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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 12, 1896)
Der Längurnjägen l IIMIIifche Erzählung von Karl Teichnet.l Dpe landschaftliche Scenerie dek» großen Schafhältereim m Neusüdwaleg , ist die einförmigste von der Welt, und das Leben der auf den Triften- beschäf tigten Leute entspricht dieser Einför- T migteii. Die Besitzer dek zu vielen; Tausenden ja zu Hundettausenden an steigenden Heerden, die »Schafbarone«, haben ihre meilenweit sich erstreckenden » Triften in Stationen eingetheilt; auf T jeder Station ist ein Oberschäfet, der eine Anzahl Schafhütet unter sich dat. , Jedem dieser Hüter kfknd einige tausend Schafe zugetheilt, mit denen sie weit m’s Land hinein-ziehen um die Woll thieee weiden zu lassen. Der Ober- f schäfee konttollirt sie zu Pferde; in seltenen-n Fällen sind auch die Schäfer betittetn Da das Klima sehr mild, im Sommer (Decembet bis März) sogar heiß und meist trocken ist so besteht die Wohnng der Schäfer nur aus einer leicht tragbaren Hütte, einem Zelt oder im besten Falle, aus einem brecternenk Häuschen auf Rädern» Der Inhalt ex- - wer solchen Zeltbütte die meist mit Reisig oder Schilfgras bedeckt ist, he- ; steht aus nur wenigen Stücken: einer mit zwei oder drei wollenen Decken ver- I sehenen Lagerstätte, die in vielen Fällen mit Backstticken an Pfählen aufgehangt ist« damit die Scorpionse und Sumpf- , schlangen nicht hineinkriechen können, einem ledernen Schlauch, mit brockigem Wasser gefüllt, der ost in einer alten leeren onne aufbewahrt wird einean Kochke el, über offenem Feuer hän- z gend, einer dürftigen Lampe, der-en Docht mit Hammeltalg genährt wird. Ueber dem Kessel hängt sreiscbwebend im Rauch etwas Schassleisch. Letzteres ist irn Uebersluß die tägliche Nahrung der »Sheepboys«. Weit einsamer noch als der Jubasz der ungarischen Stein-en, der, mit sei nem Stockbeil bewehrt, fern von allen menschlichen Niederlassungen umher zieht, bekommt der austraiische Sebas bitter ost wochenlang außer dem Ober schäser oder Schasmeister keinen Men schen zu Gesicht. Doch ist er stets mit , einem Revolver oder einer alten Jagd sliinte bewaffnet, denn unter Umständen, « aus-weit in’s Innere des Landes vor geschobenen Post-en, hat er sich vor den Schasdiebereien und Ueber-stillen der in . Trupps mit Weibern und Kindern halbverhungernden Australneger zu »te» Es war am Abend eines Bitt-beru gses» der schönsten Frühlingszeit des südöstlichen Australiens, als vor einer der eben beschriebenen Hütten zwei Männer saßen, beide noch in der Voll irast des Lebens, etwa sieben- bis acht undzwanzig Jahre alt, mit Dienerin-r ten, intelligenten Zügen Einer dieser! Männer war der Schafhiiter, der an-! dere ein Jäger, der bei dem erstereni Rast gemacht hatte. Der Hüter hattej außer einem rothwollenen Hemd wei ten leinenen Beinckleidern groben Schuststieseln nnd breitem Strohhutz nichts aus dem Leibe Der Jäger Irugl ein eng anliegendes Wollkostüm, langei Gar-raschen, breiten Schlapphut und-! Rucksack. Er führte ein prachtvolless modernes Jagdgewehn sogenanntenl Drilling; sein Gürtel war mit Patro nen gespickt, und zu seinen Füßen la gerte ein riesiger Hund mit mächtig-em, i klugen Kopf. . E »Wie gut, daß wir uns in dieser; Wildniß getroffen haben, Landmann!« · sagt-e der Jäger in deutscher Sprache s »Ich bin froh sdariiber « erw deriex der Schäfer. »Hab’ lange keinen Zu spruch gehabt. Das will nicht fagen,j daß ich bei unserm Ziichter der einziges Deutsch-e wäre; wir sind ihrer zwanzig! und darunter fünf Deutsche, aber erst- »F lich sind wir weit auseinander, zwei- ; tenz kümmert sich kein-er um den anre- s; ren. Das hat auch feine Uriiachent ist, als ob jeder sich hüten wollte, dean anderen einen Blick in die Pergangemj heit thun zu lassen· Der eine hat da-4 heim irgend etwas unehrenhaftes ge- j than, das er in der Fremde gern begra den läßt; dem anderen ists hunde schlecht gegangen, und er schämt sich dessen. Zum Schafft-recht ist keiner ge boren. Von meinem nächsten weiß ich zum Beispiel ganz genau, daß er in Baiern Officier war end unten in Sydney schon den Pacter hat machen müssen. Hier kann er sein Elend ver bergen. Ach, wenn sie daheim wüßten, wie«s draußen manchem ergeht! Und was find wir hier? Nichts als Skla ven der protzigen Engl-Hymen, und oft nicht 'mal nach freier Wahl; denn wann ein-er am Verhungern ist, giebt’s nichts zu wählen. Iris-» Vogel, oder stirb! — Iris-unten hier wohl auch als huren siten wenn der Deutsche nicht von alter- her ein Muston gewesen wäret Nun hat der gefrässige britische Löwe fein-e Tatze aufs Ganze gelegt —- dieser ungeheuren Continent und alles beste der Jnseltvelt ist sein, und keiner bestreitet es ihm! ’I ist ein Scandal!« »Womit sollten wir’s ibm bestreiten? Mit unsern paar "Nußsch-alen, Kame rad? Jch bab’ mir daheim auch den Mund verbrannt und deswegen flüch sig werden müssen Seitdem iiimmere ich mich um nichts mehr. Zum Glück bin ich nicht arm; das fördert meine Weidmannslust Ich will mal hier was anderes jagen: statt Hasen Kön gnrus, statt Rebhiihner und Wachieln Leierschwiinze und Kasuars. Hab« schon manche Beute gemacht.« »Du hast einen mächtigen Hund« sagte der Schäfer wieder. »Ich hatte auch einen, ein treues, braves Thier; ist mir kürzlich verendet infolge einer Wunde, vermutblich von einein tücki schen Pseilschuß. Muß natürlich bald einen anderen habet-, denn die schwar zen Diebe erfordern biet scharfe Wach sanekeiL Davon habt ihr Jäger in Deutschland kaum eine Vorstellung.« »Man muß ihnen nur tüchtig eins ausbrennen«, versetzte der Jäger. »er Pier Feuer-weisse haben sie höllischen Re pert.'« « ,,Feig sind sie wobl«, gab der Schä fer zu, »aber ihre Stehlsuchi überwisegt die Feigeit. Aus wollene Decken sind sie des Teufels. Jch wollt’, ich hats erst wieder einen guten Wachtbund!« »Ich will dir einen Vorschlag machen, Landsmann«, sagte der Jäger treuherzig; »ich bleibe ein paar Tage hier in deiner Nähe, und attrapire ich schwarze Burschen, so werde ich ihnen die Gegend verleiden.« »Es soll mich freuen, deine Gesell schaft zu haben«, erwiderte der Schä fer. ’,.Du bist sehr liebenswürdig« Er seufzte tief auf, der andere beobach tete ihn, und seine Wißbegier, näheres über die Vergangenheit des Lands manns zu erfahren, war lebhaft erregt; nur wagte er es nicht, direkte Fragen zu stellen. »Gliicklich scheinst du hier gerade nicht zu sein«, wars er hin. »Ich hab’s schon schlechter gehabt«, sagte der Schäfer. »An der Wiege «st’s mir sreilich nicht gesungen worden, ida ich einmal Schäfertnecht werden müsse. Meine Familie war wohlhabend, sehr wohlhabend, mein Vater ist’s noch, wenn er in den letzten vier Jahren, seit ich sort bin, nicht besondern Schaden erlitten hat, was ich nicht glauben mag, Ldezrn mein Vater« hält fest am Geld. fDas war auch mein Unstem Ra — mag’ö schwimmen!« setzte er mit einem gewissen trotzig-en und doch wehmüthi gen Ausdruck hinzu und blickte dem letz ten Sonnenschimmer- nach, der hinter der fernen grau-n Wand der Austral alpen verschwand. »Muß es denn schwimmen?" unter brach der Jäger nach einer Weile das monotone Schweigen. »Es läßt sich doch im Leben mit entschlossenem Sinn vieles ändern« . . . »Ich-will? nicht ändern!'« versetzte der Schäfer, den »Kon schüttelnd. »Eben weil ich keinen eigenen Willen und entschlossenen Sinn haben sollte, ging ich.« Wieder schwieg er ein-e Weile, dann fuhr effort: »Es kommt dir vielleicht sonderbar vor, mich in dieser elenden Stellung zu sehen; magst den ken, auch ich sei einer von den Schwäch lingen, die nach ehrlosen Handlungen in die Fremde flüchten und in Noth ver-kommen Das ist nicht der Fall, Schande ist es nicht« was mich be drückt.« k »Nein«, rotestirte der Jäger-, »ich ; habe nichts übles von dir gedacht. Den IEindruck machst du nicht; und sei der tsichery daß ich aufrichtig Antheil an E dir nehme Aber wenns dir hier nicht gefällt, komm mit mitl« Jener schüttelte abermals traurig den Kopf. »Auf immer kannst du ja nicht auf der Jagdpariie umherziehenz vielleicht langweilt’s dich schon nach Wochen oder Monaten. Ich aber habe mich für immer aus der deutschen Hei math verbannt. Jch will dir’g sagen, wiss lam. Mein Vater ist ein reicher Freigutsbesitzey ich bin —- nein, ich W — sein einziger Sohn. Er ließ mich das Ghmnasrum besuchen; ich war bei eine-m Lehrer in Pension. Der Lehrer war sehr arm, hatte eine zahlreiche Fa milie, aber darunter eine Perle von Mädchen, unid ich lernte diese lieben. Als ich in der Primia saß — rasch ging's bei mir nicht, ich war schon neunzehn Jahre alt —- rnachtse der Va ter einen Riß in meinen Plan, zu studi ren. »Wer soll mal das Gut überneh men, wenn ich abgeruer werde?« sagte «Du mußt jetzt Landwirth werdens Das war von Ansang an mein Ge danke —- ich wollte dich nur erst zum gebildeten Menschen machen«. Ein Ding wie Widerspruch gal« bei ihm nicht; er hat einen Kopf wie von Eisen. i Ich gehorchte ihm, aber ich sagie demJ geliebt-en Mädchen beim Abschied-: »Ich kann Sie auch als Landwirih einst heimsiihren!« Wir korrespondirten miteinander, aber nur heimlich, wäh Irend ich beim Vater Oeconomie trieb. EJch wurde sehr in Abhängigkeit gehal ’ten, folgte auch in allem willig, nur dasl Herz ließ sich nicht kommanditen. Das Kommende kam aber. Als ich drei-, undzwanzig ahke alt war, sagte mirs der Vater: » ch habe eine Partie fiit dich.« i Eine Partie?« entgegnete ich. »Wel- . cher Art denn? Eine Reise-Z-« i »Stell dich doch nicht dumm«, sagte; er. »Ich meine natürlich eine Heimat-J Die Tochter eines Bekannten, treffliche« Wirthin und reich; sie erhält sechzig tausend mit und ist ’mal Erbin.« Damit war der Conflict gegeben. »Vater«, entgegnete ich, «es geht nicht!« »Was —- geht nicht!« fuhr et auf. »Was soll das Worts Selbstverständ lich geht's! Du wirst das Mädchen sehen nnd gern um sie werben; sie ist nicht älter als du, nett, gediegen, auf dem Land erzogen. Also was willst du mehr?" fst»Eine andere will ich«, erklärte ichg e .«s Er blickte mich ganz erstaunt an. »Was, du kennst schon einse?" »Ja, Vatet.« »Wen?« « Jch nannte die Lehrerstochter. Et, donnerte wie ein Gewitter. »Ein-e Bettlerini Eine, die nicht in die Wirthschaft paßt? Nie und Nim mer! Verdammt will ich sein!« »Aber ich nehme keine andere", sagte ich ruhig entschieden »Dann is es aus zwischen uns!« rief der Vater. »Dann hörst du auf, mein Sohn zu sein! Wirst du nun ge horchen?« »Nein, ich kann nicht,« erklärte ich. »So geh aus dem Hausei« befahl er. »Aber merke dir: auch dann werde ich, solange du von meinem Willen ab-« bängst, meine Zustimmung nicht ge ben« . . . i »Dann muß ich eben warten, bis ich. Was Alter erreicht habe«, entgegnete ich.3 s Ich mußte im Unfrieden aus dem Hause gehen und mir eine Verwalter ftelle suchen, die schlecht genug war. Meine Geliebte bat ich schriftlich, Ge duld zu haben, und sie versprach es· Mein Vater aber richte nicht. Er wollte meine Verbindung mit dem ge liebten Mädchen durchaus zerreißen und fand in dem Bruder des reichen Mädchens, einem ehemaligen Lieute n-ant, einen Kerl, der es glücklich fertig brachte, daß meine Helene mich armen Schlucker für untreu hielt und mich durch ihren Vater schroff abweisen ließ.« . Der Jäger hatte mit großer Auf merksamkeit zugebört Plöylich er bleichte er. Der Schäfer bemerkte dies nicht. l »Wie hieß er?" fragte der Jäger ton os. »Jener Lügner? Brennecke hieß er. Ludolf Brennecke. Jch kenn ibn nicht« von Person, hab’ ihn nie zu Gesicht site-i kommen — es nützte mir ja doch nichtszi aber Gott soll mich strafen: wenn ihn: das Schicksal je in meinen Weg führt-H würden ihm sechs Zoll kaltes Eisen in· sein verdammtes Eingeweide gewißi sein!« »Und dein Name? Den haft du mir: noch nicht genannt!" sagte der Jäger,« sich gewaltsam zusammenfafsend s »Was kommt auf den Namen noch an!« erwiderte der Schäfer bitter· »Er hat im Elend seine Bedeutung verloren., Jch heiße Wilhelm Korn, wenn du dicht dafür interessirst Nun kannst du mirs auch deinen Namen zur Erinnerung lassen!« »Ich — ich heiße Müllerc erklärte der Jäger, doch biß er sich energisch auf die Lippe und fuhr mit der Hand iiberj den Kopf seines Hundes »Das Ende damals war lurz« , suhr Wilhelm Korn fort. »Was sollte ich noch in Der Heimath? Jch nahm mein bischen Geld und ging zu Schiff Wo-j hin, das war mir im Grude einerlei. Jch hab’ eine lange Leidensgeschichtei durchlebt, bin in den Diamantfeldernj Südafrika s in unsern Goldseldern ge-. wesen, habe m den australischen Hafen-i ftädten die gemeinste-n Dienste gethan,1 um mein Leben zu fristen. Glück hatte ich niemals und nirgends. Endlich war-s mich das Schicksal aus diese Tri-. sten. Jch sah die Großartigleit desi Wollhandels und der Fleischtransportel nach England — acht Millionen ausge schlachteie Schafe gehen alljährlich dir-I Thin —- und ich dachte, daß auf diesemi Gebiet vielleicht noch etwas zu erreichen wäre. Thorlieiri Wer ohne Geld ist, bleibt auch hier ein Arbeitisklavr. Ein gutes aber hat das ein-same Leben; es siihrt zur inneren Einiehr, weckt trotz all’ seiner Narrheit und Entbedriing den religiösen Sinn. Das ist ein wert wiirdigej Mitleer Jch bin selsenhart geworden in der Prüfung und doch ofts weich wie ein Kind So dachk ich denn« in solcher Stinnnung: dori in weiter Ferne auf deutscher-r Boden lebt ein harten grausamer Mann, aber es ist dein Vater, der sich vielleicht mitten im Menschentreihen so einsam fühlt wie du in der australischen Steppe, und er ist ein alter Mann. Wie, wenn er eines Tages stürhe, ohne daß ein mildes Wort von Vergehen und Vergessen an sein Ohr gedrungen wäre? Und wenn es gilt, zu fragen: wer von uns zweien zuerst das milde Wort zu sprechen hat, der Vater oder der Sohn, muß es nicht der Sohn sein? Jch hah’ das Wort gesprochen —- vor vier Wochen hab’ ich geschrieben, daß ich nichts will, daß ich in meiner Verlassenheit bleiben werde, daß ich aber auch keinen Groll gegen den Vater hegen will und ihn bitte, nicht mit Groll gegen mich vor den Ewigen zu treten. Seitdem hin ich viel ruhiger als sonst.'« »Und doch hegst du Gedanken der Rache!« bemerkte der Jäger mit etwas liebender Stimme. »Wie reimt sich das mit dem religiösen Sinn?« Wilhelm Korn senkte den Kopf ties herab. »Der Bösewicht hat mich um all· mein Glück gebracht«, sagte er finster. »Vielleicht waren seine Beweggründe doch nicht so bös, wie du glaubst; viel leicht handelte er nur vorurtheilsvoll und ist seitdem schwer heimgesucht wor den; ja, vielleicht reut’s ihn, was er ge than hat, und vielleicht wär’ er glücklich, wenn auch ihm verziehen würde.« Der Schäfer schüttelte den Kopf. »Möge Gott ihm verzeihen; ich . . . . Plötzlich hob der Hund des Jägers sden Kopf und tnurrte zornig. »Na Pluto, was giebt’s?'· sagte der Jäger aufmerksam. Der Hund richtete sich ganz auf, be wegte die Ohren, windete und stieß ei nen dumpfen bellenden Laut aus-. »Dir ist etwas nicht geheuer«, be merkte der Jäger. »Ich lenne meinen Freund.« »Ich höre Hufschlag«, sagte der Schäfer, dessen Gehör durch das Leben in der Einsamkeit wunderbar geschiirst war. »Es wird der Meister sein.« J Jn Zeit von wenigen Minuten kam ein Reiter über den weichen Boden da hergesprengt. »Guten Abend, Master«, griiszte der Schäfer in englischer Sp rache IG Der Qberschiifer erwiderte den IG »Ihr seid nicht allein, Korn T« sagte er »Das ist gut. Jch wollte Euch nur Iwarnen Aus meiner Tour hab’ ichI ISchswarze gesehen, nur Männer dieI Ischlechte Absichten zu haben scheinen. ( ISeht euch vor! Schießzeug habt ihr dacht-« I »Ich hab’ wenig«, antwortete Korn,? »aber hier ,mein Landsmann« . .. Der Jäger wies auf seinen Gürtel. »Ich hab’ genug«, sagte er. »Wir» «ti5nnen uns wehren.'« »Ich muß jetzt eilen, um aus die Sta-« Ition zurückzukommen; es ist schon spät«, werfente der Aufseher. »Vielleicht hab’ Dich mich geirrt aber die schwarzen Sa Itane find keines Vertrauens werth. I,Nun macht’ s gut! Wenn mir unter . wegs noch etwas verdächtiges aufstöszt, I schicke ich Sutturö. Gute Nucht!" Jn leichtem Galopp slog er davon und entschwand rasch den Blicken der beiden Männer. Letztere waren durch tdie Betenntnisse KornUs die aus den IJiiger eine tiefe Wirkung ausgeübt hat ten, verstimmt und einsitbig. Alte Wunden waren wieder ausgerissen, und Idie frisch beUbte Erinnerung an eine jschone Vergangenheit ließ die dürftige Iund gefährdete Gegenwart um so dü steter erscheinen. Jadeß hatte doch das Eintrefsen des Qberschiisers eine Art Ablentung gebracht, die dem Jäger «nicht unlieb zu sein schien. , «Jch glaube, du bist nun geborgen,« unterbrach « letzterer die drückende sSchweigsamteitz »der Master will dich knicht im Stich lassen, und so wär·’s doch möglich, daß ich dir schon morgen früh den Dank für deine Gastsreundschast abstatte, bevor ich weiterziehe.« « »All right!" versetzte der Schäfer mit dem gewohnheitsmäßigen englischen Ausdruck Es lernt ihm so vor, als ob seine Erzählung ihn in den Augen des unbekannten Landsmanns» irgendwie sherabsetzt habe, da doch das Vorgehen des Grundes für dessen veränderten ·Entschluß allzu durchsichtig war. Das erregte seine Empfindlichteit, und er wäre zu stolz gewesen, auch nur das kleinste Wort dagegen einzuwenden IWas konnte die elende hätt eines lSchaftuechts dem verwöhntm Jäge Meizvolles bieten? O, hätte er den wahren Grund des Jägers geahnt! Dieser aber schien die Empfindung zu haben, daß er noch etwas Begütigendes sagen müsse. »Bei-or ich dich aber verlasse,« sedte er hinzu, «rnöchte ich versuchen, deine Vorräthe ein wenig zu ergänyern Nieren-W nicht übel, daß ich so tölpisch frage: Büßt dir Geld etwaji Ich half davon noch reichlich« . . . »Und ich gerade so viel, als ich brauchen lann,« erwiderte der Schäfer. »Als-) danke! Wenn du aber etwas Salz übrig hättest« . . . »Gewiß. Jch besitze drei Pfund da von: Du sollst deinen Antheil haben Lluch Schießpulver zu hundert Patro nen will ich dir ablassen; ich hab’ davon noch viel im Rucksack... Doch schau, mein Plato will sich noch immer nicht zufrieden geben. Es scheint ihn etwas Anderes zu bennruhigen als dein Ma ster. Die Flattetmiiuse tönnen’s auch nicht sein, denn an das Gezücht ist er schon gewöhnt.« Pluto knurrte wieer und streckte die Nase in die Luft. »Er windet nach dem Busch hin über,'« sagte Korn. »Sollte er doch die traustiipfigen Raben wittern?« « Der Jäger stand auf, hing sein Ge wehr über, machte einige Schritte nach dem«ettva zweihundert Meter entfernten niedern Strauchwert zu und sagte leise zu Plutot »Such!« Der hund schoß mit einer heftigen, grimmigen Bewe gung sofort vor. »Hierher, Pluto!« tommandirte der Jäger, un das vor trefflich tressirte Thier tam sogleich zu rück. »Es ist tein Zweifel,« bemerkte sein Herr gegen sden Schäfer. »Ptuto zeigt Verdiichtiges an. Ein Stück Wild ist es nicht, das vermag ihn nicht zornig zu machen. Sollt-e da hinten die schwarze Brut lauern?" »Komm in die Hütte!« erwiderte Korn mit gedämpfter Stimme. »Wir wollen uns nicht ohne Noth ihren tücki schen Giftpseilen aussetzen. Sobald sich eine verdächtige Gestalt nähert, strecken wir sie aus der Deckung nieder.« Er machte sein Doppelgewehr, eine etwas veraltete Percufsionswaffe, schußfertig. Etwa zwölf Schritte von der Hütte entfernt, ragte ganz vereinzelt am Rand eines tleinen Wassertünrpelå ein großer Eulalhptusbaum in die llare Luft. Dieser Baum soll mir, wenn’s gilt, die nöthige Deckung verfchaffen", be mertte der Jäger. Jetzt stieg fast die volle Mondscheibe über den Rand der entfernten Berge empor, und fast im Nu war die ganze meilenweite Ebene mit bleichem Schim mer übergossen. Jm weiten Umkreis, bis in eine Entfernung von etwa zwei hundert Schritten, lagerten die Schafe( schläfrig beisamn.en. ’ Eine fast sei-suche Stirn wartet-! Tringsumher. Nur mitunter ertöntel ivon fernher der treischerrde Ruf eines Nachtvogels, und lautlos flatterten zahlreiche große Fledermöufe durch die« Luft. Pluto hockte in äußerster Un ruhe neben feinem Herrn der rnit schuß bereitem Gewehr rn der Hüttenösfnung stand. »Nein, hier halt’s ichs nicht aust« raunte er dem Schäfer zu. »Man kann ja nicht genügend auslugem Jch will mich wenigstens dicht neben deine Bude stellen.« Er trat hinaus. Pluto mußte, seine wilde Natur bezährnend, sich neben ihm nieder-ducken Es wurde tein Wort mehr gesprochen. Mit scharfen Blicken beobachtete der Jäger die ganze Front des Gestrüpp-T das«dem »Busch«, das heißt einer dichtern Masse von Gebü schen mit einzelnen Casuarinen, Guin rnibäumen und Eukalyptem vorlag, und schon nach wenigen Minuten sah «er, wie sich schwarze Schatten schlan gengleich durch das Gestrüpp wandern Es war unmöglich, auf einen dieser Sclxvavzen zu zielen, aber sobald der erste aus dem Gestrüpp hervortrat und sich niedertauern wollte, um durchs Gras weiter zu kriechen, blitzte ein Schuß aus des Jägers Gewehr —- ein leiser Schrei ertönte, der Getroffene machte einen turzen Luftsprung und taunrelte dann im Grase zusammen. Einige Minuten regte sich in der seindlichen Linie nichts, dann aber be gann es im Busch von Schwarzen zu wimmeln. Diese tkatten, von dem be waffnet-en Beistand des Schäfers nichts ahnend, einen großen Uebersall geplant, theils um den Inhalt der Schäterhütte zu plündern, tlyeils um Schafe zu rau ben. Ein Hagel von Pfeilen, ziellos nach der Hütte gerichtet, verrieth ihre große Anzahl, und wenn auch teiner dieser Pfeile traf, so war eg doch nicht rathsam, sich ge en diese Waffen bloß zustellen. Der Jäger eilte in gebückter Haltung vorwärts und stellte sich hinter den Stamm des Euialyptuss Kaum hatte er Deckung genommen so tarnen an zwei ganz entgegengeseßten Punkten des Strauchwerls einige Schwarze zum Vorschein. Sei-n rasches Auge und seine sichere band erlegten auch diese. Nun senerte auch der Schäfer. Es ent wickelte sich ein regelrechtes Gefecht. Die Neger schleuderten Pseile und Wursge sperre, ohne zu treffen, die beiden Weißen streckteneinen unt den andern Ihrer Feinde nieder. «Ei ist erstaunlich, daß sie nicht eichen«, murmelte Korn zwischen den gäb-Im wahrscheinlich haben sie sich an ihrem Ave berauscht feinem aus dem australischen Taumelpsesfer bereiteten feurigen Getränck), dann werden dies Feigl nge rasenden Befiien gleich.«. »Wir werden ihrer schon Herr wer den!'« ries jetzt der Jäger laut nach rück wärts, denn es konnte ihnen ja nur oortbeilhast sein, wenn die Schwarzen erfuhren, daß sie nie-he als nur einen Gegner zu überwinden hätten. »Mach— meiner Rechnung muß ich schon zwan zig erlegt haben-« Der Kampf zog sich indess noch in die Länge. Die Neger wendeten unter an derm die List an, eine aus Gras ge machte große Puppe an einem Speer vor sich hinzuschieben, so daß der Geg ner diese für einen lebenden Menschen hielt und darauf schoß. Diese List be zweckte, den Feind um seine Mnnition zu bringen. Der Jäger gerieth in Wuth, als er mehrere Mal nach sicher stem Zielen auf solche vermeintliche Menschengeftalten diese stehen bleiben sah, während sie doch nach seiner Mei nung tödtlich getroffen fein mußten. Nachdem dieses, zum Theil nuhlofe Feuergefecht schon fast eine Stunde ge dauert hatte, fuhr Pluto plötzlich von seines Herrn Füßen, wo er. mehrmals leise winseln-d vor Ungeduld, gelegen hatte, mit furchtbarem Knarren aus und sprang mit einigen mächtigen Sätzen zurück nach der Hütte hin. Jm Nu hatte er hinter dieser einen Schwar zen am Halse gepackt und zu Boden ge worfen; aber während er diesen, der gurgelnde Entsetzenstöne hervorstiesz, abwürgte, schleuderte ein zweiter Neger einen Feuerbund auf das Dach der Hütte, und sogleich stand dieses in Flammen Einige Neger hatten in meilenweitsm Bogen eine Umgehung ausgeführt und waren unbeachtet bis an die Hütte her angekommen Das Aufflammen der Hütte war fiir die Schwarzen in der Front das Zeichen zum Angriff. Der Jäger, durch das Auffpringen Pluto’s ftusig gemacht, wendete sich um und hatte das Gewehr in Anschlag. Diesen Moment benutzten die Schwar zen, um auf seine vom Brand der hütte hell beleuchtete Gestalt ihre Waffen zu fchleudern. Ein Speer durchrannte jihm die Brust, er fant mit lautem Auf sfchrei zu Boden. Der Schäfer hatte erine Patronen verschaffen nnd als er isich seinem hingestreckten Gefährten nahen wollte, um von ihm Gewehr und Patronen zu nehmen, wies ihn Plato mit fletschenden Zähnen nnd zornigem Knarren zurück. Es blieb dem Schä fer nichts übrig, als ftch mit Kolben und Messer zu wehren. Die Neger näherten sich mit wildem Kampfgeschrei der brennenden Hütte; mehrere beschäftigten sich nur damit, die flammenden und glimmendenStiicke alt-zureißen um von dem Jnhsalt der Hütte zu rauben, was noch geraubt wer den konnte. Pluto kämpfte mit rafender Wnth wie ein Löwe für feinen gefallenen Herrn, er tifz mehrere Schwarz-e nieder, bis es ihrer Ueberzahl gelang, auch das tapfere Thier mit Speerftichen und Keulenfchlägen zu erlegen. Berendend warf sich Pluto iiber feinen herrit, als wollte er ihn noch im Sterben schützen» Jetzt ift’s um mich geschehen! dachte der Schäfer der-zweifelnd, und mit Rie fentraft ließ er seinen Flintentolben auf die Köpfe der ihn Bedrängenden niedersaufen. Da ertönte plötzlich ein träftiges Ge schrei und Hurrah im Rücken der Schwarzen Sie wendeten sich er schreckt um und fahen eine kleine Schaar neuer Feinde, die sofort ein lebhaftes Gewehrfeuer auf sie eröffneten. Einige von dem schwarz en Gesindel stürzten noch tödtlich getroffen, der Rest floh in s Duntel der Nacht nach allen Nich tungen. »Holla, Korn!« rief die Stimme des —Oberfchii«ferä. »Da sind wir! Jhr lebt! So sind wir noch zu rechter Zeit ange langt. Hatten einen weiten Weg zu marschirem es fehlte uns an Pferden. Das Schießen führte uns zurecht, nach her der Brand. Hatten die schwarzen Hallunten nicht auf meinem Heimweg aus dem Busch mit Bumerangs nach meinem Gaul geworfen, würtk ich nicht gekommen sein. Da «mär't Jhr jetzt todt-« »Aber meine-m guten Kameraden hofft das Leben gekostet,« erwiderte der Schäfer traurig. »Da liegt er; ohne ihn hätt’ ich den Kampf nicht auc gehalten.« — Beim Schein der brennenden Trüm mer traten die Männer an den«-dalie genden Jäger heran. »Auch der bund ist todt!« sagte der Oberschäfer. »Er-wes Thier — wie ’n seid gestorben. » Der Leichnam des Hundes wurde von der Brust des Jägers weggesogen Korn kniete neben dem Jäger nieder und hob feinen Kopf empor· Der Wurf-s speer stai noch in der Wunde, er wurde behutsam herausgezogen; Korn drückte ein Tuch auf vie Wunde. Der Jäger regte sich.