend »Der gnädige Herr wissen noch-» nicht? Das arme Lachtäubchensl Seit Monaten hat es den Heuchhustenz die Lunge des Kindes ist sang-egriffen,sund wenn es nicht fijr mehrere Wochen aufs Land kommt, sagt der Doktor, steht er für nichts . .. Es ist sein Jammer.« Damit ging sie hinaus. »Also dsaruni,« tam es leise über sein Lippen, er stützteldieEllenbogen auf dsie Tischplatte und preßte die Schläfe . zwischen die Hände, und sann und " sann. Er ssah die junge Frau vor sich, . so wie sie tuz woher dastand: todten bleich, dergräimt, verzagt; »die Augen feucht von Thränen. Das war das Bild ein-er trostlosen Mutter, die um das Leben eines theuren Kindes bangtei Es war die heilige, aufopfernde Mut terliebe, die see zu diesem Schritte trieb! Wie mußte es in der Seele dieser Mut ter getobt, gewählt hsasbem bis sie sich dazu entschloß! Und er hatte ein rohes Lusigefiihl bei dem-Gedanken empfun-» den, das Elend, den Schmerz und die Verzweiflung dieser Mutter für seine niedrigen Wünsche auszubeuteni »Du bist ein höchst kommunes Sub jekt, mein lieber Fritz«, sagt-e er laut, sprang auf, ergriff seinen Hut und stürmte hinaus. . Eine Viertelstunde später betrat er, ein klein-es Packet in -de«r Hand, die Wohnung seiner Nachbarin. Die junge Frau saß, verloren vor sich starrend, am Gitterbettchen, darin ihr Kind lag. Das war nicht mehr das rosige Lach täubchen, wie er es verlassen. Das Gesichtchen, das damals so frisch und vollwangig, war bleich und abgema gert, die einst so sprühenden Aeugeleiw lagen mtatt und glanzlos tief in den Höhlen. Die junge Frau hatte sich beim Eintritt des Malers hastig erhob-en und schaute ihn erstaunt an. s, ,,Gestatten Sie msir zunächst« be gann er, ,,inein Lachtäubchen zu be grüßen usnd ihm einige Sächelchen zu überreichen« Er öffnete das Pack-et. Ein putziges Kasperl kam zum Bor schein und eine ausgedonnerte Pusppe,. die seltsam die Augen verdrehte und aufquietschte, und ein Farbenkästchen und ein Bogen mit Ab-zugsbildern. Lottchen betastete lächelnd die herrlichen Sachen, die er vor ihr ausbreitete. »Ich danke Jhn-en,« sagte die junge IFrau leise. Dabei zitterte etwas aus ;ihrer Stimme, das ihn wunderbar be rührte. Und wie er so mit brütender Neugier die Blicke Ein ihre schönen, thränenfeuchten Auge-n tauchte, da dämmerte in ihm die Ahnung eines Glückes empor, wie er es noch nie em pfunden, die Ahnung einer starken, rei nen Liebe, die nicht um Gold feil. Unsd nun begann er zu sprechen. Es war keine Süßholzraspeleix es klangen auch nicht wie sonst versteckte Anzüg lichteiten aus seiner Rede; es waren einfache, schlichte Worte, wie sie in einer weihevollen Stunde aus einer tiefen Empfinldung hervorquellen Und er schloß mit dem Worte: Marie! Und wie er diesen Namen ries, innig, weich, zärtich, da ging ein leiser Schauer dur die Gestalt des Weibes. Und zwei Thränen rannen an ihren bleichen Wangen herab Da umschlang er sie und drückte einen Kuß auf ihren Munlln Lachtäubchen richtete sich jetzt auf, reckte das Köpfchen vor und schlug staunen-d die Hänsdchen zusammen. Und dann flatterte auf einmal wie einstmals durch die Stille das fröhliche, zwit schemde Lachen des Kindes . . . Marco Broctner. Der Zerstreute. Professor Cim Theater zu seiner Frau, die während einer rührendens Seen-e heftig zu schluchzen anfänsg—t): »Na, sei ruhig, Frau . . . ich werd’ Dir den neuen Hut kaufen!« Ein schönes Lied.v Einilchem »Bitte, liebe Mutter, sing’ uns doch das schöne Lied von der Ka-« non«e!« Mutter: »Ich kann ja gar kein Lied von ein-er Kanone, Kinb!« Emiilchem »Ok) doch, Du hast es ge stern Abend erst gesungen.« « Mutter: »Du bist nicht recht ge scheit, Junge! Gestern sang ich: Gold’ne Abendsonne, wie bist du so schön, nie kann ohne . . « Emilche-n: »Na, stehst Du wohl, daß es von der Kanone war?!« . - »- . » « Beim Beginn der Früh lings-Moden , Ersies Gigerl: »Du hast ja einen. pompösen Anzug!« Zlveites Gigel: »Das bin ich meiner. Stellung schuldig! Und wo hast Du, Deinen neuen Anzug her2« Erstes Gigserl: »Den bin ich meinem Schneider schuldig« "