Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 05, 1896, Sonntags-Blatt., Image 9

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    durch die gesesgebende Körperschast,
oder indirett durch die Gerichte, deren
Jurisdittion durch die Oesesgebung er
weitert oder beschränkt werden konnte.
Nach 1001 autorisirte das englische
Parlianient eine bedeutende Anzahl
von Scheidungen. Es war allerdings
üblich, daß die aus Scheidung petitio
nirende Partei zuerst eine Scheidung
von Bett und Tisch aus den kirchlichen
Gerichten erlangte, es war aber nicht
absolut nothwendig und das Erlangen
einer Ehescheidung a mensa et thoro
Seitens der geistlichen Gerichte be
stimmte nicht immer die Scheidung
Seitens des Parliaments Letztere
Scheidung tonnte nur durch persön
lichen Einfluß im Parliament oder
am Hase erlangt werden und war
stets ein sehr lostspieliges Verfahren
Durchschnittlich kostete eine Scheidung
in den geistlichen Gerichten 1700
Pfund Sterling und im Parliament
waren an Gebühren 2000 Pfund zu
zahlen. Nach amerikanischem Geld to
stete eine absolute Trennung der Ehe
also gegen 818,000. Sehr häufig ver
doppelten sich aber die Kosten durch
Engagenient von bedeutenden Anwäl-«
ten und einslußreichen Personen in derJ
Lobbh des Parliaments. Diese Unio- »
sten erlaubten es selbstverständlich nur
reichen Personen auf Scheidung anzu-;
tragen und selbst reiche Personen muß
ten der Aristoiratie angehören, um
Einfluß in der Pairstammer zu er
langen in welcher die Verhandlungen
anfangen mußten Diese Parliatnen-J
tarischen Scheidungen begründeten sich
fast stets aus Ehebruch, sie wurden aber
nie dem Weibe wegen Ehebruchs des!
Gatten bewilligt, es sei denn sie be- !
wiese nebenbei grausame Behandlung
und andere gravirende Umstande » z
Jn diesem Lande wurden nie geist-(
liche Gerichte etablirt und wenn auchi
die ersten KoloniabGesetze eine theil-l
tveise Scheidung anertannten, gab es]
keine besondere Tribunale, welche sich
besonders mit der Auslegung dieser
Gesete besassen konnten, bis es den Ge
sehgebungen der einzelnen Kolonien
paßte, die nothwendige Jurisdittion
den bestehenden Gerichten zu geben,
oder besondere Tribunale fiir diesen
Zwect zu schaffen. Die Gesetzgebun
gen beeilten sich nicht, in dieser Ange
leaenbeit und so fiel das Recht der Ebe
scheidung fast gänzlich aus den Staat
zurtick und daber tömmt es, daß die
ersten Ehescheidungen in diesem Lande.
fast alle don den Gesetzgebung-en derl
Kolonien bewilligt wurden Massa
chusetts war die erste Kolonie, welche
ein allgemeines Gesetz iiber diesen Ge-;
genstand annahm l
Die meisten anderen Kolonien be
tiimmerten sich aber gar nicht um diei
Frage bis lange nach der Revolution.l
l
Die Gesetzgebungen bewilliaten Ebe
scheidunaen auf Petition, wie es noch
beute in Delaware und einigen anderen I
Staaten der Fall ist und da diese Me-;
tbode kostspielig war, konnten nur
woblbabende und einflußreiche Perso
nen Scheidungen erlangen.
Die von den Gesetzgebungen deri
ameritanischen Kolonien erlassenen Ge- ?
setze betreffs der Ebescheidunaen fanden !
ebenso wenia Gnade in den Augen Kö- !
nia Geora des Dritten, wie die mebrj
störenden Gesetzentwiirse seiner ameri
tanischen Unterthanen und so versügte
er in 1773 einen königlichen Erlaß, in
welchem er die Annahme solcher Gesetze
rundweg verbot. Es war aber schon
mit königlichen Deireten in Ameritt zu
Ende und nach Schluß der Redolution
schentten die Staaten dieser hochwichti
- gen Frage die nöthige Aufmertsamteit.
Jn den meisten Fällen war die Action
der Gesetzgebung langsam aber pro
gressiv. Die alte geistliche oder kirch
liche Jurisdiction der Ehescheidung
von Tisch und Bett wurde zuerst einein
speziellen Gericht übergeben, wie z. B«
noch heute dem Kanzlergericht in Newfv
Jersey. Nach und nach erhielten die«
gewöhnlichen Gerichte das Recht, eine
absolute Scheidung auszusprechen und
die parliarnentarischen oder legisla
tiven Scheidunan durch Separat-Ge
sehe sind in Mißtredit gekommen. Jn
mehreren Staaten ist die Annahme von
Spezial Gesetzen bereits durch die
Staats-Constitution verboten und
kein einziger der neuen Staaten neigt
sich dem alten System zu.
Die Statuten der meisten Staaten
betrachten als Eheicheidunasgründes-—s
Ehebruch, acwohnheitsmiiszige Trun
kenheit, grausame Behandlung und
böswilliges Verlassen. Dazu kommen
in den meisten Staaten: Nichtdeksorg
ung der Frau, obgleich im Stande da
für zu sorgen. ebenfalls bewiesene un
ziichtige Handlungen des Weibes vor
der heimth und ohne Kenntniss des
Mannes. Leider sind die meisten mo
dernen Scheidungtgesede von Personen
sonnulirt worden, welche den früheren
Zustand der Gesetze nicht tannten und
die Folae ist eine heillase Verwirrung.
So finden wie z. B. als Grund der
Lösung der Ehe auch Jmpotenz, un
genügendes Alter und Betrug. Das
gegenwärtige Statut des Staates New
Port ist sehr sorgfältig formultrt und
ollte als Muster fiir die anderen
Staaten die-nen.
-.
Gewitter im Frühling
Eine Chegeschichte von Carl proelL
Etwas kühle, halbverfchleierte Früh
lingstage. Nur hie und da umfängt ein
versprengter Sonnenstrahl einen ein
sfanmn unibelaubten Baum, dessen
isweigtnospen noch nicht aufgesprun
igen sind. Sontagsruhe über den Waf
sern. Jm Flusse und in den Seiten
lanälen liegen Boote verankert, auf de
nen manchmal das Bellen eines Hundes
hörbar wird. Ein Hinträumen der
Luft und der Wogen. Und nur die
Menschen strömen nach sden Erholungs
orten in der Nähe der Stadt; sie wol
len die freien Stunden genießen, bei ei
nem Glase Bier unter Geplauder und
Scherz. Die junge Welt wagt sogar
ein Tänzchen im Gartenfaalez auf der
Kegelbahn daneben rollt die Kugel.
Martha hat ihren ersten Ehestreit
bestanden und führte sich jetzt eksi als
Iwirlliche Frau. Paul, der drei Monate
Hhindurch jeden ihrer Wünsche erfüllte,
berief sich auf die Falb’sche Wetter
Jprophezeiung um den Sonntag hinter
’den vier Pfählen verbringen zu dürfen.
Das bekam ihm jedoch sehr schlecht.
«Mattha war nicht umsonst gestern in
den Besig einer entzückenden Früh
llingstoilette gelangt. Diese mußte
doch angestaunt werden; andere Frauen
machten es ebenso. Wie heimtüclisch,
den stillen Triumph vereiteln zu wol
len! Einmal muß man sich wieder den
Leuten zeigen und vor allen Augen als
glücklich-es Ehepaar hervorthun. Zu
was hat man geheirathet? Und daß
Paul das gar nicht einsieht! Nun,
mit Schmollen und einigen Thränen ist
die Sache doch durchgesetzt worden·
So wandelten die Beiden durch die
bunte, wechselnde Menge, die nach dem
benachbarten Ausflugöort den Weg
einschlag. Paul blieb still und in sich
gekehrt; ihn genirten die Grüße der Be
kannten und die prüfenden Blicke der
Unbekannten. . Sein Gesicht drückte
deutlich den Gedanken aus: das soll ein
Vergnügen sein, dieses unruhige Ge
wimmel, dieser Frühjahrsftaub, die
voraussichtliche Negentause. Jn dem
beliebten Garteniotal fanden sie mit
Mühe Platz an einem Rundtische, den
eine überlaute Gefellchsaft vorher in
Beschlag genommen. Man fah die
Eindringlinge keineswegs freundlich
an. Das verdroß auch Martha, des
gleichen die langsame Bedienung der
Kellner, das Durchdrängen derNeuhin
zukommenden zwischen den Stühlen
Es wäre vielleicht besser gewesen, zu
Hause zu bleiben, als hier unbeachtet
zu sihen und im Stimmengewirr zu
keinem vernünftigen Worte zu gelan
gen. Besser? Nein! Der Mann soll
teine Laune haben, und sdie Frau darf
ihre Einfälle wechseln. Nach kurzer
Zeit forderte Martha den Gatten zum
Zahlen auf und schlug ihm vor, am
Ufer weiterzuwandeln.
Der Himmel verdunkelte sich immer
mehr und gewann ein gelblichgraues
Aussehen. Martha fühlte die Angst
fiir ihr neues Kleid und den noch em
pfindlicheren Modehut in sich aufstei
gen. Paul und sein Falb werden schließ
lich Recht behalten und sie den Scha
den davon haben. Martha empörte sich
innerlich gegen diese Wettertiicte, aber
was half ihr das? Schon begann sich
die Oberfläche des Wassers unheimlich
zu kräuseln, der Wind trieb große
Staubwolten zu, einzelne Tropfen fie
len bereits. Martha spähte umher,
nirgends war ein Wagen zu sehen· Ein
stelzbeiniger Mann, der den Angelstock
auf die Schulter gelegt, lief an ihnen
vorüber, sonst blieb das Ufer völlig
menschenleer. Paul ging schweigend
neben ihr her und schlug den Rock
tragen in die Höhe
»Wie herzlos er ist!« dachte sie er
bittert und blickte ihn seitwärts fast
feindfelig an. Und mit der Logik des
weiblichen Temperamentö sprang sie zu
der wunderlichen Jdee über, dafz seine
Mißgunft eigentlich das Aufsteigen des
Wetters verschulde. War es Morgens
nicht lieblich schön gewesen, als die Kir
chengloelen läuteten? Man mußte hof
fen, daß der leichte Nebel sich bald zer
streue. Allein der Stubenhocker wollte
es nicht anders.
Das windgepeitschte Gewitter näh
erte sich eilig. Ein Stoßseufzer ent
stieg Marthcks Brust: »O wären wir
doch schon zu Haufe!«
»Dazu ift es wohl zu spät,« entgeg
nete gelassen Paul, »zum Glück ent
decke ich hier in der Böfchung des Ue
berschwemmungsdainsmes eine mitBret
tern ausgeschlagene Erdbiitte, in die
vielleicht ein Hirt oder ein lößer sich
zutiickzieht, wenn et an bei en Som
mer-tagen sein Schläschen hält, oder
wenn ein Unwetter naht, wie das
festge. Dieses Asyl kann uns gute
Dienste leisten.«
»Du glaubst doch nicht, daß ich mit
meinem Sontagsstaate in dieses Loch
bineintriechen werde?« sprach Mart-da
ärgerlich.
»Wie Du willst,« entgegenete kalt
bliitig Paul, »ich werde hier Unter
stand suchen. «
»Und ich soll wohl allein nach der
Stadt gehen, bis auf die Haut durch
niiszt werden und weiß Gott welche Ge
fahren bestehen?«
»Das verlange ich nicht. Es ist
Raum fiir uns Beide in dieser Hütte,
falls wir uns recht schmal machen und
verträglichen Sinnes sind. Und meinen
Ueberzieher werde ich ausbreiten, damit
kein Erdiriimchen das zarte Gewebe be
schmutze, das Dich einhüllt. Entscheide
Dich rasch, denn es ist teine Zeit zu
verlieren. Jch bin schon geborgen·«
»Und wenn uns Menschen sehen?"
»So schadet es auch Richts. Wir
sind durch das Stansdesamt gefeit ge
gen tompromittirende Nachrede. Stecke
nur den Finger mit dem Ehering hi
naus falls Einer sbei dem ftrömenden
Gusse hier lustwandeln sollte.«
,;Es ist wirklich unerhört wie wenig
Vorsorge in der Umgebung einer gro
ßen Stadt fiit Unterkommen getroffen
ist bei einer Wetter-Ueberraschung.«
»Ich will es dem Magistrat nahe
legen, ein zehn Kilometer breites Re
gentuch für ähnliche Fälle in Bereit
schaft zu halten. Doch vorläufig bel
fen wir uns, wie wir tönnen.«
Nun wurden bereits dicke Tropfen
Martha in’s Gesicht geschleudert. Sie
zog rasch die Nadel aus dem Hute,
barg diesen mit den Straußenfedern
sorgsam unter dem leichten Ueberwurf,
raffte mit der anderen Hand den un
teren Theil des Kleides aus und
schlüpfte nun in das Erdloch.
»O, wie stickig ist’s hieri« stöhnte sie.
»Die Erfrischung wird gleich kom
men,« tröstete Paul und strich ihr mit
den Fingern sanft iiber den Kopf
»Du verdirbst mir noch die ganze
Frisur.«
»Ein Harkiinstler bringt das bald
wieder in’s Gleiche.«
»Eigentlich bist Du ein Unmensch,
denn Du freust Dich, daß wir einreg
nen und in dem Loch vielleicht ver
schmachten müssen.«
»Gieb mir lieber einen Kuß! Dann
schenke ich Dir die Apfelsme, die ich bor
hin getauft habe. Jn einer Stunde ist
das Schlimmste vorüber.
Jn diesem Augenblick zuckte ein Blitz
aus dem blaugrauen Gewölk und spie
gelte sich gespenstig im Wasser.
Martha stieß einen Angstschrei aus.
Paul zog ihr Gesicht an seine Brust:
»Blicke nicht hinaus, wenn es Dich er
schreckt. Jch fühle mich wohl bei die
sem kleinen Aufruhr der Natur. Als
Knabe lief ich gern barfuß in den Gas
sen herum, wenn ein Platzregen nieder
grng.«
Jetzt ertönte Donnergrollen, der
Frühlingssturm packte die tropfigen
Weiden am Uferrande, so daß sie förm
lich wimmerten und ihre dünnen Zwei
ge zusammenschlugen.
Martha preßte ihr Antlitz bebend an
Paul’s Rock,Thriinen herlten aus ihren
Augen, und sie empfand unsagbare
Neue über ihre Trotzköpfigteit :
»Er ist doch gut,« dachte sie, »ja er;
bleibt meine einzige Zuflucht.« !
Sie sah nichts mehr, aber sie hörtei
das Niedertlatschen des Regens unds
das Dröhnen der Donnerschläge, beit
denen sie stets zusammenz-uckte.
Neues Entsetzen erfaßte sie, als sie
plöhlich noch eine rauhe Mänerstimme
vernimmt: »Halloh! Wer macht esl
sich da bequem in meiner Schlafhiitte?
Hinaus, hier bin ich der Herri«
Martha dreht sich halb um und sieht
einen Rops mit berwildertem Bart undk
zerzaustem Haare, nach ihrem verwirkl
ten Sinn eine unzweifelhaste Mörder-;
Physiognomie Sie klammerte sich Ver-,
zweifelt an Paul an, der mit gutem
Humor dem Störenfriede zuruft:
«Lieber Freund! Wir zahlen die
Miethe für den Aufenthalt Da hast
Du eine Mart, gehe in das Wirths
haus und trinke auf meine und meiner
Frau Gesundheit.«
Er mußte jedoch erst Mattha gewalt
fam abfchijtteln um zu seinem Parte
monaie gelangen zu können. Der
wildbättige Mann im defekten Anng
schnalzte mit der Zunge und antwor
tete gutmüthig: »Das lasse ich mir ge
fallen. Wenn ich mich innerlich wär
men kann, genirt mich das Hundewettet
nicht. Danke, herr! Und Sie, Ma
damchen, brauchen sich nicht vor mir zu
fürchten. Adje und gute Heimkehr.«
Paul lachte lami auf: »Du siehst,
Weibchen, wie unnöihig Deine Schreck
haftigieit ist. Du haft mir damit nur
das Uhrglas eingedrückt und die Zeiger
wahrscheinlich verbogen.«
Er gtiss in die Westentafche betrach
tete fchelntischswehmiithig die Uhr und
warf die Glassplsitter fort: »So da hast
Du die Bescheerungl hr Stadttinder
seid zu nervös. Ein ewitter das als
EFriihlingsherold in »das Land geht,
jwacht Euch ziternd, ein fremdes Ge
Zsicht bringt in ungewohnter Lage Euch
IKrämpfr. Undjdu hast bei der patrio
stischen Festvorstellung die Germania
Fgespielt und dabei schnurstracks mein
iHerz erobert. Nicht zu glauben.«
z Demüthig flüsterte Martha: »Ver
zeihe mir, Paul! Jch war heute wohl
irecht ungezogen und kindisch. Aber ich
; wollte doch nur mit-Dir stolz thun.«
k »Schon gut, Närrchen! Unseren
kleinen Früshstiicksstreit hatte ich längst
Tvergessen. Jetzt ist es aber an Dir, mir
den schuldig gebliebenen Kuß zu ge
ben.«
, »Warte nur so lange, bis Blitz und
Donner aufhören. Dann will ich Dir
zeigen, wie lieb ich Dich habe. Die
zerbrochene Uhr lasse ich repariren.«
»Sei nicht zu großmüthig; aber
schaue endlich einmal hinaus aus un
serer Höhle Dort auf der abziehen
den Wetterwand hebt sich ein farben
leuchtender Regenbogen ab. Jetzt ist es
höchste Zeit für den Versöhnungstuß.«
Martha fiel ihm um den Hals und
fühlte sich von aller Furcht und von
tleinlichem Verdrusse befreit. Es war
doch schön, daß Paul so liebevoll sich
zeigte und ihr teine Schuld wegen der
verunglückten Lansdpartie beimaß. Jn
ihren Augen spiegelte sichder Regenbo
gen und sie achtete nicht der paar Tro
pfen, die ihr auf die Stirn schlugen.
Noch ein leichter Blitz, ein fernes
Ausklingen des Donners. Die Wei
den schwankten nicht mehr so verzwei
felt mit gerungenen Händen hin und
her, und irgend ein Vogel versuchte be
reits, einen hellen Ton anszustinrmen.
Bald fiel anderes gefiedertes Volk
ein und sang das Brautlied des erwa
chen-des Lenzes. Schon tauchten die
Thürme der Stadt aus dem verziehen
den Gewölke hervor, und wie Bienen
summen drang gedämpftes Glockensc
läute zu den Zweien, die sich jetzt selig
allein fühlten.
,,Bleiben wir noch?« flüsterte Mar
tha mit bittenden Augen, wie ein Kind,
das sein Spiel fortsetzen möchte.
,,Gewis3,« erwiderte frohgelaunt
Paul, »einen so herrlichen Sonntag
habe ich noch nicht erlebt. Wir wollen
den letzten Regentropfen und das ver
tlärende Abendroth abwarten. Schon
um Deine Totlete nicht zu verderben,
die vielmehr zur vollsten Geltung kom- ’
men soll — freisich nur für mich. Denn
die übrigen Leute dürften größtentheils
heimgefahren sein und sich heimgeflucht
haben. Uns schilt aber Niemand, wenn
wir zu spät nach Hause kommen.«
Martha sagte nichts als: »O, Du
liebster Mann!« Und nun wurde sie
mit Küssen freigebig.
Nach einiger Zeit sagte Paul: »Es
hat zu regnen aufgehört. Wir dürfen
unser Asyl verlassen, die Stätte, die
Du eingeweiht. Mein warmer Ueber
zieher ist freilich recht zerknittert und
des Bügeleisens bedürftig.«
Das vorher schmutzig-graue Wie
sengelände am Ufer prangte in feucht
grünem Schimmer, die kropfigen Wei
denbäume waren in lautlose Trägheit
zurückgesunten, der noch eben ausge
Fwiihlte Fluß zog sanftmüthig neben
Jihnen dahin Er beobachtete bei den
iverschiedenen Windungen seinen eige
nen Gang und dieReflexe des aus Wol
kenbreschen hewordringenden Sonnen
lichtes.
Ein barfüßiger Bauernjunge von
fünf bis sechs Jahren, der eine primi
tive Angelruthe trug, strebte dem Ufer
zu. Paul rief ihn an, er hörte nicht
daraus Als aber ein Zehnpfennig
stiick deni Kleinen verbeißen wurde
drehte er sich um und gab in verschönt
ter Weise Auskunft. Der gar nicht
üble Blondkopf belehrte seinen Gönner,
daß nach dem Regen die beste Zeit zum
Fischen sei.
Bei der Frage, ob er auch einen Er
laubnißschein besitze, glotzte er den Ni
ctelspender ohne Verständniß an.
»Ein frühreifer Kommunist,« be
merkte launig Paul.
Als er sich entfernt, dachte Martha
halblaut vor sich hin: ,,Ob unser Junge
einmal auch so hübsches Kraushaar
haben und so nett sein with«
Paul schmunzelte und sagte: »Ich
hoffe, daß er in diesem Alter besser ge
waschen und weniger blöde sich uns
vorstellt. Aber Du steckst ja schon in der
Zulunstsmusil der Ehrl«
Sie erröthete bis zu den Haarwur
zeln, daß er ihr Wunschspiel belauscht,
doch ihre Augen glänzten freudig und
sie bestätigte nach einigem Zögern: »Ja,
reinlicher will ich ihn schon halten;
solch’ kleiner Junge gefällt mir aber
immer, auch wenn er nicht wie ein Zier
püppchen aussieht«
»Dann wird sich ja mein Erstgebore
ner mit Dir ganz gut veriragen,« be
merkte PauL ’
Aus dem schon eingedunlelten Walde
zur Rechten tönten zugleich Waldhorni
llänge herüber-.
Nun waren Beide von der Abend
jgluth wie übergossen die blaue
JHöhen im Westen umsäu-mte, die Sil
houette der Tshürme und Dächer der
Stadt mit lichtem Glanze umwob und
den Fluß entzündet zu haben schien.
Martha hatte sich an den Arm ihres
Mannes gehängt und drückte ihn an
sich. So wandelten sie wortlos unsd
glücklich nebeneinander. Jm Stillen
spann aber Jedes seine Gedanken wei
ter.
Paul beglückwünschte sich, daß das
Unwetter ihm so schnell über die erste
Schmollanwandlung seiner Frau hi
naus-geholfen hatte.
»Ich bin kein Petrucchio; der Him
mel selbst hat mir geholfen und die
Widerspenstigkeit, die auch im besten
Weibe steckt, durch seine Zornmittel
rasch bezwungen.«
Martha aber hatte das Reuegesühl
wegen des kleinen Ghelonflittes schon
wieder überwunden Jm Vollgenusz
der letzten liebreichen Stunden gewähr
te sie sich sogar die Ermuthigung: »Und
ich habe doch Recht gehabt, ihn zu der
nassen Landbartie an:zustacheln. Wäre
mir seine wackere Gattenseele jemals so
deutlich geworden, als durch das kleine
Ungemach, das mich msit thörichter
Angst erfüllt? Der Fraueninstinlt
leitet, seiner selbst unbewußt, stets auf
den richtigen Weg, den Mann an uns
zu fesseln. Jch werde auch ein anderes
Mal auf meinem Willen bestehen, zu
meinem und seinem Heil. Denn von
nun an vertraue ich auf diesen Willen,
wie aus einen Schutzengel.«
So erreichten Beide vergnügt in ge
hobener Stimmung ihren häuslichen
Herd. Und nur der kleine Hausw
bold, der die Menschen duchschaut wieI
ein Röntgen’scher X-Strahl, kicherte
vor sich hin in der Erwartung des
zweiten Ehestreitleins . . .
- . - — . ,..-.
Der Kuckuk.
Nach der Vollsmeinng soll der Ku-»
ckut seine Eier in fremsde Nester legen.;
Das ist jedoch ein Jrrthum. Er legt?
acht Eier auf den Erdboden. Von die-.
sen acht Eiern gleichen etwa sechs sehr
denen der Grasmücke, die übrigen denen
der Heidelerche, des Zaunkönigs oder
des Hänflings Nun stellt sich ein
Männchen ein-—jede Kuckutsdame hat
» drei bis vier Eheherrn —- wiihlt ein Ei
aus und trägt es im Schnabel nach dem
Neste einer von ihm erwählten Pflege
müiter. Jn jedes Nest wird nun ein
solches Ei befördert. Jst ihm ein an
derer Kuckuck schon zuvorgekommen, so
sucht er eine andere Wiege auf. Die be
trogene Muter brütet das Ei mit ihren
eigenen aus. Der Eindringling hat die
Eigenschaft,sehr schnell zu reifen und ist
deshalb der erste, der aus der Schale
hervorgeht. Nun bemüht er sich, seine
,,M·ilchbriider« und -schwestern den sun
ten wartenden Mäusen, Ratten, Wie
seln etc. als Opfer darzubringen, und
kaum 12 Stunden alt, ist er schon der
»herrschende Bewohner des Restes-.
JFortwährend sperrt er den schwarzen
Schnabel weit auf, den Vater und
Mutter der hinausgeworfenen Vögel
beständig füllen, bis sein Körper für
das bisherige Heim zu groß geworden
ist und er dasselbe für immer verläßt«
-sirsgasssi anE,by- !
yumoristischen
Aristoiratisch
A.: »Sind Sie auch für die Leichen
verbrennung, Herr Graf, wie alle Jhre
Verwandten?«
B.: »Nein, aus Pflichtgefühl darf ich
mich nicht verbrennen lassen. Es muß
doch wenigstens einer sein, der sich bei
einer Mesalliance im Grabe umdrehen
tann.«
Der Redakteur zu Hause-.
Er: »Ist noch etwa-Z von der Sauce
zu Deinem Pudding übrig geblieben?«
Sie: »Ich glaube ja, Lieber. Wa
rum sraqst Du?«
Er: »O, mir ist mein Gummi arabi
eucn auggegangeti.«
—— --- s—-« - o - o---—-—-—s——————
Selbstbewußt.
Herr: »Da ist in unserer Nachbar
stadt ein Mann von phänomenaler
Schönheit ausgetancht. . . . Weiber alle
rein weg?«
Lieutenani: »Donnerwetter. . . . sollte
ich einen Doppelgänger haben ?«
—————-s - M
Gefährliche Drohung.
»Der gefertigte Gemeindevorsteher
von Kannendors erstattet der löblichen
Staatsanwaltschaft hiermit den Straf
antrag gegen Johann Schöcnmer wegen
Bedrohung, weil dieser bei seiner Arre
tirung ausrief: »Euch Kannendorfer
werde ich schon noch gescheit machen!«
wodurch die Gemeinde in große Angst
versetzt ist.«
Kindermunb.
Vater: »Weißt Du auch, warum ich
Dich züchtige, mein Sohn?«
Der kleine Emil: »Weil ich klein bin.
Wäre ich so groß, wie der Herr Neu
mann nebenan, der Dich gestern einen
Esel genannt hat, dann würdest Du
mich nicht mit dem kleinen Finger an
rühren.«
—«--—— ——--W—-——
A n z ü g l i ch.
Frau: »Na, wenn Dein Freund noch
nicht abgereist wäre, dem wollt’ ich aber
’mal die Zähne weisen !«
Mann: »Schick’ sie ihm doch mit der
Post!«
» -»,------—
Mißverstanden.
Fremder: »Herr Meyer zu sprechen ?«
Magd: »Der Herr Meyer befindet
sich auf der Hochzeitsreisel« "
Fremder: »O, das thut mir leib!«
Magd: »Nicht wahr, der arme Herr!
Sie kennen seine Frau also auch?«
Kindermund.
Mama (zum kleinen Lieschen, die
einen Kuchen geschenkt betominen):
»Nun, Lieschen, wie sagt man?«
Lieschen: »Bitte, noch einen!«
Nener Komparativ.
Erster Parvenü: »Was sagen Sie zu
meinem neuen Lüster? Echt Rototol«
Zweiter Parvenü: »Da habe ich vo
rige Woche einen Spieltisch gekauft-—
der war noch weit rokoköker!«
-- -» 0 - 0 --«-——- —
Neues Wort.
Mutter: »Das darfst Du von Dei
nem Manne nicht leiden, daß er immer
bis nach Mitternacht in der Kneipe
bleibt.«
Tochter: »Ja, du lieber Himmel, er
leidet einmal an der schrecklichen Kle
bomanie.«
V e r s ch n a p p t.
Gast: »Dieser Wein ist ja sehr stark
gewässert.«
Wirth: »Na, mir hab’ti halt in die
ser Gegend ein Wasser, das noch viel
besser ist, wie der Wein.«
Ächsol
Freund (zum Maler) : ,,Gestern
war ich in der Ansstellung, ich kann Dir
sagen, daß ich immer und immer wieder
Dein Bild ansehen mußte!«
Maler: »Du schmeichelst!«
Freund : »Nicht doch, denn vor den
anderen Bildern standen zu viel Leute.«
——O-O.---—-s--——
Verstaiiden.
Wachtmeister (zum Rekruten, der
einen Tag zu spat vom Urlaub zurück
lommt): »Na, ist das Schwein endlich
da?«
»Ja Befehl, Herr Wachtmeister, ich
habe den Schinken bereits in der Küche
abgegeben ! «
Vom Kuß.
Das Beste bei des Mädchens Kuß
Jst —- daß es dabei schweigen muß!
, , A u! «
Professor (im Examen): »Sie sind
wohl ein Schweizer?«
! Student: »Wie meinen Herr Profes
sor?«
J Professor: »Weil Sie Alles ver
I schwyzt baden-«
Selbsttritik.
Gast: »Sie haben auch wohl die
ganze Speisekarte ini Kopf, Emil?«
sielliier llächeliid): ,,Augenblicklich
ja, es ist nämlich nur noch gebackenes
Kalbsgehirn da!«
Appetitlich.
Gast (zn«m Wirth, der ihm das Mit
tagsessen aufträgt): »Warum schluchzen
Sie denn plötzlich so laut?«
Wirth (aus der Schüssel mit Sauer
kohl ein Haar fischend): »Sehen Sie,
das ist noch ein Haar von meiner seli
gen Fran; es war der letzte Sanerlohl,
den Sie eingetnacht l)at.«
Ein Schlauiöpfchen
Dame: »Wenn wir wieder mitMama
an einein Tisch sitzen, berühre meinen
Fuß nicht wieder mit Deinem ——- sie hat
es das vorige Mal gemerlM
Herr: »So, was sagte sie denn zu
Dir?«
Dame: »Ich sähe so betreten aust«
»--.-. ».,"- , . .
Schnelle Strafe.
Mein Liebchen sucht mich abzukühlen,
Wenn ich ein senrig Wort verbrach,
Und als ich jüngst vom Küssen sprach,
Da hielt sie sich die Ohren zu!
Jch küßte sie in aller Ruh;
Denn: Wer nicht hören will, muß füh
len!