Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 12, 1896, Sonntags-Blatt., Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ). ; .«,.-.-.- ,
Mir-»Oui« W
W
bist M eint dirs Jahr 1882, til; ich
Rose-ishr kleine Geschichte erlebte Jch
te mich eben bequem in die Ecke eines
Iekren Coupees geseyt und die Wagen
tbttr mit der Hoffnung geschlossen, al
lein zu bleiben als diese plöhlich wie
der ausgerissen wurde und ich eine
Stimme rufen hörte: «
Nehmen Sie lich in acht, gnädiger
Herr, wir befinden uns geratde crn der
Tägung der Linien, der Tritt ist sehr
. «
Eine andere Stimme antwortete:
»Ohne Sorge, Lanibett, ich werde mich
an den Griffen halten« «
Darauf erschien ein mit einein tun-·
den Hut bedeckter Kopf, dann kamen
zwei Hände, welche die an der Seite der
Thtir angebrachten Griffe erfaßten und
langsam einen dicken Körper nachzogen,
dessen Füße crus desnr Trittbrett das Ge
räusch eines ausstoßenden Spazierstm
des hervorbrachten.
Als sich der Körper endlich durch die
Thür geschoben hatte, sah ich ein
schwarzlaclirtes Holzbein aus der Hofe
hervorkommen dem sofort ein zweites
folgte.
hinter dem Neisenden zeigte sich ein
Kopf.
»Vefinden Sie sich wohl und be
quem, gnödi ger Herrs«
»Dann bringe ich jetzt Ihr Gepiick
und Ihre Krücken« Und ein Diener
mit dem Aussehen eines alten Solda
ten kletterte seinerseits in den Wagen;
er hatte einen Haufen in Papier ge-’
wickelter und sorgfältig oerfchnürter
Packete im Arm, die er nun eins nach
dem andern in das Netz über dem Kopf
seines Herrn legte.
»So das ist alles, gnädiger Herr,
es sind süns: Bonbons Puppe, Trom
mel, Gewehr und Gänfeleberpastete."
,.,Gut mein Freund « ;
,,Gtiietliche Reise, gnädiger Herr! « ’
WDante Lambert, bleib gesund undt
r HO-«
munter!« J
Der Mann stieg aus und schloß dies
Thiit —- und ich betrachtete meinens
Nachbar. ;
Er mochte etwa siinsundsdreiszig Jah- i
re zählen, troydem war sein hear schon «
fast weiß; er war detorirt, hatte eineui
dichten Schnur-Wart und war sehn
start, von sen-er ungesunden Fettlebigsi
leit, welche kräftige. thäiige Manne-es
befällt. wenn irgend ein-Gebrechen siei
zu Unbeweglichteit verdammt. s
Er trocknete die Stirn, athmete lautl
aus und sagte. sich zu mir wendend:
,,Beliistigt Sie der Rauch, mein
Heck?« - ;
»Durchaus nicht!« .
Dieses Auge, diese Stimme, dieses
Gesicht! ich kannte das alles! Aber
woher und oon wann? Sicher, ich!
hatte sdiesen Mann schon irgendwo ge
troffen, hatte mit ihm die Hand ge-:
schüttelt, das war lange her, sehr« sehrs
lange! Es verlor sich insenem NebeU
in welchem der Geist nach Erinnerun-»
gen heumtastet und sie wie fliesgendez
Phantorne verfolgt, ohne sie fassen zu
können Er betrachtete mich jetzt eben-1
falls so unaussgesetzt und scharf wie ein ;
Mann, der sich an etwas erinnert, aberi
nicht zur Klarheit tomth Verwirrt
wandten sich unsere Augen ab, bis sie
nach Verlauf einiger Sekunden, ange
zogen durch den geheimen und einen
sinnigen Willen des arbeitenden Ge
dächtnisseis, sich von neuem begegneten
und-ich sagte: s
»Mein Gott, anstatt uns seit einen
Stunde derart heimlich zu beobachten,l
sollten wir lieber zusammen ausfin-!
big machen, wo wir uns kennen geierntl
hol-ein« J
fMein Nachbar antwortete liebens-!
würdig
-Sie Haben ganz recht, mein herri«
Jch stellte mich vor: »Dann Born
lair, Beamter-«
· Er zsgetie einige Sein-wem dann
mit jenem unbestimmten Etwas im
Auge und Stimme, das ein gespanntes
Nachdenken vereäth:
»Ah- ganz richtig, ich habe Sie bei
PeincePs getroffen; damals — vor
dem Kriege —- vor zwölf Jahren.«
»Ja, mein Herr . . . al) . . . hm,
Sie sind also Lieutenant Revaliere?«
»Ja, ich war sogar Hauptmann Re
valiete, bis zu dem Tage, an ldem ich
meine Füße verlor . . . alle beide auf
einmal . . . von einer Kanonenlugel
mitgenommen« s
Wir betrachteten uns aufs neue,
jew, vä wir uns rannten-. Jch erin
nerte mich nun deutlich vieles schlan
len, schönen Burschen, der die Gott«
lons mit so fröhlichen graziölek Ans
gelassenheit vortanszte, daß man ihn all
gemein «Ln Trombe« lDie Mindhosel
nannte. Aber hinter diesem schatfums
risse-ten dee flatterte noch etwas,· ein
Unfaßbaies eine Geschichte, die tch ge
sund wieder vergessen hatte-L eine
wer Geschichten, vie man mit wohl
Pf
, , » » « -WM.W-k
jedoch-tu einen leichten, iliichti " Just
winke-ritt en Eindruck-hinterm en· «
c » Es w» etwasdon Liebe dabei-' Ich
hatte J igstens dieer eigentbiimliche
Gesiihh der nichts weiter —«,— ein Ge
fühl. das sich mit dem Geruch derglei
chen ließe, aus dem der Hund am Boden
die Fährte des Will-es ertennt.·
Nach und nach llärten sich die M
ten und das Gesicht eines jungen
chend tauchte vor meinen Augen ern-IT
Dann plötzlich wie der Knall einer Ra
lete ihr Name: Fräulein von Mandat.
Und jetzt erinnerte ich mich auch-aller
übrigen Umstände. Es war in der That
eine Liebesgeschichte, aber eine sehr ge
wöhnliche Jenes Mädchen liebte den
jungen Mann, als ich ihn kennen lernte."
und man sprach von ihrer bewirkt-den«
M Heirath. Erselbst schien lehr det
liebt, unendlich glücklich. Jch bob meine
Amgen nach dem Netz, in dem diePatete,
die der Diener gebracht hatte, bei den
Stößen des Waisen-Ei zitterten, und mir
war, als hörte ich illn sprechenIt »So
mein Herr, das ist alles, es sind iiinf:
Bonbons, Puppe, Gewehr, Trommel
und Gänseleberpastete . . . .« Eine Se
lunde später entstand und entrollte sich
ein ganzer Roman in meinem Kopie,
er glich übrigens allen, die ich gelesen
hatte und in denen bald der jun-ge
Mann, bald das junge Mädchen den
Inder dieErwänlte nach einersisnanziellen
oder körperlichen Katastrdpbe heirathet.
Jm Kriege verstämmelt, hatte also die
sser Officier nach dem Feldzuge seine
junge Braut wieder Zge«funden;«s,"i·: war
librem Gelübde treu geblieben und die
FSeine geworden. Ich fand dies schön,
;aber einfach, wie man jede Aufopferung
Fund jede Lösung eines Konflikte-, in
FBiichern findet. Es scheint, wenn man
xvon solcher Seelengrdße liest oder hört,
Ydaß man sich selbst mit gleichem Enthu
Esiasmus unsd eben solch großer Hinge
bnng opfern würde; man ist aber sehr
,ichlechter Laune, wenn am andern-Tage
Eein armer Freund kommt, um etwas
Geld von uns zu leiden!
Plötzlich verdrängte eine andere, we
niger poetische, aber gewöhnlichen Ver
muthung die erste. Vielleicht hatte er
sich schon vor dem Kriege verheirathet,
i;chon vor diesem entsetzlichen Unglücks
fall mit der Kanonenlugeh die ihm die
Beine wegrißz sie crber obwohl ver
zweifeln hatte sich darein ergeben, ihn
aufzunehmen zu pflegen, zu trösten
ihn, der schön und start iortgeganqen
war um mit abgeiägten Füßen zur-nei
zukommen ein widerliches Ueberbleibsel
zu Unbeweglichieit zir ohnnrächtigem
Zorn» zu unausbleiblicher Fettleiblich
leit verdammt.
War er gliicklich oder war er leidend?
Ein leises. immer wachsendeä, zuletzt
unwiderstehliches Verlangen ergrin
mich; ich wollte feine Geschichte kennen,
wenigstens die Hauptpunkte, die mir
helfen würden, das, wag er nicht sagen
wollte oder konnte, zu errathen. Jch
dachte dies alles, während ich mit ihm
sprach. Wir hatten einig-e gleich iltige
Worte gewechselt, als ich, die « ugen
zum Netz erhebend, vermuthete: »Er
hat drei Kinder-, die Bontbons sind fil:
feine Frau, die Puppe ist fiir fein Töch
»terchen, Trommel und Gewehr sind fiir
Hseine ungen, die Paitete siir ihn.«
i Plbtzlich fragte ich:
l »Sie sind Vater-, mein Herr?«
’ Er entgegnete
i »Mein mein herrl«
I »Ich fühle mich so verwirrt, ais hätte
»ich eine große Ungefchicklichteit began
Igen und fuhr fort:
z »Ich bitte um Verzeihung, ich harte
es angenommen, als ich Jhren Diener
Ivon Spielzeug sprechen hörte. Mar
hört, ohne zn horchen, und giebt unwill
Iriikiich seine Schlüsse daraus «
f Er lächelte und murmelte:
, »Nein, ich bin nicht einmal verheira
i t,het ich bin bei den Prämitinarien
H stehen geblieben «
I Jch nahm die Miene plötzlichen Erin
nerns an:
I »Ach, es ist wahr, Sie waren verlobt,
Hals ich Sie kennen lernte, ver-lobt mit
- Fräulein von Mandat, wie ich glaube?«
I »Ja, mein Her-, Ihr-Gedächtnis ist
ausgezeichnet.«
Mich ergriff eine außerordentliche
Kühnheit nnd ich setzte hinzu: »Ja, ich
glaube mich zu entsinnen, daß Fräulein
von Mandat geheimthet chat . . Herrn . .
. herrn . . « »
s »denn von Fl-«eurel;" er sprach den
xNanren ruhig aus«
I »Ja, richtig. ja. icherinnere mich jetzt,
bei vieler Gelegenheit von Ihrer Ver
wundung gehört zu haben;«
Jch fah ihm gerade in’s Gesicht undi
er errötshete. Sein volles Gesicht, hast
durch den beständigen Blum-wrong be
reits purpurn erschien, färbte sich-noch
dunkler. -
· Er antwortete mit Lebhaftigieit unv!
»in dem Esse- einess Mai-me der ein-l
verlorene Sache vermeidng eine Sache. ’
die er in Vers und Geist verloren giebtJ
aber die er vor ver Welt retten will. — l»
"«Mnn hat nnrechi, mein herr, neben ;
WMMMWHOIW
zu nennen. Als ich — leider ohne Füße
— ans dein Kriege heimkehrte, hätte ich
nie und nimmer kingewilligi, daß sie
meine Frau ·.wiirde Wäre dies denn
möglich wesen? Wenn man heira
thet, gesåieht es nicht, um mit Groß
muih zu prunken, man thut es um an
der Seite eines Mannes zu leben, alle
Tage, alle Stunden, alle Minuten alle
Selunden!! Wenn dieser Mann aber
veririippelt und entstellt ist, so verur
theilt nian sich zu einsein Leiden, das bis
zum Tode dauert! O, ich verstehe, ich
begreife, ich bewundere alle Op er, jede
Hingebung, wenn sie in den ienzen
bleiben, aber ich billige nichi die Aus
opsferun einer rau. ihren Verzicht auf
ein glii liches eben, auf alle Freuden.
auf alle Träume nur unidie Bewunde
rung des Publikums zu erregen. Wenn
ich aus den Dielen meines Zimmer-s das
Aus-stoßen meiner Holzbeine und meiner
Krücken höre, dieses Mühlengeilanperz
das ich bei jedem Schrittertönen lasse,
dann habe ich Wuihnnfälle, in denen ich
meinenDienereisdrosseln könnte Glau
den Sie daß man das Recht hat, von
einer Frau zur-erlangen, sie d: ilde, was
inan selbst nicht ertrag-en mag? Und
dann, sonnen-? Die sich darstellen, daß es
hübsch und angenehm ist, meine Bei n
siiimpse zu sehen?«
z Ei schwiea. Was sollte ich ihm sa
gen? Jch fand, daß er recht hatte.
Konnte ich sie tadeln, verachten, ja, ihr
nur unrecht neben? Nein! Ader!?
Diese Lösung« so regelrecht, gewöhnlich,
iivahricheinlich und der Wirklichkeit ent
sprechend sie auch war, besiiedi aie mein
Verlarngen nach Poesie durchaus nicht.
Diesen deldenhasten Stunnneln ge
bührte ein schönes Opfer, das ich ver
mißte und worüber ich eine Entiäu
schung empfand
»Hm Frau von Fleiurel Kinder?«
» »Ja wohl, eine Tochter unt- zweij
Söhne. Diese Spielsachen sind für si
bestimmt. Jhr Gattennd sie selbst sinV
sehr gütig gegen mich gewesen-« j
Der Zug erllomm die Rampe von
Saint Germain, er durcheilte di e Tun
nels, fuhr in den Bahnhof ein und hielt»
Jch war im Begriff. dem verstümsi
melten Offizier meinen Arm anzubie-;
ten, um ihm beim Ausfteigen behilflichj
"zu sein, als sich zwei Hände durch die
Lgeössnete Thijr gegen ihn ausftrecktemj
»Guten Tag. mein lieber Revaliere.«"
» »Ah, guten Tag, FleureL « s
j Hinter dem Mann erschien lächelnd
und händewintend die Frau; sie wart
noch seh-r hübsch, blühend, entzückend«
wenn sie, freundlich grüßend, ihm mit
iihren behandschuhtsen Fingern Kuß
Jhändchen sandte. Ein kleines Mädel
an ihrer Seite hüpfte vor Freude, und»
die beiden Jungen betrachteten lüster
nen Blickes die Spielsachen, welche aus
dem Netz in die Hände ihres Vaters;
wanderten.
Als der Krüppel ausgestiegen war,
umarmten und tüßten ihn sämmtliche
Kinder Dann seyte sich der Zug inj
Bewegung und das kleine Mädel legtej
fein hänsdchen freundschaftlich auf dasj
polirte Querhalz der Krücke gerade fo,
wie sie sich an den Daumen ihres großeni
Freundes gehalten hätte, während siei
fröhlich neben ihrn dahin hüpfte. «
-
Jch fragte ihn plötzlich: « j
Gegenseitiger Trost.
Bräutigam: »Liebe Emmh. ich muß
Dir noch ein Geständnis machen. Jch
habe einige sehr unangenshrire Tanten
und Baer in meiner Verwandtschaft«
Sie: »Ach, das thut nichts —- ich
auch!«
W—.-..
Ge f ä h'r l i ch.
Oberst tbeim Exerziren wüthend zu
einem Unteroffizier): »Unierosfizier
Pachura Sie sind ein Schafstapr
- Major (leise): ,,Vorsicht, Herr
j,Oberft der Mann beschwert sich ttber
jjeden Schafslops!«
j
A n i n ii p f u n g
Onkel (nach Anhörung eines Vor
tm es seines Astronomie siudierenden
Ne fen): »Aber das sind ja iolossalel
iDimensionen im Weitmraume!«
i Siudiosug: »Nicht waht!« .Wie(
verschwindmb klein und unbedeutend
Hei-scheinen dagegen 20 Mari, um
idie ich Dich hiermit bitte!«
-..
Motivirung
. . . Sie schimpr immer über
jbieieg Smndalblaitt Ja, aber warum
halten Sie es dann?«
I »Nim, sonst kann ich Ia nichi d’riiber
schimpfen!« -
——Os-s.-————-—
E i n f a ch.
Baron: »Aber, Johann, Du bist ja
furchtbar betrunken! . . Wenn Dir-so
auf der Straße zusiammengestiirzt
wärest-M « - ·
Bedienten »O ich hab’ 1a immer eine
alte Visiteniarte s— vom gnädigenx
Herrn bei rnie!«
Der Humm- tn Mexico. --
Von Tr. Ernst Below
»Wie oft imuszten Sie densRevolner
wirklich gehnauchen bei Ihrem dreizehn
jiihriigen Aufenthalte in Mexiko?«
Das ist die Frage, die ich so oft höre, »
wenn das Gespräch auf die Unsicherheiti
in sden spanischen und portugiesischen
Republiten Amerita’s kommt.
Jetzt, wo Mexiio, das große Land
der Zukunft im äußersten Westen, sich
unter der festen Regierung seines Prä
sidenten Porsirio Diaz mehr und mehr
tonsolidirt und abgesehen von« der gro
ßen Bleichriider’ schen Anleihe zumi
großen Theil mit dem Kapital deutscher
Firmen arbeitet bin ich noch öfter nach
den Sicherheitsverhiiltnissen des Lan- i
desbesvagt worden. Wurden diese Ver
hältnisse doch erst kürzlich wieder ernst-i
lich untersucht, als deutsche Kolonisa
tion in Mexito befürwortet wurde inl
dem Verein, der »die Ausbreitung desI
Deutschihums auf sein Programm ge-;
schrieben hat.
Die direkte Beantwortung xener ton
ireten Frage giebt jedenfalls ein klare
res Bild, als die gewöhnlichen allge
meinen Betrachtungen über die Si eher
heit im Lande, die sich ja im Allgemei
nen in der letzten Zeit hier und da rechti
gebessert hat, die aber, wo die Macht«l
der Regierung noch n: cht hinreicht——
und das sind große Gebiete —- noch viel
zu wünschen übrig läßt. s
Ich zögere deshalb nicht, über den«
Gebrauch meines Revolverö während!
der 1.' Jahre meines dortigen Aufent
halieg als Arzt meinen gewissenhaften
Bericht hiermit zu erstatten. i
Um den Leser nicht unniitz zu span-(
nen: todtgefchossen habe ich währends
»der ganzen Zeit Keinen mit meinem;
,fchweren,i fechgfchiiffigen Colt’fchens
fNavhURevolveh den ich, fo lange ich im«
Jnnern des Landes wohnte, stets umge-j
schnallt trug, sowie es sich um einen
Ritt aus der Stadt hinaus handelte. I
Aber geschossen mußte damit manch-mal
werden« wenn es auch nur oft ein Loch
durch die Luft oder durch Nopalblättert
war. Nur einmal wäre ich beinahe in
die Lage gekommen, den schwerenl
Schießprijgel feiner Bestimmung ge
mäß zu verwenden, da that mir aber!
der Gegner im letzten Augenblick denI
Gefallen, der Länge nach hinten über;
)
svom Pferde zu fallen, daß er wie eins
Baum dalag unsd nicht wieder a rfftandi
auch ohne daß ich hätte zu fchießeni
brauchen. l
Es war auf einem einsamen Ritt
zwischen Zacntecas, der Silberminen-.l
ftatt der Anden und Guadalupe, wohins
ich gewöhnlich Samstags Nachmittags
ritt. Meist hatte ich den mit Winchesfter-j
Rifle und Machete sSattel-s- -äbel) be
waffneten Mozo (Reittnecht) hinter!
mir. So wie man den aber einmalj
unvorsichtiger Weise zu Haufe läßt«
pafsirt leicht dasselbe, wie wenn mans
seinen Revolver zu Hause läßt. Man
erlebt etwas. Auf der Heerftraße zwi
fchen den beiden kleinen Dörfern Car-:
men unid Florida, wo es öfters betrun
)tenes Volke-on den tletnen Pulqueriag
giebt, neftelte sich ein solcher start ange
zechter Reiteremann dicht an meine
rechte Seite; wiewohl er sehr wankte,
fgriißte er und fragte mich. wie spät es
jwäre wobei er, um rm tut-sen Trade
lmit meiner arabifchen feurigen Stute
gleichen Schritt zu halten« mit feiner
;Linten nach meinen Zügeln und dem
Satteltnopf herüberlangte. Sein Lasso
hing "wurfbereit. Jch machte deshalb
kurzen Prozeß, befahl ihm unter vorge
rhalten-un Redolver, sich zum Teufel zu
fcheeren und gab meiner »Lola" kräftig
die Sporen. Für ihn ganz unvermu
Ythet, der sehr im Sattel schwankte, setzte
sein Gaul zu gleichem Galopp an, wie
sder meine, und ich fah, rückwärts schau
end, nur noch, wie mit schwerem Auf
Ifchlage tdesthintertopfes der edle Lad-»
jron der Länge nach rückwärts in den
IStaub sank. Jch ließ meine Stute;
»träfiig aus-greifen Als ich weit genugi
««war, saih ich vorn der Höhe herunter, wie»
Einige seiner A"Umpane, die ich vorheri
Enicht bemerkt hatte, herbeigesprenigql
waren und ihn, der wie leblos wohl da-·
liegen mochte, umstanden. Weiter habe
sich von der Geschichte nichts zu Ohreni
ibetomniem Jch konnte den Hahn wie
Ider in Ruh stellen. Dies war die ein
.zige Gelegenheit, wo ich meinen Revol
’ver beinahe zweckentsprechend ver-wandt
»l)ätte. Das war im Jahre 1878, wo
noch seine Eisenbahn nach Zacatsecaszi
ging.
Wichtigere Dienste leistete der Re
ddlver mir, als ich einst von-Zula
inanca nach Japuato ritt. Jch war
nach der SilberminenitadtGuanajuato.
gerade am Heiligen Abend meistenweit
iiber Land geholt worden· Man holte
mich zu einer «Schweriranten, ich mußte
Ein der Eile selbst für Fashrgelegenheit(
sorgen, um meine in den leyten Tagen
übermiideten Pferde zu schonem (
Auf dem-Rückweg stellte man mir«
.einen..«hexj.t»teye,n. Beitlgegbt.»an«»er
Reitpferd bis zum Landstädtchen Ita
puato, nachdem man mir nach Landes-.
sitte das ärztliche Honorar, 200 Pefvs
baar, vserabfolsgt hatte. Die schwere
Leder-Reiife·tasche, worin die harten
Silberthaler tlimpserten,.hatte-der mir
ganz unbekannte-Mozo vorn auf dem
Satteltnopf Da blieb er, als es dun
keln, immer weiter hinter mir Zurück
Wir ritten gerade durch eine weite, mit
niedrigem Mesquite-«Gebijsch und No
pal (Fei"gen-Kattu'g) bestanden-.- Ge
gend. Aufmein Zureden, näher zu mir
Isich zu halten, betheuerte er ein über das
andere Mal, fein Pferd müffe etwas
am Fuße haben, es täme nicht vor
wärts. Da blieb mir nichts übrig, als,
den Revolver fertig, ihm die Tasche aus
der Hand zu nehmen, nachldem ich ihm
gezeigt, wie sicher ich eins der eirsunden
Napalhlättertraf. Das half; erhielt
nun gleichen Schritt mit mir. Froh
war ich aber doch, als im Mondlichi die
ersten weißen Kapelleukuppeln des
Friedhofe-Z von Jrapuato mit den wei
ßen Grabgewölben unter den Palmen
wipfeln Ehinter dem graugrünen Nopal
gestriipp aufleuchteten Denn ein Nacht
ritt mit solchem freundlichen Begleiter
gehört immerhin nicht zu den Annehm
lichkeiten, da man nie wissen kann, wo
diese Sorte ihre Gevattern stecken hat.
Auf unserer beinahe bierzehntägigen
Diligence-Fahrt mit dem Mahordomo
und Kararvsanentfiihrer Don Augustin
C» die wir wäshrend der letzten Revolu
tion machten, durch die sich schließlich
Porfirio Dinzszum Präsidenten auf
schswang begegneten wsir einigen Pro
nunciapdos, Aufstiindischeu, Banditen.
die Kontrabande führten, kamen durch
die Höflichkeit und Geschmeidigtcit un
seres geschickten und liebenswürdigen
Führers, der mit allen Passanten Ge
vatterschaft macht-e, glatt überall durch,
mußten aber an verschiedenen anriichi«
gen Stellen des Weges aussteigen und
als Spitzen und Seitenpatrouillen
rechts undlinsgs und vorn vertheilt
dann und swann mit den Revolvern
knallen, um etwaige LauernIde über un
serie Zahl und Wegerichtuwg zu täuschen,
— wir schickten sdise zwei Gesährte in
zwei verschiedenen Richtungen —— und
um die Ladrones jedenfalls wissen zu
lassen, daß wir schußbereit waren. t
Bei der Einsahrt in Monterey, dem?
malerisch am steil aufsteigenden Sattel-.
berge zu Füßen der Sierra niadrhgelk
genem ,,Königsberg« Mexilos, hielt unsj
mit vorgestreckten Revolvern eine her
ansvrengende Kalvakade unter dem.
Rufe »Alto alli« an, dem bald von bei
den Seiten schallendes Gelächter folgte,
denn es war der unserem Führer seit
lanige befreundete alte Arzt Dr. Gan
zalitles von Monteretp Wir konnten
unsere aus »dem Wagen vorgestreckten
Revolver unld achtschüssigen chrtpä
Rifles wieder sei-stecken »
Trotz-dem, daß wir so wenig Ge-!
brauch für unsere Renolver ausi
jener Reise hatten, wurde ein-e
wenige Tage nach uns - denselben
Weg sahrende Familie Cabazos übe
fallen, nackt an die Palinitog Igebsunden
und-den Sonnenstrahlen und Insecten
überlassen; Wochen danach fand man
sdie Leichen vor. Doch das war gegen
Ilknide der letzten Redoiutiion 1876.
tSeittdemsherrscht Ruhe im Lande.
I Erstaunt war ich immerhin, als mir
;mein Freund Don Louig Klein, Kauf
;inann in(,-acat-ecag, bei einem kurzen
Jersten Wbendspaziergange, den wir vor
jdie Garita (Thorwache) machten, ganz
Iernstshtasten Gesichts versicherte, nun
kdürften wir nicht weiter gehen, als wir
die letzten Häuser hinter uns hatten.
»Ja, wenn wir uns mit unser-en Revol
.svern versehen hätten, ginge es,« meinte
»er. Da sash ich, als ich noch ungläubig
»den Kon schüttelte, über die Höhe kom
iinend, eine Reitergestalt sich vorn gelben
HAbensdhiimmel schwarz absze-ichnen. »Das
sist der Vorreiter meines Schwiegerva
tters, des alten Wüst von der Silber
Hazienda El Bote. Die machen den
iturzen haltbstünbisge Weg nach derStadt
und zurück doch fast jeden Tag in ihrem
Guayin, aber niemals, ohne daß als
Patrsouille voran der bis an die Zähnes
sbewasfne alte Jose ritte. Denn trotzt
aller Polizei und Soldaten-—die Nacht-s
wache zog « erade aus und man hörte die’
Signale b asen —- lommt doch immer
wieder was vor, und wäre es auch nur
eine Lappalie, wie gestern Abend, wo
sie einem armen MinsesmWächter. um
ihm seine schöne rothe Decke zu nehmen«
mit Messerstichen hier unten an jener.
Bergtante den Garaus machten. Der:
alte Jose ritt gerade vorbei als die
Bande Reißaus nahm. .
- Als meine »Frau ihren ersten nach
batlichen Besuch zwei Häuser von dem
Jensem der-Fratze dieses deutschen-Freun
des i-n Zacatecas machte, war sie nicht
wenig überrascht, als diese, die ein hoch
"e1egant ein«-ersehntes Haus( bewohnte,
ihr fekbst die schwerverriegelite Haus
thüt öffnete Und neben Dhrem Schlüs
ellbunxde einen schweren Navy-Rsvolvet
zum den Leib-hängen hatte. Befragt,
sggte sie, antdere Damen zögen es vor, .
ein Büchschen rothen Pfeffers skiüt des «"
Revolvers bei sich zu haben, sum ihn bei
Uebersiillen den Leuten in die Augen zu
streuen. Jshr käme aber der Revolver
sicherer vor, da sie sich-mit- ihren Schwe-·-"
stern draußen aufder Hazienda seit ih
rer frühesten Jugend im Schießen ge
übt hätte In der That waren die.,
’Wüstschen Mädchen selbst unter den
sportlustigen Herren von der englischen
Silberminengesellschast berühmt fürs
ihre Treffsicherheit beim allsvnntäg
lichen Scheibenschießen. «
Das hat der Revolver im Jslnnettt
von Mexico zu bedeuten, wo es« noch
keine Bahnverbindung giebt Jn der«
Hauptstadt braucht man nicht mit deric
Revolver zu gehen Er gehört steilickf:
beim Asusreiteti in «Wich,s«, d h. iIn
prallen silbernerzierten schwat en!
Charro-Anzug mit zum Aufputz, eben-;
so wie der Säbel am Sattel Nur ·
Abends höchstens thut man gut,tve11«s,tt:
man entlegene Stadttheile besucht den« ,
Revolver zu tragen. Unserem beut-«
schenGesandten Le Maitre Wurde frei-I
lich, als er am helllichten Tae über die
Alameda (Stadtpark) der Hauptstadt
schritt, vor Jahren die Uhr geraubt
Daran, daß so etwas heute noch vor
kommen könnte, ist nicht mehr zu den-;
ken. DerPolizeidienst ist gut D"be«
R-ulales, die aus Landleuten und alten
Ladrones sich rekrutirende Leibgardes
des Präsidenten, ist eine ausgezeichnete«
Gewähr für die offentliche Sicherheit Z
den sie besteht aus Leuten, weichedie
Schliche ihrer früheren Spießgeselleni
kennen. Macht man Landtourenp dies,
bis in die Nacht hinein dauern, Ists
Pferde und zu Wagen, so ist der Revol-««
ver nicht unnütz, wenn auch blos als
VorbeugemitteL Wenn die Spitzhuben
wissen, diese oder jene Gesellsch ft, die -
den Ausflug gemacht hat, ist beivaffnei,
so passirt nichts.
Wird ein Arzt Nachts ciqu Land
genufen so thut er jedenfalls gut, nicht
so mir nichts dir nichts mit 1eder be
swaffneten Kavaltade die ihn abholen
tonimt,n1itzureiten, ohne sich vorher
über das Handschreiben de Hazendado,
der ihn holen läßt, vergewissert zu ha-·l
ben. Und dann ist es auch angeotacht,
»den Reitertrupp vor sich her reiten zu
jlassen und hinter ihnen den eignen
fMozo mit der genauen Beobachtung
ider fremden Leute zu betrauen, selbst
aber den Schluß des Zuges mit vorge
haltenem Revolder und gesbanntem
Hahn zu bilden.
Begegnen sich unterwegs zwei Ka
valtaden, so begrüßen sie sich, wenn es
dunkel auch unter solchen, sagen wir
,,zereinoniellen« Sicherheitsmaßregelns
Komifch war es wenn man dann in der
Näh-e hinter dem offenen Revolverlauf
in das Augenpaar einer bekannten
Dame sah, mit der man auf einem der
leyten Generalsbälle getanzt hatt.—
fSelbst auf den Generalsbällen in Ma-·
ftamoros zur Zeit, als das- Kriegsglück
auf und abfchswankte und jede Nacht
ein anderer General sdie Festung ein
nahm, fah ich Herren mit umsgefchnall
ten Revolvern tanzen Doch das kommt
in der Hauptstadt der Republik nicht
vor.
Aber nicht blos als äußerer Zierrath
sucht sich das Revolvertrasgen der nie-el
lirenden Eifenbnhnperiode zum Trotz
noch zu erhalten, der Revolver gehört
als Reliquie der Faustrechtszeit wie das
Pferd und das Sattelschwert in Mexito
zu den Kennzeichen des voll-wersthigens
Mann-eg. Als solches trägt ihn beim
festlichen Aufzuge der Gouderneur, der
Präsident, der Hazendado, der Offi
zier, wie der kleine Mann. Zum »Mann
und Kaballero« in Mexito gehört, daß
er gut zou Pferde und gut bewaffnet ist.
Es ist sder Stolz eines Mexitaners:
,,tein Schneider zu sein«, sondern ein
Kaballero, untd kein »Unterthan«, son
dern Einer, der sich selbst hilft —- bei
aller Vorliebe die die Jndianer für
Maximilian und das monarchifche
Prinzip hatten »und noch haben —· sein
Leb-en selbst schützen gilt als Mannes
sache. Die Alles gleichmachendes Zeit
unsd Mode tann und wird diesem ro
mantischen Lan-de Manches tsauben
Hivas ihm bis jetzt seinen Nimbus ver
liehen hat, aber dein Repräsentanten
des freien YJteritanerthums demHazen
dado, wird sie eher seinen Silberhut,
feinen Sombrero nehmen, als daß er
sich von ihr feinen Revolver rausben
ließe. Dann erst käme er sich zum Un
Jfreien erniedrigt vor und das wäre der
sAnfang neuer Revolutionen, idie zu ver
hüten die jetzige Regierung auf g Um
Wichtigste bemüht 1ft.
---s--- » — -sf - f sv - » ---——
Untet’·n1 Pantoffel. »
Tarf ich Dir eine Cigarre anbieten,
alter Frseund?«
»Dann Dir, — ich habe mir desz
Rauchen abgewöhnt —- schon seit zwökf
Jahren! «
»Merkwürdig, wie die Zeit vers-obi!
Mir ist s, als sei Deine hochzeit erst
vor einem halben Jahre Weni«